vorgestellt von Thomas Ax
1. Der öffentliche Auftraggeber kann auch dann in eine Preisprüfung eintreten, wenn zwar die sog. Aufgreifschwelle nicht erreicht ist, das Angebot aber aus anderen Gründen konkreten Anlass zur Preisprüfung gibt. Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber in einem solchen Fall für eine Preisprüfung, kann diese Entscheidung nur daraufhin geprüft werden, ob sie gegen das Willkürverbot verstößt.
2. Es ist einem Bieter nicht schlechthin verwehrt, einzelne Positionen unter seinen Kosten anzubieten. Dies bedeutet aber nicht, dass der Bieter seine zu deckenden Gesamtkosten nach Belieben einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen darf.
3. Eine Angebotsstruktur, bei der deutlich unter den zu erwartenden Kosten liegenden Ansätzen bei bestimmten Positionen auffällig hohe Ansätze bei anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses entsprechen, indiziert eine Preisverlagerung. Kann der Bieter die Indizwirkung nicht erschüttern, rechtfertigt dies die Annahme, dass das Angebot nicht die geforderten Preisangaben enthält und daher auszuschließen ist.
4. Es ist für das Vorliegen einer Mischkalkulation nicht zwingend notwendig, dass der Auftraggeber eine Konnexität zwischen ab- und aufgepreisten Preispositionen nachweist, allerdings muss für den Eintritt der Indizwirkung wenigstens ein logischer Zusammenhang zwischen den Positionen bestehen, der über eine reine Zufälligkeit hinausgeht.
5. Bei Leistungsverzeichnissen mit mehreren hundert Positionen wird jeder Bieter mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer oder mehreren Positionen einmal den günstigsten und auch den teuersten Preis im Vergleich aller Bieter anbieten, so dass allein das Vorhandensein von Positionen mit niedrigen und hohen Ansätzen an beliebigen Stellen des Leistungsverzeichnisses noch keine Mischkalkulation mit der Folge der Beweislastumkehr indiziert.
VK Südbayern, Beschluss vom 06.02.2024 – 3194.Z3-3_01-23-58
Gründe:
I.
Mit Auftragsbekanntmachung vom 27.07.2023, veröffentlicht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, schrieb die Antragsgegnerin einen Bauauftrag über Baumeisterarbeiten im Wege eines offenen Verfahrens aus. Zuschlagskriterium war gemäß Ziffer II.2.5) der Bekanntmachung der Preis.
Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene reichten innerhalb der Angebotsfrist ein Angebot ein. Am 31.08.2023 erfolgte die Angebotsöffnung. Das Angebot der Antragstellerin lag auf Rang 1, das der Beigeladenen auf Rang 5.
Mit Schreiben vom 01.09.2023 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, alle fehlenden Produktangaben, die in der Eigenerklärung zur Eignung genannten Betätigungen und Nachweise für benannte Unterauftragnehmer, die Aufgliederung der Einheitspreise sowie die Kalkulation sämtlicher Nachunternehmerleistungen vorzulegen sowie die vorgesehenen Unterauftragnehmer für einige Arbeiten zu benennen. Mit Schreiben vom 07.09.2023 legte die Antragstellerin das Formblatt 235 mit Benennung der vorgesehenen Nachunternehmer vor.
Mit Schreiben vom 15.09.2023 setzte die Antragsgegnerin die Antragstellerin davon in Kenntnis, dass ihr Angebot wegen fehlender Referenznachweise für den Nachunternehmer ausgeschlossen werde. Mit Schreiben vom 25.09.2023 beanstandete die Antragstellerin, dass eine Eignungsprüfung der Unterauftragsnehmer nur zulässig sei, wenn sich der Bieter dieser zur Eignungsleihe bediene, was die Antragstellerin hier nicht tue. Die Antragsgegnerin half der Rüge der Antragstellerin ab, indem sie den Angebotsausschluss mit Schreiben vom 06.10.2023 zurück nahm und die Antragstellerin zur Aufklärung aufforderte. Die Antragsgegnerin verlangte die Urkalkulation für 82 Leistungspositionen und forderte unter anderem Aufklärung bezüglich der Kalkulation und Preisgestaltung aller Positionen für welche die Urkalkulation angefordert wurde.
Dieser Aufforderung kam die Antragstellerin mit Schreiben vom 13.10.2023 nach und reichte ihre Urkalkulation ein. Zudem rügte sie die Preisaufklärung.
Mit Schreiben vom 20.10.2023 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur vertieften Preisaufklärung mit 14 einzelnen Fragestellungen auf, welche sich aus der vorherigen Preisaufklärung ergeben hätten. Dieser Aufforderung kam die Antragstellerin mit Schreiben vom 31.10.2023 nach. Mit Schreiben vom 16.11.2023 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot wegen unzulässiger Mischkalkulation ausgeschlossen werde.
Mit Schreiben vom 21.11.2023 rügte die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebots. Die Zulagepositionen müssten nur zusammen mit der Hauptleistung kostendeckend sein, zudem seien sie vergleichbar, so dass ähnliche Preise zu erwarten waren. Die Antragstellerin habe keine spekulative Kostenverschiebung vorgenommen und eine Unterdeckung von einzelnen Positionen angesichts des Gesamtangebots falle nicht ins Gewicht.
Nachdem den Rügen der Antragstellerin nicht abgeholfen wurde, stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.11.2023 einen Nachprüfungsantrag gem. § 160 Abs. 1 GWB.
Die Antragstellerin trägt vor, dass der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet sei. Die Eignungsprüfung der Antragsgegnerin könne insgesamt fehlerhaft sein, da zwar der Angebotsausschluss der Antragstellerin wegen fehlender Eignung der Nachunternehmer zurückgenommen worden sei, es jedoch nicht auszuschließen sei, dass weitere Bieter mit einem wirtschaftlicheren Angebot als das der Beigeladenen mit dieser vergaberechtswidrigen Begründung ausgeschlossen worden seien.
Auch habe die Antragsgegnerin keinen Beweis für ihre Behauptung, dass eine Mischkalkulation vorliege und die Antragstellerin Kosten für die Leistung in eine andere Position verschoben habe. Die Antragstellerin verschiebe keine Kosten in eine andere Position. Soweit teilweise Personalkosten einzelner Positionen nicht explizit einkalkuliert worden seien, liege dies daran, dass entweder ihr eigener Polier oder der Polier der Nachunternehmer diese Arbeiten ausführen würde und dieser sowieso auf der Baustelle anwesend sei. Mit der Erläuterung ihrer Kalkulation zu den angefragten Positionen habe die Antragstellerin die Indizwirkung erschüttert. Für die Erschütterung der Indizwirkung könne es nicht erforderlich sein, dass der Auftraggeber diese Erläuterung auch glaube. Zudem habe die Antragsgegnerin zu den ungewöhnlich niedrigen Positionen keine Positionen benannt, in welche diese Kosten verschoben worden seien. Die Antragstellerin habe auch die Mitwirkung bei der Preisaufklärung nicht verweigert, sondern zu den sehr detaillierten Fragen der Antragsgegnerin ihre Kalkulationsannahmen und die ihrer Nachunternehmer erläutert.
Weiter trägt die Antragstellerin vor, dass die Antragsgegnerin auch keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte vorgetragen habe, dass ein spekulatives Angebot der Antragstellerin vorliege, bei dem der Antragsgegnerin unter Umständen eine erhebliche Übervorteilung drohe. Allein eine mögliche Mengenmehrung und damit höhere Kosten in einer Position reichten nicht aus, um eine Preisspekulation annehmen zu können.
Ferner sei der Angebotspreis der Antragstellerin auch nicht ungewöhnlich niedrig, das Angebot der fünftplatzierten Beigeladenen liege lediglich ca. 9% über dem Angebot der Antragstellerin. Auch die Summe aller der Antragstellerin unterstellten angeblich unauskömmlichen Preise betrage lediglich 0,36% des Gesamtpreises des Angebots. Eine Prognoseentscheidung für ein unauskömmliches Angebot bei einer Unterdeckung fehle zudem in der Vergabedokumentation.
Die Antragstellerin beantragt
1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen und sie wird verpflichtet, den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin zurückzunehmen und deren Angebot zu werten.
2. Hilfsweise: Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das Vergabeverfahren “H83 Grundschule D. O., E-302 Baumeisterarbeiten” (Referenznummer der Bekanntmachung: 2023/S. 146-467656) in den Stand vor Wertung der eingereichten Angebote zurückzuversetzen und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzuführen.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens.
4. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird gem. § 182 Abs. 4 GWB für notwendig erklärt.
5. Ferner beantragen wir Akteneinsicht gemäß § 165 GWB in die Vergabeakten der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin beantragt
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.
Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin vor, dass das Vorbringen der Antragstellerin zu den möglichen Ausschlussgründen anderer Angebote nicht zu einer subjektiven Rechtsverletzung der Antragstellerin führe und damit unzulässig sei.
Auch sei eine Angebotsprüfung nicht nur beim Erreichen der Aufgreifschwelle geboten, sondern auch bei Vorliegen anderer Auffälligkeiten. Hier seien im Angebot der Antragstellerin im Vergleich zu anderen Angeboten mehrere Leistungspositionen um ein Vielfaches höher bepreist gewesen, während andere damit zusammenhängende Leistungspositionen deutlich niedriger bepreist gewesen seien. Dies indiziere eine Preisverlagerung und damit eine unzulässige Mischkalkulation. Es hätten offensichtliche Kalkulationsfehler vorgelegen, welche die Antragsgegnerin aufgeklärt habe. In der Aufklärung habe die Antragsgegnerin der Antragstellerin transparente und eindeutige Aufklärungsfragen gestellt, die Antworten der Antragstellerin seien jedoch nicht ausreichend gewesen, die Zweifel der Antragsgegnerin zu beseitigen. Der Bieter müsse im Rahmen der Aufklärung das Indiz der Preisverlagerung in andere Positionen erschüttern, sonst könne er ausgeschlossen werden. Hier habe die Antragstellerin die Vermutung nicht wiederlegen können, so dass sie ausgeschlossen wurde. Insbesondere habe die Antragstellerin Kosten, die bei Einzelpositionen anfallen in die Baustellenallgemeinkosten verschoben, indem sie behauptet habe, dass diese Leistungen vom Polier ausgeführt würden. Die Antragstellerin selbst habe erklärt, dass sie in mehreren Positionen die geforderten Preise nicht in der entsprechenden Position ausgewiesen habe, sondern die Personalkosten teilweise entgegen der Vorgaben der Vergabeunterlagen als Personalkosten des Poliers in die Gemeinkosten eingerechnet habe. Ferner habe die Antragstellerin auch für die Preise ihrer Nachunternehmer einzustehen, da sie sich diese zu eigen gemacht habe.
Weiter trägt die Antragsgegnerin vor, dass auch einzelne spekulativ überhöhte Preise zum Ausschluss des Angebots führen könnten, wenn dies zur realen Gefahr führe, dass beim Eintritt nicht gänzlich fernliegender Umstände eine Übervorteilung des Auftraggebers drohe. Die Antragstellerin habe den Anschein der spekulativ erhöhten Preise nicht ausgeräumt, so dass die Antragsgegnerin durch die höheren Baustellenvorhaltungskosten bei einer längeren Bauzeit erhebliche Nachteile habe. Bei diversen anderen Positionen stehe zudem zu befürchten, dass die Antragstellerin darauf spekuliere, die jeweils höheren Positionen in größerem Umfang abrechnen zu können.
In einzelnen Positionen ergebe sich teilweise die Befürchtung der unangemessen niedrigen Preise aus dem direkten Vergleich mit anderen Angeboten, was von der Antragstellerin im Rahmen der Aufklärung nicht zur Zufriedenheit der Antragsgegnerin aufgeklärt werden konnte. Auch handle es sich dabei nicht um marginale Beträge, da diese Leistungen hauptsächlich durch Nachunternehmer ausgeführt würden, so dass jeweils auf den Anteil an der einzelnen Nachunternehmerleistung abzustellen sei. Der Wegfall eines Nachunternehmers auf Grund von Unauskömmlichkeit stelle eine große Gefahr für die zuverlässige und rechtzeitige Durchführung des Bauvorhabens dar.
Mit Beiladungsbeschluss vom 11.12.2023 wurde die Beigeladene beigeladen. Die Beigeladene stellte keine Anträge und äußerte sich auch nicht zur Sache.
In der mündlichen Verhandlung vom 06.02.2024 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag und zur Stellungnahme. Zunächst erteilte die Vergabekammer den Hinweis, dass der Vortrag der Antragstellerin zum Ausschluss anderer Bieter nicht von der Antragsbefugnis der Antragstellerin umfasst sei, sie könne nur Verletzungen in eigenen Rechten geltend machen. Sodann erörterten die Verfahrensbeteiligten die Rechtslage zur Mischkalkulation, insbesondere in Bezug auf die Indizwirkung und den Umgang mit Bagatellpositionen. Im Anschluss wurden die streitigen Positionen im Einzelnen erörtert.
Mit rechtlichem Hinweis vom 08.02.2024 teilte die Vergabekammer mit, dass sie sich im Nachgang der mündlichen Verhandlung erneut ausführlich mit den eingereichten Unterlagen beschäftigt habe und nun darauf hinweise, dass sich fast alle im Ausschlussschreiben vom 16.11.2023 erwähnten Positionen auf Leistungen beziehen würden, die durch Nachunternehmer ausgeführt werden sollen. Nach Auffassung der Vergabekammer sei jedoch in den ausgetauschten Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung diskutiert worden, ob diese Arbeiten vom Polier der Antragstellerin selbst, welche diesen in ihre Baustellengemeinkosten einkalkuliert hat, ausgeführt werden. Die Parteien erhielten daher im Nachgang zur mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur Stellungnahme und Erläuterung ausschließlich zu den aufgeworfenen Punkten der Mischkalkulation bei Nachunternehmerleistungen sowie zu der Frage der Kalkulation des Poliers.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 20.02.2024 trägt die Antragstellerin vor, dass eine Kostenverschiebung durch Mischkalkulation nicht vorliege, da es durch die Übernahme der Nachunternehmer-Angebotspreise nicht zu einer Kostenverschiebung durch den Bieter kommen könne. Auch ohne die Übernahme von Nachunternehmer-Angebotspreisen handle es sich nicht um eine Mischkalkulation der Antragstellerin, weil sie keine Kosten einer Leistungsposition in die Kalkulation einer anderen Leistungsposition verschoben habe, die Übernahme einzelner Arbeiten durch einen Polier bewirke kalkulatorisch kein Plus an Kosten.
Auch sei die Preisaufklärung der Antragstellerin ordnungsgemäß und widerspruchsfrei erfolgt.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 20.02.2024 trägt die Antragsgegnerin vor, dass das Angebot der Antragstellerin aufgrund des Verdachts der Mischkalkulation auszuschließen gewesen sei. Dass sich dieser Verdacht im größten Teil auf Nachunternehmerleistungen beziehe, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Entscheidung des OLG München, Beschluss vom 17. April 2019 (Verg 13/18) sei hier nicht anwendbar, da der Sachverhalt nicht vergleichbar sei. Eine Mischkalkulation könne nicht nur zu Mehrkosten führen, sondern auch zu unzumutbaren Bauzeitrisiken für die Antragsgegnerin, die aufgrund steigender Schülerzahlen eine rasche Versorgung mit einem neuen Schulgebäude sicherstellen müsse. Die Antragstellerin habe im Rahmen der Aufklärung nicht hinreichend vorgetragen, um eine Wiederlegung der indizierten Mischkalkulation zu ermöglichen. Ferner bestätige die Antragstellerin durch ihren Vortrag, dass sie Preise nicht in der im Angebot geforderten Position angegeben, sondern im Preis anderer Leistungen einkalkuliert habe. Die Verletzung zwingender Preisvorgaben bilde einen selbständigen Ausschlussgrund und sei daher auch aus diesem Grund auszuschließen gewesen.
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet, da die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin vergaberechtswidrig vom Verfahren ausgeschlossen hat und die Antragstellerin hierdurch in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt wurde.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
1.1. Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.
Gegenstand der Vergabe ist ein Bauauftrag i. S. d. § 103 Abs. 3 GWB. Die Antragsgegnerin ist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert.
1.2. Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.
Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerin hat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB insbesondere durch die durchgeführte Preisaufklärung und den darauffolgenden Ausschluss ihres Angebots aufgrund einer vermeintlichen Mischkalkulation geltend gemacht.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass nicht auszuschließen sei, dass die Antragsgegnerin auch die anderen drei Bieter, welche auf den Rangstufen vor der Beigeladenen gelegen hätten, mit einer vergaberechtswidrigen Begründung ausgeschlossen habe, ist die Antragstellerin diesbezüglich nicht antragsbefugt. Es besteht keine Möglichkeit, dass die Antragstellerin, die auf dem ersten Rang gelegen hat, durch einen vergaberechtswidrigen Ausschluss von Bietern, die in der Rangfolge nach ihr kommen, in ihren eigenen Rechten verletzt sein kann.
1.3. Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB entgegen, da die Antragstellerin den Ausschluss ihres Angebots mit Schreiben vom 21.11.2023 rechtzeitig gegenüber der Antragsgegnerin gerügt hat. Zudem hat die Antragstellerin die Durchführung der Preisaufklärung bei einem geringen Preisabstand zum nächsthöheren Angebot mit Schreiben vom 13.10.2023 rechtzeitig gerügt, nachdem sie am 06.10.2023 zur Aufklärung von der Antragsgegnerin aufgefordert wurde.
2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.
2.1. Dass die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin einer Preisprüfung nach § 16d EU Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 VOB/A i.V.m. § 15 EU Abs. 1 VOB/A unterzogen hat und dazu insbesondere auch die Urkalkulation zu bestimmten Preisen angefordert hat, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
Die Antragstellerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Preisabstand zwischen ihrem Angebot und dem der Beigeladenen unterhalb der Aufgreifschwellen liegt, denn der Preisabstand zwischen den Angeboten erreicht keine 10% und damit auch nicht den niedrigeren der insoweit vertretenen Schwellenwerte (vgl. zum Meinungsstand BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 – X ZB 10/16 m.w.N.), der von Teilen der Rechtsprechung und Literatur bei Bauvergaben für zutreffend gehalten wird und auch im VHB Bayern als maßgeblicher Schwellenwert genannt ist. Allerdings geben die in der Rechtsprechung der Vergabesenate anerkannten Aufgreifschwellen nur Auskunft darüber, wann der öffentliche Auftraggeber zu einer Prüfung der Angemessenheit der Preise verpflichtet ist. Sie beantworten nicht die Frage, wann der öffentliche Auftraggeber Preise auch ohne entsprechende Verpflichtung auf ihre Angemessenheit prüfen darf.
Der preisliche Abstand zwischen Angeboten ist nicht zwingend der einzige Bezugspunkt für die Entscheidung der Frage, ob in eine Preisprüfung eingetreten werden soll. Da die Preisprüfung in erster Linie dem haushaltsrechtlich begründeten Interesse des öffentlichen Auftraggebers und der Öffentlichkeit an der jeweils wirtschaftlichsten Beschaffung dient (siehe BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 – X ZB 10/16), kann es dem Auftraggeber nicht verwehrt sein, in eine Preisprüfung auch dann einzutreten, wenn zwar eine Aufgreifschwelle nicht erreicht ist, aber das Angebot aus anderen Gründen konkreten Anlass zur Preisprüfung gibt. Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber in einem solchen Fall für eine Preisprüfung, kann diese Entscheidung von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur daraufhin geprüft werden, ob sie gegen das Willkürverbot verstößt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2021 – Verg 13/21).
Der öffentliche Auftraggeber prüft die Angemessenheit der Angebote in der Regel zunächst anhand der mit dem Angebot eingereichten Unterlagen. In einem nächsten Schritt kann er sich zusätzlich von den Bietern die entsprechenden Formblätter vorlegen lassen, die ein Hilfsmittel zur Preisprüfung darstellen, wie etwa die Aufgliederung der Einheitspreise, falls deren Anforderung in den Vergabeunterlagen vorbehalten war. Ein weiteres Hilfsmittel zur Überprüfung der Angemessenheit der Preise ist der Preisspiegel, der eine Gegenüberstellung aller Preise enthält, die von den verschiedenen Bietern in ihren Angeboten eingereicht wurden.
Gemessen daran ist gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Angebotspreis der Antragstellerin zu prüfen und dazu neben dem bereits angeforderten Formblatt 223 zur Aufgliederung der Einheitspreise auch die Urkalkulation für 82 Leistungspositionen anzufordern, nichts einzuwenden, insbesondere war diese Entscheidung nicht willkürlich. Es lagen objektive Anhaltspunkte vor, nach denen die Antragsgegnerin die auffälligen Einzelpreise der Antragstellerin aufklären durfte.
Die Antragsgegnerin gab in ihrem Aufklärungsverlangen vom 13.10.2024 an, dass diverse Position ungewöhnlich niedrig seien und daher zweifelhaft sei, dass diese Positionen mit den angebotenen Preisen auskömmlich und ordnungsgemäß ausgeführt werden könnten. Zudem führte die Antragsgegnerin auf Grund der Antworten auf ihr Aufklärungsverlangen vom 13.10.2023 mit Schreiben vom 20.10.2023 eine weitere, vertiefte Aufklärung zu 14 Themenkomplexen durch, bei denen sie aufgrund der spezifischen Angebotsstruktur der Antragstellerin eine Mischkalkulation beziehungsweise spekulative Preise vermutete. Dies ist zunächst nicht zu beanstanden, da sich die Antragsgegnerin insoweit insbesondere darauf stützen konnte, dass die Antragstellerin mehrfach Leistungspositionen mit extrem niedrigen Preisangaben versehen und teilweise sogar nur wenige Cent für eine Position aufgerufen hat. Aus dem von der Antragsgegnerin erstellten Preisspiegel war gut zu erkennen, dass die übrigen Bieter diese Positionen deutlich teurer angeboten hatten, da darin unter anderem die niedrigsten Angebote farblich markiert wurden und der Preisabstand zum günstigsten Angebot bei allen anderen Bietern mit einer Prozentangabe ausgewiesen wurde.
2.2. Der von der Antragsgegnerin erklärte Ausschluss des Angebots der Antragstellerin wegen einer unzulässigen Mischkalkulation oder wegen eines unlauteren Spekulationsangebots ist vergaberechtlich nicht haltbar. Großteils handelt es sich zudem bei den von der Antragsgegnerin aufgeführten Preispositionen um Bagatellpositionen.
Grundsätzlich ist es einem Bieter nicht schlechthin verwehrt, einzelne Positionen unter seinen Kosten anzubieten. Dies bedeutet aber nicht, dass der Bieter seine zu deckenden Gesamtkosten nach Belieben einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen dürfte. Öffentliche Auftraggeber haben grundsätzlich ein Interesse daran, dass die Preise durchweg korrekt angegeben werden, denn Zahlungspflichten der Auftraggeber können durch Verlagerung einzelner Preisbestandteile manipuliert werden. Verlagert der Bieter die für einzelne Positionen seines Leistungsverzeichnisses eigentlich vorgesehenen Preise ganz oder teilweise in andere Positionen, greift § 16 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A daher grundsätzlich ein (BGH, Urteil vom 19.06.2018, X ZR 100/16). Aus welchen Gründen ein Bieter in seinem Angebot Einheitspreise für bestimmte Leistungspositionen auf andere Leistungspositionen verteilt, ob er beispielsweise auf Mengenverschiebungen spekuliert oder besonders hohe anfängliche Abschlagszahlungen auslösen will, ist demgegenüber nicht entscheidend (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.04.2019 – Verg 13/18 m.w.N.).
Eine Angebotsstruktur, bei der deutlich unter den zu erwartenden Kosten liegenden Ansätzen bei bestimmten Positionen auffällig hohe Ansätze bei anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses entsprechen, indiziert eine solche Preisverlagerung. Kann der Bieter die Indizwirkung nicht erschüttern, rechtfertigt dies die Annahme, dass das Angebot nicht die geforderten Preisangaben enthält und daher auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 19.06.2018, X ZR 100/16). Liegt ein solches Indiz für eine Preisverlagerung vor, muss die Vergabestelle dem Bieter die Möglichkeit einräumen, den Verdacht der Mischkalkulation auszuräumen. Dabei muss sich die Vergabestelle bei der Aufklärung jedoch nicht mit jeder beliebigen Erklärung des Bieters zufriedengeben. Zwar kommt der Erklärung eines Bieters, wonach seine Preise der tatsächlichen Kalkulation entsprechen, erhebliches Gewicht zu. Liegen jedoch konkrete Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vor, ist die Vergabestelle nicht gezwungen, sich mit einer solchen Auskunft zufrieden zu geben (OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.08.2005, 11 Verg 7/05; OLG Koblenz, Beschluss vom 04.01.2018, Verg 3/17).
Übernimmt allerdings ein Bieter nur die von einem Subunternehmer geforderten Preise, so stellen diese die von ihm geforderten Preise dar und es fehlt an der Vermutung von Preisverlagerungen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.08.2005, 11 Verg 7/05). Von erheblichem Gewicht ist ferner, wenn die nach außen deklarierten Einheitspreise in den privaten Kalkulationsgrundlagen ihre Entsprechung finden (OLG Thüringen, Beschluss vom 23.01.2006, 9 Verg 8/05).
2.1.1. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.01.1 (Baustelle einrichten), 01.01.2 (Baustelle vorhalten, Rohbau) und 01.01.3 (Baustelle vorhalten, Ausbau) auszuschließen. Insbesondere liegen die Indizien für eine Beweislastumkehr bei einer Mischkalkulation nicht vor und die Antragsgegnerin hat keine hinreichenden Erwägungen für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung des öffentlichen Auftraggebers durch ein Spekulationsangebot dokumentiert.
2.2.1.1. Vorliegend indizieren die von der Antragstellerin angebotenen Preise für die Leistungspositionen 01.01.1 (Baustelle einrichten), 01.01.2 (Baustelle vorhalten, Rohbau) und 01.01.3 (Baustelle vorhalten, Ausbau) nach den dargestellten Grundsätzen bereits keine Mischkalkulation, welche zur Beweislastumkehr führen würde. Die Antragsgegnerin blieb damit beweisbelastet für eine unzulässige Mischkalkulation der Antragstellerin hinsichtlich dieser Leistungspositionen.
Es ist für das Vorliegen einer Mischkalkulation zwar nicht zwingend notwendig, dass der öffentliche Auftraggeber eine Konnexität zwischen ab- und aufgepreisten Preispositionen nachweist, allerdings muss für den Eintritt der Indizwirkung wenigstens ein logischer Zusammenhang zwischen den Positionen bestehen, der über eine reine Zufälligkeit hinausgeht. Bei Leistungsverzeichnissen mit mehreren hundert Positionen wird jeder Bieter mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer oder mehreren Positionen einmal den günstigsten und auch den teuersten Preis im Vergleich aller Bieter anbieten, so dass allein das Vorhandensein von Positionen mit niedrigen und hohen Ansätzen an beliebigen Stellen des Leistungsverzeichnisses noch keine Mischkalkulation mit der Folge der Beweislastumkehr indiziert. Andernfalls könnte eine Vergabestelle auf Grund rein zufälliger, als Ausdruck der Kalkulationsfreiheit wohl in jedem Angebot vorkommenden Unterschiede bei den Einheitspreisen, sich willkürlich beliebige hohe und niedrige Einheitspreise in einem Angebot herausgreifen und eine Aufklärung über eine angebliche Mischkalkulation mit dem scharfen Schwert der Beweislastumkehr und des drohenden Angebotsausschlusses verlangen.
Die Antragsgegnerin hat daher richtigerweise bei ihrem Aufklärungsverlangen an die Antragstellerin hinsichtlich des günstigen Einheitspreises bei der Leistungsposition 01.01.1 (Baustelle einrichten) auf korrespondierende Preispositionen im Bereich der Baustelleneinrichtung abgestellt, die möglicherweise für Aufpreisungen im Rahmen einer Mischkalkulation herangezogen worden sind.
Die Antragstellerin hat bei der Leistungsposition 01.01.1 (Baustelle einrichten) einen erheblich niedrigeren Preis angeboten als alle anderen Bieter und war sogar günstiger als die ortsansässige Beigeladene, die in dieser Position den zweitniedrigsten Preis angegeben hat. Soweit die Antragsgegnerin jedoch vorträgt, dass dem auffällig hohe Einheitspreise in den Vorhaltepositionen 01.01.2 und 01.01.3 gegenüberstehen, kann dem nicht gefolgt werden. Die Antragstellerin bietet in der Position 01.01.2 einen Preis an, der unter dem Mittelpreis des Preisspiegels und weit unter dem bepreisten Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin liegt. In der Position 01.01.3 bietet die Antragstellerin zwar einen deutlich über dem Mittelpreis liegenden Einheitspreis an, der jedoch recht genau den Wert des bepreisten Leistungsverzeichnisses trifft.
Soweit die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass das bepreiste Leistungsverzeichnis lediglich ein Instrument zur Kostenkontrolle sei und die dort angesetzten Einheitspreise nicht für die Frage herangezogen werden könnten, ob die von den Bietern angebotenen Preise auskömmlich wären, kann dem nicht ganz gefolgt werden. Das bepreiste Leistungsverzeichnis ist laut amtlicher Begründung der HOAI ein Element der Kostenermittlung sowie der Kostenkontrolle. In Leistungsphase 6 sind die Kosten auf Grundlage der vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnisse zu ermitteln und dieses mit der Kostenberechnung zu vergleichen. Anschließend sind in Leistungsphase 7 die Ausschreibungsergebnisse mit den vom Planer bepreisten Leistungsverzeichnissen oder der Kostenberechnung zu vergleichen. Dem bepreisten Leistungsverzeichnis kommt damit eine signifikante Bedeutung bereits im Rahmen der Kostenermittlung zu. Es wird in der Regel auf Grundlage von Erfahrungswerten aus vergleichbaren Projekten, der Marktkenntnis des Planers sowie von Einheitspreisstatistiken aus entsprechenden Baudatenbanken erstellt. Außerdem sind insbesondere regionale, jahreszeitliche, konjunkturelle, aber auch besondere Bedingungen des Standortes einzubeziehen. Mit einem bepreisten Leistungsverzeichnis sollen letztlich noch vor Einholung von konkreten Angeboten Angebotspreise simuliert werden (vgl. Beck HOAI, Seifert/Fuchs, 3. Auflage 2022, HOAI § 34 Rn. 233 f.).
Das bepreiste Leistungsverzeichnis beinhaltet auf Grund der sorgfältig ermittelten Einheitspreise durchaus auch neben der reinen Kostenermittlung und Kostenkontrolle eine Möglichkeit, die Angemessenheit von einzelnen Preispositionen in Angeboten von Bietern zu überprüfen.
Es hätte daher wenigstens einer Erklärung der Antragsgegnerin bedurft, warum sie die von der Antragstellerin in den Positionen 01.01.2 und 01.01.3 angebotenen Einheitspreise, welche niedriger oder in etwa gleich dem Ansatz im bepreisten Leistungsverzeichnis ausfallen, als so auffällig überhöht bezeichnet, dass sie zusammen mit dem geringen Preis für die Baustelleneinrichtung eine Mischkalkulation annimmt. Allein daraus, dass die Antragstellerin in diesen beiden Positionen nicht ebenfalls unter den günstigeren Angeboten im Quervergleich der Bieter zu liegen kam, kann der Anschein der Mischkalkulation mit der Folge der Beweislast der Antragstellerin für das Fehlen einer solchen Mischkalkulation nicht hergeleitet werden. Dies gilt umso mehr, wenn das von der Antragsgegnerin beauftragte Planungsbüro bei der Aufstellung des bepreisten Leistungsverzeichnisses, welches ein Datum von wenigen Tagen vor der Veröffentlichung der Ausschreibung trägt, von weit höheren oder gleich hohen Angebotspreisen für die beiden Positionen ausgegangen ist, welche die Antragsgegnerin nun als auffällig überhöht bezeichnet.
Bei der Frage, inwieweit die Antragstellerin bei der Position der Baustellenvorhaltungen, insbesondere während der Rohbauphase, im Vergleich zu dem Angebot der Beigeladenen gegebenenfalls überhöhte Preise anbietet, muss die Antragsgegnerin hier die durchaus auffällige Aufgliederung der Einheitspreise der Beigeladenen zu den Vorhaltepositionen für die Baustelleneinrichtung ebenfalls kritisch beachten. Die Beigeladene hat bei der Aufgliederung der Einheitspreise hier ausschließlich Gerätekosten angegeben und keinerlei Lohn- oder Stoffkosten kalkuliert. Die Angabe von Lohn- und Stoffkosten durch die Antragstellerin in den Vorhaltepositionen wurde jedoch bisher von der Antragsgegnerin nicht bemängelt, so dass davon auszugehen ist, dass in diesen Positionen durchaus auch Lohn- und Stoffkosten anfallen.
2.1.1.2. Die Antragstellerin hat die Kontrolle der Baustromverteiler fälschlicherweise in die Position 01.01.2 (Baustelle vorhalten, Rohbau) einbezogen, obwohl diese Leistungen von einem anderen Gewerk in einem separaten Los erbracht werden. Dieser Kalkulationsfehler betrifft jedoch einen angesichts der Auftragssumme so geringen Bagatellbetrag, dass hierauf ein Ausschluss nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen unrichtiger Preisangaben nicht gestützt werden kann.
Öffentliche Auftraggeber haben ein durch § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A geschütztes Interesse daran, dass die Preise durchweg korrekt angegeben werden (vgl. BGH, Urteil vom 19.06.2018 – X ZR 100/16). Nach dieser Regelung müssen die Angebote die geforderten Preise enthalten. Versteht der Bieter die Vorgaben des eindeutigen Leistungsverzeichnisses falsch und gibt daher den deutlich höheren Preis einer Leistung an, die nach dem Leistungsverzeichnis gar nicht zu erbringen ist, enthält sein Angebot nicht den geforderten Preis.
Das Leistungsverzeichnis war bezüglich der Baustromverteiler und insbesondere deren monatlicher Wartung eindeutig. Unter der Beschreibung zu Position 01.01.1 (Baustelle einrichten) wird in der textlichen Erläuterung klargestellt, dass der Baustromanschluss durch den Auftragnehmer des Gewerks “Baustrom und Baubeleuchtung” erfolgt, sowie dass die Baustromverteilungen monatlich geprüft werden und die Auftragnehmer des Gewerks “Baumeisterarbeiten” dafür lediglich den Zugang zu den Verteilungen gewährleisten müssen. Die Antragstellerin hätte daher die Kosten für die Vorhaltung eines eigenen Kranstromverteilers nicht in der Position 01.01.2 kalkulieren dürfen. Allerdings betragen die einkalkulierten Kosten für die Vorhaltung des Baustromverteilers nach der Angabe der Antragstellerin nur 75,00 € pro Woche und damit 4.125 Euro über die für die Position 01.01.2 angegebene Vorhaltezeit. Dies ist angesichts des Gesamtvolumens der Baumaßnahme von ca. 3,5 Mio. Euro (netto) ein Bagatellbetrag von 0,12% des Auftragswertes.
Wenn man jedoch die Diskussion jeder Minimalposition unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Kalkulation bei absolut geringfügigen Missverständnissen über die in eine Position einzukalkulierenden Kosten eröffnet, so führt dies zu der Möglichkeit, dass vermutlich jeder missliebige Bieter ausgeschlossen werden könnte, da die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass vergleichbare Unstimmigkeiten bei anderen Angeboten ebenso bestehen, welche jedoch gar nicht oder nicht derart detailliert überprüft werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 – Verg 10/06).
Dies gilt umso mehr, als dass gerade in dieser Position die Beigeladene in der Aufgliederung der Einheitspreise keinerlei Lohn- oder Stoffkosten angegeben hat und diesbezüglich keine Aufklärung erfolgte, obwohl diese Angaben bei der Antragstellerin nicht beanstandet wurden. Auch wenn der Antragsgegnerin hier keine diskriminierende Absicht unterstellt wird, da die Preisaufklärung bei der Antragstellerin im Rahmen des Verdachts zur einer Mischkalkulation erfolgt ist, wofür es in diesen Positionen im Angebot der Beigeladenen keinerlei Anhaltspunkte gegeben hat, so zeigt sich hier dennoch deutlich die Gefahr, dass die unterschiedliche Prüfungstiefe bei Bagatellpositionen zu unbilligen Ergebnissen führen kann und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot nicht mehr gewahrt bleiben.
Ein vergleichbarer Rechtsgedanke liegt auch dem § 16a EU VOB/A zu Grunde, wonach es grundsätzlich nicht mehr als ohne weiteres den Ausschluss des betreffenden Angebots gebietende Vergaberechtswidrigkeit angesehen werden kann, wenn in einem Vergabeverfahren für Bauleistungen Erklärungen oder ein Preis in einer einzelnen unwesentlichen Position fehlen. Sinn und Zweck dieser liberalisierenden Novellierung der Vergaberegelungen war, im Interesse eines umfassenden Wettbewerbs den Ausschluss von Angeboten aus vielfach nur formalen Gründen zu verhindern und die Anzahl der am Wettbewerb teilnehmenden Angebote nicht unnötig zu reduzieren (vgl. BGH, Urteil vom 19.06.2018 – X ZR 100/16)).
2.1.1.3. Die Antragstellerin hat die Aufklärung zu den Positionen 01.01.1 (Baustelle einrichten), 01.01.2 (Baustelle vorhalten, Rohbau) und 01.01.3 (Baustelle vorhalten, Ausbau) nicht verweigert. Vielmehr hat sie hierzu die Urkalkulation eingereicht. Dass die Antragstellerin die mit Schreiben vom 20.10.2023 gestellte Frage, warum die Position 01.01.1 so günstig angeboten wurde, nur unzureichend beantwortet hat, ist nicht der Antragstellerin anzulasten. Die Fragestellung der Antragsgegnerin zielte auf einen Vergleich mit den Angeboten der Mitbewerber ab, welchen die Antragstellerin bereits aus der Natur des Geheimwettbewerbs nicht leisten kann. Die Frage, warum sie günstiger anbieten könne als ihre Mitbewerber, könnte von der Antragstellerin nur beantwortet werden, wenn diese nicht nur die konkreten Einheitspreise, sondern auch die der Kalkulation ihrer Mitbewerber zugrunde liegenden Details kennen würde. Da der Antragsgegnerin die Urkalkulation der Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war, wäre es ihr auch möglich gewesen deutlich konkretere Aufklärungsfragen zu stellen, wie sie es auch für die Positionen 01.01.2 und 01.01.3 getan hat.
2.1.1.4. Soweit sich die Antragsgegnerin für den Ausschluss des Angebots der Beigeladen in den Positionen 01.01.1 (Baustelle einrichten), 01.01.2 (Baustelle vorhalten, Rohbau) und 01.01.3 (Baustelle vorhalten, Ausbau) darauf beruft, dass es sich hierbei um ein Spekulationsangebot handelt und die Antragstellerin von einer Verlängerung der Vorhaltedauer profitieren würde, hat die Antragsgegnerin keine konkreten Anhaltspunkte für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung der Antragsgegnerin vorgetragen. Ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A kommt daher nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19.06.2018 – X ZR 100/16) nur dann in Betracht, wenn die spekulative Preisangabe bei Eintritt bestimmter, zumindest nicht gänzlich fernliegender Umstände dazu führen kann, dass das Ziel verfehlt wird, im Wettbewerb das günstigste Angebot hervorzubringen, und dem zu einem verantwortungsvollen Einsatz der Haushaltsmittel verpflichteten Auftraggeber nicht mehr zugemutet werden kann, sich auf ein derartiges Angebot einzulassen. Bei einer Bauzeitüberschreitung von ca. 26 Wochen in der Ausbauphase wäre der preisliche Vorteil der Antragstellerin durch den günstigeren Einheitspreis bei der Baustelleneinrichtung durch die höheren Vorhaltekosten gegenüber der Beigeladenen wieder aufgezehrt. Hierzu hat die Antragsgegnerin jedoch bisher keine konkreten Erwägungen dokumentiert, die einen Ausschluss wegen eines Spekulationsangebotes hinsichtlich der Positionen 01.01.1 (Baustelle einrichten), 01.01.2 (Baustelle vorhalten, Rohbau) und 01.01.3 (Baustelle vorhalten, Ausbau) stützen würden.
Bei diesen Erwägungen wäre ebenfalls zu berücksichtigen, ob das Angebot der Beigeladenen, das zu den Vorhaltepositionen 01.01.2 und 01.01.3 in der Aufgliederung der Einheitspreise keinerlei Lohn- oder Stoffkosten ausweist, überhaupt als Vergleichspunkt für einen Vergleich als wirtschaftlichstes Angebot geeignet ist.
2.2.2. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.01.20 (Seitenschutz), 01.01.21 (Seitenschutz vorhalten, Rohbau) und 01.01.22 (Seitenschutz vorhalten, Ausbau) auszuschließen. Es liegen zwar die Indizien für eine Mischkalkulation vor und die Antragstellerin konnte diese nicht ausräumen, jedoch handelt es sich dabei um Bagatellbeträge und die Antragsgegnerin hat keine hinreichenden Erwägungen für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung des öffentlichen Auftraggebers durch ein Spekulationsangebot dokumentiert.
2.2.2.1. Die von der Antragstellerin angebotenen Preise für die Leistungspositionen 01.01.20 (Seitenschutz), 01.01.21 (Seitenschutz vorhalten, Rohbau) und 01.01.22 (Seitenschutz vorhalten, Ausbau) indizieren nach den oben dargestellten Grundsätzen eine Mischkalkulation der Antragstellerin.
Die Antragstellerin gibt den Einheitspreis für die Errichtung des Seitenschutzes in Position 01.01.20 mit ungefähr einem halben Euro pro laufendem Meter an, während alle anderen Bieter, einschließlich der Beigeladenen, dafür einen deutlich höheren Betrag, hauptsächlich zwischen ungefähr 13 Euro und 19 Euro pro laufendem Meter ansetzen. In der Rohbauphase bietet die Antragstellerin die Vorhaltung des Seitenschutzes für nur einen Cent pro laufendem Meter und damit ebenfalls den günstigsten Einheitspreis aller Angebote an. In der Ausbauphase dagegen verlangt sie einen deutlich höheren Betrag pro laufendem Meter und den höchsten Einheitspreis von allen Angeboten.
Diese auffällige Angebotsstruktur, bei der die Antragstellerin in drei korrelierenden Positionen zweimal mit erheblichem Abstand den günstigsten Preis anbietet und in der dritten Position einen auffällig hohen Preis, indiziert eine Mischkalkulation. Die Beweislast für die Darlegung einer ordnungsgemäßen Kalkulation dieser Preise lag daher bei der Antragstellerin.
2.2.2.2. Der Antragstellerin ist die Entkräftung des Indizes, dass sie in den Leistungspositionen 01.01.20 (Seitenschutz), 01.01.21 (Seitenschutz vorhalten, Rohbau) und 01.01.22 (Seitenschutz vorhalten, Ausbau) keine Verschiebung der Kosten vorgenommen hat, nicht gelungen.
Auf das Aufklärungsverlangen der Antragsgegnerin bezüglich der geringen Kosten für Lohn und Material in der Position 01.01.20 (Seitenschutz) teilte die Antragstellerin mit, dass ihr Polier, der auf der Baustelle vor Ort und daher im Mittellohn enthalten sei, diese Arbeiten ausführe und nur hin und wieder Hilfe von einem anderen Arbeiter erhalte. Gleiches gelte für die Position 01.01.21, auch hier würde der Polier, dessen Kosten bereits im Mittellohn enthalten sind, die notwendigen Ausbesserungsarbeiten während der Rohbauphase ausführen. Während der Ausbauphase dagegen sei der Polier nicht mehr vor Ort, so dass hier für die Überprüfung und Wartung des Seitenschutzes Lohnkosten und erhöhte Stoffkosten anfielen, da bei Beschädigungen die Verursacher nicht mehr ermittelt werden könnten. Ausführungen zu den Materialkosten des Seitenschutzes für die Positionen 01.01.20 und 01.01.21 machte die Antragstellerin nicht.
Die Antragsgegnerin hielt diese Ausführungen der Antragstellerin nicht für plausibel und das Indiz der unzulässigen Mischkalkulation damit für nicht entkräftet. Diese Einschätzung ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint sie hinsichtlich der Frage, ob diese Arbeiten nebenbei vom Polier zu leisten seien, nicht willkürlich und setzt sich mit dem Vortrag der Antragstellerin ausführlich auseinander.
Grundsätzlich hat die Antragstellerin die Kosten für ihren eigenen Polier richtigerweise in die Baustellengemeinkosten einkalkuliert und im Umlagekalkulationsverfahren auf die einzelnen Positionen verteilt. Fraglich ist jedoch einerseits, inwieweit der Polier neben seinen eigentlichen Aufgaben, die unstreitig nicht zu einer bestimmten Position im Leistungsverzeichnis gehören und daher in die Baustellengemeinkosten einzubeziehen waren, auch noch Arbeiten aus Positionen des Leistungsverzeichnisses erledigen kann und wie andererseits diese Arbeitsleistung dann in der jeweiligen Position im Leistungsverzeichnis zu kalkulieren wäre. Letzteres braucht hier nicht entschieden werden, da bereits nicht plausibel von der Antragstellerin dargestellt wurde, dass die Arbeiten in Position 01.01.20 tatsächlich hauptsächlich vom Polier ausgeführt werden können.
Hinsichtlich der Position 01.01.21 (Seitenschutz vorhalten, Rohbau) wären die Ausführungen der Antragstellerin angesichts der Cent-Preise, welche auch die anderen Bieter für diese Position aufgerufen haben, vielleicht noch plausibel. Es erscheint nicht völlig unmöglich, dass der Polier etwaige notwendige Erhaltungsmaßnahmen im kleinen Stil hier nebenbei problemlos miterledigen kann. Bezüglich der Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Angebotsaufklärung vom 31.10.2023 jedoch, dass auch die Errichtung des Seitenschutzes nach Position 01.01.20 nebenbei vom Polier durchgeführt wird, hat die Antragstellerin lediglich sehr oberflächlich angegeben, dass auch diese Arbeiten vom Polier nebenbei – ggf. unter gelegentlicher Mithilfe eines weiteren Mitarbeiters – ausgeführt werden sollen. Aus der Kalkulation der Beigeladenen ergibt sich für die Errichtung eines Meters Seitenschutz ein Zeitaufwand von einer Viertelstunde. Da der Einheitspreis der Beigeladenen in dieser Position mit dem Großteil der von den anderen Bietern angebotenen Preise vergleichbar ist, dürfte dieser Ansatz realistisch sein. Mit den Zahlen der Beigeladenen ergäben sich daher allein für den Aufbau des Seitenschutzes von den im Leistungsverzeichnis geforderten 450m fast 14 Personentage (mit je acht Arbeitsstunden), welche überwiegend nebenbei vom Polier zu leisten wären. Die Beurteilung der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin mit ihren knappen Ausführungen im Aufklärungsschreiben vom 31.10.2023 nicht überzeugend darstellen konnte, dass diese sicherheitsrelevanten Aufgaben zeitnah tatsächlich alleine vom Polier geleistet werden können, ist damit nicht zu beanstanden.
2.2.2.3. Die Antragstellerin hat das Indiz für eine Mischkalkulation in den Leistungspositionen 01.01.20 (Seitenschutz), 01.01.21 (Seitenschutz vorhalten, Rohbau) und 01.01.22 (Seitenschutz vorhalten, Ausbau) nicht entkräften können, allerdings betrifft die auffällige Kalkulation einen angesichts der Auftragssumme so geringen Bagatellbetrag, dass hierauf ein Ausschluss nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben nicht gestützt werden kann (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 – Verg 10/06). Die von der Antragstellerin für diese drei Positionen angegebenen Gesamtpreise betragen insgesamt rund 0,2% der gesamten Angebotssumme. Selbst wenn man die insgesamt deutlich höheren Preise der Beigeladenen zum Vergleich heranzieht oder die den Preisen der Beigeladenen in diesen drei Positionen insgesamt etwa entsprechenden Mittelpreise aller Angebote, würde es sich bei den auffälligen Positionen nur um 0,33% der Angebotssumme der Antragstellerin handeln.
2.2.2.4. Soweit sich die Antragsgegnerin für den Ausschluss des Angebots der Beigeladen in den Positionen 01.01.20 (Seitenschutz), 01.01.21 (Seitenschutz vorhalten, Rohbau) und 01.01.22 (Seitenschutz vorhalten, Ausbau) darauf beruft, dass es sich hierbei um ein Spekulationsangebot handelt und die Antragstellerin von einer Verlängerung der Vorhaltedauer während der Ausbauphase profitieren würde, hat die Antragsgegnerin keine konkreten Anhaltspunkte für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung der Antragsgegnerin vorgetragen. Diese ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich, denn selbst bei einer Verdoppelung der Vorhaltezeit in der Ausbauphase (Position 01.01.22) wäre das Angebot der Antragstellerin für diese drei Positionen noch günstiger als das Angebot der Beigeladenen.
2.2.3. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Positionen 01.03.1 (Bodenaushub Auffüllungen HB B und C, Abfuhr), 01.03.2 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 1.1 LVGBT), 01.03.3 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 1.2 LVGBT) und 01.03.4 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 2 LVGBT) auszuschließen. Es handelt sich bei diesen Positionen um von der Antragstellerin übernommene Preise aus einem Nachunternehmerangebot, so dass die Indizwirkung für eine Mischkalkulation nicht greift und die Antragsgegnerin konnte weder hinreichende Anhaltspunkte für eine Mischkalkulation des Nachunternehmers vorbringen noch hat sie Erwägungen für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung des öffentlichen Auftraggebers durch ein Spekulationsangebot dokumentiert.
2.2.3.1. Vorliegend indizieren die von der Antragstellerin angebotenen Preise für die Leistungspositionen 01.03.1 (Bodenaushub Auffüllungen HB B und C, Abfuhr), 01.03.2 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 1.1 LVGBT), 01.03.3 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 1.2 LVGBT) und 01.03.4 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 2 LVGBT) nach den oben dargestellten Grundsätzen des BGH zwar eine Mischkalkulation, welche in der Regel zur Beweislastumkehr führen würde. Es handelt sich jedoch bei den von der Antragsgegnerin als auffällig identifizierte Positionen um Leistungen, welche die Antragstellerin von einem Nachunternehmer ausführen lässt, was sie bereits mit Abgabe des Angebots der Antragsgegnerin offengelegt hat. Übernimmt ein Bieter bei Nachunternehmerleistungen die vom Nachunternehmer angebotenen Preise, so stellen diese die von ihm geforderten Preise dar und es fehlt an der Vermutung von Preisverlagerungen (OLG München, Beschluss vom 17.04.2019 – Verg 13/18).
Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass auch bei der Übernahme der Angebotspreise eines Nachunternehmers die Gefahr der Mischkalkulation durch den Nachunternehmer besteht und damit, insbesondere bei Aufträgen in denen ein erheblicher Anteil der Arbeiten von Nachunternehmern ausgeführt wird, ein Risiko für den öffentlichen Auftraggeber besteht, nicht die tatsächlich geforderten Preise und damit vergleichbare Angebote zu erhalten, ist dem zu entgegnen, dass mit der Übernahme von Nachunternehmerpreisen lediglich die Indizwirkung für eine Mischkalkulation und die damit einhergehende Beweislastumkehr entfällt. Der öffentliche Auftraggeber hat jedoch weiterhin die Möglichkeit, im Rahmen von weiteren und tiefgehenderen Aufklärungen zu den auffälligen Nachunternehmerleistungen, konkrete Anhaltspunkte für eine unzulässige Mischkalkulation zu ermitteln und den diesbezüglichen Verdacht zu erhärten.
Stehen daher Nachunternehmerleistungen im Verdacht einer unzulässigen Mischkalkulation, hat der öffentliche Auftraggeber zuerst aufzuklären, ob den auffälligen Preisen ein unverändertes Angebot eines Nachunternehmers zu Grunde liegt und sich dieses gegebenenfalls vorlegen zu lassen. Daneben kann er trotzdem in die weitere Angebotsaufklärung der auffälligen Preise eintreten und vom Bieter, welcher vergaberechtlich für seinen Nachunternehmer einzustehen hat (vgl. VK Bund, Beschluss vom 19.10.2023 – VK 2-78/23), schlüssige Erklärungen für die auffällige Preisgestaltung verlangen und diese bewerten.
Es liegen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin entgegen ihren Ausführungen die von ihrem Nachunternehmer übermittelten Preise nicht unverändert übernommen hätte. Zwar hat sie das Angebot des Nachunternehmers für die Positionen 01.03.1 bis 01.03.4 nicht vorgelegt, war dazu aber auch von der Antragsgegnerin nicht explizit aufgefordert worden. In ihrer Urkalkulation hat sie für diese Positionen lediglich das Angebot ihres Nachunternehmer eingestellt und keine weiteren kalkulatorischen Posten ausgewiesen, abgesehen von den im Formblatt 221 ermittelten und in der Urkalkulation auch ausgewiesenen Zuschlägen für Nachunternehmerleistungen. Für die unveränderte Übernahme der Preise spricht jedenfalls, dass die Antragstellerin einen Kommafehler des Nachunternehmers ebenfalls übernommen hat und in der Position 01.03.4 einen um den Faktor 10 niedrigeren Preis als vom Nachunternehmer gewollt übernommen hat.
Die Antragstellerin hat auch die gestellten Aufklärungsfragen an ihren Nachunternehmer weitergereicht und die Antworten übermittelt. Die Bewertung der Antworten durch die Antragsgegnerin ist jedoch nicht nachvollziehbar. Soweit die Antragsgegnerin auf die Urkalkulation der Antragstellerin Bezug nimmt, verkennt sie, dass gerade bei Nachunternehmerleistungen in der Urkalkulation in der Regel nur die Angebote der Nachunternehmer aufgeführt werden und gerade keine eigene Kalkulation erfolgt. Daher weist die Urkalkulation bei Nachunternehmerleistungen häufig nicht dieselbe Detailtiefe auf wie bei Leistungen, die der Bieter selbst ausführt und daher die Kalkulationsgrundlagen ausführlicher und kleinteiliger angeben kann. Soweit die Antragsgegnerin daher in ihrer Begründung zum Ausschluss vom 16.11.2023 moniert, dass in der Position 01.03.2 in der Urkalkulation keine detaillierte Gegenrechnung zu den in Position 01.03.1 eingepreisten Kippgebühren erfolgt, ist dies schlicht der Tatsache geschuldet, dass die Nachunternehmerleistungen in der Urkalkulation nur summarisch mit der vom Nachunternehmer angebotenen Summe für diese Position aufgeführt werden. Die Antragsgegnerin moniert auch, dass die Antragstellerin bzw. ihr Nachunternehmer in der Aufgliederung der Einheitspreise nicht schlüssig dargestellt habe, wie die Kippgebühren gegen gerechnet werden. Da es sich jedoch bei der Position 01.03.2 nach dem Leistungsverzeichnis um eine reine Zulageposition handelt, weil die Antragsgegnerin damit gerechnet hat, dass diese quasi nur höhere Kippgebühren als die Grundposition enthält, wäre zu Gunsten der Antragstellerin bzw. ihres Nachunternehmers zu berücksichtigen, dass die von ihr gewählte Entsorgung vielmehr keine Zulage sondern eine Alternative darstellt und daher in dem von der Antragsgegnerin gewählten Schema nur schwer abzubilden ist. Die Antragsgegnerin hätte hier vielmehr in der Aufklärung anfragen müssen, wie sich der Gesamtpreis für die Entsorgung der Schadstoffklasse bis einschließlich Z1.1 LVGBT zusammensetzt, um die Angemessenheit des Preises prüfen zu können.
Hierbei ist ebenfalls zu beachten, dass die Beigeladene in der Aufgliederung der Einheitspreise für die fraglichen Leistungspositionen 01.03.1 bis 01.03.2 lediglich Gerätekosten angegeben hat, was jedoch nicht zu vergleichbaren kritischen Nachfragen zur Grundlage der Kalkulation geführt hat, wie bei der Antragstellerin.
Das Vorbringen der Antragstellerin, dass ihr Nachunternehmer lediglich eine geringere Menge an Aushub in aktuellen Projekten weiter verwerten könne und daher das leicht belastete Material wiederverwerte, welches weniger anfällt und teurer zu deponieren ist, ist auch nicht ohne weitere Erklärung als unplausibel zu qualifizieren. Dieses Vorgehen kann durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein, insbesondere da einige der eingereichten Angebote gar keine Wiederverwertung zu enthalten scheinen und auch das bepreiste Leistungsverzeichnis von einer vollständigen Deponierung des Bodenaushubs ausgeht. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass der Preis für die Position 01.03.1 des bepreisten Leistungsverzeichnisses, welches wohl von einer Deponierung des Materials ausgeht, ziemlich genau dem von der Antragstellerin bzw. ihrem Nachunternehmer ebenfalls angesetzten Einheitspreis für eine Deponierung entspricht. Für eine Verlagerung von Kosten aus der Position 01.03.02 in die Position 01.03.01 besteht jedenfalls allein auf Grund des Einheitspreises in der Position 01.03.01 weder nach dem bepreisten LV noch nach den von anderen Bietern eingereichten Angeboten, die für die Position 01.03.01 entweder einen Einheitspreis von ca. 5 Euro (wohl der Preis bei Wiederverwertung des Materials) oder aber einen Preis zwischen 23 und 32 Euro aufrufen, kein hinreichender Verdacht.
Darüber hinaus bietet die Antragstellerin bzw. ihr Nachunternehmer tatsächlich für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z1.1. LVGBT einen Gesamtpreis aus Grundposition 01.03.1 und Zulage 01.03.2 an, der um etwa die angegebenen Stoffkosten aus der Grundposition 01.03.1 in der Aufgliederung der Einheitspreise niedriger ist als der Gesamtpreis von zwei weiteren Bietern (Platzziffer 11 und 13), die einen vergleichbaren Grundpreis und wohl keine Widerverwertung bei der Zulagenposition 01.03.2 kalkulieren.
2.2.3.2. Soweit sich die Antragsgegnerin für den Ausschluss des Angebots der Beigeladen in den Leistungspositionen 01.03.1 (Bodenaushub Auffüllungen HB B und C, Abfuhr), 01.03.2 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 1.1 LVGBT), 01.03.3 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 1.2 LVGBT) und 01.03.4 (Zulage für die Schadstoffklasse bis einschließlich Z 2 LVGBT) darauf beruft, dass es sich hierbei um ein Spekulationsangebot handelt, hat die Antragsgegnerin keine konkreten Anhaltspunkte für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung der Antragsgegnerin vorgetragen bzw. dokumentiert.
2.2.4. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in der Leistungsposition 01.04.13 (Zulage für geneigte Oberfläche) auszuschließen. Ihrer Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Mischkalkulation ist die Antragsgegnerin nicht nachgekommen.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die eine Mischkalkulation indizieren würden, da es bereits an korrespondierenden Aufpreisungen zu dieser Position fehlt. Da diese Position eine Zulage zu den Positionen 01.04.9 (Ortbeton Streifenfundament) und 01.04.12 (Ortbeton Einzelfundament) darstellt, wo lediglich die Oberseite nicht waagerecht sondern geneigt herzustellen ist, wären dies die korrespondierenden Positionen für eine auffällige Preisgestaltung. Diesbezüglich hat die Antragsgegnerin jedoch keine ungewöhnlichen Preise in den korrespondierenden Positionen festgestellt.
Die Antragstellerin konnte zudem in ihrer Aufklärung den geringen Preis auch erklären, indem sie angab, dass es nach der Kalkulation ihres Nachunternehmers keinen Unterschied mache, ob eine Oberfläche waagerecht oder geneigt herzustellen wäre. Nach Angaben des Nachunternehmers wäre der Aufwand in etwa derselbe, so dass er keine Zulage für diese Position beanspruche. Dies belegt die Antragstellerin durch die Einreichung ihrer Urkalkulation und dem eingereichten Angebot dieses Nachunternehmers, aus denen sich die geringe Zulage ergibt und die unverändert übernommen wurde. Ein derartiges Angebot ohne weitere Indizien der Kostenverschiebung steht einem Bieter im Rahmen seiner Kalkulationsfreiheit zu.
2.2.5. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.04.14 (Schalungen der Fundamentaussparungen bis 2.000cm2), 01.04.15 (Schalungen der Fundamentaussparungen bis 4.000cm2) und 01.04.16 (Schalungen der Fundamentaussparungen bis 8.000cm2) auszuschließen. Es liegen zwar die Indizien für eine Mischkalkulation vor, jedoch hat sich die Antragsgegnerin weder hinreichend mit den gegebenen Erklärungen auseinandergesetzt noch beachtet, dass es sich angesichts des Gesamtangebots um Bagatellpositionen handelt.
Die Angebotsstruktur der drei korrelierenden Positionen weist Auffälligkeiten auf, die für Auf- und Abpreisungen sprechen. Die Position 01.04.14 (Schalungen der Fundamentaussparungen bis 2.000cm2) wurde von der Antragstellerin erheblich teurer angeboten als bei den anderen Bietern, dafür waren die Positionen 01.04.15 (Schalungen der Fundamentaussparungen bis 4.000cm2) und 01.04.16 (Schalungen der Fundamentaussparungen bis 8.000cm2) deutlich günstiger. Bezüglich dieser Auffälligkeit hat die Antragsgegnerin Aufklärung verlangt und die Antragstellerin hat erklärt, dass der Text des Leistungsverzeichnisses der Position 01.04.14, insbesondere die Menge von nur einem Quadratmeter als geschätzte Menge darauf schließen ließen, dass es sich um extrem kleine Aussparungen handle. Dafür sei der Lohnaufwand sehr hoch und die eingesetzten Materialien könnten nicht wiederverwendet werden. Dagegen mache es ab einer gewissen Größenordnung der Aussparungen keinen Unterschied mehr im Aufwand und das eingesetzte Material könne ganz oder teilweise wiederverwertet werden. Die Antragstellerin legte auch zu diesen Positionen das Angebot ihres Nachunternehmers vor, aus welchem sich die angesetzten Preise ergaben.
Die Beurteilung der Antragsgegnerin der Aufklärung ist nicht nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin geht weder in ihrem Ausschlussschreiben noch in der sonstigen Vergabedokumentation oder den eingereichten Schriftsätzen darauf ein, dass für die Position 01.04.14 ausschließlich eine sehr kleine Menge im Leistungsverzeichnis gefordert war und daher der Lohnaufwand hierfür verhältnismäßig hoch ist. Sie berücksichtigt auch nicht, dass die Urkalkulation für Nachunternehmerleistungen in der Regel nur den angebotenen Preis des Nachunternehmers enthält. Soweit die Antragsgegnerin darauf abzielt, dass die spekulative Bepreisung die Planer dazu zwingen würde, im Zweifel größere Aussparungen als notwendig herstellen zu lassen, kann dem nicht gefolgt werden, da mit der geschätzten Mengenangabe in der Regel die Anzahl der notwendigen kleinen Aussparungen größtenteils abgedeckt sein sollte. Es ist der Antragsgegnerin selbst zuzuschreiben, wenn sie gerade auf Grund falscher Mengenangaben im Leistungsverzeichnis auf Grund der angegebenen geringen Mengen hierfür teurere Angebote erhält und dann größere Mengen bräuchte. Die Antragstellerin durfte bei der Kalkulation von der angegebenen Menge ausgehen und auf Grund der angegebenen Mengen und Maße von einem verhältnismäßig hohen Lohn und Materialaufwand ausgehen. Die Antragstellerin weißt diesbezüglich zu Recht darauf hin, dass für die kleinen Aussparungen auch nur ein Bruchteil des für einen Quadratmeter anzugebenen Einheitspreis gezahlt werden müsse. Dass die anderen Bieter hier ggf. mit größeren Flächen und damit weniger Zeit und Materialaufwand für die Schalung kalkuliert haben, mag daran liegen, dass das Leistungsverzeichnis hier keine genaueren Vorgaben macht, wie kleinteilig die Fundamentaussparungen sein werden. Die Überlegung der Antragstellerin bzw. ihres Nachunternehmers, dass es sich um relativ kleine Aussparungen handeln dürfte, da nur ein Quadratmeter als Gesamtmenge angegeben wurde, ist daher auch naheliegend.
Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass die Materialkosten für größere Aussparungen ebenfalls niedriger seien, da hier das Material wiederverwertet werden könne und der Aufwand ab einer gewissen Größe an Aussparung nicht mehr steige, hat die Antragsgegnerin ebenfalls nicht vollständig berücksichtigt. Es ist durchaus mathematisch nachvollziehbar, dass bei einer Aussparung, für die nach Grundrissfläche abgerechnet wird, der Materialaufwand für die Schalung sich ab einer gewissen Größe der herzustellenden Schalung nicht mehr signifikant erhöht, da das dafür benötigte Material nicht linear mit der Grundrissfläche ansteigt. Die deutlich größeren Materialstücke bei größeren Aussparungen können auch bei einer nicht schadenfreien Ausschalung damit auch wahrscheinlicher bei anderen Arbeiten Verwendung finden als kleine Reststücke von 10cm oder 25cm Länge. Zudem hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es inzwischen auch Schalungsmaterial gebe, welches wiederverwendbar sei.
Der Ausschluss eines Angebots wegen Mischkalkulation bei einer derartigen Bagatellposition ist zudem unzulässig (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 – Verg 10/06). Es handelt sich bei der Position 01.04.14 um eine Leistung, die im bepreisten Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin mit nicht einmal 100 Euro ausgewiesen ist.
2.2.6. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.04.97 (Zulage Stützenschalung auf Brüstung Höhe ca. 85cm) und 01.04.80 (Zulage Stützenschalung auf Aufkantung Fluchtbalkon Höhe bis ca. 50cm) auszuschließen. Insbesondere liegen die Indizien für eine Beweislastumkehr bei einer Mischkalkulation nicht vor. Ihrer Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Mischkalkulation ist die Antragsgegnerin damit nicht ordnungsgemäß nachgekommen.
Bei den von der Antragsgegnerin aufgeklärten Positionen 01.04.79 und 01.04.80 liegen bereits keine Indizien für eine Mischkalkulation vor, da es an Auf- und Abpreisungen in korrelierenden Positionen fehlt, so dass die Antragstellerin nicht beweisbelastet dafür ist, den Anschein einer Mischkalkulation zu widerlegen. Vielmehr liegt lediglich der Position 01.04.79 ein sehr niedriger Einheitspreis zugrunde. Entsprechende Aufpreisungen in der Grundposition oder einer vergleichbaren Zulagenposition sind dagegen nicht ersichtlich. Zudem ist auch nach dem bepreisten Leistungsverzeichnis der Antragstellerin die Position 01.04.80 mit einem erheblich höheren Einheitspreis ausgezeichnet als die Position 01.04.79. Dies wiederum stützt die Aussage der Antragstellerin bzw. ihres Nachunternehmers, dass für die Position 01.04.80 ein erheblich höherer Aufwand anfällt. Die von den übrigen Bietern dazu eingereichten Angebote lassen keine eindeutige Tendenz erkennen und verlangen teilweise für beide Positionen dieselben Einheitspreise, teilweise für die Position 01.04.80 höhere und teilweise niedrigere Einheitspreise als für die Position 01.04.79.
Soweit sich die Antragsgegnerin für den Ausschluss des Angebots der Beigeladen in den Positionen 01.04.79 und 01.04.80 darauf beruft, dass es sich hierbei um ein Spekulationsangebot handelt, hat die Antragsgegnerin keine konkreten Anhaltspunkte für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung der Antragsgegnerin vorgetragen oder dokumentiert. Da es sich um völlig unterschiedliche, fest geplante Leistungen an unterschiedlichen Orten des Bauwerks handelt, kann die Antragstellerin weder einfach die teurere Leistung abrechnen noch ist mit erheblichen Mengenänderungen bei den Fassaden- oder Außenstützen zu rechnen.
2.2.7. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.04.94 bis 01.04.100 auszuschließen. Es lassen sich zwar in diesen korrelierenden Positionen auffällige Preisgestaltungen feststellen, allerdings hat sich die Antragsgegegnerin in ihrer Aufklärung nicht konsequent auf alle erhöhten Positionen berufen, so dass bereits kein ordnungsgemäßes Aufklärungsverlangen für die Positionen 01.04.99 und 01.04.100 vorlag. Zudem hat die Antragsgegnerin auch in diesem Punkt nicht berücksichtigt, dass es sich um eine Nachunternehmerleistung handelt, für die die Antragstellerin ein konkretes Angebot des Nachunternehmers vorgelegt und unverändert übernommen hat. Ihrer Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Mischkalkulation ist die Antragsgegnerin damit nicht ordnungsgemäß nachgekommen.
Die Angebotsstruktur in den Leistungspositionen 01.04.94 bis 01.04.100 könnte durchaus eine Mischkalkulation indizieren, da die Leistungspositionen 01.04.94 bis 01.04.97 als Zulagen zur Grundposition nur mit dem symbolischen Betrag von einem Cent bepreist wurden, die Zulage für die Leistungspositionen 01.04.98 bis 01.04.100 dagegen jeweils den höchsten Preis aller Angebote aufruft und zumindest für die Positionen 01.04.99 und 01.04.100 auch weit über den Einzelpreisen des bepreisten Leistungsverzeichnisses liegt. Allerdings hat sich die Antragsgegnerin lediglich in ihrer Überschrift auf diese sechs Positionen bezogen, in den konkreten Aufklärungsfragen dagegen gibt sie nur die Leistungsposition 01.04.98 (Zulage Deckenschalung Aufzugsschacht) als außergewöhnlich hoch an. Gerade diese lag einerseits sogar etwas unterhalb der Annahme des bepreisten Leistungsverzeichnisses für die Position und beinhaltet zudem eine Leistung die lediglich für eine sehr geringe Gesamtmenge zu erbringen ist, welche stark von anderen Leistungen abgegrenzt werden kann und für die auch kein Raum ist, auf eine signifikante Mengenmehrung zu spekulieren, da es sich um die Zulage für die Deckenschalung von Aufzugsschächten handelt.
Eine etwaige Verschiebung von Preisen für die Positionen 01.04.94 bis 01.04.97, welche hohe Mengenansätze haben und für die damit im Mittelpreis über 16.000 Euro und im bepreisten Leistungsverzeichnis über 35.000 Euro als Gesamtbetrag veranschlagt sind, in die Positionen 01.04.98 bis 01.04.100 mit den niedrigen Mengenansätzen und einem Gesamtbetrag von ungefähr 1.400 Euro im Mittelpreis bzw.1.800 Euro im bepreisten Leistungsverzeichnis erscheint nicht plausibel.
Soweit die Antragsgegnerin ihre Aufklärungsfrage zu Position 01.04.98 auf den angegebenen Zeitaufwand präzisiert hat, ist die Antragstellerin hier eine fundierte und auf das konkrete Aufklärungsverlangen eingehende Antwort schuldig geblieben. Auf konkrete Aufklärungsfragen müsste sich die Antragsgegnerin zur Aufklärung einer unzulässigen Mischkalkulation nicht mit pauschalen Behauptungen abspeisen lassen. Allerdings ist es bereits auf Grund der stark unterschiedlichen Mengenansätze unplausibel, dass Preisbestandteile aus den korrespondierenden Positionen 01.04.94 bis 01.04.97 in die Position 01.04.98 verschoben wurden.
Zudem ist der Ausschluss eines Angebots wegen Mischkalkulation bei einer derartigen Bagatellposition unzulässig (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 – Verg 10/06).
2.2.8. Das Angebot der Antragstellerin ist auch nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.04.122 (Zulage Körnung 0/16mm) und 01.04.123 (Zulage Körnung0/8mm) auszuschließen. Die Antragsgegnerin hat zudem keine hinreichenden Erwägungen für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung des öffentlichen Auftraggebers durch ein Spekulationsangebot dokumentiert.
Bei den Leistungspositionen 01.04.122 (Zulage Körnung 0/16mm) und 01.04.123 (Zulage Körnung0/8mm) handelt es sich um korrelierende Positionen, bei denen eine auffällige Angebotsstruktur durch ein sehr günstiges Angebot in der Leistungsposition 01.04.122 (Zulage Körnung 0/16mm) und ein auffällig hohes Angebot in der Leistungsposition 01.04.123 (Zulage Körnung0/8mm) vorliegt. Die Antragstellerin hat einmal den günstigsten Preis aller Bieter und einmal den höchsten Preis aller Bieter angeboten. Die Antragstellerin hat erklärt, dass diese Leistungen von einem Nachunternehmer ausgeführt werden und das Angebot des Nachunternehmers vorgelegt und unverändert, nur mit den angegebenen Zuschlägen in ihr Angebot übernommen. Die Antragsgegnerin bleibt daher darlegungs- und beweispflichtig für eine Mischkalkulation im Angebot der Antragstellerin.
Die Antragstellerin erklärt in ihrem Aufklärungsschreiben, dass sie bereits grundsätzlich bei stark bewehrten Bauteilen mit einer Betonkörnung von 0/16mm kalkuliert, so dass der weitere Zuschlag in der Position 01.04.122 ein reiner “Angstzuschlag” ist, der insbesondere eventuell zusätzlich geforderte Bauteile mit 0/16mm Körnung abdecken soll. Der hohe Preis bei der Position 01.04.123 ergebe sich daraus, dass hier mit erheblich höheren Stoffkosten durch Mindermengenzuschläge zu rechnen sei und die Einbringung des Betons durch den üblicherweise hohen Bewehrungsgehalt der Bauteile für den dieser verwendet würde, deutlich aufwändiger sei, was sich in den Lohnkosten der Zuschlagsposition wiederspiegle.
2.8.1. Die Antragsgegnerin ist der Frage nicht nachgegangen, ob die Antragstellerin für die Positionen mit stark bewehrten Bauteilen grundsätzlich bereits eine Betonkörnung von 0/16mm anbieten durfte oder ob sie diesbezüglich gegen eindeutige Vorgaben des Leistungsverzeichnisses verstoßen hat. Der Vergabekammer sind bei der Durchsicht der Vergabeunterlagen keine expliziten gegenteiligen Vorgaben aufgefallen. Sollte die Antragsgegnerin der Auffassung sein, dass diesbezügliche Kalkulationsvorgaben vorliegen, insbesondere aus der Erläuterung der Position 01.04.22 muss die Antragsgegnerin bei einer erneuten Überprüfung des Angebots der Antragstellerin explizit einen Verstoß gegen die Kalkulationsvorgaben des Leistungsverzeichnisses prüfen und darlegen.
2.8.2. Die Erläuterungen der Antragstellerin für die Position 01.04.123 erscheinen nicht unplausibel. Die dort angegebene Menge und der Text der Position lassen darauf schließen, dass für diese Betonkörnung nur geringe Mengen anfallen, welche nach der internen Kalkulation der Antragstellerin häufig auch mit einem Mindermengenzuschlag den Preis verteuern. Die Ausführungen der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin dann gerade das Gegenteil auf der Baustelle versuche, nämlich trotzdem einen ganzen Transporter dieses Materials zu bestellen und andere als die von der Antragsgegnerin angewiesenen Bauteile ebenfalls mit dem teureren Beton abzurechnen, sind spekulativ und gerade nach dem Vortrag der Antragstellerin, dass sie die Mehrkosten für die Anlieferung von kleinen Mengen in den Preis eingerechnet habe, eine bloße, unbelegte Befürchtung der Antragsgegnerin.
2.8.3. Die Antragsgegnerin hat bezüglich des hohen Preises für die Position 01.04.123 die für das Vorliegen eines Spekulationsangebots notwendige nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Übervorteilung des öffentlichen Auftraggebers nicht hinreichend dargelegt. Der vorliegend hoch angesetzte Preis für die in geringen Mengen benötigte Position 01.04.123 führt auch bei einer Verdoppelung der nachgefragten Menge nur zu einer marginalen Mehrbelastung des öffentlichen Auftraggebers, da die Position nur 0,07% des Gesamtauftragsvolumens im Angebot der Antragstellerin ausmacht. Auf Grund des preislichen Abstands zum Angebot der Beigeladenen müsste die Antragsgegnerin diese Position in der hundertfachen Menge zur im Leistungsverzeichnis angegeben Menge abrufen, um den Preisabstand zum Angebot der Beigeladenen aufzuholen. Das erscheint der Vergabekammer nicht sehr wahrscheinlich, so dass die Möglichkeit der Übervorteilung des öffentlichen Auftraggebers auf Grund dieser Position eher fernliegt.
2.2.9. Das Angebot der Antragstellerin ist auch nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in der Leistungsposition 01.04.126 (Dreikantleisten 6/6/8) auszuschließen, da es sich hier um eine Bagatellposition handelt. Die Antragsgegnerin hat zudem keine hinreichenden Erwägungen für eine nicht ganz fernliegende Übervorteilung des öffentlichen Auftraggebers durch ein Spekulationsangebot vorgetragen oder dokumentiert.
Die Antragstellerin lässt diese Leistung von einem Nachunternehmer durchführen und hat das entsprechende Angebot des Nachunternehmers im Rahmen der Aufklärung vorgelegt. Sie hat die vom Nachunternehmer angebotenen Preise unverändert übernommen und nur die allgemeinen Zuschläge aus dem Formblatt 121 für Nachunternehmerleistungen hinzugerechnet. Aus dem Aufklärungsschreiben der Antragstellerin ergibt sich, dass ihr Nachunternehmer die Standardleisten der Position 01.04.126 kostenlos von seiner Mietschalungsfirma erhält und daher den gewährten Vorteil in seinem Angebot weitergibt. Weiterhin habe er keine Lohnkosten kalkuliert, da er intern das Einsetzen der Standardleisten nicht als eigenständigen und besonderen Aufwand rechne. Soweit die Antragsgegnerin hier eine Mischkalkulation und ein Verschieben dieser Kosten in andere Kosten vermutet, sind die korrespondierenden Positionen 01.04.127 und 01.04.128 nicht überhöht und der Vortrag der Antragstellerin bzw. ihres Nachunternehmers weisen eher darauf hin, dass dieser Aufwand in den jeweiligen Schalungspositionen kalkuliert ist.
Dies könnte ein Verstoß gegen die Kalkulationsvorgaben oder sogar eine Mischkalkulation darstellen, allerdings handelt es sich um eine Bagatellposition, welche im bepreisten Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin mit ca. 1.600 Euro angegeben ist, wovon wiederum nur ein Bruchteil auf die Lohnkosten entfällt. Der Ausschluss eines Angebots wegen Mischkalkulation bei einer derartigen Bagatellposition ist unzulässig (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 – Verg 10/06).
2.2.10. Das Angebot der Antragstellerin ist auch nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in der Leistungsposition 01.05.7 (Betonstabstahl für Zulagen) auszuschließen, da es sich hier um eine Bagatellposition handelt.
Die Antragstellerin lässt diese Leistung von einem Nachunternehmer durchführen und hat das entsprechende Angebot des Nachunternehmers im Rahmen der Aufklärung vorgelegt. Sie hat die vom Nachunternehmer angebotenen Preise unverändert übernommen und nur die allgemeinen Zuschläge aus dem Formblatt 121 für Nachunternehmerleistungen hinzugerechnet. Aus dem Aufklärungsschreiben der Antragstellerin ergibt sich, dass ihr Nachunternehmer die Arbeitsleistung von seinem Polier ausführen lässt, welcher in der Mittellohnberechnung des Nachunternehmers enthalten ist, weshalb keine zusätzlichen Kosten anfielen. Die Materialkosten seien so niedrig, da auf Grund der kleinen ausgeschriebenen Menge von insgesamt einer Tonne davon auszugehen sei, dass pro Bewehrungsabschnitt nur ein paar Kilogramm Betonstabstahl einzubauen wäre. Diese geringfügige Menge könnte der Nachunternehmer aus Restmaterialien von anderen Bauvorhaben bestreiten, die er nie entsorge, sondern wiederverwende.
Die Frage, ob ein Polier eines Nachunternehmers, der in die einzelnen Positionen des Angebots des Nachunternehmers eingepreist ist, überhaupt eine Mischkalkulation darstellen kann, wenn er weitere zu bepreisende Positionen des Leistungsverzeichnisses ausführt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Es handelt sich in jedem Fall um eine Bagatellposition, welche im bepreisten Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin mit ca. 1.600 Euro und im Mittelpreis der Angebote mit knapp 1.500 Euro angesetzt war. Der Ausschluss eines Angebots wegen Mischkalkulation bei einer derartigen Bagatellposition ist unzulässig (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 – Verg 10/06).
In dieser Position zeigt sich auch im konkreten Sachverhalt wieder die Gefahr, wenn derartige Bagatellpositionen herangezogen werden, um einen Angebotsausschluss wegen einer Mischkalkulation zu begründen. Bei dem in dieser Position ebenfalls auffällig günstigen Angebotspreis der Beigeladen, der nur etwa ein Fünftel der im Mittelpreis oder dem bepreisten Leistungsverzeichnis angenommenen Angebotssumme entspricht, wurde von der Antragsgegnerin keine Angebotsaufklärung durchgeführt, obwohl hier ebenfalls auffällige Abweichungen zu den übrigen Angeboten und dem bepreisten Leistungsverzeichnis sowie im Formblatt 223 zu den Zeitansätzen und Materialkosten für die diversen Betonstabstahlpositionen vorliegen. Es ist nicht auszuschließen, dass eine genauere Prüfung des Preises der Beigeladenen in dieser Position ähnliche Ungereimtheiten in der Kalkulation aufgedeckt hätte.
2.2.11. Das Angebot der Antragstellerin ist auch nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.05.29 (Verankerung in Injektionstechnik d=10 mm), 01.05.30 (Verankerung in Injektionstechnik d=12 mm), 01.05.31 (Verankerung in Injektionstechnik d=14 mm) und 01.05.32 (Verankerung in Injektionstechnik d=16 mm) auszuschließen, da es sich hier um eine Bagatellposition handelt.
Die Antragstellerin lässt diese Leistung von einem Nachunternehmer durchführen und hat das entsprechende Angebot des Nachunternehmers im Rahmen der Aufklärung vorgelegt. Sie hat die vom Nachunternehmer angebotenen Preise unverändert übernommen und nur die allgemeinen Zuschläge aus dem Formblatt 121 für Nachunternehmerleistungen hinzugerechnet. Aus dem Aufklärungsschreiben der Antragstellerin ergibt sich, dass ihr Nachunternehmer die Arbeitsleistung von seinem Polier ausführen lässt, welcher in der Mittellohnberechnung des Nachunternehmers enthalten ist, weshalb keine zusätzlichen Kosten anfielen. Die Materialkosten seien so niedrig, da der Nachunternehmer noch Injektionsmaterial aus seinem Jahresbudget übrig habe und daher die Materialkosten sehr niedrig habe ansetzen können.
Die Frage, ob ein Polier eines Nachunternehmers, der in die einzelnen Positionen des Angebots des Nachunternehmers eingepreist ist, überhaupt eine Mischkalkulation darstellen kann, wenn er weitere zu bepreisende Positionen des Leistungsverzeichnisses ausführt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Es handelt sich in jedem Fall um eine Bagatellposition, welche im bepreisten Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin mit etwas über 4.000 Euro und im Mittelpreis der Angebote mit knapp 2.750 Euro angesetzt war. Der Ausschluss eines Angebots wegen Mischkalkulation bei einer derartigen Bagatellposition ist unzulässig (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 – Verg 10/06).
2.2.12. Das Angebot der Antragstellerin ist auch nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.06.2 (Zulage Wandabschluss oben Deckenauflager und Attika), 01.06.3. (Zulage Wandabschluss oben Deckenauflager) und 01.06.4 (Zulage Wandabschluss unten) auszuschließen, da bereits keine Indizien für eine Mischkalkulation bestehen und es sich zudem um eine Bagatellposition handelt.
Die Antragstellerin lässt diese Leistung von einem Nachunternehmer durchführen. Der Nachunternehmer der Antragstellerin hat in der Angebotsaufklärung aufgeführt, dass sich bei diesen Positionen für ihn keine Mehraufwendungen zur Grundposition ergeben.
Preispositionen, in welchen die Antragstellerin übermäßig teuer anbietet, sind im Kapitel 01.06. “Stahlbetonfertigteile”, die vollständig ein einziger Nachunternehmer ausführt, der auch keine Leistungen außerhalb dieses Kapitels durchführt. Eine Kostenverschiebung des Nachunternehmers hätte daher in diesem Kapitel erfolgen müssen. Aus dem Preisspiegel ergibt sich jedoch vielmehr, dass die Antragstellerin bzw. ihr Nachunternehmer für dieses Kapitel insgesamt durchgehend recht günstig kalkuliert hat und auch den günstigsten Gesamtpreis für das Kapitel 01.06 anbieten konnte. Andere Bieter sind jedoch teilweise in diesem Kapitel nur unwesentlich teurer und es finden sich zwei weitere Angebote, die im Kapitel 01.06 weniger als 20% teurer sind als die Antragstellerin.
Zudem handelt es sich um Bagatellpositionen, welche im bepreisten Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin mit etwas über 8.750 Euro und im Mittelpreis der Angebote mit knapp 3.500 Euro angesetzt waren. Der Ausschluss eines Angebots wegen Mischkalkulation bei einer derartigen Bagatellposition ist unzulässig (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 – Verg 10/06). Sogar im Vergleich zur Gesamtangebotssumme des Kapitel 01.06. handelt es sich bei den drei Positionen nur um 1,5% des Angebots der Antragstellerin bzw. ihres Nachunternehmers, wenn man den Mittelpreis für diese Positionen ansetzt.
Auch hier zeigt sich wieder die unterschiedliche Aufklärung zwischen den Angeboten der Antragstellerin und der Beigeladenen. Die Beigeladene hat in diesen drei Positionen in der Aufgliederung der Einheitspreise keinerlei Zeitansätze oder Lohnkosten ausgewiesen. Dies wurde jedoch von der Antragsgegnerin nicht weiter aufgeklärt. Bei einer vergleichbaren Aufklärungstiefe in den Bagatellpositionen kann nicht ausgeschlossen werden, dass wohl auch im Angebot der Beigeladenen kleinere Unregelmäßigkeiten zu Tage getreten wären.
2.2.13. Das Angebot der Antragstellerin ist auch nicht nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen fehlender oder unrichtiger Preisangaben in den Leistungspositionen 01.06.41 bis 01.06.53 betreffend die Balkonfertigteile auszuschließen, da bereits keine Indizien für eine Mischkalkulation bestehen.
Soweit die Antragsgegnerin hier in ihrem Schriftsatz vom 08.12.2023 vorträgt, dass die geometrisch und hinsichtlich der Einbausituation identischen Positionen 01.06.41 und 01.06.44, 01.06.42 und 01.06.45, 01.06.46, 01.06.47, 01.06.49 und 01.06.50, sowie 01.06.48, 01.06.51 und 01.06.53 für das Liefern und Montieren von Balkonfertigteilen jeweils auffällig unterschiedlich bepreist seien, ist diese Aussage bereits nicht nachvollziehbar.
Die Positionen 01.06.46, 01.06.47, 01.06.49, 01.06.50 und 01.06.51 hat die Antragstellerin bzw. ihr Nachunternehmer gleich bepreist. Lediglich die Position 01.06.48, von der ein Stück zu liefern ist, ist ungefähr 200 Euro teurer angeboten worden, was die Antragstellerin im Rahmen der Aufklärung mit einem Übertragungsfehler des Nachunternehmers erklärt. Interessanterweise unterscheidet sich auch im bepreisten Leistungsverzeichnis der Antragsgegnerin gerade die Position 01.06.48 von den gleich bepreisten Positionen 01.06.46, 01.06.47, 01.06.49 und 01.06.50.
Die Positionen 01.06.41 und 01.06.44 sowie 01.06.42 und 01.06.45 unterscheiden sich im Übrigen auch bei der Beigeladenen voneinander.
Die Vergabekammer vermag daher keine objektiven Anhaltspunkte für eine Preisverschiebung oder überhaupt nur für eine auffällige Preisgestaltung im Angebot der Antragstellerin zu diesen Positionen erkennen.
2.3. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht nach § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A auszuschließen, da die Antragsgegnerin nicht den Gesamtpreis des Angebots ihren Erwägungen zur Ausschlussentscheidung zu Grunde gelegt hat.
Bei der Beurteilung, ob ein ungewöhnlich niedriges Angebot vorliegt, ist auf den Gesamtpreis des Angebots abzustellen. Ein Angebot kann nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, weil einzelne Positionen darin zu Preisen angeboten sind, welche die diesbezüglichen Kosten nicht vollständig decken. Das Interesse des Auftraggebers an einwandfreier Ausführung und Haftung für die Gewährleistungsansprüche wird grundsätzlich nicht dadurch gefährdet, dass bestimmte Einzelpositionen “zu billig” angeboten werden, sondern dass der Auftragnehmer infolge eines zu geringen Gesamtpreises in Schwierigkeiten gerät (BGH Urteil vom 19.06.2018 – X ZR 100/16).
Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin auf Grund unauskömmlicher Preise in den Positionen 01.03.4 (Zulage für Schadstoffklasse bis einschließlich U2 LVGBT), 01.04.1 (Betonüberwachung), 01.04.13 (Zulage für geneigte Oberfläche), 01.04.57 (Zulage Ausbildung Stützenkopf), 01.04.80 (Zulage Stützenschalung auf Aufkantung Fluchtbalkon), 01.04.94 (Zulage Deckenschalung waagrecht über Treppenlauf), 01.04.95 (Zulage Deckenschalung waagrecht Außenbereich über Außentreppen), 01.04.96 (Zulage Deckenschalung waagrecht über Balkonfertigteil), 01.04.97 (Zulage Deckenschalung, außerhalb Bodenplatten/Decken), 01.04.126 (Dreikantleisten 6/6/8) 01.06.2 (Zulage Wandabschluss oben), 01.06.3 (Zulage Wandabschluss oben), 01.06.4 (Zulage Wandabschluss unten), 01.05.29 (Verankerung in Injektionstechnik d=10 mm), 01.05.30 (Verankerung in Injektionstechnik d=12 mm), 01.05.31 (Verankerung in Injektionstechnik d=14 mm) und 01.05.32 (Verankerung in Injektionstechnik d=16 mm) nach § 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A auszuschließen, nicht auf willkürlichen oder sachwidrigen Erwägungen beruhe, ist dem nach den vorgenannten Grundsätzen nicht zuzustimmen. Die Antragsgegnerin stellte weder in ihrer Ausschlussentscheidung vom 16.11.2023 noch im Schriftsatz vom 08.12.2023 auf einen unauskömmlichen Gesamtpreis des Angebots ab, sondern lediglich auf mehrere Einzelpositionen, welche nach ihrer Ansicht für die in der jeweiligen Position geforderten Leistung nicht kostendeckend seien. Die Vergabekammer konnte auch in der eingereichten Vergabedokumentation keine Erwägungen der Antragsgegnerin finden, die sich mit der Auskömmlichkeit des Gesamtangebots befassten. Die Antragsgegnerin hat es damit schlicht unterlassen den Gesamtpreis überhaupt auf seine Auskömmlichkeit zu überprüfen und ihre Prüfung der Auskömmlichkeit lediglich auf einzelne Preispositionen des Angebots beschränkt. Dies ist jedoch per se unzulässig.
Daran ändert auch der Vortrag der Antragsgegnerin nichts, dass es sich bei den einzelnen Positionen um jeweils unauskömmliche Angebote von Unterauftragnehmern handle, so dass ein Risiko für einen Ausfall des Unterauftragnehmers bestünde. Selbst wenn bei einer Preisprüfung allein auf ein Angebot eines Unterauftragnehmers abgestellt werden könnte, was die Vergabekammer nicht für zulässig erachtet, hätte es die Antragsgegnerin auch hier versäumt, die jeweiligen Gesamtpreise der unterschiedlichen Unterauftragnehmer zu bewerten anstatt einzelne Preispositionen.
Die Antragstellerin ist durch den vergaberechtswidrigen Ausschluss ihres Angebots in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt.
3. Kosten des Verfahrens
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegend die Antragsgegnerin.
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann. Die konkrete Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Die Antragsgegnerin ist als Gemeinde von der Zahlung der Gebühr nach § 182 Abs. 1 S. 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.
Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB.
Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i. S. v. § 182 Abs. 4 S. 4 GWB i. V. m. Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da die Antragstellerin als mittelständisches Unternehmen nicht über das zur zweckentsprechenden Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens notwendige rechtskundige Personal verfügt. Zudem sind die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sehr komplex und speziell und greifen Fragen der Beweislast auf, so dass von einem durchschnittlichen Bieter nicht erwartet werden kann, diese ohne Hinzuziehung eines spezialisierten Rechtsanwalts zu durchdringen.
Auch wenn die Beigeladene keine Anträge gestellt hat, muss die Vergabekammer von Amts wegen über die Aufwendungen der Beigeladenen entscheiden.
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen beruht auf § 182 Abs. 4 S. 2 GWB. Danach sind Aufwendungen der Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie als billig erachtet. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit jedenfalls voraus, dass die Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.02.2010, Az.: Verg W 10/09). Die Beigeladene hat keine eigenen Anträge gestellt und sich insbesondere auch nicht auf Seiten der Antragstellerin am Verfahren beteiligt. Eventuell angefallene Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung bei der Beigeladenen sind daher nicht erstattungsfähig. Die Beigeladene hatte im Nachprüfungsverfahren keinen Verfahrensbevollmächtigten benannt, so dass über die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auch nicht zu entscheiden war.