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VK Westfalen: Für die Antragsbefugnis genügt, wenn ein Schadenseintritt durch die geltend gemachte Rechtsverletzung ursächlich und nicht offensichtlich ausgeschlossen ist

vorgestellt von Thomas Ax

Nach § 160 Absatz 2 GWB hat der Antragsteller im Rahmen seines Nachprüfungsantrages darzulegen, dass er in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften verletzt ist und ihm dadurch ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ausgehend von der Funktion der Antragsbefugnis im Sinne eines “groben Filters” sollen nur solche Anträge aus der Zulässigkeitsebene “ausgesiebt” werden, die offensichtlich unzulässig sind (vgl. schon und statt vieler: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 – Verg 10/12). Sinn und Zweck der Regelung des § 160 GWB ist zu verhindern, dass ein Bieter, der auch bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren keine Zuschlagschancen hat oder dem kein Schaden droht, kein zuschlaghemmendes Nachprüfungsverfahren einleiten kann (vgl. BT-Drs. 13/9340). Deswegen ist erforderlich, dass der Antragsteller das Interesse am Auftrag und seine Rechtsverletzung nach § 97 Absatz 6 GWB sowie den eingetretenen Schaden schlüssig aufzeigt (vgl. hierzu grundlegend BGH, Beschluss vom 10.11.2009, X ZB 8/09 und Beschluss vom 31.01.2017, X ZB 10/16 m.w.N). Mit der Schlüssigkeit im vergaberechtlichen Sinne ist damit allerdings nicht die in einem Zivilprozess gemeinte Schlüssigkeit zu verstehen. Vielmehr ist dieser Begriff untechnisch gemeint, der einen weiteren Anwendungsbereich umfasst und dem heute herrschenden Möglichkeitsbegriff im Rahmen des § 42 Absatz 2 VwGO entspricht (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 01.09.2021, 17 Verg 2/21). Es genügt, wenn ein Schadenseintritt durch die geltend gemachte Rechtsverletzung ursächlich und nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. statt vieler BGH, Beschluss vom 10.11.2009, X ZB 8/09). Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 160 Absatz 2 GWB ist, dass der Antragsteller einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. statt vieler: VK Lüneburg, Beschluss vom 18.06.2021, VgK-17/2021). Hierbei sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (BVerfG, Urteil vom 29.07.2004, 2 BvR 2248/04 sowie Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rn. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. schon und statt vieler: BGH, Beschluss vom 29.06.2006, X ZB 14/06).

VK Westfalen, Beschluss vom 01.02.2023 – VK 1-49/22