Ax Vergaberecht

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Von den Vergabenachprüfungsinstanzen ist stets objektiv zu beurteilen, ob ein konkretes Bieterverhalten eine Rüge darstellt oder nicht

von Thomas Ax

Diese Beurteilung steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Anderenfalls könnte ein Bieter mit dem Argument, bisher habe er nur Fragen gestellt oder Unmut geäußert, aber keine Rüge erhoben, mit einer „echten“ Rüge zuwarten, ob er den Zuschlag erhält oder nicht. Ein solches „Taktieren“ mit einer Rüge ist gesetzgeberisch nicht gewollt, denn die Rüge soll dem Auftraggeber frühzeitig Gelegenheit geben, ein vergaberechtswidriges Verhalten zu erkennen, dieses gegebenenfalls zu beseitigen oder hierauf mit einem fristauslösenden Nichtabhilfeschreiben zu reagieren, um das Vergabeverfahren möglichst rasch und ohne (ggf. späteres) zeit- und kostenaufwändige Nachprüfungsverfahren zum Abschluss zu bringen.

Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit ein Bieter resp. Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat.

Mit seiner Rüge soll ein Bieter zum Ausdruck bringen, dass er eine Vorgehensweise oder ein Verhalten des Auftraggebers beanstanden will. Sie soll dem Auftraggeber frühzeitig Gelegenheit geben, ein möglicherweise vergaberechtswidriges Verhalten zu erkennen und dem abzuhelfen, um die Vergabe rasch zum Abschluss zu bringen und ein zeit- und kostenaufwändiges Nachprüfungsverfahren zu vermeiden oder durch eine Nichtabhilfemitteilung zumindest die frühzeitige Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens zu bewirken. Eine ordnungsgemäße Rüge setzt daher nicht nur voraus, dass die Tatsachen, auf die die Beanstandung gestützt wird, so konkret wie für die Nachvollziehbarkeit nötig benannt werden, sondern auch, dass aus der Rüge deutlich wird, dass es sich hierbei um einen Vergaberechtsverstoß handelt, dessen Abhilfe begehrt wird (VK Bund, B. v. 28.05.2020 – VK 1-34/20, B.v. 20. 11. 2016, VK 1-122/16 m.w.N.).

Als Mindestanforderung und Kern einer vergaberechtlichen Rüge muss jedoch verbleiben, dass selbst ein rechtsunkundiger Bieter seine Rüge so substantiieren muss, dass eine Selbstüberprüfung beim Auftraggeber in Gang gesetzt werden kann.

Von den Vergabenachprüfungsinstanzen ist stets objektiv zu beurteilen, ob ein konkretes Bieterverhalten eine Rüge darstellt oder nicht. Jedenfalls steht dies nicht zur Disposition der Beteiligten. Anderenfalls könnte ein Bieter mit dem Argument, bisher habe er nur Fragen gestellt oder Unmut geäußert, aber keine Rüge erhoben, mit einer „echten“ Rüge zuwarten, ob er den Zuschlag erhält oder nicht. Ein solches „Taktieren“ mit einer Rüge ist gesetzgeberisch nicht gewollt. Denn die Rüge soll dem Auftraggeber frühzeitig Gelegenheit geben, ein vergaberechtswidriges Verhalten zu erkennen, dieses ggf. zu beseitigen, oder hierauf mit einem fristauslösenden Nichtabhilfeschreiben zu reagieren um das Vergabeverfahren möglichst rasch und ohne (ggf. späteres) zeit- und kostenaufwändige Nachprüfungsverfahren zum Abschluss zu bringen (so bereits VK Bund, B. v. 28.05.2020 – VK 1-34/20, m. Verw. a. d. Begründung zum Entwurf des § 117 GWB-E a.F. [jetzt: § 160 GWB], BT-Drs. 13/9340, S.17).

VK Sachsen, Beschluss vom 07.07.2021 – 1/SVK/007-21