Ax Vergaberecht

Wirksame Verträge, selbst wenn das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebliche Vergaberecht versehentlich unbeabsichtigt nicht eingehalten worden sein sollte

von Thomas Ax

Der geschlossene Vertrag ist nicht ohne weiteres nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Grundsätzlich ergibt sich eine Vertragsnichtigkeit nicht aus dem Verstoß gegen Vorschriften, die allein für das Vergabeverfahren relevant sind (Steck in: Ziekow/Völlink § 168 Rn. 28). Abweichend von diesem Grundsatz kann ein Vertrag aber sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn er ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens vergeben wird und der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handelt, also entweder weiß, dass der betreffende Auftrag dem Vergaberecht unterfällt, oder sich einer solchen Kenntnis mutwillig verschließt, auch kollusiv mit dem Auftragnehmer zusammenarbeitet (Senat, Beschluss vom 25. August 2005 – 13 Verg 8/05, juris Rn. 21; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Januar 2005 – Verg 93/04, juris Rn. 24; KG, Beschluss vom 19. April 2012 – Verg 7/11, juris Rn. 89; OLG Saarbrücken, Urteil vom 17. August 2016 – 1 U 159/14, juris Rn. 93; Prell in: BeckOK Vergaberecht § 168 Rn. 45; Gause in: Willenbruch/Wieddekind § 168 Rn. 9; Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 15. Aufl., § 138 Rn. 133).

Auch darüber hinaus kann eine Nichtigkeit bei groben Vergaberechtverstößen – insbesondere gegen Transparenzvorschriften – in Betracht kommen, was allerdings voraussetzt, dass gezielt bestimmte Unternehmen benachteiligt werden, der Auftraggeber und Auftragnehmer kollusiv zusammenwirken (Steck a.a.O.; Reidt in: Reidt/Stickler/Glahs § 168 Rn. 37; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2000 – X ZB 14/00, juris Rn. 41) oder sich die Vergabestelle jedenfalls der Vergaberechtswidrigkeit bewusst ist oder sich zumindest einer entsprechenden Kenntnis verschließt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juni 2008 – Verg 23/08, juris Rn. 58; Beschluss vom 12. Januar 2000 – Verg 4/99, juris Rn. 54 f.).