von Thomas Ax
Für nationale Bauverfahren gilt: Nebenangebote sind grundsätzlich zugelassen, sie können jedoch ausnahmsweise ausgeschlossen werden. Auch hier besteht ausnahmsweise die Möglichkeit, dass sie mit der Abgabe eines Hauptangebots verknüpft werden.
Die Möglichkeit der Verknüpfung der Abgabe eines Nebenangebotes mit der Abgabe eines Hauptangebots kann dazu beitragen, sicherzustellen, dass überhaupt ein der Leistungsbeschreibung entsprechendes Angebot eingeht.
Es steht im Ermessen des AG, ob er Nebenangebote zulässt. Für die Annahme eines Ermessens spricht, dass für den AG ein Mehraufwand mit der Zulassung von Nebenangeboten verbunden ist.
Preis als alleiniges Zuschlagskriterium
Auch wenn einziges Zuschlagskriterium der Preis ist, wird das Ermessen des AG nicht eingeschränkt. Sowohl für EU- als auch für nationale Verfahren ist die Zulassung von Nebenangeboten auch wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist, ausdrücklich möglich. Indem der Gesetzgeber diese Möglichkeit mit dem Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (VergModG) gesetzlich normiert hat, weicht er ausdrücklich von der bisherigen Rechtsprechung des BGH ab.
Nebenangebote, die mit Hauptangeboten nicht vergleichbar sind, dürfen bei der Vergabeentscheidung nicht berücksichtigt werden, wenn der Preis das einzige Unterscheidungsmerkmal ist.
– Daher gilt: Werden Nebenangebote zugelassen und ist der Preis das alleinige Zuschlagskriterium, ist im besonderen Maße darauf zu achten, dass Mindestanforderungen vorgegeben werden. Die Mindestanforderungen müssen so erschöpfend und eindeutig sein, dass die Haupt- und Nebenangebote quantitativ und qualitativ vergleichbar sind. Der Preis ist anderenfalls kein für Haupt- und Nebenangebote gleichermaßen anwendbares Kriterium mehr.
Zulassung von Nebenangeboten
EU-Verfahren Bei der Zulassung von Nebenangeboten in EU-Verfahren sind sowohl Mindestanforderungen, als auch Zuschlagskriterien zu benennen.
Mindestanforderungen
Lässt der AG bei EU-Verfahren Nebenangebote zu, muss er zwingend Mindestanforderungen bestimmen und in den Ausschreibungsunterlagen benennen. Dies dient der Herstellung von Transparenz, welche die Gleichbehandlung der Bieter gewährleisten soll. Darüber hinaus soll die Zulassung von Nebenangeboten die Innovationskraft fördern.
Dieser gesetzgeberischen Intention entsprechend sind grundsätzlich Mindestanforderungen zweckmäßig, die Spielraum für eine hinreichend große Variationsbreite in der Ausarbeitung von Alternativvorschlägen lassen (teilweise, z.B. im Straßen- und Brückenbau sind die
Mindestanforderungen jedoch vorgegeben). Die Mindestanforderungen sind diskriminierungsfrei zu wählen. Es wird empfohlen, die Mindestanforderungen für Nebenangebote ausdrücklich und unzweideutig in den Vergabeunterlagen hervorzuheben. Jedenfalls müssen die Mindestanforderungen für den sachkundigen Bieter aus der Gesamtheit der Vergabeunterlagen eindeutig erkennbar sein.
Beispiele: Möglich ist z.B. die Bezugnahme auf Vertragsbedingungen, technische Vorschriften und Richtlinien mit konkretem Projektbezug, gewerkbezogene Angaben, quantifizierbare Angaben (z.B. Qualität (z.B. bestimmte Materialeigenschaften, Menge der zulässigen Emissionen), Bauzeit).
Es existieren keine verbindlichen Vorgaben, wie detailliert Mindestanforderungen zu formulieren sind. Dies ist letztlich anhand des Einzelfalls zu beurteilen. Es sind alle wesentlichen Aspekte zu regeln. Empfohlen wird daher, Mindestanforderungen für jedes der vom Auftrag umfassten Gewerke zu formulieren. Dem AG steht hinsichtlich der Konkretisierung im Einzelfall ein Einschätzungsspielraum zu:
– Möglich ist das Formulieren von Positiv- und Negativkriterien (etwa als Ausschnitt der für Hauptangebote geltenden Vorgaben oder Ausnahmen von den für Hauptangebote geltenden Anforderungen („muss mindestens … erfüllen“ bzw. „darf… nicht überschreiten“)), – materielle leistungsbezogene Mindestanforderungen (differenziert nach unverzichtbaren Bestandteilen und Nebenleistungen des zu vergebenden Auftrags; „muss… beinhalten/erfüllen“ bzw. „kann/soll… beinhalten/erfüllen“)
– Schließlich kann sich der AG bei der Formulierung von Mindestanforderungen an der Formulierung einer funktionalen Leistungsbeschreibung (Gebäude einer bestimmten Größe, für einen bestimmten Zweck, mit bestimmten Merkmalen) orientieren.
Keinesfalls ausreichend ist:
– Die bloße Forderung nach „gleichwertiger“ Leistung ohne weitere qualitative Angaben, da diese jedenfalls keine dem Transparenzgebot entsprechende Wertung zulässt.
– Zwar darf der Begriff „gleichwertig“ durchaus verwendet werden, allerdings nur unter Hinzuziehung einer klaren Definition, worauf sich die Gleichwertigkeit bezieht und in welcher Hinsicht das Nebenangebot gleichwertig sein muss.
– Der ausschließliche Rückgriff auf die Anforderungen, die das LV des AG zum Amtsentwurf macht. Das LV betrifft nur Anforderungen, die an Hauptangebote gestellt werden. Sinn eines Nebenangebotes ist definitionsgemäß jedoch gerade die Abweichung vom Hauptangebot.
– Sind die Mindestanforderungen nicht hinreichend bestimmt, sind alle Nebenangebote von der Wertung auszuschließen.
Zuschlagskriterien
Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. In EU-Verfahren bemisst sich diese Wirtschaftlichkeit anhand der Zuschlagskriterien. Die Wertung darf ausschließlich anhand von Zuschlagskriterien vorgenommen werden, welche in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen benannt werden. Erforderlich ist nicht nur die Aufzählung von Zuschlagskriterien, sondern darüber hinaus auch eine inhaltliche Konkretisierung selbiger durch Angabe von Unterkriterien und die Gewichtung der Zuschlagskriterien zueinander. Die Zuschlagskriterien bedürfen zwingend einer inhaltlichen Verknüpfung mit dem Auftragsgegenstand. Das bedeutet, sie dürfen nicht willkürlich festgelegt werden, sondern müssen mit der konkret ausgeschriebenen Leistung in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen.
Darüber hinaus sind sie so zu wählen, dass sie sowohl auf Hauptangebote als auch auf Nebenangebote anwendbar sind. Die Zuschlagskriterien können neben dem Preis und Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigen.
Regelbeispiele auf welche sich die Zuschlagskriterien beziehen dürfen sind insbesondere die Qualität, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften; Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann, oder Kundendienst und technische Hilfe sowie Ausführungsfrist. Die Wahl von Zuschlagskriterien ist stark einzelfallabhängig. Die vorstehende Aufzählung dient lediglich als Orientierung. Die Auswahl der einzelnen Kriterien erfolgt immer bezogen auf die konkret zu vergebende Leistung. Der Auftraggeber bestimmt bei jeder einzelnen Auftragsvergabe, welche Gesichtspunkte in seiner Lage und für seine Ziele und Bestrebungen ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis (Zweck-Mittel-Relation) kennzeichnen. Das geschieht durch die Wahl von Zuschlagskriterien sowie Unterkategorien und Festlegung ihrer Gewichtung zueinander.
Die Gewichtung sollte so gewählt werden, dass kein Kriterium zu einem bloßen „Pro-Forma-Kriterium“ degradiert wird und andererseits sollten Kriterien nicht überproportional ins Gewicht fallen. Es wird daher in der Regel eine Gewichtung (abgesehen vom Preis) von grundsätzlich mind. 5 % und max. 30 % empfohlen. Dies schließt eine höhere oder niedrigere Gewichtung (z.B. des technischen Werts) im Einzelfall ausdrücklich nicht aus.
Beispiele: Preis (Angebotskosten iSv. Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung von Folgekosten (Unterhaltungs-, Betriebskosten, Lebenszykluskosten)), technische Produkteigenschaften, Qualität des Konzepts des Bieters, Berufserfahrung des Leiters (wenn zur Vermeidung von störungsbedingten Kosten erforderlich), Bonuspunkte für das Überbieten der Mindestanforderungen hinsichtlich Schadstoff- und Lärmreduzierung der Maschinen, Baulogistik.
Die Zuschlagskriterien werden unter der Prämisse aufgestellt, eine transparente und objektivierte Vergleichbarkeit der Nebenangebote herzustellen. Vorrangig soll dem potentiellen Bieter ermöglicht werden, zu verstehen, worauf es bei der Angebotsabgabe ankommt.
Hierbei hilft insbesondere eine nachvollziehbare und inhaltlich begründete Untergliederung von Oberkriterien. Außerdem bietet es sich an, sehr allgemeine Kriterien wie „Plausibilität“ oder „schlüssiges Konzept“ näher zu erläutern.
Die präzise Benennung von Zuschlagskriterien bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen dient dazu, voneinander abweichende Nebenangebote schematisch und transparent bewerten zu können.
Ein durch die Benennung präziser Zuschlagskriterien möglicher Mehraufwand bei der Angebotserstellung wird zum einen durch eine Zeitersparnis und mehr Rechtssicherheit bei der Angebotswertung, als auch dadurch aufgewogen, dass der Bieterseite durch die hergestellte Transparenz kommuniziert wird, dass die gewählten Zuschlagskriterien vergleichbar und somit objektiv bewertbar sind. Soweit es sich anbietet kann zur Herstellung von Transparenz neben der Benennung präziser Zuschlagskriterien überdies eine Möglichkeit benannt werden, wie der Bieter die Erfüllung dieses Zuschlagskriteriums nachweisen kann.
Nationale Verfahren
Für nationale Verfahren gelten die soeben genannten Anforderungen nicht in gleicher Weise. Mindestanforderungen sind nicht zwingend zu benennen. Vielmehr wird unterstellt: Jedes Unternehmen, das sich geeignet fühlt, einen ausgeschriebenen Auftrag auszuführen, ist imstande auf der Grundlage der aus den Vergabeunterlagen ersichtlichen sachlich-technischen Anforderungen an die gewünschte Leistung ein Nebenangebot auszuarbeiten, wenn der AG dafür einen pauschalen Rahmen dergestalt vorgibt, dass ein Nebenangebot alle Leistungen umfassen muss, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind.
Gleichwohl hat auch der AG eines nationalen Verfahrens die Möglichkeit Mindestanforderungen zu bestimmen. Insbesondere darf die fehlende Pflicht zur Formulierung von Mindestanforderungen in den Vergabeunterlagen nicht zu dem Trugschluss führen, dass der AG einen Auftrag willkürlich vergeben dürfe. Vielmehr muss auch er eine rechtliche Vergleichbarkeit der Angebote inklusive der Nebenangebote erzeugen, indem er, wenn auch nur intern, einen Bewertungsmaßstab aufstellt. Sofern dies nicht durch Mindestanforderungen erfolgt, ist auf die qualitative (Erfüllung des Leistungsprogrammes, bezogen auf den gesamten Zeitraum des Projektes) und quantitative (selber Leistungsumfang, wie gefordert?) Vergleichbarkeit des Nebenangebotes mit der geforderten Leistung abzustellen.
Auch wenn die Formulierung von Zuschlagskriterien in der VOB/A nicht ausdrücklich vorgesehen ist, sollte sowohl bei der nationalen Vergabe von Bauleistungen (und ebenso auch von Liefer- und Dienstleistungen) Zuschlagskriterien benannt werden. Der Zuschlag soll auf das Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie z. B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebs- und Folgekosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe oder Ausführungsfrist als das wirtschaftlichste erscheint. Entsprechend dieser Gesichtspunkte sollten Zuschlagskriterien zu benannt werden.
Für nationale Verfahren gilt:
o Soweit freiwillig Mindestanforderungen aufgestellt werden muss deren Erfüllung mit Angebotsabgabe nachgewiesen werden.
o Soweit keine Mindestanforderungen benannt werden oder nicht hinsichtlich aller ausgeschriebenen Gewerke, ist mit Angebotsabgabe die Gleichwertigkeit des Nebenangebots mit dem Leistungsverzeichnis nachzuweisen.
„Nebenangebote müssen die geforderten [bei EU-Verfahren obligatorisch, bei nationalen Verfahren optional] Mindestanforderungen erfüllen. Im Übrigen [also soweit bei nationalen Verfahren keine Mindestanforderungen aufgestellt wurden] müssen sie im Vergleich zur Leistungsbeschreibung qualitativ und quantitativ gleichwertig sein. Die Erfüllung der Mindestanforderungen bzw. die Gleichwertigkeit ist mit Angebotsabgabe nachzuweisen.“
Darlegungspflicht bzgl. Mindestanforderungen bzw. Gleichwertigkeit
Grundsätzliche Pflicht des Bieters
Es gilt: ein Nebenangebot ist vom Bieter inhaltlich so auszugestalten, dass der AG dieses ohne weiteres prüfen und werten kann. Hierzu hat der Bieter das Nebenangebot eindeutig und erschöpfend zu beschreiben. Hinsichtlich der Darlegungstiefe sollte sich der Bieter an der Leistungsbeschreibung des AG orientieren und deren Niveau zumindest nicht unterschreiten. Die Leistungsangaben des Bieters müssen somit hinsichtlich des Inhalts und der Eindeutigkeit den Anforderungen genügen, die die VOB/A bzw. UVgO im umgekehrten Fall an den AG für die Ausarbeitung und Aufstellung einer Leistungsbeschreibung stellt.
Dabei geht es nicht um eine objektive Beweisführung. Unterlagen von dritter Seite (anerkannte Prüfberichte, Zulassungen oder Sachverständigengutachten) müssen nicht zwingend vorgelegt werden.
Abhängig vom konkreten Beschaffungsvorhaben können unter anderem folgende Angaben erforderlich werden:
– Darstellung der Vollständigkeit des Nebenangebotes
– Hervorhebung der Abweichungen vom Amtsentwurf, soweit vorhanden
– Technische Ausführbarkeit (wenn Leistung nicht in ATV oder Vergabeunterlagen geregelt ist)
– Erfüllung der einschlägigen technischen Vorschriften
– Kein Verstoß des Nebenangebotes gegen zwingende Vorgaben der Vergabeunterlagen
– Wirtschaftlichkeit des Nebenangebotes (Nebenangebote sind, soweit sie Teilleistungen (Positionen) des Leistungsverzeichnisses beeinflussen (ändern, ersetzen, entfallen lassen, zusätzlich erfordern), nach Mengenansätzen und Einzelpreisen aufzugliedern (auch bei Vergütung durch Pauschalsumme)).
– Angemessenheit des Preises in Relation zu der vom Bieter abweichend angebotenen Leistung
– Ermittlung der wertungserheblichen Vor- und Nachteile des Nebenangebotes gegenüber dem Amtsentwurf
– Erfüllung der Mindestanforderungen, bei nationalen Bauvergaben ggf. auch Gleichwertigkeit mit dem Amtsentwurf
– Zweckdienlichkeit der abweichend vorgeschlagenen Lösung
Nachforschung durch den Auftraggeber
Weist der Bieter die Erfüllung der Mindestanforderungen, bzw. (bei nationalen Bauvergaben) ggf. auch der Gleichwertigkeit nicht mit dem Nebenangebot nach, so besteht im Regelfall keine umfassende Prüfpflicht des AG. Zur Ermittlung der Erfüllung der Mindestanforderungen, bzw. ggf. der Gleichwertigkeit sind Nachforschungen nur im Rahmen der verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten und innerhalb der zeitlichen Grenzen der Zuschlags- und Angebotsbindungsfrist anzustellen.
Zu diesem Zweck darf der AG nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung von einem Bieter Aufklärung verlangen, um sich z.B. über die geplante Art der Durchführung, etwaige Ursprungsorte oder Bezugsquellen von Stoffen oder Bauteilen und über die Angemessenheit der Preise, wenn nötig durch Einsicht in die vorzulegenden Preisermittlungen (Kalkulationen), zu unterrichten. Relevante Informationen die der Vergabestelle unabhängig vom Angebot bekannt sind dürfen verwandt werden.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, den Nachweis über die Erfüllung der Mindestanforderungen, bzw. ggf. der Gleichwertigkeit nachträglich zur Angebotsabgabe zu erbringen. Ein Nebenangebot ist zunächst einmal lediglich dann zwingend auszuschließen, wenn die Abweichung vom Amtsentwurf nicht eindeutig im Angebot bezeichnet ist, nicht jedoch, wenn die Mindestanforderungen, bzw. ggf. die Gleichwertigkeit nicht zu diesem Zeitpunkt nachgewiesen werden.
Es gibt jedoch Fälle, in denen das Fehlen von Angaben nicht heilbar ist und das Angebot daher zwingend auszuschließen ist. Nicht heilbar ist das Fehlen von Angaben, welche wertungsrelevant sind. Hiernach führt das Fehlen einer wertungsrelevanten Angabe zwingend zum Angebotsausschluss. In diesen Fällen entfällt damit auch die entsprechende Nachforschungspflicht des AG.
Dies können z.B. fehlende geforderte Fabrikats-, Erzeugnis-, Typenangaben oder der Angebotspreis sein. Das Fehlen von Fabrikats-, Erzeugnis-, oder Typenangaben ist jedoch ausnahmsweise dann nicht wertungsrelevant und kann folglich nachgeholt werden, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist. Die vorstehenden Grundsätze gelten für Haupt- wie Nebenangebote.
Außerdem darf auch dann nicht nachgeforscht werden, wenn zwar Nachweise vorgelegt wurden, diese jedoch fehlerhaft/unzureichend sind (z.B. nicht ausgefüllte Formblätter). Die Nachforderungspflicht des AG dient lediglich dazu, fehlende Unterlagen zu erhalten, nicht jedoch dazu, dem Bieter die Möglichkeit einzuräumen, erfolgte Ausführungen nachzubessern und fehlerhafte Angaben zu ersetzen, um sein Angebot dadurch zuschlagsfähig zu machen.
Risiko der Annahmefähigkeit
Bestimmtheitsgrundsatz
Darüber hinaus muss das Angebot dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen, also mit einem bloßen ‚Ja‘ angenommen werden können. Ein Nebenangebot muss zu diesem Zweck alle Daten enthalten, die nötig sind, damit der AG sich ein klares Bild über den Inhalt verschaffen und so gewährleisten kann, dass das Angebot nicht ‚manipuliert‘ werden kann. Dies setzt eine vollständige, übersichtliche und nachvollziehbare Präsentation der Angebote durch die Bieter unter Berücksichtigung der speziellen subjektiven Anforderungen und vorhersehbaren möglichen Bedenken und Einwände des AG voraus. Dies umfasst preisliche Auswirkungen des Nebenangebotes, neben dem Angebotspreis auch die Betriebs- und Folgekosten. Fehlen in einem Nebenangebot solche Daten oder sind sie derart allgemein gehalten, dass ein Vergleich mit anderen Angeboten nicht möglich ist, so ist das Nebenangebot auszuschließen. Darüber hinaus sind auch bedingte Nebenangebote, deren Bedingungseintritt vom Bieter abhängig ist, unzulässig. Aus den vorgenannten Gründen empfiehlt es sich, auch bei nationalen Vergaben klare Mindestanforderungen zu benennen.
Zur deutlichen Klarstellung: Nebenangebote müssen ebenso eindeutig sein, wie Hauptangebote. Während sich der Bieter bei der Abgabe eines Hauptangebotes auf die Eindeutigkeit des Amtsentwurfes verlassen kann, übernimmt er bei der Erstellung eines Nebenangebotes selbst das Risiko, dass sein Angebot annahmefähig ist. Auch Nebenangebote werden nicht nachverhandelt und nur im auch für Hauptangebote zulässigen Rahmen aufgeklärt.
Prüfung und Wertung von Nebenangeboten
Bei der Wertung von zulässigen Nebenangeboten ist im Vergleich zur Prüfung von Hauptangeboten ein weiterer Prüfungsschritt erforderlich. Abhängig davon, ob es sich um ein EU-Verfahren oder ein nationales Verfahren mit der Angabe von Mindestanforderungen oder um ein nationales Verfahren ohne die Angabe von (hinreichenden, gewerkbezogenen) Mindestanforderungen handelt, geht der Wirtschaftlichkeitsprüfung in einem ersten Schritt die Prüfung der Erfüllung der Mindestanforderungen, bzw. ggf. der Gleichwertigkeit voraus.
Erfüllung der Mindestanforderungen (EU-Verfahren (ausnahmsweise nationale Verfahren))
Nebenangebote bei EU-Verfahren, welche die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sind zwingend auszuschließen. Gleiches gilt für nationale Verfahren, für welche freiwillig Mindestanforderungen formuliert werden. Die entsprechende Rechtsfolge: Der AG darf Nebenangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, nicht werten.
Gleichwertigkeitsprüfung (nationale Verfahren) Werden bei nationalen Verfahren keine (hinreichenden) Mindestanforderungen in Bezug auf die Angaben in den Vergabeordnungen formuliert, findet zwingend eine Gleichwertigkeitsprüfung statt. Die Gleichwertigkeit muss soweit das Nebenangebot von geforderten technischen Spezifikationen abweicht in Hinblick auf das geforderte Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit bestehen. Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit sind Qualität und Quantität (z.B. in technischer, wirtschaftlicher, terminlicher, gegebenenfalls gestalterischer usw. Hinsicht). Ob nach diesen Kriterien Gleichwertigkeit vorliegt ist nicht in Bezug auf jede einzelne Leistungsposition, sondern in Bezug auf das ‚Gesamtpaket‘ zu beurteilen.
Zur Beurteilung der qualitativen Gleichwertigkeit ist zu prüfen, ob mit dem Nebenangebot der Zweck, den der AG mittels der nachgefragten Leistung erreichen will, erreicht werden kann. Dieser Zweck muss ggf. durch Auslegung der Leistungsbeschreibung bestimmt werden. Es ist nicht nur die Qualität im Rahmen des Herstellungsprozesses zu bewerten, sondern auch, inwieweit die Leistung aus dem Nebenangebot während der kalkulierten Lebens- und Nutzungsdauer des Bauwerks unterschiedliche Auswirkungen hat (z.B. störungsanfälliger, größerer Wartungsaufwand, höherer Verschleiß, frühere Renovierungsbedürftigkeit). Die Prüfung der qualitativen Gleichwertigkeit ist insbesondere deswegen problematisch, da es vielfach schwierig sein dürfte, das Erfolgsrisiko (z.B. wirkliche Tauglichkeit des Nebenangebotes, Vereinbarkeit mit Folgegewerken, Folgekostenanfälligkeit und Nachtragsrisiko) einzuschätzen.
Aus diesem Grund wird auch bei nationalen Vergaben empfohlen, konkrete Mindestanforderungen für Nebenangebote zu formulieren und sich hierbei, soweit erforderlich, auf konkrete Aspekte des LV als zwingende Voraussetzung festzulegen. Je konkreter die Mindestanforderungen formuliert sind, desto einfacher lassen sie sich feststellen. Durch etwas mehr Aufwand in der Phase der Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen kann mithin in der Prüfungsphase der Zeitaufwand für die Prüfung von Nebenangeboten verringert und rechtssicherer gestaltet werden.
Die quantitative Gleichwertigkeit beurteilt sich nach dem geforderten Leistungsumfang. Quantitative Gleichwertigkeit fehlt, wenn das Angebot einen deutlich reduzierten Leistungsumfang (Abmagerungsangebot) enthält (z.B. die nach der Leistungsbeschreibung vorgegebenen Mengensätze werden unterschritten.) Es liegt hingegen kein abgemagertes Nebenangebot vor, wenn erkennbar Überkapazitäten gefordert werden, und ein Bieter daraufhin nicht diese Überkapazität anbietet, sondern den geschuldeten Erfolg mit einem geringeren Aufwand. Fehlt es bei dem Nebenangebot nach diesen Kriterien bereits an der Erfüllung der Mindestanforderungen, bzw. ggf. der Gleichwertigkeit, kommt es auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht mehr an. Das Nebenangebot ist zwingend auszuschließen.
Wirtschaftlichkeitsprüfung
Sind die Mindestanforderungen, bzw. ggf. die Gleichwertigkeit erfüllt, schließt sich der, auch für den Vergleich von Hauptangeboten, erforderliche Schritt der Wirtschaftlichkeitsprüfung an. Den Zuschlag erhält das Nebenangebot, wenn es trotz (oder wegen) der Abweichungen vom LV am wirtschaftlichsten ist. Die Wertung erfolgt anhand der ‚Zuschlagskriterien‘, welche bereits bei der Ausschreibung mitsamt ihrer Gewichtung anzugeben sind.
In diesem Zusammenhang zeigt sich die Relevanz der Formulierung „aussagekräftiger Zuschlagskriterien“ bei der Erstellung der Vergabeunterlagen. Die Zuschlagskriterien dienen dazu, das Qualitätsniveau von Nebenangeboten und ihren technischen-funktionellen und sonstigen sachlichen Wert über die Mindestanforderungen hinaus nachvollziehbar und überprüfbar mit dem nach dem Amtsvorschlag vorausgesetzten Standard zu vergleichen. Auf dieser Basis soll das wirtschaftlichste Angebot ermittelt und dabei gegebenenfalls auch eingeschätzt werden, ob ein preislich günstigeres Nebenangebot mit einem solchen Abstand hinter der Qualität eines dem Amtsvorschlag entsprechenden Hauptangebots zurückbleibt, dass es nicht als das wirtschaftlichste Angebot bewertet werden kann.
Für nationale Verfahren wird der Zuschlag auf das Angebot erteilt, das unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie z. B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebs- und Folgekosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe oder Ausführungsfrist als das wirtschaftlichste erscheint. Die Benennung der Zuschlagskriterien schafft Transparenz und macht die Wertung für den öffentlichen AG leichter handhabbar.