von Thomas Ax
Stellen sich die zur Leistungspflicht erhobenen Bodenverhältnisse anders dar, so ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs im Sinne des § 1 Nr. 3 VOB/B mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist.
Liegen einer Ausschreibung Baugrundgutachten bei, so ist es möglich, dass die darin dargestellten Bodenverhältnisse zur vertraglich geschuldeten Leistungsverpflichtung erhoben werden. Ob und inwieweit dies gegeben ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände durch eine am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung der Vereinbarung zur Bauleistung zu beurteilen. Ein gewichtiger Gesichtspunkt ist dabei, inwieweit die Bodenverhältnisse für die Leistung des Auftragnehmers und damit auch für die Kalkulation seines Preises erheblich sind. Ist dies der Fall, wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die beschriebenen Bodenverhältnisse zum Leistungsinhalt erhoben werden sollen.
Dabei kann auch von Bedeutung sein, ob das Baugrundgutachten im Hinblick auf die ursprünglich ausgeschriebene Leistung und den dann geschlossenen Vertrag oder im Hinblick auf Vertragsänderungen oder Nachträge erstellt worden ist. Stellen sich die zur Leistungspflicht erhobenen Bodenverhältnisse anders dar, so ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs im Sinne des § 1 Nr. 3 VOB/B mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist.
Sind von den Parteien bestimmte Bodenverhältnisse zum Inhalt des Vertrages gemacht worden, so kann man nicht davon ausgehen, dass die von dem AN abgegebenen Erklärungen zur Übernahme von Mehrkosten auch für den Fall gelten, dass andere Bodenverhältnisse angetroffen werden. Denn die Bodenverhältnisse waren erkennbar ein entscheidender Umstand für die Wahl des Herstellverfahrens und die Festlegung der Herstellparameter. Waren bestimmte, für das Herstellverfahren relevante Bodenverhältnisse Inhalt des Vertrages, so liegt es fern, dass der AN mit seinen Erklärungen das Risiko abweichender Bodenverhältnisse hat mit übernehmen wollen. Ein Unternehmer ist zwar nicht gehindert, mit dem Bauvertrag ihm unbekannte Risiken zu übernehmen (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 – VII ZR 194/06, BGHZ 176, 23, 29; Kuffer, NZBau 2006, 1, 6). Jedoch sind an eine Risikoübernahme, die unbekannte Bodenverhältnisse betrifft, jedenfalls dann strenge Anforderungen zu stellen, wenn sie die Baukosten erheblich beeinflussen können (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 – VII ZR 194/06, aaO). Wurden Angaben in Bodengutachten zum Inhalt des Vertrages erhoben, liegt es nahe, dass die sonstigen Erklärungen des AN auf diesen Bodengutachten aufbauen. Es liegt dann auch ein Verständnis der von der Klägerin abgegebenen Erklärungen nahe, dass lediglich diejenigen Veränderungen der Herstellparameter gemeint sind, die sich aus der Erprobung bei unveränderten Bodenverhältnissen ergeben.
Mit der funktional beschriebenen Leistung liegt die Wahl der Herstellparameter allein bei dem AN. Er trägt – abgesehen von den Risiken aus einer Veränderung des möglicherweise zum Vertragsinhalt erhobenen Baugrundes – alle Risiken dieser Wahl, auch das Risiko von Mehrkosten infolge einer Veränderung seiner die Herstellungsart betreffenden Entscheidung. Der AG hat vernünftigerweise kein Interesse daran, ihm dieses Risiko abzunehmen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der AN das Verfahren anbietet und den technischen Sachverstand dafür in Anspruch nimmt (vgl. dazu Englert/Schneeweiß, aaO, S. 298). Es besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, der AG hat das Risiko erforderlich werdender Systemanpassungen übernehmen wollen. Etwas anderes gilt für solche Änderungen, die sich aus der Änderung vertraglich vereinbarter Bodenverhältnisse ergeben.
BGH, Urteil vom 20.08.2009 – VII ZR 205/07