Ax Vergaberecht

OLG München – Az.: 28 U 732/11 Bau – Urteil vom 10.12.2013 zu der Auffassung, der Baugrund sei vom Auftraggeber gestellter Baustoff, für dessen Beschaffenheit stets der Auftraggeber einzustehen habe

OLG München – Az.: 28 U 732/11 Bau – Urteil vom 10.12.2013 zu der Auffassung, der Baugrund sei vom Auftraggeber gestellter Baustoff, für dessen Beschaffenheit stets der Auftraggeber einzustehen habe

vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Auffassung, der Baugrund sei vom Auftraggeber gestellter Baustoff, für dessen Beschaffenheit stets der Auftraggeber einzustehen habe, ist unzutreffend.

2. Auch wenn es um Bauverträge geht, deren Durchführung und Erfüllung von möglicherweise ungeklärten Bodenverhältnissen abhängen, sind die Hauptpflichten aus dem geschlossenen Werkvertrag entscheidend und somit vorrangig zu bestimmen.

3. Ein spezifisches Baugrundrisiko, das bedeuten würde, dass der Auftraggeber für dessen wie auch immer geartete Verwirklichung stets einzustehen hätte, gibt es nicht.

4. Auch öffentliche Auftraggeber können Verträge abschließen, die die Überbürdung eines sog. Bodenrisikos beinhalten.

OLG München – Az.: 28 U 732/11 Bau – Urteil vom 10.12.2013

Gründe

A

Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin wegen eines von der Beklagten nach Nichtziehbarkeit von Bohrrohren nicht fertiggestellten Trinkwasserbrunnens, wegen eines bei der Bohrung verursachten Ölschadens, sowie wegen der Rückzahlung von Werklohn.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts München II vom 26.01.2011 wird Bezug genommen.

Ergänzend ist auf den Vortrag der Beklagten in erster Instanz zu verweisen, in dem sie der Ansicht ist, dass eine freie Kündigung durch die Klägerin gegeben sei und diese daher keinen Schadensersatzanspruch habe. Die Nichtherbeiführung des Erfolges habe im Verantwortungsbereich der Klägerin gelegen, weil der Baugrund nicht erkennbare Anomalien aufgewiesen habe. Im Schiedsgutachten liege keine Schuldzuweisung an die Beklagte im Sinne von § 276 BGB vor. Für den Baugrund trage allein die Klägerin die Verantwortung gem. § 13 Nr. 3 VOB/B. Den Nachweis für das Vertretenmüssen habe zudem die Klägerin zu führen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 64.121,46 € zuzüglich Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin durch Sanierung und Fertigstellung des Brunnens am … in …, auch im Falle einer Neubohrung, entsteht.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Das Urteil des Landgerichts sei fehlerhaft. Es handle sich um ein Überraschungsurteil, welches keinerlei Berechnung enthalte. Ein Vertretenmüssen bzw. Verschulden der Beklagten liege nicht vor. Das Landgericht habe die Beweislast verkannt und es gebe keinen bindenden Schiedsgutachterausspruch. Daher sei eine Beweisaufnahme geboten. Die Feststellungen des Sachverständigen seien auch anders zu verstehen, als vom Landgericht angenommen. Eine Neubegutachtung sei zwingend erforderlich.

Ein öffentlicher Auftraggeber dürfe das Baugrundrisiko auch nicht abwälzen. Begrifflich sei bei der Verwirklichung des Baugrundrisikos jegliches Verschulden ausgeschlossen. Die vertraglichen Regelungen, insbesondere die Einbeziehung der VOB/C und damit der ATV DIN 18 301 zur Frage der Ziehbarkeit der Rohre, sei nicht berücksichtigt worden. Ein Verschulden der Beklagten sei nicht nachgewiesen, zumal beim Ziehen der Rohre nichts falsch gemacht werden könne. Das Landgericht habe § 4 Nr.7 VOB/B falsch angewendet. Die gesamte Bohrung sei erbracht worden, insbesondere auch die Maßnahmen zum Ziehen des festsitzenden Rohres. Gemäß § 645 Abs. 1 BGB bestehe ein Vergütungsanspruch und infolgedessen kein Rückzahlungsanspruch der Klägerin.

Bei der neuen Bohrung seien unnötig hohe Kosten verursacht werden, denn es hätte ohne weiteres der Brunnen in die von der Beklagten gefertigte Bohrung eingebracht werden können. Es liege insoweit auch ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor, weil allenfalls Kosten in Höhe von 50.000 € berechtigt wären.

Die Klägerin habe durch den Ausbau der Rohre auch den Beweis für die Ursache des Feststeckens vereitelt. Schließlich sei in der Kostenentscheidung die Teilerledigung nicht berücksichtigt worden.

Die Beklagte beantragt:

1.

Das Urteils des Landgerichts München II, Aktenzeichen 5 O 4065/10 Bau, vom 26.01.2011 wird aufgehoben.

2.

Die Klage wird abgewiesen und unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens der Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts. Die Beklagte habe durch ungenügendes Arbeitsmaterial und fehlerhafte Vorgehensweise die Havarie zu vertreten.

Nach Ausbau des Brunnens und Beendigung der Arbeiten durch einen anderen Unternehmer mit Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage beantragt sie nunmehr: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 190.479,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz aus 64.121,46 € vom 11.8.2010 – 10.12.2011 und aus 190.479,95 € seit dem 11.12.2011 sowie vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 5.469,24 € zu bezahlen.

Hierzu beantragt die Beklagte, Klageabweisung.

Die Klägerin macht kündigungsbedingte Mehrkosten in Höhe von 190.479,95 € geltend. In die Berechnung hat sie auch eine Rückforderung der an die Beklagte geleisteten Zahlungen in Höhe von 64.022.- € einbezogen (zur Berechnung vgl. Anlage BB 2). Die Kündigung sei berechtigt gewesen, da die Beklagte den Brunnen nicht erstellt habe. Dies habe sie auch zu vertreten.

Der Senat hat das Schiedsgutachten für ergänzungsbedürftig erachtet. Nachdem sich herausgestellt hat, dass der Schiedsgutachter verstorben war, haben die Parteien die Schiedsgutachtenvereinbarung aufgehoben.

Der Senat hat sodann Beweis erhoben durch Beauftragung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für das Brunnenbauerhandwerk Dipl.-Ing. … . Auf dessen Gutachten vom 16.11.2012, 30.3.2013 sowie 08.09.2013 wird verwiesen.

Hierzu hat die Klägerin jeweils Stellungnahmen ihrer Bauleiters Dr. …, welcher öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Hydrogeologie, Erkundung, Beurteilung und Erschließung von Grundwasser ist, vom 22.01.2013, 19.02.2013, 14.05.2013 und 27.09.2013, vorgelegt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22.10.2013 wurde der Sachverständige … angehört. Auf das Protokoll wird hinsichtlich seiner Angaben verwiesen.

Die Parteien haben zur Anhörung des Sachverständigen mit Schriftsätzen vom 21.01.2013 und 11.11.2013 Stellung genommen.

B

Die statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung, hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Lediglich hinsichtlich der unstreitigen Rechnung betreffend den Ölschaden/Dr. … ist die Klage begründet. Im Übrigen war das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen

I Ölschaden

1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz des ihr durch den von der Beklagten verursachten Ölschaden an der Bohrstelle gem. § 4 Abs. 7 Satz 2 VOB/B.

2. Die Beklagte hat die entsprechende Rechnung in Höhe von 2.758,61 € anerkannt.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich insoweit aus §§ 291, 288 BGB.

4. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind nicht zuzusprechen, da nicht ersichtlich ist, wann die Rechnung vom 07.10.2010 vor Klageerhebung angemahnt worden sein soll.

II Mehrkosten für die Brunnenfertigstellung

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 7 VOB/B oder auf Rückzahlung des entrichteten Werklohns.

Zwar liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 7 Satz 2 und 3 VOB/B, nämlich Fristsetzung und Androhung der Auftragsentziehung nach fruchtlosem Fristablauf und sodann die Kündigung vor (§ 8 Nr. 3 VOB/B).

Der entstandene Schaden steht jedoch nicht adäquat kausal im Zusammenhang mit einer mangelhaften oder vertragswidrigen Leistung.

Soweit der Beklagte Pflichtverletzungen anzulasten sind, sie also vertragswidrig geleistet hat, stehen diese nicht im gebotenen Kausalzusammenhang mit dem entstandenen Schaden.

Im Übrigen hat die Beklagte den Mangel, nämlich die Nichtfertigstellung des Trinkwasserbrunnens, nicht zu vertreten.

Sie konnte insoweit das gesetzlich vermutete Verschulden nach Beweisaufnahme widerlegen.

1. Umfang der vertraglich geschuldeten Leistung

a) Die Beklagte hat sich entsprechend dem Angebot (Anlage K 1) vertraglich verpflichtet, entsprechend der Leistungsbeschreibung einen Förderbrunnen zur Gewinnung von Trinkwasser mit Kurz- und Dauer-Pumpversuch für die Klägerin zu erstellen.

In den Besonderen Vertragsbedingungen ist unter Ziffer 13 bestimmt, dass Bohrungen, die aufgrund von schwierigen Untergrundverhältnissen oder aus bohrtechnischen Gründen aufgegeben werden müssen, nicht vergütet werden.

Angaben zu den zu erwarteten Untergrundverhältnissen wurden laut Besonderer Vertragsbedingung nach bestem Wissen gemacht. Sie sollen nur der Information dienen und nicht Vertragsgrundlage sein. In der Leistungsbeschreibung ist vermerkt, dass die Angaben zu den Untergrundverhältnissen bis zur Endteufe von ca. 75 m auf einer Versuchsbohrung beruhen. Es wurde darauf hingewiesen, dass es sich um unverbindliche Schätzwerte handelt. Für die Tiefe von 73,3 m wurde dabei der Untergrund mit schluffig mit Einlagen von Sand und Nagelfluh im dm-Bereich beschrieben.

Vorgeschrieben wurde den Bietern die Art der Niederbringung des Brunnens, nämlich durch Trockenbohrung mit Hilfsverrohrung.

Im Leistungsverzeichnis ist ein Bohrdurchmesser zunächst mit mindestens 1200 mm bis ca. 52 m unter Geländeoberkante, sodann mit mindestens 900 mm bis zur Endteufe gefordert mit Hilfsverrohrung. Bei den für die Bauausführung und Abrechnung geltenden Vertragsbedingungen ist auch die DIN 18301-Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen/Bohrarbeiten genannt.

b) Die Beklagte hatte es somit übernommen, einen Trinkwasserbrunnen entsprechend der Leistungsbeschreibung und den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses bei den zu erwartenden Untergrundverhältnissen herzustellen.

Dabei war für ein Fachbauunternehmen ersichtlich, dass es sich um eine anspruchsvolle, tiefe Bohrung in schwierigen geologischen Verhältnissen handelt. Zudem musste die Beklagte mit Schichtwasserzutritt in kiesigen oder sandigen Lagen und ab der Tiefe von ca. 51 bis 52 m unter Geländeoberkante durchgehend mit Grundwasser führendem Untergrund rechnen. Auch musste sie damit rechnen, dass entsprechend der Versuchsbohrung Nagelfluh zu erwarten war.

Gleichzeitig hatte sie sich auf die geforderten Bohrlochdurchmesser einzustellen, um in der Lage zu sein, die Leistung entsprechend der Ausschreibung und damit vertragsgerecht zu erbringen.

Diesen Anforderungen entsprechend musste sie ihre Leistung kalkulieren, planen und erbringen.

Hierfür hat sie das vertragliche Risiko übernommen. Sie musste also in der Lage sein, die zu erwartenden Bodenverhältnisse zu meistern.

c) Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte darüber hinaus ein unerwartetes, also von ihr nicht beeinflussbares, Risiko übernommen hat, ergeben sich weder aus dem Vertrag noch aus den Umständen.

Von einer derartigen vertraglichen Vereinbarung kann nicht ausgegangen werden.

aa) Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 20.08.2009 (VII ZR 205/07; BauR 2009,1724 ff) der sogenannten Lehre vom (spezifischen) Baugrundrisiko eine Absage erteilt.

Die Auffassung, der Baugrund sei vom Auftraggeber gestellter Baustoff, für dessen Beschaffenheit der Auftraggeber stets einzustehen habe und woran auch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen und die funktionale Ausrichtung eines Werkvertrags nichts ändern könnten, kann nicht nur keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen, sondern ist vielmehr unzutreffend.

Auch wenn es um Bauverträge geht, deren Durchführung und Erfüllung von gegebenen, möglicherweise ungeklärten Bodenverhältnissen abhängen, sind die Hauptpflichten aus dem werkvertraglichen Verpflichtungsvertrag entscheidend und somit vorrangig zu bestimmen.

Ein spezifisches Baugrundrisiko, welches bedeuten würde, dass der Auftraggeber für dessen, wie auch immer geartete Verwirklichung stets einzustehen hätte, ist nicht existent.

Entscheidend sind vielmehr der Inhalt des vereinbarte Bausolls bzw. Bauziels und der vom Auftraggeber hierfür geschuldete Werklohn, also die getroffenen, rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen und die konkreten Umstände des Einzelfalles (BGH VII ZR 205/07 Rz 77, zit. nach juris, unter Hinweis auf Kuffer, NZ Bau 2006,1 ff.)

bb) Aus der Vertragsautonomie folgt, dass es den Vertragspartnern frei steht, jegliches Wagnis zu vereinbaren (Kuffer a.a.O., S. 6 unter Hinweis auf das sogenannte Kammerschleusenurteil, BGH NJW 1997,61).

Auch öffentliche Auftraggeber können Verträge abschließen, die die Überbürdung eines sogenannten Bodenrisikos beinhalten (so auch Althaus, Heindl, Der öffentliche Bauauftrag, Vergabe und Ausführung von Bauleistungen nach VOB Teile A, B und C, 2. Aufl., ibr-online, Stand 18.09.2013, Rz 77 ff). Zur Bestimmung dessen, was Vertragsinhalt ist und wie die Risikozuordnung zu sehen ist, sind alle Vertragsbestandteile heranzuziehen. Dazu gehören insbesondere auch die Regelungen der VOB/C, soweit diese, wie hier durch Vereinbarung mit der VOB/B, wirksam vereinbart worden sind.

Damit war die Beklagte zunächst zur Leistungserbringung wie oben unter II.2. dargestellt, verpflichtet.

d) Soweit in der Leistungsbeschreibung eine Klausel enthalten ist, wonach Bohrungen, die aufgrund von schwierigen Untergrundverhältnissen oder aus bohrtechnischen Gründen aufgegeben werden müssen, samt Material nicht vergütet werden, wird von der auch unter den Vorschriften unter Ziffer 5.1 der Leistungsbeschreibung genannten DIN 18 301 VOB/C abgewichen.

Die Klausel ist nicht schon wegen der Abweichung von der genannten Norm unwirksam, sondern deswegen, weil sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt.

aa. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 6 VOB/A hat der Auftraggeber in der Ausschreibung die Bodenverhältnisse so zu beschreiben, dass der Kreis der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann. AGB-widrig sind Klauseln in Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen des Auftraggebers nur dann, wenn eine unangemessene Überwälzung auf den Bieter und späteren Auftragnehmer erfolgt (Kratzenberg in Ingenstau/Korbion VOB 18. Aufl.2013, zu § 7 VOB/A Rz 54 f).

bb. Versetzt die Klausel einen Bieter ohne weiteres in die Lage, die erkennbaren Risiken in seine Kalkulation einzupreisen, kann sie Bestand haben.

Hiervon ist im vorliegenden Fall hingegen nicht auszugehen. Es liegt eine unangemessene Benachteiligung vor.

Grundsätzlich liegt das Ausführungsrisiko beim Auftragnehmer. Die Beklagte soll nach der Vertragsbestimmung jedoch verschuldensunabhängig für Bohrungen, samt verlorenem Gerät, keine Vergütung erhalten, wenn diese aufgrund von schwierigen Untergrundverhältnissen oder aus bohrtechnischen Gründen aufgegeben werden müssen.

Eine solche Regelung widerspricht wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Normierung, von der abgewichen werden soll, also hier u.a. hinsichtlich der Vergütung (§ 645 BGB, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Gleichzeitig stellt die Klausel einen wesentlichen Eingriff in § 13 Abs. 3 VOB/B dar, so dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist und es zur AGB- Kontrolle kommen kann (Ganten in Beck‘scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl. 2013, § 13 Abs. 3 Rz 69).

e) Selbst wenn die Klausel Bestand haben sollte, würde sie lediglich eine Bestimmung enthalten, die es ermöglicht, der Beklagten den Werklohn und die Vergütung für ihr verlorenes Material zu versagen.

Sie würde hingegen nicht ein verschuldensunabhängiges Einstehen für die Fertigstellung oder Neubohrung des Brunnens enthalten.

f) Ersichtlich ist jedoch auch die Klägerin nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte vertraglich die Verwirklichung von Risiken übernommen hat, die ohne Verschulden eines Vertragspartners sich unerwartet und unbeeinflussbar aus den Verhältnissen im Boden verwirklichen.

In der Schiedsgutachtervereinbarung vom 25./27.06. 2008 (Anlage K 11) haben die Parteien vereinbart, ihre unterschiedlichen Auffassungen zur Frage, ob die Nichtziehbarkeit der Rohre auf einer Schlechtleistung beruht oder durch widrige Bodenverhältnisse veranlasst ist, klären zu lassen.

Damit ist offensichtlich auch die Klägerin davon ausgegangen, dass die Beklagte nur für Umstände einzustehen hat, die sie auch zu vertreten hätte.

g) Ein Baugrundrisiko, unter dem das Wagnis zu verstehen ist, dass ohne Verschulden eines Vertragspartners die angetroffenen, geotechnischen Verhältnisse die Leistungserbringung erschweren oder verhindern, hat die Beklagte vertraglich nicht übernommen.

2. Pflichtverletzung, Kausalzusammenhang, Verschulden

Die Beklagte hat ihre Leistungen teilweise vertragswidrig erbracht und darüber hinaus mit unzureichendem Arbeitsgerät gearbeitet.

Indessen haben diese Umstände nicht kausal zur Havarie der Bohrung, der Nichtziehbarkeit der Bohrrohre, der Nichtfertigstellung des Brunnens und des daraus entstandenen Schadens geführt.

a) Der Senat stützt sich bei der Beurteilung der technischen Fragen auf die Gutachten des Sachverständigen …, der unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Schiedsbegutachtung, soweit dieses nicht mit realen Gegebenheiten in Widerspruch stand, seine Feststellungen getroffen hat.

Dabei war zu berücksichtigen, dass der Sachverständige im Gegensatz zum Schiedsgutachter auch den Wissensstand nach Ziehung der havarierten Bohrrohre (Gutachten vom 16.11.2012, S. 2-5; Begutachtung der gezogenen Rohre, Auswertungen der getätigten Arbeiten samt Arbeitsberichten des weiteren Unternehmens Abt Wasser und Umwelttechnik GmbH, Feststellungen des Tauchunternehmens, Kamerabefahrung, Gutachten vom 30.03.2013, S. 22 ff) mit einbeziehen konnte.

Bei der Beurteilung der technischen Fragen waren auch die gutachtlichen Stellungnahmen des Bauleiters der Klägerin einzubeziehen und mithilfe des gerichtlichen Sachverständigen dessen Einwände zu bewerten.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurden sämtliche Einwände gegen die Gutachten des Sachverständigen … erörtert.

Die Stellungnahmen der Parteien zur Anhörung des Sachverständigen waren ebenfalls zu berücksichtigen.

b) Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens … ist davon auszugehen, dass der Grund für die Nichtziehbarkeit der Bohrrohre das Verkeilen der Bohrkrone mit dem anstehenden Gebirge im Bereich des Bohrrohrschuhs war und dieser Umstand nicht ursächlich von der Beklagten zu verantworten ist.

Weiterhin war nach den Feststellungen des Sachverständigen das Feststecken der Bohrrohre weder bei der Kalkulation noch bei der Durchführung der Arbeiten vorhersehbar.

aa) Der Sachverständige hat sich mit dem Schiedsgutachten in nachvollziehbarer und überzeugender Weise auseinandergesetzt und dessen wesentliche Widersprüche zu realen Gegebenheiten aufgezeigt.

Dem Senat ist es daher verwehrt, seine Entscheidung auf das Schiedsgutachten zu stützen.

(1) Der Sachverständige … teilt die Einschätzung des Schiedsgutachters nicht, der festgestellt haben will, dass das geologische Schichtenprofil der beiden Bohrungen, bis auf wenige Zentimeter deckungsgleich ist und deshalb nicht ersichtlich sei, dass die anstehenden Schichtenfolgen für das Festsitzen der Bohrrohre in Betracht kommt (Anlage K 14).

Der Sachverständige … hat darin einen Widerspruch zu den realen Gegebenheiten gesehen, weil im Bohrprofil der Brunnenbohrung zwischen 70,40 und 70,70 m die Bodenschicht Nagelfluh benannt wird, in der Versuchsbohrung die Nagelfluhschlicht jedoch zwischen 70,90 Metern und 71,0 m, sowie zwischen 71,60 und 72,0 Meter angesprochen wird.

Dieser Widerspruch ist aus der Zeichnung des Bauleiters Dr. …, beigegeben dem Schiedsgutachten (Anlage K 14, S.6), zu entnehmen.

Aus diesem Grunde könne die Nagelfluhschicht für das Festwerden der Bohrrohre tatsächlich in Betracht kommen.

(2) Der Sachverständige ist auch der Auffassung des Schiedsgutachters nicht gefolgt, wonach Beschädigungen der Verbindungsbolzen nur durch die Verrohrungsmaschine (im Folgenden: HVM) oder Lastfälle von 500 oder 720 t technisch nicht möglich seien.

Er hat festgestellt, dass dabei der tatsächlich vorliegende Lastfall für die Verbindungbolzen nicht berücksichtigt worden sei. Dem Schiedsgutachten (Anlage K 14, S. 6) ist eine Schnittdarstellung des Bauleiters Dr. … der eingebauten Bohrrohre beigegeben. Hierauf ist zu erkennen, dass mit den Bohrrohren mit 880 mm Außendurchmesser bis zur Tiefe von ca. 52 m innerhalb einer vorab eingebrachten Verrohrung mit einem Durchmesser von 1100 mm gearbeitet wurde (sogenannte teleskopierte Verrohrung). Dadurch entsteht ein freier Ringraum zwischen den 880 und den 1100 mm Rohren. Im Zuge der Bohrarbeiten wird mit der HVM von oben starker Druck bei gleichzeitiger horizontaler Drehbewegung aufgebracht. Durch die gleichzeitige, wegen des freien Ringraums mögliche Seitenbewegung, entstehen Biegedruckkräfte. Durch diesen Lastfall ist das Lösen der Schraubbolzen nur durch die HVM möglich (Gutachten vom 30.3.2013, S. 2, Gutachten vom 16.11.2012, S. 8).

(3) Der Sachverständige … hat auch folgende weitere Feststellung des Schiedsgutachters in Widerspruch zu realen Verhältnissen gesehen:

„Andererseits wird deutlich, dass von Beginn an und mit zunehmender Tiefe die technischen Schwierigkeiten beim Herstellen und Verrohren der Bohrung nicht bewältigt wurden und diese nicht ursächlich im geologischen Aufbau der Bohrung zu suchen sind,…“

Nach Auffassung des Sachverständigen steht dies in eindeutigem Widerspruch mit der ebenfalls vom Schiedsgutachter aufgeführten Darstellung, dass die Bohrung bis zur vorgesehenen Endtiefe von 75 m durchgeführt wurde (Gutachten vom 30.3.2013, S.3).

Für den Senat wiederum war diese, in sich unverständliche, nicht nachvollziehbare, vom Landgericht jedoch ungeprüft übernommene und der Entscheidung zugrunde gelegte, Aussage Anlass dafür, eine Ergänzung des Schiedsgutachtens für erforderlich zu halten.

(4) Der Sachverständige ist auch der Annahme im Schiedsgutachten entgegengetreten, dass das Festwerden der Rohre nach 2,50 m durch von in den Ringraum 800 mm / 500 mm eingebrachten Kies zuerst verdrängtes und sodann über den Rohrschuh in den Ringspalt 880 mm / 900 mm eingespültes Bohrklein, im Sinne einer Fangbirne, verursacht worden ist.

Der Sachverständige hat hierzu festgestellt, dass der eingebrachte Kies mit der Körnung 3,15 – 5,6 mm nicht in der Lage ist, Sand oder gar Kieskörner unter Wasser mit einem derart starken Auftrieb zu verdrängen, dass diese durch den Bereich des Bohrschuhs nach oben in den Ringspalt zwischen Bohrrohr und Bohrlochwand von unten nach oben eingespült oder sogar gepresst werden. Kleinere Partikel wie Schluff oder Ton seien nicht in der Lage, in derart geringer Menge eine so starke Verkeilung des Bohrschuhs zu verursachen, dass dieser nicht mehr nach unten zu drücken gewesen sein soll (Gutachten vom 30.3.2013, S.3). Zudem wurden die Bohrrohre laut Tagesbericht vom 28.1.2008 vor dem Einbau der Brunnenrohre bewegt und ausgegreifert. Ein weitergehendes Ausschlämmen von feinen Partikeln wird nach den anerkannten Regeln der Technik (DVGW Arbeitsblätter W 115 und W123) nicht gefordert (Gutachten vom 16.11.2012, S.9/10).

bb) Somit ist von den weiteren Feststellungen des Sachverständigen …, der sich in den Ergänzungsgutachten mit den Stellungnahmen des Bauleiters der Klägerin auseinandergesetzt hat, auszugehen.

(1) Unstrittig haben sich die geschraubten Bolzenverbindungen der Rohre in erkennbar schlechten Zustand befunden. Dies hat der Sachverständige beim Ortstermin festgestellt.

(2) Dennoch fehlt es an der erforderlichen Kausalität zwischen der Havarie und dem schlechten Zustand der Verbinder.

(a) Die einzelnen Bohrrohre 880 mm waren durch insgesamt zwölf Schraubbolzen miteinander verbunden. Für die Befestigung der Bolzen waren Schrauben mit unterschiedlichen Wandstärken verwendet worden. Die Passnuten und -federn waren stark ausgeschlagen. Dies erschwert den Einbau der Bohrrohre, Drehkräfte oder Zuglasten werden von ihnen aber nicht übertragen, so dass sie auch beim Ziehen nicht versagen konnten (Gutachten vom 30.3.2013, S. 9).

Die Rohrverbindungen waren, vor allem angesichts der zu erreichenden, überdurchschnittlichen Tiefe in schlechtem Zustand (Gutachten vom 16.11.2012, S. 5, Gutachten vom 30.3.2013, S. 4).

(b) Damit die Bohrkrone bei dem gegebenen Boden richtig bohren kann, ist es zwingend erforderlich, dass diese in horizontaler Richtung gedreht wird, denn dadurch fräsen die Schneidezähne den Boden ab. Bei der HVM der Beklagten besteht ein maximaler Drehwinkel von 26° bei den verwendeten Rohren mit 880 mm Außendurchmesser. Zur Übertragung der geringen waagrechten, je abwechselnd von links nach rechts oszillierenden Bewegung von maximal 200 mm Drehweg, ist es erforderlich die sehr stabilen eingesetzten doppelwandigen Bohrrohre mit Schraubbolzen zu verbinden.

(c) Die Tatsache, dass die Endtiefe erreicht wurde, beweist, dass die Rohrverbinder die Drehbewegung bis zu diesem Zeitpunkt übertragen haben mussten und somit weitestgehend intakt waren.

(d) Schließlich ergibt sich aus der Ziehbarkeit des Bohrrohrstranges auf einer Länge von ca. 2,50 Metern bis zur Verkeilung die fehlende Kausalität.

Die Zug- und Drehkraft der HVM muss längskraftschlüssig bis zur Bohrkrone übertragen worden sein, da ein Ziehen nach oben nur unter gleichzeitigem Drehen vorstellbar ist. Dies setzt voraus, dass die Bohrrohre, trotz ihres schlechten Zustandes, für die vertikale und seitliche Kraftübertragung ausreichend miteinander verbunden waren.

Weiter ergibt sich daraus, dass die Kraft der Bohranlage ausreichend bemessen war, um die Rohre aus dem höchst anzunehmenden Lastfall, nämlich dem Rückzug nach oben im Anschluss an den Filtereinbau zu bewegen und so stark zu verkeilen, dass diese nicht mehr nach unten bewegt werden konnten.

Für die Bewertung ist der Inhalt des Tagesberichts der Beklagten vom 29.1.2008, der dieses Ziehen um 2,50 m beschreibt, elementar.

Dies beweist die Funktionalität der Verbinder und der Bohranlage bis zur Havarie, auch wenn der schlechte Zustand der Bohrrohre dies nicht erwarten ließ (Gutachten vom 16.11.2012, S. 5/6, Gutachten vom 30.3.2013, S. 4) Im Augenblick des Blockierens lag ein vorangegangenes Lösen von Rohrverbindungen nicht vor (Gutachten vom 16.11.2012, S. 9).

Die Bolzenverbindungen sind im teleskopierten Bereich, hier bei 28,0 m unter GOK, gerissen. Eine anerkannte Regel der Technik, die das Verschweißen bzw. Sichern der Bolzen vorschreibt, gibt es nicht. Es ist aber unter erfahrenen Bohrleuten üblich, im teleskopierten Bereich die Bolzen zu sichern (Gutachten vom 30.3.2013, S.17). Nach der Havarie hat die Beklagte das Verschweißen vorgenommen. Eine Bergung war trotzdem nicht möglich. Infolgedessen ist auch dieser Umstand nicht kausal geworden (Protokoll vom 22.10.2013, S.5)

Ein Abriss von Bohrrohren im teleskopierten Bereich ist aufgrund von seitlichen Biegedruckspannungen auch bei gutem Zustand der Verbinder nicht auszuschließen (Gutachten vom 30. 3.2013, S. 7). Unterhalb der teleskopierten Bohrung waren nach der Kamerauntersuchung vom 1.4.2011 alle 12 Schlösser vorhanden.

Die fehlenden und lockeren Bolzenverbindungen wurden nach den fehlgeschlagenen Ziehversuchen mit Pressen festgestellt. Im Zuge dieser Ziehversuche wurden die Bolzenverbindungen deutlich über ihre zulässigen Grenzen belastet (Gutachten vom 16.11.2012, S.9).

Die Rohre wurden über Tage mit der HVM nach oben gezogen. Wären die Verbinder innerhalb der teleskopierten Verrohrung bereits beim Ziehvorgang auseinandergezogen worden, wäre eine Blockade des gesamten Rohrstrangs nicht möglich gewesen (Gutachten vom 30.3.2013, S. 8/9).

(e) Dem technischen Zustand der Rohre nach, läge die Verantwortlichkeit für die Havarie wohl unzweifelhaft bei der Beklagten.

Der Sachverständige hat aber festgestellt, dass das erfolgreiche Ziehen aus gutachterlicher Sicht nur den Schluss zulasse, dass die Funktion der Rohrverbinder bis zum Festziehen intakt war. Der Sachverständige hat das Erfüllen der Funktion bei der Bewertung der Verantwortlichkeit höher bewertet als den Zustand der mindestens 40 Jahre alten Rohre. Er hat dabei berücksichtigt, dass es keine allgemein anerkannte Regel der Technik für den Zustand oder das Höchstalter von Bolzenrohren oder deren Verbinder gibt und die Rohre trotz ihres offensichtlich schlechten Zustandes die Zugkräfte bis zum Festziehen zum Bohrschuh übertragen haben (Gutachten vom 30.3.2013, S.10/11).

Im tatsächlich festgestellten Zustand waren die Rohre daher noch geeignet, die Endtiefe zu erreichen. Die Rohre waren auch noch im elastischen Bereich belastbar, von einer Materialermüdung kann sicher nicht ausgegangen werden. Wäre der elastische Bereich überschritten worden, wäre die axiale Rohrverdrehung an den ausgebauten Rohren zu erkennen gewesen (Gutachten vom 30.3.2013 S.12).

(f) Dass ein Drehwegverlust mitursächlich geworden ist, kann nicht angenommen werden, weil bei der Bergung der Rohre nach Verschweißen und Sicherung der Verbinder von der Firma … kein Ziehversuch vor dem Abtrennen der unteren Rohrstücke durchgeführt worden ist. Hätten sich hierbei die Rohre einschließlich der Bohrkrone herausziehen lassen, wären der Dominoeffekt beim Lösen von Verschraubungen oder zu schwache Gerätschaften des Bohrunternehmers der Grund für die Havarie und damit in der Verantwortlichkeit der Beklagten gelegen.

Jedenfalls wäre ohne Drehbewegung ein Ziehen um 2,50 m keinesfalls möglich gewesen.

Die Standzeit der Rohre kann ebenfalls nicht mitursächlich für die Havarie gewesen sein, weil nach mehreren Jahren Standzeit die Bohrrohre nach Abtrennung des unteren Teils des Bohrstranges, durch die Firma … innerhalb von zwei Tagen zurückgebaut werden konnten (Gutachten vom 30.3.2013, S. 15/16). In diesem Zusammenhang hat das Sachverständige den Regiebericht der Firma … vom 18.4.2011, die Angaben der Bauleitung im Ortstermin (Gutachten vom 16.11.2012, S.5) sowie das Schreiben der Bauleitung an die Klägerin vom 23.8.2012 (Gutachten vom 30.3.2013, S. 7) bewertet.

(g) Eine erschwerte Ziehbarkeit wegen mangelnder Vertikalität des Bohrloches war nicht gegeben.

Die Vertikalitätsmessung mit der Kamera zeigt keine gravierenden Auffälligkeiten. Der Ruhewasserspiegel war bei den Kamerabefahrungen von oben gut sichtbar. Dies wäre bei einer starken Abweichung nicht der Fall gewesen. Die Firma … hat nach dem Vorfüllen mit Kies mit eigenen Bohrrohren 900 mm die Bohrung nochmals abgeteuft. Dabei ist sie exakt auf die noch im Boden verbliebenen Bohrrohre der Beklagten bei 65,50 Meter Tiefe gestoßen. Bei einer größeren Abweichung hätte die neue Bohrung seitlich an den bestehenden Rohren vorbei laufen müssen (Gutachten vom 30.3.2013, S.13, 22/23).

(h) Die Tatsache, dass die Beklagte vertragswidrig entgegen dem Leistungsverzeichnis zunächst nicht mit Bohrrohren 1200 mm, sondern mit Bohrrohren mit 1100 mm Außendurchmesser mit einem Bohrschuh 1200 mm im Bereich bis 52 m gebohrt hat, ist, wenngleich der Einsatz einer derartigen Bohrkrone unvertretbar ist (Gutachten vom 8.9.2013, S.2/3), ebenfalls nicht schadensursächlich geworden.

Ein direkter oder indirekter Zusammenhang des Einbaus der 1100 mm anstatt der 1200 mm Rohre mit dem Feststecken der Bohrrohre 800 mm ist nicht gegeben. Allerdings hätten sich hieraus extreme Komplikationen ergeben können.

Auch nur dieses Rohr kann bei dem Bedenkenschreiben des Bauleiters vom 22.11.2007 gemeint gewesen sein.

Diese Rohre haben sich aber gemäß Tagesbericht der Beklagten vom 05.02.2008 noch Drehen, Ziehen und Drücken lassen. Hieraus hat sich unterhalb von 52 m keine Gefahr des Einsandens der Bohrrohre 880 mm ergeben. Die im Bedenkenschreiben beschriebene Gefahr hat sich daher nicht realisiert (Gutachten vom 30.3.2013, S. 11, Gutachten vom 8.9.2013, S. 9).

cc) Die Einwendungen der Klägerin, vorgelegt insbesondere mit den gutachterlichen Stellungnahmen ihres Bauleiters, oben unter aa und bb berücksichtigt, greifen nicht durch.

Der Sachverständige … hat sich in den Ergänzungsgutachten und in der Anhörung überzeugend mit den Einwendungen gegen seine Gutachten auseinandergesetzt. Auf die Stellungnahmen des Bauleiters der Klägerin vom 24.1.2013, 19.2.2013, 14.5.2013, S. 22, vom 27.9.2013 ist er im Einzelnen eingegangen.

– Die Auswahl von Bohrrohren 1100 mm Außendurchmesser mit aufgeschweißten Zähnen zum Durchmesser 1200 mm bis 52 m Tiefe hat er als absolut unüblich und fehlerhaft bezeichnet, wegen des extrem großen Ringraums und der damit verbundenen Gefahr des Einsandens.

Das Rohr mit 1100 mm hat sich aber laut Tagesbericht vom 5.2.2008 noch Drehen, Ziehen und Drücken lassen. Da die Bohrrohre 880 mm ab 52 m Tiefe innerhalb der Verrohrung 1100 mm für das Abstützen der Bohrlochwand verwendet wurden, kann der Ringraum 1100 mm/1200 mm nicht mit dem Ringraum 880 mm / 900 mm derart verbunden gewesen sein, dass Bodenteile eingeschwemmt worden sind. Demzufolge bestand aus diesem Grund unterhalb von 52 m keine Gefahr des Einsandens der Bohrrohre 880 mm. Am 05.02.2008 und auch am 06.02.2008 wurden die Rohre 1100 mm bewegt, die Rohre 900 mm bewegten sich jedoch nicht mit. Dies wäre im Falle des Einsandens zwischen der Verrohrung 1100 und 880 mm nicht möglich gewesen (Gutachten vom 30.3.2013, S. 11).

– Zur Frage der Überalterung des Rohrmaterials und des Zubehörs, angesichts der hohen technischen Anforderungen und deren Kausalität für die Havarie und Nichtziehbarkeit hat sich der Sachverständige umfassend geäußert.

Demnach waren die verwendeten Materialien den Anforderungen gerade noch gewachsen. Eine Feststellung, dass die Verrohrungsmaschine zu schwach ausgelegt war, konnte nicht getroffen werden. Auch die nachfolgende Firma hat keinen Ziehversuch vor dem Abschneiden der unteren Rohre durchgeführt.

Die Tatsache, dass die Rohre zunächst etwa 2,50, also den erheblichsten Lastfall aufnehmend, gezogen werden konnten, und die daraus vom Sachverständigen gezogene Schlussfolgerung, wurde in keiner Stellungnahme des Privatsachverständigen der Klägerin technisch widerlegt.

– Zur Frage der Abweichung von der Vertikalen hat der Sachverständige … die Kamerabefahrungen begutachtet und die Tatsache berücksichtigt, dass die nachfolgende Firma direkt auf die im Boden befindlichen abgeschnittenen Rohre gestoßen ist.

– Auch die Standzeit von 14 Tagen zur Befestigung der Schlösser hat der Sachverständige gewertet.

Das Herausfallen der Schlösser ist nicht ursächlich für das Feststecken und auch nicht für die anschließende Nichtziehbarkeit.

Soweit der Bauleiter der Klägerin darauf hinweist, dass die erfolgreichen Rettungsarbeiten im Jahr 2011 gezeigt hätten, dass ein erfolgreicher Abschluss der Arbeiten möglich gewesen wäre, ist festzustellen, dass dies ohne Ziehversuch an der gesamten Rohrtour erfolgt ist und erst nach Abschneiden des unteren Rohres samt Bohrschuh geglückt ist. Hieraus können deshalb keine Rückschlüsse auf die Verantwortlichkeit der Beklagten gezogen werden.

– Entgegen den Vorhalten des Privatsachverständigen stellt der Sachverständige … auch nicht bloße Vermutungen an.

Vielmehr folgt der Senat dessen technischen Ausführungen, weil er jeweils im Einzelnen die Anknüpfungstatsachen und damit den Ausgangspunkt seiner Überlegungen darstellt, begründet und erläutert. Dies ist für das Gericht nachvollziehbar. Tatsächliche Umstände jedenfalls, wie sie z. B. auch in unstreitigen Regieberichten beschrieben werden, kann und darf das Gericht nicht unberücksichtigt lassen.

dd) Soweit die Klägerin nunmehr im Rahmen der Beweiswürdigung nach Abschluss der Anhörung vorträgt, der Sachverständige … gehe von falschen Anknüpfungstatsachen aus, ist diese Einschätzung unzutreffend.

Der Sachverständige hat lediglich darauf hingewiesen, dass die Probebohrung und die Brunnenbohrung entgegen der Auffassung des Schiedsgutachters hinsichtlich der Nagelfluhlagerung voneinander abweichen und er von einer Lagerung zwischen 70,40 und 70,70 Meter entsprechend der Zeichnung des Bauarbeiters ausgehe.

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat sich der Sachverständige auch mit dem sogenannten Dübelprinzip auseinandergesetzt. Er hat dieses als plausibel erachtet (Gutachten vom 8.9.2013, S. 4) ohne dass sich dabei an der Frage der Kausalitätseinschätzung etwas ändern würde.

Der Sachverständige … hat sich auch mit den vom Regiebericht der Firma … abweichenden Darstellungen des Bohrmeister … befasst.

Die Angaben des Bohrmeisters als wahr unterstellt, ergebe sich keine andere Bewertung, weil es sich um einen Zustand mehrerer Jahre nach der Havarie gehandelt habe. Jedenfalls trifft die Bewertung des Sachverständigen … zu, dass sich die Bohrrohre nach Abtrennen des unteren Teils der Rohre und der Bohrkrone nach über 3 Jahren Standzeit innerhalb weniger Tage haben herausziehen lassen. Dies lässt die vom Sachverständigen gezogenen Rückschlüsse auf die Mantelreibung zu.

Der Sachverständige hat sich auch mit der Frage der Verzögerung durch das Sichern der Rohrverbinder befasst und hierzu auch in der Anhörung Stellung genommen.

ee) Der Senat hat im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO keine Zweifel an der Sachkunde des als Betriebsleiter eines Brunnenbaubetriebes tätigen Sachverständigen. Seine Gutachten sind vollständig und widerspruchsfrei. In der Anhörung war der Sachverständige erkennbar in der Lage, die technischen Sachverhalte zu erläutern. Weitere Feststellungen sind aus Sicht des Senats weder möglich noch geboten.

Soweit die Klägerin die Beauftragung eines weiteren Gutachten beantragt hat, liegen die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO nicht vor.

Eine neues Gutachten wäre nur dann zu erholen, wenn das erste Gutachten mangelhaft, unvollständig, widersprüchlich und nicht überzeugend wäre, es von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausginge, der Sachverständige erkennbar oder erklärtermaßen nicht über die notwendige Sachkunde verfügte, die sogenannten Anschlusstatsachen sich durch neuen Sachvortrag geändert hätten oder ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel oder Erfahrungen verfügte. Keine der genannten Voraussetzungen liegt vor.

Vielmehr hat der Sachverständige im Gutachten den Sachverhalt wie er seitens der Parteien vorgetragen worden ist, wie er sich aus den Akten ergibt und wie er ihn beim Ortstermin festgestellt hat, auch aufgrund von Angaben der Teilnehmer bei der Ortsbesichtigung, im Einzelnen dargestellt und gewürdigt.

Der gerichtliche Sachverständige ist umfassend und überzeugend auf die Darstellungen und Auffassungen des Privatsachverständigen der Klägerin eingegangen und hat diese im Einzelnen dargestellt, gewürdigt und beantwortet.

Eine Unvollständigkeit bzw. Widersprüchlichkeit kann nicht erkannt werden. Das Gutachten geht auch nicht von falschen tatsächlichen Voraussetzungen aus.

Letztlich gibt es durch die Unzugänglichkeit des Bereichs der feststeckenden Bohrkrone auch keinerlei Möglichkeiten weiterer Erkenntnisse oder Klärung.

ff) Unabhängig von der Frage, inwieweit Pflichtverletzungen der Beklagten kausal für die Havarie geworden sind, muss im vorliegenden Fall ausgehend von der Darstellung des Sachverständigen in seiner Anhörung vor dem Senat davon ausgegangen werden, dass sich im konkreten Fall das Bodenrisiko realisiert hat, da keine andere Ursache festgestellt werden konnte und die durch die Beklagte gesetzten Umstände als Ursache nicht in Frage kamen.

Da die Beklagte, wie oben festgestellt, das Baugrundrisiko nicht, jedenfalls aber nicht wirksam, übernommen hat, kann von einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten nicht ausgegangen werden.

3. Die Klägerin hat somit auch keinen Anspruch auf Rückzahlung des bereits an die Beklagte ausbezahlten und in die Mehrkostenabrechnung eingestellten Werklohns.

Dieser Werklohn ist für die erbrachten Leistungen geschuldet. Wie oben dargestellt hat die Beklagte es nicht zu vertreten, dass der Brunnen durch sie nicht hergestellt werden konnte.

Infolgedessen hat sie ein Recht aus § 645 BGB zum Behaltendürfen der erhaltenen Zahlungen.

Die Berufung der Beklagten ist somit überwiegend begründet und nur in geringem Umfang zurückzuweisen.

Die Klage der Klägerin, auch mit den nunmehr in der Berufung geltend gemachten Beträgen, ist überwiegend abzuweisen.

C

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 711 Nr. 10, 711 ZPO.

Anhaltspunkte, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, ergeben sich weder aus dem Vortrag der Parteien noch aus den Umständen.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.02.2017 – 14 U 88/16 zu der Frage, ob es sich, wenn ein Teil der vom Auftragnehmer hergestellten, aber nicht von ihm befestigten Böschung abrutscht und der Auftragnehmer zur Sanierung der aufgetretenen Böschungsrutschung aufgefordert wird, bei den daraufhin erbrachten Arbeiten um (kostenlose) Mängelbeseitigungsmaßnahmen oder um zusätzlich beauftragte Leistungen handelt, für deren Ausführung dem Auftragnehmer die übliche Vergütung zusteht

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.02.2017 - 14 U 88/16 zu der Frage, ob es sich, wenn ein Teil der vom Auftragnehmer hergestellten, aber nicht von ihm befestigten Böschung abrutscht und der Auftragnehmer zur Sanierung der aufgetretenen Böschungsrutschung aufgefordert wird, bei den daraufhin erbrachten Arbeiten um (kostenlose) Mängelbeseitigungsmaßnahmen oder um zusätzlich beauftragte Leistungen handelt, für deren Ausführung dem Auftragnehmer die übliche Vergütung zusteht

vorgestellt von Thomas Ax

1. Nach VOB/C DIN 18300 ist bei der Herstellung der Böschungen von Erdbauwerken die endgültige Befestigung der Böschungen nicht ohne weiteres mit beauftragt. Erdverschiebungen zur Hangmodellierung und die endgültige Befestigung einer Böschung sind somit trennbare Arbeiten.

2. Wird der Auftragnehmer auf der Grundlage einer detaillierten Leistungsbeschreibung der Herstellung von Böschungen, nicht aber mit der endgültigen Befestigung der Böschungen beauftragt, führt seine werkvertragliche Erfolgshaftung nicht dazu, dass er auch die endgültige Sicherung der Böschung durchzuführen hat.

3. Rutscht ein Teil der vom Auftragnehmer hergestellten, aber nicht von ihm befestigten Böschung ab und wird der Auftragnehmer zur Sanierung der aufgetretenen Böschungsrutschung aufgefordert, handelt es sich bei den daraufhin erbrachten Arbeiten nicht um (kostenlose) Mängelbeseitigungsmaßnahmen, sondern um zusätzlich beauftragte Leistungen, für deren Ausführung dem Auftragnehmer die übliche Vergütung zusteht.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.02.2017 – 14 U 88/16
Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Werklohn wegen einer Hangsanierung in Anspruch. Die Beklagte begehrt widerklagend die Kostenerstattung für eine Hangteilsicherung im Wege der Ersatzvornahme sowie die Feststellung, dass die Klägerin verpflichtet ist, alle etwaigen künftigen Nachbesserungsaufwendungen für die weitere Hangsanierung zu tragen.

Die Beklagte errichtete im Jahr 2011 in Stadt1 ein Logistikzentrum. Um eine ebene Baufläche für den Bau einer Halle herzustellen, musste der Boden hangseitig abgetragen und talseitig aufgeschüttet werden.

Dem Streithelfer zu 1) oblag die Planung. Die Streithelferin zu 2) erstellte unter dem 20.10.2008 ein Baugrundgutachten (Bd. I, Bl. 73 – 97 d.A.) und nachfolgend einen geotechnischen Bericht (Baugrundnachbegutachtung) vom 15.09.2010 (Bd. I, Bl. 47 – 72 d.A.). Die Streithelferin zu 3) ist der Versicherer für die Bauleistung der Beklagten.

Die Parteien schlossen am 26.11.2010 (Anlage K 2, Bd. I, Bl.12 d.A.) einen Werkvertrag nach VOB/B über das Gewerk “Erdarbeiten (Erdabtrag, Erdauftrag, Erdabfuhr/Herstellung Baufeld)”. Vertragsgrundlagen wurden unter Ziffer 2 des Bauvertrages die “beiliegenden Angebots- und Vertragsbedingungen”, das Angebot der Klägerin vom 12.11.2010 (K 1, Bd. I, Bl.11 d.A.), die Pläne Nr. E-2, P-1 bis P-5 (Bd. I, Bl.44 ff., Bd. V, Bl. 1212 – 1215 d.A.), das Verhandlungsprotokoll vom 12.11.2010 sowie das Bodengutachten des X. Die von der Klägerin über diesen Auftrag erstellte Schlussrechnung vom 05.03.2011 (K 25, Bd. II, Bl. 276 f. d.A.) über 428.804,19 € netto wurde von der Beklagten am 04.04.2012 und am 24.04.2012 in voller Höhe beglichen.

Nach dem Lösen und dem Abtransport des Bodens durch die Klägerin bis Mitte des Jahres 2011 verblieb hangseitig eine Abtragsböschung am Südrand des Bauplatzes, die die Beklagte durch eine Drittfirma begrünen ließ.

Mit weiterem Auftrag vom 28.10.2011 wurde die Klägerin beauftragt, Außenanlagen-, Pflaster- und Asphaltarbeiten sowie Arbeiten zur Auffüllung am Fuße der Böschung zur Herstellung des Baugrundes vorzunehmen.

Am 15.12.2011 rutschte der obere Teil der hangseitigen Böschung auf einer Länge von ca. 10 bis 20 m teilweise ab. Die Beklagte schaltete daraufhin die Streithelferin zu 2) zwecks Ursachenforschung und Erstellung eines Lösungsvorschlags ein, woraufhin die Streithelferin zu 2) am 24.01.2012 (K 4, Bd. I, Bl. 14 ff. d.A.) eine schriftliche Stellungnahme für die Sanierung der aufgetretenen Rutschung an der hangseitigen Abtragsböschung erstellte. Die Klägerin führte die vorgegebenen Arbeiten bis Anfang Februar aus. Im Zuge der Erdarbeiten nach dem Entfernen der abgerutschten Bodenmassen erstellte die Streithelferin zu 2) am 31.01.2012 eine 2. Stellungnahme zur Sanierung der hangseitig aufgetretenen Böschungsrutschung und stellte fest, dass der untere Teil der Böschung, der von standfestem Sandsteinfels bzw. Felsersatz aufgebaut wird, augenscheinlich nicht erfasst wurde (K 5, Bd. I, Bl.17 d.A.). Am 06.02.2012 reichte die Klägerin ihr Angebot, vordatiert auf den 09.01.2012, für die Baumaßnahme Böschungsrutsch über 47.782,07 € (K 6, Bd. I, Bl. 19 d.A.) an die Beklagte nach und stellte über die Arbeiten zur Hangsanierung die Rechnung vom 29.02.2012 über 48.972,07 € (K 7, Bd. I, Bl. 20 d.A.).

Wenige Wochen nach Abschluss der Arbeiten zur Böschungssanierung kam es an gleicher Stelle zu einer erneuten Rutschung, diesmal ab der Sohle der Böschung. Mit Schreiben vom 22.06.2012 (B 7, Bd. I, Bl. 179 ff. d.A.) forderte die Beklagte die Klägerin zur Beseitigung der Hangrutschung bis zum 29.06.2012 auf. Die Frist verlief fruchtlos.

Die Beklagte beauftragte sodann die Firma Y mit der Hangsicherung, die der Beklagten die Arbeiten mit der Schlussrechnung vom 06.12.2012 mit 124.826,41 € (B 9, Bd. I, Bl. 184 f. d.A.) in Rechnung stellte. Im Januar 2013 kam es erneut zu einem Hangrutsch. Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 04.01.2013 (B 10, Bd. I, Bl. 228 f. d.A.) erneut erfolglos zur Beseitigung auf. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 14.01.2013 die Verantwortung für den erneuten Hangrutsch zurückgewiesen. Weitere Hangrutsche ereigneten sich im Januar 2014 und im März 2015.

Die Klägerin hat vorgetragen, die in Rechnung gestellten Arbeiten zur Hangsanierung seien vom Prokuristen der Beklagten, dem Projektleiter A, nach dem ersten Böschungsrutsch am 27.01.2012 mündlich in Auftrag gegeben worden. Nach Fertigstellung dieser Arbeiten sei die sanierte Böschung am 06.02.2012 von der Streithelferin zu 2) als vertragsgemäß hergestellt abgenommen worden. Die Abnahme dieser Arbeiten sei jedenfalls stillschweigend durch die Inbetriebnahme der Halle erfolgt. Die Klägerin sei auch nicht schon aus dem Vertrag vom 26.11.2010 zur Herstellung einer standhaften Böschung verpflichtet gewesen. Ihre Verpflichtung aus diesem Vertrag habe in dem Lösen, Abtransportieren und Abladen bestimmter Erdmassen zur Herstellung des Planums bestanden. Seitens der Beklagten habe bei dieser Auftragsvergabe auch kein Anlass dahingehend bestanden, die Herstellung einer standhaften Böschung mit zu beauftragen, da nach den Baugrunderkundungen der Streithelferin zu 2) davon auszugehen gewesen sei, dass der Baugrund aus stand- und rutschfestem Material bestünde. Die Klägerin habe demgemäß keinen Auftrag erteilt bekommen, die Abtragsböschung nach erfolgtem Lösen auf Standsicherheit zu prüfen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen vorzunehmen. Dies sei auch nicht Nebenpflicht des mit dem Erdaushub beauftragten Unternehmers. Die Klägerin sei lediglich zur Einhaltung der Vorgabe aus dem Baugutachten hinsichtlich der Generalneigung (1:1,5) verpflichtet gewesen. Darüber hinausgehende Sicherungsmaßnahmen seien nicht beauftragt gewesen. Die versteckte Problematik der Bodenstruktur des Baugrundes gehe zu Lasten der Beklagten, die das Baugrundrisiko allein zu tragen habe.

Die Beklagte hat in Abrede gestellt, dass sie an die Klägerin einen gesondert zu vergütenden Auftrag zur Sanierung hinsichtlich des ersten Hangrutsches erteilt habe. Vielmehr sei die Klägerin zur Vornahme der in Rechnung gestellten Arbeiten im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet gewesen. Die Herstellung der Standfestigkeit der Böschung (Verfestigung des Erdhangs) sei bereits aus dem Vertrag über Erdarbeiten vom 26.11.2010 geschuldet gewesen. Aus den einbezogenen Plänen E-2 und P-1 bis P-5 ergebe sich, dass eine Berme mit einem Böschungswinkel von 1:1,5 herzustellen gewesen sei. Zudem sei in dem Baugrundgutachten der Streithelferin zu 2) vom 20.10.2008 darauf verwiesen, dass die Böschung gemäß DIN 4142 (Baugrube und Graben) zu errichten gewesen sei. Aus der Baugrundnachbegutachtung vom 15.09.2010 ergebe sich, welche Sicherungsmaßnahmen bei dem Hangabtrag zu ergreifen gewesen seien. Die Klägerin habe den vorgegebenen Böschungswinkel nicht eingehalten und die im geotechnischen Bericht vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen (Einfügung von Steinkeilen u.ä. am Böschungsfuß) nicht ausgeführt. Ursächlich für die Hangrutschungen seien eine fehlerhafte Planung des Streithelfers zu 1) und die fehlerhafte Bauausführung der Klägerin. Zumindest hätte die Klägerin Bedenken hinsichtlich der fehlerhaften Planung des Streithelfers zu 1) anmelden müssen. Weil die Klägerin die Nachbesserung wegen Schlechterfüllung verweigere, könne die Beklagte auch hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Die Beklagte erklärte ferner hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenforderungen.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge wird auf das angefochtene Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 19.04.2016 gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO (Bd. IV, Bl. 1071 – 1087 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Es hat zur Begründung ausgeführt, dass aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme feststehe, dass der mit Prokura versehene Bauleiter der Beklagten, der Zeuge A, die Klägerin am 27.01.2012 mit der Durchführung der Sanierungsarbeit der Böschung beauftragt habe. Dies folge aus der glaubhaften Aussage des Zeugen B, der bekundet habe, am 27.01.2012 von dem Zeugen A nach dem Böschungsrutsch auf der Baustelle mit der Herstellung der Böschung beauftragt worden zu sein. Das schriftliche Angebot vom 9.1.2012 sei sodann auf weitere Anforderung des Herrn A nachträglich erstellt worden. Der Preis habe am 27.1.2012 schon festgestanden. Der Zeuge habe weiter bekundet, dass die Sicherungsmaßnahmen der Böschung hangseitig durch die Streithelferin zu 2) überwacht und die Sicherungsmaßnahmen in Form der Beseitigung des Hangrutsches nach deren Vorgaben durchgeführt worden seien. Nach Beendigung der Arbeiten habe eine Begehung durch Herrn C stattgefunden und er habe die Sicherungsmaßnahmen als abgenommen angesehen. Auch der Zeuge A habe im Ergebnis bestätigt, dass die Klägerin nach dem Hangrutsch mit der Beseitigung der Erde beauftragt worden sei, ohne dass auf das vorhergehende Auftragsverhältnis zur Herstellung der Baugrube Bezug genommen worden sei. Der Zeuge habe auch bestätigt, dass auf seine Anforderung später ein Angebot von der Klägerin erstellt worden sei. Weil die Beklagte dem Angebot vom 9.1.2012 mit den darin enthaltenen Preisen nicht widersprochen habe, seien diese Preise jedenfalls als übliche Vergütung anzusehen.

Die Werklohnforderung sei auch ohne Abnahme fällig. Weil das Werk der Klägerin durch die eingetretenen weiteren Hangbrüche nicht mehr abgenommen werden könne und der Untergang des Werkes der Risikosphäre der Beklagten zuzuordnen sei, könne die Klägerin gemäß § 645 BGB ihre volle Vergütung verlangen. Ein Baugrundrisiko habe die Klägerin vertraglich nicht übernommen. Die Klägerin habe die Sicherungs- und Stabilisierungsmaßnahmen nach Vorgaben des X durchgeführt. Ein Baugrundrisiko, das sich u.a. dadurch verwirklicht habe, dass entgegen der weiteren Stellungnahme des Baugrundlabors am 31.01.2012 der untere Teil der Böschung nicht ausreichend standfest gewesen sei und es deshalb zu weiteren Böschungsbrüchen gekommen sei, habe die Klägerin nicht zu tragen.

Die von der Klägerin im Rahmen der Klageforderung geltend gemachten Arbeiten seien vergütungspflichtig, denn die Klägerin sei auch nicht zur Durchführung dieser Arbeiten gemäß Rechnung vom 05.06.2012 im Wege der Nacherfüllung aus dem ursprünglichen Bauvertrag vom November 2010 verpflichtet gewesen. Die Klägerin habe auf Grundlage des Vertrages vom 26.11.2010 nicht die dauerhafte Herstellung der Standfestigkeit einer im Zuge der Arbeiten entstehenden Böschung geschuldet. Gemäß dem Angebot der Klägerin vom 12.11.2010, das Vertragsgrundlage geworden sei, habe die Klägerin Arbeiten in Form des Lösens, Ladens und des Transportes von Boden und dem Einbringen von Bindemitteln geschuldet. Eine Verpflichtung der Klägerin, die durch das Lösen von Erdmassen entstehende Abschlagsböschung standfest und dauerhaft zu errichten, sei dem Vertrag nicht zu entnehmen. Arbeiten zur endgültigen Herstellung und Befestigung der Böschung seien in dem Vertrag vom 26.11.2010 nicht vorgegeben worden. Dies habe auch der bestellte Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt. Auch ergebe sich eine Verpflichtung, die hangseitige Böschung mit allen erforderlichen Verfestigungsmaßnahmen als Dauerböschung anzulegen, nicht aus dem geotechnischen Bericht vom 15.09.2010, da sich schon dem Wortlaut nicht entnehmen lasse, wer zur Errichtung der Dauerböschung verpflichtet sein solle. Der Begriff der “Dauerböschung” beziehe sich erkennbar nur auf den Errichtungswinkel für den nachbauzeitigen Zustand. Auch die weiteren dortigen Ausführungen unter 5.1., wonach Sicherungsmaßnahmen zur Fassung örtlicher Hang-, Stau- bzw. Schichtwasseraustritte zu berücksichtigen seien (Steinkeile, lokal aufliegende Steinwürfe, Sickerkeile am Böschungsfuß o.ä.) seien zu unbestimmt, um eine vertragliche Verpflichtung zur Herstellung von Böschungssicherungsmaßnahmen zu begründen. Auch den Plänen E-2, P-1 bis P-5 des Streithelfers zu 1) seien keine Sicherungsmaßnahmen, sondern nur die Herstellung einer Berme mit der Generalneigung 1:1,5 zu entnehmen.

Dass die Beklagte die Schlussrechnung vom 24.04.2012 vollständig beglichen habe und der Nachtrag vom 08.03.2011 auf Aufforderung der Beklagten für die talseitige Böschung und einen Teil des Baufeldes erstellt worden sei, zeigten, dass die Beklagte selbst von einer Vergütungspflicht weiterer Maßnahmen zur Hangsicherung und -sanierung ausgegangen sei und die Parteien keine Überwälzung des Baugrundrisikos auf die Klägerin vornehmen wollten. Nichts anderes folge aus dem Baugrundgutachten vom 20.10.2008, in dem es heiße, dass bei allen Bodeneingriffen die einschlägigen Bestimmungen der DIN 4124 zu beachten seien. Die DIN 4124 beziehe sich auf Böschungen und Gräben, die während der Bauzeit entstünden. Sie sei auf Dauerböschungen nicht anwendbar. Diese seien nach der DIN 4084 zu beurteilen.

Selbst wenn die Klägerin im Rahmen des Vertrages vom 26.11.2010 zur Errichtung der Böschung verpflichtet gewesen wäre, wären die Böschungsarbeiten jedenfalls gesondert zu vergüten gewesen, denn im Rahmen des Vertrages und des zu Grunde liegenden Angebotes seien der Umfang und die Vergütung für die 4 vereinbarten Leistungspositionen festgelegt gewesen. Spezielle Sicherungsmaßnahmen für die Böschung seien den Leistungspositionen nicht zu entnehmen gewesen. Der vereinbarte Pauschalpreis beziehe sich nur auf die im Leistungsverzeichnis enthaltenen Positionen. Die Erstellung der standfesten Böschung sei – für die Beklagte erkennbar – gesondert zu vergüten. Der Unternehmer habe einen Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten, wenn im Zuge der Nacherfüllung Leistungen erforderlich würden, die er nach dem Vertrag nicht zu erfüllen habe, die er aber erbringen müsse, weil sie zur ordnungsgemäßen Ausführung nötig seien.

Die Hangsicherungs- und Sanierungsarbeiten seien auch nicht deshalb als Nacherfüllung anzusehen, weil die Klägerin die Erdarbeiten gemäß Bauvertrag vom 26.11.2011 mangelhaft ausgeführt und hierdurch den 1. Hangrutsch herbeigeführt hätte. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, denen sich die Kammer voll umfänglich anschließe, liege der Grund für den ersten Böschungsbruch nicht in einer mangelhaften Ausführung der Arbeiten der Klägerin. Danach habe die Klägerin die vorgeschriebene Neigung von 1:1,5 ausgeführt. Soweit die Klägerin die Böschungsneigung in dem Bereich, in dem Fels anstand, nicht mit der Neigung von 1:1,5, sondern senkrecht ausgeführt habe, habe der Sachverständige dargelegt, dass dies für die Sicherheit in diesem Bereich keine Rolle spiele. Zudem seien die Pläne so zu verstehen, dass die Neigung im Bereich der Bermen so herzustellen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen war es nicht die Klägerin, sondern der Fachplaner und Gutachter, die umfassende Kenntnis von der Heterogenität des Baugrundes hatten und aus dieser Erkenntnis nicht die nötigen Schlüsse für die Standsicherheit der Böschung gezogen hätten.

Dass die Böschungsbruchberechnungen unterblieben seien, sei nicht der Klägerin anzulasten. Diese sei zur Erstellung der Böschungsbruchberechnungen nicht verpflichtet. Es obliege dem Unternehmer nicht, die Gutachten der Fachplaner zu überprüfen und eigene Berechnungen anzustellen. Die im Baugrundgutachten beschriebenen Risiken seien durch die vorgeschlagene Generalneigung von 1:1,5 abgedeckt gewesen.

Der Beklagten stehe auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Nacherfüllungsanspruches wegen fehlerhafter Sanierungsarbeiten nach dem 1. Böschungsbruch zu, weil der Nacherfüllungsanspruch mit der Geltendmachung von Schadensersatz im Wege der Widerklage erloschen sei.

Die Widerklage sei unbegründet, weil der Klägerin weder ein Ausführungsfehler noch ein Verstoß gegen eine ihr obliegende Bedenkhinweispflicht (§ 4 Nr.3 VOB/B) angelastet werden könne. Nach der Einholung des Sachverständigengutachtens stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der erste Hangbruch im Januar 2012 seinen Grund nicht in einer mangelhaften Ausführung der Arbeiten der Klägerin im Rahmen des Vertrages vom Oktober 2011 hatte. Auch die Arbeiten der Klägerin im Januar 2012 zur Sanierung nach dem ersten Hangrutsch seien nicht mangelhaft gewesen. Der Sachverständige habe dargelegt, dass der Baugrundgutachter in seinem Gutachten auf die Problematik des stark wechselnden Baugrundes (Heterogenität) hingewiesen habe, ohne hieraus aber die nötigen Schlüsse für die Standsicherheit der 7 – 9 m hohen Böschung zu ziehen, nämlich die Vornahme der erforderlichen Böschungsbruchberechnungen nach DIN 4084 zur Ermittlung des sog. worst case. Eine Generalneigung von 1:1,5 sei fälschlicherweise pauschal als zulässig beurteilt worden. Auch fehle es im Hinblick auf den Hinweis des Bodengutachtens auf das Erfordernis lokaler Entwässerungs- und Sicherungsmaßnahmen zur Fassung örtlicher Hang-, Stau- bzw. Schichtwasseraustritte an der entsprechenden Umsetzung in der Planung des Streithelfers zu 1). Im Hinblick auf die Klägerin habe der Sachverständige festgestellt, dass die Klägerin keine anderen als die beschriebenen Verhältnisse habe feststellen können und wegen der Erfassung der beschriebenen Risikoformulierungen habe davon ausgehen müssen, dass alle Risiken über die als zulässig beschriebene Generalneigung von 1:1,5 gesichert würden, nachdem der unterschiedliche Bodenaufbau im Bodengutachten umfassend beschrieben worden sei. Die Kammer folge der Auffassung des Sachverständigen, dass das Fehlen von Böschungsbruchberechnungen jedenfalls nicht der Klägerin als ausführendes Unternehmen anzulasten sei.

Es habe für die Klägerin keinen Grund gegeben, von einem Fehler oder einer Unvollständigkeit der Feststellungen zur Abdeckung der Risiken über die vorgesehene Generalneigung auszugehen und diese Vorgabe zu überprüfen. Bei der Einbeziehung eines Fachplaners, wie vorliegend der Streithelferin zu 2) als Baugrundgutachterin, sei gegenüber dem Kenntnisstand der Klägerin ein höheres Fachwissen vorauszusetzen. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, das Bodengutachten zu überprüfen. Offenkundige Fehler oder Unrichtigkeiten habe keine der Partei vorgetragen. Solche seien auch unter Würdigung der Ausführungen des Sachverständigen nicht zu erkennen. Es sei ferner nicht zu erkennen, dass für die Klägerin als Fachfirma für Straßen-, Tief- und Ingenieurbau ein Anknüpfungspunkt für eine Prüfpflicht wegen veränderter Umstände während der Bauausführung bestanden hätte. Der Sachverständige habe dargelegt, dass die Klägerin während der Bauausführung keine anderen als die beschriebenen Verhältnisse habe feststellen können. Auch der Streithelfer zu 1) habe ausgeführt, dass die im Bodengutachten für die Ausführungsphase beschriebenen Risiken und die im Zuge der Ausführung der Böschung zu beachtenden Risiken im Zuge der Arbeiten der Klägerin nicht eingetreten seien. Soweit der Streithelfer zu 1) darauf hingewiesen habe, dass im Zuge der Ausführungen auf eine Problemzone im Baufeld hingewiesen worden sei und daraufhin in einem bestimmten Bereich Boden ausgetauscht und Schotter verfüllt worden sei, betreffe dies nicht die streitgegenständliche hangseitige Böschung, sondern die talseitige Böschung. Unter den gegebenen Umständen sei mithin auch von der Klägerin als Fachfirma für Tiefbau nicht zu erwarten gewesen, dass sie das Risiko eines Böschungsbruches erkenne.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin verpflichtet gewesen sei, ein funktionsfähiges Werk entstehen zu lassen. Weder aus der ursprünglichen Beauftragung für die Erdarbeiten noch aus dem Angebot vom 09.01.2012 zur Beseitigung des Böschungsbruches folge, dass die Klägerin zu Herstellung einer dauerhaften funktionstauglichen Böschung verpflichtet gewesen wäre. Dies sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sanierung nach dem ersten Böschungsbruch anzunehmen, da diese Arbeiten unter der Leitung und auf Anweisung der Streithelferin zu 2) in deren Stellungnahmen vom 24.01.2012 und 31.01.2012 erfolgten, ohne dass der Klägerin eine funktionale Leistungsbeschreibung vorgegeben worden sei.

Die Beklagte hat gegen das am 26.04.2016 zugestellte Urteil mit am 19.05.2016 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten (Bd. IV, Bl. 1099 f. d.A.) Berufung eingelegt und hat diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.07.2016, mit am 14.07.2016 eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten (Bd. IV, Bl. 1116 ff. d.A.) begründet.

Die Beklagte verfolgt mit ihrem Rechtsmittel ihre erstinstanzlichen Anträge, die Klage abzuweisen und der Widerklage stattzugeben, weiter.

Die Klägerin habe keine fällige Werklohnforderung, weil der Werkerfolg nicht eingetreten sei. Das Landgericht habe verkannt, dass die Klägerin ein funktionsfähiges Werk geschuldet habe. Nach BGH, Urteil vom 08.11.2007, VII ZR 183/05, bestimme sich der werkvertraglich geschuldete Erfolg nicht alleine nach der zu seiner Erreichbarkeit vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Ein Werk sei fehlerhaft, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck zur Herstellung eines Werkes nicht erreicht werde und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfülle. In dem Bauvertrag vom 26.10.2010 seien unter Ziffer 2 ausdrücklich Unterlagen als Vertragsgrundlagen einbezogen worden. Ausweislich der Pläne E-2, P-1 bis P-5 habe der Streithelfer zu 1) vorgegeben, dass eine Berme mit einem Böschungswinkel von 1:1,5 an der Grundstücksgrenze “Z” herzustellen sei. Die Klägerin habe mithin den Auftrag gehabt, den Hang zu modellieren, so dass eine Herstellung und Befestigung der Böschung in dem Vertrag vom 26.10.2010 vorgegeben worden sei. Es seien gerade auch die Pläne, welche die Böschung sowie die Herstellung des gesamten Baufeldes zum Gegenstand haben, Grundlage des Vertrages geworden. Wenn ein Hang herzustellen sei, müsse der Hang auch funktionstauglich sein. Deshalb sei die Klägerin vertraglich verpflichtet gewesen, einen standsicheren Hang zu errichten. Es komme nicht darauf an, dass aus dem geotechnischen Bericht nicht zu entnehmen sei, wer die “Dauerböschung” erbauen sollte, weil sich dies aus dem Vertrag vom 26.10.2010 ergebe.

Das Werk sei nicht zufällig untergegangen oder verschlechtert worden, sondern dies sei die Folge handwerklicher Fehler gewesen. Ob diese im Bereich der Planung oder der Bauausführung zu suchen seien, sei für diesen Rechtsstreit irrelevant, da eine alternative und nicht eine kumulative Haftung der Klägerin mit den Streithelfern bestehe. Die Rechtsauffassung des Landgerichts, der Untergang des Werkes sei der Risikosphäre der Beklagten zuzuordnen, führe dazu, dass sich der Werkunternehmer bei Mängeln auf einen zufälligen Untergang oder eine zufällige Verschlechterung des Werkes berufe, sodass er gemäß § 326 BGB nicht mehr zu leisten brauche. Dies widerspreche sämtlichen baurechtlichen Gepflogenheiten und der Rechtsprechung des BGH zum funktionalen Mangelbegriff.

Dass die Beklagte trotz des ersten Böschungsbruchs die Schlussrechnung der Klägerin vom 24.04.2012 vollständig gezahlt habe, sei auch kein Indiz dafür, dass die Beklagte die Vergütungspflicht weiterer Maßnahmen zur Hangsicherung und -sanierung angenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt seien sowohl die Klägerin als auch die Beklagte noch davon ausgegangen, dass es sich bei der Hangrutschung um ein versichertes Baugrundrisiko handele. Erst aus dem von der Streithelferin zu 3) beauftragten Gutachten habe sich dann ergeben, dass eine mangelhafte Bauplanung und -ausführung vorliege.

Die Parteien hätten zudem die VOB/B vereinbart. Gemäß § 1 der VOB/B gelten als Bestandteil des Vertrages auch die allgemeinen technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen VOB/C. Im Rahmen der VOB/C seien ebenfalls die allgemeinen technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV), Erdarbeiten gem. DIN 18300 zu berücksichtigen. Die DIN 18300 nehme Bezug auf die DIN 1054 (Baugrund). Dementsprechend hätten die DIN 4084 als auch die DIN 4124 durch die Klägerin mitberücksichtigt werden müssen. Die Klägerin habe durch die Gegenzeichnung des Bauvertrages eine vertragliche Verpflichtung zur Durchführung bestimmter Verfestigungsmaßnahmen für eine Dauerböschung übernommen. Die DIN 4124 als auch die DIN 4084 seien damit über die DIN 18300 als ATV Vertragsbestandteil geworden.

Auch hätte die Klägerin als Fachunternehmen die fehlende Böschungsbruchberechnung gem. DIN 4084 oder einen Standsicherheitsnachweis eines Statikers bzw. Tragwerksplaners einfordern müssen. Die Klägerin habe aufgrund des Gutachtens des X die Heterogenität des Baugrundes gekannt und hätte daraus die notwendigen Schlüsse für die Standsicherheit der Böschung ziehen müssen. Aus der Aussage des Zeugen B gehe hervor, dass die Klägerin den Hangrutsch billigend in Kauf genommen habe, weil eine Gefährdung von Gebäuden nicht bestanden habe. Die Beklagte habe den Hangrutsch aber nicht billigend in Kauf nehmen wollen, sondern habe die Herstellung eines funktionsfähigen Werkes vereinbart. Bei ihrer funktionalen Leistungsbeschreibung habe die Beklagte keinen detaillierten Leistungskatalog vorgegeben, sondern die zu erbringende Leistung nach dem zu erreichenden Ziel definiert. Sie habe im Wesentlichen nur die durch den angestrebten Nutzungszweck vorgegebenen Anforderungen eines Bauwerkes beschrieben und die technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und funktionalen Rahmenbedingungen definiert. Die Klägerin habe sich somit viel mehr Gedanken über die konkrete Art und Weise der Bauausführung machen müssen, als sie es tatsächlich getan habe. Sie hätte, falls die Unterlagen nicht vollständig gewesen wären oder aber weitere Unterlagen notwendig gewesen wären, entsprechende Bedenken anmelden müssen.

Der vereinbarte Pauschalpreis beziehe sich deshalb auch nicht nur auf die im Leistungsverzeichnis enthaltenen Positionen, sondern vergüte die geschuldete Herstellung des funktionsfähigen Werkes einschließlich des standsicheren Hanges. Wenn die Klägerin gemeint habe, dass für die Standsicherheit der Böschung noch weitergehende und kostenpflichtige Maßnahmen notwendig gewesen wären, dann hätte sie dies im Pauschalpreis mitberücksichtigen müssen. Im Nachhinein über “Sowieso-Kosten” eine Eintrittspflicht der Klägerin abzulehnen, gehe fehl und entspreche nicht der vertraglichen Vereinbarung.

Auch habe das Landgericht aufgrund einer falschen Beweiswürdigung angenommen, dass der Zeuge A als mit Prokura versehener Bauleiter der Beklagten der Klägerin einen Auftrag erteilt habe. Dies sei fehlerhaft, weil die Bauleitung ausschließlich bei dem Streithelfer zu 1) gelegen habe. Der Zeuge A sei nicht offiziell beauftragt worden, die Bauleitung zu übernehmen. Der Zeuge A habe die Prokura für die W Beteiligungsgesellschaft mbH Stadt2 und sei Niederlassungsleiter in Stadt1. Er sei vor Ort gewesen und habe deshalb in engem Kontakt mit dem Geschäftsführer der Beklagten gestanden. Bei der Bewertung der Zeugenaussagen habe das Landgericht die Aussage des Zeugen B, der als Geschäftsführer der Klägerin ein maßgebliches Interesse an einem vergütungspflichtigen Auftrag der Klägerin habe, als wahr unterstellt und sich mit der Aussage des Zeugen A nicht auseinandergesetzt. Der Zeuge A habe ausgesagt, dass keinerlei Gespräche über Preise für die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen mit der Klägerin geführt worden seien. Es mache keinen Sinn, einen Auftrag ohne vorherige Preisverhandlungen zu erteilen. Die Klägerin habe nicht von einer kostenpflichtigen Beauftragung ausgehen können, wenn nicht festgestanden habe, was die Arbeiten überhaupt kosten sollen. Dass noch ein Angebot im Februar 2012 von der Klägerin nachgeschoben wurde, mache keinen Sinn, wenn die Auftragserteilung schon am 27.01.2012 an der Baustelle stattgefunden haben soll. Im Übrigen dürfte die Klägerin Kenntnis über Mängelgewährleistungsansprüche der Beklagten gehabt haben. Selbst wenn eine Beauftragung vorgelegen habe, so sei diese Beauftragung im Rahmen der Mängelgewährleistung als Mängelbeseitigungsaufforderung zu interpretieren und es sei nicht von einer stillschweigenden Vergütung gemäß § 632 Abs.1 BGB auszugehen. Der Zeuge A habe eindeutig eine Nachbesserungsforderung gegenüber der Klägerin artikuliert.

Der Beklagten stehe ein Schadensersatzanspruch gem. § 13 Abs.7 Nr.3 VOB/B zu, weil ein Ausführungsfehler und ein Verstoß der Klägerin als Fachfirma mit Spezialkenntnissen gegen die obliegende Bedenkhinweispflicht vorliege, denn die Klägerin hätte ggf. fehlende Unterlagen wie die Böschungsbruchberechnung nach DIN 4084 oder den vom Gutachter geforderten Standsicherheitsnachweis eines Tragwerkplaners einfordern müssen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 14.07.2016 (Bd. IV, Bl. 1116 ff. d.A.) und den Schriftsatz vom 05.12.2016 (Bd. V, Bl. 1173 ff. d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 19.04.2016, Aktenzeichen 4 O 497/12, abzuändern und die Klage abzuweisen,

sowie die Klägerin im Rahmen der Widerklage zu verurteilen,

an die Beklagte im Wege des Schadensersatzes einen Betrag in Höhe von 124.826,41 € nebst 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,an die Beklagte vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.166,50 € zu zahlen,und festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten aufgrund der fehlerhaften Herstellung der Böschung die über die eingeklagten Mängelbeseitigungskosten hinausgehenden Nachbesserungsaufwendungen wegen der fehlerhaften Böschung zu ersetzen,hilfsweise,für den Fall, sollte die Klägerin Mängelbeseitigungsarbeiten selbst vornehmen wollen, festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten aufgrund der fehlenden Funktionsfähigkeit der Böschung des Gewerbegrundstückes der W Grundstücks GmbH & Co. KG in Stadt1, Straße1, Stadt2, eine funktionsfähige und entsprechend den anerkannten Regeln der Technik hergestellte Böschung herzustellen.Die Streithelfer zu 1), zu 2) und zu 3) schließen sich den Anträgen der Beklagten an.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Es wird die Ordnungsmäßigkeit der Berufungsbegründung im Hinblick auf § 520 Abs.3 S.2, Nr.2 ZPO gerügt.

Eine funktionelle Ausschreibung habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Die DIN 4084 sei nicht Vertragsgegenstand geworden. Verfestigungsmaßnahmen für eine Dauerböschung seien nicht vereinbart worden. Es handele sich vielmehr um einen Planungsfehler, für den die Beklagte als Auftraggeberin der Planung die Verantwortung trage. Die Erdarbeiten aus dem Vertrag vom 26.11.2010 seien vorbehaltlos abgenommen worden und ein Nachbesserungsverlangen habe es danach gegenüber der Klägerin nicht gegeben. Über den genannten Angebotspreis für die Hangsanierung sei nicht mehr diskutiert worden, weil der Zeuge A zu diesem Zeitpunkt auch davon ausgegangen sei, dass die Versicherung der Beklagten die Kosten übernehmen werde. Die bloße Behauptung einer Bedenkhinweispflicht der Klägerin reiche nicht aus.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung der Klägerin vom 29.08.2016 (Bd. V, Bl. 1148 ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.

Es sind die Anforderungen, welche § 520 Abs.3 ZPO an die Berufungsbegründung stellt, vorliegend erfüllt worden. In der Berufungsbegründungsschrift vom 14.07.2016 sind die Umstände bezeichnet, aus denen sich nach Ansicht der Berufungsklägerin die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Es wird im Gesamtzusammenhang deutlich, dass die Berufungsklägerin bemängelt, dass das Landgericht Fulda den nach dem Vertrag vom 26.11.2010 geschuldeten Werkerfolg falsch bestimmt habe und dass es unter falscher Beweiswürdigung einen neuen Vertragsabschluss am 27.01.2012 angenommen habe. Es habe deshalb verkannt, dass die Klägerin nach dem Vertrag vom 26.11.2010 einen Hang mit dauerhafter Standfestigkeit habe herstellen müssen. Weil sie dies nicht getan habe, hätte die Beklagte einen Anspruch auf vergütungsfreie Nachbesserungsarbeiten gehabt. Auch auf Grund der Verletzung einer der Klägerin obliegenden Bedenkhinweispflicht bestünden die widerklagend geltend gemachten Ansprüche. Daraus geht eindeutig hervor, welche Teile des Urteils angegriffen werden. Die Berufungsbegründung ist auch auf den konkreten Streitfall zugeschnitten und beschränkt sich nicht auf die bloße Wiedergabe formularmäßiger Sätze oder allgemeiner Redewendungen oder gar auf den Verweis des Vorbringens erster Instanz. Die einzelnen unabhängigen, selbständigen, tragenden Erwägungen des Urteils werden angegriffen. Da Klage und Widerklage gegensätzlich auf demselben Sachverhalt beruhen, war es auch nicht erforderlich, jeden einzelnen Streitgegenstand gesondert durch wiederholende Ausführungen in der Berufungsbegründung zu behandeln. Es ist von der Berufungsklägerin ausreichend klar gestellt worden, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das Ersturteil angegriffen wird. Aus den Ausführungen der Berufungsklägerin lässt sich erkennen, in welchen Streitpunkten sie die Ansicht des Erstrichters bekämpft.

Die Berufung des Klägers hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung; § 513 Abs. 1 ZPO.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Werklohn in Höhe von 47.782,07 € gemäß §§ 631 Abs.1, letzter Halbsatz, 632 BGB aus dem am 27.01.2012 geschlossenen Werkvertrag.

Soweit die Parteien darüber streiten, ob der Zeuge A die Klägerin anlässlich des gemeinsamen Ortstermins am 27.01.2012 namens der Beklagten mit der Durchführung der nach der Stellungnahme der Streithelferin zu 2) notwendigen Sanierungsarbeiten im Rahmen eines vergütungspflichtigen Werkvertrages beauftragt hat, ist der Senat gemäß § 529 Abs.1 Nr.1 ZPO an die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts gebunden. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen begründen könnten, zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Solche liegen auch nicht vor.

Unstreitig war die Böschung im Januar 2012 auf einer Länge von 10 bis 20 m teilweise abgerutscht. Die Beklagte beauftragte daraufhin die Streithelferin zu 2) als Bodengutachterin, welche auch schon am 20.10.2008 ein Bodengutachten erstellt hatte, die Ursache dieses Böschungsrutsches zu untersuchen und Vorschläge zur Behebung zu machen, woraufhin die Stellungnahme vom 24.01.2012 erstellt wurde. Es gab sodann am 27.01.2012 einen Ortstermin auf der streitgegenständlichen Baustelle an dem jedenfalls der Zeuge A für die Beklagte, der Zeuge B für die Klägerin und der Streithelfer zu 1) teilgenommen haben.

Auf der Grundlage seiner Beweisaufnahme ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge A am 27.01.2012 die Klägerin mit der Durchführung der Sanierungsarbeit der Böschung beauftragt hat.

Insoweit kann auf die Ausführungen des Landgerichts in seinen Entscheidungsgründen im Urteil vom 19.04.2016 verwiesen werden (S.9 f.; Bd. IV, Bl. 1078 d.A.), wonach der Zeuge B glaubhaft ausgesagt habe, am 27.1.2012 von dem Zeugen A nach dem Böschungsrutsch auf der Baustelle mit der Herstellung der Böschung beauftragt worden zu sein und der Zeuge A dies im Ergebnis bestätigt habe.

Die darauf gestützte Überzeugungsbildung des Landgerichts ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Der Zeuge A hat ausgesagt, dass er im Gespräch mit dem Streithelfer zu 1) und dem Zeugen B diesen gegenüber gesagt habe, dass die Erde beseitigt werden müsse. Speziell Bezug genommen auf das Auftragsverhältnis zur Herstellung der Baugrube habe er jedoch nicht. Mithin hat der Zeuge A die Klägerin zweifellos aufgefordert, die Sanierungsarbeiten für die Böschung durchzuführen.

Der Zeuge A handelte dabei auch mit Vertretungsmacht für die Beklagte.

Allerdings hat das Landgericht fälschlich angenommen, dass der Zeuge A als mit Prokura versehener Bauleiter der Beklagten tätig geworden sei. Tatsächlich hat die Bauleitung ausschließlich bei dem Streithelfer zu 1) gelegen.

Indes war der Zeuge A nach eigenem Sachvortrag der Beklagten Gesamtprokurist der Komplementärgesellschaft der Beklagten i.S.d. § 49 HGB und als solcher schon vertretungsberechtigt, denn die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Unstreitig ist der Zeuge A als Niederlassungsleiter in Stadt1 vor Ort gewesen und hat stets in engem Kontakt mit dem Geschäftsführer der Beklagten gestanden.

Jedenfalls handelte der Zeuge A aber auch mit Duldungsvollmacht. Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH NJW 2002, 2325 ; BGH WM 2011, 1148 ; Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Auflage, 2017, § 172, Rn. 8). Der Zeuge A zeigte sich nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten mehrfach auf der Baustelle, weil er als Niederlassungsleiter in Stadt1 vor Ort war. Er meldete den von ihm entdeckten Böschungsrutsch persönlich telefonisch dem Zeugen B und er nahm nach seiner eigenen Zeugenaussage für die Beklagte stets allein an den Ortsterminen betreffend den ersten Hangrutsch, auch am 27.01.2012, teil. Dort erklärte er, ohne dass er auf irgendwelche Einschränkungen hinsichtlich seiner Vertretungsbefugnis hingewiesen hätte, dass die Erde beseitigt werden müsse. Zuvor war auch schon das ursprüngliche Angebot vom 12.11.2010 über die Erdarbeiten an die Beklagte “z. Hd. Herrn A” gesandt worden. Die Klägerin durfte dieses Verhalten so verstehen, dass der Zeuge A zur Auftragserteilung am 27.01.2012 bevollmächtigt war. Dem steht auch nicht entgegen, dass die schriftlichen Bauverträge zwischen den Parteien nicht von dem Zeugen A auf Seiten der Beklagten unterschrieben wurden. Dies schließt nicht aus, dass der Zeuge A auch die Beklagte vertreten durfte, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass über die Sanierung des Hangrutsches eilig entschieden werden musste, ohne dass Zeit für die Abfassung eines schriftlichen Bauvertrages war. Mithin setzte der Zeuge A jedenfalls den Rechtsschein, als Vertreter der Beklagten den Auftrag für die Sanierungsarbeiten am 27.01.2012 vergeben zu dürfen.

Die Klägerin ist im Anschluss an dieses Gespräch unstreitig Ende Januar/Anfang Februar 2012 auch tätig geworden und hat die von der Streithelferin zu 2) vorgesehenen Sanierungsarbeiten durchgeführt, was der Beklagten auch bekannt war, so dass jedenfalls auch seitens der Beklagten eine Genehmigung der Beauftragung der Klägerin am 27.01.2012 durch den Zeugen A gemäß § 177 Abs.1 BGB vorliegt.

Das Landgericht konnte auch offen lassen, ob die Parteien zuvor über die Höhe der Vergütung für die Sanierungsarbeiten betreffend den Hangrutsch gesprochen hatten, nachdem die Aussagen der vernommenen Zeugen diesbezüglich widersprüchlich waren. Denn die Kammer geht zu Recht davon aus, dass § 632 Abs.1 BGB zur Anwendung kommt, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

Maßgeblich für eine objektive Vergütungserwartung sind die Verkehrssitte, Art, Umfang und Dauer der Dienste sowie die Stellung der Beteiligten zueinander; auf deren persönliche Meinung kommt es nicht an (Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Auflage, 2017, § 632, Rn.9, 612 Rn.4).

Durch Auslegung der Parteierklärungen nach den §§ 133, 157 BGB ist mithin zu bestimmen, ob die Beauftragung der Klägerin durch den Zeugen A als Mängelbeseitigungsaufforderung im Rahmen der Mängelgewährleistung aus dem Ursprungsbauvertrag vom 26.11.2010 zu interpretieren war, mithin nicht von einer stillschweigenden Vergütung gemäß § 632 BGB auszugehen ist, weil der Zeuge A eine Nachbesserungsforderung gestellt hat, oder sein Ansinnen als ein selbständiger, von der ursprünglich beauftragten Bauleistung unabhängiger, entgeltlicher Auftrag zu verstehen war (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 16.01.2008, 4 U 49/07, Tz. 17 – zitiert nach juris).

Handelt es sich um eine Leistung, die in keinem Zusammenhang mit dem Leistungsziel des ersten Vertrages steht, ist von einem selbständigen, gesondert zu vergütenden neuen Vertrag auszugehen (BGH, Urteil vom 13.12.2001, VII ZR 28/00, Tz. 14 – zitiert nach juris). Ist die Leistung aber nach dem Ursprungsvertrag geschuldet und von der dort vereinbarten Vergütung mitumfasst, kann eine gesonderte Vergütung nur verlangt werden, wenn der Auftraggeber in vertragsändernder Weise sich eindeutig damit einverstanden erklärt hat, eine zusätzliche Vergütung ohne Rücksicht auf die schon bestehenden Leistungspflichten des Auftragnehmers zu zahlen (BGH, Urteil vom 26.04.2005, X ZR 166/04, Rz. 26 – zitiert nach juris).

Die Auffassung des Landgerichts, dass die Klägerin im Bauvertrag vom 26.11.2010 nur zu Erdarbeiten verpflichtet war und dass nach dem vereinbarten Leistungsziel bei der Herstellung des Baufeldes von ihr nicht auch die endgültige Böschungsherstellung mit Hangsicherung geschuldet wurde, wird vom Senat geteilt.

Insoweit kann zunächst auf die diesbezüglich zutreffenden Ausführungen der Kammer auf S. 10 f. in den Entscheidungsgründen ihres Urteils vom 19.04.2016 verwiesen werden (Bd. IV, Bl. 1080 f. d.A.), die sich der Senat zu Eigen macht.

Welche Sollbeschaffenheit des Werkes die Parteien im ursprünglichen Bauvertrag vom 26.11.2010 vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung dieses Werkvertrags gemäß §§ 133, 157 BGB.

Nach dem Wortlaut der Gewerkbeschreibung im schriftlichen Bauvertrag vom 26.11.2010 soll im Gewerbegebiet “Stadt1-Mitte” für das Bauvorhaben “Neubau eines Logistikzentrums” die Erstellung des Gewerkes “Erdarbeiten (Erdabtrag, Erdauftrag, Erdabfuhr/Herstellung Baufeld)” zu einem “Pauschalpreisvertrag” geschuldet sein. Zwar ist mithin das Gewerk mit dem Oberbegriff “Erdarbeiten” beschrieben, indes befindet sich in dem Klammerzusatz die Konkretisierung “Erdabfuhr/Herstellung des Baufeldes”. Daraus könnte geschlussfolgert werden, dass alle zur dauerhaften Herstellung des Baufeldes erforderlichen Maßnahmen, ggf. auch Sicherungsmaßnahmen für die Hänge, geschuldet sein könnten. Allerdings ist dem Begriff “Baufeld” auch ein temporärer Zustand immanent, weil “Bau” die Ausführungs- und Errichtungszeit beschreibt, was sich auch dahingehend interpretieren lässt, dass endgültige Maßnahmen wie die dauerhafte Böschungssicherung der Bauzeit noch nachfolgen sollten. So differenziert auch die Streitverkündete zu 2) in ihrem Baugrundgutachten vom 15.09.2010 eindeutig zwischen Angaben zu “bauzeitigen” Böschungsneigungen (dort Seite 11) und “nachbauzeitig herzustellenden” Böschungen (dort Seite 1).

Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich auch nicht aus den unter Ziffer 2 des Bauvertrages einbezogenen Vertragsunterlagen, dass die Klägerin alle dort angesprochenen über die Erdarbeiten hinausgehenden Entwässerungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen für die endgültige Sicherung der Böschungshänge so durchzuführen hatte, dass es zu keinen Hangrutschungen gekommen wäre.

Das Bau-Soll kann grundsätzlich auch durch die Gesamtheit aller zum Vertragsinhalt gewordener Unterlagen bestimmt werden, sog. Totalitätsprinzip (Kues in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4. Auflage, 2016, § 2 VOB/B, Rn.4).

Die erwähnten “Verhandlungsprotokolle vom 12.11.2010” und auch eine Leistungsbeschreibung der Beklagten für das geschuldete Werk existieren unstreitig nicht.

Aus den “beiliegenden Angebots- und Vertragsbedingungen” ergibt sich unter Ziffer 1 nur die Reihenfolge, in der die Vertragsbestandteile bei etwaigen Widersprüchen gelten sollen; der vereinbarte Leistungsumfang ist darin nicht geregelt.

Im “Angebot des Auftragnehmers vom 12.11.2010”, das nicht nur ausdrücklich als Vertragsgrundlage unter Ziffer 2 des Bauvertrages aufgeführt ist, sondern auf dessen Pos. 1 – 4 auch unter Ziffer 6 des Vertrages (“Weitere Vereinbarungen”) Bezug genommen wird, werden unter Pos. 1 – 3 als Tätigkeiten beschrieben: Boden der Bodenklasse 3-7 zu lösen, zu laden, zu transportieren, abzuladen, lagenweise einzubauen und zu verdichten. Unter Pos. 4 werden die Lieferung, das Ausstreuen und das Einfräsen des Bindemittels Kalk/Zement zur Bodenverdichtung aufgeführt. Mithin ist das Angebot der Klägerin dahingehend eindeutig, dass Böschungs- und Hangsicherungsarbeiten gerade nicht aufgeführt sind. So wird – was die Kammer zutreffend anführt – auch vom gerichtlich bestellten Sachverständigen D ausdrücklich festgestellt, dass aus den Leistungspositionen des klägerischen Angebots vom 12.11.2010 eine vertragliche Verpflichtung zur Herstellung von Baugruben und Böschungen gerade nicht hervorgehe (S.9 f. des Gutachtens vom 28.05.2014).

Auch die Einbeziehung der sonstigen Planungsunterlagen in den Bauvertrag vom 26.11.2010 lässt auf keine Erweiterung des Leistungsziels über die Erdarbeiten hinaus schließen.

“Die Pläne Nr. E-2, P-1 bis P-5” sind reine Plandarstellungen, die vorgeben, dass bei den im Angebot unter Pos. 1 – 3 beschriebenen Erdarbeiten bei der Ausgestaltung des Geländeprofils eine Berme mit einer Böschungsneigung von 1:1,5 anzulegen war, was die Klägerin bei der Baufeldherstellung auch eingehalten hat. Die Pläne enthalten darüber hinaus keine Vorgaben für Maßnahmen der Absicherung der hangseitigen Böschung vor Rutschungen.

Die Einbeziehung der “Bodengutachten X” – darunter sind unstreitig das Baugrundgutachten vom 20.10.2008 und der geotechnische Bericht vom 15.09.2010 der Streithelferin zu 2) zu verstehen – ist auch für die reinen Erdarbeiten erforderlich gewesen. So waren die in den Baugrundgutachten aufgeführten unterschiedlichen Bodenklassen wichtig für die Preiskalkulationen der Erdbewegungen. Weiterhin erhielt das Gutachten vom 20.10.2008 Angaben zu den Schutthöhen und dem erforderlichen Verdichtungsaufwand, der für die Auswahl der Verdichtungsgeräte wichtig ist. Ferner ergab sich aus den Baugrundgutachten, dass während der Erdarbeiten der Erdaushub zu beobachten war, um der Streithelferin zu 2) Abweichungen von den Feststellungen in den Gutachten sofort mitzuteilen, damit diese gegebenenfalls das Gutachtenergebnis an die veränderten Bodenverhältnisse anpassen konnte.

Die unbestimmten Formulierungen in den beiden Bodenbewertungen hinsichtlich der Festlegung der genauen Böschungssicherungsmaßnahmen, der Person ihres Schuldners, aber insbesondere auch der Zeit ihrer Vornahme, spricht dafür, dass durch ihre Vorlage nur die Erdarbeiten vorbereitet werden sollten, während die konkrete Befestigung der Böschungen erst danach beauftragt werden sollte.

Es sind in dem Gutachten vom 20.10.2008 und dem Bericht vom 15.09.2010 Entwässerungs- und Sicherungsmaßnahmen von der Streithelferin zu 2) bereits angesprochen und Beispiele (Steinkeile, lokal aufliegende Steinwürfe, Sickerkeile am Böschungsfuß o.ä.) benannt worden, ohne aber eine konkrete Auswahl nach Art und Umfang zu treffen, so dass die Klägerin dies für eine Umsetzung in ihrem Werk selbst hätte konkretisieren und festlegen müssen. Dabei handelt es sich – wie der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem Gutachten vom 28.05.2014 festgestellt hat (S.10) – bei der Herstellung von Böschungen gemäß DIN 4124 bzw. nach DIN 4084 grundsätzlich um zusätzliche Arbeiten, die von den Leistungsbeschreibungen im Angebot der Klägerin vom 12.11.2010 gerade nicht erfasst waren. Es sei auch – so der Sachverständige – eindeutig erkennbar gewesen, dass die unter Pos. 1 – 4 angebotenen Erdarbeiten Maßnahmen zur Böschungssicherung gerade nicht beinhalteten, solche Planungsleistungen in den Pos. 1 – 4 der Leistungsbeschreibung also gerade nicht als zusätzliche Arbeiten aufgenommen waren und mithin nach dem eindeutigen Wortlaut des Angebotes vom 12.11.2010 eben nicht vertraglich vereinbart wurden.

Die Formulierung im geotechnischen Bericht vom 15.09.2010 (S.11; Bd. I, Bl. 58 d.A.): “(…) Angaben zu bauzeitig zulässigen Böschungsneigungen sind im vorliegenden Fall nicht notwendig, da davon auszugehen ist, dass alle hangseitigen Abtragsböschungen gleich als Dauerböschungen für den nachbauzeitigen Zustand angelegt werden müssen. (…)” zeigt, dass die durch die Pläne Nr. E-2, P-1 bis P-5 und die beiden Gutachten vorgegebenen Böschungsneigungen und -höhen bereits zusammen mit den im Angebot vom 12.11.2010 aufgeführten Erdarbeiten dauerhaft erstellt werden sollten, weshalb bei den diesbezüglichen Vorgaben nicht zwischen bauzeitigen und nachbauzeitigen Böschungsneigungen unterschieden wurde. Dies hat die Klägerin auch beachtet.

Wenn im selben Bericht vom 15.09.2010 von “nachbauzeitig herzustellenden Böschungen” (S. 1; Bd. I, Bl. 48 d.A.) die Rede ist, zeigt dies in der Textgesamtheit, dass die endgültige, also dauerhafte Böschungsgestaltung offensichtlich erst nach der Bauausführung erfolgen sollte, mithin die Klägerin bei den nach den Pos. 1 – 4 ihres Angebotes geschuldeten Leistungen nur die bereits für den Dauerzustand der Böschung vorgegebene Geländeneigung 1:1,5 einzuhalten hatte.

Dafür spricht auch, dass im Baugrundgutachten vom 20.10.2008 nur darauf hingewiesen wird, dass bei allen Bodeneingriffen die einschlägigen Bestimmungen der DIN 4124 zu beachten seien (dort S.16, Bd.I, Bl.89 d.A.). Diese DIN 4124 bezieht sich aber – worauf das Landgericht zutreffend hinweist – nach den Ausführungen des gerichtliche bestellten Sachverständigen nur auf Böschungen und Gräben, die während der Bauzeit, also nicht nachbauzeitig als Dauerböschungen errichtet werden. Diese sind nämlich nach der nicht erwähnten DIN 4084 zu beurteilen.

Dass die Parteien die Einbeziehung der VOB/B vereinbart haben, führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

Es gelten gemäß § 1 der VOB/B als Bestandteil des Vertrages auch die allgemeinen technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen VOB/C und im Rahmen der VOB/C sind die allgemeinen technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV), Erdarbeiten gem. DIN 18300 zu berücksichtigen. Aus der DIN 18300, Ziffer 3.8 (Herstellen der Böschungen von Erdbauwerken) ergibt sich gerade keine Festlegung des geschuldeten Leistungsumfangs bei der Herstellung von Böschungen, sondern es wird bereits danach unterschieden, ob der Auftragnehmer mit der endgültigen Befestigung der Böschung beauftragt wurde (Ziffer 3.8.1) oder nicht (Ziffer 3.8.2). Ist dem Auftragnehmer die endgültige Befestigung nicht übertragen worden, so sind die in der Bauzeit bis zur endgültigen Böschungsbefestigung erforderlichen Maßnahmen gemeinsam mit dem Auftraggeber festzulegen, wobei ausdrücklich geregelt ist, dass es sich dann um besondere Leistungen ergänzend zur ATV DIN 18299 handelt (DIN 18300 Ziffer 4.2) und um nicht bereits aus dem Ursprungsvertrag geschuldete Leistungen.

Der Bauvertrag vom 26.11.2010 wurde auch nicht auf der Grundlage einer nur funktionalen Leistungsbeschreibung abgeschlossen, welche der Klägerin auferlegt hätte, die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen für die hangseitige Böschung selbst festzulegen. Bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung ist nur die Bauaufgabe als solche und die an diese aus der Sicht des Auftraggebers zu stellenden technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und funktionsbedingten Anforderungen zur Festlegung des Bau-Solls benannt (Kues in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4. Auflage, 2016, § 2 VOB/B, Rn.6). Im Übrigen obliegt es dem Auftragnehmer, auf diesen Grundlagen die Planung zu entwickeln und das Objekt entsprechend zu bauen (Kues, aaO., Rn.7). Das typische Merkmal einer solchen funktionalen Leistungsbeschreibung ist der erhebliche gestalterische Spielraum, der sich zugunsten des Auftragnehmers dadurch ergibt, dass der Auftraggeber den zu erzielenden Nutzungszweck des Bauwerkes oder dessen grundlegende Eigenschaften nur grob festlegt und dem Auftragnehmer letztlich die technische, funktionsgerechte, gestalterische und wirtschaftliche Lösung zur Erreichung des Bauzieles überlässt (Kues, aaO., Rn.9). Hier hat jedoch nicht die Klägerin die Entwurfs- und Ausführungsplanung erarbeitet, mithin selbst Planungsleistungen in erheblichem Umfang erbracht, sondern es sind ihr gerade die vorher von der Beklagten beauftragten Pläne und Gutachten als Vertragsgrundlage vorgelegt worden, so dass die Klägerin gerade nicht das Risiko der eigenen Planung übernommen hat, sondern diesbezüglich auf Weisung der Beklagten handelte. So hat sie die Böschungsneigung nicht selbst errechnet, sondern den Neigungswert 1:1,5 übernommen. Dass die Bewertung des Baugrundrisikos nicht der Klägerin, sondern der Streithelferin zu 2) überlassen werden sollte, ergibt sich aus den Gesamtumständen: Ausweislich des Angebotes des Streithelferin zu 2) vom 12.04.2010 (Bd. III, Bl. 708 ff. d.A.) an die Beklagte für die Übernahme der Baugrunderkundung, Baugrundbeurteilung und Gründungsberatung wurde bei den Ingenieurleistungen für den geotechnischen Bericht auch das Ausarbeiten und die Empfehlungen zur Sicherung von Böschungen mit angeboten (Bd. III, Bl. 710 d.A.). Dass bei allen Baugrunduntersuchungen seitens der Beklagten die Streithelferin zu 2) um Stellungnahmen gebeten wurde und die Streithelferin zu 2) in den Bauvertrag vom 26.11.2010 unter Ziffer 3 als beauftragte Fachbauleiterin für die Überwachung der dortigen Arbeiten eingetragen wurde, zeigt, dass die Beklagte die planerische Umsetzung der Hangsicherung gerade nicht der Klägerin überlassen wollte.

Soweit die Beklagte im Zusammenhang mit den einbezogenen Vertragsunterlagen in ihrer Berufungsbegründung der Kammer unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 08.11.2007 (Az.: VII ZR 183/05) vorwirft, verkannt zu haben, dass die Klägerin vertraglich die Herstellung eines funktionsfähigen Werkes geschuldet habe, ist dem nicht zu folgen.

Aus diesem Urteil ergibt sich, dass durch Auslegung des Werkvertrages zu bestimmen ist, welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart haben. Zur vereinbarten Beschaffenheit gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit sei anzunehmen, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt. Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die vereinbarte Funktionstauglichkeit (BGH, Urteil vom 08.11.2007, Az.: VII ZR 183/05, Rz. 15 – zitiert nach juris).

Die Beklagte trägt vor, dass die Klägerin ausweislich der einbezogenen Vertragsunterlagen, den Auftrag gehabt habe, den Böschungshang zu modellieren. Wenn ein Hang herzustellen sei, müsse der Hang auch funktionstauglich sein. Deshalb sei die Klägerin vertraglich verpflichtet gewesen, einen standsicheren Hang zu errichten.

Dies vermag nicht zu überzeugen, denn die Beklagte verkennt, dass der Bundesgerichtshof es nach wie vor den Parteien überlässt, zu vereinbaren, welche Funktion das Werk nach ihrem Willen erfüllen soll und dafür auf die Auslegung des Werkvertrages abstellt. Anders als bei einem undichten Dach oder einer defekten Heizanlage, bei denen nur ein funktionstaugliches Werk (dichtes Dach, wärmende Heizanlage) einen Sinn macht, handelt es sich bei den Erdverschiebungen zur Hangmodellierung und der endgültigen Befestigung einer Böschung um trennbare Arbeiten, die mithin auch in getrennten Werkverträgen zeitlich nacheinander beauftragt werden können. So geht auch die DIN 18300, wie oben bereits dargestellt wurde, davon aus, dass bei der Herstellung der Böschungen von Erdbauwerken die endgültige Befestigung der Böschungen nicht ohne weiteres mit beauftragt ist. Auch in der Unterscheidung der DIN 4124 (betrifft Böschungen, die in der Bauzeit entstehen) von der DIN 4084 (betrifft Dauerböschungen) zeigt sich diese Trennung der sukzessiven Leistungen. Im geotechnischen Bericht vom 15.09.2010 nimmt die Streithelferin zu 2) diese Differenzierung zwischen bauzeitigen und nachbauzeitigen Maßnahmen gerade auch vor.

Zu Recht stellt die Kammer bei der Vertragsauslegung zudem darauf ab, dass die Gesamtumstände darauf hinweisen, dass auch die Parteien selbst den Bauvertrag vom 26.11.2010 so verstanden haben, dass die Klägerin über die Erdarbeiten hinaus nicht verpflichtet werden sollte, die Böschungen vor Rutschungen dauerhaft abzusichern.

Denn die dauerhafte Sicherung der talseitigen Böschung ist genauso wie die Begrünung der hangseitigen Böschung gesondert beauftragt worden. Für die talseitige Böschung hatte die Klägerin ein Nachtragsangebot vom 23.02.2011 erstellt (K 23, Bd. II, Bl. 271 d.A.), woraufhin diesbezüglich ein gesonderter Bauvertrag zwischen den Parteien abgeschlossen wurde (K 24, Bd. II, Bl. 273 f. d.A.). In der Schlussrechnung vom 05.03.2012 (K 25, Bd. II, Bl. 276 f. d.A.) sind neben den Pos. 1 – 4, die aus dem Angebot der Klägerin vom 12.11.2010 übernommen wurden, die weiteren Böschungsarbeiten aus dem Nachtragsvertrag gesondert abgerechnet und von der Beklagten beanstandungslos bezahlt worden. Diese im Nachtragsangebot vom 23.02.2011 beschriebenen Arbeiten waren bereits auf den Seiten 12 – 15 des geotechnischen Berichts vom 15.09.2010 aufgeführt und vorgeschlagen worden. Insbesondere findet sich unter Pos. N 4 in der Schlussrechnung vom 05.03.2012 jene Drainage, die am Fuß der streitgegenständlichen hangseitigen Abtragsböschung einzubauen war (Seite 11 des geotechnischen Berichts vom 15.09.2010) und für die der Bodengutachter erst nach “Lösen des Bodens” Detailangaben gemacht hat, als gesondert abgerechnete und bezahlte Arbeit. Mithin ist auch die Beklagte nicht davon ausgegangen, dass diese nunmehr gesondert vergüteten Leistungen betreffend die Böschungen bereits nach dem Bauvertrag vom 26.11.2010 geschuldet waren und von dem dort vereinbarten Pauschalpreis bereits abgedeckt waren. Es ist deshalb widersprüchlich, wenn die Beklagte einerseits vorträgt, dass die Klägerin bereits gemäß dem Bauvertrag vom 26.11.2010 zu diesen Böschungsarbeiten verpflichtet gewesen sein soll, die Beklagte diese dann aber andererseits gesondert beauftragt und vergütet.

Dafür, dass die Parteien von einer gesonderten Vergütungspflicht ausgegangen sind, spricht auch, dass der Zeuge A bei dem Ortstermin am 27.01.2012 die Sanierungsarbeiten gerade nicht als Nachbesserungsarbeiten des ursprünglichen Bauvertrages vom 26.11.2010 beauftragt hat. Unstreitig war bis zu diesem Zeitpunkt auch noch keine Aufforderung zur Mangelbeseitigung seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin erfolgt. Dass der Zeuge A das schriftliche Angebot über die Sanierungsarbeiten bei der Klägerin anforderte, um es bei der Streithelferin zu 3) einzureichen, zeigt, dass die Beklagte nicht davon ausging, dass es sich bei dem Hangrutsch um einen Gewährleistungsfall handelte, den bei einem Anspruch auf Nachbesserungsarbeiten hätte kein Versicherungsfall vorgelegen. Die Idee, dass der Hangrutsch als mangelhafte Leistung der Klägerin aus dem Werkvertrag vom 26.11.2010 bewertet werden könnte, ist der Beklagten erst viel später nach der Einholung des Gutachtens des Sachverständigen E vom 28.03.2012, beauftragt von der Streithelferin zu 3), gekommen. Bis dahin ging die Beklagte, wie sie selbst vorträgt, davon aus, dass die Streithelferin zu 3) die Kosten der am 27.01.2012 beauftragten Arbeiten übernehmen werde. Daraus erklärt sich auch, dass dem Zeugen A die genaue Höhe der dadurch verursachten Vergütung zum Zeitpunkt der Auftragserteilung gleichgültig war, weil die Beklagte diese nach seiner Vorstellung nicht selbst tragen musste. Dies ändert aber nichts daran, dass er am 27.01.2012 eine vergütungspflichtige Leistung beauftragen wollte. Dass die Beklagte davon ausging, dass alle Sicherungsarbeiten an der talseitigen wie auch an der hangseitigen Böschung gesondert zu vergüten sind, ergibt sich daraus, dass die Beklagte in Kenntnis von den im Bodengutachten vom 15.09.2010 beschriebenen und vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen am 11.3.2011 einen vergütungspflichtigen Nachtragsauftrag für die talseitige Böschung erteilte.

Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts, wonach der Umstand, dass die Beklagte trotz des ersten Böschungsbruchs die Schlussrechnung der Klägerin am 24.04.2012 vollständig zahlte, als zusätzliches Indiz dafür gewertet werden kann, dass die Beklagte die Vergütungspflicht für die weiteren Maßnahmen zur Hangsicherung und -sanierung angenommen hat. Im Falle einer Nachbesserung hätte nämlich, wie bereits ausgeführt, keine Vergütungspflicht bestanden und auch kein Versicherungsfall vorgelegen. Die Vergütungszahlung damit zu begründen, dass die Beklagte davon ausgegangen sei, es handele sich bei dem Hangrutsch um ein versichertes Baugrundrisiko, ist deshalb widersprüchlich.

Die Vergütungspflicht der Klägerin ist auch nicht deshalb entfallen, weil es, wie die Beklagte behauptet, infolge von mangelhaft durchgeführten Sanierungsarbeiten der Klägerin nach dem ersten Hangrutsch an gleicher Stelle zu einem 2. und 3. Hangrutsch gekommen ist.

Die Klägerin hat die Sanierung des abgerutschten Hanges nach Maßgabe der gesondert dafür von der Beklagten beauftragten Stellungnahme der Streithelferin zu 2) vom 24.01.2012 durchgeführt, welche diese Arbeiten auch überwachte. So wurde von der Streithelferin zu 2) am 31.01.2012 während der Beaufsichtigung der klägerischen Arbeiten eine weitere Stellungnahme erstellt, welche den Bodengrund und die sich daraus ergebenden notwendigen Sicherungsmaßnahmen abschließend bewertete. Dass die Arbeiten von der Klägerin plan- oder weisungswidrig durchgeführt wurden, ist seitens der Beklagten nicht vorgetragen worden. Das Landgericht hat festgestellt, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige ausgeführt habe, dass alle Böschungsbrüche geotechnisch, nämlich in einer nachgewiesenen und bestätigten Inhomogenität des Baugrundes mit erheblicher Variation boden- und felsmechanischer Eigenschaften, verursacht seien (schriftliches Gutachten vom 28.05.2014, Seite 24). Die nachfolgenden Hangrutsche betrafen den unteren Teil der hangseitigen Böschung, den die Streithelferin zu 2) in der Stellungnahme am 31.01.2012 als nicht weiter sanierungsbedürftig bewertet hatte.

Die Kammer hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Werklohnforderung fällig ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Streithelferin zu 2), wie die Klägerin meint, das Werk abgenommen hat, indem sie die streitgegenständlichen Sanierungsarbeiten nach dem ersten Hangrutsch beaufsichtigte und nach ihrer Beendung beanstandungslos hinnahm.

Darauf kommt es deshalb nicht an, weil die Kammer zutreffend von einer Entbehrlichkeit der Werksabnahme ausgegangen ist.

Die Böschungsbrüche sind geotechnisch verursacht.

Grundsätzlich trägt der Unternehmer die Vergütungsgefahr bis zur Abnahme, d.h. er hat keinen Vergütungsanspruch für bisherige Arbeiten und Aufwendungen, wenn das Werk untergeht (Palandt/Sprau, BGB, 76. Auflage, 2017, § 645, Rn.3). Das ist die Folge des Unternehmerrisikos und der Erfolgsbezogenheit des Werkvertrages. Vor der Abnahme trägt der Besteller ausnahmsweise in den Fällen des § 645 Abs.1 BGB das Vergütungsrisiko, nämlich wenn das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden ist, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat. Diese Vorschrift beruht auf der objektiven Verantwortlichkeit des Bestellers für den Eintritt des Schadens, der sich aus einer von ihm herbeigeführten Risikolage ergibt (Palandt/Sprau, BGB, 76. Auflage, 2017, § 645, Rn.7). Der Begriff des Stoffes umfasst alle Gegenstände, aus denen, an denen oder mit deren Hilfe das Werk herzustellen ist, z.B. die stoffliche Umgebung, in oder auf der ein Werk errichtet werden soll (Palandt/Sprau, aaO.).

Teils wird dazu die Auffassung vertreten, dass der Baugrund vom Auftraggeber gestellter Baustoff i.S.d. § 645 BGB sei, für dessen Beschaffenheit der Auftraggeber stets einzustehen habe und woran auch rechtsgeschäftliche Vereinbarungen und die funktionale Ausrichtung eines Werkvertrags nichts ändern könnten (OLG Bamberg, BauR 2009, 647; OLG Koblenz, Urteil vom 08.06.2012, 8 U 1183/10, Rz. 68 – zitiert nach juris). Teilweise wird nicht auf den Stoffbegriff des § 645 BGB abgestellt, sondern darauf, wer nach dem werkvertraglichen Verpflichtungsvertrag das Baugrundrisiko tragen soll (Holzapfel, BauR 2012, 1015; OLG München, Urteil vom 10.12.2013, 28 U 732/11, Tz. 60). Nach beiden Auffassungen ergibt sich hier dasselbe Ergebnis, denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in irgendeinem der abgeschlossenen Werkverträge nach dem Willen der Parteien das Baugrund- bzw. Bodenrisiko übernehmen sollte. Die Klägerin war mit keinen Bodenuntersuchungen und mit keinen Vorarbeiten dazu (z.B. Bohrungen) beauftragt worden. Ersichtlich ist auch die Beklagte nicht davon ausgegangen, dass die Klägerin das Bodengrundrisiko prüfen sollte, denn von Beginn an wurde seitens der Beklagten die Streithelferin zu 2) mit Bodenbegutachtungen beauftragt. Auch nach dem ersten Hangrutsch erstellte diese die Stellungnahmen vom 24.01.2012 und vom 31.01.2012 im Auftrag der Beklagten. Es wurden von der Klägerin bei ihren Arbeiten stets die Weisungen aus den Gutachten und Stellungnahmen der Streithelferin zu 2) umgesetzt. Die geotechnischen Risiken sollten mithin während der Arbeiten – so auch die Schlussfolgerung des gerichtlich bestellten Sachverständigen – von der Streithelferin zu 2) überwacht werden. Aus allen werkvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die Klägerin das Baugrundrisiko in irgendeiner Form vertraglich übernommen hat.

Zudem hat die Beklagte der Klägerin mit der Vorlage der Bodengutachten der Streithelferin zu 2) die konkrete Anweisung erteilt, die dort festgesetzte Böschungsneigung 1:1,5 auszuführen, wenn sich nicht während der Erdarbeiten zuvor unerkennbare Veränderungen der Bodenverhältnisse zeigten, was aber von den Parteien nicht vorgetragen wurde. Eine Anweisung i.S.d. § 645 BGB liegt vor, wenn der Besteller für eine von ihm gewünschte Modalität der Ausführung das Risiko übernimmt (Palandt/Sprau, aaO.). Wenn die Beklagte das Bodengrundgutachten zuvor selbst in Auftrag gegeben hat und es zur Vertragsgrundlage macht, ist ihr auch bewusst, dass sie für die Richtigkeit des Gutachtens einzustehen hat.

War nach alledem die streitgegenständliche Sanierung des Hanges nur gegen eine Vergütung zu erwarten, ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehenen (§ 632 Abs.2, letzter Halbsatz BGB). Dass das Angebot vom 09.01.2012 (Anlage K 6, Bd. I, Bl. 19 d.A.), auf dessen Höhe die Kammer bei der Bemessung der üblichen Vergütung abstellt, vor Vertragsschluss den Parteien noch nicht schriftlich vorlag, sondern erst später – vordatiert – nachgereicht wurde, ist unerheblich, denn die übliche Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses für nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistungen nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt, braucht den Vertragspartnern nicht bekannt zu sein (Palandt/Sprau, BGB, 76. Auflage, 2017, § 632, Rn.15). Dass die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Vergütung üblich und angemessen ist, wurde von der Beklagten nicht bestritten.

Der Vergütungsanspruch ist auch nicht durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung untergegangen, denn der Beklagten stehen gegen die Klägerin keine Gegenansprüche zu.

Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung vorträgt, dass ihr ein Schadensersatzanspruch gem. § 13 Abs.7 Nr.3 VOB/B zustehe, weil ein Ausführungsfehler und ein Verstoß der Klägerin als Fachfirma mit Spezialkenntnissen gegen die ihr obliegende Bedenkhinweispflicht vorliege, denn die Klägerin hätte gegebenenfalls fehlende Unterlagen wie die Böschungsbruchberechnung nach DIN 4084 oder den vom Gutachter geforderten Standsicherheitsnachweis eines Tragwerkplaners einfordern müssen, hat die Kammer dies zutreffend verneint.

Gemäß § 13 Abs.7 Nr. 3 VOB ist dem Auftraggeber der Schaden an der baulichen Anlage zu ersetzen, zu deren Herstellung, Instandhaltung oder Änderung die Leistung dient, wenn ein wesentlicher Mangel vorliegt, der die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigt und auf ein Verschulden des Auftragnehmers zurückzuführen ist. Einen darüber hinausgehenden Schaden hat der Auftragnehmer u.a. nur dann zu ersetzen, wenn der Mangel auf einem Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik beruht oder wenn der Mangel in dem Fehlen einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit besteht.

Die Klägerin hat sowohl das Werk aus dem ursprünglichen Bauvertrag vom 26.11.2010 als auch aus dem Auftrag vom 27.01.2012 mangelfrei erfüllt.

Der Sachverständige hat festgestellt hat, dass die Bauausführung der Klägerin betreffend den Werkvertrag vom 26.11.2010 plangerecht war (die Neigung von 1:1,5 im Bereich der Bermen wurde eingehalten) bzw. dass geringfügige Abweichungen von der Ausführungsplanung auf die Standsicherheit der Böschung keinen Einfluss hatten (S. 8 des Verhandlungsprotokolls vom 15.12.2015, Bd. IV, Bl. 950 d.A.). Die Klägerin hat auch – wie oben bereits ausgeführt wurde – die Sanierung des abgerutschten Hanges nach den Vorgaben der Streithelferin zu 2) mangelfrei durchgeführt.

Inwieweit ein Verstoß des Auftragnehmers gegen die Bedenkhinweispflicht nach § 4 Nr.3 VOB/B a.F., wonach sich der Auftragnehmer durch Mitteilung seiner Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer aus seiner Haftung befreien kann, überhaupt einen Schadensersatzanspruch des Auftraggebers zu begründen vermag, kann hier letztendlich dahingestellt bleiben, denn ein solcher Verstoß der Klägerin gegen eine Prüf- und Hinweispflicht lässt sich schon nicht feststellen.

Hinsichtlich der Prüf- und Hinweispflicht der Klägerin hat der Sachverständige ausgeführt, dass sich die Klägerin habe darauf verlassen dürfen, dass die im Baugrundgutachten beschriebenen Risiken vom Baugrundgutachter bereits bei der vorgeschlagenen Generalneigung von 1:1,5 ausreichend berücksichtigt worden seien (S.5 des Protokolls, Bd. IV, Bl. 947 d.A.). So hat der Sachverständige nachvollziehbar ausgesagt, dass ihm aus praktischer Sicht keine Baufirma bekannt sei, die vor der Durchführung ihrer Leistung nach der Böschungsbruchberechnung frage (S.6 des Protokolls vom 15.12.2015, Bd. IV, Bl. 948 d.A.). Der Bauunternehmer erhalte regelmäßig einen Plan, nach dem er bauen soll und in dessen Erstellung alle Unterlagen und Kenntnisse der Fachleute eingeflossen sein sollen (S. 8 des Protokolls, Bd. IV, Bl. 950 d.A.).

Diese Ansicht teilt der Senat, denn der Unternehmer hat nur zu überprüfen, ob er seine eigene Leistung ordnungsgemäß erbringen kann. Er ist nicht “Ersatzplaner” des Auftraggebers. Soweit Sonderfachleute und Architekten eingeschaltet sind, ist ein Werkunternehmer nicht verpflichtet, deren Erkenntnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, es sei denn, “ein Fehler springt ins Auge” (OLG Bamberg, Urteil vom 04.05.2016, 3 U 214/15, Rz. 153 – zitiert nach juris).

Das Planungsergebnis für die Hangneigung hat sich hier problemlos von der Klägerin in ihrer Eigenleistung umsetzen lassen. Die Klägerin hat “nur” die Verschiebung und gegebenenfalls Verdichtung von Erdmassen zur Herstellung des Baufeldes geschuldet, wie sie es in der Leistungsbeschreibung ihres Angebotes vom 12.11.2010 angegeben hatte. Für die Durchführung dieser Arbeiten war es für die Klägerin nur wichtig zu wissen, in welcher Neigung dabei die Böschungshänge aufzuschieben waren. Insoweit ergab sich aus den vorgelegten Plänen E-2, P-1 bis P-5 das eindeutige Planungsergebnis von 1:1,5, das auf sorgfältig erstellten Bodengrundbegutachtungen zu basieren schien.

Die fehlerhafte Einschätzung dieser Neigung beruhte auch nicht auf offensichtlich “ins Auge springenden” falschen Rechenfaktoren, sondern – wie der Sachverständige festgestellt hat – auf einer falschen fachlichen Schlussfolgerung aus den festgestellten heterogenen Bodenverhältnissen.

Weil die Klägerin auch nicht die endgültige Befestigung der hangseitigen Böschung schuldete, sondern davon ausgehen durfte, dass mangels der Vorgabe hinreichend bestimmter Hangbefestigungsmaßnahmen die bislang insoweit noch fehlenden Entscheidungen während der Erdarbeiten noch erfolgen und dann gegebenenfalls noch weitere Leistungen durch den Fachplaner oder die Fachgutachterin angewiesen und beauftragt werden sollten, erfolgte auch keine unzureichende Leistungsbeschreibung.

Weil der Beklagten nach alledem keine Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin zustehen, ist auch die Widerklage vom Landgericht zu Recht abgewiesen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern; § 543 Abs. 2 BGB.

Die neue De-minimis-Verordnung

Die neue De-minimis-Verordnung

Die bisherige De-minimis Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 findet nur noch bis zum 31. Dezember diesen Jahres Anwendung. Die neue Regelung muss noch im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden und soll ab dem 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2030 gelten.

Neue Schwellenwerte

Der Gesamtbetrag der einem einzigen Unternehmen von einem Mitgliedstaat gewährten De-minimis-Beihilfen darf in einem Zeitraum von drei Steuerjahren nunmehr 300.000 EUR (bislang 200.000 EUR) nicht überschreiten (Art. 3 Abs. 2 De-minimis-Verordnung). Zu beachten ist, dass der relevante Zeitraum nicht mehr ein Kalender- oder Geschäftsjahr, sondern drei aufeinanderfolgende Steuerjahre betrifft. Bei jeder neuen Gewährung einer De-minimis-Beihilfe ist nach wie vor die Gesamtsumme der in den vergangenen drei Jahren gewährten De-minimis-Beihilfen heranzuziehen.

Transparenzvorschriften

Insbesondere Deutschland hat vor dem Hintergrund des steigenden Verwaltungsaufwands lange dagegen gekämpft – nun ist es da, das Transparenzregister: Ab dem 1. Januar 2026 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle De-minimis-Beihilfen in einem zentralen Register auf nationaler oder Unionsebene zu erfassen (Art. 6 Abs. 1 De-minimis-Verordnung). Die Europäische Kommission verspricht sich davon eine bessere Kontrolle über die Gewährung von Beihilfen. Das Zentralregister muss so gestaltet sein, dass die Angaben für die Öffentlichkeit leicht zugänglich sind und gleichzeitig die Einhaltung der Datenschutzvorschriften der Union – ggf.  auch durch die Pseudonymisierung spezifischer Einträge – gewährleistet ist (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 De-minimis-Verordnung).

Folgen aus den Neuerungen

Die neue De-minimis-Verordnung findet ab dem 1. Januar 2024 Anwendung und schafft mit dem erhöhten Schwellenwert auf den ersten Blick einen größeren Förderspielraum. Die De-minimis Verordnung spielt neben der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) insbesondere im Anwendungsbereich von Förderrichtlinien eine entscheidende Rolle für die Rechtfertigung von Beihilfen. Die Erhöhung um 100.000 EUR dürfte tatsächlich jedoch nur die Inflationsentwicklung der letzten zehn Jahre auffangen. Die Einführung eines Zentralregisters dürfte auf Seiten der beihilfegewährenden Stellen zu erheblichem Mehraufwand führen. Fraglich ist auch, inwieweit dadurch tatsächlich mehr Rechtssicherheit insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Beziehungen zwischen Unternehmen („ein einziges Unternehmen“) erreicht werden kann.

Vertragliche Finessen bei der Beschaffung von Erstellung und Lieferung eines Lkw mit An- und Aufbauten für Ihren Bauhof

Vertragliche Finessen bei der Beschaffung von Erstellung und Lieferung eines Lkw mit An- und Aufbauten für Ihren Bauhof

vorgestellt von Thomas Ax

Unsere Kundin beabsichtigt die Beschaffung eines (1) neuen Lkw mit (aufgrund der bestehenden technischen Abhängigkeiten und Schnittstellen) zwei (2) Wechselbrücken – 3-Seit Kipper mit Ladekran sowie Streuautoamt – für ihren städtischen Bauhof. Die Leistungen werden in einem (1) Fachlos beschafft. Eine ausführliche Darstellung des Leistungsgegenstandes findet sich in dem Dokument “AELP_Musterstadt_Bauhof-Lkw”.

Bestandteil der zu erarbeitenden Vergabeunterlagen ist ua ein Vertragsentwurf.

Woran ist bei der Vertragsgestaltung zu denken?

Was ist zu beachten?

Unter „§ 1 Vertragsgegenstand und Vertragsbestandteile“ sollte Folgendes geregelt werden:

(1) Gegenstand des Vertrages ist die Erstellung und Lieferung eines neuen Lkw für den Bauhof mit An- und Aufbauten, im Wesentlichen bestehend aus dem Fahrgestell/Basisfahrzeug mit sowohl Wechselbrücke samt Ladekran als auch einem Streuautomat und insgesamt entsprechend § 1 Ziff. 5 dieser Vertragsurkunde und inklusive des Einbaus und der Lagerung der mitzuliefernden und der beigestellten Ausrüstung und Aufbauten. Geschuldet ist das für den Bauhofeinsatz vollständig zusammengestellte und bereite Gesamtwerk „Bauhof-Lkw“ im Sinne eines geschuldeten Erfolgs (im Folgenden auch als Produkt bezeichnet). Die zu erbringenden Leistungen werden in ihrer Gesamtheit Vertragsgegenstand. Die Parteien sind sich einig, dass diese nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich eine Einheit bilden.

(2) Hierfür erstellt der Auftragnehmer auf Basis der Festlegungen in den Dokumenten gemäß § 1 Ziff. 5 ein technisches Pflichtenheft (Ausführungspflichtenheft) für das Produkt, das eine spätere Umsetzung der vorgenannten Festlegungen mit einem detaillierten Fristenplan um[1]fassend beschreibt (Planungsphase). Das Ausführungspflichtenheft ist dann als Anlage dem Vertrag beizufügen. Im Zweifelsfall bzw. bei Unklarheiten hat die Anlage 1 i. V. m. der Anlage 2 Vorrang vor dem Ausführungspflichtenheft.

(3) Anschließend erstellt der Auftragnehmer entsprechend dem Pflichtenheft das Produkt (Realisierungsphase). Dieses darf der Anlage 1 i. V. m. der Anlage 2 – vorbehaltlich etwaiger nachträglicher Vertragsänderungen – nicht widersprechen.

(4) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, den Auftraggeber, soweit dies für die Erreichung der Vertragsziele erforderlich ist, im erforderlichen Umfang zu beraten, ohne hierfür ein gesondertes Entgelt zu beanspruchen. Die Beratung bezieht sich auf die Erstellung, Lieferung, Anpassung und Schulung, wie es im Vertrag samt Anlagen festgelegt ist.

(5) Es gelten nacheinander und in der nachfolgenden Reihenfolge als Vertragsbestandteile:

1. diese Vertragsurkunde (Seite 1 bis 12), ggf. konkretisiert durch Antworten auf Bieter[1]fragen
2. Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen – Teil B (VOL/B) in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung
3. Dokument „AELP_Musterstadt_Bauhof-Lkw“ (= Anlage 1), ggf. konkretisiert durch Antworten auf Bieterfragen
4. Angebot (i. S. v. Ziff. 1.6.1 der Bewerbungsbedingungen) des Auftragnehmers vom ##wird vor Zuschlag ergänzt## (= Anlage 2) – wobei vorrangig das ausgefüllte Dokument „AELP_Musterstadt_Bauhof-Lkw“ gilt – i. V. m. dem Zuschlagsschreiben

(6) In den Vergabeunterlagen nicht als Vertragsbestandteile aufgeführte Unterlagen, Protokolle oder Klauselwerke oder sonstige Korrespondenz im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss, insbesondere Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen des Auftragnehmers, sind nicht Vertragsbestandteil.

Der Auftraggeber stellt für die Unterstützung der erforderlichen Arbeiten einen Ansprechpartner zur Verfügung. Auch sonstige beizustellende Ausrüstung und Aufbauten ist als Beistellung des Auftraggebers zu verstehen.

§ 2 Mitwirkung und Beistellungen des Auftraggebers

(1) Das Produkt wird entsprechend den Anforderungen des Auftraggebers vom Auftragnehmer erstellt. Der Auftraggeber stellt für die Unterstützung der erforderlichen Arbeiten einen Ansprechpartner zur Verfügung (vgl. § 17). Diese Pflicht ist eine Hauptpflicht.

(2) Die sonstige beizustellende Ausrüstung und Aufbauten ist als Beistellung des Auftraggebers zu verstehen und wird dem Auftragnehmer für die Leistungserbringung im notwendigen Umfang zur Verfügung gestellt.

Soll der Auftraggeber den Auftragsgegenstand ändern können? Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, die man wie folgt regeln sollte:

§ 3 Änderungen des Vertragsgegenstandes

(1) Der Auftraggeber ist berechtigt, bis zur Abnahme zumutbare Änderungen des Vertragsgegenstandes zu verlangen. Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber solche Änderungen zu den Konditionen und innerhalb solcher Fristen anbieten und nach schriftlicher Beauftragung durch den Auftraggeber realisieren, die den in diesem Vertrag kalkulierten Konditionen entsprechen. Die vereinbarten Fristen verlängern sich zugunsten des Auftragnehmers, wenn die vereinbarte Änderung Verzögerungen verursacht, die nicht anders abgefangen werden können und vom Auftragnehmer nicht zu vertreten sind.

(2) Die vorzunehmenden Änderungen und damit verbundenen Fristverlängerungen werden in einem Änderungsprotokoll, das Vertragsbestandteil wird, festgehalten.

(3) Änderungen sind zudem nur in dem Umfang möglich, wie sie vergaberechtlich und in Ansehung der Bedingungen der Zuschussgewährung zulässig sind.

Die Planungsphase gestaltet sich wie folgt: § 4 Planungsphase:

(1) Der Auftragnehmer wird bei der Erstellung des Ausführungspflichtenheftes die von dem Auftraggeber gestellten Anforderungen auf Logik und Durchführbarkeit überprüfen und zeichnet hierfür verantwortlich. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist bei der Erstellung des Ausführungspflichtenheftes zu berücksichtigen, wobei der Auftragnehmer verpflichtet ist, für den Auftraggeber vorteilhafte, für den Auftragnehmer erkennbar gewordene Änderungen vorzuschlagen. Im Ausführungspflichtenheft erfolgt auch eine detaillierte Terminplanung hinsichtlich einzelner Realisierungsschritte bis zur abnahmefähigen Fertigstellung. Das Ausführungspflichtenheft ist bis zu einem zwischen den Parteien unverzüglich nach Zuschlag zu vereinbarenden Termin zu erstellen und wird nach schriftlicher Abnahme durch den Auftraggeber dem Vertrag als Anlage beigefügt.

(2) Während der Erstellung des Ausführungspflichtenheftes führt der Auftragnehmer auf Wunsch des Auftraggebers jeweils bei der Erreichung von technisch abgrenzbaren Meilensteinen eine Besprechung über das bisherige Arbeitsergebnis mit dem Auftraggeber durch. Der Auftraggeber verpflichtet sich, über Änderungsvorschläge des Auftragnehmers innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist zu entscheiden und dem Auftragnehmer schriftlich mitzuteilen, ob die Erstellung des Ausführungspflichtenheftes mit oder ohne die Änderungen fortgesetzt werden soll. Der Auftragnehmer kann eine angemessene Erhöhung der Vergütung und eine Verlängerung der Erstellungsfrist verlangen, wenn dies objektiv erforderlich und unter Beachtung von § 3 zulässig ist.

(3) Der Auftraggeber verpflichtet sich, innerhalb angemessener Frist nach Übergabe des Ausführungspflichtenheftes über dessen Abnahme zu entscheiden.

(4) Die Rechte an dem erstellten Ausführungspflichtenheft liegen umfassend und ausschließlich beim Auftraggeber.

Die Realisierungsphase gestaltet sich wie folgt: § 5 Realisierungsphase:

(1) Der Auftragnehmer wird das Produkt unverzüglich, spätestens bis zu den im Ausführungspflichtenheft bzw. in der Anlage 2 angebotenen und vereinbarten Terminen in allen Komponenten bei sich (im Werk) abnahmefähig zur Verfügung stellen (vgl. § 7 Abs. 2 lit. d)).

(2) Der Auftraggeber ist berechtigt, Teilleistungen, mit deren Realisierung noch nicht begonnen wurde und sofern gemäß § 3 zulässig, zu stornieren. Die übrigen Teilleistungen bleiben hiervon unberührt. Dies gilt sinngemäß auch, wenn eine Teilumsetzung und Abnahme nicht wirksam zustande kommt. Durch die Stornierung reduziert sich ggf. der Gesamtpreis auf der Basis einer Bewertung anhand von Einzelpreisen.

(3) Der Auftraggeber behält sich vor, sich zu angemessenen Zeitpunkten über den ordnungsgemäßen Fertigungsfortschritt des Fahrzeuges bzw. des Aufbaus am Objekt telefonisch oder direkt vor Ort beim Auftragnehmer (Werk) zu informieren.

Wie erfolgt dann die Auslieferung und wie gestaltet sich der Gefahrenübergang?

(1) Die Auslieferung erfolgt durch Übergabe des vertragsgemäß erstellten (= abnahmefähigen) Produkts vom Auftragnehmer an einen berechtigten Vertreter des Auftraggebers vor Ort beim Auftraggeber, sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbaren. Die entsprechende Frist ist der vereinbarten Terminplanung zu entnehmen. Der Auftragnehmer informiert den Auftraggeber rechtzeitig und nachweisbar über jedwede ihm bekanntwerdende Lieferschwierigkeiten in der Lieferkette, die sich auf den vertraglich zugesicherten Übergabe- bzw. Abnahmetermin auswirken.

(2) Die Gefahr des zufälligen Untergangs des Werkes geht mit der Übergabe auf den Auftraggeber über. Unabhängig von sonstigen Mängelregelungen gilt, dass solche Mängel, die nach Übergabe, aber vor Abnahme auftreten, dem Auftragnehmer zuzurechnen sind, sofern dieser nicht eine Verantwortlichkeit des Auftraggebers nachweist.

(3) Der Auftragnehmer sorgt vor dem Übergabezeitpunkt gemäß vorstehendem Abs. 2 für technische und organisatorische Maßnahmen für eine Sicherung des Wirtschaftsgutes (Verwahrpflicht). Dies umfasst auch etwaige beim Auftragnehmer befindliche Beistellungen des Auftraggebers.

Wie wird die Betriebsbereitschaft sichergestellt und geprüft?

§ 7 Abnahme

(1) Ausführungspflichtenheft: Der Auftragnehmer kann vom Auftraggeber eine Bestätigung verlangen, wenn der Auftragnehmer das vollständige Ausführungspflichtenheft übergeben hat. Der Auftraggeber hat die Pflicht, die Vollständigkeit des Ausführungspflichtenheftes zu überprüfen und dieses gegebenenfalls abzunehmen. Diese Abnahme ersetzt nicht die spätere Abnahme des gesamten Produkts.

(2) Abnahme der Gesamtleistung (Produkt):

a) „Betriebsbereitschaft“ bedeutet, dass das Produkt vertragsgemäß erstellt ist.

b) „Vertragserfüllungstermin“ ist der Termin, zu dem der Auftragnehmer alles Vereinbarte getan haben muss, damit der Auftraggeber die Abnahme erklären kann. Dazu gehört insbesondere, dass der Auftragnehmer das jeweilige Produkt bereits zum Termin der Erklärung der Betriebsbereitschaft gemäß Terminplanung vertragsgemäß und im Wesentlichen mangelfrei bereitstellt, damit der Auftraggeber in der Zeit bis zum Vertragserfüllungstermin die Funktionsprüfung durchführen kann. Der Vertragserfüllungstermin ergibt sich aus Pos. A/B 3.5 des als Teil der Anlage 2 (Angebot) ausgefüllten Dokuments „AELP_Musterstadt_Bauhof-Lkw“.

c) Die Übergabe gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 stellt nicht die Abnahme dar. Vor der Abnahme ist der Auftraggeber nur verpflichtet, die Entgegennahme von Waren und Werk- oder Dienstleistungen zu bestätigen. Etwaige Empfangsbestätigungen betreffen nicht die ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrages, sie stellen insbesondere keine Abnahme dar.

d) Der Auftragnehmer hat die Betriebsbereitschaft des Produkts (ein (1) Termin) zum vereinbarten Termin gemäß Terminplanung zu erklären und die Produkte zur Funktionsprüfung zur Verfügung zu stellen. Wenn in der Terminplanung dafür kein Termin vereinbart ist, hat dies so rechtzeitig vor dem vereinbarten Vertragserfüllungstermin zu erfolgen, dass dem Auftraggeber mindestens die vereinbarte Funktionsprüfungszeit vor dem Vertragserfüllungstermin zur Verfügung steht. Die Erklärung der Betriebsbereitschaft setzt voraus, dass der Auftragnehmer das Produkt vertragsgemäß hergestellt hat (Vorliegen der zugesicherten Eigenschaften sowie die einwandfreie und ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit des Produkts) und die zur Durchführung der Funktionsprüfung vereinbarte Schulung/Einweisung durchgeführt wurden. Abweichend davon kann der Auftragnehmer die Betriebsbereitschaft auch ohne vorherige Schulung erklären, sofern der Auftraggeber dem Auftragnehmer trotz Aufforderung nicht ausreichend Gelegenheit dazu gegeben hat.

e) Soweit nichts anderes vereinbart ist, steht dem Auftraggeber das Recht zu, die Produkte innerhalb von 10 Kalendertagen nach dem Zugang der Betriebsbereitschaftserklärung einer Funktionsprüfung zu unterziehen (Funktionsprüfungszeit). Die Funktionsprüfung umfasst den gesamten vertraglichen Leistungsumfang.

f) Die Funktionsprüfung erfolgt nach der Erklärung der Betriebsbereitschaft zunächst vor Ort im Werk des Auftragnehmers und wird sodann nach Übergabe beim Auftraggeber fortgesetzt, soweit nichts anderes vereinbart ist. In der Funktionsprüfung wird das Produkt auf Mangelfreiheit überprüft. Der Auftragnehmer wird den Auftraggeber bei der Vorbereitung und Durchführung der Funktionsprüfung in angemessenem Umfang unterstützen.

g) Werden betriebsverhindernde und/oder betriebsbehindernde Mängel festgestellt, kann der Auftraggeber die Funktionsprüfung abbrechen. Sofern lediglich betriebsbehindernde Mängel festgestellt werden, darf der Auftraggeber die Funktionsprüfung jedoch nur abbrechen, wenn deren Fortsetzung aufgrund der Mängel nicht mehr sinnvoll erscheint. Der Auftraggeber teilt dem Auftragnehmer nach Abschluss oder Abbruch der Funktionsprüfung bei der Funktionsprüfung festgestellte Mängel mit.

h) Hat der Auftraggeber die Funktionsprüfung gemäß vorstehendem Buchstaben f) abgebrochen, setzt er dem Auftragnehmer eine angemessene Frist, die Mängel zu beseitigen. Nach deren Beseitigung hat der Auftragnehmer erneut die Betriebsbereitschaft der bzw. des Produktes zu erklären. Der Auftraggeber hat das Recht zur erneuten Funktionsprüfung. Soweit nichts anderes vereinbart ist, beträgt der dafür vereinbarte Zeitrahmen sieben (7) Kalendertage. Hierdurch entstehende Mehrkosten und Aufwände des Auftraggebers und von ihm eingesetzter Dritter gehen zulasten des Auftragnehmers.

i) Vorstehender Buchstabe h) gilt auch, wenn die Funktionsprüfung trotz betriebsverhindernder Mängel und betriebsbehindernder Mängel vollständig durchgeführt wird.

j) Der Auftraggeber erklärt nach Ende der Funktionsprüfungszeit die Abnahme des Produkts, wenn dieses lediglich leichte Mängel aufweist und diese in ihrer Summe auch nicht als betriebsbehindernde Mängel gelten. Diese werden in der Abnahmeerklärung als Mängel festgehalten und vom Auftragnehmer im Rahmen seiner Haftung für Sach- und Rechtsmängel unverzüglich beseitigt, soweit nicht eine Frist für die Beseitigung vereinbart ist.

k) Teilabnahmen finden nicht statt.

l) Ist das Produkt zum Vertragserfüllungstermin nicht abnahmefähig, kommt der Auftragnehmer mit der Erfüllung des Vertrages in Verzug. Es gilt § 15. Vorgenannte Sätze gelten nicht, wenn der Auftragnehmer die Verzögerung nicht zu vertreten hat.

m) Die Abnahme hat förmlich zu erfolgen. Als Abnahmedatum gilt der Termin der vorbehaltlosen Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls durch den Auftraggeber. Die Abnahme darf nicht unbillig verweigert werden. Soweit im Abnahmeprotokoll Mängel bzw. fehlende Funktionen oder Störungen festgehalten werden, so gilt als Abnahmedatum der erste Tag, an dem der letzte nicht nur unwesentliche Mangel beseitigt bzw. die letzte nicht nur unwesentliche fehlende Funktion fehlerfrei integriert wurde; solche Mängel gelten per se als vorbehalten. Als wesentlicher Mangel gelten in jedem Fall solche Mängel, die das Betreiben und die Nutzung des Produkts als „Bauhof-Lkw“ im Übungs- und Einsatzbetrieb ver- oder behindern.

n) Der Auftragnehmer kann vom Auftraggeber die Abnahme verlangen, wenn der Auftragnehmer das voll funktionsfähige Produkt übergeben und die Funktionsfähigkeit nachgewiesen hat und wenn im Anschluss daran das Produkt 30 Kalendertage ohne wesentliche Störung gelaufen ist (Abnahmefähigkeit des Produkts).

o) Das Abnahmeprotokoll muss von beiden Vertragsparteien unterschrieben werden. Jede Partei erhält eine Ausfertigung.

p) Der Auftraggeber hat auch während und nach der Funktionsüberprüfung die Möglichkeit, von § 3 dieses Vertrags Gebrauch zu machen. Dies insbesondere aufgrund auf[1]getretener Optimierungsbedarfe, die keine Mängel darstellen.

Bezogen auf die Beseitigung angezeigter Störungen sind Reaktionszeiten festzulegen und die Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft sicherzustellen wie folgt:

§ 8 Reaktionszeiten | Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft

(1) Der Auftragnehmer ist verpflichtet, mit der Beseitigung angezeigter Störungen entsprechend vereinbarter Termine, ansonsten unverzüglich zu beginnen (Reaktionszeit) und die Betriebsbereitschaft wiederherzustellen.

(2) Im Falle des Verzuges kann der Auftraggeber den Ausgleich des Verzögerungsschadens verlangen.

(3) Nach Durchführung der Wiederherstellungsleistungen erklärt der Auftragnehmer die Betriebsbereitschaft des Produkts. Wiederherstellungsleistungen des Auftragnehmers, die zu nicht unwesentlichen Eingriffen in das Produkt führen unterliegen der Abnahme. Bei unwesentlichen Eingriffen ist statt einer Abnahme die Erklärung der Betriebsbereitschaft ausreichend. In diesem Fall steht die Erklärung der Abnahme gleich. Soweit Eingriffe einer Abnahme unterliegen, steht dem Auftraggeber das Recht zu, das Produkt oder die vereinbarte Systemkomponente innerhalb einer angemessenen Frist nach Zugang der Betriebsbereitschaftserklärung einer Funktionsprüfung zu unterziehen. Für die Einhaltung der vereinbarten Wiederherstellungszeit genügt bei erfolgreicher Beseitigung einer Störung der Zeitpunkt der Erklärung der Betriebsbereitschaft für die Fristwahrung.

(4) Sind die Wiederherstellungsleistungen mangelhaft erbracht, gilt § 10 entsprechend

(5) Der Auftragnehmer dokumentiert die durchgeführten Wiederherstellungsleistungen in an[1]gemessener Art und Weise, soweit nichts anderes vereinbart ist.

(6) Die Vergütung der Wiederherstellungsleistungen während der angebotenen Gewährleistungszeit und angebotener Garantiezeiten erfolgt für den Auftraggeber kostenneutral.

Wie werden die Vergütung und Zahlungen geregelt?

§ 9 …

(1) Der Auftraggeber zahlt dem Auftragnehmer die in dem Angebot des Auftragnehmers ausgewiesene Vergütung zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer innerhalb von 30 Kalendertagen nach erfolgreichem Testzeitraum (vgl. § 7 Abs. 2), Gesamtabnahme, Durchführung der geschuldeten Schulungen und Zugang der ordnungsgemäßen Abrechnung (prüffähige Rechnung). Nachfolgend aufgeführte Abschlagszahlungen sind in der Höhe des Wertes nachgewiesener vertragsgemäßer Leistungen einschließlich ausgewiesener Umsatzsteuer Zug um Zug gegen Übergabe einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bürgschaft eines deutschen Kreditinstituts oder eines vergleichbaren Kreditinstituts aus einem Mitgliedsstaat der EU in Höhe der vereinbarten Vorauszahlung zu gewähren; Bürgschaften können auch durch andere Bürgen als deutsche Kreditinstitute oder vergleichbare Kreditinstitute aus einem Mitgliedsstaat der EU gestellt werden, sofern der Auftraggeber den Bürgen zuvor als tauglich anerkannt hat.

  • Anlieferung Fahrgestell/Basisfahrzeug: In Höhe des betreffenden Kaufpreises.
  • Nach vertragsgemäß und im Wesentlichen mangelfrei erfolgter Bereitstellung des Produkts zum Termin der Erklärung der Betriebsbereitschaft gemäß Terminplanung und Übernahme des Produkts durch den Auftraggeber. In Höhe der Differenz zwischen 90 % des insgesamten Werklohns und der vorgenannten Abschlagszahlung für das Fahrgestell/Basisfahrzeug. Teilabnahmen erfolgen gleichwohl nicht.


(2) Der Gesamtpreis umfasst insbesondere:

  • die Lieferung sämtlicher, aufgrund des Auftragsgegenstandes notwendiger Dokumente, Dokumentationen, Betriebsanleitungen etc. (vgl. Anlage 2),
  • die Lieferung aller Bestandteile des Fahrzeugs samt An- und Aufbauten (exklusive Beistellungen),
  • die Montage sämtlicher Komponenten inkl. Beistellungen,
  • die Teilnahme an Projektbesprechungen,
  • die Schulung/Einweisung, soweit angeboten,
  • die Übergabe in betriebsfertiger Ausführung,
  • die Unterstützung der Abnahme und
  • die Unterstützung der verantwortlichen Bediener bei der erstmaligen Inbetriebnahme/Nutzung.


Wie kann man mit der aktuellen Preisdynamik und mit Blick auf den Produktionszeitraum Preisschwankungen umgehen (können)?

(3) Angesichts der aktuellen Preisdynamik können mit Blick auf den Produktionszeitraum Preisschwankungen nicht ausgeschlossen werden. Es werden daher folgende Preisgleitklauseln vereinbart: Für das Fahrgestell gilt: Der im Angebot des Auftragnehmers enthaltene Angebotspreis für das Fahrgestell ist auf der Basis der Preise des Preisindexes für Erzeugerpreise gewerblicher Produkte GP 579 29 10 41 (Lastkraftwagen mit Selbstzündung) des Statistischen Bundesamtes (vergleiche Homepage des Statistischen Bundesamtes: www.destatis.de) zum Zeitpunkt der Einreichung des Angebotes (Zeitpunkt gemäß Zeitstempel des eVergabe-Systems) kalkuliert worden. Nach Veröffentlichung des Preisindexes durch das Statistische Bundesamt teilt der Auftragnehmer dem Auftraggeber den zum Zeitpunkt der

Einreichung des Angebotes gültigen Indexwert des Preisindexes für Erzeugerpreise gewerblicher Produkte GP 579 29 10 41 unaufgefordert mit. Anhand des Preisindexes GP 579 29 10 41 festzustellende Kostenänderungen führen zu einer Anpassung des zu zahlenden Preises zu dem nachstehend beschriebenen Zeitpunkt, sofern die Preisänderung mehr als 5 % des Angebotspreises beträgt. Nach dem Gefahrenübergang (Auslieferung des Fahrgestells an den Auftragnehmer als Auf-/Ausbauhersteller) wird anhand des Preisindexes GP 579 29 10 41 (Lastkraftwagen mit Selbstzündung) der zu zahlende Preis ermittelt und vom Auftraggeber beglichen. Das heißt, weicht der Preisindex zum Zeitpunkt der Lieferung des Fahrgestelles an den Aufbauhersteller um mehr als 5 % von dem zum Zeitpunkt der Angebotseinreichung festgehaltenen Indexwert ab, wird der Angebotspreis um die Differenz in Prozent (%) erhöht oder abgesenkt. Für den technischen Auf-/Ausbau gilt: Der im Angebot des Auftragnehmers enthaltene Angebotspreis für den Auf- und Ausbau ist auf der Basis der Preise des Preisindexes für Erzeugerpreise gewerblicher Produkte GP 582 29 2 (Karosserien, Aufbauten und Anhänger) des Statistischen Bundesamtes (vergleiche Homepage des Statistischen Bundesamtes: www.destatis.de) zum Zeitpunkt der Einreichung des Angebotes (Zeitpunkt gemäß Zeitstempel des eVergabe-Systems) kalkuliert worden. Nach Veröffentlichung des Preisindexes durch das Statistische Bundesamt teilt der Auftragnehmer dem Auftraggeber den zum Zeitpunkt der Einreichung des Angebotes gültigen Indexwert des Preisindexes für Erzeugerpreise gewerblicher Produkte GP 582 29 2 unaufgefordert mit. Anhand des Preisindexes GP 582 29 2 festzustellende Kostenänderungen führen zu einer Anpassung des zu zahlenden Preises zu dem nachstehend beschriebenen Zeitpunkt, sofern die Preisänderung mehr als 5 % des Angebotspreises beträgt. Nach Bereitstellung des Fahrzeugs zur Überprüfung/Abnahme wird anhand des Preisindexes GP 582 29 2 (Karosserien, Aufbauten und Anhänger) der zu zahlende Preis ermittelt und vom Auftraggeber beglichen. Das heißt, weicht der Preisindex zum Zeitpunkt der Bereitstellung um mehr als 5 % von dem zum Zeitpunkt der Angebotseinreichung festgehaltenen Indexwert ab, wird der Angebotspreis um die Differenz in Prozent (%) erhöht oder abgesenkt. Der Auftragnehmer hat im Falle der Berufung auf die Preisgleitklausel auf Anforderung des Auftraggebers nachzuweisen, dass er alles ihm Zumutbare unternommen hat, um die die Verzögerung verursachenden Leistungen zu erhalten (z. B. Nachhalten der Bestellung und Lieferung des Fahrgestells beim Hersteller/Zulieferer und zugehörige Dokumentation).

Skonto ist immer interessant

(4) Der Auftragnehmer gewährt auf die vereinbarte Vergütung das angebotene Skonto, sofern die vertragsgemäß gestellte Rechnung innerhalb der hierfür geltenden Skontierungsfrist gemäß Anlage 2 vollständig bezahlt wird. Die Skontierungsfrist beginnt mit Eingang der prüfbaren Rechnung beim Auftraggeber. Die Zahlung ist rechtzeitig geleistet, wenn der Auftraggeber sie innerhalb der Skontierungsfrist veranlasst hat.

(5) Die Preisprüfung nach der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Auf[1]trägen bleibt vorbehalten.

Wie geht man mit Sach- und Rechtsmängeln um?

§ 10 …

(1) Ein Sachmangel liegt vor, wenn der Vertragsgegenstand nicht die in § 1 bezeichnete Beschaffenheit aufweist oder sich nicht zur vertraglich vereinbarten Verwendung als „Bauhof Lkw“ eignet. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn dem Auftraggeber die für die vertragliche Verwendung erforderlichen Rechte nicht wirksam eingeräumt werden konnten.

(2) Dem Auftraggeber stehen keine Ansprüche wegen Mängeln zu, wenn er das Produkt

  • verändert hat oder
  • durch Dritte verändern ließ oder
  • mit anderen als den gegebenen Produkten verwendet hat, es sei denn, der Auftraggeber weist nach, dass der Sachmangel schon im Zeitpunkt der Übergabe vorlag.


(3) Ansprüche wegen Mängeln des Produkts verjähren innerhalb der gesetzlichen Fristen, es sei denn, der Auftragnehmer hat darüberhinausgehende Fristen angeboten. Dann gelten diese (Garantie).

(4) Etwaige bekanntwerdende und auftretende Mängel sind vom Auftraggeber möglichst in Textform und unverzüglich nach Entdeckung an die in § 17 bezeichnete Adresse/Person mit[1]zuteilen. Dem Auftragnehmer sollten die Mängel vom Auftraggeber in möglichst nachvollziehbarer Weise dokumentiert werden.

(5) Im Fall eines Mangels wird der Auftragnehmer unverzüglich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften kostenlos nacherfüllen. Die Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer kann auch durch telefonische oder schriftliche oder elektronische Handlungsanweisung an den Auftraggebern erfolgen. Der Auftragnehmer trägt die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits-, Reise- und Materialkosten.

(6) Der Auftragnehmer wird berechtigte Mängel durch zweifache Nacherfüllung beseitigen und zwar entweder durch Nachbesserung oder durch Ersatzlieferung. Das Recht des Auftraggebers zur Rückgängigmachung des Vertrages oder zur Herabsetzung der Vergütung ist während dieser Zeit ausgeschlossen.

(7) Schlägt die Nacherfüllung im Sinne von § 10 Ziff. 6 fehl, kann der Auftraggeber nach seiner Wahl vom Vertrag zurücktreten oder den Werklohn mindern. (8) Zusätzlich kann der Auftraggeber, wenn den Auftragnehmer ein Verschulden trifft, Schadensersatz statt der Leistung oder Aufwendungsersatz geltend machen. (9) Hat der Auftragnehmer einen Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen, bleiben die gesetzlichen Bestimmungen zu Sach- und Rechtsmängeln und deren Verjährung unberührt.

Leistet der Hersteller des Vertragsprodukts bzw. eines der verbauten Produkte eine Garantie, so sollte diese an den Auftraggeber weitergegeben werden:

§ 11 Garantie

(1) Leistet der Hersteller des Vertragsprodukts bzw. eines der verbauten Produkte eine Garantie, so wird der Auftragnehmer diese an den Auftraggeber weitergeben. Für diesen Fall ist dem Produkt eine Garantiekarte beigefügt, die der Auftraggeber verbindlich unterschrieben an den Auftragnehmer zurückleiten wird. Der Umfang der ggf. erteilten Garantie ergibt sich aus der Anlage 2 i. V. m. der Garantiekarte des Herstellers.

(2) Ansprechpartner des Auftraggebers für alle während der Gewährleistungs- und Garantiefrist anfallen Mängel etc. ist der Auftragnehmer.

Pflichten der Parteien sind

§ 12 …

(1) Der Auftragnehmer trägt dafür Sorge, dass zum vereinbarten Übergabezeitpunkt das Produkt beim Auftraggeber abnahmebereit zur Verfügung stehen wird (ein (1) Termin). Der Auftraggeber trägt dafür Sorge, dass die Abnahmeprüfung(en) des Produkts zum vereinbarten Zeitpunkt von entscheidungsbefugten Vertretern des Auftraggebers durchgeführt wird.

(2) Der Auftraggeber ist verpflichtet, das Produkt auf seine ordnungsgemäße Funktion und Vollständigkeit in Ansehung der Anlagen 1 und 2 hin zu überprüfen (Abnahmeprüfung). Etwaige Mängel wird der Auftraggeber dem Auftragnehmer zeitnah schriftlich und wenn zumutbar in einer für den Auftragnehmer nachvollziehbaren Form mitteilen. Bei Mängeln, die erst später offensichtlich werden, gelten § 10 Ziff. 3 und § 10 Ziff. 4.

(3) Im Fall etwaiger Mängelrügen durch den Auftraggeber ermöglicht und gewährt dieser dem Auftragnehmer und dessen Personal ungehinderten Zutritt zu dem Produkt, sofern notwendig.

(4) Der Auftragnehmer ist verpflichtet, das Produkt samt etwaiger Beladung (Ausrüstung) vollgetankt und einsatzbereit (beides auch betreffend die Beladung) zu übergeben. Etwaiges Ver[1]packungsmaterial – auch von Beistellungen – ist durch den Auftragnehmer zu entsorgen. Etwaige Beistellungen sind durch den Auftragnehmer fachgerecht und für den Auftraggeber kostenneutral zwischenzulagern und bei Integration in das Produkt (Verbindung, Vermischung, Beladung etc.) in Betriebsbereitschaft zu versetzen. Der Auftraggeber ist dazu verpflichtet, vertraglich sicherzustellen, dass Beistellungen Dritter in nur einer (1) Lieferung an den Auftragnehmer geliefert werden. Mit eigenen Beistellungen hat der Auftraggeber entsprechend zu verfahren.

(5) Der Auftragnehmer hat seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Produkt zu dokumentieren und die Dokumentation dem Auftraggeber vor Abnahme zur Verfügung zu stellen.

(6) Der Auftragnehmer bestätigt bei Übergabe des Produktes schriftlich, dass dieses, soweit einschlägig, der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, dem Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz – ProdSG) und der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV) entspricht.

(7) Der Auftragnehmer hat bei der Ausführung des Auftrags alle für ihn geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die 11 nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG) für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 AEntG oder einer nach § 3a ACIG erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden, sowie gem. § 7 Abs. 1 AGG und § 3 Abs. 1 EntgTranspG Frauen und Männern bei gleicher oder qleichwertiger Arbeit gleiches Entgelt zu bezahlen.

Der Auftragnehmer haftet auf Schadensersatz aus jeglichem Rechtsgrund entsprechend den nachfolgenden Bestimmungen

§ 13 Schadensersatz …

(1) Der Auftragnehmer haftet auf Schadensersatz aus jeglichem Rechtsgrund entsprechend diesen Bestimmungen:

(2) Die Haftung des Auftragnehmers für Schäden, die vom Auftragnehmer oder einem seiner Erfüllungsgehilfen oder gesetzlichen Vertreter vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht werden, ist der Höhe nach unbegrenzt.

(3) Bei Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ist die Haftung auch bei einfach fahrlässiger Pflichtverletzung vom Auftragnehmer oder seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen der Höhe nach unbegrenzt.

(4) Unbegrenzt der Höhe nach ist die Haftung auch für Schäden, die auf schwerwiegendes Organisationsverschulden des Auftragnehmers zurückzuführen sind, sowie für Schäden, die durch Fehlen einer garantierten Beschaffenheit hervorgerufen wurden. (5) Die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz bleibt unberührt.

(6) Ist ein Schaden sowohl auf ein Verschulden des Auftragnehmers als auch auf ein Verschul[1]den des Auftraggebers zurückzuführen, muss sich der Auftraggeber sein Mitverschulden an[1]rechnen lassen.

Pauschalierter Schadensersatz ist zu leisten nach

§ 14 …

Wenn der Auftragnehmer aus Anlass des diesem Vertrage zugrundeliegenden Vergabeverfahrens nachweislich eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt, hat er 15 % der Brutto-Auftragssumme an den Auftraggeber zu zahlen, es sei denn, dass ein Schaden in anderer Höhe nachgewiesen wird. Dies gilt auch, wenn der Vertrag gekündigt wird oder bereits erfüllt ist.

Vertragsstörung; höhere Gewalt können vorkommen und werden dann wie folgt gehandhabt:

§ 15 Vertragsstörung; höhere Gewalt

(1) Der Auftraggeber ist für den Fall der Überschreitung vereinbarter Zeiträume zur Leistungserbringung und im Rahmen der Gewährleistung und/oder Garantie zur Geltendmachung einer Vertragsstrafe berechtigt. Diese wird für den Fall der Überschreitung der vom Auftragnehmer in seinem Angebot genannten Ausführungsfrist durch den Auftraggeber bei der Begleichung der Endrechnung verrechnet. Für jede vollendete Woche der Überschreitung der Ausführungsfrist beträgt die Vertragsstrafe 12 ½ von Hundert (0,5 %) des Wertes (brutto) desjenigen Teils der Leistung, die nicht genutzt werden kann, höchstens jedoch 5 % dieses Wertes. Wenn die in Verzug geratene Teilleistung die bestimmungsgemäße Nutzung der Gesamtleistung unmöglich macht, bezieht sich die Vertragsstrafe auf die gesamte Leistung.

(2) Soweit in diesem Vertrag und/oder seinen Anlagen feste Termine vereinbart sind, kommt der Auftragnehmer bei Verzögerungen, die er zu vertreten hat, ohne weitere Mahnung in Verzug. Der Auftragnehmer hat eine Verzögerung auch dann zu vertreten, wenn seine Leistung von einer vorherigen Mitwirkungshandlung des Auftraggebers abhängt, solange der Auftragnehmer die Mitwirkung nicht schriftlich eingefordert hat.

(3) Der Auftraggeber ist berechtigt, sich nach Setzen einer angemessenen Frist vom Vertrag ganz oder teilweise zu lösen, wenn der Auftragnehmer den Bereitstellungs- oder Abnahmetermin, der im Ausführungspflichtenheft vereinbart ist, um mehr als 14 Kalendertage überschreitet, ohne dass die Abnahmefähigkeit des Produkts gegeben ist und er dies zu vertreten hat. Als angemessene Nachfrist gilt im Regelfall eine Frist von 15 Arbeitstagen (Maßstab: Sitz des Auftraggebers, Mo. – Fr.).

(4) Im Falle, dass nachträgliche Änderungen oder die Ausübung des Wahlrechts gem. § 4 Ziff. 2 den Fristenplan verlängern, wird auch der Abnahmetermin entsprechend verlängert.

(5) Für jeden angefangenen Kalendertag der Überschreitung der geschuldeten Reaktionszeiten beträgt die Vertragsstrafe 0,2 von Hundert (0,2 %) des Auftragswertes des gesamten Fahrzeuges (inkl. USt.), höchstens jedoch 5 % dieses Wertes.

(6) Weitergehende Ansprüche des Auftraggebers bleiben unberührt. Vom Auftragnehmer gemäß dieses Paragraphen zu zahlende oder bereits gezahlte Vertragsstrafen werden auf etwaige Schadensersatzansprüche angerechnet.

(7) Die Geltendmachung weiterer Ansprüche, insbesondere auf Schadensersatz, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften, behält sich der Auftraggeber ausdrücklich vor.

(8) Wird der Auftragnehmer, trotz Anwendung zumutbarer Sorgfalt, an der Erfüllung seiner Verpflichtung durch höhere Gewalt insbesondere durch den Eintritt unvorhersehbarer, außer[1]gewöhnlicher Umstände (z. B. Energieversorgungsschwierigkeiten, Streik oder Aussperrung, Betriebsstörungen, Schneekatastrophen, behördliche Einschränkungen infolge von Pandemien/Epidemien, Krieg) gehindert, so verlängert sich die Lieferfrist in angemessenem Umfang. Dies gilt auch für bzw. bei Leistungen von Unterauftragnehmern und Zulieferern. Wird dem Auftragnehmer in diesen Fällen die Lieferung und Leistung unmöglich, so wird der Auftragnehmer von seinen Leistungspflichten befreit. Um sich auf die Regelungen nach vorstehenden Sätzen 1 und 2 berufen zu können, hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber in einem solchen Fall die Kausalität des Ereignisses für seinen Lieferverzug explizit und detailliert nachzuweisen.

Zu guter letzt…

§ 16 Haftpflichtversicherung Der Nachweis einer Haftpflichtversicherung gemäß Eigenerklärung 4.2.2 der Bewerbungsbedingungen des diesem Vertrag zugrundeliegenden Vergabeverfahrens wird vereinbart. Der Versicherungsschutz ist während der Vertragslaufzeit sowie bis zum Ablauf der Gewährleistungs- und/oder einer Garantiezeit aufrechtzuerhalten.

§ 17 Verantwortlicher und entscheidungsbefugter Ansprechpartner

Ansprechpartner des Auftraggebers

Ansprechpartner des Auftragnehmers

§ 18 Gerichtsstand, Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechte, Ausschluss des UN-Kaufrechts, Erfüllungsort

(1) Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag ist am Sitz des Auftraggebers.

(2) Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrechte des Auftragnehmers sind ausgeschlossen, es sei denn, der Auftraggeber erkennt die zugrundeliegenden Gegenansprüche an oder diese sind rechtskräftig festgestellt.

(3) Ebenfalls ausgeschlossen ist die Aufrechnung gegen Forderungen des Auftraggebers, es sei denn, eine solche ist rechtskräftig festgestellt oder durch den Auftraggeber anerkannt

(4) Dieser Vertrag unterliegt deutschem Recht unter Ausschluss abverweisenden internationalen Privatrechts. Das UN-Kaufrecht wird ausgeschlossen.

(5) Erfüllungsort ist am Sitz des Auftraggebers.

§ 19 Schlussbestimmungen

(1) Sämtliche Vereinbarungen zwischen den Parteien sind in dieser Vertragsurkunde und den in § 1 Ziff. 5 genannten Dokumenten enthalten. Weitergehende Vereinbarungen bestehen nicht.

(2) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Die Abschaffung dieses Schriftformerfordernisses bedarf ebenfalls der schriftlichen Form.

(3) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Regelungen nicht berührt werden. Die unwirksame Bestimmung ist durch eine Regelung zu ersetzen, die zulässig ist und dem wirtschaftlichen Zweck der weggefallenen Bestimmung möglichst nahekommt.

Von der Redaktion TiefbauRecht

Von der Redaktion TiefbauRecht

Das Tiefbaurecht ist aufgrund der technischen und gesetzlichen Vorgaben eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten. Die TiefbauRecht ist die Zeitschrift zur Praxis des Tiefbaurechts: In der TiefbauRecht informieren wir Sie zuverlässig und immer aktuell. Mit Beiträgen und Beispielen aus der Praxis unterstützen wir Sie in Ihrem Berufsalltag als Bauleiter/in, Architekt/in, Ingenieur/in, Bauamtsvertreter/in sowie Bauunternehmer/in im Bereich Tiefbau. Herausgeber Thomas Ax hat seit 1993 mehr als 1000 Fachbeiträge in Fachzeitschriften zu vergaberechtlichen, baurechtlichen und architektenrechtlichen Problemstellungen publiziert. Zudem ist er Verfasser von mehr als 70 Handbüchern, Leitfäden sowie Kommentaren zum Thema Vergabe- und Vertragsrecht.

Mit der Zusammenstellung der richtungsweisenden Rechtsprechung sowie informativen und relevanten Beiträgen im Bereich Tiefbaurecht bieten wir Ihnen einen echten Gewinn für die Praxis! Im Bereich des Baugrund- und Tiefbaurechts zählen unsere Autoren zu den führenden Baujuristen in Deutschland. Dies begründen zahlreiche Großprojekte, die unsere Autoren begleitend oder vor Gericht deutschlandweit seit vielen Jahren erfolgreich sowohl für Auftraggeber als auch für Bauunternehmer und Architekten betreut haben.

Unsere TiefbauRecht stellt sicher die tiefbaubegleitende Informationsvermittlung: Spätestens mit der Idee, ein Bauvorhaben auszuführen, kommen die ersten baurechtlichen Fragen auf. Ein Großteil aller Baustreitigkeiten liegt in unzureichenden und fehlerhaften Bauverträgen begründet. Hier helfen die von der TiefbauRecht bereitgestellten und vorgestellten Vertragsmuster und die Hinweise aus Rechtsprechung und Praxis für interessengerechte und zugleich rechtssichere Verträge. Aber auch während der Ausführung von Bauleistungen stellen sich immer wieder schwierige bau- und vertragsrechtliche Fragen, mit denen Sie sich befassen müssen. Andernfalls drohen jahrelange Gerichtsverfahren mit hohem zeitlichem und finanziellem Aufwand. Hier bieten wir einen Überblick über ausführungsbezogene Problemlagen und stellen erprobte Handhabungsmöglichkeiten dar.

Unsere Autoren sind durch zahlreiche kleinere, mittlere und große Bauprojekte, die diese von Anfang an begleitet haben, im Erkennen von Vertragsfallen sowie in der Formulierung rechtssicherer Verträge geschult. Auch während der Bauphase sind unsere Autoren mit auf den Baustellen und gewinnen so bestmögliche Eindrücke vom Baugeschehen. Diese können sie auch und insbesondere bei Ihrer Tätigkeit für die TiefbauRecht -damit für Ihre Belange- erfolgreich umsetzen. Seien Sie herzlich gegrüßt. Profitieren Sie bestmöglich vom Knowhow des Teams und eine gute Zeit!

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OLG Oldenburg, Beschluss vom 17.07.2023 – 12 U 214/19 zur Abnahme ohne Vorbehalt

OLG Oldenburg, Beschluss vom 17.07.2023 - 12 U 214/19 zur Abnahme ohne Vorbehalt

1. Nimmt der Auftraggeber die Leistung ohne Vorbehalt ab, hat das u. a. zur Folge, dass er in Bezug auf eine von ihm in der Folgezeit behauptete Mangelhaftigkeit der Leistung darlegungs- und beweisbelastet ist.
2. Für die Beurteilung, ob die Leistung mangelhaft ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Abnahme an. Die Mangelhaftigkeit der Leistung kann nicht allein mit einem nach der Abnahme eingetretenen Zustand begründet werden.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 17.07.2023 – 12 U 214/19

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um einen Werklohnanspruch der Klägerin und von den Beklagten widerklagend geltend gemachte Mängelbeseitigungsansprüche aus einem Bauvorhaben in Ort1.

Die Kläger haben die Beklagte auf der Grundlage eines Angebots vom 14.09.2006 im Herbst 2006 mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Holzrahmenhauses als Anbau am bestehenden Altbau auf dem Grundstück Straße1 in Ort1 beauftragt. Von dem Auftrag ausgenommen waren die Gewerke Fenster, Rollläden, Balkon- und Haustür, die von den Beklagten selbst beauftragt wurden. Hinsichtlich des Gewerks Wohnraumbelüftung wurde auf Wunsch der Beklagten die schon zuvor an dem Objekt tätige Fa. FF beauftragt. Wegen der Einzelheiten des Auftragsumfangs wird auf das Angebot und die Auftragsbestätigung jeweils vom 14.09.2006 Bezug genommen. Während der Bauarbeiten kam es zu Unstimmigkeiten der Parteien, aufgrund derer die Beklagten den Privatgutachter GG mit einer baubegleitenden Qualitätssicherung beauftragten und die Klägerin nachfolgend den Privatgutachter HH hinzuzog. Das Bauvorhaben wurde im Juli 2007 fertiggestellt und im August 2007 von den Beklagten bezogen. Die Klägerin erteilte unter dem 27.08.2007 ihre Schlussrechnung. Aus dieser und einer vorherigen Abschlagsrechnung wurde ein Gesamtbetrag von 32.739,50 Euro von den Beklagten nicht beglichen. Im Rahmen einer Baubegehung am 14.01.2008 haben die Beklagten die Leistung der Klägerin vorbehaltlich der (später erfolgten) Beseitigung kleinerer Mängel und mit Ausnahme der Be- und Entlüftungsanlage abgenommen. In Bezug auf die Be- und Entlüftungsanlage wurde die Abnahme “zurückgestellt, bis eine Bestätigung der Firma JJ beigebracht wird, welche die ordnungsgemäße Funktion der Anlage bestätigt”. Am 26.06.2008 erfolgte eine Überprüfung der Be- und Entlüftungsanlage durch einen Monteur der (Hersteller-)Firma JJ. Nach dem hierüber gefertigten Protokoll gab es dabei einige (später behobene) Beanstandungen, abschließend heißt es dann, dass die Anlage mängelfrei und ohne Vorbehalte übergeben wurde. Eine ausdrückliche Abnahme der Be- und Entlüftungsanlage wurde von den Beklagten in der Folgezeit weiterhin abgelehnt. Bereits am 31.07.2007 war an dem Gebäude von dem klägerseitig beauftragten Gutachter HH ein Blower-Door-Test (Luftdichtemessung) durchgeführt worden, bei dem ein unter dem Grenzwert n-50 von 1,5 h liegender Mittelwert n-50 von 1,0 h (bereinigt: 1,1 bis 1,2 h) ermittelt und von dem ebenfalls anwesenden Gutachter GG der Beklagten bestätigt wurde. Eine weitere klägerseitige Zahlungsaufforderung vom 01.09.2008 blieb erfolglos.

Die Klägerin leitete daraufhin unter dem 12.06.2009 ein selbständiges Beweisverfahren ein, mit dem Ziel, die Funktionstüchtigkeit und Mangelfreiheit der Wohnraumbe- und Entlüftungsanlage im Gebäude der Beklagten festzustellen. In dem vor dem Landgericht Osnabrück zum Az. 7 OH 52/09 geführten Verfahren wurde von den beauftragten Sachverständigen keine die Funktion der Anlage beeinträchtigenden Mängel festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf das Gutachten des Sachverständigen KK vom 05.08.2010 nebst Ergänzungsgutachten vom 09.05.2011 sowie das Protokoll der Anhörung des Sachverständigen KK und der hinzugezogenen Gutachter LL und MM vom 13.09.2011 Bezug genommen.

Die Klägerin hat schließlich unter dem 23.12.2010 den restlichen Werklohn in Höhe von 32.739,50 Euro gerichtlich geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, dass die Beklagten die Abnahme der Be- und Entlüftungsanlage zu Unrecht verweigert hätten und daher (auch insoweit) die Abnahmewirkung eingetreten sei. Entgegen der Darstellung der Beklagten seien in Bezug auf das Objekt weder eine besondere Luftdichtigkeit noch erhöhte Schallschutzwerte vereinbart gewesen. Soweit im selbständigen Beweisverfahren und bei weiteren Messungen der zulässige Luftdichtigkeitswert von 1,5 h nicht eingehalten wurde, sei dies auf von den Beklagten selbst zu verantwortende Leckagen u.a. im Bereich der Fenster, Rollläden und Türen sowie auf bauliche Veränderungen nach Herstellung des Gebäudes zurückzuführen. Etwaige weitere Mängel an dem Haus und der Be- und Entlüftungsanlage, die seitens der Beklagten im Laufe des Verfahrens (z.T. sukzessive) vorgebracht wurden, lägen nicht vor. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben die Ansicht vertreten, dass die Abnahme der Be- und Entlüftungsanlage wegen bestehender Mängel zu Recht verweigert worden sei. Die Anlage sei mit diversen konstruktionsbedingten Mängeln behaftet, zudem seien falsche Lüftungsrohre verwendet und diese zudem vielfach falsch verlegt worden. Darüber hinaus sei die Werkleistung der Klägerin auch mit zahlreichen weiteren Mängeln behaftet. Es sei vereinbart gewesen, dass das Gebäude in Bezug auf Luftdichtigkeit und Schallschutz höchsten Anforderungen genügen sollte. Tatsächlich sei die luftdichte Hülle des Gebäudes von der Klägerin nicht ordnungsgemäß hergestellt worden, so dass (selbst) der sich aus den diesbezüglichen Regelwerken ergebende Grenzwert von 1,5 h überschritten sei. Etwaige Eingriffe der Beklagten in die Gebäudehülle seien insoweit nicht erfolgt bzw. nicht schadensursächlich. Wegen der im Einzelnen von den Beklagten gerügten Mängel der Werkleistung, insbesondere Bezug auf die Luftdichtigkeit und die Be- und Entlüftungsanlage wird auf die Auflistungen und die Ausführungen in den Schriftsätzen der Beklagten vom 23.01.2013 und 08.12.2016 verwiesen. Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dass die Kosten einer Beseitigung der aufgelisteten Mängel die Klageforderung übersteigen und haben sich insoweit auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Darüber hinaus haben sie im Wege der Widerklage die Beseitigung der aufgelisteten Mängel geltend gemacht.

Das Landgericht hat die Beklagten nach umfangreicher Beweisaufnahme zum Ausgleich der geltend gemachten Klageforderung, dabei in Höhe eines Betrages von 700,00 Euro Zug um Zug gegen Reparatur eines Duschkopfes im Elternbad, verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Abnahme der Be- und Entlüftungsanlage von den Beklagten zu Unrecht verweigert worden und damit die Abnahmewirkungen eingetreten seien. Letztlich könne die Frage der Beweislast für etwaige diesbezügliche Mängel allerdings dahinstehen, da die Anlage nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mangelhaft sei. Ein Mangel der Werkleistung der Klägerin könne auch hinsichtlich der Luftdichtigkeit des Gebäudes nicht festgestellt werden. Die Vereinbarung einer erhöhten Luftdichtigkeit sei von den Beklagten nicht bewiesen worden und dass die im Verfahren festgestellte Überschreitung des allgemeinen Grenzwertes von 1,5 h auf fehlerhafte Leistungen der Klägerin zurückzuführen sei, lasse sich zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Bis auf den wackelnden Duschkopf im Elternbad seien schließlich auch die weiteren Mängelrügen der Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht begründet.

Gegen das Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Sie stützen ihren Klageabweisungsantrag dabei nur noch auf die Überschreitung des Luftdichtigkeitswertes bei dem Gebäude und beantragen hilfsweise, die behaupteten Mängel an der Be- und Entlüftungsanlage sowie die Kosten der Beseitigung dieser Mängel festzustellen, wobei sie hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Mängel ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen und vertiefen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 04.10.2019 abzuändern und

1. die Klage abzuweisen.

2. die Klägerin zu verurteilen, folgende an dem Wohnhaus der Beklagten in Ort1, Straße1 bestehenden Mängel zu beseitigen:

– Die Gebäudehülle verfügt nicht über eine ordnungsgemäße Luftdichte Gebäudehülle. Der zulässige n50-Wert ist überschritten.

Hilfsweise wird beantragt:

– die Klägerin zu verurteilen, die luftdichte Gebäudehülle des Hauses Straße1 so herzustellen, dass der zulässige n50-Wert von 1,5 nicht überschritten wird.

– Die Belüftungsanlage ist insofern mangelhaft, als die Leitungsrohre nicht so verlegt sind, dass die Leitungslängen möglichst kurz sind. Vielmehr sind diverse Abbiegungen und Ecke vorhanden.

– Die Kanalrohrlängen ab Verteiler sind nicht angeglichen, die Zuleitung zum Verteiler im Dachgeschoss beträgt mindestens 15 m, die Zuleitung zum Verteiler im Erdgeschoss mindestens 20 m. Die maximalen Leitungslängen der Rohre sind vielfach überschritten, darüber hinaus wurden die Kanäle mit vielen engen, teilweise vermeidbaren 90 Grad Bögen verlegt. Dies führt dazu, dass die technisch möglichen Luftmengen an den Luftaus- und -einlässen weit unterschritten werden.

– Es existiert eine Abluftleitung in der Küche nach der Kochstelle über 15 m Länge.

– Im Elternschlafzimmer existiert eine Zuluftleitung mit circa 13 m Länge und scharfen Bögen, was zu einer zu großen Leitungslänge führt.

– Lufteinlässe und Luftauslässe sind jeweils mit PK 100 Leitungen verbunden. Infolgedessen kann die Lüftungsanlage die nötigen Luftmengen nicht transportieren, die Lüftungsanlage muss erheblichen und unwirtschaftlichen Druck aufbauen und mehr elektrische Energie verbrauchen, als erforderlich bei mangelfreier Ausführung.

Festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, den Beklagten alle Kosten zu ersetzen, die ihnen daraus entstanden sind und noch entstehen werden, dass die im Berufungsantrag genannten Mängel vorhanden sind.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Klägerin tritt der Berufung nach Maßgabe seiner Erwiderung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf das angefochtene Urteil und die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurück, weil sie offensichtlich unbegründet ist. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 08.06.2020 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die weiteren Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 15.07.2020 geben keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung. Die Beklagten wiederholen im Wesentlichen nur ihre rechtlichen Ausführungen zur Frage einer gesamtschuldnerischen Haftung und zur Symptomtheorie des Bundesgerichtshofes. Hiermit hat sich der Senat im genannten Hinweisbeschluss bereits hinreichend auseinandergesetzt. Für eine gesamtschuldnerische Haftung unter Beteiligung der Klägerin ist, da deren Haftung für die behauptete Undichtigkeit des Gebäudes nicht bewiesen wurde, kein Raum. Die Symptom-Rechtsprechung betrifft schließlich die Anforderungen an die Darlegung und Bezeichnung eines behaupteten Mangels, nicht jedoch die (hier relevante) Frage der Beweisbarkeit. Soweit die Beklagten weiterhin behaupten, die im Gebäude eingebaute Be- und Entlüftungsanlage sei wegen zu großer Leitungsdurchmesser, zu langer Leitungen und der Verlegeart (Zahl der Biegungen und Bögen) mangelhaft, wird auf das im angefochtenen Urteil und im Hinweisbeschluss eingehend beschriebene – abweichende – erstinstanzliche Beweisergebnis verwiesen.

Soweit die Beklagten erstmals mit dem Schriftsatz vom 15.7.2020 behaupten, die Vorgaben der Montageanleitung seien nicht eingehalten worden, ist dies gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen. Gleiches gilt für die weiteren Beweisantritte in diesem Schriftsatz. Im Ergebnis kommt es allerdings nicht darauf an, ob von der Montageanleitung abgewichen wurde und ob den Beklagten im Juli 2020 mitgeteilt wurde, dass die Abweichungen von der Montageanleitung (Leitungslängen, Bögen, Dimensionierung der Lüftungskanäle) dazu führen könnten, dass zu wenig Luft im Gebäude ankomme und verteilt werde. Die Einhaltung der Montageanleitung ist kein Selbstzweck, sondern kann nur dann zu einem Mangel führen, wenn die Anlage nicht die erforderlichen Lüftungsleistungen erbringt. Das ist hier nicht der Fall. Der Sachverständige NN hat die Leistungsfähigkeit der Anlage überprüft und festgestellt, dass sie eindeutig in der Lage ist, eine ordngungsgemäße Be- und Entlüftung des Gebäudes zu gewährleisten.

Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.01.2023 – 13 U 214/21 zur Begründung des Abrechnungsverhältnisses

OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.01.2023 - 13 U 214/21 zur Begründung des Abrechnungsverhältnisses

1. Die Abnahme der Leistung ist keine Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütungsforderung des Auftragnehmers, wenn zwischen den Vertragsparteien ein Abrechnungsverhältnis vorliegt. Ferner scheidet auch ein Zurückbehaltungsrecht wegen eventueller Mängel aus.
2. Ein Abrechnungsverhältnis wird begründet, wenn der Auftragnehmer einen Vergütungsanspruch hat und dem Auftraggeber allein auf Geldzahlung gerichtete Ansprüche wegen der unvollständigen oder mangelhaften Fertigstellung der Leistung zustehen.
3. Liegt ein Abrechnungsverhältnis vor, kann der Auftragnehmer den Anteil seines Werklohns verlangen, der seinen tatsächlich erbrachten Leistungen entspricht. Ein Vergütungsanspruch scheidet nur aus, wenn die Leistung so schwerwiegende Mängel aufweist, dass sie nicht nachbesserungsfähig und deshalb für den Auftraggeber wertlos ist.
4. Der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers wird nicht (automatisch) mit einem Anspruch des Auftraggebers wegen teilweiser Nichterfüllung des Vertrags verrechnet. Vielmehr sind der Vergütungsanspruch und die Ansprüche des Auftraggebers jeweils selbstständige Forderungen, die sich (nur) aufrechenbar gegenüberstehen.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.01.2023 – 13 U 214/21

Gründe:

I.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Tübingen vom 26.07.2021, Aktenzeichen 3 O 231/20, und den Hinweisbeschluss des Senats vom 19.12.2022, Aktenzeichen 13 U 214/21, (Bl. 79 ff. eAOLG, dort unter I.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt zu seiner Berufung:

Das am 26.07.2021 verkündete und am 11.08.2021 zugestellte Urteil des Landgerichts Karlsruhe [gemeint: Tübingen], AZ: 3 O 231/20, wird im Tenor Ziff. 1 aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht Tübingen zurückverwiesen.

Hilfsweise: Das am 26.07.21 verkündete und am 11.08.2021 zugestellte Urteil des Landgerichts Karlsruhe [gemeint: Tübingen], AZ: 3 O 231/20, wird im Tenor Ziff. 1 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin tritt dem entgegen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ferner beantragt die Klägerin im Wege der Anschlussberufung:

1. Das Urteil des LG Tübingen vom 26.07.2021, Az. 3 O 231/20, betreffend der Zurückweisung der klägerischen Ansprüche im Übrigen wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin RA-Gebühren von Euro 1.044,40 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte ist der Anschlussberufung entgegengetreten und beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 26.07.2021, Aktenzeichen 3 O 231/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, und auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 19.12.2022 (Bl. 79 ff. eAOLG, dort unter II.) Bezug genommen. Die Stellungnahme des Beklagten im Schriftsatz vom 17.01.2023 (Bl. 97 ff. eAOLG) gibt keinen Anlass, die Sache anders als bisher zu beurteilen.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beklagten in der Stellungnahme vom 17.01.2023 ist das Folgende zu bemerken:

1. Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, der Senat habe in seinem Hinweisbeschluss (auf Seite 9 ff.) nur einzelne und nicht sämtliche Mängelrügen erwähnt, kann offenbleiben, ob dieser Einwand zutreffend ist.

Der Senat ist in seinem Hinweisbeschluss auf die Mängelrügen des Beklagten in Bezug auf das Vorbringen des Beklagten eingegangen, die Leistung der Klägerin sei unbrauchbar. Insoweit hat der Senat ausgeführt, dass zwischen der vorliegend (allein) streitgegenständlichen Anbringung der ersten Abdichtungs- und Schutzebene aus Bitumen und der Andichtung mit Flüssigkunststoff einerseits und der Anbringung einer zusätzlichen Gefälledämmung auf der abgedichteten Balkonebene anderseits zu unterscheiden ist und sich der Vortrag des Beklagten in Bezug auf eine vollständige Unbrauchbarkeit der Werkleistung der Klägerin auch im Berufungsverfahren (in erster Linie) auf die Gefälledämmung bezieht. Den Ausführungen des Beklagten in seiner Stellungnahme vom 17.01.2023 lässt sich nicht entnehmen, dass der Beklagte auch in Bezug auf die Anbringung der ersten Abdichtungs- und Schutzebene aus Bitumen und der Andichtung mit Flüssigkunststoff von einer gänzlichen Unbrauchbarkeit ausgeht. Auch der Senat geht weiterhin davon aus, dass das Werk jedenfalls nicht so schwerwiegende Mängel aufwies, dass es nicht nachbesserungsfähig war.

2. Nicht zutreffend ist es, wenn der Beklagte meint, der Senat gehe davon aus, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Mängelfreiheit des Werks bei einem Übergang in ein Abrechnungsverhältnis beim Besteller liege. Diesbezügliche Ausführungen sind im Hinweisbeschluss des Senats gerade nicht enthalten. Lediglich in Bezug auf eine eventuelle Wertlosigkeit hat der Senat eine Aussage zur Darlegungs- und Beweislast getätigt (vgl. Seite 8 des Hinweisbeschlusses).

Da – wie im Hinweisbeschluss näher ausgeführt – ein Vergütungsanspruch des Werkunternehmers nicht automatisch mit einem Anspruch des Bestellers wegen teilweiser Nichterfüllung des Vertrages verrechnet wird und der Beklagte einen sich aufgrund der behaupteten Mängel ergebenden Gegenanspruch erstinstanzlich weder der Höhe nach beziffert noch mit einem solchen aufgerechnet hat, kommt es auf die vom Beklagten angesprochene Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Mängeln trägt, auch gar nicht an. Damit verbunden ist, dass das Landgericht – entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht – auch nicht gehalten war, zur Frage der Mangelhaftigkeit der klägerischen Werkleistung Beweis zu erheben.

3. Soweit der Beklagte darauf hinweist, er habe mit Schriftsatz vom 27.07.2021 beim Landgericht eine Widerklage eingereicht, ist zu berücksichtigen, dass zu diesem Zeitpunkt das erstinstanzliche Verfahren durch das bereits zuvor (am 26.07.2021) verkündete Urteil bereits abgeschlossen war.

4. Entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht ist vorliegend eine (erst) im Berufungsverfahren erklärte Aufrechnung nicht zulässig. Der Senat hält (auch) insoweit an seiner im Hinweisbeschluss dargelegten Auffassung fest und verweist insbesondere auf seine dortigen Ausführungen, weshalb der neue streitige Vortrag des Beklagten nicht nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen ist.

5. Der Senat hält außerdem an seiner im Hinweisbeschluss dargelegten Ansicht fest, dass er in Bezug auf das Zustandekommen von Verträgen zwischen der Klägerin und dem Beklagten hinsichtlich der Kaminarbeiten und der Lieferung eines Oberbelags an die Feststellungen des Landgerichts gebunden ist (§ 529 Abs. 1 ZPO). Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, die Klägerin habe die Auftragsverhältnisse, aus denen sie Ansprüche herleiten wolle, darzulegen und zu beweisen, ist anzumerken, dass das Landgericht zutreffend von einer diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast ausgegangen ist.

III.

Mit der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss verliert auch die Anschlussberufung der Klägerin gemäß § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

KG, Urteil vom 24.09.2021 – 7 U 35/15 zur Beweislastumkehr bei gescheitertem gemeinsamen Aufmaß

KG, Urteil vom 24.09.2021 - 7 U 35/15 zur Beweislastumkehr bei gescheitertem gemeinsamen Aufmaß

1. Der Werklohnanspruch des Auftragnehmers wird unabhängig von einer förmlichen Abnahme fällig, wenn der Auftraggeber diese endgültig verweigert und sich darauf beschränkt, die Rechnung wegen aus seiner Sicht fehlender Prüfbarkeit anzugreifen und hilfsweise Schadensersatz wegen behaupteter Fertigstellungsmehrkosten geltend zu machen. In einem solchen Fall entsteht ein Abrechnungsverhältnis.
2. Prüfbar ist eine (Schluss-)Rechnung, wenn sie – gegebenenfalls unter Beifügung von Aufmaßen und anderen Unterlagen – nachvollziehbar angibt, welche Massen der Auftragnehmer für welche Positionen berechnet, welche Leistungen mit diesen Positionen gemeint sind und welcher Einheitspreis für sie angesetzt wird. Der Auftraggeber muss die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen, überprüfen können.
3. Um die tatsächliche Bauleistung zu ermitteln, bedarf es in der Regel des Aufmaßes. Das Aufmaß ist grundsätzlich vor Ort und nicht nur auf der Basis von Plänen zu nehmen.
4. Scheitert das vereinbarte gemeinsame Aufmaß, führt das nicht zu einer Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Auftragnehmers hinsichtlich der von diesem festgestellten Leistungsangaben, sondern diese verbleibt beim Auftragnehmer.
5. Eine Beweislastumkehr ist nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber zu einem gemeinsamen Aufmaß aufgefordert wird, dieser aber die Teilnahme grundlos verweigert und ein neues Aufmaß nicht mehr möglich ist.
6. Eine vom Auftraggeber eines Bauvertrags formulierte Klausel, wonach von der Schlussrechnung des Auftragnehmers ein Betrag i.H.v. 0,27 % der Netto-Abrechnungssumme für Kosten der in Abzug gebracht wird, ist keine Preisnebenabrede und daher der AGB-Kontrolle entzogen.
7. Der Auftraggeber ist berechtigt, einen Bauvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn der Auftragnehmer die Erfüllung des Vertrags unberechtigt und endgültig verweigert und es deshalb dem Auftraggeber nicht zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis fortzusetzen.
KG, Urteil vom 24.09.2021 – 7 U 35/15

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt als Subunternehmerin von der Beklagten, die ihrerseits als Subunternehmerin von der ### beauftragt war, Zahlung von Restwerklohn aus einem von der Beklagten vorzeitig gekündigten Bauvertrag vom 25. September 2009 über Montageleistungen an Fassade und Dach des Bauvorhabens Abfallverbrennungsanlage ###. Bauherrin war die Gemeinde ### mit der ### als Planungsunternehmerin. Die Parteien vereinbarten u.a. Einheitspreise und die Geltung der VOB Teile B und C.

Vor dem Landgericht Berlin hat die Klägerin eine Zahlung in Höhe von 240.486,79 Euro nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 7.332,66 Euro geltend gemacht, die Beklagte hat hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus Vertragsstrafe in Höhe von 3.693,38 Euro, aus Schadensersatz wegen Mehraufwand in Höhe von 218.206,53 Euro und aus Avalkosten in Höhe von 2.122,58 Euro erklärt.

Am 8. September 2014 hat das Landgericht die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen. Nach Einspruch hat das Landgericht der Klage unter Verrechnung der Avalkosten unter Abzug von 2.123,58 Euro (anstelle zutreffender 2.122,58 Euro) in Höhe von 68.894,33 Euro stattgegeben und die weitergehende Klage sowie die übrigen Hilfsaufrechnungen für unbegründet erachtet.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge sowie des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 26. Januar 2015 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 101 des Landgerichts Berlin – 101 0 174/13 – Bezug genommen. Gegen das den Parteien am 10. Februar 2015 zugestellte Urteil haben beide Parteien am 9. März 2015 Berufung eingelegt und diese nach einmaliger Verlängerung der Frist mit Berufungsbegründung vom 11. Mai 2015 begründet.

Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen ergänzend vor, das Landgericht habe bezüglich der Rechnung ### (Anlage K 10) zu Unrecht Abzüge für Wasser und Strom in Höhe von 3.623,99 Euro sowie eine Bauleistungsversicherung in Höhe von 283,55 Euro vorgenommen. Bezüglich der Rechnung ### (Anlage K 12) habe das Landgericht zu Unrecht die Berechtigung der Kündigung aus wichtigem Grund, eine fehlende Prüffähigkeit der Rechnung und eine unzureichende Darlegung des Vergütungsanspruchs angenommen. Insbesondere habe es eine Vereinbarung zwischen den Parteien am ### 2010 gegeben, von einer Kündigung zunächst abzusehen.

Bezüglich der Rechnung ### (Anlage K 13) sei das Landgericht unter Verletzung der Hinweispflicht unzutreffend ebenfalls von einer nicht schlüssigen Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen ausgegangen.

Schließlich stehe ihr auch ein Anspruch auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten in einem Gesamtumfang von 7.332,66 Euro netto zu (Rechnungen Anlagen K 14 bis 24). Ferner sei die Begründung des Landgerichts hinsichtlich der Abnahme und der IFBS Richtlinie 8.01 fehlerhaft.

Im Übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil gegen die Berufungsangriffe der Beklagten und tritt diesen im Einzelnen entgegen. Zutreffend sei es nicht zu einem gemeinsamen Aufmaß gekommen, weil die Beklagte die Vorlage sogenannter Rotstrichzeichnungen zur Voraussetzung erklärt habe. Das Landgericht habe aber zu Recht festgestellt, dass Ziff. 3.3 des Verhandlungsprotokolls keine Voraussetzungen für ein gemeinsames Aufmaß darstelle; dies ergebe sich insbesondere aus Ziffer 10.2, wonach die Rotstrichzeichnungen gerade nicht Voraussetzung für eine Abnahme sein sollten. Die Beklagte sei ihren Mitwirkungspflichten, die ihr, der Klägerin, die Erstellung der Rotstrichzeichnungen erst ermöglicht hätten, nicht nachgekommen.

Infolge der Kündigung sei sie, die Klägerin, auch nicht mehr zur Vorlage von Rotstrichzeichnungen verpflichtet. Ferner habe sie, die Klägerin, mit der Rechnung Nr. auch die der Rechnung zugrundeliegenden und von ihr erstellten Aufmaße beigefügt (K 11).

Die Behauptung der Beklagten, sie habe sämtliche Pläne bereits vor Vertragsunterzeichnung übergeben, sei unzutreffend. Die Pläne seien auch nicht bei der Unterzeichnung des Verhandlungsprotokolls übergeben worden. Die von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. September 2016 vor dem Landgericht überreichten Pläne habe sie nie erhalten, vielmehr seien ihr die Zeichnungen lediglich elektronisch per E-Mail als PDF zur Verfügung gestellt worden.

Zutreffend habe das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte die für gerechtfertigt angesehene Rechnung geprüft habe und sich nicht auf fehlende Prüffähigkeit berufen könne. Nebenleistungen seien nur insoweit geschuldet und mit dem Preis gemäß § 2 VOB/B abgegolten, als sie in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (AN)- DIN .18299 ff. in Abschnitt 4 (VOB/C) als solche genannt seien. Selbst wenn die Ausführungen der Beklagten zu den technischen Anforderungen an die Ausführung von Attiken und Ortgängen, bei Tropfprofilen an Attiken, für Fenster-, Tür- und Toreinfassungen bei Außenschalen, für Fenster, Türen und Tore, für Firste und Grate zuträfen, handele sich dabei aber nicht um Nebenleistungen im Sinne von Abschnitt 4 der VOB/C, die sie, die Klägerin, ohne gesonderte Vergütung hätte erbringen müssen.

Soweit die Beklagte hinsichtlich der Position 3 der Rechnung ### behaupte, im Bereich des Daches seien die Ausschnitte für die Rauch- und Wärmeabzugsanlagenöffnungen zu groß gewesen, habe die Beklagte die Ursache dafür gesetzt, weil sie ihr, der Klägerin, fehlerhafte Pläne mit fehlerhaften Angaben zur Größe der Ausschnitte sowie fehlerhaftes Material zur Verfügung gestellt habe.

Die Klägerin bestreitet schließlich auch die von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche sowie die Höhe der erweiternd geltend gemachten Avalprovisionen. Darüber hinaus bestünde keine Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen, da die Beklagte die Aufrechnung erklärt habe.

Weiter behauptet die Klägerin, Anschlussarbeiten durchgeführt zu haben. Es sei bereits nicht möglich, Kassetten und Trapezbleche ohne die Herstellung von Anschlüssen begleitend zu den Montagearbeiten ordnungsgemäß zu montieren.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts vom 26. Januar 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen;

2. hilfsweise unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 26. Januar 2015 und unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts vom 8. September 2014 die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere

a. 169.468,88 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. April 2010 zu zahlen;

b. 7.332,66 Euro nebst Zinsen in Höhe .von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2014 zu zahlen;

3. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 26. Januar 2015 das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 8. September 2014 aufrechtzuerhalten;

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag ergänzend vor, das Landgericht habe zu Unrecht einen Zahlungsanspruch aus der Rechnung bejaht und sei ebenfalls zu Unrecht von einer Abnahme bzw. einem Abnahmeverzicht und der Prüffähigkeit der Rechnung ausgegangen. Sie, die Beklagte, habe lediglich eine Plausibilitätsberechnung vorgenommen. Eine förmliche Abnahme sei aufgrund des Verschuldens der Klägerin nicht erfolgt, denn zum einen habe die Klägerin entgegen 3.3 des Verhandlungsprotokolls die erforderlichen Rotstrichzeichnungen nicht vorgelegt, zum anderen habe sie beim gemeinsamen Termin keine Unterlagen für eine gemeinschaftliche Aufmaßerstellung mit sich geführt.

Allerdings habe sie, die Beklagte, ein Aufmaß erstellt, so dass die Maße beweisbar gesichert worden seien.

Hingegen habe die Klägerin ohne Aufmaß die Maße vollkommen willkürlich bestimmt. Auch die diesbezüglich angenommene Beweislastverteilung des Landgerichts sei unzutreffend. Entgegen der Behauptung der Klägerin seien dieser sämtliche Montagepläne vollständig übergeben worden, so dass sie die notwendigen Rotstricheintragungen hätte durchführen können.

Im Übrigen habe sie, die Beklagte, deutlich gemacht, dass es nie zu einer vollständigen Leistungserbringung gekommen sei und in jedem Montagebereich die erforderlichen Neben- und Abschlussarbeiten fehlen würden. Zwischen den Parteien sei die Ausführung der Fassadenverkleidung gemäß der IFBS-Richtlinie 8.01 und den gängigen technischen Vorschriften für Fassadenverkleidungen vereinbart worden, wozu auch ohne zusätzliche Erklärung im Leistungsverzeichnis zu Pos. 1-4 Eckbleche, Attikaverkleidungen, Regenabweiser usw. gehörten. Zu den Vertragsgrundlagen zähle auch die technische Beschaffungsunterlage der Firma Roll Inova – die sogenannte TBU -, die den Aufbau der Fassade klar beschreibe. Ferner habe sie auf die Unzulässigkeit der Unterteilung des Einheitspreises für die Gesamtleistung der Positionen 1 und 2 hingewiesen, den Positionen 2, 3 und 12 habe sie in Gänze widersprochen.

Da die Klägerin ihre Leistung nicht vollständig erbracht und auch die Unterlagen gemäß Ziffer 3.4 des Verhandlungsprotokolls nicht Vorgelegt habe, sei eine Schlusszahlung nicht fällig geworden. Dennoch habe sie der Klägerin eine Vergütung zugestanden, aber nicht entsprechend der von der Klägerin vorgenommenen Aufteilung des Einheitspreises, sondern unter Zugrundelegung einer von ihr, der Beklagten, angenommenen Aufteilung des Einheitspreises und ermittelten Aufmaße. Bei der Aufteilung des Einheitspreises sei auch kein anderer Einheitspreis angenommen worden, sondern in dem Preis von 50,61 Euro als Gesamtpreis seien die Montage von Kassetten (10,00 Euro), Dämmung (4,05 Euro), Trapezblechen (20,00 Euro) sowie die Anschlussarbeiten gemäß der IFBS-Richtlinie 8.01 (16,56 Euro) enthalten. Danach habe der Klägerin allenfalls ein Nettobetrag von 38.324,95 Euro (44.073,69 Euro brutto) zugestanden. Abzüglich der Kosten für Wasser und Strom, der Bauwesenversicherung und des Sicherheitseinbehalts sowie der unstreitig bereits geleisteten Zahlungen ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 5.416,20 Euro.

Unberücksichtigt habe das Landgericht gelassen, dass die Klägerin wesentliche Teile der Fassade mit Montage von Kassetten, Dämmung und Trapezblechen in Rechnung gestellt habe, obwohl aufgrund der örtlichen Gegebenheiten überhaupt nur eine Anbringung der Trapezbleche ohne Kassetten und Dämmung möglich gewesen sei.

Hinsichtlich der Position 3 habe sie unter Beweisantritt die Mangelhaftigkeit der Arbeiten vorgetragen, sodass feststehe, dass die Klägerin dafür keine Vergütung verlangen könne. Bezüglich der Position 12 verweise sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Dort seien ebenfalls Beweisangebote wegen der Nebenleistungen erfolgt.

Gegen die Forderung aus der Rechnung ### erklärt die Beklagte erneut hilfsweise die Aufrechnung mit eigenen Kosten zur Fertigstellung nach erfolgter Kündigung von insgesamt 192.015,43 Euro sowie wegen Kosten von Drittfirmen in Höhe von insgesamt 213.566,55 Euro. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf Seite 21 der Berufungsbegründung (Bd. II, Bl. 68) Bezug genommen. Sie mache mit dem entstandenen Schaden Kosten der Ersatzvornahme geltend und entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht Kosten wegen nicht rechtzeitiger Fertigstellung. Eine Pflicht zur Fristsetzung nach § 5 VOB/B entfalle, da aufgrund des durch die Klägerin schuldhaft verursachten Baustellenverweises eine Fertigstellung durch die Klägerin ausgeschlossen gewesen sei.

Gleichzeitig mache sie, die Beklagte, erweiternd neben den bereits vom Landgericht in Abzug gebrachten Avalprovisionen in Höhe von 2.123,58 Euro (geltend gemacht worden waren lediglich 2.122,58 Euro) weitere 3.090,60 Euro Avalprovisionen (für den Zeitraum 01. Juli 2014 bis 31. Dezember 2016, Bl. 9 Bd. III) nebst Verzugszinsen für die bereits berücksichtigten Provisionen in Höhe von 451,41 Euro (Bl. 8 Bd. III) geltend.

Im Übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil gegenüber den Berufungsangriffen der Klägerin, tritt diesen im Einzelnen entgegen und erklärt auch insoweit hilfsweise die Aufrechnung mit obigen Gegenansprüchen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird, soweit es nicht wegen der besseren Übersichtlichkeit in den Entscheidungsgründen dargestellt wird, auf den vorgetragenen Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 16. Mai 2017 (Bd. III, Bl. 118 f.), 27. März 2018 (Bd. III, Bl. 198) und vom 29. September 2020 (Bd. V, Bl. 89 f.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. ### vom 9. Januar 2018, vom 8. Juni 2018 und vom 17. März 2021 sowie bezüglich seiner mündlichen Anhörung auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 14. Juni 2019 (Bl. 74 ff. Bd. V) und vom 24. August 2021 (Bd. VI, Bl. 40 ff.) Bezug genommen.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ### sowie ### und ### aufgrund des Beschlusses des Senats vom 28. Juni 2019. Wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vorn 28. Juni 2019 (Bl. 77 Bd. IV d.A.), 8. Oktober 2019 (Bl. 156 ff. Bd. IV) und vom 11. August 2020 (Bl. 44 ff. Bd. V) verwiesen.

II.

Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und damit des erkennenden Gerichts zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit ist gegeben. Ungeachtet des Wortlauts der Regelung des § 513 Abs. 2 ZPO ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in jedem Stadium des Verfahrens, mithin auch im Rechtsmittelverfahren durch das Berufungsgericht von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Mai 2018 – 7 U 112/17). Auf das Vertragsverhältnis ist, wie das Kammergericht in dem vorangegangenen Verfahren zum Geschäftszeichen 21 U 174/20 und der Bundesgerichtshof nachgehend in dem Verfahren VII ZR 349/21 erkannt haben, deutsches Recht nach dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGGVG anwendbar, da sich die Parteien dem deutschen materiellen Recht unterworfen haben.

Im Übrigen ist die Zuständigkeit deutscher Gerichte jedenfalls gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EuGWO infolge einer rügelosen Einlassung der Beklagten begründet worden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZR 15/05, NJW 2007, 3501 [3502]).

Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind gemäß § 511 ff. ZPO zulässig und dabei insbesondere rechtzeitig eingelegt und nach einmaliger Fristverlängerung auch fristgerecht begründet worden.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, die Berufung der Beklagten ist begründet.

Sofern das Landgericht rechtsfehlerhaft angebotene Beweiserhebungen nicht durchgeführt hat, hat der Senat diese nachgeholt (§ 538 Abs. 1 ZPO). Eine Zurückverweisung an das Landgericht kam demgemäß nicht in Betracht.

Auf das Rechtsverhältnis finden die Vorschriften des BGB in der bis Ende 2017 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 39 EGBGB) sowie die VOB/B (2006).

1. Rechnung ###

Die Rechnung ### vom ### 2019 (Anlage K10 und geprüfte Fassung Anlage B10) ist Gegenstand beider Berufungen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zu dieser Position die Zahlung von 74.924,55 Euro begehrt, wovon das Landgericht 71.017,91 Euro als begründet angesehen hat. Soweit das Landgericht davon die als begründet angesehene Hilfsaufrechnung mit den Avalkosten in Höhe von 2.123,58 Euro (zutreffend: 2.122,58 Euro) hat durchgreifen lassen, greift die Klägerin dies mit der Berufung nicht an und begehrt nur noch den weiteren vom Landgericht abgewiesenen Betrag wegen der Verrechnung mit den vereinbarten Umlagen von 3.623,09 Euro (3 % der Bruttoschlussrechnungssumme für Wasser und Strom) und 283,55 Euro (0,27 % der Nettoabrechnungssumme für Bauleistungsversicherung). Die Beklagte greift mit ihrer Berufung den für begründet angesehenen Teil insgesamt an.

Außerdem macht sie mit ihrer Berufung weitere Avalprovisionen in Höhe von 3.090,60 Euro geltend.

Soweit das Landgericht die Fälligkeitsvoraussetzungen der Werklohnforderung der Klägerin bejaht hat, bleibt das Vorbringen der Beklagten im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Unstreitig ist das Werk von der Beklagten nicht wie vereinbart förmlich abgenommen worden. Soweit das Landgericht gleichwohl unter dem Gesichtspunkt des beiderseitigen Verzichts auf die förmliche Abnahme von einer Abnahme spätestens seit März 2010 ausgegangen ist, kann dies und die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu einer stillschweigenden Abnahme (BGH, Urteil vom 13. Juli 1989, Az. VII ZR 82/88, NJW 1990, 43 [44]; BGH, Urteil vom 3. November 1992, Az. X ZR 83/90, NJW 1993, 1063 [1064]) auf die Abnahme nach Kündigung zu übertragen ist, dahinstehen.

Denn vorliegend ist der Werklohnanspruch der Klägerin unabhängig von einer förmlichen Abnahme deshalb fällig, weil die Beklagte diese endgültig verweigert und sich in der Berufungsinstanz darauf beschränkt, die Rechnung wegen der aus ihrer Sicht fehlenden Prüffähigkeit anzugreifen und hilfsweise Schadensersatz wegen der Fertigstellungskosten geltend zu machen. In einem solchen Fall wird der Werklohnanspruch auch ohne Abnahme fällig (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007, Az. VII Z BGH, Urteil vom 13. Juli 1989, Az. VII ZR 82/88, NJW 1990, 43 [44]R 183/05, NJW 2008, 511 [515]). Es entsteht ein Abrechnungsverhältnis, bei dem sich der Werklohn auf der einen Seite und auf Zahlung gerichtete Gewährleistungsansprüche auf der anderen Seite verrechenbar (Minderung) oder aufrechenbar (Kostenerstattung, Schadenersatz) gegenüberstehen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002, Az. VII ZR 315/01, NJW 2003, 288; BGH, Urteil vom 23. Juni 2005, Az. VII ZR 197/03, NJW 2005, 2771 [2772]; BGH, Urteil vom 11. Mai 2006, Az. VII ZR 146/04, NJW 2006, 2475 [2476)).

b) Die Rechnung ist entgegen der Ansicht der Beklagten prüffähig. Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die Beklagte die Rechnung auch tatsächlich geprüft hat. Der Einwand der Beklagten, sie habe lediglich eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen, greift nicht durch. Insbesondere aus ihrem bereits erstinstanzlich ins Feld geführten Vorbringen (Duplik vom 20. August 2014, Bl. 148 ff. Bd. I d. A.) ergibt sich, dass die Beklagte die einzelnen Rechnungspositionen einer Überprüfung unterzogen hat, weshalb sich nicht erschließt, was die Beklagte unter einer Plausibilitätskontrolle versteht. Außerdem hat die Beklagte die tatsächlichen Feststellungen hierzu in dem angefochtenen Urteil (UA S. 3) nicht angegriffen, nach denen eine Rechnungsprüfung durch sie stattgefunden habe.

Im Übrigen gilt Folgendes:

Prüfbar i. S. d. § 14 Nr. 1 VOB/B ist die Rechnung, wenn sie – ggf. unter Beifügung von Aufmaßen und anderen Unterlagen – nachvollziehbar angibt, welche Massen der Auftragnehmer für welche Positionen berechnet, welche Leistungen mit diesen Positionen gemeint sind und welcher Einheitspreis für sie angesetzt wird. Eine prüffähige Abrechnung setzt voraus, dass der Besteller die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen, überprüfen kann. Die Voraussetzungen, unter denen diese Prüfung möglich ist, hängen von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1999, Az. VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867 [1868]). In vielen Fällen sind Aufmaßzeichnungen erforderlich, um dem Auftraggeber die Feststellung zu ermöglichen, worauf sich bestimmte Aufmaßblätter bzw. Aufmaßberechnungen beziehen (vgl. KG, Urteil vom 9. Juni 2009, Az. 21 U 182/0). Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung ist aber kein Selbstzweck, sondern richtet sich danach, in welchem Umfang der Besteller im Einzelfall des Schutzes nach § 14 Nr. 1 VOB/B bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2005, Az. X ZR 191/02, NJW-RR 2005, 1103). Außerdem ist der Teil der Forderung fällig, der prüfbar abgerechnet ist und der nach Abzug der Abschlags- und Vorauszahlungen verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003, Az. VII ZR 288/02, NJW-RR 2004, 445 [446]). Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist von einer Prüffähigkeit auszugehen.

c) Um die tatsächliche Bauleistung zu ermitteln, bedarf es in aller Regel zunächst des Aufmaßes. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass das Aufmaß grundsätzlich vor Ort und nicht nur auf der Basis von Plänen zu nehmen ist. Das von den Parteien beabsichtigte gemeinsame Aufmaß ist unstreitig gescheitert.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt dies allerdings nicht zu einer Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Auftragnehmers hinsichtlich der von diesem festgestellten Leistungsangaben, sondern diese verbleibt beim Auftragnehmer. Zwar ist eine Beweislastumkehr anzunehmen, wenn der Auftraggeber zu einem gemeinsamen Aufmaß aufgefordert wird, dieser aber die Teilnahme grundlos verweigert und ein neues Aufmaß nicht mehr möglich ist (BGH, Urteil vom 22. Mai 2003, Az. VII ZR 143/02, NJW 2003, 2678; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Rn 1449 mwN).

Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

Unstreitig sind beide Parteien zum Termin erschienen. Die Beklagte hat das gemeinsame Aufmaß auch nicht grundlos verweigert. Denn selbst wenn die Behauptung der Klägerin zutreffen sollte, die Beklagte habe die Vorlage von “Rotstrichzeichnungen” gemäß Ziffer 3.3 des Verhandlungsprotokolls zur Voraussetzung des Aufmaßes gemacht, wäre hierin keine grundlose Verweigerung des Aufmaßes zu erblicken.

Zunächst stellt die Vorlage von Rotstrichzeichnungen vorliegend keine unmittelbare Voraussetzung der Abnahme dar, da sie unter Ziffer 10 des Verhandlungsprotokolls gerade nicht aufgeführt ist. Allerdings sind nach Ziffer 3.3 des Protokolls die Rotstrichzeichnungen sieben Werktage vor Abnahme einzureichen. Auch wenn die Abnahme nicht gleichzusetzen ist mit dem Aufmaß, so wird hierin deutlich, dass den Rotstrichzeichnungen besondere Bedeutung zukommt und für die Prüfung der tatsächlichen Ausführungen wesentlich sind. Die Verpflichtung zur Vorlage der Rotstrichzeichnungen ist auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht durch die Kündigung entfallen.

Dabei kann jedenfalls in diesem Punkt die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Beklagte ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen ist und die Montagepläne entsprechend Ziffer 3.1 in “ausgeplotteter” Form zur Verfügung gestellt hat, dahinstehen. Denn selbst nach dem Vortrag der Klägerin sind ihr die Pläne elektronisch im Format DIN A4 übermittelt worden. Es wäre ihr daher zumindest möglich gewesen, die entsprechenden Rotstricheintragungen darin vorzunehmen und der Beklagten vor dem Termin zu übermitteln bzw. diese spätestens zum Aufmaßtermin mitzuführen. Das hat die Klägerin jedoch unstreitig nicht getan, sondern die Rotstrichzeichnungen erst mit der Rechnung als Anlage übermittelt. Eine Verweigerung des Aufmaßes unter diesen Voraussetzungen durch die Beklagte war damit nicht grundlos, so dass die Klägerin beweispflichtig für die von ihr erbrachten Leistungen bleibt. Fehlt es an einem gemeinsamen Aufmaß, hat der Auftragnehmer vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die in der Rechnung geltend gemachten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind (Werner/Pastor, aaO Rn. 1449 f.).

Das von der Klägerin vorgelegte Aufmaß (Anlage K 11) ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar und wird von der Beklagten bestritten. Die Klägerin bezieht sich lediglich auf ihr Aufmaßergebnis in den Anlagen K 10 und K 11, aus denen sich insbesondere die umstrittenen farbigen Eintragungen (Rotstrichzeichnungen) nicht ergeben. Es ist ihren eingereichten Schwarz/Weiß-Kopien nicht zu entnehmen, welche Bereiche konkret bearbeitet worden sein sollen und wie sie ihre Flächenergebnisse errechnet hat. Damit hat die Klägerin nicht die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag erfüllt. Denn ein für das Aufmaß darlegungspflichtiger Werkunternehmer hat nach allgemeiner Auffassung Tatsachen vorzutragen, die dem Gericht gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen ermöglichen, die für die Ausführung angefallene Mindestvergütung zu schätzen (vgl. nur BGH, Versäumnisurteil vom 13. Juli 2006 – VII ZR 68/05; Werner/Pastor, aa0, Rn 1508 mwN).

Hieran fehlt es bereits, weshalb auch keine Beweisaufnahme über die klägerseits behaupteten Maße durchzuführen war, soweit diese über die beklagtenseits eingeräumten Maße hinausgingen.

Vorliegend hat die Klägerin lediglich Zeugen für das von ihr erzielte “Messergebnis” zu den von ihr erbrachten Leistungen benannt, ohne vorzutragen, auf welchen tatsächlichen Wahrnehmungen und/oder welchen Handlungen und dabei gemachten Wahrnehmungen die Zeugen tätig geworden sind und das Bauvorhaben beobachtet haben, um hierzu nachprüfbare Tatsachenangaben machen zu können.

Die Vernehmung der Zeugen wäre demnach auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.

Demgegenüber hat die Beklagte ihr Aufmaß (Anlagen BK 10 und BK 11) nachvollziehbar dargelegt, weshalb der Senat im Grundsatz von diesen Maßen ausgegangen ist.

d) Zwischen den Parteien ist die Aufteilung des vereinbarten Einheitspreises von 50,61 Euro für die Positionen 1 und 2 dieser Rechnung streitig. Während die Klägerin bei der Montagepreiskalkulation für eine Zusammensetzung in drei Leistungsbereiche streitet (30,37 Euro Kassetten + 4,05 Euro Dämmung + 16,19 Euro Trapeze), behauptet die Beklagte, dass in dem Einheitspreis die Montage von Kassetten (10,00 Euro), Dämmung (4,05 Euro) und Trapezblechen (20,00 Euro) sowie die Anschlussarbeiten (Montage Eck-, Kant- und Tropfprofile) gemäß IFBS-Richtlinie 8.01 (16,56 Euro) enthalten seien, welche die Klägerin auch ohne zusätzliche Erklärung im Leistungsverzeichnis hätte erbringen müssen, aber nicht erbracht habe.

Der Senat legt den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag unter Berücksichtigung der vereinbarten Montage nach Maßgabe der Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01, der Vorgaben in der E-Mail vom ### 2009 (Anlage BK 14) und des danach überarbeiteten Angebots vom ### 2009, das Grundlage der Auftragserteilung war, dahingehend aus, dass die zu den Positionen 1 und 2 ausgewiesenen Einheitspreise auch die Montage aller Eck-, Kant- und Tropfprofile (Bsp. Tür- und Fensterrahmen, Fassadenecken, Attikaabdeckungen usw.) umfassen. So hat die Beklagte in der E-Mail vom ### 2009 (Bd. III Bl. 95 d.A.) um ein überarbeitetes Angebot der Klägerin gebeten, in der u.a. berücksichtigt werden sollte, dass das Angebot die Montage aller Eck-, Kant- und Tropfprofile enthalten sollte. Ausweislich der Auftragserteilung durch die Beklagte mit Schreiben vom ### 2009 (Anlage K3) ist das daraufhin überarbeitete Angebot vom ### 2009 Grundlage des Auftrags geworden. Die insofern gleichlautenden Beschreibungen der Leistungspositionen 1 und 2 des Leistungsverzeichnisses enthalten jeweils den Zusatz “Inkl. aller allgemeinen verlegetechnischen Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01“. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte in der benannten E-Mail vor Auftragserteilung ausdrücklich klargestellt hatte, dass das Angebot die Montage der Anschlussarbeiten enthalten sollte und in der entsprechenden Position in dem Leistungsverzeichnis der Hinweis auf die verlegetechnischen Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01 enthalten ist, ist der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag so auszulegen, dass die in der in der IFBS-Richtlinie 8.01 aufgeführten Anschlussarbeiten ebenfalls geschuldet und von dem Einheitspreis umfasst waren, auch wenn diese nicht explizit im Leistungsverzeichnis aufgeführt waren.

Diese Anschlussarbeiten hat die Klägerin unstreitig nicht erbracht.

Soweit die Klägerin bestreitet, dass sie die Eck-, Kant- und Abschlussarbeiten nicht vorgenommen habe (Bd. IV, Bl.55), handelt es sich um neuen Vortrag, den sie nicht hinreichend substantiiert hat. Die Klägerin hat in erster Instanz und zunächst auch in zweiter Instanz vorgetragen, die Herstellung von Ecken der Fassaden, Akttika-Verkleidungen und Regenabweiser seien nicht Gegenstand der beauftragten Leistung gewesen (Bd.l, Bl. 101, 107; Bd. II, Bl. 143; Bd. III, Bl. 46 ff.) und daher auch nicht im Einheitspreis enthalten, weshalb sie diese auch nicht ohne gesonderte Vergütung hätte erbringen müssen. Damit ist es bereits als unstreitig anzusehen, dass sie die streitgegenständlichen Anschlussarbeiten nicht ausgeführt hat. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2021 (Bd. V Bl. 175 d.A.) eingewandt hat, es sei auch gar nicht möglich, Kassetten und Trapezbleche ohne die Herstellung von Anschlüssen ordnungsgemäß zu montieren, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Die Beklagte ist diesem Einwand substantiiert entgegengetreten (Bd. V Bl. 193 d.A.), indem sie ausgeführt hat, dass die fehlenden Anschluss- und Eckarbeiten gemäß der IFPS-Richtlinie unabhängig von den vorausgehenden Montagearbeiten der Kassetten-, Wärmedämmungsverlegungen und Montage der Trapezprofile seien, weshalb die Montage dieser Arbeiten durchgeführt werden könnten, ohne dass hierfür Eckanschlüsse vorab gefertigt werden müssten. Dies hat auch der Sachverständige in der mündlichen Erläuterung seines Ergänzungsgutachtens vom 17. März 2021 im Termin am 24. August 2021 bestätigt (Bd. VI Bl. 41 d.A.).

Auch der Einwand der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2021 (Bd. V Bl. 175 f.), es sei nicht unstreitig, dass sie die Anschlussarbeiten nicht ausgeführt habe, weil sie in den Bereichen, in denen sie die Montage ausgeführt habe, Dichtbänder eingebaut habe, was ohne Ausführung von Anschlussarbeiten nicht möglich gewesen sei, verhilft der Berufung der Klägerin nicht zum Erfolg. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten hierzu mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 (Bd. V Bl. 192 ff.) handelt es sich hierbei um Befestigungsmaßnahmen, ohne die eine Montage zwar in der Tat nicht möglich sei, aber eben nicht um Anschlussarbeiten. Dies hat auch der Sachverständige in der mündlichen Erläuterung seines Ergänzungsgutachtens bestätigt. Der Sachverständige hat hierzu nachvollziehbar und überzeugend angegeben, und auch in diesem Punkt schließt sich der Senat den Angaben des Sachverständigen nach eigener Prüfung an, dass das Anbringen der Dichtbänder eindeutig zu den Montagearbeiten und nicht zu den Anschlussarbeiten gehöre, -und das Anbringen von Dichtbändern zur Erbringung der Montageleistungen gehöre. Es gebe lediglich bei den Anschlussarbeiten “immer wieder” Stellen, wo Dichtbänder angebracht werden müssten.

Zu der Frage, welche Anteile bei der Herstellung der Metallfassade die einzelnen Teilleistungen am Gesamtaufwand und somit am Einheitspreis von 50,61 Euro/m2 haben, hat das Gericht entsprechend der Beschlüsse vom 16. Mai 2017 (Bd. II, Bl. 116 f.) und 27. März 2018 (Bd. III, Bl. 198) und 29. September 2020 (Bd. V. Bl. 89 f.) Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Dabei steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zweifelsfrei für den Senat fest (§ 286 ZPO), dass die einzelnen Teilleistungen bei der Herstellung der Metallfassade bei den Positionen 1 und 2 der Rechnungen wie folgt zu bewerten sind:

Montage Kassetten

13,59 Euro

Herstellen Anschlüsse Kassetten

6,65 Euro

Verlegung Wärmedämmung

4,05 Euro

Montage Trapezprofile

19,67 Euro

Herstellen Anschlüsse Trapezprofile

6,65 Euro

Soweit der Sachverständige Dr.-Ing. ### zunächst in seinen schriftlichen Gutachten vom 9. Januar 2018 und 8. Juni 2018 (und auch im zweiten Ergänzungsgutachten vom 17. März 2021) zu einer anderen Aufteilung des Einheitspreises (Montage Kassette 20,24 Euro/m2, Verlegen Wärmedämmung 4,05 Euro/m2 und Montage Trapezblech 26,32 Euro/m2) gekommen ist, waren diese nicht zugrunde zu legen, weil der Sachverständige bei dieser Berechnung noch nicht die Leistungsanteile unter Berücksichtigung des Anteils der Fassadenanschlüsse an Ecken, Wänden, Dächern, Öffnungen etc. im Verhältnis zur abrechenbaren Fassadefläche berücksichtigen konnte, die – wie bereits ausgeführt – vertraglich geschuldet und als Teilleistungen von der Klägerin nicht erbracht worden sind.

Dabei hat der Sachverständige auf S. 5 in seinem Ergänzungsgutachten vom 8. Juni 2018 ausgeführt, dass grundsätzlich für nicht erbrachte Teilleistungen (Anschlüsse) aus baubetrieblicher Sicht Abzüge vorzunehmen seien. Eine präzise Bewertung der Leistungen unter Berücksichtigung des Anteils der Fassadenanschlüsse an- Ecken, Wänden, Dächern, Öffnungen etc. im Verhältnis zur abrechenbaren Fassadenfläche war ihm in den ersten beiden Gutachten vom 9. Januar und 28. Juni 2018 jedoch nicht möglich, weil die Beurteilung ohne Einbeziehung der durch die Beklagte zur Verfügung gestellten maßstäblichen Zeichnungen erfolgte und das Bausoll damit nicht genau definierbar war.

Soweit die Klägerin insoweit bestritten hat, dass ihr diese Pläne zur Angebotsbearbeitung vorgelegen haben, ist dieses Bestreiten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) widerlegt, weshalb diese Pläne der weiteren Beweiserhebung durch das zweite Ergänzungsgutachten des Sachverständigen ### vom 17. März 2021 aufgrund des Beschlusses des Senats vom 29. September 2020 zugrunde gelegt worden sind.

Die Zeugen ### und ### haben bei ihrer Vernehmung vor dem Senat im Termin vom 8. Oktober 2019 (Bl. 156 ff. Bd. IV) zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) nachvollziehbar und widerspruchsfrei und damit glaubhaft angegeben, auf dem streitgegenständlichen Bauvorhaben in Luxemburg als Bauleiter (Zeuge ###) bzw. als rechte Hand desselben (Zeuge ###) eingesetzt gewesen zu sein und über Zeichnungen verfügt und diese mit dem Geschäftsführer der Klägerin durchgesprochen zu haben. Bei diesen Zeichnungen habe es sich um die Montagepläne der Anlagen BK 13 a, BK 13 b und BK 13 c gehandelt. Die Übergabe der Montagepläne an den Geschäftsführer der Klägerin sei nach Baufortschritt jeweils im Baubüro erfolgt. Der Zeuge ### ergänzte seine Bekundungen weiter dahingehend, dass er selbst beobachtet habe, dass Mitarbeiter der Klägerin diese Montagepläne auf der Rüstung benutzt hätten. Der Zeuge ### führte weiter glaubhaft und nachvollziehbar aus, dass es sich um Fassadenzeichnungen gehandelt habe, deren genauen Inhalt er zwar nicht mehr erinnere, aber ohne die die streitgegenständlichen Arbeiten gar nicht hätten ausgeführt werden können. Er konnte sich darüber hinaus auch – genauso wie der Zeuge ### – daran erinnern, dass die Zeichnungen mit den Mitarbeitern der Klägerin auf der Rüstung durchgesprochen worden seien, wobei er präzisierte, dass es sich dabei vornehmlich um die ebenfalls in der Sitzung vom 11. August 2020 (Bl. 44 ff. Bd. V) vor dem Senat vernommenen Zeugen ### gehandelt habe, da diese bei der Klägerin als Bauleiter beschäftigt gewesen seien.

In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass die Klägerin unstreitig stellt, dass sie vor und während der Bauausführung per E-Mail Pläne im Datenformat PDF übersendet bekommen hat, so dass ihr diese bekannt waren, wenn auch, wie sie behauptet, ohne maßstäblich übertragbare Maßangaben (Bd. III, Bl. 142). Dass eine Übersendung von Planungsunterlagen per E-Mail mit PDF-Dateien von Beklagten- an Klägerseite stattgefunden hat, hat auch die Zeugin ### bei ihrer Vernehmung vor dem Senat in der Sitzung vom 11. August 2020 (Bl. 44 ff. Bd. V) bestätigt. Diese gab darüber hinaus weiter an, dass sämtlicher Schriftverkehr über ihren Schreibtisch als Geschäftsführerin gegangen sei und “sie“, die Klägerin, sukzessive Teile von Plänen im DIN-A-4-Format erhalten habe, die teilweise gefaxt und zeitweise per E-Mail im PDF-Format übersandt worden seien. Die Pläne der Anlage BK 13a bis 13c seien der Klägerin erst nach der Kündigung übergeben worden. Die gefaxten oder auch zuvor übergebenen Pläne seien Teilausschnitte davon. Ob diese in der Summe die großen Pläne ergeben würden, wisse sie nicht. Große Ausführungszeichnungen hätten sie nicht erhalten, insbesondere habe sie der Geschäftsführer der Klägerin nicht mitgebracht. Vor der Kündigung des Vertrages sei sie nicht regelmäßig bei Besprechungen im Baubüro anwesend gewesen. Im Büro der Baustelle sei zwar ein Plotter vorhanden gewesen, dieser habe jedoch zeitweise nicht funktioniert. Sie glaube, es ausschließen zu können, dass geplottete Pläne von Herrn ### an ihren, der Zeugin, Vater, dem Geschäftsführer der Klägerin, übergeben worden seien. Sie habe in dem Zusammenhang auch angeregt, dass die Pläne durch den Bauleiter der Kundin in einem anderen Baubüro hätten ausgeplottet werden können, was abgelehnt worden sei. Anhand der kleinen Pläne seien die Arbeiten ausgeführt worden oder es sei ohne Pläne vorgearbeitet worden. Das Fehlen der ausgeplotteten Pläne sei per E-Mail und telefonisch von ihr beanstandet worden. Die ihr vorgehaltenen Pläne der Anlage BK 13 a bis 13c hätten erst nach der Kündigung vorgelegen.

Sofern die Zeugen ### zu dieser entscheidungserheblichen Frage in der Sitzung vom 11. August 2020 (Bl. 44 ff. Bd. V) vernommen worden sind, waren deren Angaben unergiebig, da sie zu den entscheidungserheblichen Tatsachen ihrem Bekunden nach keine Erinnerung (mehr) hatten, was angesichts des inzwischen mehr als zehn Jahre zurückliegenden Zeitraums und der Angabe des Zeugen ###, nach der er seitdem auf etwa 300 Baustellen als Bauleiter gearbeitet hat, durchaus lebensnah erscheint. Beide Zeugen hatten auch keinerlei Erinnerung daran, ob es Probleme mit der Bauausführung und/oder Übergabe von Montageplänen gegeben habe.

Im Übrigen bleibt die Klägerin die Erklärung schuldig, wie sie überhaupt ein Angebot hat erstellen und in der Folge die Arbeiten hat ausführen können, wenn ihr die Pläne nicht vorlagen.

Die Zeugin ### konnte hierzu auch keine eigenen Wahrnehmungen wiedergeben, sondern äußerte letztlich lediglich Vermutungen, denn aufgrund ihrer Angaben steht bereits fest, dass sie bei Besprechungen auf der Baustelle nicht regelmäßig anwesend gewesen ist und schon deshalb aus eigener Wahrnehmung hierzu nichts zu bekunden hatte.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat für die Aufteilung des Einheitspreises der Positionen 1 und 2 die Feststellungen des Sachverständigen Dr.-Ing. ### in seinem. 2. Ergänzungsgutachten vom 17. März 2021 zugrunde gelegt (vgl. Tabelle 5: Zusammensetzung Einheitspreis, S. 9 des Gutachtens).

Die Aufteilung des Einheitspreises und die gutachterlichen Ausführungen sind alle in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Die Klägerin greift diese auch nicht substantiell an. Die Beklagte bezeichnet die Ausführungen des Sachverständigen in ihrer letzten Stellungnahme zu dem zweiten Ergänzungsgutachten (Bl. 183 f. Bd. V) ausdrücklich als zutreffend. Mit zutreffenden und nachvollziehbaren Erwägungen, die sich der Senat nach eigener Prüfung zu eigen macht, kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass bei einem (unstreitigen) Einheitspreis von 50, 61Euro/m2 ein Abzug bei den abgerechneten Leistungen für nicht erbrachte Teile von insgesamt 13,30 Euro/m2 für fehlende Anschlussarbeiten bei Kassetten- und Trapezprofilanschlüssen von jeweils 6,65 Euro vorgenommen werden müsse (vgl. Seite 8 f. des Ergänzungsgutachtens vom 17. März 2021).

Soweit die Klägerin den vom Sachverständigen festgesetzten Anteil für den Aufwand der Montage der Kassetten in Höhe von 40 % der Gesamtleistung (= 20,24 Euro/m2) in Zweifel zieht und insbesondere einen Mehraufwand aufgrund Verwendung einer Hebeeinrichtung behauptet, hat der Sachverständige hierzu in seinem Ergänzungsgutachten vom 8. Juni 2018 bereits plausibel und nachvollziehbar Stellung genommen und darauf verwiesen, dass das verwendete Hebegerät nicht relevant sei, da sich ein eventueller Mehraufwand auf alle Teilleistungen gleich auswirke.

Hieraus kann die Klägerin mithin keine für sie günstigen Folgen ableiten.

Sofern die Klägerin weiter die von dem Sachverständigen angestellten Berechnungen und Berechnungsgrundlagen in ihrem Schriftsatz vom 14. Mai 2021 (Bl. 172 ff. Bd. V d.A.) angegriffen und Ergänzungsfragen formuliert hat, auf die der Senat Bezug nimmt, sind diese durch die erneute Anhörung des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. August 2021 (Bl. 41 ff. Bf. VI d. A.) aufgeklärt worden. Insoweit hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, und der Senat schließt sich den zutreffenden Erwägungen nach eigener Prüfung an, dass es sich bei dem Baupreislexikon welches durch die Firma ### herausgegeben werde, nicht um ein Technikregelwerk handele, sondern um ein Kalkulations-Tool, mit welchem die Löhne und Preise nahezu tagesaktuell ermittelt werden könnten. Er selbst habe bei seiner Kalkulation, insbesondere was die Abzüge für die nicht erbrachten Teile der streitgegenständlichen Leistungen der Klägerin anginge, jedoch nicht auf das Baupreislexikon zurückgegriffen, sondern lediglich die dort dargestellten Aufwandswerte genutzt. In diesem Punkt würden sich auch keine Unterschiede ergeben, sondern europaweit derselbe Aufwand anfallen. Der Standort des Bauvorhabens in ### spielt nach alldem also keine Rolle für die Preisfindung.

Dies überzeugt nach Auffassung des Senats insbesondere deshalb, weil es, wie der Sachverständige weiter zutreffend ausführt, vorliegend lediglich um die Lohnkosten zwecks Aufschlüsselung des fest vereinbarten Einheitspreises ging, den die Parteien als solchen auch nicht angreifen. Alternative Erkenntnisquellen zur Baupreisfindung würden nach den Angaben des Sachverständigen zwar existieren, allerdings würden sich diese in der Regel nur auf Rohbauleistungen beziehen, und nicht auf Fassaden. Im Übrigen sei das Baupreislexikon schon allein deshalb bei der Preisbildung vorzuziehen, weil es im Gegensatz zu gedruckten Regelwerken nahezu tagesaktuell sei.

Die Klägerin behauptet darüber hinaus auch weiteren Mehraufwand, weil ein Austausch der C-Profile durch U-Profile erforderlich geworden sei (Bd. 111, Bl. 174 d.A.) und die Kassetten entgegen der Leistungsbeschreibung nicht mit Bolzen, sondern mittels der Herstellung von Langlöchern an der Fassade montiert worden seien (Bd..111, Bl. 174/175).

Hierzu gilt Folgendes:

Die von der Klägerin behaupteten Abweichungen vom Leistungsverzeichnis würden Preisgrundlagenänderungen nach § 2 Abs. 5 VOB/B darstellen, für die ein neuer Preis hätte vereinbart werden können. Dass die Klägerin dies jemals verlangt hat, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, so dass dieser behauptete Mehraufwand, wenn es ihn denn tatsächlich gegeben hat – die Beklagte bestreitet dies -, nicht im Rahmen des Anteils für den Aufwand der Montage der Kassetten zu berücksichtigen ist.

e) Bei Zugrundelegung der von dem Sachverständigen ermittelten Aufteilung der Einheitspreise für die Positionen 1 und 2 aus der Rechnung vom ### 2010 und der erbrachten Leistungen, wobei – wie dargelegt – hier grundsätzlich von den ermittelten Maßen der Beklagten auszugehen war, steht der Klägerin aus dieser Rechnung ein Vergütungsanspruch in Höhe von insgesamt 44.008,49 Euro netto bzw. 50.009,76 Euro brutto zu. Von diesem Anspruch sind Abzüge für Wasser und Strom und für die Bauwesenversicherung vorzunehmen sowie die bereits erbrachten Zahlungen abzuziehen, so dass noch ein restlicher Vergütungsanspruch in Höhe von 3.895,91 Euro verbleibt, der jedoch aufgrund der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit Avalzinsen erloschen ist, § 389 BGB.

Im Einzelnen:

Aus dem aus 13 Positionen bestehenden Auftrags-Leistungsverzeichnis (Anlage K 6) hat die Klägerin lediglich die Positionen 1-3 und 12 als teilweise erbracht abgerechnet, die das Landgericht fehlerhaft ohne Beweisaufnahme als begründet angesehen hat.

Zu Pos. 1 der Rechnung:

Nach dem Auftragsleistungsverzeichnis (Anlage K 6) waren auf 2.139 m2 Kassetten, Wärmedämmplatten und Trapezprofile an der Fassade der Kesselhauswand zum Einheitspreis von 50,61 Euro zu montieren.

Da die Klägerin, wie an anderer Stelle ausgeführt, darlegungs- und beweispflichtig für die von ihr tatsächlich erbrachten Leistungen ist, der Vortrag zum Aufmaß aber zum einen nicht schlüssig ist und zum anderen von der Beklagten bestritten wird, ist grundsätzlich das Aufmaß der Beklagten zugrunde zu legen.

Diese hat hinsichtlich der Kassetten folgende Maße ermittelt:

Fassade F

692,62 m2

Fassade 12.2

167,83 m2

Fassade D

490,62 m2

Insgesamt ergibt dies eine Fläche von 1.351,07 m2. Unter Zugrundelegung der vom Sachverständigen ermittelten 13,59 Euro/m2 folgt daraus ein Gesamtbetrag in Höhe von 18.361,04 Euro.

In Bezug auf die Wärmedämmung hat die Beklagte folgende Maße angenommen:

Fassade F

692,20 m2

Fassade 12.2

0,00 m2

Fassade D

0,00 m2

Bei einer Fläche von 692,20 m2 x 4,05 Euro ergibt dies einen Gesamtbetrag von 2.803,41 Euro.

Hinsichtlich der Trapezbleche hat die Beklagte folgende Maße zugestanden:

Fassade F

692,62 m2

Fassade 12.2

0,00 m2

Fassade D

0,00 m2


Bei einer Fläche von 692,62 m2 x 19,67 Euro ergibt dies einen Gesamtbetrag von 13.623,84 Euro.

Insgesamt sind daher 34.788,29 Euro für die Position 1 in Ansatz zu bringen.

Zu Pos. 2 der Rechnung:

Die Position entspricht der Position 1, betrifft aber die Fassade Müllbunker Kesselhaus, die nach Leistungsverzeichnis (Anlage K 6) mit 113 m2 zum Einheitspreis von 50,61 EURO in Auftrag gegeben und von der Klägerin mit entsprechender Fläche als voll erbracht zum Preis von 50,61 Euro/m2 abgerechnet wurde.

Die Beklagte hat in ihrer Rechnungsprüfung (Anlage B 10 und B 11) statt der 113 m2 sogar deutlich darüber hinausgehende 198,88 m2 für Kassetten, 198,88 m2 für Trapezprofile, aber nur 96,8 m2 für Dämmplatten angeführt. Der Ansatz für die Wärmedämmung ist dabei allerdings nicht nachvollziehbar. Denn nach der von der Beklagten selbst eingereichten Skizze (Anlage B 13) ist ein Aufbau von innen nach außen (Kassette Dämmung Trapezblech) vorgesehen. Wenn die Beklagte daher für Kassetten und Trapezbleche jeweils ca. 198 m2 anerkennt, dann ist nicht verständlich, wieso die Fläche der eigentlich dazwischenliegenden Dämmung nur geringere 97 m2 betragen soll. Für die Anteile, die der Berechnung für die Dämmung zugrunde gelegt werden, sind daher dieselben Flächen wie für die Trapezprofile anzusetzen, d.h. 198,88 m2.

Danach ergibt sich für die Position 2 ein Gesamtbetrag in Höhe von 7.420,20 Euro, der sich wie folgt zusammensetzt:

198,88 x 13,59 Euro = 2.702,77 Euro 198,88 x 4,05 Euro = 805,47 Euro 198,88 x 19,67 Euro = 3.911,97 Euro

Zu Pos. 3 der Rechnung:

Laut Auftragsleistungsverzeichnis (Anlage K 6) betraf diese Position den Warmdachaufbau Kesselhaus mit Trapezprofilen, Dampfsperre, Wärmedämmung 25 cm zweilagig, Dachentwässerung (Gullys, Fallrohre, Notablauf, Sekuranten), Dampfsperre überlappend verlegt inkl. Verlegung von Gehwegplatten und Gummimatten. Die Fläche sollte 600 m2 und der Einheitspreis 47,40 EURO betragen. Die Klägerin hat je 600 m2 Trapezprofile und “Verl. Dämmung” zu Einheitspreisen von 30,81 EURO und 16,59 Euro abgerechnet und behauptet, die Leistung voll erbracht zu haben (Bd. I, Bl. 14). Die Beklagte hat dies hinreichend substantiiert bestritten und vorgetragen (Bd. I, Bl. 66; Bd. III, Bl. 6), dass die Leistungen nicht wie behauptet erbracht worden seien, sondern lediglich einige Quadratmeter Trapezprofile verlegt worden seien, jedoch weder Dämmung aufgebracht, Dampfsperren ausgeführt noch Gullys, Fallrohre oder Notablauf für Sekuranten (lt. Internet: Absturzsicherungen), Gehweg- und Gummiplatten verlegt worden seien. Bei der Verlegung der Trapezbleche habe die Klägerin zudem sämtliche Ausschnitte zu groß ausgeschnitten bzw. seien diese nicht nach Verlegeplan verlegt worden, so dass sie einschließlich des Dämmmaterials wieder hätten entfernt werden müssen (Bd. III, Bl. 90).

Grundsätzlich hat die Klägerin die fehlerhaften Ausschnitte für die Rauch- und Wärmeabzugsanlage-Öffnungen (RWA) unstreitig gestellt (Bd. III, Bl. 43 f.), jedoch unter Beweisantritt vorgetragen, dass die nur erfolgt sei, weil die Beklagte insoweit fehlerhafte Pläne mit falschen Angaben zur Größe der Ausschnitte und entsprechend auch fehlerhaftes Material zur Verfügung gestellt habe, was sie, die Klägerin, nicht habe erkennen können (Bd. I, Bl. 113; Bd. II, Bl. 144). Die von der Beklagten vorgelegten Zeichnungen (Anlage BK 12 und BK 13) hätten ihr im Zeitpunkt der Ausführung nicht vorgelegen, im Übrigen seien in der Anlage BK 13 keine Öffnungen dargestellt (Bd. III, Bl. 108). Die Beklagte bestreitet dies und hat ebenfalls Beweis durch Zeugenvernehmung und Sachverständigengutachten angeboten (Bd. I, Bl. 151; Bd. II, Bl. 65, 187; Bd. III, Bl. 88 ff.).

Unabhängig von der Frage der Beweislast für die (fehlende) mangelfreie Erbringung der berechneten Leistung ist der Vortrag der Klägerin jedenfalls nicht ausreichend substantiiert, weshalb auch eine Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung ausscheidet. Denn eine Aushändigung fehlerhafter Pläne durch die Beklagte als Ursache für die mangelhafte Werkleistung wäre nur dann schlüssig vorgetragen, wenn die Klägerin diese Pläne vorgelegt hätte, um anhand ihres Inhalts prüfen zu können, worin das Fehlerhafte in der Planzeichnung zu sehen sei. Der Senat kann auf der vorgetragenen Grundlage aber insbesondere nicht feststellen, ob der Vortrag der Klägerin entscheidungserheblich und gegebenenfalls beweisbedürftig wäre.

Damit war der erhobene Anspruch auf Zahlung von 28.440,00 Euro hinsichtlich der Position zu 3. mangels schlüssiger Darlegung zurückzuweisen.

Zu Pos. 12 der Rechnung:

Beauftragt waren. laut Leistungsverzeichnis (Anlage K 6) der Einbau von 53 Fenstern, Wandöffnungsanschluss für Fenster inklusive aller allgemeinen verlegetechnischen Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01 zum Einheitspreis von 148,42 Euro. Die Klägerin hat 20 Fenster als voll erbracht abgerechnet. Die Beklagte hat die vollständige Erbringung bezüglich dieser 20 Fenster bestritten (Bd. I, Bl. 67 f.) und hält allenfalls einen Anteil von 90,00 Euro vom Einheitspreis für angemessen. Sie begründet dies damit, dass vorliegend nur zwei von sechs erforderlichen Arbeitsschritten erbracht worden seien, nämlich die Ausschnitte der Öffnungen in die fertige Fassade und das Einsetzen der Fenster in die Fassade.

Das Landgericht hat die Forderung als begründet angesehen, weil die Anschlussarbeiten in Position 12 nicht aufgeführt seien und zur IFBS-Richtlinie 8.01 nicht substantiiert vorgetragen sei. Dies begegnet durchgreifenden Bedenken. Denn die Beklagte hat unter Hinweis auf die Vereinbarung in dem Leistungsverzeichnis, dass der Einbau der Fenster inklusive aller allgemeinen verlegetechnischen Vorschriften der IFBS-Richtlinie 8.01 vereinbart war und. der detaillierten Darlegung, welche Tätigkeiten eine ordnungsgemäße Montage erfordert hätte (Bd. I Bl. 67 d.A.) und welche Arbeitsschritte die Klägerin lediglich erbracht habe, substantiiert vorgetragen. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, dem im einzelnen entgegenzutreten und die Vollständigkeit des Fenstereinbaus nach Maßgabe der verlegetechnischen Vorgaben der Richtlinie darzulegen. Dies ist nicht geschehen.

Dass die Klägerin entsprechend der Behauptung der Beklagten nach dem Leistungsverzeichnis verpflichtet gewesen ist, die Fenster erst nach einer Montageanleitung zusammenzubauen, ist allerdings nicht erkennbar. Im Regelfall werden Fenster bereits in fertig montiertem Zustand mit Verglasung auf die Baustelle geliefert. Die Klägerin war nicht mit der Herstellung und Lieferung von Fenstern beauftragt, sondern nur mit dem “Einbau von Fenstern“. Sie war daher auch nicht zur Verglasung verpflichtet. Darauf kommt es aber im Ergebnis auch nicht an, denn unstreitig sind die 20 Fenster zusammengebaut worden.

Wenn die Klägerin es nicht gewesen sein will, muss es die Beklagte selbst oder eine sonstige Drittfirma gewesen sein. Der Transport der Fenster zum konkreten Montageort dürfte im geschuldeten Leistungsumfang der Klägerin dagegen mit enthalten sein. Auch dies ist aber geschehen. Soweit die Klägerin ferner meint (Bd. I, Bl. 114), sie sei nicht verpflichtet gewesen, die Ausschnitte in der Fassade herzustellen, dürfte diese Leistung eigentlich schon Gegenstand der geschuldeten Fassadenherstellung entsprechend den übergebenen Plänen gewesen sein (vgl. Anlage K 11). Entsprechend den Besonderheiten der Fassade und der hierfür geltenden und vereinbarten Richtlinie war die Klägerin zweifelsohne auch verpflichtet, den Einbau der Fenster nach diesen Maßstäben umzusetzen. Dies ist offensichtlich nicht bzw. nicht vollständig geschehen, denn die Klägerin behauptet selbst (Bd. I, Bl. 115), dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, die Fenster- und Laibungsbleche zu montieren und Dichtungen einzusetzen. Dies gehört im Normalfall zum ordnungsgemäßen Einbau von Fenstern. Nach der Richtlinie sind die Dichtungen und auch Sohlbänke einzusetzen. Ist dies – wie offensichtlich unstreitig – nicht geschehen, so hat die Klägerin ihre Leistung auch bei den berechneten 20 Fenstern noch nicht vollständig erbracht. Wie sie auf welche sonstige Weise die Fenster eingebaut haben will, hat die Klägerin nicht dargetan. Ihr pauschaler Vortrag (Bd. I, Bl. 114), sie habe die “Rahmen der Fenster vertragsgemäß eingebaut“, ist unter Beachtung der vorstehenden Umstände zu unsubstantiiert und der angetretene Zeugenbeweis (Bd. I, Bl. 114) würde auf eine im Zivilprozess unzulässige Ausforschung hinauslaufen.

Soweit die Beklagte auch Sicherungsarbeiten, wie Marken der Scheiben und Warnhinweise, solange die Scheiben noch nicht festmontiert waren, als nicht erbracht beanstandet (Bd. I, Bl. 68), ist eine entsprechende Leistungsverpflichtung weder aus dem Leistungsverzeichnis noch aus der Richtlinie erkennbar.

Auf der Grundlage der im Übrigen nachvollziehbaren Darlegung der Beklagten, weshalb für 20 Fenster als Wert jeweils 90,00 Euro zugrunde zu legen waren, hat der Senat den Wert der erbrachten Leistung auf dieser Grundlage gemäß § 287 Abs. 2 ZPO geschätzt. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin sich in erheblichem Umfang nicht an die Anforderungen für den Einbau der Fenster gehalten hat, den die Beklagte schlüssig darlegt.

Dies ergibt für die Rechnungsposition einen Anspruch von 1.800,00 Euro als berechtigte Forderung der Klägerin.

f) Abzug für Strom/Wasser, Versicherung und Sicherheitseinbehalt

Soweit das Landgericht für Wasser/Strom gemäß Ziffer 14.6 des Verhandlungsprotokolls (Anlage K 1) 3% der Bruttoschlussrechnungssumme und für die Bauwesenversicherung gemäß Ziffer 8.1 des Protokolls 0,27% der Nettoabrechnungssumme und danach insgesamt 3.623,09 Euro und 283,55 Euro abgezogen hat, sind die Berufungsangriffe der Klägerin ebenfalls nichtberechtigt, da die Vereinbarung zwischen den Parteien so getroffen worden ist und auch keine Wirksamkeitshindernisse bestehen. Mit dem erst in zweiter Instanz vorgetragenen Abzug eines Sicherheitseinbehalts ist die Beklagte ausgeschlossen.

aa) Versicherung

Bezüglich der Versicherungsbeteiligung ist der Text im Protokoll der Beklagten formularmäßig vorgedruckt. Dennoch unterliegt die Klausel über die Bauwesenversicherung nicht der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, weil sie keine Preisnebenabrede regelt. Leistungsbeschreibungen, die dazu dienen, die Art und den Umfang der vertraglichen Leistungspflicht unmittelbar zu regeln, sind der Inhaltskontrolle entzogen (BGH, Urteil vom 10. Juni 1999, Az. VII ZR 365/98, NJW 1999, 3260; BGH, Urteil vom 06. Juli 2000, Az. VII ZR 73/00, NJW 2000, 3348).

Nach dem Inhalt des Protokolls wurde eine Bauleistungsversicherung abgeschlossen, lag also bei Vertragsschluss schon vor. Die Klägerin hätte sich diese ohne Weiteres vorlegen lassen können, wozu sie damals offensichtlich keine Veranlassung gesehen hat. Soweit die Klägerin diese Versicherung jetzt im Nachhinein bestritten hat, ist dies unerheblich, einer Erhebung der von der Beklagten angetretenen Beweise (Bd. II, Bl. 118) bedarf es nicht.

bb) Strom- und Wasserkosten

Bezüglich der Strom- und Wasserkosten hat das Landgericht darauf abgestellt, dass es sich hierbei um eine Individualabrede handelt, die nicht der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegt. Dies greift die Klägerin zu Recht an. Zwar spricht es indiziell dafür, dass dann; wenn in einem vorformulierten Vertragstext handschriftlich eine nicht vorgesehene und auch nicht im Wege der “Lückenausfüllung” zu ergänzende gesonderte Regelung hinzugesetzt wird, es sich um eine Individualvereinbarung handelt (BGH, Urteil vom 12. Mai 1992, Az. XI ZR 258191, NJW 1992, 2285 [2286]). Stichhaltig ist die Argumentation des Landgerichts nach dem Gesetzeswortlaut des § 305 BGB jedoch nicht, worauf die Klägerin in der Berufung zu Recht hinweist. Maßgebend ist vielmehr, dass diese Klausel tatsächlich individuell ausgehandelt wurde, was mehr als ein bloßes Verhandeln bedeutet (Grüneberg in: Palandt, BGB, 80. Auflage 2021, § 305 Rn. 20). Für eine beabsichtigte« mehrfache Verwendungsabsicht der Beklagten spricht die Klausel selbst, denn die generalisierende Formulierung deutet auf eine Vereinbarung der Umlage auch mit den anderen Baubeteiligten hin.

Die Klägerin hat zudem unter Beweisantritt bereits erstinstanzlich nachvollziehbar vorgetragen, dass bei ihren Arbeiten kaum Strom und Wasser verbraucht worden und deswegen auch nur eine Beteiligung von 3 °/00 und nicht 3 % vereinbart worden sei (Bd. I, Bl. 116 f. und Bd. II, Bl. 32 f.). Auch dies spricht für die individuelle Aushandlung unter Berücksichtigung der konkreten Verbrauchssituation der Klägerin. Danach ist vorliegend von einer Vereinbarung von zumindest 3 ‰ auszugehen, die auch einer Inhaltskontrolle standhält. Die Beweislast dafür, dass es sich um eine AGB-Klausel handelt bzw. nur 3 %o vereinbart wurden, trifft zwar die Klägerin, die sich darauf beruft (Palandt a.a.O. Rn. 23).

Die Beklagte hat die Behauptung, dass die Vereinbarung nur 3 %o betroffen habe, jedoch nicht konkret bestritten.

cc) Sicherheitseinbehalt

Erstmals im Schriftsatz vom 28. Oktober 2016 (Bd. III, Bl. 7) hat die Beklagte auch einen Sicherheitseinbehalt von 5 % der Bruttoabrechnungssumme geltend gemacht. Ein solcher ist zwar in Ziffer 9.5 des Verhandlungsprotokolls grundsätzlich vereinbart worden, allerdings wird dort auf die Dauer der Verjährungsfrist gemäß Ziffer 12 des Verhandlungsprotokolls verwiesen, die dazu überhaupt keine Aussage enthält Gewährleistungsfristen nach VOB/B oder BGB sind inzwischen jedoch abgelaufen und die Beklagte begehrt vorliegend auch keine Mangelbeseitigung mehr, so dass ein Anspruch auf den Sicherheitseinbehalt nicht mehr besteht.

2. Rechnung ###

Mit der Rechnung (Anlage K 12) hat die Klägerin entgangenen Gewinn von 15% für nicht mehr erbrachte Leistungen in Höhe von 14.045,14 EUR geltend gemacht, die das Landgericht zu Recht abgewiesen hat. Die Klägerin greift dies mit ihrer Berufung ohne Erfolg an. Ihr steht ein entsprechender Anspruch nicht zu.

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Rechnung als nicht prüffähig angesehen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Beklagte die Rechnung innerhalb der Frist des § 1.6 Nr. 3 VOB/B als nicht prüffähig beanstandet hat, wie zwischen den Parteien streitig ist. Selbst wenn eine entsprechende Zurückweisung nicht erfolgt wäre, hätte dies nur zur Folge, dass eine Sachprüfung des geltend gemachten Vergütungsanspruchs erfolgen müsste, wozu auch dessen schlüssige Darlegung gehört. Dies ist weder in der Rechnung noch sonst geschehen. Zu Recht hat das Landgericht auf das im Vorverfahren zwischen den Parteien erlassene Urteil des Bundesgerichtshofes vom 6. März 2014 – VII ZR 349/12 – Bezug genommen, in dem der Bundesgerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Unternehmer zur Darlegung seiner Forderung ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb vorzutragen und zu beziffern hat und nicht die hier erfolgte Beschränkung auf die Behauptung eines bestimmten Gewinnentgangs ausreicht.

Letztlich kann auch dies dahinstehen, denn der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Vergütung der nicht erbrachten Leistungen zu, weil die fristlose Kündigung vom ### 2010 (Anlage K 7) aus wichtigem Grund aus den zutreffenden Gründen des Landgerichts berechtigt war und es sich mithin nicht um eine freie Kündigung im Sinne von § 8 Nr. 1 VOB/B gehandelt hat.

a) Nach bislang richterrechtlich geprägten Grundsätzen, die zwischenzeitlich. Eingang in die seit dem 1. Januar 2018 geltende, hier gemäß Art. 229 § 39 EGBGB noch nicht unmittelbar anwendbare Vorschrift des § 648a BGB gefunden haben, besteht in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 314 BGB nämlich ein – eine Vergütungspflicht für nicht erbrachte Leistungen ausschließendes – außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers, wenn der Werkunternehmer Vertragspflichten derart verletzt, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (vgl. nur BGH, NJW 2016, 1945 [1949], Rdnr. 40 mit weiteren Nachweisen; beispielhaft aus dem Schrifttum Joussen/Vygen in: Ingenstau/Korbion, VOB, 21. Aufl. 2020, vor §§ 8, 9 VOB/B Rdnr. 14).

Unabhängig von § 8 Abs. 3 VOB/B ist der Auftraggeber also nur dann berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen, wenn der Auftragnehmer seine Vertragspflichten in dem vorbezeichneten Sinn gravierend verletzt. Ein solcher Sachverhalt kann auch gegeben sein, wenn es zu einer vom Auftragnehmer zu vertretenden ganz beträchtlichen Verzögerung des Bauvorhabens gekommen ist und es dem Auftraggeber bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht zugemutet werden kann, eine weitere Verzögerung durch Nachfristsetzung hinzunehmen oder eine solche von vornherein keinen Erfolg verspricht (BGH, Urteil vom 08. März 2012 –VII ZR 118/10). Eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung ist in Fällen der schwerwiegenden Vertragsverletzung grundsätzlich nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95). Eine fristlose Kündigung ohne Nachfristsetzung ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Auftragnehmer trotz Abmahnungen des Auftraggebers mehrfach und nachhaltig gegen eine Vertragspflicht verstößt und wenn das Verhalten des Auftragnehmers ein hinreichender Anlass für die Annahme ist, dass der Auftragnehmer sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 –VII ZR 140/95). Insbesondere ist der Auftraggeber berechtigt, einen Bauvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn. der Auftragnehmer die Erfüllung des Vertrags unberechtigt und endgültig verweigert und es deshalb der vertragstreuen Partei nicht zumutbar ist, das Vertragsverhältnis fortzusetzen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 393/98).

Diese Voraussetzungen liegen hier in der Gesamtschau vor. Die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs für die infolge der Kündigung nicht mehr erbrachten Leistungen gemäß § 8 Nr. 1 Absatz 2 VOB/B, § 649 Satz 2 BGB sind damit nicht gegeben.

Das Landgericht hat insoweit auf den im vorangegangenen Verfahren erlassenen Beschluss des Kammergerichts vom 27. Januar 2012 – 21 U 174/10 – Bezug genommen und sich dessen Gründe zu den Ziffern 5 und 6 nach eigener Würdigung zu eigen gemacht. Auch der Senat geht aus diesen zutreffenden Gründen davon aus, dass die Kündigung vom 28. Januar 2010 aus wichtigem Grund gerechtfertigt war.

Der 21. Zivilsenat des Kammergerichts führt in seinem Beschluss vom 27. Januar 2012 zu der außerordentlichen Kündigung aus:

5. Ein Anspruch auf Vergütung für infolge der Kündigung der Beklagten nicht erbrachte Leistungen dürfte der Klägerin nicht zustehen. Der Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B i.V.m. 649 Satz 2 BGB setzt voraus, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam ist und in eine sog. “freie” Kündigung gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B umgedeutet werden kann. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28. Januar 2010 dürfte jedoch wirksam sein.

Der Auftraggeber eines VOB/B-Vertrages ist berechtigt, den Vertrag wegen positiver Vertragsverletzung fristlos zu kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers der Vertragszweck so gefährdet ist, dass es dem vertragstreuen Auftraggeber nicht zumutbar ist, den Vertrag fortzusetzen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 – VII ZR 271/01; Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95; Vygen in: Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 17. Auflage 2010, § 8 Abs. 3 VOB/B, Rn 17, 26; Werner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage 2011, Rn 1752, 1761). Diese Voraussetzungen dürften im Streitfall erfüllt sein.

Die Beklagte hat schlüssig vorgetragen, dass die Mitarbeiter der Klägerin trotz vorheriger Abmahnung durch den Sicherheitsbeauftragten auf der Baustelle und durch die Beklagte wiederholt gegen die vertraglich von der Klägerin übernommene Verpflichtung zur Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen der Bauherrin auf der Baustelle verstoßen hätten. Aus dem als Anlage B1 vorgelegten Schreiben der Bauherrin vom 27. Januar 2010, dem im Anlagenkonvolut B2 vorgelegten Bericht der von der Bauherrin beauftragten Sicherheitsfirma vom 2./3. November 2009 und der mit eben diesem Anlagekonvolut vorgelegten E-Mail der Bauherrin vom 5. November 2009 ergibt sich, dass am 2. November 2009, 5. November 2009, 21. Januar 2010 und 27. Januar 2010 jeweils Sicherheitsverstöße von Mitarbeitern der Klägerin, darunter auch ihrem Bauleiter, von der Bauherrin bzw. deren Bauleitung und Sicherheitsbeauftragten moniert und geahndet wurden. In dem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29. Januar 2010 (Anlage K7, dort Seite 2, Punkt 1, 3. Pfeilstrich) räumt die Klägerin zudem selbst Sicherheitsverstöße mehrerer ihrer Mitarbeiter ein. Das diesbezügliche pauschale prozessuale Bestreiten der Klägerin ist bereits wegen des Widerspruchs zu diesem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten unschlüssig und im Übrigen auch nicht hinreichend substantiiert. Insoweit hätte die Klägerin zu den Vorfällen, die zu den Ahndungen wegen Sicherheitsverstößen geführt haben, näher vortragen müssen. Der Klägerin sind die schuldhaften Pflichtverletzungen ihrer Mitarbeiter nach § 278 BGB zuzurechnen.

6. Durch den Baustellenverweis der Klägerin als juristische Person wurde der Zweck des Bauvertrages der Parteien auch derart gefährdet, dass der Beklagten die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar geworden sein dürfte. Wegen ihres Verweises von der Baustelle war die Klägerin nicht mehr in der Lage, ihre Vertragspflichten durch eigene Leistungen zu erfüllen. Für die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung aus der Sicht der Beklagten spricht vorliegend weiterhin der Umstand, dass der Baustellenverweis durch die Bauherrin rechtmäßig und daher nicht angreifbar war. Aufgrund der hohen Unfallgefahr auf der Großbaustelle und dem damit verbundenen hohen Haftungsrisiko der Bauherrin hatte diese ein erhebliches und berechtigtes Interesse an der Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen. Durch die mehrfachen und hartnäckigen Verstöße mehrerer Mitarbeiter der Klägerin – darunter auch ihres Bauleiters – gegen diese Sicherheitsbestimmungen trotz eindringlicher vorheriger Abmahnungen hat die Klägerin sich als untauglich erwiesen, die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften durch ihre Mitarbeiter sicherzustellen. Die Bauherrin musste das damit verbundene erhöhte Haftungsrisiko nicht hinnehmen und durfte die Klägerin als juristische Person von der Baustelle verweisen. Aus diesem Grund dürfte die Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin auch unter Beachtung des zwischen den Bauvertragsparteien bestehenden Kooperationsgebots nicht verpflichtet gewesen sein, sich bei der Bauherrin gegen den Baustellenverweis zur Wehr zu setzten.

Diesen zutreffenden Erwägungen schließt sich der erkennende Senat an.

Die Beklagte hat schlüssig dargetan (Bd. I, Bl. 51 ff.), dass die Mitarbeiter und sogar der Bauleiter der Klägerin selbst wiederholt gegen die sicherheitstechnischen Vorgaben der vereinbarten Baustellenordnung (Anlage K 9) verstoßen haben und in diversen Schreiben von der Bauleitung und der Beklagten abgemahnt wurden (vgl. Schreiben und E-Mails vom ### 2010 (Anlage B 3), ### 2009 (Anlage B 4), 2. und 5. November 2009 (Anlagen B 5 bis B 7) und vom ### 2010 (Anlage B 8)), Dass die Vorwürfe gegen ihre Mitarbeiter unberechtigt sein könnten, ergibt sich auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 2010 nicht und die Klägerin hat diese Rügen auch nicht bestritten (Bd. I, Bl. 89 ff.). Soweit die Klägerin ausgeführt hat, dass dies stets daran gelegen habe, dass die Beklagte ihren Mitwirkungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei, ist dies unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Die Vorwürfe lauteten im Wesentlichen dahin, dass die Mitarbeiter keine Sicherungsgurte trotz bestehender Absturzgefahr trugen. Was dies damit zu tun haben soll, dass das Gerüst keinen ausreichenden Abstand von der Fassade gehabt haben soll oder keine Möglichkeit bestanden habe, die Kassetten mittels Einsatzes einer Hebeeinrichtung zwischen dem Stahlbauskelett und dem Gerüst einzufädeln, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar. Eine Absturzsicherung am Gerüst war so oder so möglich. Allenfalls hätten eben mangels genügenden Zwischenraums die Kassetten nicht eingefädelt werden können. Dies rechtfertigt indes nicht die Verstöße gegen die Sicherungsvorschriften. Die Klägerin hätte gemäß §§ 4 Nr. 3, 6 Nr. 1 VOB/B schriftlich eine Behinderung anzeigen müssen. Soweit die Klägerin behauptet (Bd. I, Bl. 92), sie habe die Beklagte im Zusammenhang mit jeder Rüge eines Verstoßes gegen die Sicherungsvorschriften aufmerksam gemacht, teilweise auch schriftlich, ist dies bestritten (Bd. I, Bl. 143) und auch unsubstantiiert. Entsprechende Behinderungsanzeigen hat die Klägerin weder vorgelegt noch behauptet sie solche nach Zeit, Inhalt und Erklärungsempfänger hinreichend konkret. Demgegenüber hat die Beklagte detailliert und unter Beweisantritt vorgetragen (Bd. I, Bl. 140 ff.), dass das Gerüst von der Fa. ### erst gemäß der im Detail getroffenen Absprache mit der Klägerin errichtet worden ist und auch sicherheitstechnisch abgenommen Wurde. Dem ist die Klägerin nicht mehr entgegengetreten. Aus dem Verhandlungsprotokoll ergibt sich auch keine Verpflichtung der Beklagten zur Bereitstellung eines Krans (vgl. Ziffer 14.5.) oder eine Vereinbarung hinsichtlich der Erstellung des Gerüsts in einem bestimmten Abstand.

Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigen die über einen längeren Zeitraum gerügten Sicherheitsverstöße ihrer Mitarbeiter, für die sie gemäß § 278 BGB einzustehen hat auch den schließlich am ### 2010 von der Oberbauleitung ausgesprochenen Baustellenverweis der Klägerin. Nachdem bereits zuvor einzelne Mitarbeiter nach wiederholten Verstößen von der Baustelle verwiesen wurden und die Klägerin offensichtlich nicht in der Lage war, die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften durch ihre Mitarbeiter nachhaltig sicherzustellen, war der Baustellenverweis der Klägerin berechtigt und aus diesem Grund war auch die Beklagte befugt, das Subunternehmerverhältnis ohne Verstoß gegen Treu und Glauben aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen, da ihr eine Vertragsfortsetzung auf dieser Grundlage nicht mehr zumutbar war. Die Problematik ist zwischen den Parteien auch umfassend in den wechselseitigen Schriftsätzen behandelt worden, sodass entgegen der Auffassung der Klägerin auch kein Verstoß gegen die Hinweispflichten und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs festgestellt werden kann, zumal die Klägerin auch in der Berufung keinen weiteren Vortrag dazu abgegeben hat.

Soweit die Klägerin nunmehr mit der Berufungsbegründung vorträgt, es habe eine Vereinbarung zwischen den Parteien am ### 2010 gegeben, von einer Kündigung zunächst bis zum ### 2010, 12 Uhr, abzusehen und die Beklagte habe trotz dieser Vereinbarung die Kündigung ausgesprochen, kann sie mit diesem – von der Beklagten bestrittenen Vortrag nicht mehr gehört werden, § 531 Absatz 2 ZPO. Es handelt sich insoweit um neuen Vortrag, da die Klägerin dies in erster Instanz schriftsätzlich nicht vorgetragen und auch keinen Beweis angetreten hat.

Ungeachtet dessen hat die Klägerin aber auch selbst vorgetragen, dass der – zu jener Zeit aus der Geschäftsführung abberufene (vgl. Anlage B 21) – Geschäftsführer der Beklagten in

der Besprechung am ### 2010 geäußert habe, dass er eine Aussage zur Rechtslage nicht treffen wolle (was die Offenhaltung einer Kündigungsmöglichkeit impliziert) und

dass die das Datum vom ### 2010 tragende Kündigung ohnehin erst am ### 2010 mittels einer Übersendung per Telefax um 9:56 Uhr ausgesprochen worden sei, so dass die Ausführungen der Klägerin zur Unwirksamkeit der Kündigung keinen Bestand haben können.

3. Rechnung ###

Mit dieser Rechnung (Anlage K 13) macht die Klägerin eine Vergütung von 151.517,10 Euro für Regiearbeiten und Wartezeiten geltend, die das Landgericht mangels Darlegung der Voraussetzungen der §§ 6 Nr. 6 VOB/B, 642 BGB (Wartezeiten) und § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (Regiearbeiten) zutreffend als nicht begründet angesehen hat.

Die Klägerin greift dies ausschließlich damit an, dass das Landgericht hierbei das rechtliche Gehör verletzt habe. Ihr Prozessbevollmächtigter habe auf die entsprechenden mündlichen Ausführungen der Vorsitzenden Richterin in der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2015 erklärt, dass die Absicht bestehe, den bisherigen Sachvortrag zu ergänzen. Das Landgericht hätte daher Gelegenheit zur weiteren Äußerung geben müssen. Dies ist unsubstantiiert und kann dahinstehen, denn unabhängig davon, dass sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung kein Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Schriftsatzfrist ergibt, trägt die Klägerin auch in der Berufung nicht substantiiert dazu vor, was sie denn erheblich in diesem Sinn zur Ergänzung ihres Vorbringens vorgetragen hätte. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Berufungsbegründung, wenn sie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt, gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers darzulegen, was bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre und dass nicht auszuschließen ist, dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung des Erstgerichts geführt hätte (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. Februar 2020 – XII ZB 445/19). Dies hat die Klägerin nicht getan. Eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs vermag der Senat daher nicht festzustellen.

4. Hilfsaufrechnungen der Beklagten

Der restliche Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 3.895,21 Euro ist in Höhe von 2.122,58 Euro durch Aufrechnung mit der bereits erstinstanzlich geltend gemachten Avalkosten erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Die Feststellungen des Landgerichts Berlin sind insoweit nicht mit der Berufung der Klägerin angegriffen worden und damit nicht Gegenstand der Berufung.

Nach Abzug dieser Kosten verbleibt ein restlicher Vergütungsanspruch in Höhe von (3.895,21 Euro – 2.122,58 Euro =) 1.773,33 Euro.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich außerdem zunächst mit der Vertragsstrafe in Höhe von 3.693,36 Euro hilfsweise aufgerechnet hat, macht sie diesen Anspruch, den das Landgericht als unbegründet angesehen hat, mit ihrer Berufung ersichtlich nicht mehr geltend.

Des Weiteren fordert die Beklagte Ersatzansprüche in Höhe von 219.601,79 Euro (Bd. II, Bl.68) und hat mit diesen Ansprüchen hilfsweise aufgerechnet. In erster Instanz hatte sie Mehraufwand von 218.206,53 EUR für Fertigstellungsarbeiten sowie Mängelbeseitigungsmaßnahmen zur Aufrechnung gestellt (Bd. I, Bl. 73 f. und Korrektur Bd. I, Bl. 161), die die Klägerin zulässig mit Nichtwissen bestritten hat (Bd. I, Bl. 124).

Die Berechnung auf Seite 22 der Berufungsbegründung (Bd. II, Bl. 68) ist nicht nachvollziehbar. Die behaupteten Gegenansprüche von 405.581,98 EUR aus der Fertigstellung übersteigen das gesamte Auftragsvolumen mit der Klägerin (228.464,84 EUR) um immerhin rund 77,5% und den von der Beklagten berechneten Anteil der nicht erbrachten Leistungen (185.980,19 EUR) um sogar 118%. Die Beklagte hatte nach eigenen Angaben ein Auftragsvolumen von 1,12 Mio. (Bd. I, Bl. 72), sodass hier naheliegt, dass hier Kosten der ohnehin zu erbringenden Mehrleistungen eingerechnet werden.

Entgegen ihrer Berufungsrüge (Bd. II, Bl. 66) hat die Beklagte in der ersten Instanz keineswegs die Ersatzmaßnahmen, die nach der fristlosen Kündigung und dem Baustellenverweis notwendig gewesen sein sollen, im Einzelnen aufgeführt und unter Beweis gestellt. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin auch Kosten für die Mangelbeseitigung berechnet hat, ohne dazu und zu den Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 7 bzw. 13 Nr. 7 VOB/B konkret vorzutragen. Die Einreichung der Anlagen B 37 ff. kann einen substantiierten Vortrag nicht ersetzen. Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass die pauschale Differenzberechnung der Klägerin weder unter § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz noch unter § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 VOB/B subsumierbar ist. Die Beklagte behauptet eigene Arbeitslöhne in Höhe von 168.847,00 EUR gehabt zu haben, für die dem Landgericht Lohnbelege übersandt worden sein sollen. Dies war lediglich angekündigt (vgl. Bd. I, Bl. 161), ist jedoch weder in erster Instanz noch in zweiter Instanz geschehen. Selbst wenn sie sie eingereicht hätte, wird dadurch entsprechender schriftsätzlicher Vortrag nicht entbehrlich, worauf das Landgericht ausdrücklich hingewiesen hat. Es ist weder dargetan noch unter Beweis gestellt, welche eigentlich der Klägerin obliegenden Tätigkeiten welcher Arbeitnehmer wann ausgeführt haben soll. Dies ergibt sich auch nicht aus der Anlage B 42.

Gleiches gilt auch bezüglich der Kosten der Drittfirmen, wobei beispielsweise die Rechnungen der Fa. ### und ### bereits vom ### 2009 stammen und daher keine Arbeiten nach Kündigung zur Fertigstellung betroffen haben können. Welche Arbeiten geleistet wurden, ergibt sich daraus ebenfalls nicht. Ebenso lassen die späteren Rechnungen die Arbeiten und ihre Zuordnung konkret nicht erkennen. Die angetretenen Beweise (Bd. II, Bl. 67) wären auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.

Der Senat vermag daher mangels schlüssiger Darlegung der Forderung die Mehrkosten der festzustellen noch zu schätzen.

Die Hilfsaufrechnung in Höhe von 3.090,60 Euro bezüglich der Avalzinsen im Zeitraum vom 1. Juli 2014 bis 31.12.2016 hat dagegen Erfolg.

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2016 ihren Anspruch auf Avalprovisionen um 3.090,60 Euro gemäß Rechnung vom ### 2016 erweitert hat (Bd. III, Bl. 9, Anlage BK 12 [Bd. III, Bl. 10 ff.], Zeitraum 01. Juli 20.14 bis 31. Dezember 2016), hat die Klägerin dies zunächst zwar bestritten und einen aktuellen Nachweis gefordert (Bd. III, Bl. 50 f.). Dass diese tatsächlich angefallen sind, ist nunmehr aber aufgrund der Einreichung der Anlage BK 17 durch die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 25. September 2019 (Bl. 142 Bd. IV) hinreichend belegt, ohne dass noch ein Vortrag von Klägerseite hierzu erfolgt wäre, sodass der Beklagtenvortrag als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Hinsichtlich der Einführung des Inhalts der Anlage BK 17 gilt die Vorschrift des § 533 ZPO, denn es handelt sich um eine neue Aufrechnung. Eine ausdrückliche Einwilligung von Klägerseite liegt nicht vor. Ein Schweigen der Partei kann jedoch als vermutete Einwilligung auszulegen sein (in diesem Sinne: Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 533 ZPO, Rn 24). Hierfür spricht bereits der Gesichtspunkt, dass die Klägerin mit der Berufung die erstinstanzliche bereits berücksichtigte Avalzinsforderung der Beklagten in Höhe von 2.122,58 Euro mit der Berufung nicht mehr beanstandet und sich zu der erweiterten Forderung in zweiter Instanz bestreitend zur Sache eingelassen hat. Im Ergebnis kommt es aber auf die Einwilligung der Klägerin nicht an. Denn die Erweiterung ist jedenfalls sachdienlich im Sinne des § 533 Nr. 1 ZPO. Sachdienlichkeit ist dann gegeben, wenn die Zulassung der Aufrechnung zur umfassenden Beilegung des Streits der Parteien beiträgt und einem andernfalls zu gewärtigenden Folgeprozess vorbeugt (Musielak/Voit/Ball, 18. Aufl. 2021, ZPO § 533 Rn. 13). Eine solche Sachlage ist hier zweifelsfrei gegeben und der erweiterte Antrag zulässig.

Sofern die Beklagte keine formelle Aufrechnungserklärung abgegeben hat, gilt Folgendes:

Für eine Aufrechnungserklärung reicht es aus, dass der Wille der Partei erkennbar ist, ihre Gegenforderung zur Verrechnung zu stellen. Die Erklärung muss jedoch nicht ausdrücklich und kann nach allgemeinen Grundsätzen auch stillschweigend erfolgen oder in einem tatsächlichen Vorgang liegen, soweit der Erklärungsinhalt und/oder die äußeren Umstände mit hinreichender Deutlichkeit auf einen Aufrechnungswillen schließen lassen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. April 2021 – 11 U 43/20). Dies ist hier gegeben, die Beklagte stellt hinreichend klar, dass die Aufrechnung (hilfsweise) von einem etwaigen der Klägerin (noch) zustehenden Vergütungsanspruch abzuziehen sei.

Verzugszinsen in Höhe von 451,41 Euro auf die zur Aufrechnung gestellten und bereits vom Landgericht berücksichtigten ersten Provisionsbeträge in Höhe von 2.122,58 Euro stehen der Beklagten nicht zu. Insoweit ist bereits kein Verzug gegeben.

Zusammenfassend hat die Klägerin nur aus der Rechnung vom ### 2010 über 120.769,55 Euro einen Vergütungsanspruch in Höhe von 44.008,49 Euro netto bzw. 50.009,76 Euro brutto, der sich wie folgt berechnet:

o Pos. 1 der Rechnung:

Kassetten:

Fassade F

692,62 m2

Fassade 12.2

167,83 m2

Fassade D

490,62 m2

Insgesamt: 1.351,07 m2 x 13,59 Euro/m2 = 18.361,04 Euro

Wärmedämmung:

Fassade F

692,20 m2 (oder auch 692,62? Bd. III/5)

Fassade 12.2

0,00 m2

Fassade D

0,00 m2

Insgesamt: 692,20 m2 x 4,05 Euro/m2 = 2.803,41 Euro

Trapezbleche:

Fassade F

692,62 m2

Fassade 12.2

0,00 m2

Fassade D

0,00 m2

Insgesamt 692,62 m2 x 19,67 Euro = 13.623,84 Euro

Gesamtergebnis: 34.788,29 Euro

o Pos. 2 der Rechnung

Kassetten: 198,88 m2 x 13,59 Euro/m2 = 2.702,77 Euro Wärmedämmung: 198,88 m2 x 4,05 Euro/m2 = 805,47 Euro Trapezbleche: 198,88 m2 x 19,67 Euro/m2 = 3.911,97 Euro

Gesamtergebnis: 7.420,20 Euro

o Pos. 3 der Rechnung: kein Vergütungsanspruch

o Pos. 12 der Rechnung

20 Fenster x 90 Euro = 1.800 Euro

Gesamt: 44.008,49 Euro netto

zzgl. 6.601,27 Euro (15% Steuern)

= 50.009,76 Euro brutto

abzgl. 118,82 Euro (0,27% vom Netto für Versicherung)

abzg1.150,03 Euro (0,3% vom Brutto für Wasser/Strom)

abzgl. 45.845,00 Euro (geleistete Zahlungen)

= 3.895,91 Euro

abzgl. 2.122,58 Euro (mit der Berufung nicht angegriffen)

abzgl: 3.090,60 Euro (erfolgreiche Aufrechnung durch Beklagte)

Von den für diese Rechnung ursprünglich beanspruchten 120.769,55 Euro war zusammenfassend lediglich ein Zahlungsanspruch in Höhe von brutto 50.009,76 Euro gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung der weiter vorzunehmenden Abzüge und den bereits gezahlten 45.845,00 Euro sowie der hilfsweise erklärten Aufrechnung mit den Avalkosten verbleibt keine mehr von der Beklagten auszugleichende Restforderung.

5. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist aus den zutreffenden Gründen des Landgerichts nicht begründet. Das Berufungsvorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, ein abweichendes Ergebnis zu rechtfertigen. Soweit die Klägerin jetzt darauf abstellt, dass die Tätigkeit schon zur Vermeidung der Kündigung und wegen ihrer Unkenntnis des deutschen Rechts zu ihrer rechtlichen Beratung erforderlich gewesen sei, mag dies zutreffen, jedoch ergibt sich daraus kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, zumal die Kündigung aus oben aufgeführten Gründen berechtigt war.

6. Da keine Hauptforderung mehr besteht, die zu verzinsen wäre, ist ein Zinsanspruch ebenfalls nicht gegeben.

7. Die von der Klägerin begehrte Schriftsatzfrist war nicht zu gewähren. Der Schriftsatz der Beklagten vom 11. August 2021 – soweit sich der Antrag im Termin am 24. August 2021 auf einen Schriftsatz vom 1. August 2021 bezog, ist hiermit offensichtlich der Schriftsatz der Beklagten vom 11. August 2021 gemeint – enthielt keinen neuen, entscheidungserheblichen Vortrag. Es war auch nicht erforderlich, der Klägerin Gelegenheit zu geben, schriftlich zu den mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen Stellung nehmen. Das Nachreichen einer schriftlichen Beweiswürdigung kann grundsätzlich nicht verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1990, Az, XII ZR 101/89, NJW 1991, 1547). Nur wenn eine sofortige Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zumutbar ist, z.B. weil der Sachverständige in der mündlichen Erörterung Fragen aufgeworfen hat, zu denen sich die Partei ohne sachkundige Beratung nicht äußern kann, ist der Partei Gelegenheit zu einer nachträglichen Stellungnahme nach Vorliegen des Protokolls zu geben (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 33. Auf. 2020, § 285 Rn. 2 m.w.N.). Das war hier jedoch nicht der Fall.

Der Sachverständige ist ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 24. August 2021 (Seite 2, Bl. 41, Bd. VI d. A.) lediglich zur Erläuterung seines Ergänzungsgutachtens vom 17. März 2021 und diesbezüglich auch begrenzt auf die von der Klägerin selbst aufgeworfenen Ergänzungsfragen angehört worden. Der Umfang der von der Klägerin selbst angestoßenen ergänzenden Beweisaufnahme war damit von vornherein begrenzt, die Fragestellungen überschaubar und die Äußerungen des Sachverständigen gut verständlich und nicht besonders komplex. Der Sachverständige gab auch keine neuen Erklärungen ab, die über das Beweisthema oder über die Beantwortung der von der Klägerin schriftlich angekündigten Erklärungen hinausgingen. Die Parteien hatten anschließend Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme und die Sach- und Rechtslage wurde im Rahmen der dann geführten Vergleichsgespräche unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme erneut erörtert. Eine Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu den Erläuterungen des Sachverständigen war vor diesem Hintergrund entbehrlich.

In der Gesamtschau greift die Berufung der Beklagten, sofern sie auf die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Aufrechterhaltung des klageabweisenden Versäumnisurteils gerichtet ist, durch und die Berufung der Klägerin ist insgesamt erfolglos. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund, die Revision zuzulassen, war nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO).

VK Bund, Beschluss vom 14.09.2023, VK 1-61/23 zur Aufgreifschwelle

VK Bund, Beschluss vom 14.09.2023, VK 1-61/23 zur Aufgreifschwelle

1. Der öffentliche Auftraggeber verlangt vom Bieter Aufklärung, wenn der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen.
2. Eine Preisprüfung ist regelmäßig bei Bestehen eines Preisunterschieds von 20 % zum nächsthöheren Angebot durchzuführen. Das Erreichen der Aufgreifschwelle löst eine Pflicht zur Aufklärung der Preise aus.
VK Bund, Beschluss vom 14.09.2023 – VK 1-61/23

Gründe:

I.

1. Die Antragsgegnerin führt derzeit ein europaweites offenes Verfahren zur Vergabe eines Rahmenvertrages für die Gebäudereinigung am Standort […] durch. Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen. Nach dem Hinweisblatt “Wichtige Informationen” werden der Nettopreis sowie der “optimale Leistungsansatz” mit jeweils 50% gewichtet. Dort heißt es auch:

“Der Kalkulation sind die zum Angebotsschlusstermin geltenden Tarifverträge des Gebäudereinigerhandwerks sowie die zum Angebotsschlusstermin geltenden Beitragssätze der Sozialversicherung zu Grunde zu legen.”

Die Antragstellerin wies mit Schreiben vom 6. Juni 2023 darauf hin, dass die Antragsgegnerin in der übermittelten Datei zum anzuwendenden Stundenverrechnungssatz nicht zwischen den drei verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen (voll sozialversicherungspflichtig, Midi-Jobber, Mini-Jobber) unterscheide. Hierdurch komme es zu unterschiedlichen Arbeitgeberanteilen bei der Sozialversicherung, die sich auf die Kalkulation auswirkten, indem je nach Beschäftigungsverhältnis höhere oder niedrigere Stundenverrechnungssätze (SVS) anzusetzen sind. Diese Vorgehensweise sei zwar möglich, führe aber zu aufwendigen Aufklärungsersuchen bei der Prüfung der Angebote. Der Kalkulationsdatei sei nicht zu entnehmen, ob die gesetzlich vorgesehenen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung tatsächlich in der Preisbildung berücksichtigt würden. Dieses Schreiben solle die Antragsgegnerin indes nicht als vergaberechtliche Rüge betrachten, ein Rechtsverstoß sei noch nicht begangen.

Die Antragsgegnerin wies den Vorhalt mit Schreiben vom 9. Juni 2023 zurück:

“Das von der Vergabestelle geforderte “Blankoformular Stundenverrechnungssatz” ist für eine zulässige Mischkalkulation vorgesehen. […] Dabei liegt es in der kalkulatorischen Freiheit des Bieters, wie er hier bei Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes den Kräfteeinsatz berücksichtigt (Anteile voll sozialversicherungspflichtige Kräfte + Midi-Jobber + Mini-Jobber) = 100%. Soweit hier ein Bieter mit überwiegend Midi-Jobbern plant, werden demzufolge seine Kosten für die Abgaben SV höher liegen als bei dem Bieter, der mit voll sozialversicherungspflichtigen Kräften plant. Aber diese Angabe kann auch in den Vordruck einfließen. Aus den genannten Gründen wird durch die Vergabestelle keine Änderung der Matrix und der Angebotsfrist vorgenommen.”

Die Antragstellerin gab fristgerecht in der Angebotsfrist zum 13. Juni 2023 ein Angebot ab.

Die Antragsgegnerin versandte an die drei bestplatzierten Bieter jeweils Aufklärungsschreiben. Mit Schreiben vom 21. Juni 2023 bat sie die Beigeladene um

“ausführliche Erklärung und Begründung, wie eine ordnungsgemäße Reinigungsleistung in Bezug auf den Angebotspreis und im Hinblick auf die Einhaltung arbeits- und tarifrechtlicher Bestimmungen sichergestellt”

werde. Zusätzlich bat sie um Aufklärung bestimmter Positionen der Kalkulation mit Angabe der Ansätze. Die Antragsgegnerin wies in ihrem Schreiben darauf hin, dass der angebotene Preis langfristig die Selbstkosten eines Unternehmens decken solle, damit dieses überlebensfähig bleibe und die Leistung vertragskonform erbringen könne. Preise seien in der Regel auch Qualitätsindikatoren. Nicht aufgeklärt wurde der Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeträgen. Mit Antwort vom 22. Juni 2023 erläuterte die Beigeladene ausführlich die von der Antragsgegnerin aufgeworfenen Fragen, dabei führte sie entsprechende Rechnungen auf und begründete ihre Kalkulation. Diese sei auskömmlich und marktkonform.

Mit weiterem Schreiben vom 26. Juni 2023 wies die Antragstellerin darauf hin, dass es angesichts der vorgegebenen SVS-Matrix der Antragsgegnerin zwingend eines Aufklärungsersuchens an die Bieter bedürfe. Dies sei eine drittschützende Regelung des Vergaberechts. Den von ihr erteilten Hinweis bat sie ausdrücklich nicht als Rüge zu verstehen. Ein zwar noch drohender, aber noch nicht begangener Rechtsverstoß liege noch nicht vor.

Mit Schreiben gemäß § 134 GWB vom 10. Juli 2023 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass das Angebot aufgrund der Preisgestaltung den Zuschlag nicht erhalten könne. Der Zuschlag solle auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden.

Die Antragsgegnerin half den daraufhin erhobenen Rügen der Antragstellerin vom 11. und 12. Juli 2023 mit Schreiben vom 13. Juli 2023 nicht ab.

2. Mit Schreiben ihrer zu diesem Zeitpunkt bestellten Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Juli 2023 beantragte die Antragstellerin bei der Vergabekammer des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag am selben Tag an die Antragsgegnerin übermittelt.

a) Der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Ihr Vortrag sei nicht präkludiert. Die Antragstellerin habe rechtzeitig nach der Bieterinformation vom 10. Juli 2023 gerügt und wende sich nunmehr nur noch (nach Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung) gegen die Wertung der Antragsgegnerin. Der Antragstellerin drohe ein materieller Schaden. Ihre Platzierung auf Rang 7 stehe dem nicht entgegen, denn durch Neuwertung der Angebote unter Berücksichtigung der von ihr geltend gemachten Vergaberechtsverstöße erscheine es zumindest möglich, dass die Antragstellerin eine substanzielle Chance auf Zuschlag erhalte.

Der Antrag sei begründet. Die Antragsgegnerin sei ihren gesetzlich normierten Aufklärungs- und Prüfpflichten nicht nachgekommen. Auch ein Nichterreichen der Aufgreifschwelle bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten (20%ige Abweichung zum nächstteureren Angebot) schließe einen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften nicht aus. Nach Art. 58 Abs. 1 Richtlinie 2014/24/EU sowie §§ 123 und 124 GWB seien die Wettbewerber zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften verpflichtet. So müsse nach § 128 Abs. 1 GWB das Unternehmen bei Ausführung des öffentlichen Auftrags die geltenden Regeln, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung einhalten. Daraus leite sich eine Aufklärungs- und Prüfpflicht des Auftraggebers ab. Die Prüfung setze sich in § 56 Abs. 1 VgV (fachliche Richtigkeit) fort und werde von § 60 Abs. 2 und 3 VgV flankiert. Eine fiktive Gegenüberstellung der Angebotsdaten der Antragstellerin zum obsiegenden Bieter besage nichts über die Rechtskonformität der Kalkulation und die Einhaltung der Kalkulationsvorgaben durch diesen.

Die Antragsgegnerin prüfe in ihren Gebäudereinigungsausschreibungen offenbar grundsätzlich nicht die Midi-Job-Regelung, die zum 1. Oktober 2022 in Kraft getreten und zum 1. Januar 2023 modifiziert worden sei. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, sich die Personalansätze der Aufschlagskalkulation konkret dahingehend erläutern zu lassen, ob und inwieweit bei der Auftragsausführung Midi-Jobber eingesetzt werden sollen. Vom Bundesinnungsverband gebe es aktuelles “Lehrmaterial Kalkulation in der Gebäudereinigung”. Danach läge der Arbeitgeberanteil für Minijobber insgesamt 7,36% oberhalb des regulären hälftigen Arbeitgeberanteils für voll sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter. Für Midi-Jobber differierten die niedrigeren Aufschläge beim Arbeitgeberanteil in Abhängigkeit des konkreten Monatslohns jedes Mitarbeiters; bei 2.000 Euro Euro brutto werde der reguläre hälftige Arbeitgeberanteil erreicht. Im Markt der Gebäudereiniger seien rund 85% der Beschäftigten im Midi-Job-Bereich tätig. Daraus leite sich für den Regelfall ab, dass Unternehmen höhere Kalkulationsaufschläge als für voll sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter wählen müssten, um den gesetzlichen Vorschriften gerecht werden zu können. Im Rahmen einer Ausschreibung sei es möglich, für eine belastbare Kostenkalkulation zum Leistungsbeginn eine interne Quotierung der Beschäftigungsverhältnisse vorzunehmen. Es sei ohne Vorliegen besonderer Umstände wettbewerbswidrig, Midi-Jobber einzuplanen, aber trotzdem mit voll sozialversicherungs-pflichtigen Mitarbeitern zu kalkulieren.

Unklar sei auch die Kalkulation der Vorabeiterposition, die kein Zuschlagskriterium sei. Die Prüfung der Vorarbeiterposition bei der Beigeladenen sei zweifelhaft (der im Gegensatz zu ihrem eigenen Angebot doppelte Stunden-Einsatz generiere mehr als 15.000 Euro Kosten zu Lasten der Beigeladenen).

Die Antragstellerin beantragt weitergehende Akteneinsicht, insbesondere Einblick die inhaltlichen Aussagen zur Wertung der Beigeladenen. Sie verweist auf den Beschluss des KG vom 18. Mai 2022, Verg 7/21. Geschwärzte Schriftsätze und sonstige Unterlagen müssten im Hinblick auf das Grundrecht auf rechtliches Gehör unberücksichtigt bleiben.

Erstmals in der mündlichen Verhandlung macht die Antragstellerin weitere Vergabeverstöße geltend. Zum einen moniert sie eine mangelnde Transparenz der Vergabeunterlagen gemäß § 29 VgV, § 97 Abs. 1 GWB, indem die Antwort der Antragsgegnerin vom 9. Juni 2023 auf das “Rüge”-Schreiben der Antragstellerin vom 6. Juni 2023 nicht allen Interessenten der Ausschreibung beispielsweise als Bieterfrage und -antwort zugänglich gemacht wurde. Zum anderen macht sie eine fehlerhafte Wertungsmatrix in Form einer defekten Excel-Datei in den Vergabeunterlagen geltend.

Die Antragstellerin beantragt über ihre Verfahrensbevollmächtigten,

1. der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren zurückzuversetzen und die Wertung und Prüfung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer vergaberechtskonform zu wiederholen;

2. der Antragstellerin vorab Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 165 Abs. 1 GWB zu gewähren;

3. die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären;

4. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

b) Die Antragsgegnerin beantragt,

1. den Antrag zu Ziffer 1 vom 20. Juni 2023 zurückzuweisen,

2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens sowie ihrer Aufwendungen aufzuerlegen.

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Die Antragstellerin habe das beanstandete vergaberechtliche Fehlverhalten frühzeitig erkannt, aber mit einer Rüge bis kurz vor dem geplanten Vertragsschluss gewartet. Es seien mehr als zehn Tage nach positiver Kenntnis verstrichen. Der Antrag sei gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB unzulässig.

Der Antrag sei unbegründet. Die Midi-Job-Problematik sei ihr bekannt. Jedoch habe der Auftraggeber keinen Einfluss auf den Personalbestand des Dienstleisters und die jeweilige Arbeitsmarktsituation. Welches Personal beschäftigt werde (Mini/Midi/Vollzeit), könne von der Antragsgegnerin nicht vorgegeben werden. Es komme auf die jeweilige regionale Verfügbarkeit der Arbeitskräfte sowie auf die unterschiedlichen Personalplanungen der einzelnen Bieter an. Die kalkulatorischen Personalkosten könnten nur individuell berechnet werden. Eine Festlegung im Vorfeld würde den tatsächlichen späteren Personaleinsatz nicht widerspiegeln und einen Eingriff in die unternehmerische Kalkulationshoheit bedeuten. Alle Bieter hätten zudem als vorgegebenes Eignungskriterium u.a. eine Eigenerklärung zur Tariftreue, Einhaltung der Bestimmungen zum Mindestlohn sowie Mindestarbeitsbedingungen abgeben müssen. Es seien somit keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Verstöße gegen § 128 Abs. 1 GWB gegeben seien. Im “Hinweisblatt Wichtige Informationen” sei darauf hingewiesen worden, dass der Kalkulation die zum Angebotsschlusstermin geltenden Tarifverträge sowie Beitragssätze der Sozialversicherung zugrunde zu legen seien. Somit hätten sich alle Bieter mit den notwendigen Kalkulationsaufschlägen auseinandersetzen müssen.

Die Antragsgegnerin habe ihre Plausibilitätsprüfung durch Sichtung und Überprüfung der geforderten eingereichten Unterlagen, Auswertung und Gegenüberstellung der Angebotspreise sowie Marktpreisprüfung und Berücksichtigung beider Zuschlagskriterien (Nettopreis und optimaler Leistungsansatz) durchgeführt. Personalkonzepte seien nicht Bestandteil der Ausschreibung und seien nicht als Zuschlagskriterium definiert. Sie habe nicht gegen § 60 VgV verstoßen. Es seien keine Anhaltspunkte für eine unseriöse Kalkulation oder Marktverdrängungsabsicht ersichtlich.

Es habe aufgrund des geringen Abstands zwischen erstem und zweitem Angebot sowie auch zur Antragstellerin keine Pflicht zur Aufklärung bestanden. Die Antragsgegnerin habe sich allerdings selbst dazu verpflichtet, bei Unterschreiten der sogenannten Aufgreifschwelle im Gebäudereinigerhandwerk (70% Aufschlag auf den Stundenlohn der Lohngruppe 1, 13,00 Euro x 1,7 = 22,10 Euro) die drei nach der Wertung bestplatzierten Angebote aufzuklären. Die Differenz zwischen den Angeboten spiegele den aktuellen Marktpreis wider.

c) Mit Beschluss vom 24. Juli 2023 wurde die Beigeladene zum Verfahren hinzugezogen.

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin mit ihrem Vortrag zu den Vergabeunterlagen präkludiert sei. Die Antragstellerin habe nach Nichtabhilfemitteilung spätestens am 19. Juni 2023 einen Nachprüfungsantrag stellen müssen.

Der Nachprüfungsantrag sei hilfsweise auch unbegründet. Es bestehe keine vergaberechtliche Anforderung, genaue Angaben über den Anteil der für Auftragsdurchführung vorgesehenen geringfügig Beschäftigten oder sogenannten Midi-Jobber zu verlangen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Leistungsversprechen zweifelhaft sei oder dass Unternehmen nur deshalb günstiger als sie selbst anbieten würden, weil sie sozial- oder arbeitsrechtliche Vorschriften nicht einhielten, habe die Antragstellerin aber nicht benannt. Auch sei eine Kalkulation mit ausschließlich voll sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern nicht unrechtmäßig. So sei es auch nicht unmöglich, den Auftrag hier allein mit voll sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern durchzuführen. Im Wesentlichen hänge dies von den vertraglich vorgegebenen Reinigungszeitfenstern ab. Die Reinigung in den Tagesrandzeiten erfordere eher den Einsatz geringfügig Beschäftigter. Dieses Problem stelle sich hier nicht, denn alle Bereiche der Kaserne könnten von Montag bis Donnerstag zwischen 7 und 16 Uhr und am Freitag zwischen 7 und 11 Uhr gereinigt werden, also während gewöhnlicher Arbeitszeiten. Der Auftrag könne daher unproblematisch ausschließlich mit voll sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern ausgeführt werden. Eine weitere Aufklärung sei nicht notwendig. Der Kalkulationsansatz sei nämlich unmittelbar aus der Berechnung des Stundenverrechnungssatzes ersichtlich, dort wo die normalen Vorgaben der gesetzlichen Sozialversicherung für voll beschäftigtes Personal eingetragen seien. Auf eine unternehmensspezifische Quote von Beschäftigten im Mini- und Midi-Job-Bereich komme es nicht an. Kein Bieter sei gehalten, eine solche Durchschnittsquote seines Unternehmens in jedem einzelnen Auftrag abzubilden. Auf einen “Branchenschnitt” komme es nicht an. Die Beigeladene bestreitet eine Quote von 85% im Branchenschnitt.

Es bestehe kein weitergehendes Recht auf Akteneinsicht. Unterlagen der Vergabeakte, aus denen Preise oder die Preiskalkulation ersichtlich seien oder Rückschlüsse erlaubten, seien Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen. Eine Ausforschung ihrer Kalkulationsgrundlagen komme nicht in Betracht.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen beantragen,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

2. der Antragstellerin keine weitergehende Akteneinsicht zu gewähren;

3. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen und

4. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen zur notwendig zu erklären.

Die Vergabekammer hat nach vorheriger Zustimmung der Antragsgegnerin der Antragstellerin teilweise Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren.

In der mündlichen Verhandlung am 21. August 2023 hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen und mit der Vergabekammer umfassend zu erörtern. Die Beigeladene hat auf eine Teilnahme verzichtet. Die Vertreter der Antragstellerin erklärten in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll, dass sie in Bezug auf die von ihr geltend gemachte Mini-/Midi-Job-Problematik keinen Vergabeverstoß mehr im Hinblick auf die Ausgestaltung der Vergabeunterlagen geltend machen.

Der Vorsitzende hat mit Verfügungen vom 22. August und 7. September 2023 die Entscheidungsfrist bis zum 21. September 2023 einschließlich verlängert.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakten der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der teilweise unzulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet.

1. Der Nachprüfungsantrag ist teilweise unzulässig.

a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht, sofern ihm durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Das für die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB erforderliche Interesse am Auftrag hat die Antragstellerin durch die Abgabe eines Angebots hinreichend dokumentiert. Sie macht geltend, in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt zu sein.

Der Antragstellerin droht ein Schaden, obwohl ihr Angebot nach der Wertung der Antragsgegnerin nur auf dem siebten Rang liegt. Ein Schaden droht grundsätzlich dann, wenn ein Antragsteller im Fall eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte, wenn also die Aussichten des Bieters auf die Erteilung des Auftrags durch den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß zumindest verschlechtert worden sein können. Erst wenn eine Verschlechterung offensichtlich ausgeschlossen ist, ist der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis unzulässig (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2022 – Verg 25/21; BGH, Beschluss vom 10. November 2009, X ZB 8/09). Die Antragstellerin trägt vor, es sei nicht auszuschließen, dass alle sechs vor ihr liegenden Angebote kalkulatorisch fehlerhaft mit der Midi-Job-Problematik umgegangen seien und die Antragsgegnerin dies nicht korrekt geprüft habe. Aufgrund dessen ist nicht gänzlich auszuschließen, dass die Antragstellerin bei einem Feststellen grundlegender Mängel der Wertung eine Chance auf den Zuschlag hat.

b) Die Antragstellerin hat die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße rechtzeitig im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB gerügt, soweit sie sich auf die Fehlerhaftigkeit der Angebotswertung bezieht. Diese konnte sie erst nach Mitteilung der Absage nach § 134 GWB geltend machen. Nicht mehr geltend macht die Antragstellerin nach der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärung, dass die die monierte Mini-/Midi-Job-Problematik bereits im Hinblick auf die Ausgestaltung der Vergabeunterlagen (Datei/Formular zur Berechnung des Stundenverrechnungssatzes) einen Vergabeverstoß darstelle. Die Vergabekammer entscheidet daher nicht darüber, ob der im Vorfeld der Angebotsabgabe Schreiben vom 6. Juni 2023 geltend gemachte Vergabeverstoß allein deshalb keine Rüge im Sinne des § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB darstellt, weil die Antragstellerin diese in ihren Schreiben ausdrücklich nicht als förmliche Rüge verstanden haben wollte.

Soweit die Antragstellerin erstmalig in der mündlichen Verhandlung einen Vergabeverstoß im Sinne einer mangelnden Transparenz der Vergabeunterlagen gemäß § 29 VgV, § 97 Abs. 1 GWB vorträgt, indem die Antwort der Antragsgegnerin vom 9. Juni 2023 auf das “Rüge”-Schreiben der Antragstellerin vom 6. Juni 2023 nicht allen Interessenten der Ausschreibung beispielsweise als Bieterfrage und -antwort zugänglich gemacht wurde, bleibt dieser Vortrag gemäß § 167 Abs. 2 Satz 2 GWB unbeachtet. Dies gilt ebenfalls für die erst in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte möglicherweise fehlerhafte Wertungsmatrix in Form einer defekten Excel-Datei in den Vergabeunterlagen. Zudem sind die vorgenannten Vergabeverstöße auch mangels Rüge gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB präkludiert. Voraussetzung für eine Rügepräklusion ist die positive Kenntnis der Antragstellerin der tatsächlichen Umstände und zugleich die zumindest aufgrund laienhafter vernünftiger Wertung gewonnene positive Vorstellung von einem Verstoß gegen Vergabevorschriften. Die Kenntnis im vorgenannten Sinn ergibt sich hier bereits aus dem Umstand, dass sich diese Verstöße in tatsächlicher Hinsicht bereits vor Angebotsabgabe ereignet haben und damit der Antragstellerin auch seit mehr als zehn Tagen bekannt waren. Von einer Kenntnis in rechtlicher Hinsicht ist ebenfalls auszugehen, denn die Antragstellerin – zumal seinerzeit vertreten durch einen Verfahrensverfahrensbevollmächtigten – war offensichtlich in der Lage diese Umstände ohne weitere Hinweise der Vergabekammer in die mündliche Verhandlung einzubringen.

3. Der Nachprüfungsantrag ist im Übrigen unbegründet. Es bestand grundsätzlich keine Pflicht der Antragsgegnerin zur Aufklärung der Preise des Angebots der Beigeladenen nach § 60 Abs. 1 VgV (unter lit. a). Die von der Antragsgegnerin getroffene Entscheidung, nach dennoch erfolgter Aufklärung der Preise und Kosten den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, begegnet keinen Bedenken (unter lit. b).

a) Es bestand grundsätzlich keine Pflicht der Antragsgegnerin zur Aufklärung der Preise des Angebots der Beigeladenen nach § 60 Abs. 1 VgV. Der öffentliche Auftraggeber verlangt gemäß § 60 Abs. 1 VgV vom Bieter Aufklärung, wenn der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen. Eine Preisprüfung ist nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig bei Bestehen eines Preisunterschieds von 20 % zum nächsthöheren Angebot durchzuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 31.01.2017, X ZB 10/16; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2019 – Verg 49/18). Das Erreichen der Aufgreifschwelle löst eine Pflicht zur Aufklärung der Preise nach § 60 Abs. 1 VgV aus.

Hier liegt der Abstand des Angebots der Beigeladenen zum nächsthöheren Angebot des zweitplatzierten Angebots erheblich niedriger als 20%. Selbst im Vergleich zum Angebot des an siebter Stelle platzierten Angebot der Antragstellerin wird die Aufgreifschwelle für die Preisprüfung bei weitem nicht erreicht. Auch wenn man im konkreten Fall eine Aufklärungspflicht annehmen wollte, vermag dies keine Rechtsverletzung der Antragstellerin zu begründen, denn die Antragsgegnerin hat die Preisangebote aufgeklärt (siehe hierzu im Folgenden).

b) Bei der gleichwohl von Antragsgegnerin im Rahmen ihres Aufgreifermessens durchgeführten Aufklärung der Preise ist sie zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, der Zuschlag könne auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden.

(1) Die Antragsgegnerin hat aufgrund einer intern gesetzten “Aufgreifschwelle” bei der Vergabe von Gebäudereinigungsleistungen eine Aufklärung der drei bestplatzierten Angebote und damit auch des Angebots der Beigeladenen vorgenommen. Diese Aufgreifschwelle macht sie bei Unterschreiten eines Aufschlags von 70% auf den Stundenlohn der Lohngruppe 1 fest. Die Schwelle liegt nach der Rechnung der Antragsgegnerin bei einem Stundenverrechnungssatz von 22,10 Euro, ausgehend von einem Tarif-Mindestlohn von 13,00 Euro (siehe Seite 5, Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2023).

Neben den drei erstplatzierten Angeboten hat auch das Angebot der Antragstellerin (an siebter Stelle der Wertungsreihenfolge) diese Aufgreifschwelle mit ihrem Stundenverrechnungssatz unterschritten. Eine Aufklärung hat bei der Antragstellerin lediglich aufgrund ihres abgeschlagenen Rangplatzes nicht stattgefunden. Aufgrund von Effizienzerwägungen ist es der Antragsgegnerin zuzugestehen, nicht sämtliche eingegangenen Angebote aufzuklären, sondern (zunächst) nur die ersten drei Angebote.

Mithilfe der Aufklärung prüft der Auftraggeber gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 VgV die Zusammensetzung des Angebots und berücksichtigt die übermittelten Unterlagen. Die Prüfung kann neben der Wirtschaftlichkeit gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VgV auch gemäß Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Abs. 1 GWB, der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften betreffen. Der Auftraggeber “darf” den Zuschlag auf das Angebot ablehnen, wenn er die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der Kosten nicht zufriedenstellend aufklären kann. Hierbei ist ihm ein rechtlich gebundenes Ermessen eingeräumt. Die Ablehnung des Zuschlags ist grundsätzlich geboten, wenn der Auftraggeber verbleibende Ungewissheiten nicht zufriedenstellend aufklären kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. April 2023 – Verg 26/22). Er ist verpflichtet das Angebot abzulehnen, wenn er festgestellt hat, dass der Preis oder die Kosten ungewöhnlich niedrig sind, weil die Verpflichtungen nach § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 VgV nicht eingehalten werden (§ 60 Abs. 3 Satz 2 VgV).

Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin den Zuschlag wegen einer Nichteinhaltung der Verpflichtungen nach § 60 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 VgV, § 128 Abs. 1 GWB nicht auf das Angebot der Beigeladenen erteilen darf, sind aufgrund der vorgenommenen Aufklärung nicht ersichtlich. Zwar hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Aufklärung des Angebots der Beigeladenen nicht die Angaben im Stundenverrechnungssatz zu den Arbeitgeberanteilen der Sozialversicherungsbeiträge aufgeklärt. Sie vertritt allerdings insoweit die Auffassung, dass sie keine Vorgaben bezüglich des Anteils an Mini-/Midi-Jobbern/Vollzeitbeschäftigten im Personalstamm der Bieter machen könne. Hierfür komme es auf die regionale Verfügbarkeit der Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt sowie die unterschiedlichen Personalplanungen der einzelnen Bieter an. Die Personalkosten könnten (u.a. wegen der gleitenden Veränderung der Arbeitgeberanteile bei Midi-Jobs) von jeder Firma nur individuell kalkuliert werden.

Dieser Argumentation ist zu folgen. Eine Vergleichbarkeit der Angebote zum Zeitpunkt der Wertung wäre – folgte man der Auffassung der Antragstellerin – nur bei Vorgabe einer prozentualen Quotierung der unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnisse im Vorfeld, also einer verbindlichen Vorgabe zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe, herstellbar. Eine solche Quotierung würde aber den späteren tatsächlichen Personalbestand eines Bieters/Auftragnehmers mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht abbilden. Über den Zeitraum des Rahmenvertrags von vier Jahren muss der Bieter daher im Rahmen der Kalkulation zur Angebotserstellung zu einer prognostischen Einschätzung der Arbeitgeberanteile auch im Hinblick auf den Anteil der gleitenden Veränderung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung pro Arbeitsvertrag jedes einzelnen Mitarbeiters greifen. Diese prognostische Berechnung setzt sich zusammen aus der individuellen Verfügbarkeit von Arbeitskräften, die der Bieter durch Arbeitsverträge bereits an sich gebunden hat oder zukünftig an sich binden kann. Ein weiterer Faktor für die Kalkulation der einzusetzenden Arbeitskräfte sind für den Bieter die Rahmenbedingungen der Ausschreibung, das heißt die vertraglich vorgegebenen Reinigungsfenster. Eine Verfügbarkeit von Arbeitnehmern wird bei einem Einsatz in Randzeiten (frühmorgens, abends, nachts) anders aussehen, als bei einem Einsatz zu üblichen Tageszeiten. Eine Vorgabe durch den Auftraggeber zur Berücksichtigung von Beschäftigten im Mini-/Midi-Bereich würde jedenfalls in die unternehmerische Personalplanung eingreifen und einen Eingriff in die Kalkulationsfreiheit der Bieter darstellen. Vielmehr hat der Bieter bei der Kalkulation seines Angebots seine Personalplanung im Stundenverrechnungssatz in Form einer prognostischen Berücksichtigung seiner Personalressourcen für den Auftrag (auch unter Berechnung der verschiedenen individuellen Arbeitgeberanteile im Rahmen der sogenannten Gleitzone bis 2.000 Euro Einkommen) abzubilden. Dies entspricht einer internen Quotierung der Beschäftigungsverhältnisse des jeweiligen Bieters zum Zwecke der Kalkulation für den konkreten Auftrag. Allerdings bedarf die Berechnung der Arbeitgeberanteile an den Sozialversicherungsbeiträgen der einzelnen Bieter keiner weiteren Aufklärung durch die Antragsgegnerin. Durch die in der Tabelle Stundenverrechnungssatz abgebildeten Anteile ist bereits ersichtlich, ob der Bieter jeweils den hälftigen Arbeitgeberanteil (mit vollbeschäftigten Mitarbeitern) oder einen höheren Arbeitgeberanteil mit einem Anteil Mini-/Midi-Jobbern zugrunde legt. Da die Antragsgegnerin sich keine Personalkonzepte vorlegen lässt und stattdessen aber die Bieter in den Vergabeunterlagen unter “Wichtige Informationen” darauf hinweist, dass der Kalkulation die zum Angebotsschlusstermin geltenden Tarifverträge des Gebäudereinigerhandwerks sowie die zum Angebotsschlusstermin geltenden Beitragssätze der Sozialversicherung zu Grunde zu legen sind, überträgt sie die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Berücksichtigung der Beitragssätze der Sozialversicherung in den Verantwortungsbereich der Bieter. Die Antragsgegnerin muss damit im Rahmen ihrer Konzeption des Vergabeverfahrens keine weitergehende Aufklärung im Hinblick auf die Kalkulation des Arbeitgeberanteils an den Sozialversicherungsbeiträgen des Stundenverrechnungssatzes betreiben. Anderes kann gelten, wenn sich aufgrund der Angaben im Angebot eines Bieters in der Berechnung des Stundenverrechnungssatzes offensichtlich Unklarheiten ergeben.

Dann hat der Auftraggeber Anlass, die Angaben zur Kalkulation des Arbeitgeberanteils zu überprüfen.

Im Übrigen liegen aber auch in tatsächlicher Hinsicht keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beigeladene ihren Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung nicht korrekt kalkuliert haben könnte. Wie die Beigeladene schriftsätzlich vorgetragen hat, biete sich der Auftrag aufgrund der Rahmenbedingungen (der vertraglich vorgegebenen Reinigungsfenster: Montag bis Donnerstag zwischen 7 und 16 Uhr und am Freitag zwischen 7 und 11 Uhr) an, mit voll sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern auszuführen. Der Auftrag könne unproblematisch ausschließlich mit voll sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern ausgeführt werden. Nichts anderes hat sie auch ihrer Kalkulation zugrunde gelegt.

(2) Im Hinblick auf die Überprüfung der übrigen Positionen der Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes, hier insbesondere der von der Antragstellerin bemängelte Anteil der Kalkulation der Löhne für Aufsichten/Vorarbeiter (Ziffer 3.10 des Formblatts Stundenverrechnungssatz), sind keine Fehler erkennbar.

Nach § 5 Abs. 7 des Objektvertrags hat der Auftragnehmer eine Reinigungskraft zwecks Wahrnehmung einer Vorarbeiterfunktion zu benennen. Diese Reinigungskraft ist grundsätzlich nicht selbst mit den zu überwachenden Reinigungsarbeiten betraut. Die für Kontrolle und Aufsicht im Objekt vorgesehenen täglichen Arbeitsstunden waren in Anlage 8 der Angebotsunterlagen separat anzugeben. Eine Mindeststundenanzahl war nicht gefordert. Im Rahmen der Aufklärung hat die Beigeladene ausgeführt, wie sie ihr Angebot unter Beachtung der Freistellung des Vorarbeiters während der Reinigungszeit kalkuliert hat (Seite 4, Antwortschreiben vom 22. Juni 2023 auf die Aufklärung der Antragsgegnerin). Die Antragsgegnerin hat auf die Rüge der Antragstellerin hin die Wertung einer erneuten Prüfung unterzogen (siehe Aktenvermerk der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2023). Da es keinen vorgeschriebenen zeitlichen Mindesteinsatz des Vorarbeiters gab, war aus Sicht der Vergabekammer im Ergebnis eine weitergehende Überprüfung der Kalkulation dieser Position nach der Antwort der Beigeladenen auf das Aufklärungsersuchen nicht notwendig. Die Beigeladene hat hier im Detail ausgeführt, wie der von ihr angebotene Quadratmeterpreis im Vergleich zur Auftragsausführung 2015-2019 aufgrund der aktuellen Anforderungen der Ausschreibung anders kalkuliert wurde. Sie sichert im Aufklärungsschreiben zusätzlich zum Angebotsschreiben “noch einmal” zu, dass eine vertragskonforme dauerhafte Leistungserbringung sichergestellt sei. Die Antragsgegnerin durfte dies ihrer Angebotswertung zugrunde legen.

3. Der Antragstellerin steht kein Anspruch auf eine weitergehende Akteneinsicht in den Vergabevermerk zu, soweit sie Details der Kalkulationsprüfung des Angebots der Beigeladenen begehrt.

Der Anspruch auf Akteneinsicht hat im Nachprüfungsverfahren eine rein dienende, zum zulässigen Verfahrensgegenstand akzessorische Funktion (vergl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2022 – Verg 25/21; Beschluss vom 20. Dezember 2019 – Verg 35/19). Der Umstand, dass Bewertungsentscheidungen auch darauf hin zu überprüfen sind, ob die jeweilige Wertung im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden, betrifft nicht den Umfang des Akteneinsichtsrechts des unterlegenen Mitbewerbers, sondern lediglich den Umfang der Überprüfungspflicht der Nachprüfungsinstanzen, die im GWB-Vergaberecht – anders als im kontradiktorischen Verfahren nach der Zivilprozessordnung – zur Amtsermittlung verpflichtet sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen dieser Amtsermittlung auch Umstände berücksichtigt werden können, deren Offenlegung mit Rücksicht auf Geheimhaltungsinteressen abzulehnen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2022 – Verg 25/21 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Antragstellerin angeführten Entscheidung des KG (Beschluss vom 18. Mai 2022, Verg 7/21). Das KG hatte sich mit sog. “geschwärzten” Unterlagen oder Schriftsätzen, die anderen Verfahrensbeteiligten nicht zugänglich gemacht werden sollten, auseinandergesetzt. Nach Auffassung des Gerichts liegt es in der autonomen Entscheidung eines Beteiligten, ob er Sachvortrag zur Grundlage des Nachprüfungsverfahrens machen möchte oder im Hinblick auf ein von ihm als überwiegend wichtig angesehenes Geheimhaltungsinteresse verbergen möchte. Dieser Sachvortrag würde weder Gegenstand der Akten der Vergabekammer noch Bestandteil der Gerichtsakten, welcher der Entscheidung und Verhandlung zugrunde gelegt werden könne. Den Nachprüfungsinstanzen sei es verwehrt, Vorbringen, das anderen Verfahrensbeteiligten nicht zur Kenntnis gegeben worden ist und zu dem sie sich nicht äußern konnten, zur Grundlage ihres Verfahrens und ihrer Entscheidung zu machen. Dies würde jene Verfahrensbeteiligten in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzen und ist im Hinblick auf die Bindung der Nachprüfungsinstanzen an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) unzulässig. Zur Frage einer Akteneinsicht hat sich das KG hingegen ausdrücklich nicht geäußert. Die vom KG entschiedene Fallkonstellation eines für geheim erklärten Sachvortrags liegt hier gerade nicht vor. Für die Frage der Akteneinsicht gilt damit das oben Ausgeführte.

Für die Einsicht in weitere Teile der Vergabeakte heißt das:

Die Einsicht in die von der Vergabekammer geschwärzten Teile des Vergabemerks ist gemäß § 165 Abs. 2 GWB wegen des entgegenstehenden Geheimhaltungsinteresses der Beigeladenen in Ausführungen des Vergabevermerks zur Überprüfung ihres Angebots, die Rückschlüsse auf ihre Kalkulation erkennen lassen, zu versagen. Im Übrigen haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene schriftsätzlich Sachverhalt vorgetragen, auch in Bezug auf Angebotsinhalte der Beigeladenen. Ein weitergehendes Offenlegungsinteresse der Antragstellerin ist nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, 2, 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 VwVfG.

Die Antragstellerin hat sich mit ihrem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zur Beigeladenen gestellt, da sie ihren Antrag darauf stützt, dass auf deren ungewöhnlich niedriges Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden dürfe. In einem solchen Fall entspricht es der Billigkeit im Sinne des § 182 Abs. 4 S. 2 GWB, der unterliegenden Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sich diese aktiv durch die schriftsätzliche Stellung von Anträgen und deren Begründung am Nachprüfungsverfahren beteiligt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen hat (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Juni 2014 – Verg 41/13).

Hierüber hinaus war die Zuziehung anwaltlicher Bevollmächtigter durch die Beigeladene notwendig, um die erforderliche “Waffengleichheit” gegenüber der während des Verfahrens bis kurz vor Abschluss anwaltlich vertretenen Antragstellerin herzustellen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Mai 2019 – Verg 55/18).

IV.

(…)

Ax unterstützt Universitätsklinikum Halle (Saale) vergaberechtlich

Ax unterstützt Universitätsklinikum Halle (Saale) vergaberechtlich

Informationen zur Universitätsmedizin Halle (Saale)

Forschung, Lehre und Krankenversorgung sind die drei Säulen der Universitätsmedizin Halle (Saale). Sie verbindet die traditionsreiche Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und das Universitätsklinikum Halle (Saale) als Maximalversorger in besonderem Maße:

Forschende, Lehrende und Behandelnde arbeiten Hand in Hand. Wissenschaftler:innen ergründen Krankheiten und deren Ursachen. Sie forschen, um neue Heilmittel und Therapiemöglichkeiten zu finden. Diese Erkenntnisse werden in der Lehre an Studierende weitergegeben. Und die Ergebnisse aus der Forschung können auch in die Krankenversorgung einfließen. So sind die Behandlungen für unsere Patient:innen auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand. Andererseits bieten spezielle, unbekannte Krankheitsbilder neue Ansätze für die Forschung und die Lehre – das alles unter dem Dach der Universitätsmedizin Halle (Saale) (im Folgenden UKH genannt).

Etwa 40.000 Patient:innen kommen jährlich zur stationären Behandlung zu uns an unseren Hauptstandort in der Ernst-Grube-Straße in Halle (Saale). Des Weiteren werden unsere ambulanten Therapie- und Diagnostikmöglichkeiten pro Jahr in 195.000 Fällen genutzt.

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