Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt

VergMan ® Bau Nachgefragt bei … zur Angebotsstrategie (2)

VergMan ® Bau - Nachgefragt bei … zur Angebotsstrategie (2)

FRAGE:

Kommt ein Ausschluss in Betracht, wenn die Auftragsbekanntmachung das vom Auftraggeber geltend gemachte Eignungskriterium einer bereits mindestens dreijährigen Geschäftstätigkeit der Bieter auf dem von der Ausschreibung betroffenen Gebiet nicht enthält?

ANTWORT:

NEIN. Enthält die Auftragsbekanntmachung das vom Auftraggeber geltend gemachte Eignungskriterium einer bereits mindestens dreijährigen Geschäftstätigkeit der Bieter auf dem von der Ausschreibung betroffenen Gebiet nicht, kann auf das Fehlen einer durch ein solches Kriterium begründeten Eignung auf Seiten des Bieters ein Ausschluss aus dem Vergabeverfahren nicht gestützt werden.

OLG Dresden, Beschluss vom 05.02.2021 – Verg 4/20

VergMan ® Bau Nachgefragt bei … zur Angebotsstrategie (1)

VergMan ® Bau - Nachgefragt bei … zur Angebotsstrategie (1)

FRAGE:

Wie ist die bloße Abfrage des Umsatzes in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren im Formblatt 124 (in Verbindung mit dem Verzicht auf die Angabe eines Mindestumsatzes zu verstehen?

ANTWORT:

Die bloße Abfrage des Umsatzes in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren im Formblatt 124 (in Verbindung mit dem Verzicht auf die Angabe eines Mindestumsatzes) erlaubt den Bietern die Eintragung der Zahl “0”, so dass mit ihr keine die Festlegung einer Mindestanforderung für die Geschäftstätigkeit verbunden ist.

Vertragsmanagement VertragsMan ® Bauleistungen: Kurz belichtet (1)

Vertragsmanagement VertragsMan ® Bauleistungen: Kurz belichtet (1)

OLG Hamburg zur Frage, ob ein „voraussichtlicher“ Baubeginn ein verbindlicher Baubeginn ist

Vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Ausführung der Leistung ist nach den verbindlichen Fristen (Vertragsfristen) zu beginnen, angemessen zu fördern und zu vollenden. Soll der Auftragnehmer „voraussichtlich“ an einem bestimmten Termin mit der Ausführung beginnen, fehlt es an der für die Annahme einer verbindlichen Vertragsfrist erforderlichen Eindeutigkeit.

2. Haben die Parteien eines VOB/B-Vertrags keinen verbindlichen Beginntermin vereinbart, hat der Auftragnehmer innerhalb von 12 Werktagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber mit der Ausführung zu beginnen.

3. Muss der Auftragnehmer ausschließlich Bauleistungen erbringen, kommt es für den Beginn der Ausführung grundsätzlich auf die tatsächliche Arbeitsaufnahme auf der Baustelle an.

4. Verzögert der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung, kann ihm der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Aufnahme der Leistung setzen und die Kündigung androhen. Die Frist kann sehr knapp bemessen sein. Für ihre Bemessung ist nicht die gesamte übliche Zeit für die Arbeitsvorbereitung in Ansatz zu bringen.

5. Der Auftragnehmer muss erst mit der Ausführung beginnen, wenn sämtliche Voraussetzungen für die von ihm zu erbringende Leistung vorliegen, insbesondere erforderliche Vorleistungen vorliegen. Liegt eine Behinderung des Ausführungsbeginns i.S.v. § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B vor, gerät der Auftraggeber nicht mit dem Beginn der Ausführung in Verzug.

OLG Hamburg, Urteil vom 23.02.2023 – 4 U 54/22

Vollständige Leitsätze zum Beschluss der VK Südbayern vom 13.06.2023 – 3194.Z3-3_01-23-11

Vollständige Leitsätze zum Beschluss der VK Südbayern vom 13.06.2023 - 3194.Z3-3_01-23-11

Leitsatz zu Beschluss 23-11

Entscheidungserhebliche Normen:

§159 GWB
§162 GWB
§127 Abs. 4 GWB
§51 Abs. 2 SektVO
§54 SektVO

1. Ein Verweisungsbeschluss einer Vergabekammer an eine andere ist für letztere auch dann analog § 83 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GWB bindend, wenn große Zweifel an der Richtigkeit des Verweisungsbeschlusses bestehen, dieser aber nicht willkürlich ergangen ist (OLG Jena, Beschluss vom 16.07.2007 – 9 Verg 4/07).

2. Ein Verweisungsbeschluss ist für die Vergabekammer, an die verwiesen wurde, lediglich formell – d.h. hinsichtlich der Zuständigkeit – bindend. Eine materielle Bindungswirkung besitzt der Verweisungsbeschluss nicht. An die tragenden Gründe des Verweisungsbeschlusses ist die Vergabekammer, an die verwiesen wurde, nicht gebunden.

3. Richtiger Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren ist derjenige Auftraggeber, dem der streitgegenständliche Auftrag zuzurechnen ist. Hierbei ist im Regelfall eine Orientierung an den zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen geboten (OLG München, Beschluss vom 31.05.2012 – Verg 4/12). Weitere Voraussetzung muss zur Gewährleistung des effektiven Rechtsschutzes allerdings sein, dass der Antragsgegner auch die Befugnisse hat, auf das Vergabeverfahren einzuwirken und etwaige Anordnungen der Vergabenachprüfungsinstanzen umzusetzen.

4. Die Änderung von Muss-Anforderungen in einem Verhandlungsverfahren ist eine Form der Leistungsbestimmung durch den Auftraggeber im Detail. Eine vertiefte Dokumentation der Leistungsbestimmung ist insbesondere dann erforderlich, wenn sie wettbewerbsbeschränkend wirkt, d.h. wenn sie dazu führt, dass sich der Bieterkreis auf einen oder wenige Bieter beschränkt.

5. §127 Abs. 4 Satz 1 GWB verlangt, dass die Zuschlagskriterien so festgelegt werden, dass der Auftraggeber eine wirksame Überprüfung vornehmen kann, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Ist – wie hier bei Energieverbrauchsdaten eines noch zu entwickelnden Triebzugs – oder bei einer Konzeptbewertung eine Überprüfung mit naturwissenschaftlicher Genauigkeit während des Vergabeverfahrens nicht möglich, ist zumindest zu verlangen, dass das für die Zuschlagsbewertung maßgebliche Leistungsversprechen in eine einklagbare Leistungsverpflichtung oder in eine solche Leistungsverpflichtung mündet, bei deren Verletzung eine vertragliche Sanktion zur Verfügung steht.

6. Ein Ausschluss eines Angebots wegen Abweichungen von Vorgaben des Auftraggebers zur rein formalen Gestaltung des Angebots (hier: Vorgaben zur Benennung von Dateien), die nicht zu einem von den Vorgaben des Auftragsgebers abweichenden Vertragsinhalt führen und auch nicht die Gleichbehandlung der Bieter berühren, ist regelmäßig gem. § 97 Abs. 1 Satz 2 unverhältnismäßig.

7. Eine Nachforderung von Unterlagen nach § 51 Abs. 2 SektVO ist nicht bereits dann generell ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber Zeitpunkt seiner Ermessensentscheidung über die Nachforderung noch nicht wissen kann, ob die Unterlage vielleicht Angaben zur Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien enthält und damit gem. § 51 Abs. 3 SektVO gar nicht nachgefordert werden dürfte. Der Auftraggeber muss allerdings, wenn er vom Inhalt der nachforderten Unterlage Kenntnis nimmt und dabei erkennt, dass diese Angaben zur Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien enthält und gar nicht hätte nachgefordert werden dürfen, diese bei der Angebotswertung außer Acht lassen.

VergMan ® – RechtsschutzTipps (2)

VergMan ® - RechtsschutzTipps (2) - Vergabekammer darf grundsätzlich keine Vergaberechtsverstöße aufgreifen, die - wie hier - nicht rechtzeitig gerügt wurden und deshalb präkludiert sind

von Thomas Ax

Die Vergabekammer darf grundsätzlich keine Vergaberechtsverstöße aufgreifen, die – wie hier – nicht rechtzeitig gerügt wurden und deshalb präkludiert sind (OLG Celle, Beschluss vom 11. Februar 2010 – 13 Verg 16/09 -, Rn. 45, juris; Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., § 163 GWB (Stand: 01.02.2021), Rn. 13). Eine Ausnahme besteht nur für schwerwiegende und offenkundige Vergaberechtsverstöße. An einer Offenkundigkeit fehlt es aber, wenn die Feststellung der (angeblichen) Vergaberechtswidrigkeit wie hier das Ergebnis einer komplexen Auslegung und Bewertung ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. September 2019 – VII-Verg 10/19 -, Rn. 38, juris; Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., § 163 GWB (Stand: 01.02.2021), Rn. 19_1).

OLG Rostock, Beschluss vom 30.09.2021 – 17 Verg 3/21

VergMan ® – RechtsschutzTipps (1)

VergMan ® - RechtsschutzTipps (1) - Zur Antragsbefugnis bei Behauptungen ins Blaue hinein

von Thomas Ax

Antragsbefugt ist nach § 160 Abs. 2 GWB jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat, eine Verletzung in eigenen, bieterschützenden Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB geltend macht und einen dadurch entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, der durch das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren sichergestellt werden soll, kann die Antragsbefugnis allerdings nur dem Antragsteller abgesprochen werden, bei dem eine Rechtsbeeinträchtigung offensichtlich nicht gegeben ist. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist insoweit die schlüssige Behauptung der Rechtsverletzung erforderlich, aber regelmäßig auch ausreichend (BGH, Beschluss vom 26. September 2006 – X ZB 14/06 -, BGHZ 169, 131-153, Rn. 19 – 20; Beschluss vom 18. Mai 2004 – X ZB 7/04 -, BGHZ 159, 186-197, Rn. 21). Ob der Rechtsverstoß tatsächlich vorliegt, ist eine Frage der Begründetheit.

Ein schlüssiger Vortrag setzt hierbei nicht voraus, dass der Antragsteller positive Kenntnis von den als Tatsache behaupteten Umständen hat. Vielmehr genügt im Allgemeinen ein Vortrag solcher auf eine Rechtsverletzung hindeutender Tatsachen, die der Bieter auf der Grundlage seines – oft nur beschränkten – Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, weil dafür objektive Anhaltspunkte vorliegen. Die Substantiierungsanforderungen sind umso geringer, je weniger Informationen der Antragsteller hat und haben kann (KG Berlin, Beschluss vom 19. Dezember 2019 – Verg 9/19 -, Rn. 6, juris). Ein Mindestmaß an Substantiierung ist aber einzuhalten. Auch muss der Antragsteller angeben, woher seine Erkenntnisse stammen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Oktober 2020 – VII-Verg 36/19 -, Rn. 73, juris).

Reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2020 – VII-Verg 20/19 -, Rn. 56, juris; Beschluss vom 01. April 2020 – VII-Verg 30/19 -, Rn. 59, juris; Beschluss vom 14. Oktober 2020 – VII-Verg 36/19 -, Rn. 73, juris), willkürliche, ins Blaue hinein aufgestellte Behauptungen, die nur abstrakte Möglichkeit einer Rechtsverletzung oder die ohne weiteren Tatsachenvortrag unterlegte Behauptung, das Angebot des für den Zuschlag vorgesehenen Konkurrenten sei nicht wertungsfähig oder diesem Bieter fehle die notwendige Eignung, reichen nicht aus (Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., § 160 GWB (Stand: 11.01.2021), Rn. 85 ff.).

Die genannten Beanstandungen sind auf dieser Grundlage Behauptungen ins Blaue hinein ohne jede Substanz, selbst dann wenn allgemein auf Marktkenntnisse abgehoben wird.

Sie bieten weder der Vergabestelle noch den Nachprüfungsinstanzen Ansätze und Anlass für weitergehende Untersuchungen.

Es ist nicht zu erkennen, worauf die Marktkenntnisse beruhen und worin sie bestehen. Die inhaltsleere, keiner auch nur ansatzweisen Validierung zugängliche Reklamation solcher Kenntnisse genügt nicht. Hieran ändert auch die (floskelhafte) Rügeantwort des Antragsgegners, die Wertung zum Fahrzeugverbrauch sei nochmals geprüft worden, nichts. Hieraus ist nicht zu folgern, die Angaben in der Rüge hätten genügend Anlass für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der pauschalen Beanstandung gegeben.

OLG Rostock, Beschluss vom 30.09.2021 – 17 Verg 3/21

Nachgefragt bei Thomas Ax (3) – Aufhebung eines Vergabeverfahrens: Was sind „andere schwerwiegende Gründe“?

Nachgefragt bei Thomas Ax (3) - Aufhebung eines Vergabeverfahrens: Was sind „andere schwerwiegende Gründe“?

Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, ein Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufzuheben, wenn kein Angebot eingegangen ist, das den Bedingungen entspricht, sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat, kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde oder andere schwer wiegende Gründe bestehen. Ein schwerwiegender Grund besteht nur dann, wenn er die bisherige Vergabeabsicht des Auftraggebers entscheidend beeinflusst. Berücksichtigungsfähig sind grundsätzlich nur solche Mängel, die die Durchführung des Verfahrens und die Vergabe des Auftrags selbst ausschließen. Die Feststellung eines schwerwiegenden Grunds erfordert eine Interessenabwägung, für die die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls maßgeblich sind.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2022 – Verg 55/21

Nachgefragt bei Thomas Ax (2) – Trägt der Bieter das Übermittlungsrisiko?

Nachgefragt bei Thomas Ax (2) - Trägt der Bieter das Übermittlungsrisiko?

Der Bieter trägt das Risiko der Übermittlung und des rechtzeitigen und vollständigen Eingangs seines Angebots. Es ist seine Sache dafür zu sorgen, dass sein Angebot vollständig innerhalb der Angebotsfrist beim öffentlichen Auftraggeber eingeht. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Bieter den verspäteten Eingang nicht zu vertreten hat. Nicht zu vertreten hat der Bieter Zugangshindernisse aus der Risikosphäre des Auftraggebers. Angebote, die nicht fristgerecht eingegangen sind, sind grundsätzlich von der Wertung auszuschließen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.08.2022 – Verg 54/21

Nachgefragt bei Thomas Ax (1) – Wie muss der Bieter Interesse am Auftrag bei Geltendmachung angebotshindernder Vergaberechtsverstöße im Falle einer Direktvergabe darlegen?

Nachgefragt bei Thomas Ax (1) - Wie muss der Bieter Interesse am Auftrag bei Geltendmachung angebotshindernder Vergaberechtsverstöße im Falle einer Direktvergabe darlegen?

Ein Interesse am konkret ausgeschriebenen Auftrag (§ 160 Abs. 2 GWB) ist bei Geltendmachung angebotshindernder Vergaberechtsverstöße im Falle einer Direktvergabe grundsätzlich für jedes Unternehmen anzunehmen, das sich am Vergabeverfahren hätte beteiligen können. Dazu reicht es in der Regel aus, wenn das Unternehmen zu der in Betracht kommenden Branche gehört und damit generell dafür eingerichtet ist, Aufträge dieser Art auszuführen. Andererseits bedarf es eines objektiv feststellbaren wirtschaftlichen Interesses des antragstellenden Unternehmens gerade an dem konkreten Auftrag, eine bloße Interessenbekundung genügt nicht. Das Interesse am konkreten Auftrag ist zu plausibilisieren, wenn hieran ernsthafte Zweifel bestehen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.08.2022 – Verg 53/21

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