Ax Vergaberecht

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Ihr Anwalt im HochbauRecht

Ihr Anwalt im HochbauRecht

Vergütung

Eine fundierte juristische Begleitung eines Bauvorhabens ist der beste Schutz gegen mögliche Konflikte, die viel Zeit und Kosten beanspruchen. Doch häufig wird die Höhe von Anwaltshonoraren überschätzt, obwohl deren Berechnung klaren Regelungen unterliegt. Grundsätzlich wird zwischen dem Honorar für die außergerichtliche Beratung, dem Honorar für die außergerichtliche Vertretung sowie dem für die gerichtliche Vertretung unterschieden.

Guter Rat zahlt sich aus

Bei außergerichtlichen Angelegenheiten können Sie mit Ihrem Anwalt verhandeln. Häufig wird dabei ein Stundenhonorar festgelegt, das in der Regel zwischen 100 und 300 Euro liegt. Das ist nicht wenig; aber entscheidend ist der Zeitaufwand, der abgerechnet wird. Ein erfahrener Anwalt kann innerhalb kurzer Zeit fundierten Rat geben. Im Verhältnis zu dem, um was es geht, fällt das Beratungshonorar dann meistens kaum ins Gewicht.

Wird keine Vereinbarung getroffen oder geht die Sache vor Gericht, ist der Anwalt verpflichtet, nach der vom Gesetzgeber beschlossenen Gebührenordnung abzurechnen. Seit dem 1. Juli 2004 gilt hierfür das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Generell gilt: Der Anwalt ist dazu verpflichtet, unnötige Kostenrisiken für die Mandanten zu vermeiden. Ist das Honorar des Anwalts vom Gegenstandswert der Streitsache abhängig, muss der Jurist seinen Mandanten hierüber informieren.

Sollten sich die Vertragspartner oder Dritte nicht einigen können, kann der Gang zum Gericht unvermeidlich werden. Bei Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro sind die Amtsgerichte zuständig, darüber die Landgerichte. Bei solchen Verfahren gilt der Grundsatz, dass derjenige die Kosten zu tragen hat, der den Prozess verliert. Zu bezahlen sind also bei einem verlorenen Prozess die eigenen Anwaltskosten, die Kosten des gegnerischen Anwalts, die Kosten des Gerichts und evtl. die Kosten von Sachverständigen, die das Gericht hinzugezogen hat.

Vor einem Prozess sollten also die Risiken bewertet und die Kosten überschlagen werden. Um das einigermaßen verlässlich einschätzen zu können, regelt das RVG die Honorare. Nur die fundierte Beratung im Vorfeld gewährleistet die sachgerechte Einschätzung der Chancen und Risiken. So können Sie – gemeinsam mit Ihrem Anwalt – entscheiden, ob das Kostenrisiko eingegangen werden soll.

Fragen Sie Ihren Anwalt. Er kann Ihnen zu jedem Streitwert überschlägig die Kosten ermitteln.

Von der Redaktion

Von der Redaktion

Lieber LeserInnen der HochbauRecht,

Hochbauprojekte stellen für alle Beteiligten in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung dar: technisch, praktisch, wirtschaftlich, aber auch juristisch.

Mit unserer HochbauRecht sorgen wir dafür, dass Investoren, Architekten, Ingenieure, öffentliche Auftraggeber oder private Bauherren in allen Phasen eines Bauvorhabens den Überblick behalten. Die Vermeidung möglicher Konflikte steht dabei im Vordergrund, denn ein möglichst reibungsarmer Verlauf, der wichtige Ressourcen wie Zeit, Geld und letztlich auch die Nerven schont, ist der zentrale Erfolgsfaktor für ein Bauvorhaben. Bereits bei der Schaffung von Baurecht stehen wir Ihnen mit Knowhow zur Seite. Liegt der Baugrund im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans? Sind besondere Auflagen zu erfüllen, wie etwa die Einholung eines Bodengutachtens? Entspricht die Baumaßnahme den öffentlichen rechtlichen Vorschriften bzw. der Landesbauordnung? Diese und viele weitere Fragen sollten in der Vorbereitungsphase beantwortet werden.

Bei öffentlichen Vergaben sollten Sie Vergabeverstößen vorbeugen und damit Zeit- und finanzielle Verluste verhindern. In der Planungsphase folgt unter anderem die Vertragsgestaltung. Neben den klassischen Verträgen (GÜ-, GU-, EP- oder Pauschalpreisvertrag) stellen wir Ihnen vor individuelle und innovative Vertragsmodelle, in denen funktionale Elemente ebenso Berücksichtigung finden können wie eine detaillierte Leistungsbeschreibung. Betrachtet werden auch neuere Formate wie etwa GMP- oder Cost plus Fee-Verträge. Bauunternehmen, Architekten und Ingenieure vertrauen ebenfalls auf die HochbauRecht. Sie ziehen Schlüsse für die Vertragsgestaltung, der Bewertung von Nachtragsforderungen und der Klärung von Ansprüchen des Bauherrn bei mangelhaften Bauleistungen sowie in Fragen des eigenen Haftungsrisikos.

Bleiben Sie in Sachen Hochbaurecht mit der HochbauRecht auf dem Laufenden.

Mit der HochbauRecht kommen Sie zügig und (rechts-)sicher an Ihr Ziel.

Dass es während eines Hochbauvorhabens zu Konflikten kommt, lässt sich indessen nie ausschließen – je eher die Einbindung von Fachjuristen erfolgt, desto schneller lassen sich Konfliktpotenziale erkennen, vermeiden und lösen.

Viele Erfolg und gutes Gelingen für Ihr Hochbauprojekt!

Ihre Redaktion

Das ungeschickte Baustellenverbot

Das ungeschickte Baustellenverbot

von Thomas Ax

Der Fall:

Die Kläger als Auftraggeber verlangen von der Beklagten als Auftragnehmerin die Rückzahlung von 77.500.-€, d.h. der Hälfte von sechs geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von 145.498,50 € und von Sonderzahlungen auf Mehrleistungen für Schotter und eine Garagenbodenplatte in Höhe von 8.960,99 € nebst Zinsen, den Ersatz von Kosten ihres Privatgutachters … in Höhe von 1.538,71 € nebst Zinsen, den Ersatz von Kosten des von ihnen eingeschalteten Drittunternehmens … für “Sofortmängelbeseitigungsmaßnahmen” vom 10.08.2018 bis 09/2018 in Höhe von 10.710.-€ nebst Zinsen sowie den Ersatz von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.561,83 € aus einem Pauschal-BGB-Bauvertrag vom 11.12.2017 über die Errichtung eines Einfamilienhauses nebst Garage in … zum Preis von brutto 230.950.-€.

Nach § 2 des Vertrages war der Pauschalpreis in folgenden Raten zu zahlen:

2 % mit Aushändigung Bauantrags/Bauanzeige

Rechnung vom 17.01.2018

3 % mit Erteilung Baugenehmigung

Rechnung vom 05.03.2018

14 % mit Betonierung der Bodenplatte (Haupthaus)

Rechnung vom 27.04.2018

16 % mit Verlegung Decke über Erdgeschoss

Rechnung vom 17.05.2018

15 % mit Betonierung Ringanker (Haupthaus)

Rechnung vom 15.06.2018

13 % mit Aufstellung des Dachstuhls (Haupthaus)

Rechnung vom 15.06.2018

11 % mit Auftragung des Innenputzes

10 % mit Verlegung der Fußbodenheizungsrohre

9 % mit Verlegung des Estrichs

2 % mit Montage Sanitärobjekte

3 % mit Auftragung Außenputz

2 % mit Abnahme.

Am 29.05.2018 wurden von der Beklagten Mehrkosten Schotter in Höhe von brutto 8.510,99 €, am 17.05.2018 Mehrpreis Garagenbodenplatte von brutto 450.-€ und am 27.04.2018 Mehrsparteneinführung von brutto 750.-€ in Rechnung gestellt und am 16.07.2018 eine Gutschrift für Tür und Revisionsschacht von brutto 420.-€ erteilt.

Die Rohbauarbeiten wurden von der Subunternehmerfirma der Beklagten … durchgeführt. Der von der Beklagten eingesetzte örtliche Bauüberwacher war …, der Statiker war ….

Nach Erbringung der Roharbeiten und Aufstellung des Dachstuhls und Zahlung der vertraglich vereinbarten sechs Abschlagszahlungen (6. Abschlagsrechnung stammt vom 15.06.2018) haben die Kläger wegen Baumängeln den Privatsachverständigen … aus … beauftragt, der zwei Ortstermine am 27.06.2018 und 20.07.2018 ohne die Beklagte abgehalten und zwei Gutachten vom 07.07.2018 (Bl. 31 ff. d.A.) und 24.07.2018 (Bl. 166 ff. d.A.) erstattet hat.

Mit E-Mail vom 30.07.2018 hat die Beklagte den Klägern Statikpläne übersandt und per Einschreiben am 08.08.2019 in Papierform an Rechtsanwalt ….

Die Kläger haben die Beklagte persönlich mit Schreiben vom 02.08.2018 (Bl. 80 d.A.) aufgefordert, 14 diverse Mängel (z.B. an Fußpfetten, am Ringanker, an den Wänden) bis zum 18.08.2016 zu beseitigen.

Bereits am 07.08.2018 (Bl. 85 d.A.) haben die Kläger mit anwaltlichem Schreiben von Rechtsanwalt … den Bauvertrag aus wichtigem Grund gekündigt und die Beklagte zur Abnahme am 08.08.2018 um 17.00 Uhr aufgefordert. Zur Begründung wurde angegeben, dass die Arbeiten nicht nach den anerkannten Regeln der Technik durchgeführt worden seien und die Wände wackeln würden, so dass die Standsicherheit des Gebäudes gefährdet sei.

Ein gemeinsamer Abnahmetermin wurde in der Folgezeit nicht durchgeführt; eine Schlussabrechnung der Beklagten liegt nicht vor.

Am 09.08.2018 haben die Kläger die Beklagte durch Rechtsanwalt … nochmals zur Mängelbeseitigung bis zum 23.08.2018 aufgefordert.

Zugleich haben die Kläger persönlich der Beklagten schriftlich am 09.08.2018 Baustellenverbot erteilt und dies am 13.08.2016 (Bl. 150 d.A.) und am 20.08.2018 (Bl. 162 d.A.) wegen des von der Beklagten mit anwaltlichen Schreiben vom 08.08.2016 vorgeschlagenen Abnahmetermins am 22.08.2018 oder 24.08.2018 nochmals schriftlich wiederholt.

Am 18.08.2018 hat Rechtsanwalt … das Mandat für die Kläger niedergelegt.

Am 10.08.2018 hat das … bereits mit Mängelbeseitigungsarbeiten, u.a. für Abreißen von Wänden, der Brüstung, des Ringankers OG), begonnen, die bis zum 21.08.2018 dauerten und diese mit pauschal brutto 5.950.-€ am 21.08.2018 in Rechnung gestellt.

Für weitere Arbeiten, u.a. für Styrodur Fußpfette, Säubern der Stahlträger und Liefern und Mauern der Steine für die Garage, im September 2018 hat das Drittunternehmen am 25.09.2018 weitere 4.760.-€ in Rechnung gestellt.

Mit Schreiben vom 02.10.2018 haben die Kläger durch ihren neuen Rechtsanwalt … von der Kanzlei … von der Beklagten pauschal die Rückzahlung der Hälfte der von ihnen geleisteten Abschlagszahlungen und der Hälfte der von ihn gezahlten Zusatzleistungen gefordert und ausgeführt, dass wegen der Mängel an der Bodenplatte, des Mauerwerks und des Dachstuhls die Abnahme zu Recht verweigert worden sei und zudem die statische Berechnung nicht an sie herausgegeben werde.

In der Klageschrift vom 25.02.2019 wird ausgeführt, dass der Werkvertrag aus wichtigem Grund am 07.08.2018 gekündigt worden sei und die Beklagte am 02.10.2018 zur Zahlung von 77.500.-€ aufgefordert worden sei. Die bis zur Kündigung erbrachten Teilleistungen seien mangelhaft, so dass “die Kläger die Rückzahlung der Hälfte der bereits geleisteten 154.459,49 € für angemessen halten”. Die Beklagte habe auch den Schaden durch Beauftragung des Privatsachverständigen und die Kosten für die “Sofortmaßnahmen nach der Kündigung” zu tragen. Aus “Verzug” habe die Beklagte auch die Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme zu tragen (1,6 Geschäftsgebühr aus Gegenstandswert 77.500.-€).

Die Beklagte hat sich damit verteidigt, dass die Kläger noch während der Rohbauphase wegen angeblichen Mängeln einer noch überhaupt nicht fertiggestellten Teilleistung vor der Abnahme kopflos den Bauvertrag frei gekündigt, ihr Baustellenverbot erteilt und bereits am 10.08.2018 ein Drittunternehmen mit Eingriffsarbeiten am konstruktiven Bauwerk beauftragt hätten, so dass eine Mängelbeseitigung überhaupt nicht mehr möglich gewesen sei.

Hilfsweise hat die Beklagte eingewandt, dass der Bauzustand zum Zeitpunkt der Kündigung nach ihrer Kalkulation des Pauschalwerkvertrages 141.251,96 € betragen habe, zzgl. Mehrkosten Schotter von 8.510,99 €, Bodenplatte Garage von 450.-€ und Rohre 750.-€

Mit Schriftsatz vom 29.10.2019 haben die Kläger vorgetragen, dass sie Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 BGB verlangen würden, die Erklärung vom 07.08.2018 als Rücktritt auszulegen sei und die Zahlung von 77.500.-€ als Minderungsbetrag, hilfsweise als Mängelbeseitigungskostenvorschuss geltend gemacht werde.

Die Lösung:

Die Klage ist abzuweisen:

Ein pauschal auf die Hälfte der Abschlagszahlungen gestützter Anspruch auf Auszahlung des Saldoüberschusses ist nicht schlüssig von den Klägern dargelegt, ein wichtiger Grund zur Kündigung am 07.08.2018 hat nicht vorgelegen und diese ist auch nicht als freie Kündigung nach § 649 BGB a.F. oder als Rücktrittserklärung auszulegen.

Zur Begründung:

Die Mängel der Teilleistungen führen nur unter den Voraussetzungen von § 634 BGB zu einer Kürzung des Vergütungsanspruchs. Die Klägerseite könne als Besteller des Bauwerks vor einer Abnahme nicht die Rechte gemäß § 634 BGB geltend machen. Durch die Kündigungserklärung der Kläger vom 07.08.2018 sei der Vertrag vom 11.12.2017 nicht beendet worden. Die im Schreiben der Klägerin vom 07.08.2018 ausgesprochene Kündigung stelle keine Kündigung nach § 649 BGB in der für den Streitfall (Artikel 229 § 39 EGBGB) geltenden Fassung der Vorschrift dar, da die Kläger erkennbar und ausdrücklich aus wichtigem Grund kündige wollten. Die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB seien nicht gegeben. Bestehe der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, sei die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist zulässig. Die Kläger hätten den streitgegenständlichen Werkvertrag indes konkludent gekündigt, indem sie ein anderes Bauunternehmen ab dem 10.08.2018 anstelle des Beklagten beauftragten und der Beklagten am 20.08.2018 ein Baustellenverbot erteilt hätten.

Der Anspruch auf Rückzahlung von 77.500.- Euro sei aber nicht schlüssig dargelegt. Der Besteller könne nicht pauschal – in Höhe von 50% – die von ihm geleisteten Abschlagszahlungen zurückverlangen. Die Frage, ob Mauer und Betonarbeiten mangelhaft waren, sei für die Darlegung zu viel gezahlten Werklohns zunächst nicht von Belang.

Die Kläger hätten gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch in Höhe von 12.249.- Euro für die Vornahme von Leistungen nach Ausspruch der Kündigung des streitgegenständlichen Bauvertrags, weil die Voraussetzungen der § 634 Nr.3 und 4 BGB nicht vorliegen würden. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (§ 634 Nr. 4, § 280, § 281 BGB) lägen nicht vor. Einem solchen stehe entgegen, dass eine Abnahme der von der Beklagten erbrachten Teilleistungen nicht erfolgt sei. Es fehle das erfolglose Setzen einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung und den fruchtlosen Ablauf dieser Frist.

Die Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens seien auch nicht aus anderen Gründen erstattungsfähig. Mangels Anspruch in der Hauptsache stehe den Klägern auch kein Anspruch auf Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie kein Zinsanspruch zu.

Pressemitteilungen: OLG Stuttgart zum Überschwenken eines Baukrans im Nachbarschaftsstreit

Pressemitteilungen: OLG Stuttgart zum Überschwenken eines Baukrans im Nachbarschaftsstreit

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Markus Geßler hat mit seiner heutigen Entscheidung den Unterlassungsanspruch eines durch einen über sein Grundstück schwenkenden Kranarm beeinträchtigten Nachbarn bestätigt und erweitert.

Dem Berufungsverfahren liegt zugrunde, dass die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke im Landkreis Ludwigsburg über den Abbruch und die Neubebauung der Beklagten in Streit gerieten. Nach Erhalt der Baugenehmigung für zwei Doppelhäuser und vier Garagen haben die Beklagten Ende 2021 einen 18 Meter hohen Turmdrehkran mit ca. 28 Meter langem Ausleger auf der Grundstücksgrenze aufgestellt. Der Ausleger überschwenkte ohne Vorankündigung mehrfach und für längere Zeit im Frühjahr 2022 – mit und ohne Last – den Luftraum über dem klägerischen Grundstück. In einem Fall blieb der Kran mit schweren Betonfertigteilen an der Oberleitung hängen, die auch das klägerische Grundstück mit Strom versorgte. Dadurch wurde u.a. das Dachgeschoss des Hauses des Klägers erschüttert.

Der Kläger beantragte daher im erstinstanzlichen einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Heilbronn das unverzügliche Unterlassen des Überschwenkens seines Grundstücks mit dem Kran. Das Landgericht bejahte einen Unterlassungsanspruch, jedoch nur im Falle eines Überschwenkens mit Lasten. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen Antrag auf Unterlassung auch eines lastenfreien Schwenkens des Kranarms beim OLG weiterverfolgte.

Das OLG sah die Berufung als begründet an und untersagte den beiden Beklagten das Schwenken oder Schwenkenlassen des Baukrans über dem Grundstück des Klägers in jedem Fall bei Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung.

Die Beklagten hätten das in § 7d Abs. 2 Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg (NRG BW) auch für das Einschwenken eines Baukrans in den nachbarlichen Luftraum vorgesehene Verfahren nicht eingehalten. Daher könnten sich die Bauherren nicht auf das sog. Hammerschlags- und Leiterrecht nach § 7d NRG BW und eine entsprechende Duldungspflicht des Klägers berufen. Nach den gesetzlichen Vorgaben hätten die Bauherren das Benutzen des Nachbargrundstücks durch Überschwenken des Kranes – mit oder ohne Lasten – zwei Wochen vor der Benutzung anzeigen müssen, was unstreitig nicht erfolgt war. Hätte der Kläger dem Überschwenken dann nicht zugestimmt, so hätten die Beklagten erst Duldungsklage erheben müssen und auch dann nicht ihr vermeintliches Recht im Wege der Selbsthilfe durchsetzen können.

Diese Senatsentscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ist rechtskräftig. Allerdings können die Beklagten noch in einem Hauptsacheverfahren gerichtlich klären lassen, ob ihnen nach § 7 d NRG BW ein Duldungsanspruch auf Überschwenken des Kranes gegen den Kläger zusteht.

Aktenzeichen:

LG Heilbronn   – (II) 5 O 78/22 – Urteil vom 02.05.2022

OLG Stuttgart:   – 4 U 74/22 –     Urteil vom 31.08.2022

Relevante Vorschriften:

Bürgerliches Gesetzbuch

Aktuelle Rechtsprechung zum Hochbaurecht im Volltext (2)

Aktuelle Rechtsprechung zum Hochbaurecht im Volltext (2)

vorgestellt von Thomas Ax

OLG Düsseldorf: Der Anwendungsbereich des § 650i Abs. 1 BGB ist nicht auf die Errichtung oder den Umbau eines privaten Wohngebäudes beschränkt, sondern erfasst auch die Neuerrichtung eines Bürogebäudes

1. Der Anwendungsbereich des § 650i Abs. 1 BGB ist nicht auf die Errichtung oder den Umbau eines privaten Wohngebäudes beschränkt, sondern erfasst auch die Neuerrichtung eines Bürogebäudes.

2. Von einem Verbraucherbauvertrag i.S. des § 650i Abs. 1 Alt. 1 BGB ist nur auszugehen, wenn der Werkunternehmer mit dem Bau eines vollständigen Gebäudes beauftragt wird. Daran fehlt es, wenn der Unternehmer nicht alle Leistungen zu erbringen hat, die allgemein als wesentlich für ein Gebäude angesehen werden.

3. Im Rahmen von § 650f Abs. 1 Satz 4 BGB kann aufgrund der berechtigten Sicherungsinteressen des Werkunternehmers die Aufrechnung mit einer streitigen Forderung allenfalls dann zugelassen werden, wenn bei der Entscheidung über die Sicherheitsleistung zugleich bereits feststeht, dass auch die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung begründet ist.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2023 – 5 U 266/21

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherung und Zahlung von Werklohn. Der Beklagte verlangt widerklagend Rückzahlung einer behaupteten Überzahlung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rohbauvertrag.

Der Beklagte ließ ein Bürogebäude als Neubau in ### errichten. Er erteilte der Klägerin im Mai 2017 auf Basis eines Angebotes vom 17.5.2017 den Auftrag für Rohbauarbeiten, die im Dezember 2017 fertiggestellt wurden.

Zu verschiedenen späteren Zeitpunkten beauftragte der Beklagte die Klägerin noch mit der Verlegung des Estrichs, mit der Ausführung von Trockenbauarbeiten, mit Zimmererarbeiten und mit Stundenlohnarbeiten hinsichtlich des Treppenhauses.

Die Rohbauarbeiten rechnete die Klägerin mit Schlussrechnung vom 2.5.2018 ab, die der Beklagte vollständig beglich. Unter dem 27.12.2018 erstellte die Klägerin Schlussrechnungen über die Estrichverlegung, die Trockenbauarbeiten und die Zimmererarbeiten. Unter dem 28.4.2020 erstellte die Klägerin eine zusammenfassende Schlussrechnung über die Trockenbau- und Zimmererarbeiten, die Verlegung des Estrichs und die Stundenlohnarbeiten. Den sich aus dieser Schlussrechnung ergebenden Betrag macht sie mit der Klage geltend. Zudem verlangt sie eine Sicherheit für den Schlussrechnungsbetrag zzgl. eines Aufschlags von 10%. Der Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung von 68.731,61 EUR da er insoweit eine Überzahlung der Rohbauarbeiten geltend macht.

In der Berufungserwiderung hat der Beklagte mit dem behaupteten Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Rohbauarbeiten hilfsweise die Aufrechnung erklärt (Bl. 76 GA OLG).

Zu den Anträgen und zum Vorbringen der Parteien sowie zur Prozessgeschichte im ersten Rechtszug wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit dem am 3.12.2021 verkündeten Teilurteil hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichter – den Beklagten verurteilt, der Klägerin eine Bauhandwerkersicherung in Höhe von 14.215,00 Euro zu stellen.

Es sei über den Anspruch der Klägerin auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a BGB a.F./§ 650n BGB n.F. durch Teilurteil zu entscheiden, da dieser Anspruch zur Endentscheidung reif sei, § 301 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB n.F./§ 648a BGB a.F. zu. Der Anspruch bestehe in Höhe von 14.215,00 EUR.

Es könne dahinstehen, ob sich der Anspruch der Klägerin hier nach § 648a BGB a.F. oder § 650f BGB n.F. richte. Die Vorschriften seien mit der in Abs. 6 geregelten Ausnahme identisch. Die Ausnahme greife aber nach keiner Vorschrift ein.

Für § 648a Abs. 6 Nr. 2 BGB a.F. ergebe sich das schon daraus, dass der Beklagte die Klägerin nicht mit Arbeiten an einem Einfamilienhaus oder einer Einliegerwohnung beauftragt habe. Nach § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB n.F. stünde der Klägerin kein Anspruch auf Sicherheit zu, wenn die Parteien einen Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB geschlossen hätten. Ob eine gewerkweise Vergabe von Bauleistungen hierunter fallen könne, sei streitig. Wenn der Begriff des Verbraucherbauvertrages nach § 650i BGB auch die gewerkweise Vergabe von Bauleistungen erfassen sollte, so wäre für die zeitliche Zuordnung zu § 648a Abs. 6 Nr. 2 BGB a.F./§ 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB n.F. allerdings auf die erste Beauftragung bzw. den Beginn der Errichtung des Gebäudes abzustellen. Diese lägen hier vor dem 01.01.2018.

Die Höhe der Sicherheit bemesse sich nach der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung, wobei auch Zusatzaufträge zu berücksichtigen seien.

Notwendig sei, dass die Klägerin den Anspruch der Höhe nach schlüssig darlege. Nicht ausreichend sei, wenn der Unternehmer auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bestellers zur Begründung nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08.03.2021, VI ZR 505/19, Rn. 26). Dann wäre auch eine Vergütungsklage ohne Beweisaufnahme abzuweisen. Demnach gelte folgendes:

Hinsichtlich der Position “Treppenhaus + Aufzugsschacht” in der Schlussrechnung vom 28.04.2020 (Anlage A3) sei ein Anspruch der Klägerin von 15.529,50 Euro netto zu Grunde zu legen.

Hinsichtlich der Position “Estricharbeiten im Staffelgeschoss” i.H.v. 12.284,95 Euro netto habe der Beklagte keine Einwendungen erhoben.

Hinsichtlich der Position “Trockenbauarbeiten” i.H.v. 82.248,07 EUR könne nur ein Betrag i.H.v. 68.744,59 EUR netto zu Grunde gelegt werden. Für die Montage von Gipsplatten sei auf Grundlage des Angebots der Fa. B. vom 08.01.2018 (Anlage A11, dort S. 3) ein Einheitspreis von 49,40 EUR vereinbart gewesen. Die Klägerin rechne aber einen Einheitspreis von 82,50 EUR ab.

Hinsichtlich der Position “Zimmererarbeiten” sei der von der Klägerin angesetzte Betrag i.H.v. 82.932,88 EUR zu Grunde zu legen, da der Beklagte diesen im Ergebnis nicht bestritten habe. Dass Aufstellungen, auf die verwiesen worden sei, nicht erläutert worden seien, stehe der Berücksichtigung nicht entgegen.

Hinsichtlich der Position “Estricharbeiten im UG, EG, 1. und 2. OG” habe der Beklagte keine durchgreifenden Einwendungen erhoben. Soweit er geltend mache, tatsächlich habe die Klägerin eine geringere Dicke Estrich verlegt, sei dies hier aufgrund der Besonderheiten des Sicherungsverfahrens nicht zu beachten.

Die unter Teil 2 der Schlussrechnung vom 28.04.2020 (Anlage 3) abgerechneten Leistungen seien nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte habe insoweit eine Beauftragung bestritten, die Klägerin habe hier nicht weiter vorgetragen.

Es ergebe sich ein Bruttobetrag in Höhe von 234.104,51 EUR auf den die Abschlagszahlungen in Höhe von 152.450,17 EUR anzurechnen seien, so dass 81.654,34 EUR verblieben.

Nach § 650f Abs. 1 S. 4 BGB n.F./§ 648a Abs. 1 S. 4 BGB a.F. seien allerdings Gegenansprüche des Beklagten i.H.v. 68.731,61 EUR zu berücksichtigen. Nach dem Sach- und Streitstand sei unstreitig, dass dem Beklagten gegen die Klägerin ein Bereicherungsanspruch in Höhe von 68.731,61 EUR zustehe, weil die Klägerin bei den Rohbauarbeiten nicht vorgesehene Zulagen und Preisanpassungen abgerechnet habe. Soweit der Beklagte auch weitere Ansprüche behauptet habe, seien diese nicht unstreitig. Der Beklagte habe ausdrücklich erklärt, insoweit bewusst keine Aufrechnung zu erklären und diese angeblichen Gegenansprüche auch nicht im Wege der Widerklage geltend zu machen. Insoweit sei eine Erklärung der Klägerin (§ 138 Abs. 2 ZPO) hierzu nicht veranlasst gewesen.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren jeweiligen Berufungen.

Die Klägerin trägt mit ihrer Berufung, wie folgt vor:

Das Landgericht habe zu Unrecht einzelne Rechnungspositionen gekürzt, obwohl hierüber eine Beweisaufnahme hätte erfolgen müssen.

Die Kammer verkenne dabei den gesetzlichen Zweck des werkvertraglichen Sicherungsanspruchs. Dieser solle dem Unternehmer möglichst schnell und effektiv, das heißt insbesondere unabhängig von der gegebenenfalls langwierigen Aufklärung der tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs, eine Sicherheit für den Fall ausbleibender Zahlung des Bestellers zu verschaffen.

Bezüglich der Trockenbauarbeiten habe sie vorgetragen, dass anlässlich der Schlussbesprechung der Schlussrechnung am 3.12.2019 keine Einwendungen gegen die berechneten Einheitspreise bestanden hätten. Dass die Zeugin C. berechtigt gewesen sei, Entscheidungen zu treffen, sei durch den Beklagten nicht bestritten worden. Auch die unter Teil 2 der Schlussrechnung abgerechneten Leistungen seien bei der Schlussbesprechung nicht moniert worden.

Gegenansprüche des Beklagten habe die Kammer überhaupt nicht berücksichtigen dürfen. Tatsächlich habe der Beklagte mit keiner Gegenforderung eine Aufrechnung erklärt, sondern eine Widerklage erhoben. Eine Auslegung der Widerklage als Aufrechnung sei nicht möglich.

Zudem sei die Gegenforderung nicht unstreitig. Einen konkreten Sachvortrag für eine unstreitige Gegenforderung habe der Beklagte nicht getätigt. Sie selbst habe hingegen dargelegt, dass die Widerklageforderung unschlüssig sei, da konkreter Sachvortrag fehle und nur auf Rechnungen und Anlagen Bezug genommen werde. Die in der Anlage B8 dargelegten Materialien seien in ihrer Rechnung betreffend den Rohbau nicht zu finden. Die Anlage B3 – bei der es sich nur um eine Massenermittlung des Beklagten handeln könne – sei am 27.01.2018 erstellt worden und die Zahlung der Rechnung durch den Beklagten am 04.05.2018 erfolgt. Es sei nach dem Vortrag des Beklagten also bewusst auf eine Nichtschuld gezahlt worden.

Hätte das Gericht sie darauf hingewiesen, dass es den Vortrag als ausreichend ansehe, hätte sie weiter vorgetragen. Für einen ordnungsgemäßen Sachvortrag hätte der Beklagte die entsprechende Rechnung über die Rohbauarbeiten vorlegen und anhand der einzelnen Positionen darlegen müssen, inwiefern sich Massen geändert haben sollen. Weiter wäre darauf hingewiesen worden, dass die Anlage B4 nur eine Überzahlung von 12.797,80 Euro bezüglich der Rohbauschlussrechnung anspreche und im Übrigen andere Rechnungen betreffe. Sie habe zu Recht Zulagen gefordert. Werde eine andere Ausführung gewählt, wie hier statt Ortbeton eine angeordnete Ausführung in Filigrandecken, könnten hierfür natürlich die entsprechenden Zulagen verlangt werden. Gleiches gelte für die angeordneten und gewünschten Körnungen der gelieferten Materialien. Dass bei der Ausführung von Filigrandecken auch Bügel benötigt würden, dürfe klar sein. Eine Erläuterung der Anlagen wäre daher unter Zuhilfenahme der detaillierten Schlussrechnung und der vom Beklagten selbst vorgenommenen Aufmaßen notwendig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Teilurteil des Landgerichtes Düsseldorf abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 648 a Abs. 1 BGB a.F. (bzw. § 650 f Abs. 1 BGB n. F) in Höhe von weiteren 124.006,35 EUR zur Sicherung des Vergütungsanspruchs aus der Schlussrechnung vom 28.4.2020 zu stellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil dahingehend, dass zu Recht keine höhere Sicherheitsleistung ausgeurteilt wurde. Sofern man von einem Anspruch auf Sicherheitsleistung ausgehe, habe das Landgericht die Forderung der Klägerin zu Recht gekürzt. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der Schlussrechnung seien die Klageforderung und die darauf basierende Sicherheitsleistung schon rechnerisch unschlüssig. Vielmehr ergebe sich nach der Berechnung der Klägerin nur ein Restbetrag von 96.079,84 EUR. Zu Recht sei die Forderung im Hinblick auf die Trockenbauarbeiten um 16.069,14 EUR gekürzt worden. Einer Beweisaufnahme über den Abrechnungsmodus und den Einheitspreis habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe selbst einen Einheitspreis von 49,40 EUR als vereinbart vorgetragen. Zu Recht habe die Kammer die unter Teil 2 der Schlussrechnung abgerechneten Leistungen gestrichen. Insoweit sei eine Beauftragung bestritten und es fehle dazu jeglicher Vortrag der Klägerin.

Selbstverständlich habe die Kammer seine Gegenansprüche berücksichtigen müssen. Hilfsweise erkläre er die Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von 68.731,61 EUR.

Mit seiner eigenen Berufung verfolgt der Beklagte eine weitergehende Klageabweisung. Er trägt vor: Das Landgericht habe sowohl rechtsfehlerhaft die Schlüssigkeit der von ihr berechneten Forderung der Klägerin angenommen, als auch zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 650i BGB n.F. verneint. Es könne nicht offenbleiben, ob es sich im vorliegenden Fall um einen Verbrauchervertrag nach § 650i BGB n.F. handele. Es sei richtig, dass eine gewerkeweise Vergabe der Bauleistungen erfolgt sei. Allerdings seien sämtliche der hier in Streit stehenden weiteren Gewerke erst 2018 beauftragt worden. Nur wenn sämtliche Gewerke vor dem 1.1.2018 beauftragt worden wären, wäre die a.F. des BGB zugrunde zu legen. Bei den nach dem 1.1.2018 beauftragten Leistungen handele es sich nicht um unwesentliche Anhängsel zur Erstellung des neuen Gebäudes, sondern um wesentliche Bestandteile.

Die Klägerin weigere sich zur Kenntnis zu nehmen, dass er keinesfalls als gewerblicher Vermieter am Markt tätig sei.

Selbst wenn man einen Anspruch auf Sicherheitsleistung annähme, wäre dieser um weitere 8.120,00 EUR zu kürzen, da die Klägerin den Estrich in einer geringeren Dicke verlegt als abgerechnet habe. Für die von ihr abgerechnete Dicke habe sie in dem jetzt fortgesetzten Zahlungsprozess keinen Beweis angeboten.

Der Beklagte beantragt:

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 03.12.2021 die Klage im Hinblick auf den Klageantrag zu 1) abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit ihr eine Sicherheitsleistung zugesprochen wurde, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Die Anwendbarkeit des § 650 i BGB habe das Landgericht zurecht verneint. Zwischen den Parteien habe es zwei unterschiedliche Verträge gegeben, nämlich zum einen den Vertrag über die Errichtung des Rohbaus und zum anderen – zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt – den Vertrag über die Folgegewerke. Die Folgegewerke umfassten allerdings nicht alle zur Bezugsfertigkeit notwendigen Arbeiten. Damit habe es sich bei dem Vertrag über die begrenzten Ausbaugewerke nicht um Verträge gehandelt, die zur Errichtung eines bezugsfertigen Hauses gehörten. Die Rechtsprechung gehe daher zutreffend davon aus, dass es sich in diesen Fällen nicht um einen Verbraucherbauvertrag handele.

Entgegen der Auffassung des Beklagten komme es für die Gestellung einer Bauhandwerkersicherung nicht darauf an, dass bereits alle Positionen der geltend gemachten Forderung bewiesen seien. Da mit der als Vertreterin des Beklagten aufgetretenen Zeugin C. die entsprechenden Rechnungen abgesprochen und teilweise auch korrigiert worden seien, müsse sich der Beklagte das Handeln der Zeugin zurechnen lassen. Wie in der Berufungsbegründung dargelegt, habe das Landgericht daher zu Unrecht Kürzungen vorgenommen.

Die Kammer habe keine Gegenansprüche berücksichtigen dürfen. Es handele sich bei Klage und Widerklage um verschiedene Streitgegenstände. In der ersten Instanz habe der Beklagte keine hilfsweise Aufrechnung erklärt. Gemäß § 533 ZPO sei diese nur bei Einwilligung zulässig. Die Einwilligung werde nicht erteilt. Eine Sachdienlichkeit liege nicht vor. Zudem sei eine Hilfsaufrechnung gegenüber der Forderung auf Gestellung einer Bauhandwerkersicherung nicht möglich, da es sich nicht um gleichartige Forderungen handele.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig aber nicht begründet. Die ebenfalls zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

1. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landgericht hat in zulässiger Weise durch Teilurteil entschieden. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Sicherheitsleistung zumindest in der ausgeurteilten Höhe zu.

a) Eine Entscheidung durch Teilurteil war vorliegend zulässig. Bei dem Anspruch auf Sicherheitsleistung handelt es sich um einen selbstständigen Streitgegenstand iSd § 301 ZPO, der zur Entscheidung reif war. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen steht dem Erlass des Teilurteils ausnahmsweise nicht entgegen. Zwar darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Teilurteil nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist schon dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 849; BGH, NJW 2021, 2438).

Eine solche Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht hier. Die Frage nach der Höhe des Vergütungsanspruchs stellt sich sowohl bei dem mit dem Antrag zu 1) geltend gemachten Anspruch auf Sicherheitsleistung als auch bei dem mit dem Antrag zu 2) geltend gemachten Zahlungsanspruch. Zudem kann die Frage eines dem Beklagten zustehenden Bereicherungsanspruchs nach der Entscheidung des Landgerichts nur einheitlich für den Sicherungsanspruch und die Widerklage beantwortet werden. Darüber hinaus stellt sich sowohl hinsichtlich der Sicherungsleistung als auch hinsichtlich der Zahlungsklage die Frage, ob es sich bei den der Schlussrechnung vom 28.4.2018 zugrundeliegenden Absprachen um einen/mehrere Verbraucherbauverträge iSd § 650i Abs. 1 BGB handelt.

Allerdings ist für den werkvertraglichen Sicherungsanspruch im Hinblick auf dessen gesetzlichen Zweck, dem Unternehmer möglichst schnell und effektiv eine Sicherheit für den Fall ausbleibender Zahlung des Bestellers zu verschaffen, eine Ausnahme von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen (vgl. BGH, NJW 2021, 2438). Denn in dem Zeitraum der Aufklärung der streitigen Tatsachen kann der Besteller zahlungsunfähig werden, wovor der Unternehmer durch die Vorschrift gerade geschützt werden soll (vgl. BGH, NJW 2021, 2438 Rn. 23). Der Gesetzgeber hat zum Ausdruck gebracht, dass das Verlangen nach Sicherheit nicht mit einem Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch belastet werden darf, wenn hierdurch die Durchsetzung des Sicherungsverlangens verzögert würde (vgl. BGH, NJW 2021, 2438 Rn. 24). Der Senat versteht den BGH dahingehend, dass auch in solchen Aspekten die Gefahr widersprechender Entscheidungen zugunsten einer effektiven Sicherung hinzunehmen ist und nicht nur im Hinblick auf die Höhe der Sicherheit. Dem schließt sich der Senat an. Mit Rücksicht auf das Schutzbedürfnis des Unternehmers hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass eine Übersicherung des Unternehmers entsteht. Aus Sicht des Senates macht es dabei keinen relevanten Unterschied, aus welchem Grund die Übersicherung entsteht, sei es, weil sich die zunächst schlüssig dargelegte Forderungshöhe nach Beweisaufnahme als zu hoch erweist oder weil der Besteller später erfolgreich Gegenrechte geltend macht, weil sich später herausstellt, dass der Vertrag doch ein Verbraucherbauvertrag ist. Insofern ist die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausnahmsweise hinzunehmen.

b) Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung in Höhe von jedenfalls 14.215,- EUR für die in der Schlussrechnung vom 28.4.2020 (Anlage A3) enthaltene Forderung aus § 650f BGB in der vom 1.1.2018 bis 31.12.2021 geltenden Fassung zu.

aa) § 650f BGB in der ab dem 1.1.2018 geltenden Fassung ist anwendbar.

Zwischen den Parteien bestanden Werkverträge über die Ausführung von Estricharbeiten, Trockenbauarbeiten, Zimmererarbeiten und Arbeiten im Treppenhaus. Im Verlauf des Verfahrens ist unstreitig geworden, dass der Beklagte die Klägerin im Hinblick auf den Neubau des Gebäudes ### in ### mit der Erstellung des Estrichs, der Ausführung der Trockenbau- und Zimmererarbeiten sowie mit Arbeiten am Treppenhaus/Aufzugsschacht beauftragt hat. Hierbei handelt es sich inhaltlich um nach Werkvertragsrecht zu beurteilende Vertragsverhältnisse.

Die Werkverträge über die mit Schlussrechnung vom 28.4.2020 abgerechneten Leistungen unterfallen nach Art. 229 § 39 BGB sämtlich dem BGB in der ab dem 1.1.2018 geltenden Fassung. Die hier in Rede stehenden Schuldverhältnisse wurden nach dem 1.1.2018 geschlossen. Teilweise ist dies ausdrücklich vorgetragen (so zu den Zimmererarbeiten), teilweise folgt dies daraus, dass die Aufträge auf Basis von Fremdangeboten erteilt wurden und diese bereits aus dem Jahr 2018 stammen. Sofern das Fremdangebot über den Estrich vom 20.12.2017 stammt, ist angesichts des beschriebenen Ablaufes nicht von einer Beauftragung vor dem 1.1.2018 auszugehen.

Ein Vertragsschluss vor dem 1.1.2018 folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin im Jahr 2017 mit der Durchführung von Rohbauarbeiten beauftragt worden war. Das Angebot vom 19.5.2017, welches unstreitig die Grundlage für die erste Beauftragung wurde, verhält sich nur über Rohbauarbeiten. Mit Schreiben vom 28.4.2017 wurde nur ein Angebot für Rohbauarbeiten für einen Neubau angefragt (Anlage A1). Bei den weiteren Arbeiten handelt es sich nicht um Nachträge zu dem Rohbauvertrag, sondern um selbstständige Aufträge. Dies folgt zum einen schon daraus, dass es sich um andere Gewerke handelt, die nicht als Neben- oder Zusatzarbeiten der Rohbauarbeiten anzusehen sind. Zum anderen wurde über die Rohbauarbeiten bereits Anfang Mai 2018 eine Schlussrechnung gestellt und beglichen. Dies spricht auch dafür, dass die Parteien die weiteren Arbeiten nicht als Nachträge zu dem im Mai 2017 geschlossenen Vertrag über Rohbauarbeiten angesehen haben.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin – wie von dem Beklagten behauptet – von Beginn an weitere Gewerke herstellen wollte oder sogar als Generalunternehmerin aufgetreten ist. Denn unstreitig kam es zunächst nicht zu der Beauftragung der weiteren Arbeiten, da sich die Parteien über einen wesentlichen Vertragsinhalt, nämlich den Preis, nicht einig waren (so ausdrücklich: Bl. 139 GA LG). Ebenso ist unerheblich, ob vereinbart wurde, dass der Beklagte Fremdangebote einholten sollte, welche die Basis für die Preisfindung bei den weiteren Gewerken sein sollten. Denn selbst wenn die Parteien so verblieben wären, läge darin noch kein bindender Vertragsschluss über die weiteren Gewerke. Bei einer bekannt fehlenden Einigung über einen wesentlichen Vertragsbestandteil kommt im Zweifel kein Vertrag zustande, vgl. § 154 Abs. 1 BGB.

Zwar könnte ein Vertragsschluss auch ohne eine Festlegung eines exakten Preises erfolgen, wenn die Parteien bindend festgelegt hätten, wie der Preis zu ermitteln sei. Hiervon ist aber nicht auszugehen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Preis durch die Fremdangebote bindend festgesetzt werden sollte. Vielmehr sollten die Fremdangebote – so der Beklagte – “die Basis für die Preisfindung” sein. Hierfür spricht auch die Vorgehensweise bei den Zimmererarbeiten Staffelgeschoss, zu denen die Klägerin nach Erhalt des Fremdangebotes ein eigenes Angebot erstellt hat, das zwar hinsichtlich des Gesamtpreises dem Fremdangebot ähnelt, jedoch andere Massen und Einheitspreise enthält. Dieses Angebot wurde mündlich angenommen. Insofern ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte bereits im Jahr 2017 die Klägerin mit der Ausführung der Estrich-, Trockenbau- und Zimmererarbeiten beauftragt hat.

Ob die Parteien übereingekommen sind, dass die Klägerin in jedem Fall mit den weiteren Arbeiten beauftragt werden solle – was so deutlich nicht vorgetragen ist – kann dahinstehen. Bei einer solchen Absprache könnte von einem “Vorvertrag” auszugehen sein. Bei einem Vorvertrag handelt es sich um einen Vertrag, in dem sich die Parteien verpflichten, demnächst einen anderen schuldrechtlichen Vertrag zu schließen, ohne bereits den wesentlichen Vertragsinhalt zu regeln. Haben die Parteien den Vorvertrag vor dem 1.1.2018 geschlossen, den Hauptvertrag jedoch nach dem 31.12.2017, unterliegt der Hauptvertrag neuem Recht (vgl. BeckOGK/Merkle, 1.10.2022, EGBGB Art. 229 § 39 Rn. 20; Palandt-Grüneberg 76. Auflage, 2017, Art. 229 § 5 EGBGB). Denn hierdurch werden die Leistungspflichten erstmals vollständig konkretisiert, mit der Folge, dass der Hauptvertrag als eigenständiges Schuldverhältnis zu definieren ist (vgl. BeckOGK/Merkle, 1.10.2022, EGBGB Art. 229 § 39 Rn. 20).

Es handelt sich um Bauverträge iSd § 650a Abs. 1 S. 2 BGB. Denn es wurde jeweils die Herstellung eines Teils eines Bauwerkes beauftragt. Insofern findet § 650f BGB Anwendung.

bb) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin dem Grunde nach eine Sicherheitsleistung verlangen kann.

Nach § 650f BGB kann der Unternehmer – hier die Klägerin – von dem Besteller – hier dem Beklagten – eine Sicherheit verlangen. Unerheblich ist, ob die Leistungen bereits abgenommen wurden. Denn eine Bauhandwerkersicherung kann auch nach Abnahme verlangt werden, vgl. § 650f Abs. 1 S. 3 BGB. Eine Sicherheit kann jedoch dann nicht verlangt werden, wenn der Besteller Verbraucher ist und es sich um einen Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB handelt, vgl. § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB. Hierauf beruft sich der Beklagte. Die Voraussetzungen des § 650f Abs. 6 BGB, die der Besteller darzulegen und zu beweisen hat, sind nach Ansicht des Senates jedoch nicht erfüllt.

(1) Zwar hat der Beklagte hier als Verbraucher gehandelt, da er das Gebäude zu seiner privaten Altersvorsorge errichtet hat.

Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, welche überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend (vgl. BGH, NJW 2018, 153; BGH, NJW 2018, 146; BGH, NJW 2020, 3786). Für die Abgrenzung maßgeblich sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verhalten der Vertragsparteien (BGH, NJW 2018, 150 Rn. 31 und NJW 2018, 146 Rn. 41 jew. mwN).

Der Beklagte hat vorgetragen, mit dem zu erbauenden Gebäude habe er sich eine Altersvorsorge schaffen wollen. Er verfüge nicht über externe Büroräume, sondern verwalte seine vier Objekte mit einem monatlichen Zeitaufwand von 10 – 15 Minuten von seinen privaten Räumlichkeiten aus. Dem ist die Klägerin letztlich nicht entgegengetreten. Zwar behauptet sie, der Beklagte sei als gewerblicher Vermieter am Markt tätig und handele mit Immobilien. Aus diesem – bestrittenen – Vortrag folgt aber nicht, dass der Beklagte im Hinblick auf das konkrete Grundstück nicht als Verbraucher gehandelt hätte. Ein Handeln “in Ausübung” der gewerblichen oder der selbstständigen beruflichen Tätigkeit iSv § 14 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass es gerade in einem hinreichend engen Zusammenhang mit eben dieser erfolgt (vgl. BGH, NJW 2018, 150 Rn. 38). Eine Vermutung dafür, dass alle vorgenommenen Rechtsgeschäfte eines Unternehmers “im Zweifel” seinem geschäftlichen Bereich zuzuordnen sind, besteht nicht (vgl. BGH, NJW 2018, 150 Rn. 36, 37). Die Klägerin hat keine Anhaltspunkte aufgeführt, aus denen sie auf ein gewerbliches Tätigwerden des Beklagten im konkreten Fall schließt.

Die Errichtung des Gebäudes zur Altersvorsorge stellt sich als Verbraucherhandeln dar. Die Verwaltung eigenen Vermögens ist regelmäßig keine gewerbliche Tätigkeit (vgl. BGH, NJW 2020, 3786 mwN). Ein unternehmerisches Handeln kommt erst dann in Betracht, wenn ein bestimmtes Maß überschritten wird (vgl. BGH, NJW 2020, 3786). Ausschlaggebende Kriterien für die Abgrenzung der privaten von der berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung sind der Umfang, die Komplexität und die Anzahl der damit verbundenen Vorgänge (vgl. BGH, NZM 2020, 808 und NJW 2018, 1812) Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb so liegt eine gewerbliche Betätigung vor (vgl. BGH, NJW 2020, 3786 mwN; BGH, NJW 2020, 808). Vorliegend erforderte weder die Errichtung noch die Vermietung des Gebäudes einen planmäßigen Geschäftsbetrieb. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte sich für die Errichtung oder Vermietung des Gebäudes eines planmäßigen Geschäftsbetriebes bedient hätte.

(2) Allerdings handelte es sich bei den der Schlussrechnung vom 28.4.2020 zugrundeliegenden Aufträgen nicht um einen Vertrag, durch den der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird.

Zwar ließ der Beklagte mit dem Bürogebäude ein neues Gebäudes iSd § 650i Abs. 1 Alt. 1 BGB errichten. Auch ein Bürogebäude ist nach dem Verständnis des Senates ein “Gebäude” im Sinne dieser Norm. Der Begriff des “Gebäudes” wird weder in der Richtlinie (EU) 2011/83 (nachfolgend auch: Verbraucherrechte-RL) noch in der Gesetzesbegründung definiert. Nach der Gesetzesbegründung soll sich die Auslegung des Begriffs an § 312 Abs. 3 Nr. 4 BGB a.F. orientieren. Diese Vorschrift sei im Sinne des Verbraucherschutzes eng ausgelegt worden und habe nur Verträge über Maßnahmen erfasst, die das Grundstück wesentlich umgestalteten und daher den klassischen Immobiliengeschäften gleichgestellt werden konnten (vgl. BT-Drs. 18/8486 S. 61). Daraus folgt, dass auch Gebäude erfasst sind, die keine Wohngebäude sind (vgl. OLG Hamm, NZBau, 2021, 664; Grüneberg-Retzlaff 81. Auflage, 2022, § 650i Rn. 2f; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1167; 2; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 2020, Teil 2, Bauvertrag, Rn. 48). Die teilweise vertretene Einschränkung auf Wohngebäude (vgl. Erman-Schwenker/Rodemann BGB, Kommentar, § 650i Rn. 1 f.) ergibt sich weder aus dem Wortlaut, den Gesetzesmaterialien noch aus dem sekundärrechtlichen Vorbild in der Verbraucherrechte-RL (vgl. OLG Hamm, aaO; Omur, NJW 2018, 817).

(3) Die Verpflichtung der Klägerin bezog sich aber nicht auf den Bau dieses neuen Gebäudes.

(a) Die Klägerin war nicht mit dem Bau eines vollständigen Gebäudes beauftragt. Dies gilt selbst dann, wenn man alle von der Klägerin erbrachten Leistungen “zusammenrechnet”.

Teilweise wird § 650i Abs. 1 Alt. 1 BGB auch dann für anwendbar gehalten, wenn die Vertragsparteien einzelne Gewerke aus einem Komplettpaket herausnehmen, die für die Herstellung des Gebäudes nur von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. hierzu: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 2020, Teil 2, Rn. 50; Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 22; Zehner ,NZBau 2021, 584). Mit einer solchen Gestaltung ist der vorliegende Fall aber auch dann nicht vergleichbar, wenn man die von der Klägerin insgesamt erbrachten Leistungen betrachtet. Denn auch dann hat sie wesentliche Elemente des Gebäudes nicht hergestellt. Dies gilt auch dann, wenn man das Vorbringen des Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13.12.2022 vorsichtshalber berücksichtigt und als zutreffend unterstellt.

Unstreitig nicht von der Klägerin erbracht wurde der Einbau von Fenstern und Türen, nachdem ein zunächst mit der Klägerin diesbezüglich geschlossener, gesonderter Vertrag storniert worden war. Ebenfalls hat die Klägerin nicht die abschließende Abdichtung des Daches erstellt. Die Klägerin war weiterhin nicht mit den Heizungs-, Elektro- und Sanitärarbeiten beauftragt. Auch die Bodenbeläge fielen nicht in ihre Zuständigkeit. Die von der Klägerin nicht erbrachten Arbeiten sind jedenfalls zusammen betrachtet für die Herstellung des Gebäudes nicht nur von untergeordneter Bedeutung. Sie sind vielmehr so bedeutsam, dass ohne ihre Beauftragung keine Herstellungsverpflichtung für das Gebäude insgesamt angenommen werden kann. Ein Bauwerk ohne abschließende Dachabdichtung, ohne Fenster und ohne Elektro-, Heizungs- und Sanitärinstallationen wird im Allgemeinen nicht als ein im Wesentlichen fertiggestelltes Gebäude angesehen werden. Es erfüllt auch nicht den üblichen Zweck von Gebäuden, Personen auch über längere Zeit eine Aufenthaltsmöglichkeit und einen zuverlässigen Schutz vor Wind und Wetter zu bieten. Auch nach dem von dem Beklagten als Anlage BB 4 vorgelegten Zahlungsplan, wären ohne die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten mehr als 15% des Kaufpreises nicht fällig.

(b) Es handelt sich nicht um eine Fallgestaltung, die iSd § 650o S. 2 BGB als eine Umgehung angesehen werden könnte. Eine solche soll vorliegen, wenn es der Unternehmer veranlasst, dass seine Herstellungsverpflichtung auf mehrere selbstständige Verträge zwischen ihm und den Verbraucher verteilt wird (vgl. Kniffka/Koeble, aaO, Teil 2, Rn. 51). Hiermit ist der Fall aber – unabhängig davon, dass die Klägerin nicht im Wesentlichen das gesamte Gebäude erstellt hat – auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht vergleichbar. Demnach soll sich die Klägerin zunächst als Generalunternehmerin angeboten haben und die Ausführung weiterer (aller?) Gewerke vorgeschlagen haben. Die weitere Beauftragung scheiterte nach dem Vortrag des Beklagten aber daran, dass man sich nicht über die Preise einig war und zunächst eine Basis für die Preisgestaltung geschaffen werden sollte. Insofern gab es einen sachlichen und nicht allein von der Klägerin veranlassten Grund für die erst spätere und isolierte Beauftragung weiterer Gewerke. Gerade die Stornierung des Auftrages über die Fenster zeigt dabei, dass es auch nicht feststand, ob die Klägerin für die weiteren Arbeiten beauftragt würde. Bei einer solchen Fallgestaltung kann schon deshalb kein Verbraucherbauvertrag angenommen werden, da ansonsten erst im Nachhinein feststünde, ob der Unternehmer das gesamte Objekt errichtet hat. Bei einem Verbraucherbauvertrag treffen den Unternehmer aber auch bereits vor Beginn der Ausführung schon spezifische Pflichten, vgl. zB § 650n Abs. 1 BGB.

(c) Bei einer Einzelvergabe der Gewerke an verschiedene Unternehmen kann nach Ansicht des Senates nicht von einem Verbraucherbauvertrag ausgegangen werden.

Teilweise wird ein Verbraucherbauvertrag allerdings auch dann angenommen, wenn der Verbraucher das Bauvorhaben in mehrere Bauverträge aufspaltet, die er mit mehreren Unternehmern isoliert abschließt (vgl. Kniffka/Koeble, aaO, Teil 9, Rn. 121; BeckOGK-Merkle, § 650i BGB Rn. 37; BeckOK-Voit § 650i BGB Rn. 4). Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn die Beauftragungen zeitgleich oder in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgen, die Erstellung des neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zu dem Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen (vgl. OLG Zweibrücken, ZfBR 2022, 569; OLG Hamm, NZBau 2021, 664), also die Bauleistungen letztlich in engem zeitlichen Zusammenhang als einheitliche Maßnahme zur Errichtung eines neuen Gebäudes führen (so Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Über die zugelassene Revision gegen die Entscheidung des OLG Zweibrücken ist bislang nicht entschieden worden (Az: BGH VII ZR 94/22).

Wann von einem engen zeitlichen Zusammenhang der Beauftragungen auszugehen ist und worauf sich der Zusammenhang bezieht, bleibt unklar. Teilweise kann man die Ausführungen so verstehen, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Beauftragungen untereinander bestehen muss (so wohl OLG Hamm, aaO und Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Danach wäre vorliegend eher nicht von der Anwendung des § 650i Abs. 1 BGB auszugehen, da die Aufträge an die Klägerin nicht in einem so engen zeitlichen Zusammenhang vergeben wurden, dass sich das Ganze als eine einheitliche Maßnahme darstellt, die z.B. mit einer Vergabe an einen Generalunternehmer vergleichbar wäre. Der Rohbau war bereits fertiggestellt, bevor die weiteren Aufträge erteilt wurden. In der Entscheidung des OLG Zweibrücken klingt es hingegen so, dass die Beauftragung des jeweiligen Unternehmers in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Neubaus erfolgen muss. So verstanden erscheint das Kriterium – ggf. bis auf extreme Ausnahmefälle – inhaltsleer. Denn ein Gewerk, das wesentlich für die Erstellung des Gebäudes ist, muss zwangsläufig in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes beauftragt werden. Ohne das Gewerk ist das Gebäude ja nicht erstellt.

Die Ansicht argumentiert, wer sein Haus durch eine gewerkeweise Vergabe errichten lasse, sei ebenso schutzwürdig wie ein Bauherr, der sich für eine Errichtung aus einer Hand entscheide (vgl. OLG Zweibrücken, aaO). Dass der Gesetzgeber in § 650i BGB einen engeren Begriff des Bauvertrages verwende, als in § 650a BGB, könne als eine ungewollte Gesetzeslücke zu werten sein (vgl. OLG Zweibrücken, aaO; OLG Hamm, aaO). Sofern auf den ersten Blick der Wortlaut des § 650i BGB einer Anwendbarkeit bei Einzelvergabe entgegenstehe, lasse sich dieser Umstand aber mit einer sprachlichen Ungenauigkeit des Gesetzgebers erklären (vgl. OLG Zweibrücken, aaO). Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, den Verbraucherschutz zu verbessern und nicht im Vergleich zum alten Recht zu verschlechtern (vgl. OLG Zweibrücken, aaO). Nur mit einer erweiterten Auslegung lasse sich das gesetzgeberische Ziel des Verbraucherschutzes erreichen (vgl. OLG Zweibrücken, aaO; OLG Hamm, aaO; Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Denn ansonsten kämen die Schutzvorschriften der §§ 650i ff. BGB bei Einzelvergaben nicht zur Anwendung. Die §§ 650i ff. BGB böten einen umfassenderen Schutz des Verbrauchers als die §§ 312 ff. BGB (vgl. Zehner, NZBau 2021, 584).

Bei einer engen Auslegung sei es den Unternehmern durch die Herausnahme einzelner Leistungen oder die Aufspaltung in mehre Verträge möglich, z.B. den Ausschlussgrund des § 650f Abs. 6 BGB zu umgehen (OLG Zweibrücken, aaO; Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Durch § 650o BGB seien die Verbraucher nicht ausreichend geschützt, da sie hier die Beweislast treffe (vgl. OLG Zweibrücken, aaO). Durch die Vergabe von Einzelgewerken lasse sich das von dem Gesetzgeber geforderte Ziel der Errichtung eines neuen Gebäudes erreichen (vgl. Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Auch ein Generalunternehmer vergebe die Gewerke an Subunternehmer und führe insoweit keine eigene Leistung aus (vgl. OLG Zweibrücken, aaO; Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23).

Nach anderer Ansicht ist ein Verbraucherbauvertrag nur dann zu bejahen, wenn sich der Unternehmer zum Bau des gesamten Gebäudes (in einem Vertrag) verpflichtet. Die Beauftragung von Einzelgewerken fällt nicht hierunter. Verlangt wird ein “Bauen aus einer Hand” (vgl. OLG München, Endurteil v. 9.6.2022 – 20 U 8299/21 BeckRS 2022, 12846; KG, NZBau 2022, 401; Grüneberg-Retzlaff, 81. Auflage, 2022 § 650i BGB Rn. 4; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1167; Kniffka/Koeble, aaO Teil 2, Rn. 49; MüKoBGB/Busche, 8. Aufl. 2020, § 650i Rn. 6; Erman-Schwenker/Rodemann BGB, Kommentar, § 650f Rn. 1 und § 650i Rn. 3; Ingenstau/Korbion-Joussen 21. Auflage, 2019, Anh 1, Rn. 245 ebenso Ingenstau/Korbion-Joussen 22. Auflage, 2023, Anh 1, Rn. 259; Pause, BauR 2017, 430; Omlor, NJW 2018, 817; Maase, BauR 2022, 1549 ff.). Dem schließt sich der Senat an.

Für ein enges Verständnis spricht zunächst maßgeblich der Wortlaut, wonach der Bauunternehmer “zum Bau eines neuen Gebäudes” verpflichtet werden muss (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1167; Omlor, NJW 2018, 817; Maase, BauR 2022, 1549). Eine sprachliche Ungenauigkeit der Formulierung vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Wortlaut stellt in geradezu auffälliger Weise darauf ab, wozu der Unternehmer verpflichtet wird (vgl. Maase, BauR 2022, 1549, 1558). Demgegenüber wird in § 650a BGB ausdrücklich die Alternative einer teilweisen Herstellung eines Gebäudes genannt. Daraus ist zu schließen, dass dem Gesetzgeber diese Möglichkeit durchaus vor Augen stand und er die Formulierung in § 650i BGB bewusst gewählt hat. Zudem folgt aus BT-Drs 18/8486, dass der Gesetzgeber sich mit dem Begriff “Bau von neuen Gebäuden” an dem bisherigen § 312b Absatz 3 Nummer 4 BGB orientieren wollte.

Weiter spricht für eine enge Auslegung, dass mit den §§ 312 ff. BGB ein komplementäres Verbraucherschutzsystem in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2011/83 besteht. Mit den Bestimmungen der §§ 650i ff. BGB sollte eine sich aus Art. 3 Abs. 3 lit. f RL (EU) 2011/83 ergebende Lücke geschlossen werden (vgl. OLG München, aaO; Maase, BauR 2022, 1549ff.).

Der Gesetzgeber hatte den Umstand im Blick, dass nach § 312 Abs. 2 Ziffer 3 BGB a.F. für Verträge über die Errichtung neuer Gebäude oder erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 312 ff. BGB ganz weitgehend nicht gelten (vgl. OLG München, aaO; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1168). Die Ausnahme wurde nun dahingehend neu gefasst, dass die §§ 312 ff. BGB (mit Ausnahme weniger Absätze) nicht gelten, wenn ein Verbraucherbauvertrag iSd § 650i BGB vorliegt. Es gelten im Bereich von Bauverträgen also entweder §§ 312 ff. BGB oder §§ 650i ff. BGB. Legt man den Begriff des Verbraucherbauvertrages eng aus, ist der Verbraucher nicht per se schutzlos gestellt. Vielmehr greifen dann die Schutzrechte aus §§ 312 ff. BGB. Bei dem Wunsch nach einer weiten Auslegung des Verbraucherbauvertrages ist zu beachten, dass dieser Begriff nicht nur das Positivkriterium für den Schutz nach den §§ 650i ff. BGB ist, sondern zugleich das Ausschlusskriterium für den Verbraucherschutz aus §§ 312 ff. BGB (vgl. OLG München, aaO; KG, NZBau 2022, 401). Welches Regime dem Verbraucher den “besseren Schutz” bietet, mag je nach Situation unterschiedlich bewertet werden. Im Interesse eines europäischen Verbraucherschutzes wurde die Ausnahme “Bau von neuen Gebäuden” iRv § 312 ff. BGB in der bis 2018 geltenden Fassung eng ausgelegt (vgl. BGH, NZBau 2018, 666; Zehner, NZBau 2021, 584). Für die Rechtslage ab dem 1.1.2018 hat dies weiter zu gelten (vgl. OLG München, aaO; KG, NZBau 2022, 401).

Wegen der Vollharmonisierung in der Verbraucherrechte-RL kann sich die Regelung des § 650i BGB nur auf die von der Richtlinie nicht erfassten Verträge “über den Bau von neuen Gebäuden” und “über erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden” beziehen (Erman-Schwenker/Rodemann BGB, Kommentar, § 650i BGB Rn. 3). Denn die Verbraucherrechte-RL sieht ebenfalls eine hohe Erheblichkeitsschwelle vor (KG, aaO). Einer unter dem Topos des Verbraucherschutzes denkbaren extensiven Auslegung von § 650i Abs. 1 BGB steht die notwendige richtlinienkonforme Auslegung entgegen (vgl. Kniffka/Koeble aaO Teil 2, Rn. 49; OLG München, aaO).

Konkret im Hinblick auf den hier maßgeblichen § 650f Abs. 6 BGB gilt, dass der Gesetzgeber durch die Bezugnahme auf den Verbraucherbauvertrag Klarheit und Rechtssicherheit schaffen wollte (vgl. BT Drs. 123/16 S. 63; BT-Drs. 17/8486 S. 59). Eine Beschränkung von §§ 650 f Abs. 6, 650i BGB auf das Bauen aus einer Hand hat den Vorteil von Rechtsklarheit (vgl. Zehner, NZBau 2021, 584). § 650i BGB knüpft den Verbraucherschutz nicht an die Situation des Vertragsschlusses an – wie bspw. § 312b BGB – sondern an den Inhalt des Vertrages (vgl. Maase, BauR 2022, 1558). Dabei muss es für den Unternehmer bereits ex ante feststehen, ob es sich um einen Verbraucherbauvertrag handelt, da er dann bereits im Vorfeld ein umfassendes Pflichtenprogramm abzuarbeiten hat (vgl. Maase, BauR 2022, 1558). Dem soll nach der abweichenden Ansicht durch eine subjektive Kenntnis oder ein Kennenmüssen Rechnung getragen werden. Hierbei sind aber Widersprüche und Unsicherheiten unausbleiblich (vgl. Maase, BauR 2022, 1558). Letztlich überzeugt auch der Hinweis auf die Beweislast im Rahmen von § 650o BGB nicht. So trifft den Besteller im Rahmen von § 650f Abs. 6 BGB ebenfalls generell die Beweislast dafür, dass ein Verbrauchervertrag vorliegt. Zudem muss zunächst die Legaldefinition geklärt werden, bevor die Reichweite des Umgehungsverbotes bestimmt werden kann (vgl. Maase, BauR 2022, 1558).

cc) Nach § 650f Abs. 1 S. 1 BGB kann die Sicherheit in Höhe der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung einschließlich Nebenforderungen verlangt werden. Das Landgericht hat eine Sicherheit in Höhe von 14.215,- EUR zugesprochen. Auch in dieser Hinsicht weist das Teilurteil keinen Fehler zu Lasten des Beklagten auf.

Der Unternehmer muss die Höhe der vereinbarten Vergütung in dem Zeitpunkt schlüssig darlegen, in dem er die Sicherheit verlangt (vgl. BGH, NJW 2014, 2816). Da die Klägerin die Sicherheit erst nach Beendigung der Arbeiten verlangt, muss sie mithin schlüssig vortragen, dass ihr der mit der Schlussrechnung geltend gemachte Restanspruch zusteht. Ein schlüssiger Vortrag ist im Hinblick auf die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs zugleich ausreichend (vgl. BGH, NJW 2014, 2186). Hierunter fallen insbesondere die zur Ermittlung der Anspruchshöhe angesetzten Massen und Arbeitsstunden. Demgegenüber sind die vertraglichen Grundlagen, zu denen auch der geschuldete Leistungsumfang gehört, eindeutig zu klären und von dem Unternehmer notfalls zu beweisen (vgl. Ingenstau/Korbion-Joussen 21. Auflage, 2019, Anh. 1 Rn. 161 f.).

Der Beklagte meint, die Berechnung der Klägerin sei schon nicht schlüssig. Zudem hätte das Landgericht einen weitergehenden Abzug von 8.120,- EUR netto machen müssen (vgl. Bl. 72 GA OLG). Damit kann er nicht durchdringen.

(1) Für die Positionen Treppenhaus, Aufzugsschacht hat das Landgericht zutreffend einen Werklohn in Höhe von 15.529,50 EUR netto in die Berechnung eingestellt. Unstreitig hat der Beklagte insoweit mündlich einen Auftrag über Stundenlohnarbeiten erteilt. Jedenfalls durch die Vorlage der Rechnung vom 11.6.2018 (Anlage A 13) hat die Klägerin den Anspruch der Höhe nach auch schlüssig dargelegt. Zwar ist in der Rechnung nur die Gesamtzahl der abgerechneten Stunden mit 252 angegeben. Allerdings setzt die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags nach der Rechtsprechung des BGH keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder zeitlich aufgeschlüsselt werden (vgl. BGH, NJW 2009, 2199). Soweit der Beklagte einwendet, er habe eine Abschlagszahlung von 4.410,18 EUR geleistet, ist diese in der Schlussrechnung mit dem Nettobetrag von 3.706,03 EUR erfasst.

(2) Für die Estricharbeiten hat das Landgericht im Hinblick auf das Staffelgeschoss einen Werklohn von 12.284,95 EUR netto und hinsichtlich der übrigen Stockwerke einen Betrag von 48.889,20 EUR netto eingestellt.

Der Anspruch ist schlüssig dargelegt. Unstreitig wurde der Auftrag auf Basis des Fremdangebotes der Firma E. erteilt. Der Beklagte hat auch nicht bezweifelt, dass die Klägerin im Grundsatz nach den Angaben im Fremdangebot (Anlage A 8) abgerechnet hat. So hat er ausdrücklich vorgetragen, die Beträge in dem Angebot Anlage A8 und der Rechnung Anlage A9 seien “auf den ersten Blick” vergleichbar.

Das Landgericht hätte im Hinblick auf die Estricharbeiten im EG, 1. und 2.OG auch keinen weiteren Abzug in Höhe von 8.120,- EUR vornehmen müssen. Der Beklagte stützt sich darauf, die Klägerin habe in diesen Geschossen jeweils nur einen 6 cm dicken Estrich verlegt, dabei aber – insoweit unstreitig – einen Estrich mit einer Dicke von 7 cm bzw. von 8 – 10 cm abgerechnet. Die Klägerin habe keinen Beweis für die Dicke des Estrichs angeboten.

Hierauf kann kein weiterer Abzug gestützt werden. Bei der Bemessung der Höhe des Sicherungsanspruchs im Hinblick auf Massen, Materialien und Arbeitsstunden genügt ein schlüssiger Vortrag des Unternehmers (vgl. BGH, NJW 2014, 2186; Urteil des Senates vom 19.8.2021, 5 U 39/20; Ingenstau/Korbion-Joussen aaO Anh. 1 Rn. 161). Die Klägerin hat behauptet, das erbracht zu haben, was sie in Rechnung gestellt habe. Dies genügt für einen schlüssigen Vortrag zunächst.

Zwar kann nach Sinn und Zweck des § 650f BGB eine Position auch trotz eines schlüssigen Vortrags unberücksichtigt bleiben, wenn sich hieraus keine Verzögerung ergibt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn keine Beweisaufnahme erforderlich ist. In der jetzigen Prozesssituation liegt allerdings kein entsprechender Fall vor. Zum einen ist ein fehlender Beweisantritt zu erbrachten Massen im Rahmen eines Teilurteils über eine Sicherheitsleistung ohnehin unbeachtlich, da ein schlüssiger Vortrag keinen Beweisantritt erfordert. Würde die Sicherheitsleistung isoliert eingeklagt, wäre ohnehin nicht zu erwarten, dass der Unternehmer für sämtliche Massen Beweis antritt, obwohl von vorneherein feststeht, dass eine Beweisaufnahme hierzu nicht erfolgen wird.

Zudem ist nicht eindeutig, wer hinsichtlich der Dicke des Estrichs beweisbelastet ist. Denn es könnte sich sowohl um den Einwand einer nicht erbrachten Menge als auch um einen Mangeleinwand handeln. Dies kann letztlich nicht beurteilt werden, da zum Leistungssoll nicht vorgetragen wurde. Nach Abnahme (die hier streitig ist) wäre der Beklagte für das Vorliegen eines Mangels beweisbelastet. Insoweit wäre eine weitere Aufklärung erforderlich, was eine Verzögerung des Rechtsstreits bewirken würde.

(3) Hinsichtlich der Position “Trockenbauarbeiten” hat das Landgericht zu Recht jedenfalls einen Betrag in Höhe von 68.744,59 EUR zugrunde gelegt. Unstreitig wurde die Klägerin beauftragt, die Trockenbauarbeiten zu den in dem Angebot der Firma B. genannten Preisen vom 8.1.2018 (Anlage A11) auszuführen.

Der Beklagte hat sich gegen die Abrechnung nur insoweit gewandt, als die Klägerin für die Gipsplattenmontage einen Einzelpreis in Höhe von 82,50 EUR angesetzt hat. Dies betrifft nur die erste Position der Rechnung über die Trockenbauarbeiten (Anlage A12) und wurde von dem Landgericht berücksichtigt. Weitergehende Einwände hat der Beklagte zu den Trockenbauarbeiten nicht geltend gemacht.

dd) Hinsichtlich der Position Zimmererarbeiten hat das Landgericht einen Betrag von 82.932,88 EUR netto angesetzt.

Unstreitig steht der Klägerin zumindest ein Werklohnanspruch in Höhe von 44.455,41 EUR netto zu. Der Beklagte hat das Angebot der Klägerin vom 9.3.2018 (Anlage A6) über die Zimmererarbeiten angenommen. Das Angebot belief sich auf 44.455,41 EUR. Dass die Klägerin die in dem Angebot enthaltenen Arbeiten ausgeführt hat, ist nicht bestritten. Hinsichtlich der weiteren 38.477,47 EUR netto verweist die Klägerin darauf, der Beklagte habe zusätzliche Arbeiten beauftragt.

Das Landgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass in dem Vortrag des Beklagten kein Bestreiten einer Beauftragung der in der Rechnung Anlage A7 unter den Ziffern 1 – 6 aufgeführten Arbeiten zu sehen ist. Ob die Arbeiten als “Zusatzaufträge” benannt wurden, ist unerheblich. Der Beklagte hat sich auch nicht darauf gestützt, er könne sich zu den weiteren Arbeiten nicht erklären, da ihm die Anlagen/Aufstellungen fehlen würden. Er beruft sich lediglich darauf, diese Anlagen seien im Prozess nicht vorgelegt. Auch auf diese Differenzierung hat das Landgericht bereits im Urteil hingewiesen, ohne dass der Beklagte dem in der Berufung entgegengetreten wäre. Dass die abgerechneten Preise für die Zusatzarbeiten ortsüblich und angemessen waren, hat der Beklagte ebenfalls nicht bestritten.

(5) Die weitere Berechnung des Landgerichts – insbesondere die Vornahme bestimmter Kürzungen – und die Berücksichtigung eines 10%igen Aufschlages zeigt im Übrigen keinen Fehler zu Lasten des Beklagten.

2. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung in Höhe von weiteren 75.604,77 EUR zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

a) Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch aus § 650f Abs. 1 BGB zu. Die Ausnahme des § 650f Abs. 6 BGB findet – wie zuvor ausführlich dargelegt – nach vorzugswürdiger Ansicht keine Anwendung. Nach § 650f Abs. 1 S. 1 BGB kann die Sicherheit in Höhe der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung einschließlich Nebenforderungen verlangt werden. Die Klägerin meint, das Landgericht habe zu Unrecht Kürzungen von der Forderung in der Schlussrechnung vorgenommen. Damit hat sie teilweise Erfolg.

aa) Für die Positionen Treppenhaus, Aufzugsschacht hat das Landgericht den von der Klägerin angesetzten Betrag von 15.529,50 EUR netto in die Berechnung eingestellt.

Für die Estricharbeiten hat das Landgericht ebenfalls die von der Klägerin angesetzten Beträge von 12.284,95 EUR und 48.889,20 EUR netto eingestellt. Auch hinsichtlich der Position Zimmerarbeiten hat das Landgericht den von der Klägerin angesetzten Betrag von 82.932,88 EUR netto ungekürzt angesetzt.

bb) Hinsichtlich der Position “Trockenbauarbeiten” hat das Landgericht zu Recht einen Abzug in Höhe von netto 13.503,48 EUR gemacht und nur einen Betrag von 68.744,59 EUR netto in die Berechnung eingestellt. Dies lässt keine Fehler erkennen.

Unstreitig wurde die Klägerin beauftragt, die Trockenbauarbeiten zu den in dem Angebot der Firma B. genannten Preisen vom 8.1.2018 (Anlage A11) auszuführen. Eine schlüssige Darlegung zur Höhe der Vergütung fehlt hinsichtlich der Position 1. der Einzelrechnung vom 27.12.2018 über die Trockenbauarbeiten im Umfang des von dem Landgericht vorgenommenen Abzugs. Unstreitig entsprach die Position 1. der Rechnung über die Trockenbauarbeiten einer Leistung, die die Firma B. mit einem Einzelpreis von 49,40 EUR angeboten hatte. Da die Klägerin bereit war, die Arbeiten zu den von B. angebotenen Preisen auszuführen, war für die Position 1. ein qm-Preis von nur 49,40 EUR netto vereinbart und nicht wie abgerechnet von 82,50 EUR. Im Umfang der Preisabsprache kann die Klägerin nicht auf Basis der ortüblichen und angemessenen Preise abrechnen.

Die Klägerin hat auch nicht schlüssig dargetan, sich mit der Zeugin C. als Vertreterin des Beklagten nachträglich auf den Einheitspreis von 82,50 EUR verständigt zu haben. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, am 3.12.2019 sei die Rechnung mit der Zeugin C. besprochen worden. Diese habe keine Einwände gehabt. Selbst wenn die Zeugin keine Einwände gegen die Rechnung gehabt haben sollte, konnte ein verständiger Dritter in der Position der Klägerin dies nicht dahingehend verstehen, dass sie einer Änderung des Einheitspreises zugestimmt hätte. Für eine Vertragsänderung bedarf es eines Angebots und einer Annahme. Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin ein Angebot für eine Vertragsänderung unterbreitet hätte. Dafür genügt nicht die Vorlage einer Rechnung mit einem höheren Einheitspreis, da dies auch auf einem Versehen beruhen kann.

Auch von einem deklaratorischen Anerkenntnis seitens des Beklagten durch die Zeugin ist nicht auszugehen. Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt in der Regel eine Interessenlage voraus, die Anlass für die Abgabe eines Anerkenntnisses gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis ganz oder teilweise einem Streit über seinen Bestand zu entziehen (vgl. BGH, NJW 2009, 580). Eine solche Interessenlage hat die Klägerin aber nicht dargelegt. Zwar bestand ein Streit über die Höhe der Einheitspreise im Hinblick auf den Trockenbau. Dies geht auch aus dem Schreiben des Beklagten vom 10.2.2019 (Anlage B4) hervor. Dass das Gespräch dazu diente, gerade diese Streitigkeit zu beseitigen, ist aber weder konkret vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist kein Gesprächsinhalt vorgetragen, aufgrund dessen die Klägerin eine Beilegung des Streites über die Rechnungsposition 1 oder eine Zustimmung zu dem Einheitspreis hätte annehmen können. Sollte die Zeugin C. auf etwaige Erläuterungen der Klägerin geschwiegen haben, so fehlt eine rechtsgeschäftliche Erklärung. Ebenso bleibt offen, welche Einwendungen der Zeugin in der Schlussrechnung berücksichtigt worden sein sollen. Im Übrigen scheint die Klägerin das Verhalten der Zeugin selbst nicht als entsprechende Zustimmung verstanden zu haben. So hat die Klägerin nach dem Gespräch mit der Zeugin C. noch die baubetriebliche Stellungnahme der Firma F. (Anlage A2) eingeholt.

cc) Zutreffend hat das Landgericht die unter Teil 2 der Schlussrechnung aufgeführten Positionen (insgesamt 38.362,69 EUR) nicht in die Berechnung der Sicherheitsleistung einbezogen. Der 2. Teil der Schlussrechnung trägt die Überschrift “Leistungen aus Nachvereinbarungen”. Der Beklagte hat die Beauftragung dieser Leistungen bestritten und die entsprechenden Rechnungen zurückgeschickt. Die Klägerin hat weder vorgetragen, dass die abgerechneten Leistungen ausdrücklich vereinbart worden wären, noch dass diese zunächst nicht in den Angeboten enthalten, aber zur Leistungserbringung erforderlich gewesen wären. Hiergegen spricht schon, dass es sich z.T. um den Einsatz von Maschinen handelt (Bagger, Schneidegerät). Der Einsatz von Geräten, die für die Durchführung eines Auftrages benötigt werden, ist üblicherweise von einem Angebot erfasst.

dd) Die vom Landgericht vorgenommenen weiteren Abzüge für

– Sicherheitseinbehalt (5% = 11.419,06 EUR netto)

– Mängel an der Fassade (15.000 EUR netto)

– Doppelberechnung von Isokimmsteinen (5.235,65 EUR netto nach Verrechnung)

– Abschlagszahlungen (152.450,17 EUR)

sind auch nach der eigenen Berechnung der Klägerin abzusetzen.

Die Klägerin kann insoweit eine (gegenüber dem landgerichtlichen Urteil) weitergehende Sicherheit in Höhe der streitigen Gegenforderung zzgl. 10% Aufschlag verlangen, dies entspricht weiteren 75.604,77 EUR.

ee) Von der so berechneten Forderung ist nach § 650f Abs. 1 S. 4 BGB kein Abschlag aufgrund der hilfsweise erklärten Aufrechnung des Beklagten mit einer angeblichen Überzahlung der Rohbauleistungen vorzunehmen. Die behauptete Gegenforderung ist weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt.

Nach § 650f Abs. 1 S. 4 BGB bleiben Gegenansprüche, mit denen der Besteller aufrechnen kann, unberücksichtigt, außer sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch in Höhe von 68.731,61 EUR könnte dem Beklagten nur aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zustehen. Insofern beruft er sich auf eine Überzahlung der Leistungen bei der Erstellung des Rohbaus. Es ist aber zwischen den Parteien gerade nicht unstreitig, dass der Beklagte im Hinblick auf die Rohbauleistungen insgesamt 68.731,61 EUR ohne Rechtsgrund gezahlt hat und zurückverlangen kann.

Unstreitig ist eine Forderung, wenn über ihren Grund und ihre Höhe zwischen den Parteien keine Meinungsverschiedenheit besteht (vgl. BGH, NJW 1978, 2244, MüKoBGB-Wurmnest, 9. Auflage 2022 Rn. 7; BeckOK BGB/Becker, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 309 Nr. 3 Rn. 99; BeckOGK/Weiler, 1.10.2022, BGB § 309 Nr. 3 Rn. 46). Dem schließt sich der Senat an. Vorliegend bestand und besteht zwischen den Parteien aber keine Einigkeit dahingehend, dass der Beklagte im Hinblick auf die Rohbauleistungen 68.731,61 EUR überzahlt hat und zurückverlangen kann. Die Klägerin ist bereits in erster Instanz dieser Forderung entgegengetreten, zum einen indem sie auf die Darlegungslast des Beklagten verwiesen und den Vortrag als unzureichend angesehen hat, zum anderen dadurch, dass sie sich auf § 814 BGB berufen hat.

Eine Berücksichtigung der Aufrechnung ist vorliegend auch nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben geboten. Dabei kann dahinstehen, ob die in erster Instanz durch die Klägerin gegen den Anspruch geltend gemachten Einwände erheblich waren oder nicht. Zwar kann es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen von § 309 Nr. 3 BGB – mit dem ebenfalls eine Aufrechnungsmöglichkeit erhalten bleibt – unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben geboten sein, eine Aufrechnungsbeschränkung dann unbeachtet zu lassen, wenn eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung in dem Sinne entscheidungsreif ist, dass sie sich als begründet erweist (vgl. BGH, NJW 2002, 2779, BGH; NJW 1986, 1757). Im Rahmen von § 650f BGB kann dies aufgrund der berechtigten Sicherheitsinteressen des Werkunternehmers aber nur gelten, wenn mit der Entscheidung über die Sicherheitsleistung zugleich feststeht, dass auch die Aufrechnungsforderung begründet ist (so wohl auch zu vertraglichen Aufrechnungsverboten BGH, NJW 1986, 1757).

Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift des § 650f BGB dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnen, möglichst schnell und effektiv vom Besteller eine Sicherheit für den Fall zu erlangen, dass der Besteller ihn nicht bezahlt (BT-Drs. 16/511, 1, 11 f., 17). Diesem Interesse des Unternehmers hat der Gesetzgeber u.a. dadurch Rechnung getragen, dass ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs im Prozess auf Stellung einer Sicherheit nicht zugelassen wird, wenn er die Durchsetzung des Sicherungsverlangens verzögert. Denn in dem Zeitraum der Aufklärung der streitigen Tatsachen kann der Besteller zahlungsunfähig werden, wovor der Unternehmer durch die Vorschrift gerade geschützt werden soll (vgl. BGH, NJW 2021, 2438). Mit Rücksicht auf dieses Schutzbedürfnis hat der Gesetzgeber gleichzeitig in Kauf genommen, dass unter Umständen – rückblickend betrachtet – eine Übersicherung des Unternehmers besteht. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann auch eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie zeitgleich mit der Forderung auf Leistung einer Sicherheit entscheidungsreif ist. Eine Verzögerung dadurch, dass im Hinblick auf eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung noch die Möglichkeit zu weiterem Vortrag oder einer Beweisaufnahme gegeben werden muss, muss der Werkunternehmer hingegen nicht hinnehmen.

Vorliegend ist die von dem Beklagten aufgestellte Gegenforderung nicht zur Entscheidung reif. Es fehlt schon an einer schlüssigen Darlegung der Gegenforderung. Der Beklagte sieht die in der Anlage B3 grün markierten und in Anlage B5 zusammengefassten Positionen als nicht berechtigt an. Dabei hat er sich zunächst darauf gestützt (Bl. 23 GA LG), es handele sich um Positionen, die nicht Bestandteil des Angebotes gewesen seien. Die Erforderlichkeit solcher Zulagen und Preisanpassungen werde bestritten. Später hat er ausgeführt, die in der Anlage B5 enthaltenen Positionen seien zwar abgerechnet, aber nicht erbracht worden und auch nicht im Leistungsverzeichnis enthalten gewesen (Bl. 100 GA LG). Dies genügt insgesamt für einen schlüssigen Vortrag nicht. Es bleibt unklar, was der Beklagte geltend machen will. Es ergibt aber einen Unterschied, ob eine Position an sich nicht beauftragt wurde, ob eine Leistung nicht erbracht wurde oder ob es nur an einer Preisabsprache zu einer zusätzlichen/geänderten Leistung fehlt. Der Verweis auf das Leistungsverzeichnis des Angebotes ersetzt keinen schlüssigen Vortrag, da die von dem Beklagten bestrittenen Positionen in der Anlage B3 weitgehend mit dem Zusatz NT (= Nachtrag) versehen sind. Zwar trifft im Rahmen eines Anspruches nach § 812 BGB den Unternehmer eine sekundäre Darlegungslast. Voraussetzung ist aber zunächst, dass der Beklagte unter Ausschöpfung seiner Erkenntnisquellen vorträgt. Hier könnte und müsste sich der Beklagte konkret mit dem Rechnungstext (bzw. den Erklärungen in der Anlage B3) zu den angeblich unberechtigten Positionen auseinandersetzen. Zuvor tritt die Pflicht zur sekundären Darlegung noch nicht ein.

III.

Aktuelle Rechtsprechung zum Hochbaurecht im Volltext (1)

Aktuelle Rechtsprechung zum Hochbaurecht im Volltext (1)

vorgestellt von Thomas Ax

OLG: Hamm: Mieter eines Krans zur Vornahme von Bau- bzw. Abbrucharbeiten kann zur Zahlung der Miete gem. § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann verpflichtet sein, wenn es wegen der Windverhältnisse an der Baustelle nicht zur Überlassung des aufgerüsteten Krans an den Mieter kommt

1. Der Mieter eines Krans nebst Personal zur Vornahme von Bau- bzw. Abbrucharbeiten nach seiner Weisung kann zur Zahlung der Miete gem. § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann verpflichtet sein, wenn es wegen der Windverhältnisse an der Baustelle nicht zur Überlassung des aufgerüsteten Krans an den Mieter kommt.
2. § 537 Abs. 1 BGB greift bereits ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags ein und setzt nicht die Überlassung des Mietobjekts an den Mieter voraus (BGH, NJW-RR 1991, 267), kommt aber grundsätzlich nur in Betracht, wenn der Vermieter seinerseits erfüllungsbereit und -fähig war (Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., BGB § 537 Rn. 3), also insbesondere nicht im Fall der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten oder bei Eigengebrauch (Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 13. Aufl., § 537 Rn. 21). Die fehlende Erfüllungsbereitschaft des Vermieters steht der Anwendung des § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB jedoch dann nicht entgegen, wenn sie ihren Grund in der Verwirklichung eines Risikos (hier: zu hohe Windgeschwindigkeit) hat, das der Mieter zu tragen hat.
3. Die Zahlungspflicht des Mieters entfällt auch dann nicht gem. § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Kraneinsatz wegen einschlägiger Unfallverhütungsvorschriften (hier: Verbot der “Personenfahrt” bei Überschreitung bestimmter Windgeschwindigkeiten) unmöglich (“verboten”) gewesen sein sollte, denn § 326 Abs. 2 Satz 1, 1. Var. BGB ist auch dann entsprechend anzuwenden, wenn der Gläubiger (hier der Mieter) in dem Vertrag ausdrücklich oder konkludent das Risiko des betreffenden Leistungshindernisses übernommen hat (BGH, Urteil vom 13.01.2011 – III ZR 87/10, Rz. 16, IBRRS 2011, 0528 = IMRRS 2011, 0387).
OLG Hamm, Urteil vom 19.01.2023 – 18 U 91/22 (nicht rechtskräftig)

Gründe:

A.

Die Beklagten sind Eigentümer des Betriebsgrundstücks der A GmbH in B, auf dem ein Stahlkamin (nach Darstellung der Beklagten zwei Stahlkamine) abgebaut werden sollte(n). Mit der bautechnischen Begleitung der Demontage bzw. mit der Durchführung der Demontage hatten die Beklagten die Streithelferin beauftragt. Zur Vornahme des Kaminabbaus bestellten die Beklagten am 24.1.2018 bei der Klägerin einen 100t sowie einen 300t-Hydraulik-Kran zum Einsatz am Montag, den 29.1.2018.

Die Klägerin, die davon ausging, die A GmbH habe die Bestellung vorgenommen, erstellte am selben Tag eine schriftliche “Auftragsbestätigung“, in der sie erklärte, den “Leistungstyp 1 zu den umstehenden Geschäftsbedingungen” zu bestätigen, und die Einsatzzeiten angab (29.1.2018 ab ca. 6.00 Uhr bis ca. 16.00 Uhr). Darunter sind die Kostenpositionen für beide Kräne benannt. In den beigefügten “Geschäftsbedingungen“, auf deren weiteren Inhalt Bezug genommen wird, ist unter 2.1 ausgeführt, der “Leistungstyp 1” bezeichne die Krangestellung, ferner wörtlich:

Die Krangestellung bezeichnet die Überlassung von Hebezeugen samt Bedienungspersonal an den Auftraggeber zur Durchführung von Arbeiten nach dessen Weisung und Disposition.

Am Sonntag, dem 28.1.2018, gab der Deutsche Wetterdienst um 14.28 Uhr eine Wetterwarnung heraus, wonach für den Folgetag u.a. in W. verbreitet mit Windböen bis 60 km/h, zeitweise auch mit stürmischen Böen um 70 km/h zu rechnen sei.

Am 29.1.2018 entsandte die Klägerin die beiden Kräne zum Einsatzort, wo ab 5.30 Uhr der Aufbau des großen Krans erfolgte. Gegen Mittag wurde der große Kran, ohne zum Einsatz gekommen zu sein, wieder zurückgebaut; beide Kräne verließen die Baustelle.

Die Klägerin berechnete unter dem 31.1.2018 der A GmbH für die “Gestellung eines 300t-Krans bis zu 10 Einsatzstunden“, “An- und Rückfahrt, Auf- und Abrüsten“, “5% Nebenleistungen” sowie Gebühren für die Genehmigung und Begleitung des 100t-Krans und des 300t-Krans 12.860,93 Euro (brutto).

Am 13.2.2018 bestellten die Beklagten erneut zwei Kräne, nunmehr für den 16.2.2018. Die Klägerin schrieb wiederum eine “Auftragsbestätigung“. Der Einsatz fand erfolgreich statt. Über die Ausführung des Auftrages am 16.2.2018 rechnete die Klägerin unter dem 27.2.2018 (Rechnungsnr. …4) nunmehr 15.024,20 Euro ab, zahlbar bis 9.3.2018.

Ebenfalls am 27.2.2018 berechnete die Klägerin ihre Leistungen vom 29.1.2018 nunmehr den Beklagten gegenüber, und zwar mit einem Gesamtbetrag von 8.050,35 Euro (Rechnungsnr. …6); über den Rechnungsbetrag von 12.860,93 Euro erteilte sie der A GmbH eine Gutschrift. Der Rechnungsbetrag von 8.050,35 Euro setzt sich wie folgt zusammen:

Gestellung 300 t Hydraulikkran An- und Rückfahrt, Auf- und Abrüsten

4.500,00 Euro

5,00% Nebenleistungen

225,00 Euro

Gebühren für die Genehmigung … und BF2 Begleitung für den 100t Kran

390,00 Euro

Gebühren für die Genehmigung … und BF3 Begleitung für den 300t Kran

1.650,00 Euro

 

6.765,00 Euro

zzgl. USt.

8.050,35 Euro

Die Beklagten zahlten in der Folge 14.689,48 Euro auf die Rechnung vom 27.2.2018 über 15.024,20 Euro, wobei sie einen Betrag von 334,72 Euro absetzten, der ihnen von der Streithelferin wegen deren Einsatzes am 29.1.2018 in Rechnung gestellt worden war.

Die Klägerin mahnte Forderungen in Höhe von 8.385,07 Euro unter Fristsetzung auf den 6.4.2018 an; sie ließ die Beklagten unter dem 18.4.2018 sodann durch ihre Anwälte in Anspruch nehmen. Die Beklagten lehnten weitere Zahlungen ab.

Gegenstand der Klage sind nunmehr die Rechnung Nr. …6 vom 27.2.2018 über 8.050,35 Euro sowie der Differenzbetrag zur Rechnung Nr. …4 im Umfang von 334,72 Euro.

Die Klägerin hat behauptet, es sei am Morgen des 29.1.2018 bei der Abfahrt von ihrem Betriebsgelände in C für das Fachpersonal nicht zu erkennen gewesen, dass am Einsatzort die Durchführung der Arbeiten witterungsbedingt nicht werde möglich sein. Der “Demontageort” habe auch “windgeschützt hinter einem Wall und Baumbestand” gelegen. Der Wind habe jedoch “dermaßen zugenommen, dass eine sichere Durchführung der bestellten Arbeiten nicht gewährleistet” gewesen sei. Als jedenfalls gegen Mittag deutlich geworden sei, dass ein weiteres Zuwarten keinen Sinn ergebe, zumal die Kräne für den nächsten Tag bereits anderweitig vermietet gewesen seien, sei der Einsatz abgebrochen worden, auch weil die zu hebenden Lasten einen zu großen Windwiderstand aufgewiesen hätten, der die Entstehung von Schäden habe erwarten lassen. Der Abbruch sei von der Streithelferin veranlasst worden; diese habe entschieden, dass die Arbeiten nicht durchgeführt werden sollten; es sei gemeinsam mit der Streithelferin und dem Sohn der Beklagten “besprochen” worden, den Einsatz abzubrechen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagten hätten den Auftrag nicht als Verbraucher erteilt. Dass sie bei Auftragserteilung nicht mehr Inhaber der A GmbH gewesen seien, hat sie mit Nichtwissen bestritten.

Sie habe auch davon ausgehen dürfen, dass die Beauftragung durch die A GmbH erfolgt sei, weshalb die Rechnung auch zunächst auf diese Gesellschaft ausgestellt worden sei.

Im Übrigen hätten die Beklagten das Risiko getragen, dass es witterungsbedingt nicht habe zum Einsatz der Kräne kommen können. Sie habe lediglich die Gestellung der Kräne geschuldet; es sei Sache der Beklagten gewesen, die Wetterberichte zu verfolgen und einen Einsatz ggf. noch abzusagen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, 8.385,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.3.2018 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 679,10 Euro zu zahlen. Darüber ist am 5.6.2019 ein Versäumnisurteil ergangen, das den Beklagten am 5.7.2019 zugestellt und gegen das bereits mit Schriftsatz vom 11.6.2019 Einspruch eingelegt worden ist.

Die Klägerin hat beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Dortmund vom 05.06.2019 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagten haben beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Dortmund vom 05.06.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, als Verbraucher gehandelt zu haben, wozu sie u.a. behauptet haben, im Zeitpunkt der Beauftragung der Klägerin “den Betrieb bereits den Söhnen übergeben” zu haben. Bereits am 28.1.2019 habe ausweislich der Wetterberichte festgestanden, dass am 29.1.2018 (“verbreitet Windböen bis 60 km/h; zeitweise stürmische Böen um 70 km/h“) ein Kraneinsatz nicht möglich sein werde; schon ab 5.30 Uhr hätten (denn auch) an der Baustelle stürmische Windbedingungen geherrscht. Der Einsatz sei dann von der Klägerin eigenmächtig und ohne Rücksprache mit ihnen abgebrochen worden. Die Beklagten haben sodann behauptet, die Wetterlage habe der Vornahme der Arbeiten nicht entgegengestanden, wie der kaufmännische Leiter der Klägerin in seiner Anhörung selbst geäußert habe.

Sie haben die Auffassung vertreten, die Klägerin habe die vertragliche Nebenpflicht getroffen, auf die Notwendigkeit einer Verschiebung des Einsatzes hinzuweisen.

Die Klägerin könne sich nicht auf Ziff. I.10 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, denn diese seien wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam. Es fehle nämlich an jeglichem Maßstab, unter welchen Bedingungen die Klägerin berechtigt sein solle, den Einsatz zu unterbrechen oder abzubrechen.

Sie haben ferner darauf verwiesen, dass die abgerechneten Kosten nicht tatsächlich angefallen, sondern pauschaliert seien.

Die Kürzung der Rechnung vom 16.2.2018 im Umfang von 334,72 Euro sei berechtigt; dieser Betrag ergebe sich aus der Begleichung einer Rechnung der Streithelferin über den – vergeblichen – Einsatz ihrer Monteure am 29.1.2018.

Die Beklagten haben ferner die Auffassung vertreten, die Belastung mit den Kosten für den Kraneinsatz am 16.2.2018 stelle einen Schaden dar, aus dem sich ein Schadensersatzanspruch ergebe, mit dem sie in Höhe der geltend gemachten Forderung die Aufrechnung erklärt haben.

Die Streithelferin hat bestritten, dem vor Ort eingesetzten Personal der Klägerin Ratschläge zur Aufstellung, zur Tätigkeit der Kräne oder zum Abbruch der Arbeiten erteilt zu haben.

Das Landgericht hat das Versäumnisurteil im Wesentlichen aufrechterhalten. Es führt aus, die Beklagten schuldeten die geltend gemachte Vergütung für den 29.1.2018, weil es sich um einen kombinierten Miet- und Dienstvertrag gem. §§ 535, 611 BGB handele, bei dem das Verwendungsrisiko beim Mieter liege. Es habe den Beklagten oblegen, den Einsatz wegen widrigen Wetters frühzeitig abzusagen, hingegen habe die Klägerin keine Pflicht zur Prüfung des Wetterberichts getroffen. Den Beklagten stehe wegen des Abbruchs des Einsatzes am 29.1.2018 auch kein Schadensersatzanspruch wegen der Kosten der Streithelferin zu. Die Beklagten seien der Klägerin auch nicht als Verbraucher entgegengetreten; die Regelung in Ziff. I.10. der AGB verstoße ferner nicht gegen § 307 BGB, da insoweit keinerlei unangemessene Benachteiligung erkennbar sei.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten die vollständige Klageabweisung weiter. Sie meinen, die Leistungspflicht der Klägerin sei wegen Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB erloschen, womit auch die Gegenleistungspflicht entfallen sei (§ 326 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB). Denn die Leistungspflicht der Klägerin sei mit dem Inhalt vereinbart worden, dass die Krangestellung am 29.1.2018 von 06:00 Uhr bis 16:00 Uhr habe erfolgen müssen; mit Ablauf dieses Zeitraums sei eine Nachholung der Leistung durch die Klägerin unmöglich geworden.

Zu Unrecht habe das Landgericht auch Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen die Klägerin und damit eine Aufrechnungslage verneint. Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich aus § 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB aufgrund des eigenmächtigen, vorzeitigen Abbruchs des Kraneinsatzes am 29.1.2018. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, der Abbruch sei von der Streithelferin veranlasst worden. Durch diese Pflichtverletzung sei ihnen ein Schaden in Form der erneuten Beauftragung der Klägerin zur Krangestellung am 16.02.2018 entstanden, nämlich in Höhe der seitens der Klägerin dafür am 27.2.2018 in Rechnung gestellten 15.024,20 Euro.

Vorsorglich werde der Rücktritt vom Vertrag über die Krangestellung am 29.1.2018 erklärt.

Im Hinblick auf den vorzeitigen Abbruch des Kraneinsatzes vom 29.1.2018 könne sich die Klägerin auch nicht auf Ziffer I. 10. ihrer AGB (Anlage K2) berufen, die nur eine Unterbrechung des Einsatzes betreffe. Hier sei es jedoch gar nicht erst zum Einsatz der Kräne zwecks Demontage des Stahlkamins gekommen, sodass bereits der Anwendungsbereich von Ziffer I. 10. der AGB nicht eröffnet sei. Die Klägerin sei aufgrund des zwischen ihr und den Beklagten geschlossenen Vertrags vielmehr verpflichtet geblieben, diesen die bestellten Kräne nebst Bedienungspersonal am 29.1.2018 bis 16:00 Uhr zur Verfügung zu stellen. Da das Personal der Klägerin bewusst die Kräne abgerüstet habe, anstatt sie ihnen, wie vertraglich vereinbart, bis einschließlich 16:00 Uhr zu überlassen, liege sogar eine vorsätzliche Pflichtverletzung vor.

Der Rechnungsbetrag – für den zweiten Einsatz – in Höhe von 15.024,20 Euro brutto stelle den durch diese Pflichtverletzung erlittenen Schaden der Beklagten dar. Nach § 249 Abs. 1 BGB sei die Klägerin zur Erstattung dieses Betrages verpflichtet. Der Anspruch auf Zahlung der Rechnung für den Kraneinsatz vom 29.01.2018 sei mithin infolge der Aufrechnung erloschen.

Überdies stünden ihnen Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB zu, weil sie es unterlassen habe, sich vor der Entsendung der Kräne zum Einsatzort zu erkundigen, ob die Witterung einen Einsatz der Kräne überhaupt zulasse. Anders als die Beklagten, die in Bezug auf Kranarbeiten Laien und nicht in der Lage seien abzuschätzen, ob die Witterung einen Kraneinsatz zulasse, sei die Klägerin in Bezug auf etwaige widrige Witterungsbedingungen erfahren. Hätte die Klägerin vor dem Ausfall des Einsatzes aufgrund der Witterung gewarnt, dann hätten sie den Kraneinsatz für den 29.1.2018 im Vorhinein abgesagt, sodass keine Kosten, von der Klägerin mit 4.500,00 Euro in Rechnung gestellt, für den Transport der Kräne und deren Aufbau am Einsatzort entstanden wären. Der Zahlungsanspruch der Klägerin sei also aufgrund der erfolgten Aufrechnung zumindest in Höhe von 4.500,00 Euro zu kürzen. Ferner seien die Kosten für die Inanspruchnahme der Streithelferin am 29.1.2018 in Höhe von 334,72 Euro vermeidbar gewesen, die ebenfalls dem klägerischen Zahlungsanspruch aufrechnungsweise entgegenzuhalten seien.

Die Streitverkündete führt aus, sie sei mit der Trennung des Stahl-Kamins beauftragt worden. Da die Krankosten die Kosten für die Abtrennung deutlich überstiegen hätten, habe sie es im Vorfeld abgelehnt, selbst Kräne zu gestellen. Mit den Beklagten habe sie besprochen, dass aus einem Kran mit Mannkorb (Kran 1) der Kamin an seiner Spitze an den Kran Nr. 2 gehängt werde, sodass er nach Trennung (im Sockelbereich) habe abgelegt werden können. Was zwischen den Beklagten und der Klägerin besprochen worden sei, sei ihr unbekannt. Nach ihrer Kenntnis habe die Klägerin aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und der Abmessungen des Kamins die passenden Kräne im Vorfeld ausgesucht, weshalb sie über den Inhalt der zu erbringenden Arbeiten Kenntnis gehabt haben müsse; die Klägerin habe auch den Ausführungstermin festgelegt. Die Beklagten hätten sie, die Streitverkündete, darüber informiert und sie am Tag der festgesetzten Ausführung “zum Objekt bestellt“. Der Abbruch des Kraneinsatzes sei “insoweit einvernehmlich” erfolgt, als die Beklagten und sie, die Streitverkündete, die Mitteilung der Klägerin, dass der Wind keine Arbeiten zulasse, nur hätten hinnehmen können, da sie selbst nicht in der Lage gewesen seien, die “Windproblematik” zu beurteilen. Der Kranfahrer habe mitgeteilt, dass “bei einem solchen Wind nicht gearbeitet werden” könne, und zwar auch gegenüber den Monteuren, die die notwendigen Arbeiten vom Krankorb aus hätten vornehmen sollen. Diese Einschätzung sei aufgrund seiner Fachkenntnis für sämtliche anderen Beteiligten maßgeblich gewesen.

Die Streitverkündete meint, es sei sogar unstreitig, dass der Wind zu stark gewesen sei, um die Arbeiten durchzuführen, und dass die Arbeiten aus diesem Grunde hätten abgebrochen werden müssen. Sie verweist auf berufsgenossenschaftliche Regeln, die bei Windgeschwindigkeiten über 7m/s Personenfahrten mit einem Kran untersagten (TRBS 2121 Teil 4, Absatz 4.2.3, Absatz 9: “Bei Witterungsbedingungen, welche die Sicherheit von Beschäftigten gefährden können, z. B. böiger Wind, Gewitter, Eis, Schnee, Nebel, Schneeregen, dürfen Beschäftigte nicht gehoben werden. Bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 7 m/s dürfen Beschäftigte ebenfalls nicht gehoben werden.“).

Die Beklagten beantragen,

das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 22.03.2022 abzuändern, das Versäumnisurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 05.06.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist erneut darauf, nicht den Erfolg der Hubarbeit sowie der Demontage der Kamine geschuldet zu haben. Ihre Verpflichtung habe sich in der richtigen Auswahl des Krans und der entsprechenden Rüstkombination für den 29.01.2018 und der Gestellung dieses Materials nebst Personal erschöpft. Sie sei über das “Demontagekonzept” bezüglich des Kamins nicht informiert gewesen; das sei Sache der Streitverkündeten als Spezialunternehmen für den Abbruch von Industrieanlagen gewesen.

Zwar könne der (Kran-)Fahrer anhand der Vorgaben des Herstellers und mit Hilfe des Windmessers am Ausleger beurteilen, ob eine gefahrlose Arbeit unter Berücksichtigung der Örtlichkeiten, des Gewichts und der Angriffsfläche der Last aktuell möglich sei. Die Beurteilung der Durchführung bzw. Änderung des Demontagekonzepts habe jedoch den Beklagten bzw. der Streitverkündeten oblegen.

Bei der gegen Mittag des 29.1.2018 getroffenen Entscheidung, den Kraneinsatz abzubrechen, sei auch entscheidend gewesen, dass aufgrund der großen Angriffsfläche des abzubauenden Kamins ein Staudruck entstanden wäre, welcher eine große Einwirkung auf den Ausleger gehabt hätte.

Die Klägerin bestreitet, eigenmächtig den Abbruch des Einsatzes am 29.1.2018 entschieden zu haben; dies sei im Einvernehmen zwischen den Beklagten und der Streitverkündeten geschehen. Sie führt aus, die Demontage habe – wie immer – dergestalt geschehen sollen, dass “der große Hauptkran” zum Kamin hin schwenke und “mittels Hakenflasche” den Kamin anhänge. Das Anhängen und Anschlagen der Last habe mit einem zweiten Kran der Klägerin erfolgen sollen, der ebenfalls vor Ort gewesen sei. Dazu hätten Monteure der Streitverkündeten im Personenarbeitskorb zum Kaminanschlagpunkt fahren und dort die Montage des Kranhakens am Kamin vornehmen sollen. Doch hätten sich die Mitarbeiter der Streitverkündeten geweigert, bei dem starken Wind in den Arbeitskorb einzusteigen, so dass das Anschlagen der Last, d. h. des Kamins, nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen habe ihr Kranfahrer D schon bei der Ankunft auf der Baustelle auf den starken Wind hingewiesen und geäußert, dass die Arbeiten möglicherweise nicht durchgeführt werden könnten. Doch hätten die Beklagten auf der Durchführung der Arbeiten bestanden.

Die Klägerin teilt auf Nachfrage mit, die Windgeschwindigkeit an der Kranspitze habe ausweislich des dort befindlichen Windmessers 12 m/s betragen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D, E und F. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstatter-Vermerks verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur ganz geringfügigen Erfolg.

I.

Es besteht ein Anspruch der Klägerin auf 8.050,35 Euro gem. Rechnung vom 27.2.2018 bezüglich des Kran-Einsatzes am 29.1.2018.

Mit dieser Rechnung werden – als prozessual unselbstständige Rechnungspositionen – die Kosten der “Gestellung” des 300t-Krans in Höhe von 4.500,00 Euro, “Nebenleistungen 5%” sowie Gebühren für Genehmigung und Begleitung des 100t-Krans in Höhe von 390,00 Euro sowie des 300t-Krans in Höhe von 1.650,00 Euro (alle Beträge netto) geltend gemacht.

Der Anspruch auf diese Kosten ergibt sich aus einem Vertrag über die Krangestellung in Verb. mit § 535 Abs. 2 BGB.

1. Es ist ein Vertrag über die Krangestellung am 29.1.2018 zwischen der Klägerin und den Beklagten zustande gekommen.

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien und den nicht angegriffenen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil haben sich die Beklagten am 24.1.2018 an die Klägerin gewandt und (u.a.) einen 300t-Kran für den 29.1.2018 “bestellt“. Dem diesbezüglichen Vortrag beider Parteien ist zu entnehmen, dass es aufgrund dieses “Bestellens” auch zum Vertragsschluss zwischen den Beklagten und der Klägerin über die Gestellung von Kränen am 29.1.2018 gekommen ist.

Denn die Beklagten haben ihre Passivlegitimation bezüglich etwaiger Forderungen aus diesem Vertrag zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt; sie haben lediglich für sich in Anspruch genommen, der Klägerin als Verbraucher entgegengetreten zu sein.

Angesichts dieses Vortrags besteht keine Veranlassung für den Senat, in eine Prüfung einzutreten, ob und mit welchem Auftraggeber – dem Beklagten, beiden Beklagten oder der A GmbH – der Vertrag zustande gekommen ist.

Diese Prüfung wäre erst dann erforderlich geworden, wenn sich die von den Beklagten reklamierte Verbrauchereigenschaft – namentlich im Hinblick auf die (Nicht-)Einbeziehung der “Geschäftsbedingungen” – zugleich auf den genauen Inhalt des als solchen unstreitigen Vertrags und sich damit auf die Entscheidung des Rechtsstreits ausgewirkt hätte. In einem solchen Fall hätte es der Klärung bedurft, mit welchem Inhalt zwischen welchen Parteien ein Vertrag über die Krangestellung am 29.1.2018 geschlossen worden ist. Die Grenzen einer sog. einfachen Rechtstatsache (hier “Vertragsschluss” zwischen Klägerin und den Beklagten), bezüglich derer die Parteien das Gericht von einer Prüfung dispensieren können, wären dann überschritten worden, so dass eine uneingeschränkte rechtliche Prüfung erforderlich geworden wäre.

Doch kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Frage, ob die Beklagten der Klägerin als Verbraucher gegenübergetreten und ob die “Geschäftsbedingungen” in den Vertrag einbezogen worden sind, nicht an.

2. Die Klägerin hat am 29.1.2018 die geschuldete “Krangestellung” nicht erbracht, doch steht dies ihren Forderungen aus dem Vertrag bzw. aus der Rechnung Nr. …6 nicht entgegen.

a) Der vertragliche Anspruch auf Mietzinszahlung gemäß § 535 Abs. 2 BGB entsteht grundsätzlich erst dann, wenn der insoweit vorleistungspflichtige Vermieter dem Mieter den unmittelbaren Besitz an der Mietsache verschafft hat (z.B. Guhling/Günter/Leonhard, 2. Aufl. 2019, BGB § 535 Rn. 439). Der Vermieter muss nach § 535 Abs. 1 S. 1 BGB dem Mieter die Gebrauchsmöglichkeit eröffnen. Der Anspruch aus § 535 Abs. 1 S. 1 BGB ist mithin erfüllt, wenn dem Mieter die Sache in der Art und in dem Umfang, wie es der Vertrag vorsieht, zugänglich gemacht wird (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 537 Rn. 6).

Hier ist es nicht zur vertraglich geschuldeten Krangestellung gekommen. Dazu bedarf es der Überlassung des Krans (nebst Kranführers); nichts anderes ergibt sich aus der Definition in den AGB Ziff. I. 2.1 der Geschäftsbedingungen, wonach “Krangestellung” die “Überlassung von Hebezeugen samt Bedienungspersonal an den Auftraggeber zur Durchführung von Arbeiten nach dessen Weisung und Disposition” bedeutet. Erforderlich wäre also gewesen, dass der bzw. beide Kranführer (der “kleine” Kran hätte die Monteure an die Spitze der Kamine befördern müssen) den Beklagten oder den von ihnen einschalteten Dritten mitgeteilt hätte(n), es könne mit den Arbeiten begonnen werden. Zu einer solchen Äußerung ist es, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, zu keinem Zeitpunkt gekommen.

b) Doch liegt der Ausnahmefall des § 537 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Danach besteht die Mietzinszahlungspflicht trotz fehlender Überlassung des Mietobjekts fort, weil die Beklagten “durch einen in ihrer Person liegenden Grund” an der Ausübung des Gebrauchsrechts gehindert waren.

(1) § 537 Abs. 1 BGB ist anwendbar, wenn das Gebrauchshindernis der Risikosphäre des Mieters entstammt (Guhling/Günter/Boerner, 2. Aufl. 2019, BGB § 537 Rn. 12). Das war hier der Fall:

Der Grund für die “Nichtausübung des Gebrauchsrechts” bestand in der Wetterlage “vor Ort“, die die Arbeiten an dem Kamin (bzw. an beiden Kaminen) nicht zuließ. Das Risiko, aus Witterungsgründen keinen Gebrauch von der Mietsache machen zu können, muss der Mieter tragen (Staudinger/ V. Emmerich (2021) BGB § 537, Rn. 9; Wolff/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rz. 585). Das gilt auch zu Lasten der Beklagten, denn ihr konkretes Abbruchvorhaben, das die Höhe der Kranausleger und damit auch die Windempfindlichkeit der (beiden) einzusetzenden Kräne bestimmte, führte dazu, dass diese Kräne witterungsbedingt für die seitens der Beklagten bezweckten Aufgaben nicht einsetzbar waren. Das betrifft auch den Einsatz des kleineren Krans mit dem “Mannkorb“, der wegen berufsgenossenschaftlicher Vorschriften nicht in Betrieb gesetzt werden konnte.

Soweit die Beklagten behauptet haben, die Windverhältnisse hätten doch den vorgesehenen Einsatz der Kräne erlaubt, ist dieser Vortrag jedenfalls nach der Beweisaufnahme unbeachtlich geworden, weil es für ihn nunmehr an greifbaren Anhaltspunkten fehlt.

(a) Das gilt zunächst für den Zeitraum bis zum Beginn der Abrüstung des 300t-Krans.

Der vernommene Kranführer D hat auf die Messung einer Windgeschwindigkeit von 12m/s an der Spitze des Auslegers Bezug genommen. Aus seiner Bekundung, der Wind sei “durchgängig” zu stark gewesen, ergibt sich auch, dass er die Entwicklung der Windgeschwindigkeit während der gesamten mehrstündigen Wartezeit im Blick behalten hat, diese jedoch nicht, jedenfalls nicht wesentlich, abgenommen hat. Die (im G) gemessene Windgeschwindigkeit von 12m/s (oder 43,2 km/h) ist auch mit den für den 29.1.2018 vom Deutschen Wetterdienst prognostizierten Werten für N.-W. (gem. dem Bericht vom 29.1.2018, 14.28 Uhr “verbreitet Windböen um 55 km/h …“) vereinbar. Im Übrigen hat der Zeuge durch Bezugnahme auf ein technisches Merkblatt des Herstellers bestätigt, dass eine Inbetriebnahme des 300t-Krans (mit der erforderlichen Auslegerlänge) unter diesen Umständen schon nach den Vorgaben des Herstellers zu unterbleiben hat. Der Senat hält die Aussage des Kranführers D für glaubhaft, auch wenn er als Mitarbeiter der Klägerin erkennbar in deren Lager steht. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin keine weiteren Aufzeichnungen über den Verlauf der Windgeschwindigkeiten am 29.1.2018 vorlegen kann. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, dass der Zeuge den Einsatz “seines” Krans am 29.1.2018 wegen lediglich vorgetäuschter zu hoher Windgeschwindigkeiten hätte verhindern wollen.

Ferner sind berufsgenossenschaftliche Vorschriften benannt worden, die eine “Personenfahrt” bei solchen Windverhältnissen untersagen. Die Anwendbarkeit dieser Vorschriften auf den vorgesehenen Einsatz des 100t-Krans (zur Beförderung der Monteure an die Kaminspitzen) ist weder von der Klägerin noch von den Beklagten bestritten worden.

Bei dieser Sachlage besteht kein Raum für die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens. Denn die maßgeblichen Parameter (Windgeschwindigkeit am Ausleger, Herstellervorgaben, Vorschriften des Unfallverhütungsrechts) sind erwiesen bzw. stehen fest. Dass die Klägerin – etwa wegen eines technischen Defekts – überhöhte Windgeschwindigkeiten ermittelt habe, machen auch die Beklagten nicht geltend (b).

(b) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass ein Einsatz der Kräne auch im Zeitraum bis 16.00 Uhr, wären sie solange noch “aufgerüstet” vor Ort verblieben, nicht möglich gewesen wäre. Die Beklagten selbst behaupten nicht, die Windgeschwindigkeiten hätten nach ca. 12.00 Uhr nachgelassen. Dafür bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte, zumal noch der Bericht des Deutschen Wetterdienstes vom 29.1.2018, 14.28 Uhr davon spricht, der Wind nehme erst “im Verlaufe der Nacht allmählich ab” (Anl. B1; Bl. 51 d.A). Auch insoweit kommt deshalb die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens nicht in Betracht.

(2) Hingegen lag kein Grund “im Mietobjekt” selbst vor, der den Gebrauch gehindert hätte. Die Kräne selbst wären nämlich durchaus – namentlich bezüglich der Einsatzhöhe und der zu bewältigenden Lasten – einsatzfähig gewesen, nur nicht unter den konkret “vor Ort” obwaltenden Windverhältnissen. Genau diesen Sachverhalt wollte auch der Geschäftsführer H bei seiner Anhörung vor der Kammer mit der Bemerkung zum Ausdruck bringen, der Einsatz hätte “nicht wegen des Krans als solche[m] .. abgebrochen werden müssen” und der Kran “hätte dem Wind standgehalten” (Bl. 108 d.A.).

Diese Risikobetrachtung gilt umso mehr, als der Mietvertrag auch die Gestellung von Kranführern und damit durchaus erhebliche dienstvertragliche Elemente beinhaltete. Gem. § 615 S. 3 BGB trägt der Arbeitgeber in dem Fall, dass das Risiko des Arbeitsausfalls bei ihm liegt, die Vergütungsgefahr. Daraus folgt, dass die Beklagten, wären sie als Arbeitgeber anzusehen, vergütungspflichtig geblieben wären, weil ein witterungsbedingtes Risiko, an ihren Gebäuden Arbeiten vorzunehmen, bei ihnen gelegen hätte.

Unerheblich ist bei alledem, wer im Lauf des 29.1.2018 die Entscheidung getroffen hat, den 300t-Kran abzurüsten. Denn mit dieser Entscheidung, die im Übrigen im Interesse sämtlicher Beteiligter lag, wurde nur die unausweichliche Konsequenz aus den Wetterverhältnissen gezogen.

(3) § 537 Abs. 1 BGB greift bereits ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrag ein und setzt nicht die Überlassung des Mietobjekts an den Mieter voraus (z.B. Guhling/Günter/Boerner, a.a.O., § 537 Rn. 4; BGH NJW-RR 1991, 267).

(4) Die Anwendung des § 537 Abs. 1 S. 1 BGB scheitert auch nicht daran, dass er nur zur Anwendung kommt, wenn der Vermieter seinerseits erfüllungsbereit und -fähig war (Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 537 Rn. 3). Daran fehlt es insbesondere dann, wenn der Vermieter seinerseits wegen der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten – oder wegen Eigengebrauchs (z.B. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 13. Aufl., § 537 Rn. 21) – nicht zur Gebrauchsgewährung in der Lage ist (§ 537 Abs. 2 BGB).

Ein derartiger Fall lag hier nicht vor. Zwar war die Klägerin nicht willens, jedenfalls den 300t-Kran der Disposition ihrer Auftraggeber zu überlassen, weil die vom Kranführer gemessenen Windgeschwindigkeiten einen solchen Einsatz nicht zuließen, wie sich aus der Aussage des Kranführers D vor dem Senat ergibt. Damit hat sich der Vermieter jedoch der Gebrauchsüberlassung an den Mieter nicht aus Gründen anderweitiger Verwendung des Mietobjekts begeben, wie sie von § 537 Abs. 2 BGB erfasst sind.

Der Grund, aus dem die Erfüllungsbereitschaft der Klägerin fehlte, lag vielmehr in der Verwirklichung eben jenes Gebrauchsrisikos (zu hohe Windgeschwindigkeit), das die Beklagten bzw. die A GmbH zu tragen hatte(n). In einem solchen Fall steht die fehlende Erfüllungsbereitschaft der Anwendung des § 537 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegen.

c) Der Anspruch der Klägerin ist nicht wegen Unmöglichkeit (§§ 275, 326 Abs. 1 BGB) entfallen.

aa) Unmöglichkeit ist nicht im Hinblick auf den Inhalt des Vertrags (Vertragszweck) eingetreten.

Zwar kann Unmöglichkeit im Sinne des § 275 BGB vorliegen und zu den Rechtsfolgen der §§ 275, 326 Abs. 1 BGB führen, wenn der Vertragszweck nicht oder nicht mehr erreicht werden kann, weil bestimmte von beiden Parteien vorausgesetzte Umstände nicht eintreten oder weggefallen sind. Die Annahme einer Unmöglichkeit in diesem Sinn setzt jedoch voraus, dass die Parteien einen bestimmten Verwendungszweck zum Vertragsinhalt gemacht haben (“zweckbezogene Miete“) und der Vertragszweck aus Gründen entfällt, die keiner der Vertragspartner zu vertreten hat. Beim Fehlen einer Zweckvereinbarung ist dagegen § 537 BGB anwendbar. Solche Zweckvereinbarungen können auch stillschweigend getroffen werden, jedoch ist Zurückhaltung geboten. Der Umstand, dass der Vermieter die Absichten und Pläne des Mieters kennt, reicht hierfür ebenso wenig aus, wie die Angabe eines Verwendungszwecks im Mietvertrag. Deshalb liegt keine Unmöglichkeit vor, wenn ein Hotelzimmer für die Dauer einer Messe oder ein Saal zum Zwecke der Durchführung einer bestimmten Veranstaltung gemietet worden ist und die Messe nicht stattfindet oder die Veranstaltung nicht durchgeführt werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass das Risiko der nutzbringenden Verwendung der Mietsache nach dem Vertragsinhalt vom Vermieter oder zumindest von beiden Parteien gemeinsam getragen werden soll (Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl. 2020, BGB § 537 Rn. 6).

Dafür, dass die Klägerin das Risiko einer witterungsbedingten Nichtverwendbarkeit der Kräne am 29.1.2018 tragen wollte, ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte im Vertrag, erst recht nicht unter Berücksichtigung der Geschäftsbedingungen der Klägerin.

bb) Es ist auch nicht Unmöglichkeit infolge Zeitablaufs eingetreten.

Die Gestellung des 300t-Krans (einschließlich des kleineren Krans) war zwar für den 29.1.2018 vereinbart, konnte aber durchaus nachgeholt werden, wozu es tatsächlich auch gekommen ist. Insoweit liegt es anders als bei der Raummiete, bei der im Grundsatz von einer Nichtnachholbarkeit des Nutzungsinteresses des Mieters auszugehen ist (BGH NJW-RR 91, 267). Im vorliegenden Fall der Überlassung beweglicher Sachen liegt die Annahme von Verzug – anstelle von Unmöglichkeit – näher (Staudinger/V. Emmerich, a.a.O., Vorbem. § 536 Rn. 12).

Die Parteien haben auch kein (relatives) “Fixgeschäft” vereinbart, weil aus der Vereinbarung nicht hervorgeht, dass die Leistungszeit so wesentlich war, dass mit ihr das Geschäft stehen und fallen sollte (Grüneberg/Grüneberg, § 271 Rn. 18).

cc) Sollte der Klägerin die Überlassung der Kräne an die Auftraggeberin bzw. die Beklagten am 29.1.2018 zur Demontage der Kamine deshalb gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich gewesen sein, weil ein solcher Einsatz wegen einschlägiger Unfallverhütungsvorschriften (Verbot der “Personenfahrt” bei Windgeschwindigkeiten über 7m/s) verboten war, wären die Beklagten gleichwohl nicht gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Miete frei geworden. Denn § 326 Abs. 2 S. 1, 1. Var. BGB ist auch dann entsprechend anzuwenden, wenn der Gläubiger in dem Vertrag ausdrücklich oder konkludent das Risiko des betreffenden Leistungshindernisses übernommen hat (BGH, Urt. v. 13. 1. 2011, Az. III ZR 87/10, Tz. 16; NJW 2011, 756; Münchener Komm. BGB/Ernst, 9. Aufl., § 326 Rn. 56).

Davon ist hier auszugehen, weil der bzw. die Auftraggeber die Kräne für einen bestimmten Tag bestellt haben. Es lag auf der Hand, dass die Klägerin keine Veranlassung hatte, für diesen Termin ein Risiko witterungsbedingter Unmöglichkeit des Einsatzes zu tragen, zumal sie nicht über bessere Möglichkeiten der Wettervorhersage verfügte als der bzw. die Auftraggeber.

d) Da das Verstreichen des 29.1.2018 ohne Möglichkeit des Gebrauchs der Kräne aus den vorgenannten Gründen nicht als Fall der Unmöglichkeit der Leistungsgewährung aufzufassen ist, ist auch der Rücktritt der Beklagten gem. § 326 Abs. 5 BGB ins Leere gegangen.

Soweit ein Fall (rechtlicher) Unmöglichkeit der Überlassung der Kräne am 29.1.2018 vorlag, scheitert ein Rücktritt gem. §§ 326 Abs. 5, 323 Abs. 6 BGB wiederum daran, dass der bzw. die Auftraggeber das Risiko der witterungsbedingten Nichteinsetzbarkeit der Kräne übernommen haben.

e) Die Klägerin braucht auch keine weitere Kürzung ihres Anspruchs in Höhe von 4.500,00 Euro gem. § 537 Abs. 1 S. 2 BGB vorzunehmen.

Es ist nicht ersichtlich und wird auch von den Beklagten nicht vorgetragen, dass sie infolge des Abbruchs des Einsatzes am 29.1.2018 weitere Aufwendungen erspart hat, die auch die Pauschale für “An- und Rückfahrt, Auf- und Abrüsten, Transport-Ballast und Rüstkran” betreffen,.

Vielmehr hat die Beklagte bereits von der Geltendmachung jeglicher Kosten für den Einsatz des Krans selbst (2.850,00 Euro für eine Zeit “bis zu 10 Einsatzstunden“) abgesehen und die Pauschale von 5.500,00 Euro (netto) selbst um 1.000,00 Euro auf 4.500,00 Euro reduziert.

Die Entstehung der Gebühren für die Genehmigungen sowie der Kosten für die Begleitung, die die Beklagten nicht in Abrede gestellt haben, sind einer Kürzung in Gestalt ersparter Aufwendungen ohnehin nicht zugänglich.

Auf die weitere Frage, ob sich der Anspruch der Klägerin auch aus Ziff. I. 9 S. 3 (“Im Fall des Rücktritts wird bei Kranleistungen das Entgelt anteilig berechnet, …“) oder aus Ziff. I. 10 ihrer Geschäftsbedingungen ergibt, kommt es nicht mehr an.

f) Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht dauerhaft undurchsetzbar. Das wäre der Fall, wenn die Bezahlung der Forderung einen Schadensersatzanspruch der Beklagten in derselben Höhe auslöste. In diesem Fall wäre die Geltendmachung des Anspruchs durch die Klägerin gem. § 242 BGB ausgeschlossen, weil treuwidrig.

Ein solcher Fall läge vor, wenn die Klägerin die mit der hier in Rede stehenden Rechnung Nr. …6 geltend gemachten Kosten aufgrund eines ihrem Auftraggeber gegenüber pflichtwidrigen Verhaltens begründet hätte.

Die Beklagten vertreten in diesem Zusammenhang die Auffassung, die Klägerin habe ihnen gegenüber eine Nebenpflicht verletzt, indem sie die für den 29.1.2018 zu erwartenden Windverhältnisse nicht erkundet und ihnen (bzw. ihr) nicht mitgeteilt habe. Wäre eine solche Mitteilung erfolgt, hätten sie den Einsatz am 29.1.2018 “abgesagt“.

Die Klägerin traf jedoch im Verhältnis zu den Beklagten keine Verpflichtung, sich über die Wetterverhältnisse in B am 29.1.2018 kundig zu machen. Denn inwieweit Wind den Einsatz der (beiden) Kräne gefährdete, war primär von den zu bewältigenden Aufgaben (Windangriffsfläche sowie der konkreten Bewegungsstrecke) abhängig. Die Beurteilung, ob das Niederlegen der Kamine möglich war, oblag damit den Bauherren bzw. der von ihnen eingesetzten Streithelferin, nicht aber der Klägerin.

Wie sich aus der Beweisaufnahme ergab, standen der Klägerin auch keine anderen Kräne zur Verfügung, die noch einen Einsatz bei den konkret eingetretenen Windverhältnissen erlaubt hätten.

Es bestand auch keine Verpflichtung der Klägerin im Verhältnis zur Beklagten, die Einhaltung berufsgenossenschaftlicher Vorschriften, hier also das Verbot von “Personenfahrten” mit einem dafür nur ausnahmsweise ausgerüsteten (kleinen) Kran, wonach bei Windgeschwindigkeit über 7m/s keine “Personenfahrt” stattfinden darf, zu überwachen.

Anders hätte es nur dann gelegen, wenn der Klägerin vor Abfahrt der Kräne am frühen Morgen des 29.1.2018 hätte klar sein müssen, dass die Verwendung der Kräne (bzw. des kleinen, für die Monteure notwendigen Krans) nur unter Verstoß gegen geltende Vorschriften der Arbeitssicherheit möglich sein werde. Das ist jedoch nicht feststellbar. Weder war die allgemeine Entwicklung der Windgeschwindigkeiten im Kreis C im Laufe des 29.1.2018 sicher vorhersehbar noch war die Klägerin in der Lage, die konkreten Windverhältnisse in B an der Baustelle einzuschätzen.

g) Der Zahlungsanspruch ist nicht infolge einer Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen untergegangen.

Die Beklagten erklären die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch, der sich ihrer Auffassung nach in Höhe der auf die Rechnung der Klägerin Nr. …4 (für die Leistungen der Klägerin am 16.2.2018) gezahlten 14.689,48 Euro ergibt.

aa) Die Zulässigkeit der Aufrechnung scheitert nicht an Ziff. III.23 der Geschäftsbedingungen. Die Frage der Einbeziehung der Geschäftsbedingungen ist auch insoweit ohne Relevanz:

Diese Klausel sieht eine Beschränkung der Aufrechnung auf solche mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen vor. Diese Klausel ist dahin auszulegen, dass auch spruchreife Gegenforderungen unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen gleichstehen (BGH WM 1978, S. 620). Ob den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Gestalt der Belastung mit der Rechnung für die spätere Krangestellung zusteht, ist in diesem Sinne entscheidungsreif.

bb) Den Beklagten (bzw. der A GmbH) ist jedoch mit der Bezahlung der Rechnung Nr. …4 kein Schaden entstanden, dessen Ersatz sie von der Klägerin verlangen könnten.

(1) Über eine etwaige Nebenpflichtverletzung der Klägerin in Gestalt einer Informationspflichtverletzung gelangen die Beklagten nicht zum Ersatz der Kosten des Einsatzes am 16.2.2018. Denn dieser Einsatz wäre auch und gerade dann notwendig geworden, wenn die Beklagten bzw. die A GmbH auf die Nichtdurchführbarkeit am 29.1.2018 rechtzeitig hingewiesen worden wäre(n) und den Einsatz daraufhin “abgesagt” hätten.

(2) Ein Schadensersatzanspruch wegen der mit dem späteren Einsatz am 16.2.2018 verbundenen Kosten lässt sich auch nicht damit begründen, die Klägerin habe pflichtwidrig gehandelt, indem sie die Kräne am 29.1.2018 abzogen habe, obwohl dem Einsatz die Witterungsbedingungen nicht entgegenstanden hätten.

Wie bereits dargestellt, ist die Behauptung, die Windverhältnisse hätten einem Einsatz nicht entgegengestanden, jedenfalls nach der Beweisaufnahme unerheblich, weil es dafür an den erforderlichen greifbaren Anhaltspunkten fehlt. Zu Recht weist die Klägerin ferner darauf hin, dass die Beklagten vorgerichtlich selbst behauptet hatten, der Einsatz sei wegen zu starken Windes abgebrochen worden (s. Anl. 14ff. zum Schriftsatz der Klägerin vom 7.9.2022).

h) Die Klägerin kann die Verzinsung der geltend gemachten Forderung seit dem 7.4.2018 gem. §§ 286, 288 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen, jedoch (nur) in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Dieser Zusatz, der noch im Versäumnisurteil vom 5.6.2019 enthalten war, ist aufgrund eines offenkundigen Versehens nicht mit in den Tenor des angegriffenen Urteils aufgenommen worden.

II. (Rest-)Forderung in Höhe von 334,72 Euro aus der Rechnung …4 vom 27.2.2018

Gegenstand der Klage ist ferner ein Restbetrag in Höhe von 334,72 Euro aus der Rechnung Nr. …4 wegen des Einsatzes am 16.2.2018.

Die Beklagten stellen die Berechtigung dieser Forderung nicht in Abrede, berufen sich jedoch auf eine Aufrechnung mit einem Gegenanspruch in Höhe von 334,72 Euro (geltend gemacht wird die Berechnung von 4 Zeitstunden ihrer Monteure am 29.1.2018 durch die Streithelferin).

1. Die Zulässigkeit der Aufrechnung scheitert, wie bereits dargelegt, nicht an Ziff. III.23 der Geschäftsbedingungen.

2. Die Klägerin könnte sich im Umfang der Kosten, die den Beklagten für die Bezahlung der Monteure der Streithelferin für den Einsatz am 29.1.2018 entstanden sind, nur dann schadensersatzpflichtig gemacht haben, wenn sie infolge unzureichender Prüfung der Wetterlage bzw. Information der Beklagten darüber (oder wegen der Auswahl ungeeigneten Geräts) eine Pflicht aus dem Krangestellungsvertrag verletzt hätte.

Das ist aus den bereits dargelegten Gründen nicht anzunehmen. Weder oblag der Klägerin die Wetterbeobachtung für den 29.1.2018 noch war sie überhaupt in der Lage, die lokalen Windverhältnisse am Einsatzort vorherzusehen.

3. Auch dieser Anspruch der Klägerin ist ab dem 7.4.2018 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§§ 286, 288 Abs. 1 S. 2 BGB) zu verzinsen.

III. Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten

Die Beklagten schulden auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe der geltend gemachten 679,10 Euro als Verzugsschaden (§§ 280, 286 BGB).

Diese Kosten ergeben sich bei Ansatz einer 1,3fachen Gebühr nach einem Gegenstandswert von 8.385,07 Euro. Der zunächst auf Freistellung gerichtete Anspruch der Klägerin ist infolge der Zahlungsverweigerung der Beklagten in einen Zahlungsanspruch übergegangen.

C.

Blauer Engel als relevantes Alleinstellungsmerkmal zum Verzicht auf Wettbewerb?

Blauer Engel als relevantes Alleinstellungsmerkmal zum Verzicht auf Wettbewerb?

von Thomas Ax

In der öffentlichen Beschaffung kann neben den funktionalen Eigenschaften von Produkten auch deren Umweltverträglichkeit berücksichtigt werden. Öffentliche Einrichtungen tragen hiermit dazu bei, Umweltbelastungen zu reduzieren, die Markdurchdringung umweltfreundlicher Produkte zu unterstützen und ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden. Vielfach lassen sich auch Kosten einsparen, wenn neben den Anschaffungskosten auch die Lebenszykluskosten in die Wertung von Angeboten einbezogen werden. Gleiches gilt für die Beschaffung in Unternehmen.

Die Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Umweltzeichen haben sich mit der Vergaberechtsreform 2016/2017 erweitert. Diese sind mit deutlichen Erleichterungen sowohl für öffentliche Auftraggeber als auch für Bieter verbunden. So können bei der Formulierung der technischen Anforderungen, der Zuschlagskriterien und der Auftragsausführungsbedingungen öffentliche Vergabestellen nun auf bestimmte Umweltzeichen, wie dem Blaue Engel und dem EU-Umweltzeichen, verweisen. Diese können auch als Nachweis gefordert bzw. genutzt werden. Gleichwertige Umweltzeichen müssen akzeptiert werden. Nur in bestimmten Fällen muss der öffentliche Auftraggeber als Nachweis andere geeignete Belege akzeptieren (§ 34 VgV/ § 24 UVgO).

Falls es keine oder nur wenige Produkte mit dem Blauen Engel gibt, können auch die konkreten Kriterien des Blauen Engels in Ausschreibungen als Anforderungen aufgenommen werden. Die Einhaltung der Kriterien kann dann sowohl durch das Umweltzeichen als auch durch andere Nachweise (zum Beispiel Prüfprotokolle) belegt werden.

Sämtliche für die Bedarfsdeckung erforderlichen Umweltaspekte sind in der Leistungsbeschreibung durch den Auftraggeber niederzulegen. Dabei ist die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, so dass vergleichbare Angebote erwartet werden können. Eine Leistungsbeschreibung durch einen pauschalen Verweis auf Gütezeichen (gemäß § 34 VgV; § 24 UVgO) ist zulässig. Die öffentliche Beschaffungsstelle hat in diesem Zusammenhang lediglich darauf zu achten, dass die Leistung auch durch den pauschalen Verweis eindeutig und transparent beschrieben wird. Dies ist der Fall, solange sämtliche Merkmale des Gütezeichens für die Leistungserbringung relevant sind, das heißt mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Beispielsweise darf für einen pauschalen Verweis das Gütezeichen keine Kriterien enthalten, die die allgemeine Unternehmensführung des Bieters betreffen.

Ein pauschaler Verweis auf ein Gütezeichen ist sinnvoll, wenn es eine hinreichende Anzahl an Produkten unterschiedlicher Hersteller gibt, die mit dem Gütezeichen gekennzeichnet sind. Im Fall der Produkte aus Recyclingkunststoffen wird öffentlichen Beschaffungsstellen daher empfohlen, zunächst auf der Internetseite des Umweltzeichens (www.blauer-engel.de) zu prüfen, ob ausreichend (beispielsweise mehr als drei) Produkte gekennzeichnet und am Markt verfügbar sind.

Wenn dies nicht der Fall ist, wird empfohlen, anstatt des pauschalen Verweises die Kriterien des Umweltzeichens als Ausschluss- und gegebenenfalls als Zuschlagskriterien (Bewertungskriterien) festzulegen.

Ein Verzicht auf Wettbewerb wird vor diesem Hintergrund nur bedingt möglich sein.

Das Vergaberecht regelt nur, in welchem Verfahren und nach welchen Regeln zu beschaffen ist. Die Definition des Beschaffungsbedarfs ist der eigentlichen Vergabe somit vorgelagert (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Oktober 2009 – Verg 25/09; Beschluss vom 17. Februar 2010 – Verg 42/09; Beschluss vom 13. April 2016 – Verg 47/15; OLG Jena, Beschluss vom 25. Juni 2014 – 2 Verg 1/14). Eine Vergabe ohne vorhergehende Veröffentlichung einer Bekanntmachung muss die absolute Ausnahme darstellen.

Die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb erfordert das vom öffentlichen Auftraggeber darzulegende und gegebenenfalls zu beweisende objektive Fehlen von Wettbewerb (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Juli 2017 – VII -Verg 13/17 – juris Rn. 29).

Angesichts der negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb sollten Vergabeverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen zur Anwendung kommen. Es muss auch ausgeschlossen sein, dass für die Auftragsdurchführung weitere Unternehmen in Frage kommen, die die für den Auftrag notwendigen Fähigkeiten und Ausstattungen rechtzeitig erwerben können. Zweckmäßigkeitsüberlegungen oder rein wirtschaftliche Vorteile im Falle der Leistungserbringung durch ein bestimmtes Unternehmen reichen nicht aus (Ziekow/Völlink/Völlink, 4. Aufl., VgV § 14 Rn. 51 m. w. N.).

Es darf auch keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung geben und der mangelnde Wettbewerb darf nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter sein. Die grundsätzlich gegebene Freiheit des Auftraggebers, den Gegenstand der Beschaffung nach seinen Zwecken und Bedürfnissen zu bestimmen, unterliegt insoweit engeren vergaberechtlichen Grenzen als dies bei Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens der Fall ist.

Eine Leistungsbestimmung, die zu einem völligen Wettbewerbsverzicht führt, bedarf größerer Rechtfertigungstiefe als eine solche, die unter Aufrechterhaltung des Vergabewettbewerbs im Ergebnis (nur) zu einer hersteller- oder produktbezogenen Leistungsspezifikation gemäß § 31 Abs. 6 VgV führt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Juli 2017 – VII-Verg 13/17 – juris Rn. 35; Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 14 Rn. 46 mwN). Im Ausgangspunkt ist es im Sinne der auch dem öffentlichen Auftraggeber zustehenden Privatautonomie seine Sache, zu definieren, was er beschaffen möchte.

Nur Situationen einer objektiven Ausschließlichkeit können den Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung rechtfertigen, sofern die Ausschließlichkeitssituation nicht durch den öffentlichen Auftraggeber selbst mit Blick auf das anstehende Vergabeverfahren herbeigeführt wurde. Ist die Ausschließlichkeitssituation auf technische Gründe zurückzuführen, so sollten diese im Einzelfall genau beschrieben und nachgewiesen werden. Als solche könnten beispielsweise angeführt werden, dass es für einen anderen Wirtschaftsteilnehmer technisch nahezu unmöglich ist, die geforderte Leistung zu erbringen.“ Vor diesem Hintergrund sind an die Dokumentation im Vergabeverfahren besondere Anforderungen zu stellen. Die Umstände, die die Anwendung dieses Verfahrens rechtfertigen, sind vom Vergabevermerk umfasst. Diese Pflicht dient dazu, die Gründe für Auswahlentscheidungen nachvollziehbar zu machen und sichert so das Transparenzgebot ab.

Zwingend nötig ist eine anforderungsgerechte Markterkundung.

Im Rahmen der Markterkundung kann zwar nicht verlangt werden, dass der öffentliche Auftraggeber sich so umfassende Kenntnisse aneignet, die etwa vergleichbar der bei dem Hersteller vorhandenen Expertise sein müssten. Dies würde gerade bei hochkomplexen Beschaffungsgegenständen wie dem vorliegenden auf eine Überforderung des Auftraggebers hinauslaufen und die zwingende Beauftragung von Gutachtern zur Festlegung des Beschaffungsgegenstandes erforderlich machen. Regelmäßig dürfte es ausreichen, wenn sich der Auftraggeber bei anderen Nutzern vergleichbarer Produkte über die Vor- und Nachteile und die insoweit bestehenden Erfahrungen erkundigt und öffentlich verfügbare Quellen, wie hier z.B. Forschungsberichte, die Angaben zu den verwendeten […] und den diesbezüglichen Umständen beinhalten, zu Rate zieht.

Was nicht ausreicht (Bsp.):

„Dieser Anforderung genügt die vorgelegte Dokumentation in der Vergabeakte nicht, auch nicht unter Hinzuziehung des Vortrags im Laufe des Nachprüfungsverfahrens. Hinsichtlich der geführten Gespräche bleibt z.B. unklar, nach welchen Gesichtspunkten die Gesprächspartner ausgewählt wurden, welcher Gesprächspartner welche Information geliefert hat, welche […]Modelle welcher Generation von den Gesprächspartnern konkret verwendet wurden, ob die Kontaktperson selbst einen eigenen Vergleich der Geräte der Bg wie der ASt vornehmen konnte oder nur über Erfahrungen mit einem der infrage kommenden Hersteller berichten konnte. Mangels hinreichender Dokumentation der Gespräche wird schon nicht deutlich, ob sich diese im Ergebnis mit der Vergabeentscheidung der Ag decken oder ob hier, z.B. hinsichtlich einzelner Gesichtspunkte oder auch deren Gewichtung, auch abweichende Auffassungen vertreten wurden.“

Zudem muss eine ausreichende Befassung mit möglichen Alternativen dokumentiert sein. Es darf keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung bestehen und der mangelnde Wettbewerb darf nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist. Die technischen Besonderheiten, auf die der Auftraggeber das Fehlen von technischem Wettbewerb stützt, müssen von herausragender Bedeutung sein. Das Fehlen einer vernünftigen Ersatzlösung oder Alternative ist nicht schon dann anzunehmen, wenn das vom öffentlichen Auftraggeber favorisierte Produkt in einzelnen Merkmalen anderen am Markt erhältlichen Produkten überlegen ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07. Juni 2017 – VII-Verg 53/16, juris-Rn. 37). Der oben zitierte Erwägungsgrund der Richtlinie spricht sogar weitergehend davon, dass es für einen andern Wirtschaftsteilnehmer „technisch nahezu unmöglich“ sein muss, die Leistung zu erbringen.

Was nicht ausreicht (Bsp.):

 „Es stellt keine Überspannung der Anforderungen an die Intensität der Markterkundung dar, die Berücksichtigung derartiger allgemeiner Umstände von einem Endanwender hochtechnisierter Geräte wie der hier streitgegenständlichen […]e zu verlangen. Wenn aus der Vielzahl möglicher qualitativer Unterschiede zwischen den Produkten unterschiedlicher Hersteller einzelne herausgegriffen werden, um das Fehlen von Wettbewerb aus technischen Gründen zu bejahen, besteht eine besondere Begründungslast auf Seiten des Auftraggebers, der die Ag vorliegend, ausgehend von der Dokumentation des Vergabeverfahrens und der Stellungnahmen im Nachprüfungsverfahren, nicht genügt hat.“

Die auf Basis einer solchen Markterkundung getroffene Entscheidung kann dazu führen, dass grundsätzlich bestehender Wettbewerb nicht nur durch eine produktspezifische Ausschreibung eingeschränkt, sondern gänzlich ausgeschlossen wird, was einer wesentlich größeren Rechtfertigungstiefe bedarf (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07. Juni 2017 – VII-Verg 53/16, juris-Rn. 34). Eine solche Rechtfertigung bedarf auch einer eingehenden Dokumentation.

Gerne können wir wenn denn das gewünscht sein sollte eine Markterkundung durchführen und diese dokumentieren.

Sprechen Sie uns gerne an.

OLG Hamburg: Wird in einem Vergleich vereinbart, dass ein Sachverständiger das (Nicht-)Vorhandensein der vom Auftraggeber gerügten Mängel für die Parteien verbindlich feststellen und gegebenenfalls die Mängelbeseitigungskosten ermitteln soll, haben die Parteien eine Schiedsgutachtenvereinbarung geschlossen

OLG Hamburg: Wird in einem Vergleich vereinbart, dass ein Sachverständiger das (Nicht-)Vorhandensein der vom Auftraggeber gerügten Mängel für die Parteien verbindlich feststellen und gegebenenfalls die Mängelbeseitigungskosten ermitteln soll, haben die Parteien eine Schiedsgutachtenvereinbarung geschlossen

vorgestellt von Thomas Ax

Soll der Schiedsgutachter auf Grund seiner besonderen Sachkunde lediglich das Vorhandensein von Mängeln feststellen, ist das Schiedsgutachten nur dann unverbindlich, wenn es offenbar unrichtig ist. Offenbar unrichtig ist das Schiedsgutachten erst dann, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben in grober Weise verletzt und wenn sich seine Unrichtigkeit dem Blick eines sachkundigen und unbefangenen Beurteilers sofort aufdrängen muss. Daran sind strenge Anforderungen zu stellen.

Die Klägerin verlangt Restwerklohn.

Die Beklagte und ihr mitverklagter Ehemann, über dessen Vermögen im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, beauftragten die Klägerin mit Generalunternehmervertrag vom 14. Juli 1997 mit der Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses zu einem Pauschalfestpreis. Dem Vertrag lag unter anderem die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil B zugrunde. Am 28. September 1998 erstellte die Klägerin ihre Schlussrechnung unter Berücksichtigung bestimmter Mehr- und Minderleistungen. Die Beklagte hat die Fälligkeit der Werklohnforderung mangels abnahmereifer Herstellung des Gebäudes in Abrede gestellt, da zahlreiche Mängel vorlägen. Auch sei eine Schlussabnahme zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Im Übrigen seien die abgerechneten Mehrleistungen unberechtigt und weitere Kürzungen wegen Minderleistungen vorzunehmen. Weiter sei ein Skonto abzuziehen. Mit einem Anspruch auf eine verwirkte Vertragsstrafe werde aufgerechnet. Im Übrigen stünden ihr Schadensersatzansprüche wegen näher bezeichneter Mängel zu, deren Beseitigung einen Betrag von 1.050.000 DM netto erfordere, mit denen sie in dieser Höhe die Aufrechnung erkläre.
Zugunsten der Klägerin wurde zu Lasten des Baugrundstücks im Grundbuch eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Sicherungshypothek in Höhe von 552.542,57 DM (= 282.510,53 Euro) eingetragen.

Im Verfahren vor dem Landgericht haben die Parteien eine Zwischenvergleich folgenden Wortlauts abgeschlossen:
1. Die Beklagten verpflichten sich gegenüber der Klägerin zur Schlussabnahme des gesamten streitgegenständlichen Bauvorhabens.
2. Zu dieser Schlussabnahme wird Prof. P. J. als Sachverständiger im Einverständnis der Parteien hinzugezogen mit folgenden Aufgaben:
a) Der Sachverständige soll feststellen, ob die vom Beklagten am Bauvorhaben bis zur Abnahme gerügten Mängel begründet sind. Diese Mängelrügen sind von den Beklagten dem Sachverständigen vor dem Abnahmetermin schriftlich zu benennen.
(…)
b) Der Sachverständige soll die Maßnahmen feststellen, die zur Mängelbeseitigung erforderlich sind, ferner die dafür aufzuwendenden Kosten.
c) Die Feststellungen des Sachverständigen zum Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Mängeln sowie zu den Mängelbeseitigungskosten sind zwischen den Parteien verbindlich.
d) Soweit der Sachverständige aus fachlicher Sicht für angezeigt hält, soll er begründete Vorschläge zur Regulierung von Mängeln, insbesondere auch von Minderungsbeträgen, unterbreiten.
e) Der Sachverständige soll sich bei seinen Feststellungen auch dazu äußern, welche Mängel auf Planungs- bzw. Bauaufsichtsfehlern des Nebenintervenienten beruhen.
3. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die Gewährleistungsfrist vier Jahre beträgt und am Tage der Schlussabnahme beginnt.
4. (…)
5. (…)
6. Den Kostenvorschuss, den der Sachverständige anfordern wird, tragen die Parteien, d.h. die Klägerin einerseits und die Beklagten andererseits je zur Hälfte.
Sollten die Beklagten mit der Zahlung ihres Kostenvorschusses trotz Mahnung durch den Sachverständigen in Verzug geraten, gilt die Schlussabnahme mit dem 27. April 2000 als erfolgt.
Die endgültige Kostenverteilung soll vom Sachverständigen verbindlich vorgenommen werden in sinngemäßer Anwendung der Feststellungen des Gutachtens.
Der Sachverständige J. erstattete unter dem Datum des 08.11.2002 ein Gutachten. Aufgrund von Hinweisen des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 05.08.2003 (Bl. 308 ff. d.A.) und in entsprechendem Auftrag der Parteien erstattete der Sachverständige ein Ergänzungsgutachten vom 20.09.2004. In der mündlichen Verhandlung vom 15.09.2005 (Protokoll Bl. 488 ff. d.A) ist der Sachverständige ergänzend zu einzelnen Punkten gehört worden; die Beklagten haben diesem Vorgehen von Seiten des Gerichts widersprochen. Die Klägerin hat sich die Feststellungen des Sachverständigen J. zu eigen gemacht und darauf basierend ihre Forderung gemäß Schriftsatz vom 26.01.2005 (Bl. 414 ff. d.A.) berechnet.
Das Landgericht hat mit Teilurteil gegenüber der Beklagten diese zur Zahlung von 772.278,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juli 1999 sowie von weiteren 282.510,53 Euro Zug um Zug gegen Abgabe einer Löschungsbewilligung hinsichtlich der Vormerkung verurteilt. Die weitergehende Klage gegenüber der Beklagten und die Widerklage der Beklagten, mit der diese beantragt hatte, die Klägerin zu verurteilen, in die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Vormerkung einzuwilligen, hat es abgewiesen.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt.

Zu Recht hat das Landgericht, soweit der Sachverständige Prof. Dr. J. Feststellungen zum Vorliegen eines Mangels und zur Höhe der Mangelbeseitigungskosten getroffen hat, insoweit kein gerichtliches Gutachten mehr eingeholt. Die Fragen, ob die von der Beklagten behaupteten Mängel aus fachlicher Sicht bestehen und ggfs. in welcher Höhe Kosten für ihre Beseitigung erforderlich sind, sind mit den gutachterlichen Äußerungen des von den Parteien beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. J. für die Parteien bindend beantwortet worden. Die Verbindlichkeit des Gutachtens folgt aus Nr. 2c des zwischen den Parteien vor dem Landgericht geschlossenen Zwischenvergleiches (s.o.). In Nr. 2a. und 2b. des Zwischenvergleiches haben die Parteien sich darauf geeinigt, dass der Sachverständige feststellen soll, ob die von Beklagtenseite vor dem Abnahmetermin schriftlich benannten Mängel begründet sind. Ferner sollte er die Maßnahmen zur Mangelbeseitigung und die dafür aufzuwendenden Kosten angeben.

Das Schiedsgutachten ist unter Einhaltung der vertraglich geregelten Voraussetzungen und verfahrensfehlerfrei eingeholt und erstattet worden.

Soweit die Beklagte einwendet, das Landgericht habe sich mit seiner Vernehmung des Sachverständigen J. in der Sitzung vom 15.09.2005 aus der Rolle des Gerichts herausbegeben und sich unberechtigt in den Werkvertrag der Parteien eingeschaltet, anstatt die Parteien darauf hinzuweisen, welche Unvollständigkeiten es seiner Ansicht nach noch gibt, so dass die Parteien den Sachverständigen mit der Aufarbeitung dieser Lücken hätten beauftragen können, führt dies nicht zu einer Unverbindlichkeit der bereits zuvor erfolgten sachverständigen Feststellungen. Aus der Befragung des Sachverständigen durch das Landgericht ergibt sich, dass die Fragen des Landgerichts an den Sachverständigen im Wesentlichen daraus resultierten, dass dem Landgericht die Ergebnisprotokolle der zahlreichen Ortsbesichtigungen des Sachverständigen nicht vorlagen, obwohl diese ausweislich des Gutachtens vom 08.11.2002 den Parteien und dem Nebenintervenienten vorlagen und auch als Anlage dem Gutachten nochmal beigefügt waren. Die für die Parteien verbindlichen Feststellungen des Sachverständigen ergeben sich dementsprechend ausschließlich aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen und den zugehörigen Ergebnisprotokollen der Ortsbesichtigungen und sind damit entsprechend den Vereinbarungen der Parteien durch den von ihnen mit dem Sachverständigen geschlossenen Werkvertrag veranlasst.

Soweit die Beklagte bemängelt, der Sachverständige J. habe die Stellungnahme und Fotodokumentation vom 22.10.2002 (Anlagen B 46 und B 47) bei der Erstellung des Gutachtens nicht berücksichtigt, führt diese Verfahrensrüge nicht dazu, dass die gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen J. für die Parteien nicht verbindlich wären. Ausweislich der vertraglichen Vereinbarung sollte Ausgangspunkt der gutachterlichen Beurteilung eine vor dem Abnahmetermin erstellte schriftliche Mängelliste sein, die dem Sachverständigen von den damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten auch am 17.07.2000 übersandt und dem Gutachten beigefügt wurde. Auf später gerügte Mängel sollte das Gutachten sich nicht beziehen. Eine Verpflichtung zur Berücksichtigung jeglicher Stellungnahmen der Parteien ist dem Zwischenvergleich nicht zu entnehmen. Das gilt erst recht für die erst nach Abschluss des letzten Ortstermins und Ablauf einer vom Sachverständigen noch eingeräumten letzten Stellungnahmefrist beim Sachverständigen eingegangene Stellungnahme und Fotodokumentation.

Die Verbindlichkeit sämtlicher sachverständigen Feststellungen zu Mängeln und Mangelbeseitigungskosten ist auch nicht deshalb abzulehnen, weil das Schiedsgutachten insgesamt offensichtlich mangelhaft oder grob unbillig/unrichtig gewesen ist, wie die Beklagte meint.

Geht es, wie hier, darum, dass nicht eine unbestimmte Vertragsleistung durch den Schiedsgutachter zu einer bestimmten zu gestalten, der Inhalt des Vertrages also in Ergänzung des Vertragswillens der Parteien an deren Statt erst zu schaffen ist, sondern dass der Schiedsgutachter auf Grund seiner besonderen Sachkunde lediglich eine den Parteien noch unbekannte – ihrem Inhalte nach aber bereits objektiv bestimmte – Leistung zu einer ihnen bekannten zu machen, somit den vorhandenen Inhalt des Vertrages nur klarzustellen hat, so bleibt für eine Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen kein Raum. In diesem Falle kann es sich daher auch immer nur um die entsprechende Anwendung des für den besonderen Fall des § 317 BGB zum Ausdruck gelangten Rechtsgedankens handeln mit der Folge, dass in entsprechender Anwendung von § 319 BGB nicht die offenbare Unbilligkeit der Ermessensausübung nach § 317 BGB, sondern die offenbare Unrichtigkeit des Schiedsgutachtens nachzuweisen ist (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1967 – III ZR 22/66 -). Offenbare Unrichtigkeit in entsprechender Sinnanwendung des § 319 Abs. 1 BGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Zwischenstufe zwischen Unrichtigkeit einerseits und Willkür andererseits. Sie verlangt daher mehr, als dass das Schiedsgutachten nur unrichtig ist. Offenbar unrichtig ist das Gutachten erst dann, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben in grober Weise verletzt und wenn sich seine Unrichtigkeit dem Blick eines sachkundigen und unbefangenen Beurteilers sofort aufdrängen muss (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1967 – III ZR 22/66 -). Eine in einem Gutachten enthaltene Leistungsbestimmung erfüllt die Voraussetzungen der offenbaren Unrichtigkeit nur dann, wenn sich der Fehler dem sachkundigen und unbefangenen Betrachter (nicht dem Gericht), wenn auch möglicherweise erst nach eingehender Prüfung, aufdrängt (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 – VII ZR 44/71 -, Urteil vom 16. November 1987 – II ZR 111/87 -, Urteil vom 21. April 1993 – XII ZR 126/91 -). An das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. Anderenfalls würde der mit der Bestellung eines Schiedsgutachters von den Parteien verfolgte Zweck, ein möglicherweise langwieriges und kostspieliges Prozessverfahren zu vermeiden, in Frage gestellt. Eine Partei, die das Schiedsgutachten zu Fall bringen will, muss daher Tatsachen vortragen, aus denen sich dem Sachkundigen die Erkenntnis offenbarer Unrichtigkeit aufdrängt. Es muss im einzelnen dargetan und unter Beweis gestellt werden, dass dem Schiedsgutachter ein Fehler unterlaufen ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob das Schiedsgutachten offenbar unrichtig und damit unverbindlich ist, ist der Sach- und Streitstand zugrunde zu legen, der dem Schiedsgutachter unterbreitet worden ist (BGH, Urteil vom 25. Januar 1979 – X ZR 40/77 -, OLG Köln, Urteil vom 27. August 1999 – 19 U 198/98 -).

Gemessen hieran kann nicht von einer offenbaren Unrichtigkeit des gesamten Schiedsgutachtens und aller darin gemachten Feststellungen ausgegangen werden.

Die hier streitentscheidenden Feststellungen im Schiedsgutachten vom 08.11.2002 bzw. im Ergänzungsgutachten vom 20.09.2004 sind für die Parteien verbindlich, wenn sie nicht offenbar unrichtig sind. Das gilt auch dann, wenn einzelne andere, für den Streit nicht (mehr) entscheidungserhebliche Feststellungen des Gutachters (offenbar) unrichtig oder unvollständig wären. Wenn ein von den Parteien beauftragtes Gutachten zahlreiche voneinander unabhängige Einzelfragen, wie hier Feststellungen zu verschiedensten behaupteten Mängeln und ihren Beseitigungskosten, zusammenfassend klären soll, führt die offenbare Unrichtigkeit einzelner Feststellungen des Gutachters oder einzelne Unvollständigkeiten nicht zur Unverbindlichkeit des gesamten Gutachtens (vgl. OLG Köln, Urteil vom 27.08.1999, Az. 19 U 198/98, im Ergebnis ist dort diese Frage offengelassen worden). Das ergibt sich aus entsprechender Anwendung des § 319 BGB. Danach ist die (jeweils) getroffene Bestimmung des Dritten für die Vertragsschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig (hier analog unrichtig) ist. Werden in einem Vertrag einem Dritten die Bestimmungen verschiedener Leistungen überlassen, ist daher die Verbindlichkeit der Bestimmungen jeweils für sich zu prüfen. Insoweit kann es keinen Unterschied machen, ob für die Bestimmung jeder einzelnen Leistung (bzw. für die Feststellung der Mangelhaftigkeit jedes gerügten Punktes und die Feststellung der insofern entstehenden Mangelbeseitigungskosten) ein eigener Vertrag abgeschlossen wird oder zahlreiche zu treffenden Bestimmungen bzw. Feststellungen einem Dritten in einem zusammenfassenden Vertrag übertragen werden. Die vertragliche Übertragung von Leistungsbestimmungsrechten und deren Gestaltung nach § 317 Abs. 1 BGB geht der Bestimmung durch den Dritten voraus. Kann festgestellt werden, dass dem Dritten mit einem Vertrag verschiedene voneinander unabhängige Leistungsbestimmungsrechte (bzw. sachverständige Feststellungen) übertragen wurden, ist die Verbindlichkeit der getroffenen Bestimmungen (bzw. Feststellungen) gem. § 319 BGB jeweils getrennt zu beurteilen auch wenn sie in einem Gutachten zusammengefasst werden. Vorliegend haben die Parteien gemäß dem abgeschlossenen Zwischenvergleich den Sachverständigen mit voneinander unabhängigen Feststellungen bezüglich der Mangelhaftigkeit konkreter von den Beklagten zuvor mitzuteilender Punkte beauftragt, sowie mit der Feststellung der für jede Beseitigung eines Mangels getrennt festzusetzender Mangelbeseitigungskosten. Der Gutachter hat dementsprechend in seinem Gutachten zu den einzelnen Mängeln jeweils getrennt Feststellungen getroffen, die dementsprechend getrennt auf ihre Verbindlichkeit zu prüfen sind.

Es kann dahinstehen, ob sich möglicherweise für einzelne Feststellungen ihre offenbare Unrichtigkeit auch einmal daraus ergeben könnte, dass ein zusammenfassendes Gutachten bezüglich anderer Feststellungen derart zahlreiche offenbare Unrichtigkeiten oder Lücken enthält, dass ein Rückschluss auf die offenbare Unrichtigkeit auch dieser Feststellungen gezogen werden kann. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Das vorliegende Gutachten enthält keine offenbaren Unrichtigkeiten im Hinblick auf zahlreiche Feststellungen. Das behauptet auch die Beklagte nicht. Es ist auch nicht goßteils oder zumindest so lückenhaft, dass eine Überprüfung seiner Feststellungen insgesamt nicht möglich wäre.

Nach den damit prinzipiell bindenden Feststellungen des Schiedsgutachters Prof. Dr. J. kann festgestellt werden, dass der Beklagten auch in jedem Einzelfall keine Schadensersatzansprüche für fiktive Mangelbeseitigungsarbeiten gegen die Klägerin mehr zustehen.

OLG Hamburg, Urteil vom 25.11.2020 – 8 U 18/20

OLG Hamburg: Verlangt der Auftraggeber wegen eines Baumangels Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten, kann der Auftragnehmer einwenden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig

OLG Hamburg: Verlangt der Auftraggeber wegen eines Baumangels Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten, kann der Auftragnehmer einwenden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig

vorgestellt von Thomas Ax

Unverhältnismäßig sind die Aufwendungen für die Mangelbeseitigung, wenn der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwands steht. In der Regel ist die Unverhältnismäßigkeit nur anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer völlig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Auftraggeber objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung, was vor allem anzunehmen ist, wenn die Funktionsfähigkeit der Leistung spürbar beeinträchtigt ist, ist der Mängelbeseitigungsaufwand regelmäßig nicht unverhältnismäßig.

Die Klägerin verlangt Restwerklohn.

Die Beklagte und ihr mitverklagter Ehemann, über dessen Vermögen im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, beauftragten die Klägerin mit Generalunternehmervertrag vom 14. Juli 1997 mit der Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses zu einem Pauschalfestpreis. Dem Vertrag lag unter anderem die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) Teil B zugrunde. Am 28. September 1998 erstellte die Klägerin ihre Schlussrechnung unter Berücksichtigung bestimmter Mehr- und Minderleistungen.

Die Beklagte hat die Fälligkeit der Werklohnforderung mangels abnahmereifer Herstellung des Gebäudes in Abrede gestellt, da zahlreiche Mängel vorlägen. Auch sei eine Schlussabnahme zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Im Übrigen seien die abgerechneten Mehrleistungen unberechtigt und weitere Kürzungen wegen Minderleistungen vorzunehmen. Weiter sei ein Skonto abzuziehen. Mit einem Anspruch auf eine verwirkte Vertragsstrafe werde aufgerechnet. Im Übrigen stünden ihr Schadensersatzansprüche wegen näher bezeichneter Mängel zu, deren Beseitigung einen Betrag von 1.050.000 DM netto erfordere, mit denen sie in dieser Höhe die Aufrechnung erkläre.

In Betracht kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB aF oder § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B, die Regelungen von im allgemeinen gleicher Tragweite enthalten. Unterstellt es läge ein von der Klägerin zu vertretender Mangel vor und eine Nachbesserung sei technisch durch Abriss und Neubau des Gebäudeteils mit dem Treppenhausturm möglich und würde Kosten in einer Größenordnung von 245.420,10 Euro (480.000 DM) verursachen und weiter unterstellt es läge ein Fall vor, in dem eine Fristsetzung entbehrlich wäre, wäre dieser Schadensersatzanspruch als werkvertraglich begründeter Schadensersatzanspruch grundsätzlich auf Geld gerichtet. Die Vorschrift des § 249 BGB, die dem Geschädigten einen Anspruch auf Naturalrestitution einräumt und lediglich als besondere Form dieses Herstellungsanspruchs gemäß § 249 Satz 1 BGB einen Zahlungsanspruch nach § 249 Satz 2 BGB vorsieht (BGHZ 81, 385, 388 m.w.N.), findet auf den Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB oder § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B keine Anwendung (BGH, Urteil vom 06. November 1986 – VII ZR 97/85 -) da Naturalrestitution gem. § 634 Abs. 1 Satz 3 BGB aF. ausgeschlossen ist. Die Geldentschädigung kann der Besteller nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich wahlweise nach der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Werkes mit und ohne Mangel ermitteln oder in Höhe der Aufwendungen geltend machen, die zur vertragsgemäßen Herstellung des Werkes erforderlich sind. Die dem Besteller nach dieser Rechtsprechung eröffnete Möglichkeit, seinen Schadensersatzanspruch anhand der Mängelbeseitigungskosten zu berechnen, gilt nicht uneingeschränkt. Nach der Rechtsprechung des BGH kann dieser Schadensberechnung in entsprechender Anwendung des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB der Einwand entgegengehalten werden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 – VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 366; Urteil vom 27. März 2003 – VII ZR 443/01, BGHZ 154, 301, 305; Urteil vom 10. März 2005 – VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014; Urteil vom 29. Juni 2006 – VII ZR 86/05, BauR 2006, 1736, 1738). Unverhältnismäßig in diesem Sinne sind die Aufwendungen für die Beseitigung des Werkmangels, wenn der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwandes steht und es dem Unternehmer nicht zugemutet werden kann, die vom Besteller in nicht sinnvoller Weise gemachten Aufwendungen tragen zu müssen. In einem solchen Fall würde es Treu und Glauben widersprechen, wenn der Besteller diese Aufwendungen dem Unternehmer anlasten könnte (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1972 – VII ZR 181/71, aaO; Urteil vom 27. März 2003 – VII ZR 443/01, aaO; Urteil vom 10. März 2005 – VII ZR 321/03, aaO; Urteil vom 29. Juni 2006 – VII ZR 86/05, aaO).

Wenn, wie hier, werkvertraglicher Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten beansprucht wird, ist die Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB nach den gleichen Kriterien zu beurteilen, die bei der nach § 635 Abs. 3 BGB (für diesen Fall § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F.) gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 – VII ZR 179/11 -). Danach wird die Unverhältnismäßigkeit in aller Regel nur anzunehmen sein, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer völlig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenüber steht. Hat der Besteller hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, was vor allem anzunehmen ist, wenn die Funktionsfähigkeit des Werks spürbar beeinträchtigt ist, so kann ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten eine Nachbesserung verweigert werden (BGH, Urteil vom 04.07.1996, Az. VII ZR 24/95).
Nach diesen Kriterien ist hier eine Unverhältnismäßigkeit anzunehmen. Nach den verbindlichen Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. J. besteht zwar unstreitig ein Mangel, weil der Rohbau des Treppenhausturmes “schief” auch außerhalb der Toleranzen ist. Die Funktionalität des Treppenhauses ist dadurch indes nicht spürbar beeinträchtigt. Nach einer Begutachtung durch den TÜV Nord am 04.03.2002 konnten insbesondere Mängel an der Aufzuganlage nicht festgestellt werden (Schreiben des TÜV Nord vom 04.03.2002). Die Auswirkungen an den Bodenfliesen, dem Treppenauge, dem Handlauf u.s.w. sind rein optischer Natur und fallen dem unvoreingenommenen Benutzer des Treppenhauses nach der verbindlichen Einschätzung des Sachverständigen nicht auf (Protokoll des 3. Besichtigungstermins vom 20.06.2001, S. 7). Zu diesen nicht funktionellen sondern nur optischen Beeinträchtigungen stehen die Kosten des Abrisses und der Neuerrichtung des Treppenhausturmes wie sie die Beklagte selbst behauptet in keinem Verhältnis.

Danach kommt eine Entschädigung der Beklagten nur in Betracht, wenn festgestellt werden kann, dass der Wert des Gebäudes mit und ohne den Mangel am Treppenhaus differiert. Dass eine solche Feststellung nicht getroffen werden kann, weil ein allgemeiner Vermögensschaden der Beklagten aufgrund eines Mindererlöses bei der Zwangsversteigerung nicht festgestellt werden kann, steht indes rechtskräftig fest (BGH, Urteil vom 19.12.2019, VII ZR 6/19, Rn. 22).

OLG Hamburg, Urteil vom 25.11.2020 – 8 U 18/20

OLG Hamburg: Hat der Auftraggeber eine mangelhafte Leistung in Kenntnis des Mangels abgenommen, kann er weder Mängelbeseitigung noch Erstattung der Ersatzvornahmekosten verlangen und auch die Vergütung nicht mindern. Er kann nur noch Schadensersatz oder den Ersatz vergeblicher Aufwendungen geltend machen.

OLG Hamburg: Hat der Auftraggeber eine mangelhafte Leistung in Kenntnis des Mangels abgenommen, kann er weder Mängelbeseitigung noch Erstattung der Ersatzvornahmekosten verlangen und auch die Vergütung nicht mindern. Er kann nur noch Schadensersatz oder den Ersatz vergeblicher Aufwendungen geltend machen.

vorgestellt von Thomas Ax

Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn für Brandsanierungsarbeiten im Kellerbereich der Immobilie des Beklagten, der Beklagte macht widerklagend Schadensersatz und Kostenvorschussansprüche geltend. Im Zuge des Verfahrens hat der Beklagte mehrfach seine Anträge umgestellt. Die Berufung hat auch insoweit keinen Erfolg, als der Beklagte Schadensersatz hilfsweise einen Kostenvorschuss in Höhe von 3.500 Euro für die Sanierung der von der Klägerin beschädigten Hohlsteindecke begehrt. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht das Vorliegen eines ersatzfähigen Schadens verneint und ausgeführt, dass ein Kostenvorschuss ohnehin nicht geschuldet ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils wird verwiesen.

Der Senat hat zu dieser Frage den Sachverständigen B. angehört. Zwar ist nach der Aussage des Sachverständigen entgegen der Annahme des Landgerichts davon auszugehen, dass die Klägerin Ausbrüche in der Hohlsteindecke verursacht hat. Diese führen aber nicht zu einem Anspruch des Beklagten, da die Ausbrüche allein ein optisches Problem darstellen die – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – durch ein Verkleiden der Decke nicht mehr sichtbar sind. Die Deckenverkleidung war vor dem Schaden vorhanden, die Wiederherstellung ist demzufolge eine Schadensposition der Gebäudeversicherung und nicht der Klägerin.

Soweit der Beklagte sich darauf beruft, durch die beschädigte Decke sei die Trittschallübertragung bei Benutzung der darüber liegenden Wohnung erheblich größer, ist dieser Auffassung nach Anhörung des angehörten Sachverständigen nicht zu folgen. Der Sachverständige hat auf eindringliches Befragen eindeutig bestätigt, dass durch die Beschädigungen weder die Statik, noch der Schallschutz beeinträchtigt ist. Dem Antrag des Beklagten, ein ergänzendes Sachverständigengutachten darüber einzuholen, ob die Statik der Decke durch die von der Klägerin verursachten Ausbrüche beeinträchtigt worden ist, ist nach dieser eindeutigen Aussage des Sachverständigen nicht nachzugehen. Der Sachverständige hat auf Nachfrage auch klargestellt, dass bei einer abgehängten Decke die Steine nicht repariert werden müssten, weil die optische Beeinträchtigung nicht zum Tragen kommt. Soweit der Beklagte seine Berufung weiter darauf stützt, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es nicht auszuschließen sei, dass die Decke schon Vorschäden gehabt habe, die von den Paneelen nur kaschiert worden sei, ist diese Frage nicht entscheidungserheblich, weil die festgestellten Ausbrechungen ob neu oder alt rein optischer Natur und nach Wiederherstellung des Zustands vor dem Brand mit einer verkleideten Decke nicht mehr sichtbar sind. Damit entfällt ein ersatzfähiger Schaden, auf die subjektive Einschätzung des Sachverständigen, was er als Handwerker machen würde, kommt es nicht an.

OLG Hamburg, Urteil vom 03.05.2022 – 4 U 13/21