Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt

OLG München zur Beweisnot des Auftraggebers, wenn nicht AN sondern Drittfirma mit Wartungsvertrag beauftragt wird

OLG München zur Beweisnot des Auftraggebers, wenn nicht AN sondern Drittfirma mit Wartungsvertrag beauftragt wird

vorgestellt von Thomas Ax

Nach der Abnahme der Leistung muss der Auftraggeber darlegen und beweisen, dass der Auftragnehmer für einen Mangel verantwortlich ist. Errichtet der Auftragnehmer im Jahr 2001/2002 eine Lüftungsanlage und wird er nicht mit der Wartung der Anlage beauftragt, kann aus einem im Jahr 2007 festgestellten Überdruck der Lüftungsanlage nicht auf einen Mangel der Leistung des Auftragnehmers rückgeschlossen werden.
OLG München, Urteil vom 27.04.2021 – 28 U 7117/19 Bau

vorhergehend:
LG München I, 13.11.2019 – Az. 18 O 22672/15
OLG München, Urteil vom 26.03.2013 – 28 U 2645/10

nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 10.05.2023 – VII ZR 465/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe:

I.

Die Klägerinnen nehmen im vorliegenden Verfahren die Beklagten in Regress im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben ###-Hochschule Ökologisches Bildungszentrum in ###.

Die Klägerin zu 1) wurde in einem Vorprozess als Planerin und Bauüberwacherin rechtskräftig zur Zahlung von etwa 760.000 Euro Schadensersatz verurteilt, da die errichtete Dachkonstruktion mangelbehaftet war; die Klägerin zu 2) ist die Haftpflichtversicherung der Klägerin zu 1).

Die Klägerinnen fordern nunmehr von an der Errichtung des Dachs beteiligten Unternehmern Ausgleichszahlungen. Das Landgericht München I verurteilte am 13.11.2019 – hinsichtlich der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung – soweit im Berufungsverfahren von Relevanz die Beklagten zu 3) und 4) zur Zahlung eines Gesamtschuldnerausgleichs, da deren Werkleistungen an dem errichteten Dach mangelhaft gewesen seien:

• Die Beklagte zu 3) habe fehlerhaft bei der installierten Lüftungsanlage einen Überdruck eingestellt.

Der Beklagten zu 3) sei der Streit verkündet worden, sie hätte sich aber nicht am Vorprozess beteiligt und könne daher mit ihren Einwendungen nicht gehört werden. Der Fehler der Beklagten zu 3) sei bei dem vorzunehmenden Ausgleich mit 11.300 Euro anzusetzen, den diese der Klägerin zu 2) schulde.

Die weitergehenden Klageanträge – die Klägerin zu 1) forderte insgesamt 26.879,14 Euro, die Klägerin zu 2) 77.115,31 Euro – wurden abgewiesen.

Die Beklagte zu 4) habe die Einblasdämmung mangelhaft erstellt und hafte im selben Umfang wie die Beklagte zu 3), d. h. auf Zahlung von 11.300 Euro an die Klägerin zu 2).

Auch die Beklagte zu 4) sei aufgrund der Interventionswirkung an das Ergebnis des Vorprozesses gebunden. Die weitergehenden Klageanträge – die Klägerin zu 1) verlangte insgesamt 14.932,86 Euro, die Klägerin zu 2) 42.841,84 Euro – wurden abgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Beklagten zu 3) und 4) jeweils mit ihrer Berufung; die Klägerinnen haben sich mit einer Anschlussberufung verteidigt.

Die Beklagte zu 3) macht mit ihrer Berufung geltend, dass zwar im Vorprozess festgestellt worden sei, dass die Lüftungsanlage fehlerhaft mit erheblichem Überdruck betrieben worden sei. Es stünde aber nicht fest, dass die Beklagte zu 3) hierfür die Verantwortung trage. Auch aus der Interventionswirkung ergebe sich nicht, dass die Beklagte zu 3) die “Betreiberin” der Lüftungsanlage gewesen sei. Auch habe die Beklagte zu 3) nicht erkennen können, dass ein Betreiben mit Überdruck zu einem Gebäudeschaden führen könne. Dies sei vom Sachverständigen### bestätigt worden.

Die Beklagte zu 4) argumentiert in ihrer Berufung, sie hafte nicht für die Mängel der Dachkonstruktion als “Gesamt“schuldnerin, da die Voraussetzungen des § 426 BGB nicht vorlägen. So bestünden bereits Schadensersatzansprüche dem Grunde nach nicht, da die Beklagte zu 4) niemals unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert worden sei; eine “Gleichstufigkeit” im Sinne des § 426 BGB könne nicht angenommen werden. Auch hätte die Klägerin zu 1) den Mangel – ungenügende Einblasdämmung – im Rahmen der Überwachung gar nicht feststellen können, so dass auch insoweit die Voraussetzungen der Gesamtschuld nicht vorlägen. Die vom Erstgericht angenommene Bindungswirkung gem. §§ 74, 68 ZPO könne schon deshalb nicht greifen, da ausdrücklich handwerkliche Mängel als Mitursache offen gelassen worden seien. Der Mangel sei zudem nicht kausal. Die Schäden wären bei richtiger Dachausbildung nicht und bei ordnungsgemäßer Leistung trotzdem eingetreten. Der Mitverschuldensanteil sei mit 1,5 % von untergeordneter Bedeutung.

Im Berufungsverfahren wird beantragt:

Die Beklagte zu 3) beantragt:

I. Das am 13.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az.: 18 O 22672/15 wird aufgehoben, soweit die Beklagte zu 3) darin zur Zahlung in Höhe von Euro 11.300,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 verurteilt wird.

II. Die Klage gegen die Beklagte zu 3) wird abgewiesen.

Die Beklagte zu 4) beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts München I, Az 18 O 22672/15 vom 13.11.2019, wird aufgehoben, soweit die Beklagte zu 4) in Ziff. 3 zur Zahlung von 11.300,00 nebst Zinsen und in Ziff. 5 zur Tragung von Kosten verurteilt worden ist.

II. Die Klage in Richtung gegen die Beklagte zu 4) wird kostenpflichtig abgewiesen.

Die Klägerinnen beantragen

die Berufungen der Beklagten zu 3) und 4) zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung

I. Das Ausgangsurteil wird abgeändert und die Beklagte zu 3) verurteilt, folgende Beträge jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 zu bezahlen:

1. an die Klägerin zu 1): 26.879,14 Euro;

2. an die Klägerin zu 2): 77.115,31 Euro.

II. Die Beklagte zu 4) wird verurteilt, folgende Beträge jeweils zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2015 zu bezahlen:

1. an die Klägerin zu 1): 14.932,68 Euro;

2. an die Klägerin zu 2): 42.841,84 Euro.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 3) verpflichtet ist, jeden weiteren Betrag im Zusammenhang mit ihrer gesamtschuldnerischen Ausgleichsverpflichtung an die Klägerin zu 1) zu bezahlen, soweit dieser über die in Ziffer I.1 genannten Beträge hinausgeht.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 3) verpflichtet ist, jeden weiteren Betrag im Zusammenhang mit ihrer gesamtschuldnerischen Ausgleichsverpflichtung an die Klägerin zu 2) zu bezahlen, der über in Ziffer I.2 genannten Beträge hinausgeht.

V. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 4) verpflichtet ist, jeden weiteren Betrag im Zusammenhang mit ihrer gesamtschuldnerischen Ausgleichsverpflichtung an die Klägerin zu 1) zu bezahlen, der über die in Ziffer II.1 genannten Beträge hinausgeht.

VI. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 4) verpflichtet ist, jeden weiteren Betrag im Zusammenhang mit ihrer gesamtschuldnerischen Ausgleichsverpflichtung an die Klägerin zu 2) zu bezahlen, der über die Beträge in Ziffer II.2 hinausgeht.

Die Beklagten zu 3) und 4) beantragen

die Zurückweisung der Anschlussberufung.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass das Erstgericht zu Recht eine Bindungswirkung im Hinblick auf den Vorprozess angenommen habe. Im Übrigen seien die vom Erstgericht angesetzten Quoten jedoch willkürlich und nicht nachvollziehbar; es bestünde der Verdacht, dass das Erstgericht die Quoten so gebildet habe, dass es zu den identischen Beträgen wie im Vergleichsvorschlag gekommen sei.

Der Senat hat mit Verfügungen vom 9.3.2020 und 13.1.2021 Hinweise erteilt. Auf die Hinweise, die jeweiligen Berufungsbegründungen der Parteien und die eingereichten Gegenerklärungen wird Bezug genommen.

Auf Grund der Zustimmungserklärungen der Parteien wurde mit Beschluss vom 17.02.2021 eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet. Mit Beschluss vom 16.03.2021 wurde die Frist, bis zu deren Ablauf Schriftsätze eingereicht werden konnten bis zum 17.03.2021 verlängert.

II.

1. Die Berufung der Beklagten zu 3) ist begründet, da die Klägerinnen ihr gegenüber keine Ansprüche aus § 426 BGB (in Richtung der Klägerin zu 2) i.V.m. § 86 VVG) haben.

Entsprechend ist auch die Anschlussberufung der Klägerinnen insoweit zurückzuweisen.

a. Zwischen der Klägerin zu 1) und der Beklagten zu 3) besteht kein Gesamtschuldverhältnis, da die Beklagte zu 3) neben der Klägerin zu 1) nicht haftet. Daher kommt es auf die weiteren Voraussetzungen der Gesamtschuld – insbesondere die Beantwortung der Frage nach der Gleichstufigkeit – nicht an.

(1) Die Klägerin zu 1) haftet ausweislich der rechtskräftigen Senatsentscheidung der Bauherrin – ### ###-Hochschule – wegen Planungsfehlern auf Schadensersatz in Höhe von 755.443,87 Euro (Az. 28 U 2645/10, Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 26.3.2013).

(2) Die Beklagte zu 3) haftet gegenüber der Bauherrin jedoch nicht wegen Fehlern an der Lüftungsanlage.

aa. Entgegen der Ansicht der Klägerinnen folgt aus der Interventionswirkung des §§ 74, 68 ZPO nicht, dass die Beklagte zu 3) für einen Betrieb mit Überdruck verantwortlich ist (auf die weitergehenden Einzelheiten des Senatshinweises wird Bezug genommen).

[1] Die Beklagte zu 3) ist an die rechtskräftige Entscheidung des Vorprozesses gebunden.

Der Beklagten zu 3) wurde von der Klägerin zu 1) im Vorprozess der Streit verkündet, so dass der Anwendungsbereich des § 68 ZPO im Hinblick auf § 74 Abs. 2 ZPO grundsätzlich eröffnet ist.

[2] Die Bindungswirkung umfasst entgegen der Ansicht der Klägerinnen aber keine handwerklichen Ausführungsfehler.

Für die Fiktion der Richtigkeit der Entscheidung des Vorprozesses ist in erster Linie die Entscheidung des Berufungsgerichts maßgeblich. Auf die erstinstanzliche Entscheidung kann nur abgestellt werden, soweit sie nicht angefochten oder vom Berufungsgericht inhaltlich bestätigt wurde.

Das Oberlandesgericht hat die Feststellungen des Erstgerichts seinerzeit gerade nicht bestätigt, dass die Klägerin zu 1) gegen ihre Verpflichtung zur Bauüberwachung verstoßen habe. Fehler der Bauüberwachung setzen bestimmte handwerkliche Fehler – wie beispielsweise die fehlerhafte Einstellung der Lüftungsanlage mit Überdruck – voraus, die der begleitende Planer – d. h. Klägerin zu 1) – hätte erkennen können und müssen. Das Oberlandesgericht hat im Vorprozess die Klägerin zu 1) aber allein wegen Planungsfehlern verurteilt; die weitere Aufklärung von Ausführungsfehlern, die eine Bauüberwachungshaftung hätte begründen können, war nicht mehr geboten, da solche für die Entscheidung des Vorprozesses nicht erheblich waren. Da eine Verurteilung wegen einer mangelhaften Bauüberwachung nicht erfolgte, wurden denknotwendig handwerkliche Fehler nicht festgestellt, auf die sich die Klägerinnen berufen könnten.

bb. Die Klägerinnen konnten den sie treffenden Nachweis nicht führen, dass die Beklagte zu 3) gegenüber der Bauherrin für den Betrieb der Lüftungsanlage mit Überdruck aus Gewährleistungsrechten gemäß § 634 BGB verantwortlich war.

[1] Die Feststellungen des Sachverständigen sind für einen Nachweis nicht ausreichend.

Der Sachverständige hat in seinem Ortstermin am 29.1.2007 einen Betrieb der Lüftungsanlage mit Überdruck festgestellt. Da die Beklagte zu 3) aber die Anlage im Jahr 2001 errichtet und am 5.12.2002 programmiert hatte und danach für die Wartung der Anlage nicht beauftragt war, kann aus den Feststellungen des Sachverständigen nicht auf einen Mangel rückgeschlossen werden.

[2] Die Klägerinnen tragen die Beweislast dafür, dass die Beklagte zu 3) bei der Lüftungsanlage fehlerhaft einen Überdruck eingestellt habt.

Der unstreitig letzte Zugriff der Beklagten zu 3) war die Programmierung im Jahr 2002; in der Folgezeit war diese für die Wartung nicht verantwortlich (Wertung des § 640 BGB).

Jedenfalls haben die Klägerinnen sich hierzu nicht ausreichend erklärt. Da die Beklagte zu 3) ihre Programmierung detailliert schlüssig dargetan hat und über einen Zeitraum von mehreren Jahren keinen Zugriff auf die Anlage hatte, hätten die Klägerinnen konkret (§ 138 Abs. 3 ZPO) erwidern und darlegen müssen, welche Arbeiten durch wen und wann im Verantwortungsbereich der Beklagten zu 3) an der Anlage nach dem 5.12.2002 durchgeführt wurden. Hierzu fehlt ein ausreichend substantiierter Vortrag.

Auch haben sich die Klägerinnen weder ausreichend und und noch dazu widersprüchlich zu den tatsächlich behaupteten Einstellwerten erklärt. Die Beklagte zu 3) hat nachvollziehbar dargelegt, dass auf Betreiben der verantwortlichen Stadtwerke die Lüftungsanlage eingerichtet wurde; die Klägerinnen haben zunächst die inhaltliche Richtigkeit in Abrede gestellt, sind aber (unter anderem im Schriftsatz vom 22.8.2017) davon ausgegangen, dass die behaupteten Einstellwerte mit Zu- und Abluft von jeweils 5.800 m? keinen Überdruck erzeugen; nunmehr (Schriftsatz vom 7.4.2021) wird ins Blaue hinein und nicht weiter nachvollziehbar behauptet, aus diesen Einstellwerten ergebe sich ein Überdruck. Dieser Vortrag ist für den Senat nicht mehr nachvollziehbar.

Für den Nachweis einer kausalen Verantwortlichkeit hätten die Klägerinnen darlegen müssen, dass die Beklagte zu 3) die Lüftungsanlage eingestellt hat, die Einstellung über mehrere Jahre nie verändert wurde und dass die so unveränderte Einstellung fehlerhaft war. Trotz wiederholter Aufforderung durch den Senat haben die Klägerinnen sich zu keinem Zeitpunkt zu dem Aspekt der Wartung erklärt. Das verwundert umso mehr, als Lüftungsanlagen wartungsintensive Gewerke sind. Da – aufgrund des Vorbringens der Beklagten zu 3) – von einer regelmäßige Wartung gemäß § 138 Abs. 3 ZPO auszugehen ist, sind die Feststellungen des Sachverständigen als Nachweis für einen Mangel ungeeignet.

Soweit die Klägerinnen auf den Schriftsatz vom 23.8.2017 (richtig wohl 22.8.) verweisen, enthält dieser bereits das Zugeständnis, dass Einstellungen vorgenommen wurden, enthält aber keine konkrete Sachverhaltsschilderung und beschränkt sich im Übrigen auf ein unzulässiges Ausforschungsansinnen.

cc. Da die Klägerinnen somit nicht nachweisen konnten, dass auch die Beklagte zu 3) gegenüber der Bauherrin aus Gewährleistungsrechten gemäß § 634 BGB haftete, scheidet ein Gesamtschuldverhältnis aus und damit bestehen keine entsprechenden Regressansprüche aus § 426 BGB.

2. Da die Klägerinnen gegen die Beklagte zu 3) bereits dem Grunde nach keine Ansprüche haben, ist die Anschlussberufung der Klägerinnen entsprechend zurückzuweisen.

3. Da die Klägerin zu 2) gegen die Beklagte zu 4) einen Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB hat, ist die Berufung der Beklagten zu 4) zurückzuweisen. Da das Erstgericht den Anspruchsumfang zu gering festgesetzt hatte, ist die Anschlussberufung teilweise erfolgreich:

a. Zwischen der Klägerin zu 1) und der Beklagten zu 4) besteht ein Gesamtschuldverhältnis, da neben der Klägerin zu 1) auch die Beklagte zu 4) der Bauherrin gegenüber haftete. Auch die weitere Voraussetzung der Gesamtschuld – die Gleichstufigkeit – liegt vor.

(1) Die Klägerin zu 1) haftet ausweislich der rechtskräftigen Entscheidung wegen Planungsfehlern (Az. 28 U 2645/10, Endurteil des Oberlandesgerichts München vom 26.3.2013) der Bauherrin – ### ###-Hochschule GmbH – auf Schadensersatz in Höhe von 755.443,87 Euro.

(2) Die Beklagte zu 4) haftet der Bauherrin gegenüber aus Gewährleistungsrecht (§ 634 BGB).

aa. Eine Haftung dem Grunde nach folgt nicht bereits aufgrund der Interventionswirkung der Streitverkündung (§§ 74, 68 ZPO); auf obige Ausführungen im Prozessverhältnis Klägerinnen/Beklagte zu 3) wird Bezug genommen.

bb. Die Beklagte zu 4) haftet der Bauherrin gegenüber nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB wegen der Feuchtigkeitsschäden an der Dachkonstruktion, da die von ihr geschuldete Einblasdämmung in zu geringem Umfang hergestellt wurde:

[1] Die Beklagte zu 4) hat ihr Gewerk – Einblasdämmung – mangelhaft erstellt (§ 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB).

So konnte der Sachverständige feststellen, dass die von der Beklagten zu 4) erstellte Einblasdämmung nicht ausreichend war, um den zu füllenden Hohlraum auszufüllen, wie es nach den anerkannten Regeln der Technik erforderlich gewesen wäre.

[2] Hierdurch ist dem Besteller – der Bauherrin – ein kausaler Schaden entstanden, da es an der Dachkonstruktion zu Feuchtigkeitsschäden kam. Hierbei handelt es sich um Mangelfolgeschäden, die zum Schadensersatz neben der Leistung rechnen.

Hiergegen argumentiert die Beklagten zu 4) allein rechtlich unzutreffend, ein größerer Ursachenbeitrag verdränge jeden kleineren Ursachenbeitrag; zum anderen verteidigt sie sich mit dem Einwand, der vom Sachverständigen ermittelte Ursachenbeitrag müsse angesichts der Dimensionierung von 5 % als vernachlässigbar angesehen werden.

Der Sachverständige ### hat in seinem Gutachten vom 16.2.2007 diverse Mängel festgestellt und konnte nachvollziehbar und überzeugend darlegen, dass diese jeweils für den Feuchtigkeitsschaden mitverantwortlich waren. So hat der Sachverständige nachvollziehbar herausgearbeitet, dass die größeren Ursachen die Mängel der Dampfbremsenfolie – diese war an zahlreichen Stellen durchstoßen und die eigentlich erforderliche Abdichtung hat gefehlt – und die Mängel an der Dampfbremse waren.

Anders als die Beklagte zu 4) aber meint, hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, dass neben den vorgenannten Mängeln auch die nicht ausreichende Einblasdämmung und der Betrieb der Lüftungsanlage mit Überdruck einen nennenswerten Ursachenbeitrag gesetzt haben, während weitere Ursachen – fehlerhafte Dampfdiffusionsberechnung oder Flankendiffusionsproblematik – vernachlässigbare Ursachen gewesen seien.

Das überzeugt und es entspricht der alltäglichen Problematik bei komplexen Bauwerken, dass diverse Mängel bei der Entstehung eines größeren Gesamtschadens eine Rolle spielen. Ein Sachverständiger kann jeweils nur den mangelhaften “Ist-Zustand” ermitteln und aus sachverständiger Sicht darlegen, welcher Mangel dem Grunde nach geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Sodann kann der Sachverständige eine auf Grundlage seiner Sachkunde beruhende Einschätzung abgeben, ob ein Mangel so gravierend ist, dass andere Fehler vernachlässigbar sind oder aber ob gerade das Zusammenspiel der Mängel für den Schaden relevant wurde.

Die konkreten Darlegungen des Sachverständigen überzeugen. Die Schadensursache war eine nicht ausreichende Abdichtung, so dass Luftströmungen aus dem Rauminneren in die Dachkonstruktion gelangen konnten. Das liegt bei der Problematik der Dampfbremse, der ungenügenden Einblasdämmung aber auch bei dem Betrieb mit Überdruck letztlich auf der Hand, da hierdurch jeweils maßgeblich das Luftströmungsverhalten beeinflusst wird. Wenn nun der Sachverständige insoweit als Größenordnung für den Ursachenbeitrag 5 Prozent ermittelt hat, ist diese Größenordnung nicht zu beanstanden.

Es existiert kein Rechtssatz, dass ein Ursachenbeitrag von 5 % als rechtlich vernachlässigbar zu gelten hat. Zudem ist der Ansatz für den Senat so nicht verständlich, denn dies hätte zur Folge, dass derjenige, der einen größeren Ursachenbeitrag setzt, dann auch für Fehler der weiteren Beteiligten haften müsste. Das wird umso fragwürdiger, je größer ein Projekt wird und je mehr Verantwortliche daran beteiligt sind. Letztlich ist es eine sachverständige Bewertung, ob eine Ursache als vernachlässigbar ermittelt wird und genau das hat der Sachverständige an zwei Stellen nachvollziehbar dargelegt. Der Sachverständige hat diverse Mängel ermittelt, bestimmte als vernachlässigbar eingeschätzt und weitere als schadenskausal.

(3) Die jeweiligen Ansprüche sind gleichstufig.

Ein Gesamtschuldverhältnis setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass die Verpflichtungen der jeweiligen Schuldner nach der maßgeblichen Interessenlage des Gläubigers grundsätzlich inhaltsgleich sind und gleichstufig nebeneinander stehen; auf die Einzelheiten des Senatshinweises vom 9.3.2020 wird insoweit Bezug genommen.

aa. Im konkreten Fall haftet auf der einen Seite die Klägerin zu 1) als Architektin und sodann die Beklagte zu 4) als Werkunternehmerin.

bb. Soweit die Beklagte zu 4) meint, die Klägerin zu 1) als Architektin hafte monetär und sie als Unternehmerin zunächst auf Mangelbeseitigung, folgt der Senat dem nicht (auf die wertenden Erwägungen in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, IV Mitverantwortung der Baubeteiligten, Rnr. 118 wird Bezug genommen, die der Gesetzgeber durch Schaffung des § 650 t BGB letztlich bestätigt hat). Die Beklagte zu 4) verkennt an dieser Stelle, dass aufgrund des obigen Ausführungsfehlers diese wegen der Schäden an der Dachkonstruktion haftet; die Schäden an der Dachkonstruktion sind nicht mit dem Mangel – ungenügende Einblasdämmung – oder dem von der Beklagten zu 4) geschuldeten Werk identisch, d.h. es liegt ein Mangelfolgeschaden vor. Insoweit haftet die Beklagte zu 4) unmittelbar auf Schadensersatz (§ 634 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB).

(4) Für die Haftungshöhe ist zudem entscheidungserheblich, ob über § 254 BGB eine “verdrängende” Alleinhaftung der Klägerin zu 1) in Betracht kommt (vgl. insoweit Staudinger/Looschelders, 2017, BGB § 426 Rnr. 66).

Auf obige Ausführungen zur Kausalität wird Bezug genommen. Anders als die Beklagte zu 4), die allein auf die Verhältnisse zum Gesamtschaden abstellt, sind aus Sicht des Senats die Besonderheiten des Werkvertrags maßgeblich, bei dem diverse Unternehmer in völlig unterschiedlichem Umfang an der Entstehung eines Gesamtwerks mitwirken. Es würde “kleinere” Gewerkersteller völlig unbillig bevorteilen, würde man allein auf das Verhältnis zum Gesamtwerk abstellen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Bedeutung des Mangels zum konkret geschuldeten Gewerk, das Ausmaß der Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens u.s.w. Auch hat die Rechtsprechung die Geringfügigkeit über die “Unerheblichkeit” z. B. in § 323 Abs. 5 BGB konkretisiert.

Da im konkreten Fall der Ausführungsfehler der Beklagten zu 4) – zu geringer Umfang der Einblasdämmung – für deren Gewerk gravierend war, da die Abdichtung der zentrale Vertragsinhalt war, werden die Kosten nicht verdrängt.

(5) Das Erstgericht hat zutreffend die Hilfsaufrechnung der Beklagten zu 4) mit Ansprüchen aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht berücksichtigt.

Das Landgericht hat insoweit eine Billigkeitsentscheidung getroffen und ein Aufrechnungsverbot aus § 242 BGB angenommen. Das ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte zu 4) ist entgegen ihrer Rolle als Gesamtschuldnerin dem Rechtsstreit auf Seiten der Bauherrin beigetreten und ist damit “gegen ihre Mitgesamtschuldnerin” vorgegangen. Durch die Steigerung des Prozesskostenrisikos hat sie jedenfalls die aus dem Gesamtschuldverhältnis folgenden Rücksichtnahmepflichten verletzt. Ob hierdurch der Klägerin zu 1) ein eigenständiger Schadensersatzanspruch entstanden ist, kann offen bleiben, da jedenfalls eine Aufrechnung treuwidrig ist.

Die Berufung der Beklagten zu 4) ist daher zurückzuweisen.

b. Da der Sachverständige als Haftungsquote 5 Prozent ermittelt hat, das Landgericht aber – ohne tragfähige Begründung – hiervon abgewichen ist und 2,5 Prozent zu Grunde gelegt hat, ist auf die Anschlussberufung hin der Betrag zu verdoppeln.

c. Die weitergehende Anschlussberufung war zurückzuweisen:

(1) Das Erstgericht hat zutreffend die Prozesskosten im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs nicht berücksichtigt; der Senat nimmt insoweit auf die Grundsatzentscheidung des OLG München, 9 U 2596/11 Bezug.

Die Klägerinnen verkennen an dieser Stelle, dass die Klägerin zu 1) als Architektin auch auf Grundlage einer fehlerhaften Planung berechtigt in Anspruch genommen wurde. Im Verhältnis zur Bauherrin hat die Klägerin zu 1) keine denkbaren Einwendungen im Hinblick auf mögliche Ausführungsfehler der weiter am Bau beteiligten Personen. Bereits vor diesem Hintergrund der “parallelen Haftung” ist die ablehnende Haltung der Klägerin zu 1) ihrer eigenen Prozessrisikoentscheidung geschuldet.

(2) Der Klägerin zu 1) stehen keine mit der Anschlussberufung geltend gemachten Ansprüche zu.

Soweit die Beklagt zu 4) haftet, stehen Ausgleichsansprüche gemäß § 86 VVG allein der Klägerin zu 2) zu. Schadensersatzansprüche, die über die gewährten Versicherungsleistungen hinausgehen, bestehen gerade nicht, da die Beklagte zu 4) nur im Umfang der tenorierten 22.600,00 Euro haftet.

(3) Hinsichtlich der Abweisung der Feststellungsanträge nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidung des Erstgerichts.

Im Hinblick auf die Zeitdauer, die bisher geführten Rechtsstreitigkeiten und im Hinblick auf die eingeholten Gutachten ist nicht nachvollziehbar, warum weitere zu befürchtende Kosten im Raum stehen sollen. Letztlich findet sich – obwohl ein entsprechender Antrag gestellt wurde – auch keine Rechtfertigung hierzu in der Begründung der Anschlussberufung.

Die Anschlussberufung ist daher teilweise zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; der Ausspruch in Ziff. 3 “Rechtsstreit” umfasst auch das Berufungsverfahren.

Da dem Landgericht die Baumbach’sche Formel offenbar nicht bekannt ist, der Senat jedoch in die Kostenentscheidungen bezüglich der Beklagten zu1), 2) und 5) mangels deren Beteiligung am Berufungsverfahren nicht eingreifen will, beschränkt sich der Senat auf eine Abänderung der Kostenentscheidung des Landgerichts insoweit, als sie auf Grund der Abänderung des Ersturteils durch die Berufungsentscheidung zwingend geboten ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 3 ZPO i.V.m. §§ 47, 48 GKG.

Vergabe Planungsleistung Generalplaner LP 5-9 der HOAI – Neubau KiTa Hergershausen erfolgreich gestartet

Vergabe Planungsleistung Generalplaner LP 5-9 der HOAI – Neubau KiTa Hergershausen erfolgreich gestartet

Die Gemeinde Babenhausen plant eine erdgeschossige 6-gruppige Kindertagesstätte in dem Stadtteil Hergershausen. Die 6-Gruppen teilen sich derzeit in 4 Gruppen Ü3-Kinder und 2 Gruppen U3-Kinder auf. Für die Maßnahme steht ein Grundstück mit ca. 3.889 m2 zur Verfügung.

Die ausgeschriebene Leistung umfasst die Leistungsphasen 5-9:

– Objektplanung inkl. Inneneinrichtungsplanung gem. §34 ff. HOAI
– Freianlagenplanung gem. §38 ff. HOAI
– Tragwerksplanung gem. §49 ff. HOAI
– Planung der technischen Ausrüstung §55ff. HOAI
– Besondere Leistungen Objektplanung inkl. Inneneinrichtungsplanung gem. §34 ff. HOAI Leistungsphase 9 Objektbetreuung:
– Erstellen einer Gebäudebestandsdokumentation,
– Erstellen eines Instandhaltungskonzepts

Nach der Beauftragung ist von einem direkten Projektstart auszugehen.

Erweiterung der CMS Grundschule Tauberbischofsheim – Vergabe der Objektplanungsleistungen Leistungsphasen 2 bis 8 erfolgreich gestartet

Erweiterung der CMS Grundschule Tauberbischofsheim – Vergabe der Objektplanungsleistungen Leistungsphasen 2 bis 8 erfolgreich gestartet

Den Gegenstand des Verfahrens bilden Objektplanungsleistungen Leistungsphasen 2 bis 8 für das Vorhaben:

Erweiterung der Christian-Morgenstern-Schule – Grundschule (durch Aufstockung bzw. Anbau) und Sanierung des bestehenden Gebäudes für eine 1-zügige Ganztagesschule, mit der Option auf Zweizügigkeit zu erweitern.

Es erfolgt eine stufenweise Beauftragung:

Leistungsphasen 2-4

Leistungsphasen 5-8

Leistungsphase 9 gesondert

Teilnahmebedingungen sind wie folgt:

1)Befähigung zur Berufsausübung einschließlich Auflagen hinsichtlich der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister

Bewerber- oder Bietergemeinschaften sind zugelassen, jedoch mit der Vorgabe, dass eine durchgängige Projektleitung, einschließlich Bauleitung in gleichbleibender, personeller Besetzung zu gewährleisten ist.

Aus Gründen der Qualitätssicherung ist die Vergabe der Leistungsphase 8 an Nachunternehmer nicht gewünscht.

2)Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit

Im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bewerber stellt die Stadt TBB Anforderungen, die sicherstellen, dass die Bewerber über die erforderlichen wirtschaftlichen und finanziel-len Kapazitäten für die Ausführung des Auftrags verfügen. Zu diesem Zweck verlangt die Stadt TBB einen Mindestjahresumsatz der letzten 5 Jahre: durchschnittlich > 300.000,00 EUR/a.

Die Bestätigung eines Versicherers, dass für den Beauftragungsfall die Versicherung zugesagt wird, sollte als Nachweis ausreichend sein.

(2.000.000,00 EUR Personen- und 2.000.000,00 EUR sonstige Schäden, bzw. nach Bedarf)

3)Technische und berufliche Leistungsfähigkeit

Referenzen:

Als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers fordert die Stadt TBB die Vorlage geeigneter Referenzen über früher ausgeführte vergleichbare Dienstleistungsaufträge in Form einer Liste der erbrachten wesentlichen Dienstleistungen mit Angabe des Werts, des Erbringungszeitpunkts sowie des öffentlichen oder privaten Empfängers Dienstleistungsaufträge sind vergleichbar: Nutzungsart nicht nur Grundschulen, sondern Gebäude für Bildungseinrichtungen im weiteren Sinn, einzelne Leistungsphasen, die nicht im Grundschulbau nachgewiesen werden können, können mit alternativen Projekten nachgewiesen werden, mindestens 2 Projekte mit Fertigstellung der Projekte in den letzten 8 Jahren.

Technische Fachkräfte:

Abfrage der vorgesehenen technischen Fachkräfte

-> Qualifikation des Projektteams (bis zu 3 Beteiligte)

Studien- und Ausbildungsnachweise:

Bestätigung der Berufszulassung durch eine Architektenkammer

Beschäftigtenzahl:

geforderter Beschäftigtenzahl der letzten 5 Jahre: durchschnittlich mindestens 3

Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge:

Tag: 14/08/2023

Ortszeit: 11:00

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Von der Redaktion

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Verträge zwischen Arbeitsgemeinschaften und Projektträgern,

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Architekten- und Ingenieurverträge.

Darüber hinaus betrachten wir benachbarte Fragestellungen wie dem Bauplanungs-/ Bauordnungsrecht und dem Umweltrecht (Baulärm, Nachbarrecht, Bodenschutz).

Wir prägen die Fachliteratur zum VOB/B-Vertrag sowie dem BGB-Bauvertragsrecht.

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Ihre Redaktion

VORSPRUNG durch Knowhow
aus der PRAXIS für die PRAXIS

Öffentliches Baurecht – kurz belichtet

Öffentliches Baurecht – kurz belichtet

von Thomas Ax

Gehört eine am Ortsrand liegende Freifläche zum Siedlungsbereich?

BVerwG, Urteil vom 25.04.2023 – 4 CN 5.21

1. Ob eine diesseits der äußeren Grenzen der Ortslage belegene Freifläche dem Siedlungsbereich zuzuordnen ist und folglich im Wege des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB überplant werden kann, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung unter Beachtung siedlungsstruktureller Gegebenheiten.

2. § 13a BauGB umfasst über eine quantitative Vermehrung baulicher Nutzungsmöglichkeiten hinaus auch eine qualitative Entwicklung des Siedlungsbereichs, etwa durch Einbeziehung und Bewahrung von Grünflächen.

Doppelhaus muss Doppelhaus bleiben

VGH Bayern, Beschluss vom 27.06.2023 – 1 CS 23.583

1. Der Nachbarschutz bei Doppelhäusern im unbeplanten Innenbereich richtet sich nach dem Rücksichtnahmegebot. Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen den maßgeblichen Rahmen bilden, fügt sich ein grenzständiges Vorhaben grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, wenn es unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäudeteil ein Doppelhaus zu bilden.

2. Ein Doppelhaus ist anzunehmen, wenn zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden und beide Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden.

Kein Abwehranspruch gegen MFH in von EFH geprägtem Baugebiet

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2023 – 10 S 17/23

1. Die Nachbaranfechtung einer Baugenehmigung ist kein objektives Beanstandungsverfahren. Vielmehr sind nur solche Beeinträchtigungen des Nachbarn zu prüfen, die drittschützende Normen verletzen.

2. Der Gebietserhaltungsanspruch begründet kein Abwehrrecht gegen Mehrfamilienhäuser in einem bisher durch Einfamilienhäuser mit Gärten geprägten Wohngebiet.

3. Auch Gründe des Nachbarschutzes rechtfertigen es nicht, den Gebietserhaltungsanspruch der Sache nach systemwidrig auf Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung zu erweitern.

4. Das Nachbarrechtsgesetz regelt nur die privatrechtlichen Beziehungen der Grundstücksnachbarn untereinander. Öffentlich-rechtliche Vorschriften werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

Verwirkung bauaufsichtlicher Befugnisse nur im Ausnahmefall

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2023 – 10 N 22/23

1. Bauaufsichtliche Befugnisse können regelmäßig nicht verwirken.

2. Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt es der Bauaufsichtsbehörde lediglich, systemlos (bzw. planlos) oder willkürlich vorzugehen. Entschließt sie sich zu einem Einschreiten, so ist es ihr unbenommen, die Verhältnisse nach und nach zu bereinigen. Sie ist insbesondere nicht gehalten, eine Beseitigungsanordnung nur dann zu erlassen, wenn sie zuvor ermittelt hat, ob in dem Gebiet andere vergleichbare Baurechtsverstöße vorliegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es nicht, ein Einschreiten generell von derartigen Ermittlungen abhängig zu machen. Ebenso wenig bedarf es der vorherigen Festlegung einer Prioritätenfolge, wenn die Behörde gegen andere Fälle alsbald nach Bekanntwerden einschreitet.

Bordelle sind keine Vergnügungsstätten, sondern Gewerbebetriebe

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.06.2023 – 1 LA 112/22

1. Zur Auslegung einer Festsetzung in einem Bebauungsplan, die durch Regelbeispiele konkretisiert wird.

2. Bordelle und bordellartige Betriebe sind bauplanungsrechtlich keine Vergnügungsstätten, sondern als Gewerbebetriebe zu behandeln (Anschluss u. a. an BVerwG, Beschluss vom 05.06.2014 – 4 BN 8.14, IBRRS 2014, 2906).

Kaufvertrag ist keine Duldung einer baurechtswidrigen Nutzung

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.07.2023 – 7 A 1049/22

Mit dem Abschluss des Kaufvertrags als privatem Rechtsgeschäft gibt die Baubehörde nicht zu erkennen, dass sie sich auf Dauer mit der Existenz einer formell illegalen Nutzung abfinden wird.

LG KA: Ablehnungsersuchen kann grundsätzlich nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden

LG KA: Ablehnungsersuchen kann grundsätzlich nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden

vorgestellt von Thomas Ax

Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters vermögen nur objektive Gründe zu rechtfertigen, welche vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber (BGH, NJW 2011, 1358 Rn. 13; stRspr). Ein Ablehnungsersuchen kann grundsätzlich nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden (BGH, NJW-RR 2012, 61; OLG Karlsruhe, BeckRS 2014, 00314). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen – insbesondere verfassungsrechtlichen – Grundsätzen entfernen, dass sie aus Sicht der Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken (OLG Karlsruhe, BeckRS 2009, 9285; Musielak/Voit/Heinrich, 19. Aufl. 2022, ZPO § 42 Rn. 11; BeckOK ZPO/Vossler, 46. Ed. 1.9.2022, ZPO § 42 Rn. 17; je m.w.N.).- –

Gründe in der Person eines anderen als der Partei lassen die Unvoreingenommenheit eines Richters dann zweifelhaft erscheinen, wenn Anlass zu der Besorgnis besteht, dass sich das Verhältnis zu dem Dritten auf die Einstellung des Richters zu einem Prozessbeteiligten oder zum Gegenstand des Verfahrens auswirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 15.03.2011 – II ZR 237/09, juris Rn. 2; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.09.2022 – 2 W 47/22 –, Rn. 13, juris).- –

LG KA, Beschluss vom 28.7.23, 6 O 45/21

OLG Karlsruhe urteilt zur Frage der Haftung des Tragwerksplaners, wenn dieser zur Vorbereitung der geplanten Aufstockung eines Gebäudes vertraglich die Untersuchung einer Bestandsdecke übernimmt

OLG Karlsruhe urteilt zur Frage der Haftung des Tragwerksplaners, wenn dieser zur Vorbereitung der geplanten Aufstockung eines Gebäudes vertraglich die Untersuchung einer Bestandsdecke übernimmt

berichtet von Thomas Ax

Das OLG Karlsruhe hat sich mit Urteil vom 25.05.2023 – 19 U 64/22 zu der Frage geäußert, ob der Tragwerksplaner haftet, wenn dieser zur Vorbereitung der geplanten Aufstockung eines Gebäudes vertraglich die Untersuchung einer Bestandsdecke übernimmt.

Was war passiert?

Die Parteien haben am 04./07.07.2015 einen Vertrag über Tragwerksplanungsleistungen zu einem Honorar von EUR 3.000,00 zzgl. Nebenkosten und MwSt. geschlossen (K 1, AH I Kl. 1). Der Vertrag betraf “BV Umbau Wohnhaus A., K.”. Als Leistungen waren darin aufgeführt “Statische Berechnung für die geplante Aufstockung mit Untersuchung der OG-Decke, Ausführungspläne für die tragenden Teile des neuen Dachgeschosses”.

Unstreitig hat der Beklagte die Erstellung von Ausführungsplänen für die tragenden Teile geschuldet (und auch erbracht), dieser Teil des Vertrages steht nicht im Streit. Ebenfalls unstreitig geblieben ist der Vortrag des Beklagten, die Lasten der von ihm entworfenen Stahlrahmenkonstruktion seien direkt in die tragenden Außenwände abgeleitet worden, hieraus hätten sich keine zusätzlichen Lasten für die Bestandsdecke ergeben.

Unstreitig hat er keine Berechnung der Obergeschossdecke ausgeführt, und zwar weder zur Tragfähigkeit der Obergeschossdecke im tatsächlich vorhandenen Zustand noch zu der – nach Auffassung des Beklagten allein geschuldeten – potentiellen Traglast.

Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass die von dem Beklagten gefertigte statische Berechnung allein die neue Dachtragkonstruktion und den neuen Balkon betreffe, jedoch keine Berechnung zur Obergeschossdecke enthalte oder einen Vermerk, dass die Decke überprüft und für tragfähig befunden worden sei. Die handschriftliche Eintragung “Decke über OG lt. Bestandsstatik für p=2,0 kN/m² bemessen” im Schnitt der Positionspläne der neuen Dachkonstruktion stelle aus technischer Sicht keine statische Überprüfung der Decke über dem OG für den geplanten Dachausbau dar, sondern könne lediglich als entsprechender Hinweis verstanden werden, dass die streitgegenständliche Decke in der Bestandsstatik für eine Verkehrslast von 2 kN/m² bemessen sei. Diese Angabe sei im Übrigen auch als statischer Nachweis nicht ausreichend, da es sich nur um eine Verkehrslast handele, während auf Bauwerke nicht nur Verkehrslasten, sondern auch die ständigen Lasten, wie die Eigenlast der Tragkonstruktion und die ständigen Ausbaulasten, einwirkten.

Von welchem Vertragsinhalt und welchen Pflichten geht das OLG aus?

Nach dem Vertrag war auch eine Untersuchung der Decke über dem Obergeschoss geschuldet, die sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht darauf beschränkte, lediglich deren potentielle Traglast zu bestimmen bzw. aus den Bestandsplänen zu entnehmen, ohne dabei festzustellen, inwieweit diese Traglast schon verbraucht ist.

Woraus folgt dies?

Dies folgt aus der Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages (§§ 133, 157 BGB): So sieht der Vertrag bereits dem Wortlaut nach eine “Untersuchung der OG-Decke” vor. Dem wird das – durch den Umfang der von ihm erbrachten Leistung umgesetzte – sprachliche Verständnis des Beklagten, es sei lediglich geschuldet gewesen, die potentielle Traglast der Decke aus der Bestandsstatik zu übernehmen, nicht gerecht. Die Übernahme eines Wertes aus Bestandsplänen kann nicht als “Untersuchung” verstanden werden.

Hinzu kommt, dass der Auftraggeber einer Tragwerksplanung grundsätzlich kein Interesse daran hat, dass eine Statik ohne Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse vor Ort erstellt wird. Denn ihm kommt es darauf an, eine den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werdende Tragwerksplanung zu erhalten. Dies ist auch für den Tragwerksplaner ersichtlich (vgl. BGHZ 197, 252, zur Erstellung einer Statik ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Boden- und Grundwasserverhältnisse). Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass ein Umbau des Geschosses über einer Decke naturgemäß und erkennbar voraussetzt zu wissen, wie viel von deren potentieller Traglast tatsächlich bereits verbraucht ist, und nicht lediglich zu wissen, für welche Traglast die Decke ursprünglich konzipiert war, zumal es sich bei der Bimsbetonschicht nicht um einen ohne weiteres zu entfernenden Bodenaufbau handelte, mit dessen Abtrag im weiteren Bauablauf zu rechnen war.

Ist deshalb die erbrachte Planungsleistung mangelhaft?

Ja, urteilt das OLG. Die von dem Beklagten erbrachte Planungsleistung ist mangelhaft, da sie unvollständig ist.
Die Planung eines Tragwerksplaners ist mangelhaft, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist, § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB. Welche Beschaffenheit die Vertragsparteien vereinbart haben, ergibt die Auslegung des Vertrages (BGHZ 197, 252). Diese Auslegung ergibt bereits, dass von dem Beklagten eine statische Untersuchung der Obergeschossdecke geschuldet war.
Zudem gehören zur vereinbarten Beschaffenheit alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck des Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt. Die vereinbarte Beschaffenheit liegt danach nicht vor, wenn die Planung eines Architekten den nach dem Vertrag vorausgesetzten Zweck nicht erfüllt. Nichts anderes gilt für die Planung eines Tragwerksplaners (BGHZ 197, 252).

„Die angestrebte Funktion der Leistung des Beklagten lag ersichtlich darin, eine Entscheidungsgrundlage über die statischen Verhältnisse des Bestandes für die geplante Aufstockung des Hauses der Klägerin zu Wohnzwecken zu erhalten. Dies war für den Beklagten schon aufgrund des Auftragsinhalts (“BV Umbau Wohnhaus”) ersichtlich. Etwas anderes folgt im Übrigen nicht daraus, dass von Seiten der Klägerin oder ihrer damaligen Architekten dem Beklagten möglicherweise keine Pläne oder Informationen über die Art des geplanten Ausbaus im Einzelnen, insbesondere zum geplanten Bodenaufbau auf der Obergeschossdecke, zur Verfügung gestellt wurden. Denn ungeachtet dessen, dass der Beklagte sich solche Informationen hätte beschaffen können und müssen, wenn er sie für entscheidend gehalten hätte (vgl. BGHZ 197, 252), hätte der Beklagte auch ohne solche Unterlagen jedenfalls Feststellungen darüber treffen können, inwieweit die potentielle Traglast bereits durch den vorgefundenen Ist-Zustand ausgeschöpft ist.“
Diesem Vertragssoll wird die Leistung des Beklagten nicht gerecht.

Welche wie weitgehenden Feststellungen trifft das OLG?

Da die Beklagte die Feststellung der Pflicht zum Ersatz desjenigen Schadens begehrt, der ihr durch Unterbleiben eines bestimmten Hinweises – was im vorliegenden Fall mit der Unvollständigkeit der Stellungnahme gleichzusetzen ist – entstanden ist, bedarf es über die Feststellung der Unvollständigkeit der beauftragten Tragwerksplanung hinaus der Feststellung der weiteren Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs dem Grunde nach, insbesondere, wie das Ergebnis der beauftragten Untersuchung der Obergeschossdecke zutreffend hätte lauten müssen und wie die Klägerin sich für den Fall dieses Ergebnisses verhalten hätte. Denn nur dann lässt sich feststellen, ob und dass der Eintritt eines (Mindest-)Schadens jedenfalls wahrscheinlich ist.
Die im Rahmen eines unbezifferten Feststellungsantrags zu treffenden Feststellungen sind denjenigen eines Grundurteils im Fall einer Leistungsklage oder eines bezifferten Feststellungsantrages vergleichbar.
Ein Grundurteil (§ 304 Abs. 1 ZPO) darf nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind, und wenn nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (BGH NJW 2017, 265).
Dabei ist grundsätzlich über den gesamten Grund zu entscheiden (BeckOK/Elzer, ZPO, 48. Ed., Stand 01.03.2023 § 304 Rn. 10, 24). Eine nähere Konkretisierung, welche Einzelfragen dem Begriff des Grundes zuzuordnen sind, enthält § 304 Abs. 1 ZPO nicht ausdrücklich. Was der Anspruchsgrund in diesem Sinne ist, ergibt sich aber aus der Gegenüberstellung mit dem Begriff des Betrags. Da Grund und Betrag zusammen genommen eine Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch ergeben, sind alle relevanten Fragestellungen einem der beiden Begriffe zuzuordnen (Voit, NJW 2017, 203).

Wie hätte das Ergebnis der geschuldeten statischen Berechnung durch den Beklagten zutreffend lauten müssen?

Aus diesem Grund und aufgrund der Fassung des von der Klägerin gestellten Klageantrags ist zunächst festzustellen, wie das Ergebnis der geschuldeten statischen Berechnung durch den Beklagten zutreffend hätte lauten müssen. Ebenso wie ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Auskunftsvertrages bereits dem Grunde nach voraussetzt, dass die erteilte Auskunft unrichtig ist (BGH NJW-RR 2005, 928), kommt eine Haftung des Beklagten nur in Betracht, wenn die pflichtgemäße Vertragserfüllung des Beklagten der Klägerin begründete Veranlassung gegeben hätte, ihre Umbaupläne zu ändern oder von diesen abzusehen.
Die nach Auffassung der Klägerin vom Beklagten geschuldeten Hinweise bzw. Prüfungsergebnisse werden im Ergebnis auch vom Beklagten nicht bestritten, der lediglich der Auffassung ist, er habe die Untersuchung bereits dem Grunde nach nicht geschuldet:
„Eine Prüfungspflicht unterstellt, hat er unstreitig gestellt, dass die Hohlkörperdecke über dem Obergeschoss eine Tragfähigkeit von lediglich 250 kg/m² aufweist.
Ebenso unstreitig ist im Ergebnis, dass diese Traglast durch den vorhandenen, 15 cm starken Bimsbeton in den Deckenfeldern der Hohlkörperdecke bereits ausgeschöpft ist. Insofern war lediglich in den Tenor der klarstellende und kein Minus gegenüber dem Klageantrag darstellende Hinweis aufzunehmen, dass dies jedenfalls bei weiterer Berücksichtigung einer fiktiven Verkehrsnutzlast von 150 kg/m² der Fall ist. Denn es ist unstreitig, dass der Bimsbeton lediglich ca. 100 kg/m² wiegt und daher nicht bereits für sich genommen, sondern erst in Zusammenschau mit der unstreitig ebenfalls zu berücksichtigenden fiktiven Verkehrsnutzlast von 150 kg/m² die zulässige Traglast aufbraucht.
Schließlich ist nach Anhörung des Beklagten unstreitig, dass im jetzigen Zustand der aufzubringende Bodenbelag die Tragfähigkeit der Decke übersteigt und deshalb zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um das von der Klägerin geplante Vorhaben, das Dachgeschoss zu Wohnzwecken umzubauen, umzusetzen. Denn auch der Beklagte geht davon aus, dass ein Bodenaufbau (nur) mit 50 bis 100 kg/m² ausgeführt werden könne, so dass ein Bodenbelag nach dem derzeitigen Stand nicht ausgebracht werden könne, ohne zuvor den Bimsbeton zu entfernen oder andere Maßnahmen zu ergreifen.“

Entfällt die Kausalität der unterbliebenen Untersuchung und Hinweise bereits deshalb, weil die Leistung des Beklagten nicht erbracht war, es also gerade keine konkrete Berechnung gab, auf die die Klägerin vertrauen durfte?

Nein, nach zutreffender Auffassung des OLG.
Die Kausalität der unterbliebenen Untersuchung und Hinweise entfällt nicht bereits deshalb, weil die Leistung des Beklagten nicht erbracht war, es also gerade keine konkrete Berechnung gab, auf die die Klägerin vertrauen durfte. Ebenso wie sich der Tragwerksplaner nicht durch einen einseitigen formelhaften Hinweis freizeichnen kann, bestimmte Grundlagen seien vor Baubeginn vom Unternehmer oder der Bauleitung allein verantwortlich zu prüfen (so BGHZ 197, 252, für Grundwasserverhältnisse), entfällt nicht seine Haftung, wenn er – ohne einen Hinweis auf die Unvollständigkeit – eine Teilleistung nicht erbringt und dies seiner Leistung – wie hier – nicht ohne weiteres zu entnehmen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt der Erstellung und Übersendung der Leistungen des Beklagten die damaligen Architekten noch für die Klägerin tätig waren.
Auf die Frage, wie sich die Klägerin bei pflichtgemäßer Auftragserfüllung des Beklagten verhalten hätte, hat ihr mit Vollmacht zum Termin am 25.05.2023 erschienener Ehemann unbestritten erklärt, dass sie das Bauvorhaben dann nicht ausgeführt hätten. Dann ist davon auszugehen, dass jedenfalls ein Mindestschaden dadurch entstanden ist, dass die Umbauarbeiten mit Neuherstellung des Dachs gleichwohl ausgeführt wurden, der Innenausbau jedoch aufgrund der erst nachträglich bewusst gewordenen statischen Probleme eingestellt wurde. Die Klägerin hat den voraussichtlich entstandenen Schaden durch Mehrkosten erstinstanzlich mit EUR 10.000,00, zweitinstanzlich mit EUR 30.000,00 angegeben.

War eine Fristsetzung zur Nacherfüllung erforderlich?

Nein, nach zutreffender Auffassung des OLG.
Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war gemäß § 281 Abs. 2 2. Alt. BGB entbehrlich. Als die Klägerin die Unvollständigkeit der vorgelegten Tragwerksplanung zur Kenntnis nahm, hatte sie bereits weitere Ausbaumaßnahmen veranlasst. Durch eine Nachholung der fehlenden Teile der Tragwerksplanung wäre ein etwaiger Schaden daher nicht mehr verhindert worden (entsprechend auch OLG Köln, Urt. vom 14.05.2013, 15 U 214/11).

Handelte der Beklagte schuldhaft?

Ja, nach zutreffender Auffassung des OLG.

Den gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlichen Entlastungsbeweis hat er nicht erbracht. Insbesondere fehlt es an seinem Verschulden nicht deshalb, weil ihm nach seinen Angaben zum Zeitpunkt der Erstellung seiner Berechnung die Bimsbetonschicht nicht bekannt war. Bereits aus dem Sachverständigengutachten folgt, dass der Beklagte sich nicht darauf verlassen durfte, dass der Bau bei Errichtung so ausgeführt wurde, wie dies den Bestandsplänen bzw. der Bestandsstatik zu entnehmen war, und auch nachträglich nicht verändert wurde.

Kann der Beklagte der Klägerin einen Mitverschuldenseinwand zum Grund entgegenhalten?

Nein, nach zutreffender Auffassung des OLG.
Die Klägerin muss sich nicht deshalb einen Mitverschuldenseinwand entgegenhalten lassen, weil sie bzw. die von ihr ursprünglich beauftragten Planer dem Beklagten keine Unterlagen über den geplanten Fußbodenaufbau zukommen ließen. Zwar trifft den Bauherrn die Obliegenheit, dem Tragwerksplaner Pläne und Unterlagen für die Erstellung der Tragwerksplanung zur Verfügung zu stellen, die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen, so dass er sich ein Mitverschulden entgegen halten lassen muss, wenn diese Angaben unzutreffend sind (BGHZ 197, 252).

„Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dem Beklagten jedoch keine fehlerhaften, sondern gar keine Unterlagen zum geplanten Bodenaufbau überlassen. Ungeachtet dessen, dass der Beklagte diese bei der Klägerin hätte anfordern können und gegebenenfalls müssen, war für ihn ohne weiteres erkennbar, dass die Klägerin die Räumlichkeiten oberhalb der zu untersuchenden Decke zu Wohnzwecken umbauen wollte und daher jedenfalls ein bestimmter Tritt- und Luftschallschutz einzuhalten war (vgl. zur Minderung der Wohnungsmiete wegen unzureichenden Schallschutzes in vergleichbarem Fall BGH, NJW 2013, 2417).“

Also urteilt das OLG im Ergebnis wie?

Die Klägerin begehrt mit Erfolg die Feststellung, dass der Beklagte ihr auf Ersatz des Schadens haftet, der ihr durch den unterbliebenen Hinweis entstanden ist, dass bei ihrem Bauvorhaben in K., A., die Hohlkörperdecke über dem Obergeschoss eine Tragfähigkeit von lediglich 250 kg/m² aufweist, dass diese Traglast durch den vorhandenen, 15 cm starken Bimsbeton in den Deckenfeldern der Hohlkörperdecke bereits ausgeschöpft wird, dass der aufzubringende Bodenbelag die Tragfähigkeit der Decke daher übersteigt und dass deshalb zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um das von der Klägerin geplante Vorhaben, das Dachgeschoss zu Wohnraum umzubauen, umzusetzen.
Ein solcher Schadensersatzanspruch steht ihr gegen den Beklagten aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 3, 281 BGB dem Grunde nach zu.

Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung ist zügig und zur Mängelbeseitigung zu verwenden

Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung ist zügig und zur Mängelbeseitigung zu verwenden

von Thomas Ax

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Auftraggeber eines Bauvertrags vom Auftragnehmer Vorschuss für die zur Beseitigung von Mängeln erforderlichen Aufwendungen verlangen (BGH, Urteil vom 2. März 1967 – VII ZR 215/64, BGHZ 47, 272, 273). Der Anspruch bestand bereits vor seiner gesetzlichen Kodifizierung durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (§ 637 Abs. 3 BGB). Er wurde von der Rechtsprechung aus dem Kostenerstattungsanspruch gemäß § 633 Abs. 3 BGB, § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B, aus Billigkeitsgründen nach § 242 BGB und auch in Anlehnung an § 669 BGB entwickelt. Es wäre unbillig, wenn der Auftraggeber sich nach Erschöpfung der für das Bauwerk vorgesehenen Gelder zusätzliche Mittel für Aufwendungen beschaffen müsste, die im Ergebnis der Auftragnehmer zu tragen hat (BGH, Urteil vom 13. Juli 1970 – VII ZR 176/68, BGHZ 54, 244, 247; Urteil vom 5. Mai 1977 – VII ZR 36/76, BGHZ 68, 372, 378; Urteil vom 14. April 1983 – VII ZR 258/82, BauR 1983, 365). Der Auftraggeber erhält durch die Vorschusszahlung die Möglichkeit, die Mängelbeseitigung ohne eigene Mittel zu betreiben.

Der Besteller hat Anspruch auf Ersatz aller Aufwendungen, die nach Maßgabe des vertraglich geschuldeten Werkerfolgs zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Werks erforderlich sind. Maßstab für die Erforderlichkeit der Aufwendungen sind diejenigen Maßnahmen, die ein wirtschaftlich denkender Bauherr, aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung, ergreifen würde. Zur konkreten Kostenbestimmung kommen, neben einer Bewertung durch Sachverständige, auch die durch ein Alternativ-Unternehmen, etwa auf Grund eines Kostenvoranschlags, kalkulierten Aufwendungen in Betracht. Schließlich kann auch eine sorgfältige Schätzung erfolgen, um die Kosten der Mängelbeseitigung zu bestimmen.

Außerdem kann auf den Wortlaut des § 635 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden. Nach dieser nicht abschließenden Auflistung hat der Unternehmer die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. 

Auch diese Auflistung ist allerdings nicht abschließend. Vielmehr sind alle Aufwendungen hinzuzurechnen, die zur nachhaltigen Mängelbeseitigung notwendig sind. Erstattungsfähig können deshalb auch Sachverständigen-, Planungs- und Regiekosten sein. Umstritten ist, ob Kosten für die Hotelunterbringung während der Mangelbeseitigung zu den Mangelbeseitigungskosten gehören oder ob diese – wie z.B. auch ein evtl. verbleibender merkantiler Minderwert – zu den sogenannten Mangelfolgeschäden gehören und separat zu beanspruchen sind.Der Vorschuss ist zweckgebunden und muss für die Mängelbeseitigung verwendet werden. Geschieht dies innerhalb angemessener Frist nicht, entsteht ein vertraglicher Rückerstattungsanspruch (aus dem Werkvertrag selbst als aus sich aus Treu und Glauben ergebende Nebenpflicht, § 242 BGB). Es handelt sich also nicht um einen Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB). Der Anspruch entsteht, wenn der Besteller den Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen, was der Unternehmer darlegen und beweisen muss. Für ihn kann aber eine widerlegbare Vermutung streiten, wenn eine angemessene Frist für die Beseitigung der Mängel abgelaufen ist und der Auftraggeber binnen dieser Frist noch keine Maßnahmen zur Mängelbeseitigung ergriffen hat. Dann wird der Rückzahlungsanspruch fällig.

Der Auftraggeber muss seine Aufwendungen für die Mängelbeseitigung nachweisen, über den erhaltenen Kostenvorschuss Abrechnung erteilen und den für die Mängelbeseitigung nicht in Anspruch genommenen Betrag zurückerstatten (BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 – VII ZR 320/87, BGHZ 105, 103, 106). Es entsteht also ein Rückforderungsanspruch des Auftragnehmers in Höhe des nicht zweckentsprechend verbrauchten Vorschusses. Dieser Anspruch ist kein Bereicherungsanspruch, sondern ein ebenfalls aus Treu und Glauben entwickelter Anspruch aus dem Vertragsverhältnis (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1985 – VII ZR 266/84, BGHZ 94, 330, 334; Mantscheff, BauR 1985, 389, 395; Kniffka, ibr-online-Kommentar, Stand 26. Mai 2009, § 637 Rdn. 84; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1605; Achilles-Baumgärtel, Der Anspruch auf Kostenvorschuss im Gewährleistungsrecht, S. 99 f. m.w.N. auch zur Gegenmeinung).

Unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf Rückforderung des Vorschusses entsteht, hat der Bundesgerichtshof noch nicht abschließend geklärt. Diese Voraussetzungen werden in der Literatur unterschiedlich formuliert (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam/Mansfeld, VOB, 11. Aufl., B § 13 Rdn. 137; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1607; Ingenstau/Korbion-Wirth, VOB-Kommentar, 16. Aufl., B § 13 Nr. 5 Rdn. 205; Kapellmann/Messerschmidt-Weyer, VOB Teile A und B, 2. Aufl., B § 13 Rdn. 276; Donner in Franke/ Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB, 3. Aufl., B § 13 Rdn. 178). Unklar scheint insbesondere zu sein, inwieweit eine Rückforderung begründet ist, wenn der Auftraggeber den Vorschuss ganz oder teilweise nicht binnen angemessener Frist zur Mängelbeseitigung verwendet hat.

Maßgeblich für das Entstehen des Rückforderungsanspruchs ist der Wegfall des mit der Vorschusszahlung verbundenen Zweckes. Der Vorschuss wird dem Auftraggeber zweckgebunden zur Verfügung gestellt, damit dieser die Mängelbeseitigung vornimmt. Steht fest, dass die Mängelbeseitigung nicht mehr durchgeführt wird, so entfällt die Grundlage dafür, dass der Auftraggeber die ihm zur Mängelbeseitigung zur Verfügung gestellten Mittel behält. Der Rückforderungsanspruch wird zu diesem Zeitpunkt fällig. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber seinen Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 1984 – VII ZR 167/83, BauR 1984, 406, 408 = ZfBR 1984, 185). Dass der Auftraggeber den Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen, muss der Auftragnehmer darlegen und beweisen. Für ihn kann eine widerlegbare Vermutung streiten, wenn die angemessene Frist für die Beseitigung der Mängel abgelaufen ist und der Auftraggeber binnen dieser Frist noch keine Maßnahmen zur Mängelbeseitigung ergriffen hat (Kniffka, ibr-online Kommentar, Stand 26. Mai 2009, § 637 Rdn. 87; Kohler in Beck’scher VOB-Komm., 2. Aufl., B § 13 Nr. 5 Rdn. 167).

Eine Rückzahlungspflicht entfällt allerdings, wenn der Auftraggeber mit seinem Schadensersatzanspruch wegen der Mängel aufrechnet (BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 – VII ZR 320/87, BGHZ 105, 103, 106). Auch kann der Schadensersatzanspruch, wenn auch seine sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, mit der Rechenschaft über die Verwendung des Vorschusses in der Weise verknüpft werden, dass der Besteller die Höhe der notwendigen Nachbesserungskosten dartut, ohne nachweisen zu müssen, ob, wie und in welchem Umfang die Mängel tatsächlich beseitigt worden sind (BGH, Urteil vom 24. November 1988 – VII ZR 112/88, BauR 1989, 201, 202).

Hat der Auftraggeber die Mängelbeseitigung durchgeführt, so muss er den Vorschuss abrechnen. Ergibt die Abrechnung einen Überschuss für den Auftraggeber, ist dieser an den Auftragnehmer zu zahlen (BGH, Urteil vom 20. Mai 1985 – VII ZR 266/84, BGHZ 94, 330, 334; Urteil vom 7. Juli 1988 – VII ZR 320/87, BGHZ 105, 103, 106). Der Rückforderungsanspruch wird jedenfalls mit Vorlage der Abrechnung fällig. Er wird aber auch ohne Vorlage einer Abrechnung fällig, wenn diese dem Auftraggeber möglich und zumutbar ist. Ist das ausnahmsweise nicht der Fall, kann eine Rückforderung noch nicht verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 1990 – VII ZR 150/89, BGHZ 110, 205, 209 zu dem Fall, dass der Hauptunternehmer noch Vorschuss vom Nachunternehmer verlangen kann, weil der Besteller den an ihn gezahlten Vorschuss noch nicht abgerechnet hat).

Ein Rückforderungsanspruch entsteht auch dann, wenn der Auftraggeber die Mängelbeseitigung nicht binnen angemessener Frist durchgeführt hat (Messerschmidt/Voit-Moufang, Privates Baurecht, § 637, Rdn. 40; Kniffka/ Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 6. Teil Rdn. 114; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1607; Ingenstau/Korbion-Wirth, VOB-Kommen-tar, 16. Aufl., B § 13 Nr. 5 Rdn. 205; Mantscheff, BauR 1985, 389, 396; Koeble, Festschrift für Jagenburg, S. 371, 373). Denn die Zweckbindung erschöpft sich nicht allein darin, dass der Auftraggeber Mittel zur Mängelbeseitigung erhält. Er kann mit der Mängelbeseitigung nicht beliebig lange warten oder diese unangemessen verzögern. Vielmehr hat er diese Mittel im Interesse des Auftragnehmers an einer endgültigen Abrechung in angemessener Frist zu verwenden. Ist die Mängelbeseitigung binnen der angemessenen Frist nicht durchgeführt, ist der Zweck des Vorschusses in ähnlicher Weise verfehlt wie in dem Fall, dass die Mängelbeseitigung überhaupt nicht mehr stattfindet. Es ist auch dann grundsätzlich gerechtfertigt, den Rückforderungsanspruch entstehen zu lassen.

Welche Frist für die Mängelbeseitigung angemessen ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu ermitteln, die für diese maßgeblich sind (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 5. April 1984 – VII ZR 167/83, BauR 1984, 406, 408). Eine Anknüpfung an starre Fristen, wie sie teilweise in der Literatur genannt werden (Ingenstau/Korbion-Wirth, VOB-Kommentar, 16. Aufl., B § 13 Nr. 5 Rdn. 205; Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 4. Aufl, Teil 7 Rdn. 1386), verbietet sich von vornherein.

Der Auftraggeber muss die Mängelbeseitigung ohne schuldhaftes Zögern in Angriff nehmen und durchführen. Es kann aber nicht allein darauf abgestellt werden, in welcher Zeit ein Bauunternehmer üblicherweise die Mängel beseitigt hätte. Vielmehr ist auch auf die persönlichen Verhältnisse des Auftraggebers abzustellen, dem die Mängelbeseitigungsmaßnahmen durch den Auftragnehmer dadurch aufgedrängt werden, dass dieser die Mängelbeseitigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist vorgenommen oder sie sogar endgültig verweigert hat. Insoweit müssen insbesondere auch die Schwierigkeiten berücksichtigt werden, die sich für den Auftraggeber ergeben, weil er in der Beseitigung von Baumängeln unerfahren ist und hierfür fachkundige Beratung benötigt. Mit Rücksicht darauf, dass der Auftragnehmer durch seine Vertragswidrigkeit die Ursache dafür gesetzt hat, dass der Auftraggeber die Mängelbeseitigung nunmehr selbst organisieren muss, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen. Zweifel gehen insoweit zu Lasten des Auftragnehmers, der den Ablauf einer angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung unter Berücksichtigung einer sekundären Darlegungslast des Auftraggebers zu seinen persönlichen Umständen darzulegen und zu beweisen hat.

Ein Rückforderungsanspruch kann nach den vorstehenden Erwägungen auch entstehen, wenn der Auftraggeber nach Ablauf der angemessenen Frist zwar mit der Mängelbeseitigung begonnen, diese jedoch nicht zum Abschluss gebracht hat. In diesen Fällen ist zu berücksichtigen, dass der Auftragnehmer nach Treu und Glauben gehindert sein kann, sein Recht durchzusetzen. Der Auftraggeber kann solche Einwände gegen die Durchsetzung des Rückforderungsanspruchs nach Ablauf einer angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung geltend machen, die sich aus den Besonderheiten des Vorschusses und seiner Zweckbindung herleiten und aus denen sich ein unabweisbares Interesse daran ergibt, den Vorschuss trotz Ablauf der für die Mängelbeseitigung angemessenen Frist nicht zurückzahlen zu müssen. Diese Einwände muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen. Allein der Umstand, dass ein gewisser Betrag der Mängelbeseitigungskosten verbraucht ist, ist allerdings kein Grund, den Rückforderungsanspruch in Höhe des nicht verbrauchten Teils zu versagen. Dem Auftragnehmer ist es grundsätzlich nicht zuzumuten, nach Ablauf der angemessenen Frist für die Mängelbeseitigung die Ungewissheit hinzunehmen, ob und wie die Mängelbeseitigung fortgesetzt wird. Der Auftraggeber ist dadurch nicht rechtlos gestellt. Er kann nach erfolgter Mängelbeseitigung seinen Kostenerstattungsanspruch geltend machen oder auch mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen. Ein von der Revision für den Fall angenommenes Leistungsverweigerungs-recht, dass der Auftraggeber die Arbeiten zu Ende führen will, besteht hingegen nicht.

Dagegen ist der Vorschuss nicht zurückzuzahlen, soweit er im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zweckentsprechend verbraucht worden ist. Denn der Auftragnehmer hat kein schützenswertes Interesse daran, dasjenige ausgezahlt zu bekommen, was er dem Auftraggeber als Kostenerstattung ohnehin schuldet. Würde er den Rückforderungsanspruch durchsetzen wollen, würde er gegen den allgemein anerkannten Grundsatz verstoßen, dass sich derjenige treuwidrig verhält, der einen Leistungsanspruch durchsetzt, obwohl er verpflichtet ist, das Erlangte sofort wieder herauszugeben: dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est (BGH, Urteil vom 21. Mai 1953 – IV ZR 192/52, BGHZ 10, 69, 75; Urteil vom 21. Dezember 1989 – X ZR 30/89, BGHZ 100, 30, 33; vgl. Weyer, BauR 2009, 28, 30, 31).

Ähnlich liegt der Fall, dass der Auftraggeber zwar die Kosten noch nicht hatte, diese ihm jedoch deshalb entstehen werden, weil er bereits Unternehmer mit der Mängelbeseitigung beauftragt hat. Auch in diesem Fall verstieße der Auftragnehmer, der trotz Zahlung des Vorschusses grundsätzlich zur Mängelbeseitigung verpflichtet bleibt, gegen Treu und Glauben, wenn er dem Auftraggeber diejenigen Mittel entziehen würde, die dieser für die Bezahlung der bereits beauftragten Unternehmer benötigt. Es sind auch andere Fälle denkbar, die einen Rückforderungsanspruch ausschließen, wie z.B. der Fall, dass zwar Drittunternehmer noch nicht beauftragt sind, deren Beauftragung aber nach der Überzeugung des Gerichts unmittelbar bevorsteht, etwa weil wichtige Gewerke betroffen sind, die ohne Zweifel sofort zu erledigen sind.

Dass der Auftraggeber die Mängelbeseitigung insgesamt verzögert hat, fällt nicht entscheidend ins Gewicht, wenn feststeht, dass weitere Kosten alsbald entstehen. Dem Umstand, dass durch die Verzögerung eine Verteuerung der Mängelbeseitigung eintreten kann, wird dadurch Rechnung getragen, dass der Auftraggeber nur die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten in Ansatz bringen kann und Verteuerungen durch vermeidbare Verzögerungen nicht erforderlich in diesem Sinne sind (vgl. OLG Frankfurt, BauR 1983, 156, 161).

BGH zur Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots

BGH zur Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots

vorgestellt von Thomas Ax

Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist danach unter anderem verpflichtet, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und – soweit er eine zentrale Frage des Verfahrens betrifft – in den Gründen zu bescheiden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2023 – VII ZR 882/21 Rn. 11, juris; Beschluss vom 17. Juni 2020 – VII ZR 111/19 Rn. 17, BauR 2020, 1679 = NZBau 2020, 573). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (BGH, Beschluss vom 23. April 2015 – VII ZR 163/14 Rn. 19, BauR 2015, 1325; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. April 2013 – VII ZR 37/12 Rn. 9, juris; BVerfG, Beschluss vom 10. Februar 2009 – 1 BvR 1232/07, NJW 2009, 1585, juris Rn. 21).

BGH, Beschluss vom 29.03.2023 – VII ZR 7/22

Gründe

I.

Die Kläger begehren von dem Beklagten zu 1 Kostenvorschuss zur Beseitigung von Mängeln an einem Schwimmbecken.

Die Kläger beauftragten den Beklagten zu 1 am 16. November 2010 im Rahmen der Baumaßnahme “Umbau und Fertigstellung einer Villa mit Hallenbad, TG, etc.” mit den kompletten Haustechnikarbeiten gemäß Angebot vom 22. Oktober 2010 betreffend Heizung, Lüftung, Sanitär unter Verwendung der Schwimmbadtechnik des Herstellers O. GmbH & Co. KG (nachfolgend: “O.   “). Die Beklagte zu 2 beauftragten die Kläger mit der Planung und Bauleitung unter anderem der Schwimmbadtechnik für den Einbau des Schwimmbads in ihrem privaten Wohnhaus.

Mit der Installation der durch die O. gelieferten Schwimmbadtechnik beauftragte der Beklagte zu 1 die Streithelferin als Nachunternehmerin.

Am 28. November 2011 wurde das Schwimmbad in Betrieb genommen, am 12. Dezember 2011 erfolgte die Abnahme der Schwimmbadtechnik unter Vorbehalt des Austauschs von eingebauten Scheinwerfern und am 21. Dezember 2011 die Abnahme der gesamten Leistung des Beklagten zu 1, also der Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärarbeiten einschließlich der Schwimmbadtechnik, unter Vorbehalt von geringfügigen Mängeln.

Nachdem eine Reparatur der Scheinwerfer durch die Streithelferin bei laufendem Betrieb des Schwimmbads im Januar 2012 nicht gelungen war, wurde das Schwimmbecken am 19. Februar 2012 entleert. Am Folgetag führte die Streithelferin eine Reparatur durch, woraufhin die Unterwasserscheinwerfer zunächst wieder funktionstüchtig waren.

Kurze Zeit nach der Wiederbefüllung entstanden schwarze Verfärbungen im Bereich der Fugen des Schwimmbeckens. Der pH-Wert des Wassers unterschritt in der Folgezeit viermal deutlich den erlaubten Wert. Überprüfungen durch einen Mitarbeiter der O.    führten nur kurzfristig zu einer Verbesserung. Im Rahmen eines vierten Termins stellte der Mitarbeiter der O.    fest, dass ein Schlauch der Dosieranlage für den pH-Wert fälschlicherweise in die Dosierlanze eingeschoben war.

Anfang Mai 2013 begann sich das Wasser des Schwimmbeckens grünlich zu verfärben.

Die Kläger haben die Beklagten zu 1 und 2 vor dem Landgericht auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung bzw. Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagten zu 1 und 2 nach Beweisaufnahme gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 139.313,30 € zuzüglich Zinsen verurteilt und die Verpflichtung zum Ersatz bezüglich darüber hinausgehender zur Mängelbeseitigung notwendiger Aufwendungen und Schäden aufgrund näher bezeichneter Mängel an der Schwimmbadanlage festgestellt.

Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zu 2 hat das Berufungsgericht die Verurteilung aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 2 entschieden worden ist; die Berufung des Beklagten zu 1 hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Beschwerde des Beklagten zu 1, der seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgen möchte.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil des Beklagten zu 1 entschieden worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs des Beklagten zu 1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

1. Das Berufungsgericht hat – soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse – ausgeführt, dass den Klägern gegen den Beklagten zu 1 ein Kostenvorschussanspruch in Höhe von 139.313,30 € gemäß § 637 Abs. 1 und 3, § 634 Nr. 2 BGB zustehe. Das Schwimmbad erweise sich als mangelhaft im Sinne des § 633 Abs. 2 Nr. 2 BGB, da schwarze Verfärbungen aufgetreten seien, die eindeutig auf einen Pilzbefall zurückgingen. Dieses Wachstum beruhe auf dem über einen längeren Zeitraum erfolgten Ausfall der pH-Regulierung. Ursache sei ein abgeknickter Dosierschlauch der pH-Dosierung gewesen.

Dabei könne dahinstehen, ob der Defekt des abgeknickten Dosierschlauchs schon zum Zeitpunkt der Abnahme vorhanden gewesen oder ob er während der verschiedenen Scheinwerferaustauscharbeiten oder im Rahmen der weiteren Mängelbeseitigungsarbeiten entstanden sei, da in allen Fällen die Verantwortung bei dem Beklagten zu 1 liege. Die Beweislast für die Verantwortlichkeit für einen Mangel gehe zwar mit Abnahme auf den Bauherrn über; den Klägern sei aber der Beweis für ihre Behauptung gelungen, dass nur der Beklagte zu 1 oder dessen Erfüllungsgehilfen für den Defekt an der pH-Dosierung verantwortlich seien.

Selbst wenn die Dosierlanze erst später im Rahmen von Mängelgewährleistungsarbeiten hineingeschoben worden sein sollte, müsse der Beklagte zu 1 hierfür einstehen. Ein Verschulden eines Mitarbeiters der O.    müsse er sich nach § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen.

2. Mit dieser Begründung verletzt das Berufungsgericht, wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rügt, in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Beklagten zu 1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist danach unter anderem verpflichtet, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und – soweit er eine zentrale Frage des Verfahrens betrifft – in den Gründen zu bescheiden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2023 – VII ZR 882/21 11, juris; Beschluss vom 17. Juni 2020 – VII ZR 111/19 Rn. 17, BauR 2020, 1679 = NZBau 2020, 573). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (BGH, Beschluss vom 23. April 2015 – VII ZR 163/14 Rn. 19, BauR 2015, 1325; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. April 2013 – VII ZR 37/12 Rn. 9, juris; BVerfG, Beschluss vom 10. Februar 2009 – 1 BvR 1232/07, NJW 2009, 1585, juris Rn. 21).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt im Streitfall eine Verletzung des Anspruchs des Beklagten zu 1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor.

aa) Soweit sich die Beschwerde allerdings mit Gehörsrügen gegen die Feststellung des Berufungsgerichts wendet, Ursache für die schwarzen Verfärbungen sei ein abgeknickter Dosierschlauch der pH-Dosierung gewesen, hat der Senat diese Gehörsrügen geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.

bb) Erfolg hat die Beschwerde jedoch mit der Rüge, die Würdigung des Berufungsgerichts, eine etwaige Verantwortlichkeit der O.    für die genannte Ursache aufgrund der von ihrem Mitarbeiter nach der Abnahme vorgenommenen Arbeiten sei dem Beklagten zu 1 gemäß § 278 Satz 1 BGB zuzurechnen, beruhe auf gehörswidrig getroffenen Feststellungen. Der Beklagte zu 1 hat bereits in erster Instanz unter Beweisantritt (Zeuge G.     ) geltend gemacht, dass die Kläger einen eigenständigen Wartungsvertrag unmittelbar mit der O.    geschlossen hätten und dass die nach der Abnahme erbrachten Vor-Ort-Arbeiten des Mitarbeiters der O.    im Rahmen dieses Wartungsvertrags und nicht auf Veranlassung des Beklagten zu 1 erfolgt seien. Dieses Beweisangebot hat der Beklagte zu 1 in der Berufungsbegründung vom 21. Dezember 2020 – verbunden mit der Rüge eines Gehörsverstoßes durch das Landgericht – wiederholt. Das Berufungsgericht hat den angebotenen Beweis gehörswidrig nicht erhoben. Soweit das Berufungsgericht aus dem Anlagenkonvolut K 35 gefolgert hat, dass es sich bei den von der O.    vorgenommenen Arbeiten um Mängelgewährleistungsarbeiten gehandelt habe, rechtfertigt diese Erwägung das Absehen von der Erhebung des beantragten Zeugenbeweises nicht, weil dies auf eine prozessual unzulässige vorweggenommene tatrichterliche Beweiswürdigung hinausliefe, die ebenfalls gegen Art. 103 1 GG verstieße (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2015 – VII ZR 163/14 Rn. 20, BauR 2015, 1325).

c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten zu 1 und Erhebung des von diesem in der Berufungsbegründung angebotenen Beweises (Zeuge G.     ) zu einem für den Beklagten zu 1 günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Da das Berufungsgericht ausdrücklich offengelassen hat, ob der Defekt an der Dosieranlage schon im Zeitpunkt der Abnahme vorhanden war oder erst später durch den Mitarbeiter der O.    herbeigeführt worden ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Erhebung des genannten Zeugenbeweises angenommen hätte, dass die Vor-Ort-Arbeiten des Mitarbeiters der O.    auf der Grundlage eines selbständigen Wartungsvertrags zwischen den Klägern und der O.    erbracht wurden und ein hierbei entstandener Defekt dem Beklagten zu 1 nicht über § 278 Satz 1 BGB zugerechnet werden könnte.

III.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten zu 1 entschieden worden ist, und der Rechtsstreit ist im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO).

Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich gegebenenfalls mit dem Beschwerdevorbringen (Rn. 63 ff. der Beschwerdebegründung vom 11. Oktober 2022) bezüglich des Mitverschuldenseinwands zu befassen, den der Beklagte zu 1 sowie die Streithelferin in den Vorinstanzen erhoben haben.

OLG Dresden: Putz löst sich von den Wänden: Keine Mängelhaftung trotz fehlender Bedenkenanzeige

OLG Dresden: Putz löst sich von den Wänden: Keine Mängelhaftung trotz fehlender Bedenkenanzeige

vorgestellt von Thomas Ax

Der Auftragnehmer haftet nicht für die Ablösung des Putzes von den Wänden, wenn die Ursache hierfür nicht auf eine mangelhafte Leistung zurückzuführen ist, sondern auf eine Restfeuchte in den Betonnestern hinter den Polystyrolelementen, und eine Bedenkenanzeige durch den Auftragnehmer nicht veranlasst war.
OLG Dresden, Urteil vom 23.09.2022 – 22 U 1625/21

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten aus einem Bauvertrag vom 07./14.01.2014 über das Gewerk Innenputz zum Bauvorhaben “Einfamilienhaus …allee .. in O1” nach der Beseitigung von angezeigten Mängeln Aufwendungsersatz i.H.v. 41.143,01 EUR. Wegen des unstreitigen Sachverhaltes, des streitigen Vortrages sowie der Antragstellung der Parteien in erster Instanz wird auf den übersichtlichen Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.07.2021 abgewiesen. Zwar stehe außer Streit, dass in verschiedenen Räumen des von der Klägerin erbauten Einfamilienhauses Putz großflächig hohl lag und von den Wänden zu fallen drohte. Eine Ablösung des Putzes von den Wänden sei jedoch nicht auf eine mangelhafte Werkleistung des Beklagten zurückzuführen; eine Bedenkenanzeige durch ihn sei nicht veranlasst gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 23.07.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 04.08.2021 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 16.09.2021 begründet. Sie habe im Anschluss an das Beweissicherungsverfahren bei dem Labor … GmbH (M…) ein weiteres Gutachten zur Materialuntersuchung vom 28.10.2020 (Anlage K 13) eingeholt zur Aufklärung des Widerspruchs, warum bei ca. 30 % des Innenputzes dieser großflächig keine Bindungswirkung zu Mauerwerk erzielt habe und deshalb großflächig abgefallen sei. Nach dem Gutachten (SV1) empfehle der Hersteller des Gipsputzes eine Verwendung von Betonkontakt für sein Gipsputz nicht; vielmehr werde das unstreitig verwendete Betonkontaktmittel Primo Color nur als Haftbrücke zur Verbesserung der Putzhaftung auf schalglatten Beton und für gipshaltige Maschinenputze empfohlen. Der Gerichtssachverständige SV2 habe nicht geprüft, ob das verwendete Betonkontaktmittel für den hier vorliegenden Untergrund aus Styropor geeignet sei. Diesen Widerspruch habe das Landgericht nicht aufgeklärt und sei daher zu fehlerhaften Schlussfolgerungen hinsichtlich der Mangelverursachung gekommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Leipzig, Az.: 02 O 2361/20 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 41.143,01 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.12.2020) zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Die Behauptung des Sachverständigen SV1 in dem von der Klägerin beauftragten Untersuchungsbericht vom 28.10.2020, die Firma F1 GmbH empfehle einen Betonkontakt nicht, sei substanz- und zusammenhangslos sowie ohne jedwede Quellenangabe in den Raum geworfen. Zudem hätte sich der Putz – hätte es keine kraftschlüssige Verbindung gegeben – sofort und nicht Jahre später abgelöst. Da kein roter Betonkontakt an der Putzunterseite der Proben festgestellt worden sei, müsse es entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen SV2 über einen längeren Zeitraum durch Austritt von Restfeuchte im Wandkern (Beton) zur Zerstörung der Gipskristalle und damit zur Ablösung des Putzes vom Betonkontakt gekommen sein.

Vor Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hat der Senat nach § 358a ZPO mit Beweisbeschluss vom 02.11.2021 den erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen SV2 beauftragt, seine gutachterlichen Feststellungen aus dem vor dem Landgericht Leipzig im selbständigen Beweisverfahren (Az.: 02 OH 37/18) erstellten Gutachten vom 10.12.2019 sowie aus der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2019, die das Landgericht im hiesigen Ausgangsverfahren (Az.: 02 O 2361/19) zur Grundlage seiner Entscheidung genommen hat, zu ergänzen. Insbesondere sollte der Sachverständige zu den von der Klägerin im Berufungsschriftsatz vom 15.09.2021 in Bezug genommenen fachlichen Ausführungen aus dem von ihr eingeholten Gutachten des Herrn SV1, Labor … GmbH vom 28.10.2020 (Anlage K 13) gutachterlich Stellung nehmen und darlegen, ob sich an dem Ergebnis seiner erstinstinzlichen Feststellungen hierdurch Änderungen ergeben. Dabei sollte er zudem auf einzelne, vom Senat besonders hervorgehobene Punkte näher eingehen.

Der Sachverständige erstellte sein ergänzendes Gutachten unter dem 02.03.2022. Während der Beklagte hierzu in der Folge keine Stellung genommen hat, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.05.2022 zusätzliche Fragen an den Sachverständigen gerichtet. Zudem hat sie die Frage aufgeworfen, ob nicht ein ergänzendes Sachverständigengutachten eingeholt werden müsse.

Darüber hinaus trägt die Klägerin mit dem Schriftsatz vom 04.05.2022 – erstmals, in der Folge aber unbestritten – vor, dass die Parteien einen (als Anlage zum Schriftsatz beigefügten, GA 118) Rahmenvertrag abgeschlossen hätten, der auch für die streitgegenständliche vertragliche Vereinbarung gelte und nach dem die Oberfläche für die Herstellung des Innenputzes vor Beginn der Arbeit mit einem Stahlbesen scharf abzufegen sei.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.07.2022 hat der Senat den Sachverständigen ergänzend angehört. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 08.07.2022 Bezug genommen.

Mit entsprechend nachgelassenem Schriftsatz vom 16.08.2022 hat die Klägerin zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen. Zudem hat sie erstmalig den Beklagtenvortrag aus der mündlichen Verhandlung bestritten, wonach dieser in den vergangenen Jahren bei den rund 200 verputzten Häusern die von ihm näher beschriebene Technologie angewandt habe, wonach er immer den Teil der Putzflächen, den er an dem Tag schaffen konnte, aufgeraut habe, während er den anderen Teil mit Betonkontakt vorbehandelt habe. Sie beruft sich ferner darauf, dass der Beklagte keine Feuchtemessung durchgeführt habe und nach den vertraglichen Vereinbarungen sämtliche Flächen mit einem Stahlbesen scharf abzufegen hatte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil, die zu den Akten gelangten Schriftsätze samt Anlagen sowie den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 511 ZPO statthafte und zulässige, insbesondere gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Auf den hier maßgeblichen Bauvertrag vom 07. / 14.01.2014 über das Gewerk Innenputz zum Bauvorhaben “Einfamilienhaus …allee … in O1”, in dem die Parteien nicht die Geltung der VOB/B vereinbart haben, ist das Werkvertragsrecht des BGB (§§ 631 ff.) in seiner bis zum 31.12.2017 (und damit vor Einführung der §§ 650a ff. BGB) geltenden Fassung anzuwenden.

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die streitgegenständliche Ablösung des Putzes von den Wänden – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht auf eine mangelhafte Werkleistung des Beklagten zurückzuführen ist und eine Bedenkenanzeige durch ihn nicht veranlasst gewesen ist.

Nach den §§ 633, 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB kann die Klägerin als Bestellerin wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer – hier der Beklagte – die Nacherfüllung zu Recht verweigert (hat).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme scheitert der Anspruch der Klägern bereits daran, dass das Werk des Beklagten – Aufbringen eines neuen Innenputzes – nicht mangelhaft gewesen ist.

Hierzu hatte bereits das Landgericht im angefochtenen Urteil überzeugend ausgeführt, dass sich nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen SV2 vom 10.12.2019 aus dem beigezogenen selbständigen Beweisverfahren des Landgerichts Leipzig (Az.: 02 OH 37/18) sowie dessen Ausführungen aus der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2019 nicht bestätigt habe, dass der Mangel des Putzes durch den Beklagten zu vertreten sei. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil zunächst vollumfassend Bezug genommen werden.

Die hiergegen von der Klägerin mit der Berufung geltend gemachten Einwendungen greifen nach dem Ergebnis der weiteren durch den Senat vorgenommenen Beweisaufnahme nicht durch. Auch nach dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen SV2 vom 02.03.2022 und dessen informatorischer Anhörung im Termin zu mündlichen Verhandlung vom 08.07.2022 steht zur Überzeugung des Senats (weiterhin) fest, dass die Klägerin eine mangelhafte Werkleistung des Beklagten nicht nachgewiesen hat.

a) Insbesondere hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gerade nicht ergeben, dass das unstreitig verwendete Betonkontaktmittel “Primo Color” als Haftbrücke auf den streitgegenständlichen Wandoberflächen aus Styropor bzw. Polystyrol (Schalsteine des Herstellers Ax) ungeeignet gewesen ist.

Der Sachverständige SV2 hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht, dass die ergänzenden Fragen der Klägerin aus ihrer Berufung keinen Anlass geben, seine Ausführungen aus der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2019 sowie aus seinem schriftlichen Gutachten vom 10.12.2019 zu ändern. Nach seinen Feststellungen, insbesondere dem technischen Merkblatt der Haftbrücke “Primo Color”, handelt es sich bei diesem Produkt um eine “gefüllte, quarzhaltige Emulsion mit Feinputzcharakter auf Acrylbasis zur Herstellung von Haftbrücken im Innenbereich”. Es sei deshalb für die Verarbeitung auf nicht oder kaum saugfähigen Untergründen vorgesehen. Dazu zählten Beton und das hier verwendete Polystyrol. Eine Unverträglichkeit oder eine zu geringe Haftung liege hier nicht vor; denn bei der Bauteilöffnung sei eine ausreichende Haftung gerade festgestellt worden. Die Grundierung auf dem Polystyrol habe eine einwandfreie Haftung gehabt. Problematisch gewesen sei lediglich die Haftungsvermittlung zwischen Grundierung und Putz. Zwar habe die Ablösung des Gipsputzes genau auf der Oberfläche des Betonkontakts stattgefunden; dies lasse sich jedoch dadurch erklären, dass es aufgrund der bereits im Erstgutachten festgestellten Restfeuchte im Beton und deren verzögerter Diffusion durch das Polystyrol zu einer Umkristallisation gekommen sei. Insofern habe die Grundierung die Feuchte über einen längeren Zeitpunkt zusätzlich zurückgehalten, sodass sie erheblich länger habe einwirken können. Dadurch seien die Kristalle zu anderen modifiziert wodurch, wodurch die Haftung verloren gegangen sei.

Der Senat schließt sich in seiner Überzeugungsbildung vollumfänglich den Ausführungen des Sachverständigen SV2 an. Dieser hat sein Gutachten überzeugend und gut nachvollziehbar, ohne Widersprüche und Lücken erstattet sowie die Umstände zu den Ursachen, die zur Ablösung des Putzes an den Wandflächen des streitgegenständlichen Objekts geführt haben, so klar und verständlich dargelegt, dass der Senat diesem ohne Mühe folgen konnte.

Es steht daher zur Überzeugung des Senats fest, dass Ursache der Ablösung des Putzes die Restfeuchte in den Betonnestern hinter den Polystyrolelementen gewesen ist. Da diese aber nicht der Beklagte zu verantworten hat, sondern die Klägerin, kommt eine Mängelhaftung des Beklagten diesbezüglich nicht in Betracht.

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 16.08.2022 hat der Beklagte den Mangel der Putzoberflächen auch nicht deshalb zu vertreten, weil er eindeutige Vorgaben für die Vorbereitung der Oberflächen aus dem zwischen Klägerin und Beklagten bestehenden Rahmenvertrag (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 04.05.2022, GA 118) verletzt hätte.

Zwar ist richtig, dass es dort unter dem Abschnitt ‘Leistungsumfang der Innenputzarbeiten’ heißt, dass “die Wandflächen … vor dem Putzauftrag mit einem Stahlbesen scharf abzufegen” seien. Gleichzeitig heißt es jedoch in dem vorhergehenden Abschnitt ‘Grundsätzlich gelten’: “Der Auftragnehmer hält strikt die Verarbeitungsvorschriften des Putzherstellers ein.” Insofern erweisen sich die vertraglichen Vorgaben für den Beklagten als widersprüchlich. Denn nach dem technischen Merkblatt zu dem hier verwendeten Putz “Baumit 2000” (Anlage B 2, dort Unterpunkt “Untergrund”) waren “die Betonflächen (max. Betonfeuchte 3 Gew.-%) und andere glatte, nicht saugfähige Untergründe, mit einem geeigneten Haftvermittler, z. B. BetonKontakt, vor(zu)behandeln”. Folgerichtig hatte der Beklagte, da er sich strikt an die Verarbeitungsvorschriften des Putzherstellers zu halten hatte, einerseits einen Haftvermittler aufzutragen, aber andererseits auch die Wandflächen vor dem Putzauftrag mit einem Stahlbesen scharf abzufegen. Insofern räumt die Klägerin (zu Recht) selbst ein, dass beides gleichzeitig nicht möglich bzw. sinnvoll ist. Besteht aber ein offensichtlicher Widerspruch, kann dem Beklagten nicht vorgehalten werden, dass er die deutlich strenger gehaltene Vorgabe aus dem Rahmenvertrag (strikte Einhaltung der Verarbeitungsvorschriften des Putzherstellers) eingehalten hat.

c) Schließlich liegt auch kein Mangel der Werkleistung darin bzw. kann dem Beklagten auch nicht vorgeworfen werden, er habe keine Feuchtemessung durchgeführt.

Unabhängig davon, dass die Durchführung einer entsprechenden Feuchtemessung zwischen den Parteien streitig geblieben ist, hat der Sachverständige im Termin zur Überzeugung des Senats ausgeführt, dass aufgrund der diffusionsbremsenden Eigenschaft des verwendeten Polystyrols Duotherm unmittelbar vor Durchführung des Verputzens nicht damit zu rechnen war, dass die Feuchtigkeit aus den Betonnestern bereits zu einer überhöhten Feuchtigkeit im Polystyrol geführt hätte. So hat der Sachverständige auf Vorhalt der Klägerseite ausdrücklich ausgeführt, dass, wenn der Beklagte seinerzeit mit einem Messgerät 2 cm unterhalb der Oberfläche des Polystyrols gemessen habe, die Feuchtigkeit ohne weiteres darunter gelegen haben könnte, da die Schichtdicke immerhin 54 m betrage. Zu einer tieferen Messung wäre der Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, da nach Aussage des Sachverständigen die Feuchte auf dem Putzgrund zu messen ist, wobei Putzgrund “Oberfläche Styropor” bedeutet.

III.

Eine Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

V.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 3 ZPO, §§ 43, 47, 48 GKG.

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