Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt

OLG Hamburg zur Frage, ob ein Planer sich auf verschiedene Bauvergabestrategien einstellen muss

OLG Hamburg zur Frage, ob ein Planer sich auf verschiedene Bauvergabestrategien einstellen muss

vorgestellt von Thomas Ax

Die Vorgabe des Auftraggebers, dass sowohl für den Fall der Einzelgewerks- als auch für den Fall der GU-Vergabe zu bieten ist und er sich vorbehält, die konkrete Vergabestrategie erst der nach Auftragsvergabe an die Planer (hier: nach Abschluss der Leistungsphase 4) festzulegen, führt in einem Verhandlungsverfahren nicht zu einem Verstoß gegen das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Transparenz der Leistungsbeschreibung. Es existiert kein Verbot, dem Auftragnehmer vertraglich (selbst erhebliche) Wagnisse aufzuerlegen. Es ist daher – bis zur Grenze der Unzumutbarkeit – zulässig, dem Auftragnehmer auch solche Risiken aufzubürden, die nach dem gesetzlichen Leitbild grundsätzlich den Auftraggeber treffen. Der Auftraggeber hat bei der Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens einen weiten Ermessensspielraum. Er kann festlegen, wie viele Verhandlungs- und Angebotsrunden es gibt, wobei er diese Entscheidung auch in Abhängigkeit vom Ablauf des bisherigen Verfahrens treffen kann, solange er die Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung beachtet.

OLG Hamburg, Beschluss vom 20.03.2023 – 1 Verg 3/22

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen vom 27. Juli 2022, mit dem auf einen Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 8. April 2022 das Vergabeverfahren in den Stand vor Versendung der Vergabeunterlagen zurückversetzt und der Antragsgegnerin für den Fall fortbestehender Beschaffungsabsicht aufgegeben worden ist, die Aufforderung zur Abgabe eines Erstangebots unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu fassen.

Das verfahrensgegenständliche Vergabeverfahren betrifft den seitens der Antragsgegnerin mit Gesamtbaukosten in Höhe von Euro 425.000.000 geplanten Neubau der … Klinik A. und hat insoweit den

“Hochbaulichen Realisierungswettbewerb mit freiraumplanerischem Anteil, mit Teilnahmewettbewerb und nachgeschaltetem Verhandlungsverfahren gem. VgV”

zum Gegenstand.

Das Vergabeverfahren war seitens der Antragsgegnerin bereits mit Bekanntmachung vom 28. Juni 2019 ausgeschrieben worden, die Antragstellerin hatte sich hieran neben sieben weiteren Teilnehmern in der Weise beteiligt, dass sie binnen der bis zum 13. November 2019 gesetzten Frist einen Wettbewerbsbeitrag abgegeben hatte, der in der nachfolgenden Wertung des vorgesehenen Preisgerichts am 19. Dezember 2019 sodann einstimmig den ersten Preis gewann. Zwei weitere Wettbewerbsbeiträge konkurrierender Teilnehmer wurden jeweils mit dem dritten Preis ausgezeichnet, die verbleibenden fünf weiteren Wettbewerbsbeiträge wurden nicht ausgezeichnet.

In der Wettbewerbsbekanntmachung (Ordner 1 der Vergabeakte, Dok.Nr. 2019-OJS1…) wurde die geplante Beschaffung dahingehend beschreiben, dass die Planung auszugehen hatte von einem Flächenbedarf von ca. 150.000 m² (in der Folge nach Funktionsbereichen näher aufgegliederter) Bruttogeschossfläche.

Von der ausgelobten Wettbewerbssumme sollten Euro 160.000 (Euro 80.000 1. Preis, Euro 50.000 2. Preis, Euro 30.000 3. Preis) als Preisgeld, Euro 240.000 als Aufwandsentschädigung (zu verteilen zu gleichen Teilen an die maximal acht teilnehmenden Planungsteams) zur Verfügung stehen.

Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen, wobei in die Wertung das “Wettbewerbsergebnis” zu 45%, der “fachliche Wert” zu 15%, die “Qualität” zu 15%, die “Kommunikation/Verfügbarkeit” zu 5% und das “Honorarangebot” zu 20% einfließen sollten.

Im Abschnitt VI der Wettbewerbsbekanntmachung erklärte die Antragsgegnerin, dass sie

“einen der Preisträger mit der weiteren Bearbeitung der Planungsleistungen gem. § 33 HOAI und § 38 HOAI – mindestens der Leistungsphasen 2 bis 4 und Teile der Leistungsphase 5 (mindestens 15%) … beauftragen (werde)”, wie “die Beauftragung … stufenweise erfolgen sollte)”.

In der beigefügten Zuschlagmatrix (Dokument 1…) wurden zu den Kriterien 2 – 4 (Fachlicher Wert, Qualität, Kommunikation und Verfügbarkeit) jeweils nähere Bewertungsmerkmale angeführt. In den ebenfalls veröffentlichten Verfahrenshinweisen finden sich nähere Angaben zur Punktvergabe betreffend die einzelnen Kriterien. Hinsichtlich des Kriteriums Honorar wird darauf verwiesen, dass das günstigste Angebot mit 10 Punkten und ein Angebot ab dem doppelten Betrag dieses Angebotes mit 0 Punkten bewertet werden würde, während die Punkte dazwischenliegender Angebote durch lineare Interpolation ermittelt werden würden.

Die Antragsgegnerin hat das Vergabeverfahren danach erst mit einem Bieterleitfaden vom 24. August 2021 (im Ordner 11 der Vergabeakte) weitergeführt, mit dessen Übersendung an die Antragstellerin diese zugleich aufgefordert wurde, bis zum 27. September 2021 ein erstes indikatives Angebot abzugeben, auf dessen Grundlage sich dann ankündigungsgemäß Verhandlungen der verbliebenen Wettbewerber mit der Antragsgegnerin anschließen sollten.

Mit der Aufforderung zur Abgabe des indikativen Angebotes wurden auch ein “Leistungsbild Einzelgewerksvergabe” und ein “Leistungsbild Generalunternehmervergabe” übermittelt (Ordner 11 Vergabeakte). In beiden waren jeweils die zu erbringenden Grundleistungen und besonderen Leistungen aufgeführt. Beigefügt waren Preisblätter sowohl für den Fall der Einzelgewerks- als auch für den Fall der GU-Vergabe.

Im mit übermittelten Entwurf des Architektenvertrags war in Ziffer 1.2., 3. Absatz, das Gesamtbudget “auf Preisbasis 2. Quartal 2020” für die Kostengruppen 200 – 700 gem. DIN 276 auf Euro 425.000.000 beziffert, wobei “Budgetvorgaben der AG zwingend einzuhalten …” waren. Unter Ziffer 1.4. war bestimmt, dass die Auftraggeberin sich die Entscheidung, ob das Vorhaben im Wege der Einzelgewerks- oder GU-Vergabe durchgeführt werden solle, Vorbehalte, was von der Auftragnehmerin zu unterstützen sei, die für beide Arten der Leistungserbringung zur Verfügung stehe. Unter Ziffer 3.1.2.1. war nochmals niedergelegt, dass der Auftragnehmer die Gesamtbaukosten von Euro 425.000.000 einzuhalten habe, die allerdings auf Basis 2015 = 100 an den Index für Wohngebäude des Statistischen Bundesamtes gekoppelt sein sollten. Für nicht von ihm zu vertretende Überschreitungen der Kostenobergrenze sollte der Auftragnehmer nicht haftbar sein (Ziffer 3.1.2.3). Gem. Ziffer 4.1. sollte der Auftraggeber die Vergabestrategie nach Abschluss LP 3 treffen, behielt sich jedoch eine Änderung der Strategie vor, wobei der Auftraggeber die einzelnen Leistungsstufen bzw. Leistungsphasen “einzeln/optional” beauftragen sollte, ohne dass insoweit ein Rechtsanspruch bestehen sollte.

Im Bieterleitfaden (Ziffer 2.1.) wurde näher ausgeführt, dass die Vergabestelle für beide möglichen Leistungsbilder (Einzelgewerks- oder GU-Vergabe) ein Honorarangebot erhalten wolle, weshalb beide Preisblätter unter Berücksichtigung der Angebotsvorstellungen des Bieters auszufüllen seien. Weiter war darauf hingewiesen, dass sämtliche Leistungen, inclusive der “besonderen Leistungen” zu bepreisen seien. Sodann fand sich eine “Grobschätzung” der anrechenbaren Kosten.

Die Antragstellerin reichte fristgerecht ein indikatives Angebot mit einer Honorarsumme in Höhe von brutto Euro 41.016.603,19 ein (im Ordner 14 der Vergabeakte); zum Vertragsentwurf merkte sie dabei an (Ordner 14 der Vergabeakte, Dokument 1926-21…), dass die Kostenobergrenze von Euro 425.000.000 die Baukostensteigerung seit dem 2. Quartal 2019 nicht berücksichtige; für den Fall der GU-Vergabe bilde die Kostenobergrenze zudem die deutlich höheren Kosten der GU-Vergabe nicht ab. Zudem beanstandete sie, dass die “besonderen Leistungen” nicht näher beschrieben seien; zu den optionalen besonderen Leistungen “Analyse zu Alternativen/Varianten inkl. Kosten”, “Aufstellen und Fortschreiben vertiefte Kostenberechnung” und “Fortschreiben von Raumbüchern” bemängelte die Antragstellerin Unklarheiten. Auch hinsichtlich der “besonderen BIM-Leistungen” wies die Antragstellerin auf Unklarheiten hin (a.a.O., Punkte 34 – 55). In den von ihr eingereichten Preisblättern setzte die Antragstellerin für die “besonderen Leistungen” durchweg einen Erinnerungswert von Euro 1 ein.

Es schlossen sich am 2. November 2021 jeweils etwa zweistündige Verhandlungstermine der Antragsgegnerin sowohl mit der Antragstellerin als auch mit den beiden weiteren verbliebenen Mitwettbewerbern an (Protokoll im Ordner 16 der Vergabeakte). Hierbei war der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass es voraussichtlich noch einen Termin geben werde, an dem weitere Honorar- und Vertragsfragen geklärt werden sollten, danach solle ein überarbeitetes Angebot und ggf. im Anschluss daran noch ein finales Angebot abgefragt werden. Befragt zur ihrer Meinung zur Vergabestrategie erklärten die Mitarbeiter der Antragstellerin, dass der Markt aktuell schwierig und eine GU-Vergabe für den Auftraggeber häufig teurer sei als eine Einzelvergabe, weshalb sie die letztere präferieren würden (Seite 5 Mitte des Protokolls des Gesprächs vom 2. November 2021); zu den “besonderen Leistungen”, zu denen sie im Preisblatt jeweils nur Euro 1 eingesetzt hatte, bat die Antragstellerin um Präzisierung des Leistungsbildes. Für die Antragstellerin nahm an diesem Gespräch zur Klärung von Fragen zum Vertrag auch Herr Rechtsanwalt Dr. S. teil, wobei – wegen der fortgeschrittenen Zeit und des Umfangs der Anmerkungen der Antragstellerin zum Vertrag – “sofern erforderlich” ein gesonderter Termin stattfinden sollte.

Insoweit fand am 7. Dezember 2021 noch eine einstündige Videokonferenz zwischen der durch (u.a.) Rechtsanwalt Dr. S. vertretenen Antragstellerin und der Antragsgegnerin statt.

In diesem wies die Antragstellerin wiederum darauf hin, dass das Projektbudget nicht mehr mit dem im Zuge des Wettbewerbs erstellten Funktions- und Raumprogramm in Übereinstimmung gebracht werden könne; sachgerecht erscheine es ihr daher, als Planungsziel entweder die Einhaltung des Budgets oder aber des gewünschten Raum- und Funktionsprogramms zu definieren, da ansonsten keine harte Kostenobergrenze vereinbart werden könne (Protokoll der Termins vom 7. Dezember 2021, zu Ziffer 1.2. u.a.; Ordner 18 der Vergabeakte, Dokument 21…). Die Antragstellerin äußerte die Befürchtung, haftungsrechtlich an einer für die Einzelgewerksvergabe aufgestellten Kostenberechnung gemessen zu werden, die mit den Kosten einer späteren GU-Vergabe nicht mehr in Einklang zu bringen sei.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2021 (im Ordner 19 der Vergabeakte) forderte die Antragsgegnerin sodann bis zum 12. Januar 2022 zur Abgabe eines fortgeschriebenen Honorarangebots auf, diesem Aufforderungsschreiben waren neben einem überarbeiteten Vertragsentwurf unter anderem Anlagen zu sieben Leistungsbildern beigefügt (a.a.O.), die honorartechnisch zu bewerten seien, und zwar hinsichtlich mehrerer Leistungsbilder sowohl unter der Annahme der Einzelvergabe der betreffenden Grundleistungen als auch alternativ unter der Annahme der Beauftragung eines Generalunternehmers.

In dem beigefügten, überarbeiteten Vertragsentwurf (Ordner 19 der Vergabeakte, Dokument 2-2…) war weiterhin (§ 1, Ziffer 1.2.) ein Gesamtbudget der Kostengruppen 200 – 700 der DIN 276 mit Euro 425.000.000 vorgegeben die zuvor enthaltene zwingende Verpflichtung des Antragsnehmers, dieses Budget einzuhalten bzw. wenn möglich zu unterschreiten, war hingegen gestrichen und statt dessen aufgenommen, dass den Parteien bewusst sei, dass eine Umsetzung der

“Qualitäten und Quantitäten des Wettbewerbsentwurfs für das vorgenannte Budget nicht ohne weiteres möglich”

sei. Daher sei in LP 2 von den Vertragsparteien partnerschaftlich in Abstimmung mit den Fachplanern eine Vorplanung zu erstellen, die die Budgetvorgaben bestmöglich abbilde. Hinsichtlich der “Quantitäten/Qualitäten” war in § 3, Ziffer 3.1.1 bestimmt, dass sich der Auftragnehmer verpflichte, die entsprechenden Ziele

“nach Möglichkeit unter Beachtung der Ziffer 1.2 … umzusetzen.”

In § 3 Ziffer 3.1.2.1 wurde schließlich niedergelegt, dass die Einhaltung der Programmkosten das primär zu beachtende Planungsziel sei und der Auftragnehmer sich verpflichte, an der Zielerreichung nach besten Kräften mitzuwirken. Soweit

“im Zuge des Planungsfortschritts der Vorplanung erkennbar (werde), dass das Planziel ausschließlich durch Qualitäts- und Quantitätsreduzierungen erreicht werden (könne), (werde) die bzw. der AN der AG geeignete Einsparmaßnahmen vorschlagen und diese in Abstimmung mit der AG in die Planung integrieren.”

Hiergegen erhob die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28. Dezember 2021, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 3. Januar 2022, eine Rüge (im Ordner 22 der Vergabeakte, Dokument 21…), mit der sie zunächst zu den Optionalen Besonderen Leistungen gem. §§ 33 und 38 HOAI beanstandete, dass es an einer eindeutigen und erschöpfenden Beschreibung der nachgefragten Leistungen im Sinne des § 121 GWB fehle, eine seriöse Preiskalkulation sei deshalb nicht möglich, dies gelte namentlich mit Blick auf die Kalkulation von Pauschalpreisen und den Bezug einzelner Leistungen durch Dritte. Im Übrigen gebe es für ein Wahlrecht der Antragsgegnerin als Auftraggeberin hinsichtlich der Einzelgewerkvergabe oder alternativ der Generalunternehmervergabe keine rechtliche Grundlage, die Ausschreibung verstoße insoweit gegen die Gebote der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit.

Bereits mit Schreiben vom 7. Januar 2022 (a.a.O.) half die Antragsgegnerin der Rüge der Antragstellerin in der Weise ab, dass nunmehr auch das bis zum 12. Januar 2022 einzureichende Angebot weiterhin als indikatives Angebot eingereicht werden dürfe, es werde nach dem 12. Januar 2022 sodann kurzfristig gesondert zur Abgabe eines finalen Angebots aufgefordert werden.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2022 (Ordner 20 der Vergabeakte, Dokument 1926-2…) meldete die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin sodann weiteren Verhandlungsbedarf insbesondere zu dem seitens der Antragsgegnerin erstellten Vertragsentwurf an. Konkret beanstandete sie, dass weiter die Gefahr nicht passender Kosten/Pauschalhonorare bestehe, in den LP 1 – 4 die Leistungen für GU- und Einzelgewerksvergabe immer noch gleich seien und auch ab LP 5 ff. die Leistungsbilder in der GU-Variante nicht hinreichend spezifiziert seien: die Kosten der “besonderen Leistungen” seien nicht hinreichend schätzungsfähig, ohnehin sei der Katalog der “besonderen Leistungen” zu umfangreich, üblich und empfehlenswert seien nur insgesamt sechs (näher benannte) “besondere Leistungen”.

Darüber hinaus erhob die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 12. Januar 2022 (a.a.O., Dokument 2…) eine weitere Rüge, die darauf zielte, dass die Besonderen Leistungen, für die jeweils ein Pauschalpreis angeboten werden solle, in weiten Teilen inhaltlich ungenau beschrieben seien, die Vergabeunterlagen seien insofern nach wie vor mangelhaft. Hinsichtlich der gegenüber dem Vertragsentwurf der Antragsgegnerin erhobenen Rüge wies die Antragstellerin darüber hinaus darauf hin, dass die kalkulierten Gesamtbaukosten in Höhe von Euro 425.000.000 mit Blick auf zwischenzeitliche Kostensteigerungen bereits überholt seien, überdies bilde der Vertragsentwurf die Szenarien der Einzelgewerkvergabe bzw. der Generalunternehmervergabe alternativ ab, obwohl die Generalunternehmervergabe deshalb zu deutlich höheren Kosten führe, weil der Generalunternehmer dem Bauherrn erhebliche eigene Leistungen und Risiken abnehme. Der sich daraus ergebende Widerspruch zwischen Kostenobergrenze und inhaltlichen Anforderungen auf der anderen Seite führe damit zu einer Unschlüssigkeit der Vergabeunterlagen. Da der Vertrag in der nunmehr aktuellen Fassung vorgebe, dass Quantitäten und Qualitäten “nach Möglichkeit unter Beachtung der Ziff. 1.2” umzusetzen seien, sei völlig unklar, was geplant werden solle.

Parallel zu diesen Rügeschreiben übermittelte die Antragstellerin der Antragsgegnerin am 12. Januar 2022 ein indikatives Zweitangebot (Ordner 20 der Vergabeakte), das nunmehr mit einem Honorarvolumen von brutto Euro 42.003.800,83 abschloss.

Am 8. Februar 2022 führte die Antragsgegnerin die Bewertung der drei eingereichten Angebote durch; in das hierzu unter dem 14. Februar 2022 erstellte Protokoll hat die Antragstellerin – mit Ausnahme der Teile, die Informationen zu den Angeboten ihrer Wettbewerber enthalten – im Rahmen der Vergabe vor der Vergabekammer Akteneinsicht erhalten. In der tabellarisch erfassten Bewertung zu den Kriterien 2 – 4 der Zuschlagmatrix finden sich unter Ziffer 2b, 2c und 3d Bezugnahmen auf Aussagen im Rahmen des mündlichen Verhandlungstermins vom 2. November 2021.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin teilten der Antragstellerin anschließend mit Schreiben vom 24. März 2022 (im Ordner 22 der Vergabeakte, Dokument 22…) mit, dass der Rüge nicht abgeholfen werde. Die aktualisierten Preisblätter seien auf der Grundlage des durchgeführten VgV-Verfahrens erstellt worden, die Mitbewerber der Antragstellerin seien offenbar in der Lage, den Leistungsbeschreibungen durch einen ggf. erforderlichen Kalkulationszuschlag Rechnung zu tragen. Hinsichtlich des Vertragsentwurfs gelte, dass eine Einhaltung der zu Grunde gelegten Budgetobergrenze nicht ohne weiteres als möglich erscheine, es solle deshalb in der Leistungsphase 2 gemäß HOAI eine Vorplanung entwickelt werden, die die Budgetplanung bestmöglich abbilde, ggf. könne das Raumprogramm aus dem Architektenwettbewerb nicht mehr maßgeblich sein, wenn es für das zur Verfügung stehende Budget nicht mehr realisierbar sei. Es sei vornehmliches Ziel, die Budgetobergrenze einzuhalten, unter dieser Voraussetzung könne es auch zu einer Reduzierung von Quantitäten und Qualitäten kommen, dementsprechend werde die Kostenobergrenze erst mit den Leistungsphasen 2 oder 3 verbindlich vereinbart.

Mit Blick darauf, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin, ungeachtet der von dieser am 12. Januar 2022 erhobenen zweiten Rüge, bereits mit Schreiben vom 22. März 2022 bis zum 6. April 2022 zur Abgabe eines finalen Angebots aufgefordert hatte, erhob die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 4. April 2022 (im Ordner 22 der Vergabeakte, Dokument 22…) eine weitere Rüge, mit der sie sich nunmehr zusätzlich darauf bezog, dass es nach der Übersendung des indikativen Zweitangebots entgegen § 17 Abs. 10 VgV keinerlei weitere Verhandlungen mit ihr mehr gegeben habe.

Am 6. April 2022 gab die Antragstellerin das von der Antragsgegnerin bis zu diesem Tag angeforderte finale Angebot ab (im Ordner 26 der Vergabeakte). Im Begleitschreiben (a.a.O., Dokument 1926-22…) hielt sie aber unverändert daran fest, dass die bislang vorliegenden Vergabeunterlagen weiterhin kaum kalkulierbare Risiken beinhalteten und es insofern aus ihrer Sicht angezeigt sei, sowohl einzelne Leistungsbeschreibungen als auch das vorliegende Vertragswerk noch weitergehend abzustimmen. Sie sei nicht bereit, diese Risiken zu übernehmen, insbesondere die sich aus dem Fehlen einer Preissicherungsklausel ergebenden, ggf. “existenzbedrohenden” Gefahren. Sie regte daher Gespräche zu der Frage an, wie die Vertragsrisiken so eingegrenzt werden können, “dass keine Partei an die Wand gedrückt wird”.

Das Honorarangebot der Antragstellerin lautete nunmehr auf Euro 136.181.747,06, wobei die Antragstellerin mit einem Risikozuschlag auf das Grundhonorar von mehr als 90% rechnete.

Am 8. April 2022 hat die Antragstellerin sodann bei der Vergabekammer der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen einen Nachprüfungsantrag angebracht, mit dem sie in erster Linie die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Versendung der Vergabeunterlagen resp. der Aufforderung zum endgültigen Angebot anstrebt.

Sie hat mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend gemacht, dass die seitens der Antragsgegnerin nachgefragten Leistungen unzureichend beschrieben worden seien, dies gelte insbesondere für die wesentlichen Positionen der ausgeschriebenen Besonderen Leistungen. Hierfür sollten durchgehend Pauschalen angeboten werden, es ergebe sich aus der Beschreibung der Besonderen Leistungen jedoch nicht, in welchem Umfang diese Leistungen überhaupt nachgefragt würden und wie diese Leistungen im spezifischen Kontext durchgeführt werden sollten. Die Leistungsbeschreibungen der Besonderen Leistungen müssten aber so klar sein, dass die werkvertragliche Abnahmefähigkeit erkennbar sei und kein Raum für ggf. unberechtigte Nachforderungen bestünde. Es komme alternativ zwar in Betracht, eine zeitabhängige Vergütung oder eine Vergütung nach den mit den Leistungen im Zusammenhang stehenden Baukosten zu kalkulieren, dies sei seitens der Antragsgegnerin vorliegend aber gerade ausgeschlossen worden.

Die unzureichende Leistungsbeschreibung wirke sich insbesondere auch mit Blick auf die Notwendigkeit des Leistungsbezugs durch Dritte aus, mit den unzulänglichen inhaltlichen Angaben der Antragsgegnerin könnten Angebote von Dienstleistern aber nicht abgefragt werden. Auch sei es nicht möglich, entsprechende Angebote innerhalb der vorgesehenen Angebotsfristen einzuholen.

Konkret hat die Antragstellerin angeführt, dass die Mangelhaftigkeit der Leistungsbeschreibung “anhand der folgenden besonders gravierenden Verstöße … deutlich” werde und sodann für die LP 1 zwei, die LP 2 drei, die LP 3, 5 und 8 je eine, die LP 7 zwei, die LP 9 drei Besondere Leistungen als nicht hinreichend genau beschrieben bezeichnet; auf Rnrn. 27 – 53 des Nachprüfungsantrags vom 8. April 2022 wird Bezug genommen. Weiter hat sie vorgebracht, dass auch für BIM-Leistungen der Inhalt der gewünschten/geforderten Leistungen völlig offen/unklar sei (a.a.O., Rn. 66/67) und schließlich hinsichtlich der notwendigen Einbeziehung Dritter gerügt, dass auch diese wegen der zu unklaren Leistungsbeschreibung nicht so klar definiert seien, dass Angebote solcher Dritter eingeholt werden könnten (a.a.O., Rn. 64/65).

Darüber hinaus hat die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag beanstandet, dass die Leistungen bis einschließlich der Leistungsphase 4 seitens der Antragsgegnerin sowohl für eine Einzelgewerkvergabe, dann nach anrechenbaren Kosten, als auch für eine Generalunternehmervergabe, in diesem Fall unter Zugrundelegung eines Pauschalpreises, nachgefragt worden seien. Die Antragsgegnerin wolle sich also ein Wahlrecht vorbehalten, auf welcher Grundlage die Beauftragung schließlich erfolgen werde, hierfür gebe es aber keine sachliche Rechtfertigung, es werde hiermit zugleich gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung verstoßen. Es stelle keine transparente Ausschreibung dar, wenn für inhaltlich identische Leistungen zweimal ein Preis abgefragt werde.

In ähnlicher Weise hat die Antragstellerin vier Besondere Leistungen der Freianlagenplanung gem. § 38 HOAI als zu ungenau beschrieben beanstandet (a.a.O., Rnrn. 54 – 62).

Auch die geforderte Pauschale für das Bereitstellen einer digitalen Plattform (BIM) sei nicht kalkulierbar.

Einen sachlichen Grund, der das Wahlrecht des Auftraggebers zwischen Einzelgewerks- und GU-Vergabe rechtfertigen könne, gebe es nicht, vielmehr sei es ein Verstoß gegen den Grundsatz der transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung, wenn für inhaltlich dieselbe Leistung zweimal ein Preis abgefragt werde – denn tatsächlich unterschieden sich die Leistungen bei Einzelgewerks- und GU-Vergabe bis incl. LP 4 nicht.

Zudem sei auch der von der Antragsgegnerin ausgearbeitete Vertragsentwurf, der bis zur Abgabe des indikativen Zweitangebots unter anderem auch Gegenstand des Verhandlungstermins am 7. Dezember 2021 gewesen sei und sodann dem finalen Angebot zu Grunde gelegen habe, in Teilen unklar. Insoweit gelte, dass es mit Blick auf die veraltete Budgetvorgabe von Euro 425.000.000 nicht möglich sei zu bestimmen, wie die Leistungsphase 2 abgeschlossen werden solle. In Anbetracht von Baukostensteigerungen von mindestens ca. drei Prozent pro Jahr stelle dies effektiv eine Kürzung der Budgetsumme dar, ohne dass das Raumprogramm entsprechend reduziert worden sei. Überdies sehe der Vertragsentwurf bei unverändertem Budget jetzt auch die Erschließung und die Tiefgarage mit vor, während dies bei der Wettbewerbsentscheidung noch nicht der Fall gewesen sei. Soweit die Antragsgegnerin in der geänderten Vertragsfassung nunmehr formuliert habe, die Budgetvorgabe solle bestmöglich abgebildet werden, sei dies mit Blick darauf, dass nach Maßgabe des Vertrags der Auftragnehmer alles zu tun habe, um die Budgetvorgabe zu erreichen, zudem widersprüchlich. Die vorgesehene vertragliche Verpflichtung, etwaige Einsparmaßnahmen wiederum mit dem Auftraggeber abzustimmen, führe zugleich dazu, dass es keine abschließende Beschreibung der Vorplanungsleistungen mehr gebe, die auftragnehmerseits erfüllt und zu denen vom Auftraggeber sodann Abnahme verlangt werden könne. Es liege allein in der Hand des Auftraggebers zu entscheiden, wann er die Einsparvorschläge für ausreichend halte. Zudem bilde der Vertrag die deutlich höheren Kosten für den Fall der Generalunternehmervergabe nicht ab, die deshalb mit deutlich höheren Kosten einherginge, weil der Generalunternehmer dem Bauherren erhebliche Risiken und Leistungen abnehme, die anderenfalls vom Bauherrn übernommen werden müssten. Da eine Einzelgewerkvergabe sich als kostengünstiger darstelle, führe dies wiederum zu einem Widerspruch zwischen der Kostenobergrenze und den inhaltlichen Anforderungen, die in Ansehung der einzuhaltenden Kostenobergrenze nicht für beide Vergabevarianten identisch sein könnten. Die Leistungsbeschreibung sei damit nicht im Sinne des § 121 Abs. 1 GWB eindeutig und widerspruchsfrei.

Schließlich hat die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag weiterhin an ihrer vorangegangenen Rüge festgehalten, dass es seitens der Antragsgegnerin entgegen § 17 Abs. 10 VgV kein weiteres Verhandlungsangebot mehr gegeben habe, nachdem zum 12. Januar 2022 das indikative Zweitangebot abgefordert worden sei.

Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2022 hat während des laufenden Nachprüfungsverfahrens und nach seitens der Vergabekammer gewährter Akteneinsicht die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag inhaltlich erweitert und nunmehr auch die fehlerhafte Bewertung der Zuschlagskriterien durch die Antragsgegnerin beanstandet. So sei insbesondere die Bewertungsweise in den einzelnen Kriterien und Unterkriterien nicht nachvollziehbar, ebenso wenig wie die Übertragung der Bepunktung aus den Unterkriterien in die Hauptkriterien. Gleiches gelte für die Gewichtung der jeweils einzelnen Aspekte. Zudem lasse sich dem Protokoll zum Bewertungsgespräch (im Ordner 17 der Vergabeakte) entnehmen, dass die Antragsgegnerin entgegen der Aufforderung zur finalen Angebotsabgabe auch bloß mündliche Angaben aus den Bietergesprächen in die Bewertung habe einfließen lassen.

Die Antragstellerin hat vor der Vergabekammer beantragt,

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Vergabeverfahren zurückzuversetzen in den Stand vor Versendung der Vergabeunterlagen / der Aufforderung zum endgültigen Angebot und das Verfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzusetzen,

2. hilfsweise, andere geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung der Antragstellerin zu beseitigen;

3. der Antragstellerin gemäß § 165 Abs. 1 GWB die Einsichtnahme in die Vergabeakten zu gestatten,

4. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen,

5. festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin notwendig war.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen;

2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen;

3. festzustellen, dass die Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für die Antragsgegnerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen ist.

Die Antragsgegnerin hat den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig gehalten, weil die Antragstellerin ihrer Rügeobliegenheit nicht nachgekommen sei. Da die Antragstellerin die mit dem im August 2021 übersandten Bieterleitfaden zur Verfügung gestellten Vergabeunterlagen bereits von vornherein für intransparent bzw. vergaberechtswidrig gehalten habe, hätte sie dies spätestens mit der Übermittlung des Erstangebots im September 2021 auch ihr, der Antragsgegnerin, gegenüber rügen müssen, tatsächlich sei eine erste Rüge aber erst im Dezember 2021 erfolgt.

Darüber hinaus ermangele die Antragstellerin auch der Antragsbefugnis gemäß § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB, weil sie ohnehin keine Chance auf Erteilung des Zuschlags habe. Nach der für die Vergabe entwickelten Zuschlagsmatrix und in Anbetracht des gegenüber den verbliebenen Mitbewerbern schon hinsichtlich der Grundleistungen höheren Honoraransatzes der Antragstellerin habe diese tatsächlich keine Chance auf die Erteilung des Zuschlags, so dass die Antragsbefugnis der Antragstellerin bereits aus diesem Grunde zu verneinen sei.

Im Übrigen läge aber auch ein materieller Verstoß gegen das Vergaberecht nicht vor, die Leistungsbeschreibung sei hinreichend eindeutig und so erschöpfend wie möglich. Soweit die Antragstellerin eine fehlende Kalkulationsgrundlage für die Besonderen Leistungen und die Leistungen in der Planung nach der BIM-Methode bemängele, habe sie, die Antragsgegnerin, zunächst die in der HOAI definierten Leistungen als Pauschalen abgefragt, als Bauherrin ermangele es ihr auch weitergehender eigener Fachkenntnisse und Erfahrungen für eine quantitative Abschätzung. Gleichwohl habe sie für 14 der insgesamt 54 abgefragten Besonderen Leistungen gemeinsam mit der technischen Beratung mathematische Kalkulationsgrundlagen in Gestalt so genannter Vordersätze gebildet, im Übrigen habe sie die Bieter auf deren jeweils eigene Erfahrungen im Krankenhausbau als Kalkulationsgrundlage verweisen dürfen. Es liege im Anwendungsbereich des § 121 GWB ferner auf der Hand, dass die Vorgaben für Planungsleistungen, die eine geistig-schöpferische Dienstleistung darstellten, in der Regel nicht so eindeutig sein könnten wie bei anderen Beschaffungsvorhaben, eine abschließende Beschreibung sei deshalb schon grundsätzlich nicht möglich. Maßgeblich sei vielmehr, dass es einem durchschnittlichen und fachkundigen Bieterkreis möglich sei, den gewollten Erklärungswert der Angaben herauszufiltern. In diesem Zusammenhang gelte, dass die nach dem Architektenwettbewerb verbliebenen Bieter über auskömmliche Projektkenntnisse verfügten und deshalb auch zu der Einschätzung der erforderlichen Architektenleistungen in der Lage sein sollten. Eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation hätte durch Risikoaufschläge oder eine Mischkalkulation in den Angebotspreis einkalkuliert werden können.

Darüber hinaus habe auch der fortgeschriebene Vertragsentwurf keinen Verstoß gegen Vergaberecht beinhaltet. Insoweit gelte ungeachtet des vorgesehenen Verhandlungsverfahrens, dass es Sache des Auftraggebers sei, den Inhalt der Verhandlungen festzulegen. Es sei im Übrigen klargestellt worden, dass aufgrund der Baupreisentwicklung eine vollständige Umsetzung des Wettbewerbsentwurfs mit Blick auf die Budgetobergrenze von Euro 425.000.000 nicht ohne weiteres als möglich erscheine. Im Zuge der Vorplanung solle mit weiteren Fachplanern das Planungssoll gemeinsam ermittelt werden, woraus folge, dass das Raumprogramm aus dem Architektenwettbewerb nicht mehr maßgeblich sein könne, wenn es mit dem zur Verfügung stehenden Budget schlichtweg nicht realisierbar sei, es sei deshalb auch vorgesehen, die Kostenobergrenze erst mit Abschluss der Leistungsphasen 2 oder 3 verbindlich zu vereinbaren, erst dann solle auch das endgültige Honorar auf die anrechenbaren Kosten des Projekts festgelegt werden.

Zu den seitens der Antragstellerin vermissten weiteren Verhandlungen im Anschluss an das indikative Zweitangebot gelte zunächst, dass sie, die Antragsgegnerin, schlechterdings nicht gehalten sei, die Vergabeunterlagen in diesem Zusammenhang zu ändern, der Auftraggeber bleibe vielmehr hinsichtlich des von ihm zu bestimmenden Leistungsinhalts frei. Im Übrigen habe jedenfalls auch kein Anspruch der Antragstellerin dahingehend bestanden, dass sich an das indikative Zweitangebot eine weitere Angebotsverhandlung hätte anschließen müssen. Auch insoweit gelte, dass allein der Auftraggeber die Entscheidungshoheit über die konkrete Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens innehabe.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Juli 2022 hat die Vergabekammer dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin dahingehend stattgegeben, dass das Vergabeverfahren in den Stand vor Versendung der Vergabeunterlagen zurückversetzt wird. Der Antragsgegnerin wurde ferner aufgegeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Aufforderung zur Abgabe eines Erstangebotes unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu fassen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Antragstellerin wurden der Antragsgegnerin auferlegt, die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin wurde für notwendig erklärt. Wegen der Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird auf Gründe zu B. des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Gegen diesen ihr am 28. Juli 2022 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 11. August 2022 sofortige Beschwerde erhoben.

Die Antragsgegnerin bringt zur Begründung ihrer sofortigen Beschwerde vor, die Vergabekammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der Ausschreibung alternativ der Einzelgewerkvergabe bzw. der Generalunternehmervergabe um Wahl- oder Alternativpositionen handele. Vielmehr handele es sich bei der insoweit alternativen Honorarabfrage stattdessen um eine rechtlich im Optionsbereich angelegte Thematik. Es gehe hierbei nämlich um ein einseitiges Gestaltungsrecht des Auftraggebers, um vorliegend im Anschluss an die drei- bis vierjährige Planungsphase flexibel auf die Volatilität des Bausektors reagieren zu können. Es sei ihr, der Antragsgegnerin, gegenwärtig noch nicht möglich, die zukünftige Vergabestrategie verbindlich festzulegen, deshalb habe sie zwei eigenständige Leistungsbilder erstellt, die von den Bietern anzubieten gewesen seien. Sie, die Antragsgegnerin, müsse dazu in der Lage sein, auf die Marktgegebenheiten nach Abschluss des Vorplanungsprozesses noch flexibel reagieren zu können. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin seien beide Honorarszenarien auch durchaus kalkulierbar, wobei der Aufwand im Fall der Einzelgewerkvergabe naturgemäß größer sei. Die Situation sei insoweit etwa mit der vergaberechtlich ohne weiteres zulässigen Vorgabe von Rahmenbedingungen vergleichbar, die ebenfalls dadurch gekennzeichnet seien, dass der Leistungsabruf zum Zeitpunkt der Vergabe noch nicht abschließend feststünde. Eine Manipulationsmöglichkeit zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Bieter werde hierdurch nicht eröffnet. Die Vergabekammer sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Vergabeunterlagen aufgrund der alternativ anzubietenden Vergabearten intransparent geworden seien und sich insoweit das Risiko der mangelnden Vergleichbarkeit der Angebote und taktischer Überlegungen der Bieter vergrößert habe. Dem stünde bereits entgegen, dass sie, die Antragsgegnerin, im Bieterleitfaden über alle wesentlichen Aspekte des Vergabeverfahrens informiert und insoweit auch Vorgaben zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit der von den Bietern abzugebenden Angebote gemacht habe. Da die Angebote der Bieter ausdrücklich beide Leistungsbilder der Einzelgewerk- und der Generalunternehmervergabe abbilden müssten, sei nicht nachzuvollziehen, warum die Vergabekammer zu der Einschätzung gelangt sei, dass es an einer ausreichenden Kalkulationsgrundlage für die Bieter fehle. Bei zwei ausdrücklich separat zur Verfügung gestellten Leistungsbildern sei tatsächlich jeder durchschnittliche Bieter in der Lage gewesen, ein Angebot zu erstellen. Im Übrigen habe die Antragstellerin die Angebotsabfrage sowohl unter der Bedingung der Einzelgewerkvergabe als auch alternativ unter Zugrundelegung der Beauftragung eines Generalunternehmers auch nicht zum Gegenstand ihrer verschiedenen Rügen gemacht, weshalb sie insofern präkludiert sei und dementsprechend auch die Vergabekammer daran gehindert gewesen sei, ihre dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin stattgebende Entscheidung hierauf zu stützen.

Entgegen der Auffassung der Vergabekammer sei ferner auch hinsichtlich der Besonderen Leistungen von einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung auszugehen. Der maßgebliche durchschnittliche Bieterkreis hätte hinreichend genau erkennen können, was gewollt gewesen sei. Es sei im Grundsatz davon auszugehen, dass die Ausschreibungsempfänger die für die Honorarermittlung erforderlichen Grundlagen in eigener Verantwortung prüften, einer derartigen Prüfungspflicht unterläge der Ausschreibende demgegenüber generell nicht. Das jeweilige Planungsbüro habe es selbst in der Hand und sei aufgrund der Erfahrung bei Vergleichsprojekten auch in jedem Fall dazu in der Lage, entsprechende Leistungen auch für Besondere Leistungen zu kalkulieren. Den Wettbewerbern der Antragstellerin sei dies vorliegend auch ohne weiteres möglich gewesen, eine Vorgabe der einzelnen Leistungspositionen bis ins letzte Detail sei daher nicht möglich gewesen und hätte auch nicht erwartet werden können.

Bei den seitens der Vergabekammer als nicht hinreichend konkretisiert beanstandeten einzelnen Besonderen Leistungen handele es sich im Übrigen lediglich um die Konkretisierung der in der Anlage 10 zu §§ 34 Abs. 4, 35 Abs. 7 HOAI bereits enthaltenen Beschreibung der dort aufgeführten Besonderen Leistungen. Das für die Leistungsphase 1 abgebildete Fortschreiben und Anpassen des Betriebsorganisationskonzepts referiere auf die in der Anlage 10 genannte Betriebsplanung, ein Betriebsorganisationskonzept sei zwingender Bestandteil einer Krankenhausplanung, aus dem sich für den Architekten die Lagebeziehungen der verschiedenen Funktionsbereiche ergäben, die die Grundlage für die Grundrissplanung darstellten. Das Betriebsorganisationskonzept sei den Bietern mit den Auslobungsunterlagen zur Verfügung gestellt worden, möglicherweise sei das Ziel der Antragstellerin in einer Stundensatzabrechnung anstelle der Bepreisung nach anerkannten HOAI-Parametern zu sehen.

Auch die die Leistungsphase 2 betreffende ergänzende Vorplanungsuntersuchung entspreche annähernd wortgleich der Anlage 10 zur HOAI. Es ginge hierbei darum, dass im Zuge der Vorplanung Kompromisse in den gewünschten Lagebeziehungen erforderlich würden, die seitens des Bauherrn nicht ohne direkte Zuarbeit des Architekten erarbeitet werden könnten.

Soweit die Vergabekammer auch die Besondere Leistung “Möblierungsplan mit Aufnahme des Bestandsmobiliars” für unklar gehalten habe, sei kaum vorstellbar, dass die Antragstellerin von dieser Leistung keine Vorstellung habe und insofern keine Kalkulationsgrundlage sehe. Naturgemäß sei ein großer Teil der Möblierungsplanung bereits in der Architekturplanung enthalten, es komme als Besondere Leistung lediglich die Bestandsbewertung hinzu.

Das bezogen auf die Leistungsphase 9 angeführte Erstellen eines Instandhaltungskonzepts entspreche wiederum wörtlich der Anlage 10 nach HOAI, es sei insoweit im Rahmen der Ausführungsplanung erforderlich, ein auf die konkrete Bauausführung bezogenes Instandhaltungskonzept zu erstellen, durch das dem Bauherrn eine Anleitung zur dauerhaften Instandhaltung des Objekts an die Hand gegeben werde. Auch die Problematik der mangelnden Abnahmefähigkeit einzelner Besonderer Leistungen stelle sich tatsächlich nicht, ggf. sei es auf der Grundlage entsprechender Vereinbarungen auch möglich, Teilabnahmen vorzunehmen.

Zuletzt gehe auch die Beanstandung der Vergabekammer ins Leere, dass der Wertungsvorgang vergaberechtswidrig sei. Es seien tatsächlich keine Inhalte aus der mündlichen Vorstellung der Angebote in unzulässiger Weise in die Bewertung mit einbezogen worden. Die Bewertung sei vielmehr ausschließlich unter Zugrundelegung der von vornherein bekanntgemachten Zuschlagskriterien erfolgt. Die gelegentliche Formulierung in der Auswertungsdokumentation “im Termin” habe sich lediglich auf einzelne ergänzende Anmerkungen zu dem schriftlichen Angebot bezogen, soweit sich hieraus noch nicht vollständig habe herauslesen lassen, was in dem schriftlichen Angebot ausformuliert worden sei. Es habe in diesen Fällen klärende Anmerkungen im Termin gegeben, ohne dass dies zu einer Änderung der Zuschlagsmatrix geführt habe. Dies sei auch im Vorfeld der Bietergespräche am 2. November 2021 nochmals ausdrücklich erläutert worden, bei Notizen zu den Bietergesprächen habe es sich daher auch nicht um Vorbereitungen zu einer etwa intransparenten Angebotswertung gehandelt.

Soweit die Vergabekammer gemeint haben sollte, der Bewertungsvorgang sei unter Verwendung von “+”- und “-“-Zeichen das Ergebnis eines schlichten Rechenvorgangs, sei diese Annahme unzutreffend. Den in der Auswertungsdokumentation enthaltenen “+”- und “-“-Zeichen komme nämlich gar keine wertmäßige, sondern stattdessen eine semantische Bedeutung zu, hierdurch sei der positive oder negative Eindruck in Bezug auf die Angebotsinhalte gekennzeichnet worden, ohne dass dies zugleich auch im Rahmen der Punktvergabe relevant gewesen sei. Die gewerteten Punktwerte je Hauptkriterium hätten gar nicht das Ergebnis eines simplen Rechenvorgangs sein können. Der zu Grunde liegende Bewertungsvorgang sei gegenüber den Bietern im Bieterleitfaden auch klar kommuniziert worden, ein nach den Mutmaßungen der Vergabekammer zu Grunde gelegter Umrechnungsschlüssel existiere tatsächlich nicht. Es sei von ihr, der Antragsgegnerin, in den Vergabeunterlagen durch die jeweilige Angabe der Bewertungsmerkmale zu den einzelnen Hauptkriterien transparent dargelegt worden, welche Aspekte bei der Bewertung der Angebotsbestandteile wichtig für die Punktevergabe sein werden.

Die Antragsgegnerin ist hinsichtlich der Festsetzung der Kosten erster Instanz der Auffassung, dass die Vergabekammer offenbar fehlerhaft einen Wert angenommen habe, der sich aus den kumulierten Werten für Einzelgewerks- und Generalunterehmervergabe und hier den Ansätzen der Antragstellerin ergeben habe. Sachgerecht sei auf eine der beiden Umsetzungsvarianten abzustellen; angemessen sei tatsächlich ein Wert von ca. Euro 26.000.000 brutto, auf den sodann § 50 abs. 2 GKG anzuwenden sei, womit sich nach der Tabelle der Vergabekammern des Bundes eine Gebühr zwischen Euro 3.125 und Euro 3.800 ergebe.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. Der Beschluss der Vergabekammer der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg, Az.: BR60.29-319/2022 … vom 27. Juli 2022 wird bei gleichzeitiger Zurückweisung des Nachprüfungsantrags der Bietergemeinschaft A… vom 8. April 2022 aufgehoben, soweit die Vergabekammer darin rechtsfehlerhaft feststellt,

– es sei ein Verstoß gegen den Transparenz- und Gleichheitsgrundsatz, wenn Honorare sowohl für die Generalunternehmer- als auch Einzelgewerkvergabe abgefragt werden,

– die Leistungsbeschreibung sei hinsichtlich der Besonderen Leistungen nicht eindeutig und erschöpfend und

– der Wertungsvorgang der Angebote stünde nicht mit vergaberechtlichen Vorgaben in Einklang, und zudem soweit, als die Vergabekammer im Rahmen ihrer Kostenentscheidung einen Streitwert zugrunde gelegt hat, der zu einer Verfahrensgebühr in Höhe von 5.500,00 EUR geführt hat.

2. Die Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten der Beschwerdeführerin gem. § 175 Abs. 2 GWB i.V.m. § 71 GWB.


Die Antragstellerin beantragt,

1. die Sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 11.8.2022 gegen den Beschluss der Vergabekammer der Freien und Hansestadt Hamburg/Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (im Folgenden nur noch “Vergabekammer”) vom 27.7.2022 – BR.60.29-319/2022 … – wird zurückgewiesen;

2. die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der in diesem Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin werden der Antragsgegnerin auferlegt;

3. festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin notwendig war.


Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer und hält zunächst die rechtliche Beurteilung der Antragsgegnerin, die gleichzeitige Aufforderung sowohl zur Einzelgewerk- als auch zur Generalunternehmervergabe sei nicht an den Maßstäben für die Beurteilung der Zulässigkeit von Wahlpositionen zu messen, für unzutreffend. Im Übrigen spiele diese Einordnung für die vergaberechtliche Zulässigkeit aber auch keine maßgebliche Rolle. Da in jedem Fall die Bestimmtheit der Leistungsbeschreibung und damit die Transparenz des Vergabeverfahrens berührt seien, bedürfe es zwangsläufig einer sachlichen Rechtfertigung dafür, dass sich die Antragsgegnerin die zu beauftragende Leistung offenhalten wolle. Es sei aber schlicht nicht nachvollziehbar, warum die Antragsgegnerin erst nach Abschluss der Leistungsphasen 1 bis 3 entscheiden wolle, wie die Bauleistungen dann zu vergeben sein sollten, es sei namentlich nicht ersichtlich, welche Marktinformation die Antragsgegnerin denn bis dahin abwarten wolle, obwohl bereits jetzt klar sei, dass im Rahmen der Generalunternehmervergabe ein GU-Zuschlag kalkuliert werden müsse. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei die Aufforderung zur Angebotsabgabe unter alternativen Vergabeszenarien auch nicht unter dem Gesichtspunkt sog. Bedarfsleistungen zulässig, hierbei handele es sich üblicherweise nämlich nur um Zusatzleistungen, die einen Gesamtanteil am Auftrag von nicht mehr als zehn bis 15 Prozent haben dürften. Der von der Antragsgegnerin bemühte Vergleich mit zulässigen Rahmenvereinbarungen verbiete sich ebenfalls, insoweit gelte unter anderem, dass in diesem Rahmen zumindest die realistische Aussicht darauf bestehen müsse, dass die angebotenen Leistungen auch in vollem Umfang abgerufen würden, während vorliegend klar sei, dass das insgesamt abgeforderte Leistungsvolumen der beiden alternativen Vergabeszenarien nicht mehr als zur Hälfte abgerufen werde.

Darüber hinaus habe die Vergabekammer auch zu Recht entschieden, dass die Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin hinsichtlich der Besonderen Leistungen nicht eindeutig und erschöpfend und deshalb mit Blick auf §§ 121 GWB, 31 VgV vergaberechtswidrig sei. Es sei diesbezüglich mit der Vergabekammer davon auszugehen, dass eine Leistungsbeschreibung dann unzureichend sei, wenn unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kämen und die Bieter im Unklaren gelassen würden, welche Leistung unter welchen Bedingungen angeboten werden solle. Es sei vorliegend aber bei keiner der in Rede stehenden Leistungspositionen klar definierbar, wann der Bieter die abschließende Abnahme seiner Leistungen verlangen könne, insbesondere sei es nicht möglich, etwaigen künftigen Nachforderungen der Antragsgegnerin irgendeine Grenze aus der Leistungsbeschreibung entgegenzuhalten. Der Verweis der Antragsgegnerin auf die Anlage 10 der HOAI gehe in diesem Zusammenhang schon deshalb fehl, weil dort lediglich verschiedene Leistungsarten Besonderer Leistungen beschrieben würden, nicht aber, wie diese inhaltlich auszufüllen seien. Insoweit seien die Bieter auf konkretisierende Vorgaben der Antragsgegnerin als Bauherrin angewiesen.

Insbesondere auch die abgeforderte Bepreisung der Besonderen Leistungen lediglich mit einem Pauschalpreis anstelle etwa einer aufwandsbezogenen Vergütung nach Stundensätzen setze voraus, dass die Leistungen näher definiert würden, anderenfalls sei der hiermit verbundene Aufwand für den Bieter vollends unkalkulierbar.

Schließlich habe die Vergabekammer auch zu Recht festgestellt, dass der von der Antragsgegnerin vorgenommene Wertungsvorgang in Teilen fehlerhaft und damit insgesamt intransparent sei. Es sei insoweit offensichtlich, dass die mündliche Angebotspräsentation der beteiligten Bieter zum Gegenstand der Bewertung gemacht worden sei, es sei in Anbetracht der vorliegenden Bewertungsprotokolle vielmehr zweifelhaft, ob die schriftlichen Angebote überhaupt in die Bewertung eingeflossen seien. Im Übrigen gehe es in diesem Zusammenhang entgegen dem Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin auch nicht etwa um Fragen eines rechnerischen Bewertungsmaßstabs, sondern vielmehr darum, dass die Vergabekammer zu Recht festgestellt habe, es sei auf der Grundlage der Vergabedokumentation der Antragsgegnerin schlicht und ergreifend unklar geblieben, woraus sich die konkrete Punktbewertung zu den verschiedenen Kriterien ergebe. Es fehle insoweit schlicht an nachvollziehbaren Darlegungen in der Vergabedokumentation, namentlich lasse sich dieser nicht entnehmen, inwieweit die Vorgaben aus dem Bieterleitfaden in der Bewertung umgesetzt worden seien.

Die Antragstellerin hat zur Frage des Festsetzung des Streitwertes und der Gebühr der Vergabekammer inhaltlich nicht Stellung genommen, da die wesentlichen Passagen des Vorbringens der Antragsgegnerin hierzu geschwärzt waren.


II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat auch in der Sache ganz überwiegend Erfolg; der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist teilweise schon unzulässig, ansonsten überwiegend unbegründet.

1.) Soweit die Antragstellerin sich gegen die aus ihrer Sicht zu unbestimmte Beschreibung der nach den Preisblättern zu Pauschalpreisen anzubietenden “Besonderen Leistungen” wendet, ist ihr Nachprüfungsantrag bereits unzulässig.

a) Soweit die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag vom 8. April 2022 ganz allgemein die Beschreibungen der anzubietenden “Besonderen Leistungen” in den Vergabeunterlagen rügt, da sie sämtlich so unbestimmt seien, dass nicht erkennbar sei, auf welcher Grundlage die in die Preisblätter einzusetzenden Pauschalen denn kalkuliert werden könnten, ist ihr Vortrag mangels einer hinreichend substantiierten Rüge gem. § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert.

Insoweit kann dahinstehen, wann genau eine Rügeobliegenheit der Antragstellerin im Verlauf des Verfahrens bezogen auf die von ihr behauptete Unbestimmtheit der Beschreibung der “Besonderen Leistungen” entstanden ist, denn jedenfalls mangelt es hinsichtlich derjenigen “Besonderen Leistungen”, zu denen die Antragstellerin keine substantiierten, im einzelnen umschriebenen Bedenken vorgebracht hat, auch noch nach Ablauf der Frist für die Einreichung des finalen Angebots an einer hinreichenden Rüge.

Wesentlicher Sinn der Rügeobliegenheit ist es, dem öffentlichen Auftraggeber eine Abhilfe zu ermöglichen und hierdurch unnötige Vergabenachprüfungsverfahren zu vermeiden (Beck’scher Vergaberechtskommentar-Horn/Hofmann, 3. Aufl. 2017, § 160 GWB, Rn. 41). Damit aber muss die Rüge jedenfalls so bestimmt gefasst sein, dass der Vergabestelle klar wird, welches konkrete Tun oder Unterlassen ihrerseits von dem jeweiligen Bieter denn für rechtswidrig gehalten wird (Horn/Hofmann a.a.O., Rn. 70).

Diesen Anforderungen wird insbesondere die im Nachprüfungsantrag (dort Rnrn. 25/26) enthaltene allgemeine Rüge nicht gerecht – allein der Hinweis, dass die Besonderen Leistungen durchweg nicht hinreichend klar beschreiben worden seien, genügt nicht, um dem Auftraggeber zu verdeutlichen, was die Antragstellerin von ihm erwartet hätte. Dass tatsächlich eine konkrete und aussagekräftige Formulierung der fraglichen Rüge möglich gewesen wäre, zeigt das Vorbringen der Antragstellerin zu Rnrn. 28 – 62 des Nachprüfungsantrags, in denen für einzelne Besondere Leistungen immerhin ansatzweise dargetan wird, welche inhaltlichen Eingrenzungen denn nach Auffassung der Antragstellerin möglich und sachdienlich gewesen wären (vgl. zu einem ganz ähnlich gelagerten Sachverhalt: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. Juli 2014 – 15 Verg 4/14).

Gleiches gilt für die völlig unsubstantiierte Rüge (Rn. 66/67 des Nachprüfungsantrags vom 8. April 2022) zur nicht hinreichenden Beschreibung der BIM-Leistungen und ebenso für die beiden “beispielhaft” beanstandeten “optionalen besonderen Leistungen”, die keine Abfrage Angebote Dritter zuließen, denn auch insoweit wird erneut nur ganz allgemein darauf Bezug genommen, dass die “nachgefragten Leistungen nicht im Ansatz ausreichend beschrieben” seien (a.a.O., Rn. 64/65).

Auch die von der Antragstellerin mit dem ersten indikativen Angebot eingereichten “Anmerkungen zum Vertrag” (Ordner 14 der Vergabeakte, Dokument 1926-31…, dort Punkt 22) sind insoweit nicht spezifischer formuliert, auch dort wird nur ganz allgemein angemerkt, dass die optionalen besonderen Leistungen nicht näher beschrieben seien – auch dies genügt, wenn man denn hierin bereits eine Rüge im Sinne des Vergaberechts sehen wollte, den Anforderungen nicht.

b) Hinsichtlich der von der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag in wohl hinreichend substantiierter Form gerügten fehlenden Konkretisierung einzelner optionaler Besonderer Leistungen (Nachprüfungsantrag Rnrn. 28 – 62) besteht keine Antragsbefugnis der Antragstellerin.

Zur Antragsbefugnis ist seitens des Antragstellers schlüssig darzulegen, dass gerade der gerügte Verstoß gegen das Vergaberecht seine Aussichten auf Erteilung des Zuschlags beeinträchtigt haben kann (Beck’scher Vergaberechtskommentar-Horn/Hofmann, a.a.O., § 160, Rn. 33).

Daran fehlt es vorliegend. Die in möglicherweise hinreichend substantiierter Form als zu unbestimmt beschrieben gerügten “Optionalen Besonderen Leistungen” hat die Antragstellerin in ihrem finalen Angebot wie folgt bepreist:

“Optionale Besondere Leistungen in der Objektplanung gem. § 33 HOAI”

LP 1

“technische Substanzerkennnung” – Euro 160.000

“Fortschreiben und Anpassen des Betriebsorganisationskonzepts” – Euro 80.000

LP 2

“Untersuchen alternativer Lösungsansätze nach verschiedenen Anforderungen einschließlich Kostenbewertung (Pauschale für 3 Untersuchungen)” – Euro 1.000.000

“Ergänzen der Vorplanungsunterlagen auf Grund besonderer Anforderungen” – Euro 80.000

“Anfertigen von Präsentationshilfen” – Euro 40.000

LP 3

“Analyse der Alternativen/Varianten und Wertung mit Kostenuntersuchung (Optimierung)” – Euro 500.000

LP 5

“Möblierungsplan mit Aufnahme des Bestandsmobiliars” – Euro 500.000

LP 7

“Mitwirken an der Prüfung von bauwirtschaftlich begründeten Nachtragsangeboten (Pauschale für 5 Nachträge)” – Euro 410.000

“Aufstellen, Prüfen und Werten von Preisspiegeln nach besonderen Anforderungen” – Euro 80.000

LP 8

“Aufstellen, Überwachen und Fortschreiben von differenzierten Zeit-, Kosten- oder Kapazitätsplänen” – Euro 160.000

LP 9

“Erstellen einer Gebäudebestandsdokumentation” – Euro 2.000.000

“Aufstellen von Ausrüstungs- und Inventarverzeichnis” – Euro 320.000

“Erstellen eines Instandhaltungskonzepts” – Euro 80.000

“Optionale Besondere Leistungen in der Freianlagenplanung gem. § 38 HOAI”

LP 2

“Erarbeiten von Unterlagen für besondere technische Prüfverfahren (Pauschale für 3 Prüfverfahren)” – Euro 23.313,14 LP 3

“Erarbeiten besonderer Darstellungen zum Beispiel Modelle, Perspektiven, Animationen” – Euro 23.313,14

LP 4

“Erstellen von Rodungs- und Baumfällanträgen” – Euro 34.969,71

LP 8

“Erstellen einer Freianlagenbestandsdokumentation” – Euro 46.626,28


In der Summe hat die Antragstellerin diese Leistungen folglich mit insgesamt Euro 5.514.911,13 bepreist, in der Endsumme des finalen Angebots (da jeweils für GU-Vergabe und Einzelgewerksvergabe angesetzt) also mit Euro 11.029.822,26.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass diese Ansätze sachgerecht, die weit niedrigeren Ansätze der beiden Mitbewerber insoweit fehlerhaft und daher um den Betrag von Euro 11.029.822,26 höher hätten liegen müssen, so würde sich gleichwohl nichts daran ändern, dass im Rahmen der Bewertung der Angebote die Antragstellerin in der Kategorie “Honorarangebot” keine Punkte erhalten hätte, da ihr Angebot immer noch (weit) mehr als doppelt so hoch ausgefallen wäre, wie Gebote der Mitbewerber.

Dieser – behauptete – Mangel der Vergabeunterlagen hat sich damit auf die konkreten Zuschlagschancen der Antragstellerin nicht ausgewirkt, der Antragsstellerin fehlt insoweit die Antragsbefugnis gem. § 160 Abs. 2 GWB.

Schon hier zeigt sich, dass im Kern des Streits der Parteien nicht die behauptete Unbestimmtheit der Ausschreibungsunterlagen steht, sondern vielmehr der – für die Bepunktung im Bereich “Honorar” ausschlaggebende – von der Antragstellerin angesetzte, mit unstreitig mehr als 90% sehr hohe Risikozuschlag, der sich jedoch gerade nicht aus irgendwelchen Unbestimmtheiten, sondern vielmehr aus der Einschätzung der Antragstellerin zum zu geringen Ansatz des Budgets des Gesamtvorhabens mit Euro 425.000.000 und den sich ihrer Auffassung nach hieraus folgenden Haftungsrisiken ergibt (dazu im einzelnen s.u.).

2.) Soweit die Antragstellerin rügt, die “alternative” Ausschreibung der Planungsleistungen sowohl für den Fall der Einzelgewerksvergabe als auch für den Fall der Vergabe des Bauauftrags an einen Generalunternehmer sei unzulässig, da damit die Leistungsbeschreibung nicht “eindeutig” im Sinne des § 121 GWB sei, dringt sie mit dieser Rüge nicht durch.

a) Diese Rüge der Antragstellerin ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht schon gem. § 160 Abs. 3 GWB präkludiert.

Allerdings liegt eine Präklusion nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB nicht ganz fern – die Anforderung der Antragsgegnerin, Preisblätter sowohl für den Fall der Einzelgewerks- als auch der Generalunternehmer-(GU)-Vergabe einzureichen, findet sich bereits in der ursprünglichen Veröffentlichung, insbesondere in Ziffer 1.4. des Vertragsentwurfs; das Problem der “alternativen” Vergabe wurde in der Folge auch mehrfach angesprochen, namentlich von der Antragstellerin in der Skype-Konferenz vom 7. Dezember 2021 thematisiert, bei der die Antragstellerin zudem anwaltlich vertreten war. Dies legt schon sehr nahe, dass die Antragstellerin – zumal sie in der gerügten “alternativen Vergabe” einen ganz gravierenden Verstoß gegen § 121 GWB sieht – diesen Mangel schon weit vor Anbringung ihrer Rüge vom 28. Dezember 2022, jedenfalls aber am 7. Dezember 2022 erkannt haben dürfte. Letztlich genügt dies aber noch nicht, um eine positive Kenntnis des gerügten Verstoßes anzunehmen: Denn diskutiert wurde zwischen den Parteien nicht die Frage der “alternativen Vergabe” an sich, sondern dass der Vertrag und die Kostenobergrenze von Euro 425.000.000 den deutlich höheren Kosten bei GU-Vergabe nicht genügen würden (so insbesondere Ziffer 3 des Protokolls der online-Konferenz vom 7. Dezember 2021); das Problem wurde also zwar erkannt, aber es wurde trotz anwaltlicher Beratung nicht im Hinblick auf die grundsätzliche Zulässigkeit, sondern vielmehr als Problem der Auskömmlichkeit der Kostenschätzung angesprochen.

Eine Präklusion mit Rücksicht auf die – gerade für eine anwaltlich vertretene Bieterin – sicherlich gegebene Erkennbarkeit des Verstoßes nach Maßgabe der § 160 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 GWB kommt vorliegend nicht in Betracht, da die Rüge vom 28. Dezember 2022 noch vor der Aufforderung der Antragsgegnerin zur Abgabe des finalen Angebotes erhoben wurde; an die Aufforderung zur Abgabe des ersten indikativen Angebotes bzw. das Verstreichen der hierfür gesetzten Frist kann nach Auffassung des Senats in der konkreten Situation des hier laufenden Verhandlungsverfahrens nicht angeknüpft werden – bei noch laufenden Verhandlungen, bei denen die alternative Vergabe immerhin (wenn auch unter einem anderen Ansatzpunkt) eine Rolle spielte, konnte die Antragstellerin vertretbar annehmen, dass es ihr noch gelingen mochte, diesen aus ihrer Sicht problematischen Punkt “wegzuverhandeln”.

b) Diese Rüge ist jedoch inhaltlich unbegründet, die Vorgabe der Antragsgegnerin, dass sowohl für den Fall der Einzelgewerks- als auch für den Fall der GU-Vergabe zu bieten war und sie sich vorbehielt, die konkrete Vergabestrategie erst weit nach Auftragsvergabe an die Planer, nämlich nach Abschluss der Leistungsphase 4 festzulegen, führte nach den konkreten Gegebenheiten des vorliegenden Verhandlungsverfahrens nicht zu einem Verstoß gegen das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Transparenz der Leistungsbeschreibung im Sinne des § 121 GWB.

Die vorliegend von der Antragsgegnerin gewählte Form der “alternativen” Ausschreibung weist Ähnlichkeiten zur in der Rechtsprechung vielfach diskutierten Ausschreibung sog. “Wahlpositionen” auf.

Als Wahlpositionen werden in der Rechtsprechung der Vergabesenate – gesetzlich geregelt ist hier nichts – solche Leistungspositionen bezeichnet, hinsichtlich derer der Auftraggeber sich noch nicht festgelegt hat, sondern mehrere Alternativen der Leistungserbringung ausschreibt, von denen er erst nach Kenntnisnahme der Angebotsinhalte eine Alternative für die Zuschlagserteilung auswählt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Mai 2019 – Verg 61/18; OLG München, Beschluss vom 22. Oktober 2015 – Verg 5/15). Vorliegend möchte sich die Antragsgegnerin die für die Auftragnehmer verbindliche Entscheidung über die Einzelgewerks / GU-Vergabe sogar bis zum Abschluss der Leistungsphasen 1 bis 3 gemäß HOAI oder noch darüber hinaus, also offenbar erst geraume Zeit nach Zuschlagserteilung, offenhalten.

Dies steht der Beurteilung als Wahlposition für sich genommen aber noch nicht entgegen (OLG Düsseldorf, a.a.O.), alternativ wird für noch bis nach Zuschlagserteilung offen bleibende Auftragsinhalte stattdessen auch von Bedarfs- oder Eventualpositionen gesprochen (Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal, VgV, 2. Aufl. 2019, § 31 Rn. 19).

Die rechtliche Problematik von Wahlpositionen wird von der Rechtsprechung insbesondere an § 121 Abs. 1 Satz 1 GWB, nämlich das Erfordernis der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, angeknüpft (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. April 2011 – Verg 58/10). Darüber hinaus soll durch sie zugleich das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 Satz 1 GWB berührt werden (a.a.O.), da die Zuschlagserteilung erst nach Kenntnisnahme der konkurrierenden Angebote zumindest dann, wenn die Bewerber bezogen auf die fraglichen Wahlpositionen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung oder der sonst maßgeblichen Zuschlagskriterien nicht ohnehin in einem identischen Rangverhältnis stehen, Raum dafür lässt, über die (erst) jetzt als verbindlich festgelegten Wahlpositionen die Zuschlagserteilung zu steuern.

Tatsächlich war die hier erfolgte alternative Ausschreibung jedoch nicht geeignet, eine vergaberechtlich unzulässige Unsicherheit in das Vergabeverfahren hineinzutragen und hat dies tatsächlich vorliegend auch nicht getan.

Allerdings war für die Bieter nicht vorhersehbar, welche der beiden anzubietenden Varianten letztlich von ihnen erbracht werden müsse.

Allein dieser Umstand hat sie jedoch, jedenfalls was das jeweilige Leistungsprogramm und die Kalkulierbarkeit ihrer Angebote angeht, keinerlei Unsicherheit ausgesetzt: Auch die Antragstellerin bringt nicht vor, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, zu erkennen, worin in beiden Varianten ihre Grundleistungen (zu den Rügen bezüglich der optionalen Besonderen Leistungen s.o.) bestehen würden, und diese zu kalkulieren – tatsächlich hat sie in allen ihren Angeboten die jeweiligen Grundleistungen in den einzelnen Leistungsphasen bepreisen können. Dies wird sehr deutlich in den Anmerkungen der Antragstellerin zu ihrem ersten indikativen Angebot (Dokument 1926-21…): Dort ist mehrfach davon die Rede, dass die GU-Vergabe teurer sei, was nicht berücksichtigt werde, obwohl das Budget von Euro 425.000.000 aus dem 2. Quartal 2019 doch bereits überholt sei (a.a.O., Punkte 1 – 3) – Bedenken, dass die alternative Ausschreibung irgendwelche inhaltlichen Fragen aufwerfe, werden gerade nicht vorgebracht.

Welche Leistungen in den beiden Varianten gefordert würden, war ihr offenkundig klar, ihr Bedenken lag vielmehr darin begründet, dass sie das angesetzte Budget für nicht auskömmlich hielt und sie der Auffassung war, dass sich das hieraus folgende Risiko für die Leistungserbringung im Falle der GU-Vergabe – wegen des zu erwartenden GU-Zuschlags – noch weiter verschärfen würde.

Tatsächlich resultierte aber auch dieses Bedenken der Antragstellerin hinsichtlich der nicht gegebenen Auskömmlichkeit des Budgets gerade nicht – jedenfalls nicht in erster Linie – aus dem Umstand, dass sie (auch) mit einer GU-Vergabe rechnen musste.

Wie schon ausgeführt, kalkulierte die Antragstellerin in ihrem finalen Angebot mit einem Risikozuschlag von mehr als 90%. Selbst wenn man der – streitigen – Angabe der Antragstellerin folgen würde, wonach ein Generalunternehmerzuschlag sich auf bis zu 30% belaufen könne, kann dies ganz offenkundig den tatsächlich angesetzten Risikozuschlag nicht rechtfertigen.

Damit hat die Antragstellerin schon nicht dargelegt, dass vorliegend gerade die Ausschreibung alternativer Vergabestrategien tatsächlich eine inhaltliche Intransparenz der Ausschreibung bedingt habe.

Zudem ist hinsichtlich dieser Rüge der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass das Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 S. 1 GWB, hier in seiner Ausprägung gem. § 121 GWB, kein Selbstzweck, sondern immer unter Berücksichtigung des primären Zwecks des Vergaberechts anzuwenden ist, der darin besteht, eine Gleichbehandlung der Bieter sicherzustellen und eine Vergabe von Aufträgen unter Anwendung sachfremder Erwägungen zu verhindern.

Die Ausschreibung von “Wahlpositionen” kann insoweit problematisch sein, wenn sie geeignet ist, dem Auftraggeber insoweit Manipulationsmöglichkeiten zu eröffnen, indem er durch die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Wahlposition steuern kann – insbesondere dann, wenn Gebote im Übrigen nahe bei einander liegen -, welcher Bieter zum Zuge kommt (vgl. ausdrücklich: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Mai 2019 – Verg 61/18, Rn. 48:

“Die Aufnahme von Wahlpositionen in das Leistungsverzeichnis ist nicht grundsätzlich vergaberechtlich unstatthaft. Zwar tangiert sie die Bestimmtheit und Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung und überdies die Transparenz des Vergabeverfahrens, denn sie ermöglicht dem öffentlichen Auftraggeber, durch seine Entscheidung für oder gegen eine Wahlposition das Wertungsergebnis aus vergaberechtsfremden Erwägungen zu beeinflussen”;

ebenso: Beck’scher Vergaberechtskommentar-Opitz, a.a.O., § 127 GWB, Rn. 55, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Diese Gefahr aber ist vorliegend gerade ganz offenkundig nicht gegeben: Zum einen erfolgt die Bewertung zu den Honoraransätzen der Bieter auf Basis der addierten für die Einzelgewerks- bzw. GU-Vergabe veranschlagten Preise (s. die eingereichten Preisblätter Ordner 14 der Vergabeakte, sowie Auswertung derselben, Ordner 28, Dokument 22…). Zum anderen kommt vorliegend eine derartige Manipulation von vornherein nicht in Betracht, da nach den Ausschreibungsunterlagen die Wahl der Vergabestrategie durch den Auftraggeber erst weit nach Auftragserteilung (nämlich nach Abschluss der Leistungsphase 3 oder noch später) erfolgen sollte.

Auf die Frage, ob die Ausschreibung der in Rede stehenden Wahlpositionen hier – wie die Antragsgegnerin meint – dadurch zu rechtfertigen ist, dass erst im Anschluss an die mehrjährige Planungsphase bis zur Leistungsphase 3 beurteilt werden könne, welche Ausführungsvariante dann insbesondere wirtschaftlich vorteilhaft sei und ihr daher die Möglichkeit verbleiben müsse, auf die Entwicklungen auf dem hochvolatilen Markt für Bauleistungen zu reagieren – was gerade bei einem Großprojekt wie dem vorliegenden mit mehrjährigem planerischen Vorlauf nicht fernliegend erscheint – kommt es damit nicht mehr entscheidend an.

3.) Auch soweit die Antragstellerin sich mit dem Nachprüfungsantrag gegen den Vertragsentwurf wendet, da die in diesem enthaltene Kostenvorgabe von Euro 425.000.000 für die Erstellung des Bauprojektes mit den zugleich formulierten inhaltlichen Planungszielen unvereinbar sei (Rnrn. 72 – 75 des Nachprüfungsantrags), dringt ihr Rechtsbehelf nicht durch.

Ausgangspunkt der vergaberechtlichen Beurteilung muss insoweit der Grundsatz sein, dass die Budgethoheit beim Auftraggeber liegt, letztlich (und auch haushaltsrechtlich zwingend) kann nur er die Frage beantworten, welche Mittel für die Deckung eines bestimmten Bedarfs eingesetzt werden können – ein (was die Antragstellerin hier annimmt) gemessen an dem formulierten Bedarf objektiv zu geringer Ansatz wird vergaberechtlich nur dann zum Problem, wenn das Budget so niedrig gegriffen wird, dass ein Großteil der potentiellen Leistungserbringer als Bieter ausscheidet (Beck’scher Vergaberechtskommentar-Dörr, 3. Aufl. 2017, § 97 Abs. 1, Rn. 15; OLG Koblenz, Beschluss vom 4. Februar 2014 – 1 Verg 7/13:

“Die Festlegung einer Kostenobergrenze – auch wie hier als Ausschlusskriterium – ist grundsätzlich zulässig (siehe Wiedemann in: Kulartz/Marx/Portz/ Prieß, VOL/A, § 16 Rn. 279), auch weil der Auftraggeber damit offenlegt, wo die Grenze der Machbarkeit der Beschaffung erreicht ist. Etwas anderes mag gelten, wenn auf einem Markt mit nur wenigen potentiellen Nachfragern ein Auftraggeber seine Stellung missbraucht, um eine Ware oder Leistung unter Marktpreis einzukaufen, oder wenn die Kostenobergrenze bei Beschaffungen, auf die der Auftraggeber nicht verzichten kann, so niedrig angesetzt ist, dass ein Großteil der potentiellen Leistungserbringer als Bieter ausscheidet (siehe auch OLG Düsseldorf v. 19.10.2011 – Verg 54/11 -.”).

So verhält es sich vorliegend jedoch offenkundig nicht – allerdings wirkt sich das begrenzte Bau-Budget auf das Gebot der Antragstellerin aus, da es als Grundlage der Honorarberechnung dient und die Antragstellerin sich wegen der nach ihrer Auffassung unabsehbaren Risiken genötigt sah, mit einem Aufschlag von mehr als 90% zu rechnen. Die beiden anderen Bieter haben ihren Angeboten jedoch dieses begrenzte Budget zugrunde gelegt, ohne es zu beanstanden.

Zudem existiert ein Verbot, dem Auftragnehmer im Vertrag Wagnisse, auch erhebliche Wagnisse, aufzuerlegen, im Vergaberecht gerade nicht, insbesondere ist es nicht unzulässig, dem Auftragnehmer auch solche Risiken aufzubürden, die nach dem gesetzlichen Leitbild grundsätzlich den Auftraggeber treffen (Ziekow/Völlink-Trutzel, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 31 VgV, Rn. 30, mit zahlreichen weiteren Nachweisen), vielmehr kann dies jedenfalls bis zur Grenze der Unzumutbarkeit geschehen (Trutzel a.a.O., Rn. 31).

Ob vor diesem Hintergrund – wie die Antragstellerin meint – die Regelung der Ziffern 1.2. des Vertrags, wonach die Budgetvorgabe “bestmöglich abgebildet werden” solle und der Ziffer 3.1.2.1 des Vertrags, wonach es Pflicht des Auftragnehmers ist, “alles zu tun … um (die Einhaltung der Programmkosten) zu erreichen”, überhaupt zu einer relevanten und vergaberechtlich zu beanstandenden Widersprüchlichkeit und damit Intransparenz des Vertrags führen kann (so Nachprüfungsantrag Rn. 71), kann dahinstehen. Denn tatsächlich ist im abgeänderten Vertragsentwurf (Ordner 19 der Vergabeakte, Dokument 2-2…) dem zwischen den Parteien unstreitigen Umstand, dass das Budget von Euro 425.000.000 möglicherweise (oder sogar wahrscheinlich) nicht genügen wird, hinreichend Rechnung getragen. Denn die strikte – und vielleicht im o.g. Sinne “unzumutbare” – starre Kostengrenze, wie sie in § 1, Ziffer 1.2 des urspünglichen Vertragsentwurfs vorgesehen war, ist nach den neugefassten Regelungen durch ein durchaus flexibles System ersetzt worden, innerhalb dessen der jeweilige Auftragnehmer auf die etwaige Unauskömmlichkeit des Budgets reagieren kann und die Auftraggeberin verpflichtet wird, hierauf angemessen zu reagieren. Soweit die Antragstellerin diese Formulierungen beanstandet, da sie es letztlich ins Belieben des Auftraggebers stellten, welche Lösungen akzeptabel seien, ist dem nicht zu folgen: Zum einen ist erneut darauf zu verweisen, dass die Überbürdung von Risiken durchaus zulässig ist, zum anderen und vor allem aber ist durch die in den endgültigen Vertragsentwurf eingefügten Regelungen klargestellt, dass die Auftraggeberin sich vernünftigen und sachgerechten Vorschlägen des Planers zur Reduzierung von Quantitäten und/oder Qualitäten gerade nicht verweigern kann: Ob Vorschläge “geeignet” und wie sie in “Abstimmung der Parteien in die Planung zu integrieren” sind (§ 3, Ziffer 3.1.2.1 des Vertrags) steht hiernach gerade nicht im freien Belieben der Auftraggeberin, vielmehr ist diese gerade unter Berücksichtigung der Regelung in § 1, Ziffer 1.2., 3. Absatz des Vertrags verpflichtet, “partnerschaftlich”, also letztlich nach Maßgabe von Treu und Glauben, an der Erarbeitung einer Lösung mitzuwirken. Dass die Parteien insoweit ggf. verschiedener Auffassung sein können und es daher nötig werden könnte, die Angemessenheit einer Lösung streitig zu klären, stellt kein unzumutbares Risiko dar, sondern ist jedem Austauschvertrag immanent.

4.) Soweit die Antragstellerin sich mit ihrem Nachprüfungsantrag gegen den Wertungsprozess der Antragsgegnerin wendet, dringen ihre insoweit unproblematisch zulässigen, insbesondere nicht präkludierten Rügen in einem Punkt durch.

a) Nicht zu folgen ist insoweit allerdings dem Ansatz der Vergabekammer, die sich in diesem Zusammenhang vor allem daran stört, dass die Ableitung der jeweiligen Punktwerte aus den “+”-, “-“- und “0”-Zeichen in den Blättern 2 bis 6 der Anlage zum Bewertungsprotokoll nicht nachvollziehbar sei.

Das von der Vergabekammer insoweit angenommene arithmetische System der Punktvergabe (bei dem dann “+”-/”-“-/”0”-Wertungen in irgendeiner Weise zu verrechnen gewesen wären) existierte tatsächlich nicht. Den entsprechenden Ausführungen des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2022 (Sitzungsprotokoll Seite 8 oben) ist auch die Antragstellerin mit ihrer Stellungnahme vom 10. Januar 2023 nicht mehr entgegengetreten.

Die fraglichen, jeweils neben den zu dem jeweiligen Bieter je Merkmal verfassten Text gesetzten Zeichen (0/+/-) bringen vielmehr anschaulich zum Ausdruck, welche Wertung das Gremium zu dem jeweiligen Bewertungspunkt in der Tendenz getroffen hat und beziehen sich – wie im Bieterleitfaden, dort Seite 5, auch vorgesehen – auf das mit jeweils zehn Punkten bewertete beste Angebot.

Die in der Anlage zum Bewertungsprotokoll entsprechend den Vorgaben der veröffentlichten Bewertungsmatrix zu jedem einzelnen Bewertungsmerkmal aufgenommenen Texte lassen die Bepunktung entgegen der Argumentation der Antragstellerin auch durchaus nachvollziehbar erscheinen: Beispielhaft sei auf das Merkmal 2a verwiesen, für das das Angebot der Antragstellerin mit einem “-” versehen wurde: Dem Langtext in Spalte 2 der Matrix lässt sich durchaus entnehmen, weshalb eine kritische Wertung vorgenommen wurde – so findet sich die Aussage, dass eine Aufteilung unter die drei Architekturbüros, die sich zur Antragstellerin verbunden haben, nach Funktionsbereichen und Schwerpunkten erfolgen soll, dass hierdurch die Aufbauorganisation und Aufgabenverteilung wenig nachvollziehbar wäre, im Organigramm ein weiterer Nachunternehmer ohne Spezifizierung genannt werde, das Thema BIM fehle und im Organigramm keine eindeutige Zuordnung und Planungsverantwortung wiedergespiegelt werde. Dass dieser “Langtext” das Setzen eines “-” rechtfertigte, leuchtet jedem Leser der Matrix ohne weiteres ein.

Gleiches gilt bei genauer Betrachtung auch zur von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz im Verfahren vor der Vergabekammer vom 15. Juni 2022 (dort ab Rn. 41) gerügten Bewertung zu Ziffer 2c der Matrix: Gerade bei der gebotenen Zusammenschau mit Kriterium 2a, zu dem offenbar unklare Kompetenzzuweisungen zum Punktabzug geführt haben, ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass auch die Benennung zweier stellvertretender Projektleiter (ohne Kompetenzabgrenzung) zu einem Punktabzug führen kann – und zwar auch bei absoluter Betrachtung und ohne dass es hierzu nötig wäre, auf den (möglicherweise klareren) Inhalt der Gebote der beiden anderen Bieter zu diesem Punkt abstellen zu müssen. Insoweit kann – anders die Antragstellerin (Rn. 46/47 ihres Schriftsatzes vom 15. Juni 2022) meint – auch nicht die Rede davon sein, dass die Antragsgegnerin insoweit offenbar willkürlich, nämlich nur basierend auf einem “bloßen Gefühl” gewertet habe.

Sicher ist der Antragstellerin zuzugeben, dass die Bewertung für sie noch transparenter und nachvollziehbarer wäre, wenn auch die Texte und Bewertungen der anderen Bieter eingesehen werden könnten. Dies aber ist offenkundig ohne Offenlegung wesentlicher Teile der Gebote der beiden anderen Bieter nicht möglich und nach Auffassung des Senats auch nicht geboten, da die Wertungen zur Antragstellerin im Rahmen der Matrix, also das Setzen von “0”, “+” oder “-“, auch ohne dies hinreichend jeweils nachvollziehbar sind. Dies gilt jedenfalls bei der gebotenen Zusammenschau dieser Einzelbewertungen mit der “Zusammenfassenden Beurteilung” ab Seite 7 der Anlage zum Bewertungsprotokoll, die handgreiflich verdeutlicht, weshalb jeweils “-“-Zeichen gesetzt wurden und wie sich die einzelnen Defizite konkret auf die Wertung ausgewirkt haben.

Dass die Antragsgegnerin bzw. das von ihr eingesetzte Auswahlgremium die ihr insoweit im Rahmen des § 58 Abs. 3 VgV zuzumessenden subjektiven Beurteilungsspielräume (OLG Celle, Beschluss vom 12. Januar 2012 – 13 Verg 8/11; OLG München, Beschluss vom 7. April 2011 – Verg 5/11) überschritten hätte, lässt sich danach nicht feststellen.

b) Begründet ist allerdings die Rüge der Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin entgegen ihrer Aufforderung zur finalen Angebotsabgabe vom 14. Dezember 2021 (Ordner 19 der Vergabeakte, Dokument 1-21…) im Rahmen der Wertung nicht nur die Inhalte der schriftlichen Gebote der Bieter berücksichtigt, sondern vielmehr in unzulässiger Weise auch Inhalte aus den mündlichen Präsentationen bzw. Verhandlungen im Rahmen der Wertung berücksichtigt habe.

Tatsächlich finden sich bei der Bewertung des Angebots der Antragstellerin zu den Kriterien 2a, 2b, 2c und 3d Hinweise auf im Termin gewonnene (oder auch nicht gewonnene) Informationen, noch vereinzelter findet sich Ähnliches auch hinsichtlich der beiden anderen Bieter.

Dass es sich insoweit – so die Antragsgegnerin – nur um zulässige Erläuterungen der schriftlichen Unterlagen anhand von Erkenntnissen aus dem Termin handele und nicht um echte Bestandteile der Wertung, vermag der Senat nicht zu erkennen: Z.B. die Aussage zu Punkt 2a “Im Termin wurde dies zwar benannt, aber nicht hinreichend erläutert”, bezieht sich zwar in der Tat auf die unmittelbar zuvor stehende Wertung, wonach “Aufbauorganisation und Aufgabenverteilung im Projekt wenig nachvollziehbar” seien. Schon rein sprachlich kann hier jedoch von einer bloßen Erläuterung nicht die Rede sein, vielmehr legt die Formulierung nahe, dass die Bieterin nicht in der Lage gewesen sei, die auftraggeberseits insoweit im Termin formulierten Bedenken auszuräumen – ein ganz eindeutig negativer Punkt, indem dem Bieter (jedenfalls ist dies ein naheliegendes Verständnis der Passage) gewissermaßen vorgehalten wird, dass er nicht einmal bei Konfrontation mit dem Problem angemessen reagiert habe.

Da nach dem Inhalt des Schreibens vom 14. Dezember 2021 die Bewertung auch von Erkenntnissen aus den mündlichen Terminen nicht zulässig war und der Senat nicht ausschließen kann, dass solche Erkenntnisse zum Nachteil der Antragstellerin bewertet wurden, liegt insoweit ein erheblicher Verfahrensfehler vor, dem durch Rückversetzung des Verfahrens in das Stadium vor Vollzug der Wertung hinreichend abgeholfen werden kann.

5.) Der von Seiten der Antragstellerin gerügte Verstoß gegen § 17 Abs. 10 VgV liegt nicht vor.

Die Bieter hatten vorliegend keinen Anspruch auf eine zweite Verhandlungsrunde.

Der Auftraggeber hat bei der Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens einen weiten Ermessensspielraum; insbesondere liegt in seinem Ermessen, wie viele Verhandlungs- und Angebotsrunden es gibt, wobei er diese Entscheidung auch in Abhängigkeit vom Ablauf des bisherigen Verfahrens treffen kann, solange er die Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung beachtet (Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal-Dieckmann, VgV/UVgO, 3. Aufl. 2022, § 17 VgV, Rn. 17; Beck’scher Vergaberechtskommentar-Dörn, 3. Aufl. 2019, § 17 VgV, Rn. 25/26).

Mit der Aufforderung zum finalen Angebot hat die Antragsgegnerin hier deutlich und für alle drei Bieter hinreichend transparent zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht mehr verhandeln will.

6.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 175 Abs. 2 i.V.m. 71 GWB, die angeordnete Quote entspricht der Billigkeit, da die Beschwerde der Antragsgegnerin weit überwiegend Erfolg hat.

Der Gegenstandswert war gem. § 50 Abs. 2 GKG anhand der realistischen Schätzung des Bruttoauftragswerts durch die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeschrift auf Euro 1.338.035,30 festzusetzen; die Zuziehung von Prozessbevollmächtigten war für beide Parteien notwendig.

Über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer wird diese unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden haben.

Die besondere Entscheidung: OLG Düsseldorf: In puncto Baugrund erkennbar lückenhaftes Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnehmen, sondern sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe des Angebots klären

Die besondere Entscheidung: OLG Düsseldorf: In puncto Baugrund erkennbar lückenhaftes Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnehmen, sondern sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe des Angebots klären

vorgestellt von Thomas Ax

Schließt der Auftragnehmer einen Vertrag auf der Grundlage einer Schlussfolgerung, die gegenüber dem Vertragspartner vor Vertragsschluss nicht offen gelegt und auch nicht Vertragsbestandteil wurde, geht es zu seinen Lasten, wenn sich diese Schlussfolgerung im Nachhinein als unzutreffend erweist.

Der Fall: Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Ausschreibung des Beklagten demgegenüber hinsichtlich der Beschreibung der Bohrbarkeit nicht erschöpfend war und somit den formellen Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung nach der VOB/A nicht genügt haben mag. Weder das in Bezug genommene Baugrundgutachten noch die Ausschreibung selbst enthielten explizite Angaben zur Bohrbarkeit.

Das OLG Düsseldorf: Fehlen solche, kann der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag aber nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Auftragnehmer von einer bestimmten Bohrbarkeit ausgehen darf.

Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu den von der Klägerin im ihrem Schriftsatz vom 06.01.2015 zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2013, 1957; NJW 2013, 3511; jeweils zitiert nach juris).

Werden Bodenarbeiten ohne Hinweis auf eine Kontamination des Aushubmaterials ausgeschrieben, obwohl diese nach der einschlägigen DIN anzugeben gewesen wäre, und lässt sich diese auch nicht aus sonstigen Umständen entnehmen, kann der Auftragnehmer davon ausgehen, dass keine Kontamination besteht und nur der Aushub schadstofffreien Bodens geschuldet war (vgl. BGH NJW 2013, 1957; zitiert nach juris). Fehlt ein Hinweis auf eine nur zeitweise bestehende Baufreiheit, kann der Unternehmer davon ausgehen, dass diese durchgängig gegeben ist, auch wenn sich dies nicht eindeutig aus der Ausschreibung ergibt (vgl. BGH NJW 2013,3511; zitiert nach juris). Beiden Entscheidungen ist gemein, dass mangels eindeutiger abweichender Angaben der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag so auszulegen war, dass der Unternehmer mit den jeweiligen Erschwernissen (Bodenkontamination, Hochspannungsleitung) nicht zu rechnen brauchte. Anders liegt der Fall jedoch bei der Bohrbarkeit eines Bodens. Fehlen hierzu Angaben, kann nicht unterstellt werden, dass zwischen den Parteien nach ausschreibungskonformer Auslegung ein bestimmter Grad der (einfachen) Bohrbarkeit vereinbart werden sollte.

Glaubt der Auftragnehmer, wie hier die Klägerin, aufgrund seiner Erfahrung anhand der ihm bekannten Feststellungen eines Baugrundgutachtens von diesen auch auf die Bohrbarkeit schließen zu können, übernimmt er damit zugleich das Risiko, das in dieser Schlussfolgerung, die nicht Vertragsbestandteil wurde, liegt.

Schließt der Auftragnehmer einen Vertrag auf der Grundlage einer Schlussfolgerung, die gegenüber dem Vertragspartner vor Vertragsschluss nicht offen gelegt und auch nicht Vertragsbestandteil wurde, geht es zu seinen Lasten, wenn sich diese Schlussfolgerung im Nachhinein als unzutreffend erweist.

Der Wirksamkeit eines Vertragsschlusses steht dies nicht entgegen, denn der Auftragnehmer ist nicht gehindert, ein Risiko zu übernehmen, das sich durch ein Angebot auf eine unklare oder unvollständige Leistungsbeschreibung ergibt (vgl. BGH NJW 2008, 2106, zitiert nach juris). Stellt sich nach der gebotenen Vertragsauslegung heraus, dass er nach dem Vertrag eine Leistung schuldet, die er infolge der Unklarheit oder Unvollständigkeit der Leistungsbeschreibung so nicht einkalkuliert hat, kann er von den Gerichten keine Korrektur seiner für ihn nachteiligen Vertragsentscheidung verlangen (BGH, aaO; m.w.N.). Solche Fälle können insbesondere dann vorliegen, wenn für die Kalkulation notwendige Angaben fehlen (vgl. BGH, aaO unter Verweis auf BGH BauR 1997, 464 = ZfBR 1997, 197).

Dieses Ergebnis kann der Auftragnehmer dadurch vermeiden, dass er ein erkennbar lückenhaftes Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnimmt, sondern entsprechend seiner vorvertraglichen Obliegenheit sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe des Angebots klärt. Aufkommende Zweifel hat er vor Abgabe des Angebots auszuräumen, wenn sich das mit zumutbarem Aufwand machen lässt (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.). Unterlässt der Unternehmer diese Aufklärung einer unklaren Leistungsbeschreibung, kann dies zur Folge haben, dass die Auslegung des Vertrages zu einem anderen Ergebnis kommt, als er es seiner Kalkulation zugrunde gelegt hat. So liegt der Fall hier. Das Leistungsverzeichnis war zwar hinsichtlich fehlender expliziter Angaben zur Bohrbarkeit lückenhaft. Die von der Klägerin geschuldete Leistung war ansonsten jedoch funktional unter Verweis auf das Baugrundgutachten ausreichend beschrieben.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015 – I-21 U 136/14

Gründe

I.

Die Klägerin als Auftragnehmerin und der Beklagte als Auftraggeber streiten um die Folgen eines seitens des Beklagten gekündigten Bauvertrages zu dem Bauvorhaben Klärwerk R… Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten Werklohn in Höhe von 3.107.215,24 € nebst Zinsen sowie 7.134,90 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend gemacht und darüber hinaus die Feststellung, dass sie vom Beklagten die Umsatzsteuer bezogen auf einen Betrag von 2.448.764,89 € nachverlangen könne, wenn sich hierfür eine Umsatzsteuerpflicht durch Europarecht ergebe, begehrt. Der Beklagte hat demgegenüber im Wege der Widerklage Mehrkostenerstattungsansprüche und Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt 1.330.309,20 € nebst Zinsen geltend gemacht. Neben Vergütungsfragen ist Hauptstreitpunkt der Parteien die Vertragsgemäßheit des Bodens, bzw. des Felsens und dessen Bohrbarkeit.

Vor Erstellung des Leistungsverzeichnisses beauftragte der Beklagte seine Streithelferin zu 1, der die Streithelfer zu 2 und 3 angehören, mit der Erstattung eines Bodengutachtens, das sie nach Kernbohrungen, Rammkernsondierungen und schweren Rammsondierungen unter dem 09.01.2003 erstellte. Das Gutachten beschreibt vier Bodenschichten. Unter 3.6 Bodenkenwerte wird zur Schicht 4 Fels ein Raumgewicht von 22 kN/m3 und eine Bodenklassifikation nach DIN 18300 mit 6-7 benannt. Zu “4. Gründung” heißt es für eine Gründungstiefe von ca. 197 m ü. NN:

“Nach Südosten hin steigt die Felsoberkante bis auf 203 m ü. NN an. Der Fels aus Ton- und Silitstein ist gut geklüftet und kann mit modernem Gerät vermutlich ohne Lockerungssprengungen gelöst werden.”

“5. Hinweise zur Bauausführung” empfiehlt als Gründungsvariante eine Baugrubensicherung mittels verankerter Bohrpfahlwand. In den Schichtenverzeichnissen des Baugrundgutachtens ist für die Schicht Fels durchweg als Beschaffenheit nach Bohrvorgang aufgeführt: “Schwer zu bohren”. Wegen der weiteren Einzelheiten zu dem Baugrundgutachten vom 09.01.2003 wird auf die Anlage B 76 verwiesen.

Die Streithelferin zu 4 des Beklagten stellte das Leistungsverzeichnis (Anlage B79) auf, das unter “4. Verbau”, an verschiedenen Stellen auf das Bodengutachten Bezug nimmt. Der 1. Bauabschnitt wird dort wie folgt beschrieben:

“1. Bauabschnitt

4.1.1. Verbau als überschnittene Bohrpfahlwand aus Stahlbeton, als Normalbeton DIN 1045, mind. B25, jeder zweite Pfahl wird bewehrt, Ausführung gemäß DIN 4124 sowie DIN 18303

Verbautiefe und Bodenarten gemäß Bodengutachten bzw. beigefügten Planunterlagen.Verbaulänge: ca. 70,0 mDurchmesser der Pfähle gemäß der durch den AN vorgelegten und geprüften Statik.Die statisch erforderliche Bewehrung ist einzukalkulieren.Die Bohrpfahlwand verbleibt für spätere Grundwasserabsenkungen im Baugrund. Über eine separate Position werden Anpassungsarbeiten an den Köpfen der Bohrpfahlwand separat vergütet.

Bohrschablone, Aussteifungen, Verankerungen und dafür erford. Kernbohrungen sowie zugehörige Baustelleneinrichtungen sind einzukalkulieren.”

Im Rahmen der Ausschreibung machte die Klägerin am 02.02.2004 ein Angebot (Anlage K 1). Am 23.03.2004 und 25.03.2004 fanden zwischen den Parteien protokollierte Bietergespräche statt. Der Beklagte erteilte der Klägerin unter dem 26.04.2004 den Auftrag zu einer Angebotssumme in Höhe von 5.180.273,72 €, einschließlich 16 % USt (Anlage K 8). Mit Schreiben vom 14.05.2004 teilte die Klägerin dem Beklagten eine korrigierte Auftragssumme in Höhe von 5.183.315,12 € mit (Anlage K 9). Sodann hinterlegte die Klägerin bei dem Beklagten ihre Urkalkulation (Anlage K 10). Am 24.06.2004 überreichte die Klägerin dem Beklagten einen Bauzeitenplan, der als Vertragsfrist für den Beginn der Verbauarbeiten den 07.06.2004 vorsah (Anlage B 3). In dem Bauzeitenplan ist als tatsächlicher Beginn die 26. KW vermerkt. Am 23.06.2004 unterbereitete die Klägerin ein Nachtragsangebot zum Verbau (Anlage K 15). Mit Schreiben vom 02.06.2004 teilte die Klägerin dem Beklagten die Ergebnisse der Bodenuntersuchung mit.

Mit Schreiben vom 28.06.2004 (Anlage K8) machte die Klägerin eine Behinderung und Unterbrechung der Ausführung gemäß § 6 VOB/B geltend und teilte mit, der ausgeschriebene Verbau mit Bohrpfahlwänden im Bereich des Nachklärbeckens I sei nicht – jedenfalls nicht ohne weiteres – möglich. Der Beklagte wies die Behinderungsanzeige der Klägerin vom 28.06.2004 unter Verweis auf eine Stellungnahme seiner Streithelferin zu 4 zurück (Anlagen K 16 und 17). Am 02.07.2004 gab der Beklagte den von der Klägerin aufgestellten Detailterminplan frei (Anlage B 5).

In der Folgezeit verzögerten sich die Arbeiten wegen Auseinandersetzungen der Parteien im Zusammenhang mit der Verbaustatik des ersten Bauabschnittes, weiteren Behinderungsanzeigen und deren Zurückweisung, der Berechtigung von Nachtragsangeboten und deren Vergütung, wobei wegen der Einzelheiten auf die Darstellung im erstinstanzlichen Urteil verwiesen wird.

Am 26.10.2004 schloss die Klägerin mit ihrer Streithelferin einen Nachunternehmervertrag (Anlage B 46), nach dessen Leistungsverzeichnis im Einheitspreis das Abteufen der Bohrung mit einem Durchmesser von 90 cm im Boden der Bodenklasse 3-7 (FD4 über 100 MN/m2) gemäß Baugrundgutachten, enthalten war. Weiter heißt es dort in der Anlage 1 zum Vertrag:

“Falls Bohrungen im Festgestein angeboten sind, gilt der Preis für einaxiale Druckfestigkeiten bis 120 MN/m2. Gutachten ist Vertragsbestandteil.”

Am 10.11.2004 begann die Streithelferin der Klägerin mit den Bohrarbeiten an dem Pfahl Nr. 317. Mit Schreiben vom 11.11.2004 (Anlage K 43) gab die Streithelferin der Klägerin dieser gegenüber eine Behinderungsanzeige ab, da sie bereits bei einer Bohrtiefe von 6,5 m Fels angetroffen habe, der nach den Angaben des Bodengutachtens normalerweise mindestens 3 m tiefer liegen sollte; die Festigkeit des Gesteins habe sehr schnell zugenommen und aus den erbohrten Gesteinsbrocken in der Tiefenlage von 6,5 – 9,5 m ließe sich keine mäßige bis stark geklüftete Zusammensetzung erkennen. Erste Auswertungen hätten eine einaxiale Druckfestigkeit im Bereich von über 250 N/mm² ergeben. Die Bohrung sei bei einer Tiefe von ca. 13,90 m unter Geländeoberkante abgebrochen worden, da ein weiterer Bohrfortschritt nicht zu erzielen gewesen sei. Am gleichen Tag meldete die Klägerin ihrerseits dem Beklagten “Baustillstand gemäß § 6 VOB/B”. Die nach Aufforderung des Beklagten mit Schreiben vom 12.11.2004 (Anlage K 44a) konkretisierte Behinderung wies der Beklagte am 15.11.2004 (Anlage K 45) unter Bezugnahme auf das Bodengutachten der Streithelferin zu 1 als unbegründet zurück, das den Fels als zum Teil schwer bohrbar beschrieben habe. Nach den anerkannten Regeln der Technik sei mit dem angewandten Trockendrehbohrverfahren ein Bohrfortschritt im Fels der Bodenklasse 7 nicht möglich. In diesen Fällen sei das Bohrverfahren mit dem Schlagbohrer und schweren Kreuz- und Ringmeißel zu ergänzen. Eine Grenze für eine einaxiale Druckfestigkeit des Felsens sei nicht vereinbart worden.

Am 19.11.2004 stellte die Klägerin bzw. ihre Streithelferin die Bohrtätigkeit ein.

Die Klägerin rügte mit Schreiben vom 23.11.2004 (Anlage K 46) gegenüber dem Beklagten u.a., dass im Baugrundgutachten zwingende Angaben über die Gesteinsfestigkeit fehlten. Auch seien die Bodenkennwerte lediglich gemäß der DIN 18300 angegeben worden, diese DIN gelte aber nur für Erdarbeiten. Da nach dem Baugrundgutachten das beschriebene Gestein problemlos zu bohren sei, habe sie mit einer einaxialen Druckfestigkeit von 50 – 100 MN/m² kalkuliert. Die neuesten Prüfergebnisse hätten aber ergeben, dass es sich bei dem Gestein um eine feinkörnige quarzitische Grauwacke mit Druckfestigkeiten zwischen 140 und 150 MN/m ² handele.

Die Streithelferin zu 1 des Beklagten wies mit Schreiben vom 26.11.2004 (Anlage K 50) gegenüber dem Streithelfer zu 4 des Beklagten die klägerischen Rückschlüsse aus dem Baugrundgutachten zurück.

Es folgte weiterer Schriftwechsel der Parteien bzw. ihrer Streithelfer, wobei wegen

der Einzelheiten auf das landgerichtliche Urteil verwiesen wird. Sodann wies der Beklagte mit Schreiben vom 01.12.2004 (Anlage K 47) gegenüber der Klägerin die angemeldete Baubehinderung weiter als unbegründet zurück.

In der 13. Baubesprechung vom 02.12. 2004 bestätigten die Vertreter der Klägerin, in den Bereichen, wo mit der Felsbohrschnecke ein Bohrfortschritt nicht mehr erzielt werden könnte, bestünden weitere technische Möglichkeiten zur Fortsetzung der notwendigen Bohrarbeiten durch Einsatz eines Imlochhammers oder durch Lockerungssprengungen (Anlage B 13).

Die Klägerin übermittelte mit Schreiben vom 10.12.2004 dem Beklagten ein Nachtragsangebot Nr. 3 im Wesentlichen bezogen auf Lockerungssprengungen in Höhe von netto 408.421,12 € (Anlage K 53 und 54). Der Beklagte lehnte die Erteilung von Nachträgen ab und veranlasste weitere Baugrunduntersuchungen.

Mit Schreiben vom 28.01.2005 (Anlage K 58) äußerte die Klägerin gegenüber dem Beklagten Bedenken dagegen, dass dieser überlege, die Sprengungen selbst durchzuführen. Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 08.02.2005 (Anlage K 62) mit, aus seiner Sicht sei die seitens der Klägerin mehrfach nachgefragte Probesprengung entbehrlich, da durch eine vorlaufende Bohrung auch die Tiefenlage und Härte eines anstehenden Felsens ermittelt werden könne. Damit ließe sich dann vor Ort kurzfristig die Entscheidung über im Einzelfall notwendige Sprengarbeiten treffen. Der entsprechende Vorlauf der Bohrung und der Sprengarbeiten sei durch eine gemeinsame Festlegung sicherzustellen. Weiter überreichte der Beklagte mit diesem Schreiben einen Vergleichsvorschlag als Diskussionsgrundlage, den die Klägerin am 10.02.2005 (Anlage K63) ablehnte.

Mit einem weiteren Schreiben vom 10.02.2005 gab die Klägerin gegenüber dem Beklagten eine Auftragsbestätigung für Probepfähle ab (Anlage K 64). Der Beklagte wies die Auftragsbestätigung in Teilen durch Schreiben vom 15.02.2005 (Anlage K 65) zurück.

Mit Schreiben vom 17.02.2005 übermittelte die Klägerin dem Beklagten ein Angebot für Probesprengungen der Firma Bohr- und Sprengtechnik W..W.. (Anlage K 66). Der Beklagte beauftragte die Firma W… mit Schreiben vom 23.02.2005 und teilte dies unter demselben Datum der Klägerin mit (Anlage K 67). Die Klägerin fragte mit Schreiben vom 14.03.2005 bei dem Beklagten nach dem Stand der Probesprengungen an. Weiter wies die Klägerin darauf hin, nach ihren Informationen habe das Sprengunternehmen die Probesprengungen nicht erfolgreich durchführen können (Anlage K 68). Der Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 15.03.2005 (Anlage K 69) darauf hin, eine umfassende Einigung im Rahmen eines Gesamtvergleichs sei nicht erreicht worden und es werde nunmehr weiter die Auffassung vertreten, dass die Klägerin zu Unrecht Behinderung angezeigt habe und daher etwaig erforderliche Sprengungen allein in ihrem Verantwortungsbereich lägen. Weiter führte der Beklagte aus:

“Für die dauerhafte Wiederaufnahme der vertraglich geschuldeten Leistungen, hier insbesondere im Verbau Gewerk, einschließlich des Beginns von etwa erforderlichen Sprengarbeiten setzen wir Ihnen hiermit letztmalig eine Frist bis zum Mittwoch, den 30.03.2005, 9:00 Uhr. Sollten Sie die vorstehende Frist abermals fruchtlos verstreichen lassen, wird Ihnen der WV den Auftrag gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B entziehen.”

Die Klägerin widersprach der Kündigungsandrohung mit Schreiben vom 23.03.2005 (Anlage K 70). Der Beklagte selbst habe die Lockerungssprengungen bei der Sprengfirma W… beauftragt. Zudem hätten sich die ursprünglichen Grundlagen wegen veränderter Geländehöhen wesentlich verändert und die Anweisung, statt eines temporären einen dauerhaften Verbau durchzuführen, beinhalte unstreitig Mehrleistungen. Mit Schreiben vom 31.03.2005 (Anlage K 71) blieb der Beklagte bei seiner Auffassung, etwaig erforderliche Lockerungssprengungen seien von der Klägerin hauptvertraglich geschuldet. Er kündigte in diesem Schreiben den Auftrag teilweise beschränkt auf das Gewerk der Einbringung der Bohrpfähle und hier bezogen auf erforderliche Lockerungssprengungen. Die Lockerungssprengarbeiten sowie deren Nebenarbeiten würden nun unmittelbar und umgehend durch ein Drittunternehmen auf Kosten der Klägerin nach § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ausgeführt werden. Die Klägerin widersprach der Teilkündigung mit Schreiben vom 04.04.2005 (Anlage K 72) und wies darauf hin, dass durch die Sprengarbeiten die Bohrschablone zerstört werde. Der Beklagte beauftragte die Firma R… Sprengtechnik aus Wuppertal, die ab dem 13.04.2005 mit den Sprengarbeiten begann. Mit Schreiben vom 25.04.2005 (Anlage K73) setzte der Beklagte der Klägerin u.a. eine Frist für die Wiederaufnahme der Leistungen spätestens zum 09.05.2005, verbunden mit der Androhung, danach den Vertrag ohne weitere Nachfristsetzung insgesamt zu kündigen. Mit Schreiben vom 26.04.2005 (Anlage K 74) ging der Beklagte auf das Nachtragsangebot 1b ein und teilte wiederholt mit, dieses Angebot sei nicht prüffähig, jedoch sei er bereit, die bereits in dem Schreiben vom 25.04.2005 erwähnten 83.956,26 € zu zahlen. Die Klägerin wies die mangelnde Prüfbarkeit des Nachtragsangebots Nr. 1b zurück und widersprach danach mit Schreiben vom 03.05.2005 (Anlage K 76) den Kürzungen des Nachtragsauftrages.

Mit Schreiben vom 11.05.2005 (Anlage K 78) meldete die Klägerin erneut eine Baubehinderung an, da die Firma R… die Bohrschablonen und das bereits erstellte Planum beschädigt habe. Sie plane die erneute Baustelleneinrichtung zum 13.05.2005 durchzuführen. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 11.05.2005 (Anlage K 79) die Behinderungsanzeige zurück. Weiter heißt es dort:

“Nach alledem ist eine Behinderung Ihres Unternehmens beim besten Willen nicht erkennbar und wird seitens des W… auch nicht akzeptiert. Sofern Sie mitteilen, dass das Bohrgerät nunmehr am 13.05.2005 antransportiert werden soll, machen wir nochmals auf die mit heutigem Telefax letztmalig auf den 18.05.2005 bestimmte Nachfrist zur Wiederaufnahme der Bautätigkeit in Form des Beginns der Bohrtätigkeit aufmerksam. Sofern eine längere Einrichtungszeit des Bohrgeräts einzuplanen wäre, sollten Sie in Ihrem eigenen Interesse für eine frühere Disposition des Geräts Sorge tragen, um die Einhaltung des vorgenannten Termins nicht zu gefährden. Wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, wird der bestehende Bauvertrag bei Ausbleiben einer namhaften Bohrtätigkeit ohne weitere Diskussion am 18.05.2005 gekündigt.”

Mit einem weiteren Schreiben vom 11.05.2005 (Anlage K 80) zeigte der Beklagte gegenüber der Klägerin auf, sie habe die Frist von 09.05.2005 fruchtlos verstreichen lassen, da das Bohrgerät ihrer Streithelferin immer noch nicht angeliefert worden sei. Der Bauvertrag sei damit kündigungsreif, es werde aber eine letztmalige Nachfrist zum 18.05.2005 gesetzt.

Die Klägerin nahm gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 12.05.2005 (Anlage K 81) nochmals zu dem Thema der Nachträge Stellung.

Am 13.05.2005 richtete die Klägerin die Baustelle erneut ein und am 17.05.2005 wurden die Bohrarbeiten wieder aufgenommen. Die Streithelferin der Klägerin teilte dieser mit, die erste Bohrung sei bei dem Pfahl Nr. 360 auf dem hohen Plateau angesetzt und in einer Tiefe von ca. 7,00 m unter Bohransatz sei der Felshorizont angetroffen worden. Die Bohrdauer bis dahin habe 0,50 Stunden betragen. Für die Bohrung bis 0,50 m über planmäßiger Sollunterkante seien 2,00 Stunden benötigt worden, die Bohrtiefe im Fels betrage ca. 6,20 m. Die Streithelferin äußerte zudem, der durch die Lockerungssprengungen aufbereitete Fels entspreche in seiner Bohrbarkeit nicht den zu erwartenden Eigenschaften gemäß dem vertraglichen Bodengutachten, weshalb die Behinderung der Bauarbeiten angemeldet werde und man bitte um kurzfristige Mitteilung, wie weiter verfahren werden solle (Anlage K 82).

Die Klägerin informierte den Beklagten über diese Behinderungsanzeige mit Schreiben vom 19.05.2005 (Anlage K 83). Weiter heißt es dort:

“Wir können von uns derzeit nicht beurteilen, ob der Sachverhalt so richtig ist. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie von sich aus den Vorgang prüfen würden, um ggf. auch Gegenargumente zu einer solchen Baubehinderungsanzeige formulieren zu können.

Auch wir müssen der Form halber Baubehinderung gemäß VOB/B § 6 anmelden.”

Der Beklagte kündigte gegenüber der Klägerin den Bauvertrag mit Schreiben vom 20.05.2005 insgesamt außerordentlich und fristlos, da sie sich über die Nachfristsetzung hinaus im Leistungsverzug befinde und das vertragliche Vertrauensverhältnis zerrüttet sei. Die vertraglich begründeten Kooperationspflichten seien von der Klägerin sowohl im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Arbeiten als auch in den zurückliegenden Monaten nicht nur permanent verletzt worden, vielmehr sei für den Beklagten nicht erkennbar, dass die Klägerin überhaupt kooperieren wolle. Sie habe keine ordnungsgemäße Bauleitung betrieben, insbesondere sei die Baustelle nicht permanent besetzt gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 12.2 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 21.05.2005 (Anlage K 84) widersprach die Klägerin der Kündigung.

Ein gemeinsames Aufmaß scheiterte. Die Klägerin nahm ein eigenes Aufmaß vor.

Die Klägerin legte unter dem 15.07.2005 eine Schlussrechnung Nr. 116/05 für erbrachte Leistungen in Höhe von netto 679.239,35 € zzgl. 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 108.678,30 €, mithin in Höhe von brutto 787.917,65 € (Anlage K 85). Ebenfalls unter dem 15.07.2005 legte die Klägerin Schlussrechnung für nicht erbrachte Leistungen aus dem Los 1 abzgl. ersparter Aufwendungen in Höhe von netto 1.470.551,04 € (Anlage K 86). Schließlich berechnete die Klägerin dem Beklagten ebenfalls unter dem 15.07.2005 für die Lose 2 und 3 für nicht erbrachte Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen netto 978.213,85 € (Anlage K 87).

Die Klägerin beauftragte sodann die Firmen M…, D… und HochTief, die das Bauvorhaben zu Ende führten. Die Drittfirmen erstellten sodann Rechnungen entsprechend den Anlagen B 58a ff.

Vor dem Landgericht Bielefeld klagte die Streithelferin der Klägerin gegen die Klägerin auf Zahlung einer Vergütung für erbrachte Leistungen und nicht erbrachte Leistungen nach § 649 BGB. Die Streithelferin begehrte die Freigabe eines hinterlegten Betrages in Höhe von 98.000 € und die Zahlung eines weiteren Betrages in Höhe von 209.728,88 €. Der Beklagte trat in diesem Prozess, LG Bielefeld, Az. 16 O 1/06, der Klägerin als Nebenintervenient bei und verkündete darüber hinaus den Streit ihr gegenüber. Das LG Bielefeld wies die Klage ab, da im Verhältnis der Klägerin zu ihrer Streithelferin das Bohren bis zu einer Druckfestigkeit von bis 120 MN/m² vereinbart gewesen sei und die Streithelferin nicht nachgewiesen habe, dass solche Druckfestigkeiten überschritten worden wären. In dem Berufungsverfahren vor dem OLG Hamm erklärten die dortigen Parteien übereinstimmend – unter Widerspruch des hiesigen Beklagten – nur das Bohren in Ton- und Silit-Gestein sei vereinbart gewesen. Die etwaige Erhöhung der Obergrenze der Festigkeit auf 120 MN/m² habe sich nur auf die konkrete Gesteinsart Ton- und Silit-Gestein bezogen. Auf dieser Grundlage änderte das OLG Hamm das Urteil des LG Bielefeld am 23.03.2012 durch Urteil vom 23.03.2012, 26 U 135/08, teilweise ab und verurteilte, unter jeweiliger Abweisung der Klage und der Widerklage im Übrigen, die Klägerin zu einer Freigabe von 61.678,88 € zu Gunsten der Streithelferin und umgekehrt die Streithelferin zur Freigabe der restlichen 36.321,12 € zu Gunsten der Klägerin.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Bauverzögerungen gingen zu Lasten des Beklagten, da der Fels nicht vertragsgemäß gewesen sei, was auch aus dem Urteil des OLG Hamm folge. Der Beklagte habe daher ihre prüffähige Schlussrechnung zu begleichen.

Der Beklagte hat entgegnet, die Klägerin könne nur prüffähig abgerechnete erbrachte Leistungen vergütet verlangen, da das Baugrundgutachten für die Klägerin erkennbar keine Aussagen über die Bohrbarkeit getroffen habe. Er könne daher die Klägerin auf die ihm entstandenen Mehrkosten und Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Einholung von Sachverständigengutachten und die Vernehmung von Zeugen.

Mit Urteil vom 04.07.2014, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage hin zur Zahlung von 209.062,10 € nebst Zinsen verurteilt. Die darüber hinausgehende Widerklage wurde abgewiesen.

Ungeachtet der rechtlichen Einordnung der Kündigung des Beklagten vom 20.05.2005 stehe der Klägerin ein Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 191.312,52 € zu. Weitergehende Vergütungsansprüche für noch nicht erbrachte Leistungsteile hat das Landgericht verneint, da der Beklagte zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB analog berechtigt gewesen sei. Diese Kündigung löse auch im VOB – Vertrag, wobei hier die VOB/B (2002) zugrundezulegen sei, die Kündigungsfolgen einer nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B gerechtfertigten Kündigung aus. Dem Beklagten sei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar gewesen, da die Klägerin gegen die ihr obliegende Kooperationspflicht verstoßen habe. Auch im Falle einer berechtigten Behinderungsanzeige nach § 6 Nr. 1 VOB/B und berechtigtem Nachtragsverlangen könne der Auftragnehmer gehalten sein, diese mit erhöhten eigenen Anstrengungen zu überwinden und Vergütungsfragen dann hintenanzustellen, wenn er schon vor Vertragsschluss das Aufkommen von Behinderungen und Nachträgen, also die Störungsanfälligkeit des Bauablaufes, hätte erkennen müssen. Dies sei hier der Fall, da die Klägerin es maßgeblich und überwiegend mitzuverantworten habe, dass durch die Festigkeit des Felsens massive Behinderungen des Bauablaufs eingetreten seien. Ungeachtet der Frage, welche Druckfestigkeit nach dem der Ausschreibung zu Grunde liegenden Baugrundgutachten noch vertragsgerecht gewesen wäre, hätte die Klägerin erkennen und den Beklagten darauf hinweisen müssen, dass die Erkenntnisse des Bodengutachtens für die Bohrbarkeit des unter den meterdicken Aufschüttungen liegenden Felsens keine sichere Grundlage liefern könne. Da das Gutachten auf die entsprechende DIN 18301 nicht Bezug nehme, habe es sich offensichtlich nicht zur Bohrbarkeit des Felsens verhalten. Belastbare Angaben zur Bohrbarkeit ließen sich weder dem textlichen Teil des Baugrundgutachtens noch den Anlagen entnehmen. Hätte sich die Klägerin, wie es daher ihre Pflicht gewesen wäre, über allgemein zugängliche Quellen weiter informiert, hätte sie diesen nach den Ausführungen des Sachverständigen H…-B… entnehmen können, dass im streitgegenständlichen Bohrgebiet mit vereinzelten Grauwacke – Sandsteinbänken, also sehr festem Gestein, zu rechnen sei. Als Fachunternehmen hätten der Klägerin die fehlenden Angaben nach der DIN 18301 regelrecht ins Auge springen müssen. Hierauf habe die Klägerin selbst auch mit Schreiben vom 23.11.2004 den Beklagten hingewiesen und eine unzureichende Beschreibung des Baugrundes reklamiert. Ob man angesichts der Ungeklärtheit der Bohrbarkeit unter Heranziehung der so genannten “Frivol -Rechtsprechung” von einer vertraglichen Risikoübernahme der Klägerin ausgehen könne, jegliche Gesteinshärte zu bohren, könne dahinstehen, da jedenfalls die aufgetretenen Probleme absehbar gewesen seien. Hätte die Klägerin rechtzeitig auf eine ungenügende Erkundung des Baugrundes hingewiesen, hätten die nachfolgenden Streitigkeiten vermieden werden können. Selbst wenn die Ansicht des Beklagten falsch sei, dass die Bohrbarkeit allein in die Risikosphäre der Klägerin fiele, wäre dieser gleichwohl zuzumuten gewesen, die Behinderung zunächst ohne Klärung der Verantwortlichkeit zu überwinden und sich auf einen späteren reinen Vergütungsstreit einzustellen.

Auf eine Interventionswirkung des Urteils des OLG Hamm vom 23.03.2012, Az. 26 U135/08, könne sich die Klägerin nicht berufen, da dort entsprechend den Erklärungen der dortigen Hauptparteien zugrundegelegt worden sei, dass nur Bohrungen in Ton- und Silit-Gestein geschuldet sei.

Der klägerische Vergütungsanspruch sei allerdings infolge der vom Beklagten erklärten Aufrechnung mit der ihm in einer Höhe von insgesamt 400.374,61 € zustehenden Mehrkostenerstattungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen entsprechend § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B erloschen. Hinsichtlich der die Vergütungsforderung überschreitenden Gegenforderung des Beklagten sei die Widerklage berechtigt, mithin in Höhe von 209.062,10 €.

Mit ihren form – und fristgerecht eingelegten Rechtsmitteln verfolgen die Klägerin im Wege der Berufung und der Beklagte im Wege der Anschlussberufung ihre erstinstanzlichen Klageziele jeweils im Wesentlichen weiter, die Klägerin allerdings unter Ausnahme des von ihr im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 12.11.2007, BGH NJW 2008,1522, für erledigt erklärten Feststellungsantrags. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

Die Klägerin hält die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 20.05.2005 für unwirksam. Abgesehen davon, ob § 314 BGB überhaupt auf den Bauvertrag anwendbar sei und dass der Beklagte seine Kündigung ausdrücklich auf § 8 Nr. 3 i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B gestützt habe, hätte das Landgericht im Rahmen der Klärung einer “Unzumutbarkeit” nicht nur auf das fehlerhafte Baugrundgutachten abstellen dürfen, sondern hätte sich auch mit den weiteren Behinderungsanzeigen der Klägerin auseinandersetzen müssen. Dies könne jedoch dahinstehen, da im Rahmen des § 314 BGB die die Kündigung stützenden Umstände dem Risikobereich des Kündigungsgegners zugeordnet werden müssten, hier hingegen die Fehler im Baugrundgutachten allein in den Verantwortungsbereich des Beklagten fielen. Die dort beschriebenen Bodenverhältnisse seien zum Leistungsinhalt erhoben worden. Dies habe zur Folge, dass der Auftraggeber Mehrkosten zu tragen habe, die wegen seiner vom Bodengutachten abweichenden Anordnungen entstünden. Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten unterstelle, dass das Baugrundgutachten für sie erkennbar unzureichend und fehlerhaft gewesen sei, lasse sich daraus nicht folgern, dass sie das Baugrundrisiko übernommen habe.

Darüber hinaus habe sie die Fehler im Baugrundgutachten nicht erkennen müssen. Insbesondere sei dieses nicht erkennbar lückenhaft gewesen. Der Sachverständige Dr. H… – B… habe bejaht, dass ein sorgfältiger Bieter mit entsprechendem branchenspezifischen Fachwissen aus den Angaben des Baugrundgutachtens auf einen leicht bohrbaren Boden habe schließen dürfen. Dies decke sich mit den Feststellungen des Sachverständigen Dr. He… im Verfahren vor dem Landgericht Bielefeld. Bei seiner Argumentation zur Erkennbarkeit der Fehler des Bodengutachtens habe das Landgericht die Feststellungen des Sachverständigen Dr. H… – B… ignoriert. Dieser habe im Rahmen seiner Anhörung – inhaltlich deckungsgleich mit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. He… – bekräftigt, dass das Bodengutachten zwar keine direkten Angaben zur Bohrbarkeit enthalte, allerdings Angaben, mit denen auf die Bohrbarkeit zurückgeschlossen werden könne. Sie habe auch nicht weiter nachforschen müssen, sondern sich vielmehr auf die Angaben des von einem Sonderfachmann erstellten Baugrundgutachtens und des Leistungsverzeichnisses verlassen dürfen. Andernfalls hätte der Beklagte nicht ausdrücklich im Leistungsverzeichnis anordnen dürfen, dass die Klägerin bei dem Baugrubenverbau das Bodengutachten berücksichtigen musste. Zudem habe sie in 1. Instanz unbestritten vorgetragen, dass auch alle anderen Bieter keine Nachfragen zum Bodengutachten in Bezug auf die DIN 18301 gehabt hätten, folglich dieses ebenso wie sie interpretiert hätten. Zudem habe ihre Streitverkündete direkt für den Beklagten Bohrarbeiten auf dem Gelände an anderer Stelle ausgeführt, die problemlos möglich gewesen seien.

Das Landgericht habe auch verkannt, dass ihr wegen der beim Bohren durch die härtere Gesteinsart anfallenden Mehrkosten ein Mehrvergütungsanspruch zustehe. Der Beklagte hätte daher zwingend einen Nachtragsauftrag erteilen müssen, was er jedoch stets abgelehnt habe, obwohl diese Kosten als Sowieso – Kosten auch dann angefallen wären, wenn das Bodengutachten Angaben zur DIN 18301 enthalten hätte. Denn dann hätte jeder Bieter die zusätzlichen Kosten von vornherein in den Preis einkalkuliert.

Nicht sie, sondern der Beklagte habe sich vertragswidrig verhalten, weil er die Erteilung von Nachträgen abgelehnt habe. Ohne schriftlichen Auftrag sei es ihr nach den Vertragsbedingungen untersagt gewesen, Arbeiten auszuführen. Völlig unberücksichtigt habe das Landgericht gelassen, dass sie aus den in ihrer Behinderungsanzeige vom 19.05.2005 dargestellten Gründen an der Fortsetzung der Arbeiten gehindert gewesen sei. Die Einstellung der Arbeiten sei lediglich vorübergehend erfolgt, um dem Beklagten die Möglichkeit zu verschaffen, durch weitere Lockerungssprengungen einen den vertraglichen Vorgaben entsprechenden Zustand herbeizuführen. Die Feststellungen im Urteil des OLG Hamm, denen zufolge der erforderliche Bohraufwand die Kalkulationsgrundlage verlassen habe, so dass die Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, auf dieser Basis weiter zu arbeiten, müsse sich der Beklagte schon aufgrund der Interventionswirkung entgegenhalten lassen. Darüber hinaus hätte das Landgericht bei ausreichender Auseinandersetzung mit dem klägerischen Vortrag zu demselben Ergebnis kommen müssen.

Zudem habe das Bodengutachten weitere gravierende Fehler enthalten, indem es beispielsweise von einem temporären Verbau ausgegangen sei, obwohl unstreitig in Teilbereichen ein dauerhafter Verbau errichtet werden musste. Der Vorwurf des Beklagten, sie habe eine frivole Kalkulation aufgestellt, sei absurd, da sie das Bodengutachten so wie alle anderen Bieter und sämtliche damit befassten Sachverständigen verstanden habe.

Das Landgericht hätte darüber hinaus auch berücksichtigen müssen, dass der Beklagte seine Kündigung ausdrücklich auf § 8 Nr. 3 i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B gestützt habe, obwohl dessen Voraussetzungen unstreitig nicht vorgelegen hätten. Sie habe sich nicht mit Ausführungsfristen in Verzug befunden. Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, dem Grunde nach zur Vergütung bereit zu sein bzw. eine Mindestvergütung zu beziffern. Zur Darstellung der verursachten Behinderungen verweise sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Darüber hinaus hätte er ihr mit seinem Mahnschreiben Anfang Mai 2005 eine angemessene Nachfrist setzen müssen, was nicht geschehen sei. Die begründete Behinderungsanzeige rechtfertige keine Kündigung. Dass eine solche Behinderung tatsächlich vorgelegen habe, stehe nach dem Urteil des OLG Hamm fest. Da ein Kündigungsgrund nach der spezielleren Regelung der VOB/B nicht bestanden habe, lasse sich die Kündigung auch nicht aus dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 314 BGB herleiten.

Entgegen dem landgerichtlichen Urteil stehe ihr für die Positionen 1.1.3, 1.2.1, 1.2.23.1.6, 4.1, 17.3 17.4.1, 17.4.2, 17.4.3, 17. 4.4, 17.4.5, 17.4.6, 17.4.7, 17.4.8, sowie 1b.13 die Vergütung in voller Höhe zu. Von dem sich hiernach errechnenden Betrag von 481.817,04 € sei ein vierprozentiger Nachlass abzuziehen, und eine 19-prozentige Umsatzsteuer hinzuzurechnen, so dass sich ein Restwerklohnanspruch in Höhe von 550.427,78 € ergebe, zuzüglich des vom Landgericht ermittelten Betrages in Höhe von 191.312,52 €, mithin von 741.740,40 €.

Sie habe auch einen Anspruch auf Vergütung der nicht erbrachten Leistungen unter Abzug der ersparten Aufwendungen in Höhe von 887.117,65 € sowie 1.470.551,04 €, da es sich bei der ausgesprochenen Kündigung um eine freie Kündigung gehandelt habe.

Gegenansprüche des Beklagten bestünden bereits dem Grunde nach nicht, auch der Höhe nach sei das Urteil unrichtig. Auch bestehe ein Anspruch auf Umsatzsteuer nicht, da der Beklagte vorsteuerabzugsberechtigt sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.099.408,99 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.09.2005 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 7.134,90 € zu zahlen

sowie

die Widerklage insgesamt abzuweisen.

Der Beklagte und seine Streithelfer beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt darüber hinaus im Wege der Anschlussberufung,

die Entscheidung des Landgerichts Wuppertal vom 04.07.2014 abzuändern und die Klägerin auf die Widerklage hin zu verurteilen, an den Beklagten 1. 242.582,99 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.01.2010 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Anschlussberufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte tritt der klägerischen Berufung entgegen.

Schon allein die konkreten Umstände auf der Baustelle im Mai 2005 und das hierbei von der Klägerin gezeigte vertragswidrige und unkooperative Verhalten rechtfertigten für sich alleine genommen eine außerordentliche Kündigung, insbesondere sei ihm angesichts der gesamten Vertragschronologie wegen einer Zerrüttung des Vertragsverhältnisses dessen Fortsetzung nicht zuzumuten gewesen.

Eine Nebeninterventionswirkung des Urteils des OLG Hamm bestehe nicht, da die dortigen Streitparteien eine Reduzierung des vertraglichen Leistungssolls unstreitig gestellt hätten, eine solche Beschränkung im hiesigen Verfahren jedoch nicht vorliege. Die Klägerin habe vielmehr auf funktionaler Basis die Planung und Herstellung eines Baugrubenverbaus geschuldet.

Entgegen der Berufungsbegründung habe das Landgericht die Frage, ob das Baugrundrisiko bei der Klägerin wegen der Erkennbarkeit der Lückenhaftigkeit des Baugrundgutachtens liege, ausdrücklich offen gelassen, und dieser vielmehr eine Vorleistungspflicht auferlegt, was mit einem Baugrundrisiko nichts zu tun habe. Entgegen der klägerischen Darstellung belegten die Angabe der Gesteinsart und deren Klüftigkeit im Baugrundgutachten nicht die Bohrbarkeit. Aus der dortigen Bezeichnung als “Tonschiefer der Remscheider Schichten” hätte man anhand geologischer Karten entnehmen können, dass Grauwackeeinschlüsse vorliegen können. Entgegen der klägerischen Darstellung habe auch der Sachverständige Dr. He… bestätigt, dass das Baugrundgutachten keine verlässliche Grundlage zur Kalkulation von Bohrarbeiten sei und ein Unternehmer, der auf Basis dieses Gutachtens Bohrarbeiten anbiete, stets ein Risiko eingehe. Darüber hinaus hätten sämtliche Sachverständigen festgestellt, dass das Baugrundgutachten nicht nur keine DIN 18301-konforme Baugrundbeschreibung enthalte, sondern auch die durchgeführten Sondierbohrungen unzureichend gewesen seien. Ausweislich des klägerischen Schreibens vom November 2004 habe die Klägerin dies auch selbst erkannt. Das Landgericht habe zu Gunsten der Klägerin eine Behinderung im Mai 2005 sogar unterstellt, die Klägerin jedoch als vorleistungspflichtig zur Überwindung dieser Behinderung angesehen. Darüber hinaus sei eine solche Behinderung von der Klägerin jedoch keinesfalls nachgewiesen und werde weiterhin bestritten. Selbst wenn die Bodenverhältnisse im Mai 2005 ungünstig gewesen wären, wäre die Klägerin gehalten gewesen, weitere Lockerungssprengungen durchzuführen oder effektiveres Bohrgerät einzusetzen bzw. die Bohrarbeiten an anderer Position durchzuführen. Darüber hinaus folge aus allen Sachverständigengutachten, dass grundsätzlich jeder Baugrund bohrbar sei, und dies allein eine Frage des Aufwandes und der Mittel sei. Im Rahmen der Ersatzvornahme habe sich auch gezeigt, dass die Errichtung einer Bohrpfahlwand keineswegs objektiv unmöglich gewesen sei, da diese in fast gleicher Weise und im gleichen Bereich des Baufeldes errichtet werden konnte.

Abgesehen davon, dass er als Körperschaft des öffentlichen Rechtes nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, stelle diese Behauptung neuen und damit präkludierten Sachvortrag dar.

Einen Anspruch auf Vergütung nichterbrachter Leistungen habe die Klägerin nicht. Die Berufungsbegründung sei insoweit bereits unzulässig, da sich die Klägerin unzulässigerweise auf eine bloße Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag beschränke. Auch der Sache nach bestehe ein solcher Anspruch nicht, da keine freie Kündigung vorliege.

Mit seiner Anschlussberufung wendet sich der Beklagte gegen die Berechnung des Landgerichts, die den Werklohnanspruch der Klägerin für erbrachte Leistungen zu hoch ansetze, sowie gegen die Teilzurückweisung der ihm zustehenden Fertigstellungsmehrkosten und des Schadensersatzanspruches.

Soweit das Landgericht der Klägerin einen Vergütungsanspruch zuerkannt habe, greife er dies aus prozessökonomischen Gründen nur hinsichtlich der Positionen 1.1.1, 1.1.4 und 3.1.1, an. Im Übrigen habe das Landgericht zutreffend im geschehenen Umfang die klägerischen Ansprüche zurückgewiesen.

Hilfsweise weise er, wie bereits erstinstanzlich vorgetragen, darauf hin, dass keine schlüssige Kalkulation vorliege. Die Umsatzsteuer sei in Höhe von 16 % hinzuzurechnen, da es auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung und dem zu diesem geltenden Mehrwertsteuersatz ankäme.

Seine erstattungsfähigen Mehrkosten habe das Landgericht teilweise unzutreffend berechnet. Entgegen den dortigen Feststellungen habe er einen Anspruch auf Ersatz der unter den Titeln 1, 4 und 5 geltend gemachten Bautechnikkosten sowie den Kosten der Ausrüstungstechnik, so dass sich unter entsprechender Berücksichtigung des Nachlasses und einer Umsatzsteuer von 18,79 % ein Gesamtbetrag von 1.139.075,69 € ergebe.

Entgegen dem landgerichtlichen Urteil stünden ihm auch die für die Bauüberwachung und Projektleitung geltend gemachten Mehrkosten in voller Höhe zu, so dass sich seiner Berechnung nach ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 202.858,96 € ergebe.

Die Streithelfer zu 1. bis 3. führen aus, dass in einer Baubesprechung am 23.08.2004 ihr Vorschlag zur Sicherung der Baugrube wieder aufgegriffen worden sei und mit der Planung einer Bohrpfahlwand begonnen worden sei. Die Klägerin habe auf die fehlende Untersuchung nach DIN 18301 hingewiesen und die Streithelferin zu 1. um eine Abschätzung der Bestandsfestigkeit nach DIN 18301 gebeten. Daraufhin habe sie die Gesteinshärte mit 30-100 MN/m² abgeschätzt. Die Klägerin habe daraufhin am 27.08.2004 ein Nachtragsangebot (Bl. 1978 GA) abgegeben. Mit Schreiben vom 03.09.2004 (Bl. 1979 GA) habe der Beklagte sie um eine schriftliche Bestätigung der Gesteinshärte gebeten, weshalb sie noch vor Beginn der Bohrarbeiten schriftlich am 06.09.2004 (Bl. 1981) die Druckfestigkeit von 30-100 MN/m” bestätigt habe. Ihre Einschätzung sei später durch das Erdbaulaboratorium Herdecke bestätigt worden.

Die Klägerin habe es pflichtwidrig unterlassen, die ihr ohne weiteres mögliche Untersuchung nach DIN 18301 bis zur geplanten Endtiefe zu veranlassen.

Der Streithelfer zu 4. hält die Kündigung eines Bauvertrages aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB grundsätzlich für zulässig und vorliegend auch für berechtigt. Die massive Behinderung des Bauablaufs liege im Verantwortungsbereich der Klägerin. Die Äußerungen des Sachverständigen H…-B… stelle die Klägerin nur verkürzt dar, da dieser im Rahmen seiner Anhörung ausdrücklich bestätigt habe, dass man aus dem Bodengutachten keine Schlussfolgerungen zur Druckfestigkeit oder Bohrbarkeit ziehen konnte, wohl aber mögliche Grauwackeeinschlüsse.

Die Akten Landgericht Bielefeld, Az. 16 O 1/06 = OLG Hamm 26 U 135/08 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat insoweit Erfolg, als dass ihr entgegen dem landgerichtlichen Urteil auch der geltend gemachte Anspruch für die Position 1.1.3 Baustromverteilung in Höhe 1.721,52 € zusteht, so dass sich ihr Vergütungsanspruch unter Berücksichtigung des vierprozentigen Nachlasses und 16-prozentiger Umsatzsteuer auf insgesamt 193.229,61 € erhöht.

Die zulässige Anschlussberufung des Beklagten führt dazu, dass zu seinen Gunsten Mehrvergütungsansprüche in Höhe von insgesamt 332.651,58 € zu berücksichtigen sind.

Im Übrigen bleibt es bei dem landgerichtlichen Urteil.

A)

Auf das Vertragsverhältnis der Parteien findet die VOB/B (2002) Anwendung, die im Folgenden zugrundegelegt wird.

B)

Der Beklagte war zur Kündigung des mit der Klägerin geschlossenen Vertrages gemäß § 314 BGB analog berechtigt.

1.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, können auch VOB – Verträge grundsätzlich nach § 314 BGB analog gekündigt werden, insbesondere schließen die weitergehenden Regelungen der VOB/B zur außerordentlichen Kündigung das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB nicht aus (vgl. Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen VOB/B,18. Auflage, vor §§ 8, 9 VOB/B, Rn. 26).

2.Die von der Klägerin geltend gemachten formalen Bedenken stehen der Wirksamkeit der Kündigung gemäß § 314 BGB analog nicht entgegen.

Soweit die Klägerin geltend macht, der Beklagte habe seine Kündigung ausdrücklich auf § 8 Nr. 3 i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B gestützt, trifft dies zwar für den Anfang des Kündigungsschreibens zu. Im Weiteren begründet der Beklagte diese auf Seite 4 aber auch ausdrücklich mit der Zerrüttung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien, da die Klägerin die ihr obliegenden Kooperationspflichten permanent verletzt habe, und untermauert dies mit mehreren Beispielen.

3.Ein wichtiger zur Kündigung berechtigender Grund liegt gemäß § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (vgl Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage, § 314 Rn. 7 mit weiteren Nachweisen). Im Allgemeinen müssen die Umstände, auf die die Kündigung gestützt wird, dem Risikobereich des Kündigungsgegners entstammen, wobei zur Abgrenzung der Risikobereiche Vertrag und Vertragszweck heranzuziehen sind (vgl. Münchner Kommentar zum BGB/Gaier, 6. Auflage, § 314 Rn. 10).

a)

Der Beklagte war zur fristlosen außerordentlichen Kündigung berechtigt. Das Landgericht hat diese Berechtigung darin gesehen, dass für den Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar war, da die Klägerin gegen die ihr obliegende Kooperationspflicht verstoßen hat. Selbst wenn die Behinderungsanzeigen und Nachtragsverlangen der Klägerin berechtigt gewesen wären, hätte die Klägerin diese Störungen zunächst mit erhöhten eigenen Anstrengungen überwinden und Vergütungsfragen zurückstellen müssen, weil sie aufgrund des unzureichenden Baugrundgutachtens die Störungsanfälligkeit des Bauablaufes hätte erkennen können und müssen.

Dies begegnet keinen Bedenken.

Es kann in der Tat dahinstehen, aus welchem sonstigen Grund die Arbeiten seit ihrem Beginn nicht gemäß dem Bauzeitenplan bzw. der Detail – Terminplanung vonstatten gingen, sondern die Klägerin Behinderungen anzeigte, über deren Bestehen und denkbare Abhilfemöglichkeiten zwischen den Parteien Streit herrschte. Bereits die Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Bohrbarkeit des Bodens bilden eine ausreichende Grundlage für die ausgesprochene fristlose Kündigung.

b)

Das Landgericht hat in seinem Urteil ausführlich dargestellt, warum das Baugrundgutachten keine expliziten Aussagen zur Bohrbarkeit enthielt. Hierauf wird zunächst verwiesen. Dass das Baugrundgutachten keinerlei Angaben zu der insoweit einschlägigen DIN 18301 enthielt, ist offensichtlich. Nach den auf der Grundlage der sachverständigen Ausführungen getroffenen Feststellungen des Landgerichts ließ sich daher dem Baugrundgutachten nur entnehmen, dass zwar Bodenarbeiten nicht auf besondere Schwierigkeiten stoßen dürften, sich diese Aussage jedoch wegen der abweichenden Ausführungsart nicht auf Bohrarbeiten übertragen lässt. Diese Feststellungen sind gemäß § 529 ZPO für den Senat bindend und werden auch von der Berufung nicht tragfähig angegriffen.

In ihrer Berufungsbegründung stellt die Klägerin letztlich darauf ab, das Baugrundgutachten sei für sie deshalb nicht lückenhaft oder ergänzungsbedürftig gewesen, weil sie aufgrund ihrer branchenspezifischen Fachkenntnisse aus den im Baugrundgutachten enthaltenen Angaben auf einen leicht bohrbaren Boden habe schließen dürfen. Sie begründet dies insbesondere mit den Ausführungen des Sachverständigen H…-B… im Rahmen seiner Anhörung (Bl. 1145 GA), denen zufolge das Bodengutachten keine direkten Angaben zur Bohrbarkeit enthalte, aus den enthaltenen Angaben allerdings nur mit einer Festigkeit von um die 50 MN/m² habe gerechnet werden müssen.

Dies geht aus mehreren Gründen fehl.

Zum einen hat der Sachverständige zwar bestätigt, dass die von ihm so bezeichneten “Indizien oder Anzeichen” des Gutachtens eine Schlussfolgerung auf eine Festigkeit um die 50 MN/m² zulassen. Andererseits hat er jedoch auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Gutachten letztlich keine belastbaren Angaben zur Bohrbarkeit enthält. Diese könnten weder aus der Beschreibung der Klüftigkeit des Felsens noch aus der Angabe der Felsklassen 6-7 nach DIN 18300 gefolgert werden. Diese seien für die Lösbarkeit eines Bodens aussagekräftig, nicht jedoch für seine Bohrbarkeit. Ausdrücklich bestätigt der Sachverständige, dass das Bodengutachten im direkten Sinne nichts zur Bohrbarkeit aussage.

Darüber hinaus lässt sich der im Gutachten enthaltenen Angabe einer ” Remscheider Schicht” nach der vom Sachverständigen beigezogenen geologischen Karte, die allgemein erhältlich ist, entnehmen, dass mit Grauwacke – Sandsteinbänken, also mit sehr festem Gestein, zu rechnen ist.

Zudem ist bei der Bewertung der nach dem Sachverständigen möglichen Schlussfolgerungen aus dem Baugrundgutachten zu berücksichtigen, dass dem Sachverständigen offensichtlich das Baugrundgutachten nur in der von der Klägerin vorgelegten (Text-) Version (Anlage K 11) vorlag, die keinerlei Anlagen enthielt. Aus den Anlagen des Baugrundgutachtens (Anlage B 76) lässt sich entnehmen, dass die jeweiligen Schichten im Bereich ab 5 m (Talkies) bzw. ab 9 m (Fels) nahezu durchgängig als “schwer zu bohren” beschrieben wurden.

Ob dies den von der Klägerin ihrer Behauptung nach gezogenen Schlussfolgerungen entgegen stehen musste, kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn bei allen Angaben, die die Klägerin zur Bohrbarkeit dem Baugrundgutachten entnommen haben will, handelt es sich nicht um explizite Aussagen, sondern um Schlussfolgerungen der Klägerin, die sie anhand ihrer Erfahrungen mit bestimmten Gesteinsarten gezogen haben will.

Zwar darf ein Bieter die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen will (vgl. BGH NJW 2013, 1957; zitiert nach juris, unter Verweis auf BGHZ 192, 172 Rn. 15; BauR 1999, 897, 898 = ZfBR 1999, 256; BGHZ 134, 245, 248; BGHZ 124, 64, 68). Danach sind die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, wie z.B. Bodenverhältnisse, so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Ausschreibung des Beklagten demgegenüber hinsichtlich der Beschreibung der Bohrbarkeit nicht erschöpfend war und somit den formellen Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung nach der VOB/A nicht genügt haben mag. Weder das in Bezug genommene Baugrundgutachten noch die Ausschreibung selbst enthielten explizite Angaben zur Bohrbarkeit. Fehlen solche, kann der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag aber nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Auftragnehmer von einer bestimmten Bohrbarkeit ausgehen darf. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu den von der Klägerin im ihrem Schriftsatz vom 06.01.2015 zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2013, 1957; NJW 2013, 3511; jeweils zitiert nach juris). Werden Bodenarbeiten ohne Hinweis auf eine Kontamination des Aushubmaterials ausgeschrieben, obwohl diese nach der einschlägigen DIN anzugeben gewesen wäre, und lässt sich diese auch nicht aus sonstigen Umständen entnehmen, kann der Auftragnehmer davon ausgehen, dass keine Kontamination besteht und nur der Aushub schadstofffreien Bodens geschuldet war (vgl. BGH NJW 2013, 1957; zitiert nach juris). Fehlt ein Hinweis auf eine nur zeitweise bestehende Baufreiheit, kann der Unternehmer davon ausgehen, dass diese durchgängig gegeben ist, auch wenn sich dies nicht eindeutig aus der Ausschreibung ergibt (vgl. BGH NJW 2013,3511; zitiert nach juris). Beiden Entscheidungen ist gemein, dass mangels eindeutiger abweichender Angaben der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag so auszulegen war, dass der Unternehmer mit den jeweiligen Erschwernissen (Bodenkontamination, Hochspannungsleitung) nicht zu rechnen brauchte. Anders liegt der Fall jedoch bei der Bohrbarkeit eines Bodens. Fehlen hierzu Angaben, kann nicht unterstellt werden, dass zwischen den Parteien nach ausschreibungskonformer Auslegung ein bestimmter Grad der (einfachen) Bohrbarkeit vereinbart werden sollte.

Glaubt der Auftragnehmer, wie hier die Klägerin, aufgrund seiner Erfahrung anhand der ihm bekannten Feststellungen eines Baugrundgutachtens von diesen auch auf die Bohrbarkeit schließen zu können, übernimmt er damit zugleich das Risiko, das in dieser Schlussfolgerung, die nicht Vertragsbestandteil wurde, liegt. Schließt der Auftragnehmer einen Vertrag auf der Grundlage einer Schlussfolgerung, die gegenüber dem Vertragspartner vor Vertragsschluss nicht offen gelegt und auch nicht Vertragsbestandteil wurde, geht es zu seinen Lasten, wenn sich diese Schlussfolgerung im Nachhinein als unzutreffend erweist. Der Wirksamkeit eines Vertragsschlusses steht dies nicht entgegen, denn der Auftragnehmer ist nicht gehindert, ein Risiko zu übernehmen, das sich durch ein Angebot auf eine unklare oder unvollständige Leistungsbeschreibung ergibt (vgl. BGH NJW 2008, 2106, zitiert nach juris). Stellt sich nach der gebotenen Vertragsauslegung heraus, dass er nach dem Vertrag eine Leistung schuldet, die er infolge der Unklarheit oder Unvollständigkeit der Leistungsbeschreibung so nicht einkalkuliert hat, kann er von den Gerichten keine Korrektur seiner für ihn nachteiligen Vertragsentscheidung verlangen (BGH, aaO; m.w.N.). Solche Fälle können insbesondere dann vorliegen, wenn für die Kalkulation notwendige Angaben fehlen (vgl. BGH, aaO unter Verweis auf BGH BauR 1997, 464 = ZfBR 1997, 197). Dieses Ergebnis kann der Auftragnehmer dadurch vermeiden, dass er ein erkennbar lückenhaftes Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnimmt, sondern entsprechend seiner vorvertraglichen Obliegenheit sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe des Angebots klärt. Aufkommende Zweifel hat er vor Abgabe des Angebots auszuräumen, wenn sich das mit zumutbarem Aufwand machen lässt (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.). Unterlässt der Unternehmer diese Aufklärung einer unklaren Leistungsbeschreibung, kann dies zur Folge haben, dass die Auslegung des Vertrages zu einem anderen Ergebnis kommt, als er es seiner Kalkulation zugrunde gelegt hat. So liegt der Fall hier. Das Leistungsverzeichnis war zwar hinsichtlich fehlender expliziter Angaben zur Bohrbarkeit lückenhaft. Die von der Klägerin geschuldete Leistung war ansonsten jedoch funktional unter Verweis auf das Baugrundgutachten ausreichend beschrieben.

Es geht hier auch nicht darum, ob sich die Klägerin auf die Feststellungen im Bodengutachten deshalb verlassen durfte, weil dieses von einem Sonderfachmann erstellt worden war, sondern darum, dass dieses keine direkten Aussagen zu der hier maßgeblichen Bohrbarkeit enthielt. Inwieweit es im Hinblick auf die vorgesehene Art des Verbaus mangelhaft war, kann dahinstehen, da die damit im Zusammenhang stehenden Unstimmigkeiten zwischen den Parteien weder zulasten der einen noch zulasten der anderen Seite so sehr ins Gewicht fallen, dass dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage einer fristlosen Kündigung nach § 314 BGB entgegenstünde.

Soweit die Klägerin meint, das Landgericht hätte bei der Frage der Kündigungsberechtigung des Beklagten die Gesamtumstände nicht ausreichend berücksichtigt, insbesondere die von ihr vorgetragenen weiteren Pflichtverletzungen des Beklagten außer Acht gelassen, steht dies der Wirksamkeit der Kündigung nach § 314 BGB analog nicht entgegen. Ob sich die Klägerin bereits zuvor, insbesondere im Jahr 2014, mit Leistungen im Verzug befunden hat, kann insoweit dahinstehen, da der Senat auch ohne einen Rückgriff auf diese Geschehnisse die Kündigung allein aufgrund der Ereignisse im Mai 2005 für gerechtfertigt hält. Die Klägerin nimmt in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 04.02.2015 noch einmal Bezug auf ihr vorangegangenes Vorbringen, demzufolge die Bauausführung wegen ihrer Ansicht nach aus der Sphäre des Beklagten stammenden Umstände behindert worden sei und sich dadurch verzögert habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, und zudem entsprechende Nachträge vertragswidrig vom Beklagten nicht beauftragt worden wären, führen diese im wesentlichen im Jahre 2004 liegenden Ereignisse nicht dazu, dass die Kündigung im Mai 2005 ungerechtfertigt wäre. Selbst wenn diese, wovon der Senat nicht ausgeht, die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt ihrerseits zu einer Kündigung berechtigt hätten, lässt allein der Umstand, dass sie diese unterließ, nicht das Recht des Beklagten entfallen, seinerseits wegen späterer Geschehnisse fristlos zu kündigen. Die Grenze dessen, was der Beklagte auch in Anbetracht der von der Klägerin noch einmal dargestellten, aus ihrer Sicht bedeutsamen Gesamtumstände hinzunehmen hatte, war zum Kündigungszeitpunkt nach Auffassung des Senates überschritten.

c)

Die Unvollständigkeit des Baugrundgutachtens, das sich nicht zur Bohrbarkeit verhält, geht zulasten der Klägerin.

Das dem Auftrag zu Grunde liegende Leistungsverzeichnis (Anlage K 12) nimmt unter “4. Verbau” auf das streitgegenständliche Baugrundgutachten wie folgt Bezug:

“4.1 Baugrubenverbau

(…)Für die jeweiligen Bauabschnitte ist eine Kombination aus verankerter, überschnittene Bohrpfahlwand und Berliner Verbau gemäß Bodengutachten vorgesehen.Die Bohrpfahlwand soll gemäß Bodengutachten mit einer Einbindetiefe von mind. 3 m in den gewachsenen Fels geführt werden. Gewählte Einbindetiefe nach Statik des AN.Der Berliner Verbau soll bis zum gewachsenen Fels geführt werden.Hierbei ist das beigefügte Bodengutachten des Büros D..& SCHADE. zu berücksichtigen.Statische und konstruktive Auslegung des Verbaus erfolgt durch den AN auf der Grundlage des beigefügten Baugrundgutachtens. Die geprüften statischen Nachweise sind vom AN zu erbringen und dem AG rechtzeitig vor Bauausführung vorzulegen. (…)”

Die nachfolgende Beschreibung der Bauabschnitte verweist zur Verbautiefe und Bodenarten jeweils auf das Bodengutachten bzw. beigefügte Planunterlagen.

Das Baugrundgutachten (Anlage B 76) war ausweislich des klägerischen Angebots vom 03.02.2004 (Anlage K2) in Verbindung mit dem Auftragsschreiben des Beklagten vom 26.04.2004 (Anlage K8) Vertragsbestandteil. Gleiches gilt für die Protokolle der Bietergespräche vom 23. und 25.03.2004 (Anlage K5, K6) in denen die Klägerin jeweils bestätigte, dass keine Unklarheiten zum Leistungsverzeichnis bestünden und sie sich über die Lage der Baustelle und den Lieferumfang der Bauleistungen im vorhandenen, eingeschränkten Baufeld im Klaren sei. Des Weiteren führte der Beklagte im Auftragsschreiben noch einmal aus, dass die Klägerin mit der Auftragsbestätigung erkläre, sich ausreichend über die Gegebenheiten informiert zu haben und dass die angebotenen Leistungen zur Fertigstellung der ausgeschriebenen Maßnahme ausreichend seien. Meint die Klägerin, aufgrund ihrer Fachkunde aus der im Baugrundgutachten vorhandenen Beschreibung der Bodenqualität ausreichende Rückschlüsse auf eine Bohrbarkeit ziehen zu können, obwohl sich das Gutachten hierzu nicht verhält, und unterlässt sie deshalb weitere Nachfragen oder Hinweise auf weiteren Aufklärungsbedarf, geht dies zu ihren Lasten.

Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung aus dem Umstand, dass auch alle anderen Bieter keine Nachfragen zum Bodengutachten in Bezug auf die DIN 18301 gehabt hätten, folgert, dass diese es folglich genauso wie die Klägerin interpretiert hätten, vermag dies der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Relevant wäre dieser Einwand nur dann, wenn nach dem Baugrundgutachten der falsche Eindruck erweckt worden wäre, dass Bohrarbeiten möglich sind, diese jedoch tatsächlich technisch unmöglich sind. Kommt es hingegen – wie hier – bei der Frage der Bohrbarkeit nur darauf an, welcher technische Aufwand hierfür zu treiben ist, können sich fehlende Nachfragen anderer Bieter auch dadurch erklären, dass diese bei ihrer Kalkulation vom größtmöglichen Aufwand ausgegangen sind. Darüber hinaus kann eine unzureichende Prüfung anderer Bieter die Klägerin von der ihr als Vertragspartnerin obliegenden Prüfungs – und Hinweispflicht nicht entlasten.

Zutreffend führt das Landgericht aus, dass ungeachtet der Frage, welche Druckfestigkeit nach dem der Ausschreibung zu Grunde liegenden Baugrundgutachten noch vertragsgerecht gewesen wäre, die Klägerin erkennen und den Beklagten darauf hätte hinweisen müssen, dass die Erkenntnisse des Bodengutachtens für die Bohrbarkeit des unter den meterdicken Aufschüttungen liegenden Felsens keine sichere Grundlage liefern kann. Die Klägerin hätte sich daher als Fachfirma weiter informieren müssen, wobei es nahe gelegen hätte, zunächst die nach den Ausführungen des Sachverständigen allgemein zugänglichen geologischen Karten einzusehen. Hätte sie dies getan, hätte sie diesen entnehmen können, dass im streitgegenständlichen Bohrgebiet mit vereinzelten Grauwacke – Sandsteinbänken, also sehr festen Gestein, zu rechnen war.

Soweit die Klägerin den Eindruck zu erwecken versucht, für Fachfirmen wie sie seien die Angaben im Baugrundgutachten völlig ausreichend gewesen, jedenfalls habe sie auf diese vertrauen dürfen, steht dies im Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten nach Vertragsschluss. Nach den unwidersprochenen Ausführungen der Streithelfer zu 1. bis 3. in ihrem zweitinstanzlichen Schriftsatz vom 27.11.2014 (Bl. 1974 GA) hatte die Klägerin bereits in einem sehr frühen Stadium, nämlich anlässlich einer Baubesprechung am 23.08.2004, auf die fehlende Untersuchung nach DIN 18301 hingewiesen und die Streithelferin zu 1. um eine Abschätzung der Bestandsfestigkeit nach DIN 18301 gebeten. Auch mit ihrem Schreiben vom 23.11.2004 (Anlage K 46) rügte die Klägerin die unzureichende Beschreibung des Baugrundes im Hinblick auf Bohrarbeiten im Baugrundgutachten, da Angaben zur DIN 18301 fehlten. Hierauf hätte die Klägerin allerdings bereits vor Vertragsschluss hinweisen können und müssen.

d)

Die Klägerin hat während der Bauausführung und auch noch jetzt die Ansicht vertreten, die nur wesentlich aufwändiger als von ihr bzw. ihrer Subunternehmerin veranschlagt durchzuführenden Bohrarbeiten gingen wegen der Mangelhaftigkeit des Baugrundgutachtens zulasten des Beklagten und seien von diesem zu vergüten. Dies hat im Hinblick auf die Lockerungssprengungen, die der Beklagte als von der Klägerin vertraglich geschuldet angesehen hat, am 31.03.2005 (Anlage K 71) zu einer teilweisen Kündigung geführt, um diese durch ein Drittunternehmen ausführen zu lassen.

Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin auf der Grundlage der funktionalen Leistungsbeschreibung ihres Gewerkes verpflichtet war, die dafür erforderlichen Bohrarbeiten ungeachtet des damit für sie verbundenen Aufwandes durchzuführen, ohne insoweit Mehrvergütungsansprüche gegenüber dem Beklagten geltend machen zu dürfen.

Zwar darf sich ein Werkunternehmer in der Regel auf Erkenntnisse des Bodengutachters als Sonderfachmann verlassen. Gleichwohl hat er das Bodengutachten auf Plausibilität und etwaige Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten zu überprüfen und auf diese den Auftraggeber hinzuweisen. Maßgeblich ist, ob dem Unternehmer bei der von ihm als Fachmann zu erwartenden Prüfung Bedenken hätten kommen müssen, wobei sich die ihm obliegende Prüfungspflicht verstärkt, wenn es sich beim Unternehmer um eine Fachfirma mit Spezialkenntnissen handelt (vgl. OLG Köln, BauR 2007, 887; zitiert nach juris). Enthält eine Ausschreibung Unklarheiten, ist der Auftragnehmer gehalten, diese aufzuklären, unterlässt er dies, stehen ihm keine Mehrvergütungsansprüche zu (vgl. OLG Brandenburg, NJW-RR 2005, 1106; zitiert nach juris; OLG Celle IBR 2005, 520; OLG Rostock IBR 2009, 3336). Kalkuliert der Unternehmer auf der Grundlage eines erkennbar widersprüchlichen Gutachtens, kann er dadurch verursachte Mehrkosten nicht vom Auftraggeber ersetzt verlangen (vgl. OLG Celle BauR 2004, 1302, zitiert nach juris).

Obwohl das Baugrundrisiko grundsätzlich in die Risikosphäre des Auftraggebers fällt, kann gleichwohl ein Mehrvergütungsanspruch des Unternehmers bei Verwirklichung des Baugrundrisikos dann entfallen, wenn die eingetretenen Erschwernisse vom Auftragnehmer als Fachunternehmen aufgrund einer lückenhaften Ausschreibung bereits erkennbar gewesen waren (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 13.09.2007, Az. 12 U 214/06 sowie Urteil vom 16.07.2008, Az. 4 U 187/07; beide zitiert nach juris).

Allen zitierten Entscheidungen lässt sich der Grundsatz entnehmen, dass das Risiko eines Vertragsschlusses auf der Grundlage einer für den Unternehmer erkennbar unvollständigen Leistungsbeschreibung bzw. dieser zu Grunde liegender Gutachten beim Unternehmer liegt.

e)Jedenfalls begründen diese Umstände eine erhöhte Kooperationspflicht der Klägerin.

Die gesamte Ausführung lag im Mai 2005 erheblich hinter dem Zeitplan zurück. Ungeachtet der Frage, in wessen Verantwortungsbereich die einzelnen Verzögerungen fielen, war jedenfalls für die Klägerin erkennbar, dass für den beklagten Vertragspartner ein Interesse an einer nunmehr schnellstmöglichen Fortführung der erforderlichen Arbeiten bestand. Dieses Interesse ließ sich auch dem gesamten Verhalten des Beklagten, der jeweils umgehenden Reaktion auf klägerische Behinderungsanzeigen und die jeweiligen Aufforderungen zur Fortführung der Arbeiten, entnehmen. Es ist auch nicht zutreffend, dass der Beklagte hierbei kategorisch jedwede Kostenübernahme verweigerte. Vielmehr lässt sich dem Protokoll der 13. Baubesprechung vom 02.12.2004 (Anlage B 13), deren Richtigkeit von der Klägerin nicht angezweifelt wurde, entnehmen, dass die Klägerin bestätigte, “dass weitere technische Möglichkeiten zur Fortsetzung der notwendigen Bohrarbeiten durch Einsatz eines Imlochhammers oder die Lockerungssprengungen bestehen in den Bereichen, wo mit der Felsbohrschnecke ein Bohrfortschritt nicht mehr erzielt werden kann”. Weiter heißt es im Protokoll, dass, soweit bei der Ausführung der Leistung gemäß LV nachgewiesene berechtigte Mehrkosten anfallen, diese vom Beklagten getragen werden. Zwar enthält das Protokoll damit keine ausdrückliche unbedingte Kostenzusage des Beklagten, jedoch auch keine kategorische Verweigerung der Kostenübernahme.

War, wie ausgeführt, die Klägerin gehalten, das Baugrundgutachten vor Vertragsschluss zu überprüfen und auf die von ihr später monierten Unzulänglichkeiten bereits zu diesem frühen Zeitpunkt hinzuweisen, hat sie dies aber unstreitig unterlassen, hätte sie jedenfalls, wie das Landgericht zu Recht ausführt, den vor Ort vorgefundenen Umständen schnellstmöglich Rechnung tragen müssen, indem sie auf der Grundlage der grundsätzlichen Vergütungsbereitschaft für Mehrarbeiten das Erforderliche zunächst durchführt, und die Vergütungsfrage zurückstellt.

Aus der Sicht des Beklagten konnte zudem jedenfalls das klägerische Verhalten kurz vor der Kündigung den Eindruck erwecken, dass sich die Klägerin nicht in der gebotenen Art und Weise um die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen kümmerte. Die Klägerin hatte mit den streitgegenständlichen Bohrarbeiten ihre Streithelferin als Subunternehmerin beauftragt. Deren letzte Behinderungsanzeige gegenüber der Klägerin vom 17.05.2005 (Anlage K 82) basierte darauf, dass der durch die Lockerungssprengungen aufbereitete Fels in seiner Bohrbarkeit nicht den zu erwartenden Eigenschaften gemäß Vertrags-Bodengutachten entspreche und daher gebeten werde, die entsprechende Aufbereitung des Baugrundes umgehend zu veranlassen. Ausweislich ihres Schreibens an den Beklagten vom 19.05.2005 (Anlage K 83) nahm die Klägerin diese Behinderungsanzeige ihrer Subunternehmerin jedoch nicht zum Anlass, sich in irgendeiner Art und Weise selbst zu kümmern, sondern fragte zunächst beim Beklagten nach, ob der Sachverhalt so richtig sei und bat um Prüfung des Vorgangs, damit gegebenenfalls Gegenargumente zur Baubehinderungsanzeige formuliert werden könnten. Weiter meldete die Klägerin gleichwohl selbst Baubehinderung gemäß § 6 VOB/B mit diesem Schreiben an. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Klägerin zwar erst vom Beklagten geklärt haben möchte, ob überhaupt eine Behinderung vorliegt, andererseits eine solche Behinderung aber trotzdem schon einmal selbst geltend macht. Zwar behauptet die Klägerin in ihrem Schreiben vom 21.05.2005 (Anlage K 84), dass seit Wiederaufnahme der Arbeiten am 17.05.2005 ihre Bauleitung permanent vor Ort gewesen sei, wozu die Klägerin nach den vertraglichen Vereinbarungen auch verpflichtet war. Unverständlich ist dann jedoch, warum sich nicht die klägerische Bauleitung selbst um die Behinderungsanzeige der klägerischen Subunternehmerin kümmerte, sondern die Klägerin diese zur Prüfung an den Beklagten weiter leitete.

f)Soweit die Klägerin meint, das Landgericht hätte sich mit ihrer Behinderungsanzeige nicht ausreichend auseinandergesetzt, da es andernfalls die Zumutbarkeit einer weiteren Zusammenarbeit hätte bejahen müssen, da die Arbeiten deshalb vorübergehend eingestellt worden seien, um dem Beklagten die Möglichkeit zu verschaffen, durch weitere Lockerungssprengungen einen Zustand gemäß den vertraglichen Vorgaben herbeizuführen, lässt sich dies der klägerischen Behinderungsanzeige nicht entnehmen. Zwar wies die Streitverkündete der Klägerin in ihrer Behinderungsanzeige darauf hin, dass der durch die Lockerungssprengungen aufbereitete Fels in seiner Bohrbarkeit nicht den “zu erwartenden Eigenschaften gemäß Vertrags – Bodengutachten” entspreche und deshalb eine Behinderung angemeldet werde. Dies machte, wie ausgeführt, sich die Klägerin in ihrer eigenen Behinderungsanzeige vom 19.05.2005 gegenüber den Beklagte jedoch so nicht zu eigen, sondern bat diesen vielmehr um Prüfung des Sachverhaltes. Zur Vornahme weiterer Lockerungssprengungen oder anderer die Weiterarbeit ermöglichender Maßnahmen wurde der Beklagte von der Klägerin nicht aufgefordert.

Zudem existieren auch keine nach dem Baugrundgutachten “zu erwartenden Eigenschaften” der Bohrbarkeit , da diesem, wie bereits dargestellt, nicht mit hinreichender Sicherheit entsprechende vertragliche Vorgaben entnommen werden können.

g)Auf eine zu ihren Gunsten wirkende Interventionswirkungen der Feststellungen des Urteils des OLG Hamm im Verfahren zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin kann sich die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen.

Zwar ist der Beklagte dort auf Seiten der Klägerin beigetreten. Eine Bindungswirkung besteht gemäß § 68 ZPO jedoch insoweit nicht, als der Nebenintervenient durch Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei gehindert wurde, Angriffsoder Verteidigungsmittel geltend zu machen. Demzufolge kann der Nebenintervenient im neuen Verfahren noch das vorbringen, was er im Vorprozess nicht geltend machen konnte, weil er sich damit in Widerspruch zur unterstützten Hauptpartei gesetzt hätte (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, § 68 Rn. 12).

Die in der Berufungsbegründung herangezogenen Feststellungen im Urteil des OLG Hamm, wonach der erforderliche Bohraufwand die Kalkulationsgrundlage verlassen habe, so dass die dortige Klägerin und jetzige Streithelferin der Klägerin nicht verpflichtet gewesen sei, auf dieser Basis weiterzuarbeiten, beruhte nach den Entscheidungsgründen darauf, dass der Senat nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien seiner Entscheidung zugrundezulegen hat, dass nur Bohren in Ton – und Silitgestein, wie im Textteil des Bodengutachtens beschrieben, vereinbart worden war. Ausdrücklich führt das dortige Urteil jedoch weiter aus, dass, soweit der jetzige Beklagte und dortige Streithelfer dieser Bestimmung des Vertragsinhaltes entgegentrete, er damit in diesem Verfahren nicht gehört werden könne, da er sich insoweit in Widerspruch zu dem Vorbringen der von ihm unterstützten Partei setzen würde, § 67 letzter Halbsatz ZPO.

C)Wird – wie hier – eine Kündigung nach § 314 BGB darauf gestützt, dass dem Kündigungsgegner die Verletzung einer Vertragspflicht zur Last gelegt wird, ist die Kündigung gemäß § 314 Abs. 2 BGB erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist zulässig.

Auch diese Voraussetzung ist erfüllt.

Mit Schreiben vom 25.04.2005 (Anlage K 73) hatte der Beklagte die Klägerin zur Wiederaufnahme der Arbeiten bis zum 09.05.2005 aufgefordert und zugleich angedroht, den Auftrag bei fruchtlosem Fristablauf ohne weitere Nachfristsetzung insgesamt zu entziehen. Mit Schreiben vom 11.05.2005 (Anlage K 80) verlängerte der Beklagte diese Frist bis zum 18.05.2005 und drohte bei fruchtlosem Fristablauf die Kündigung gemäß §§ 5 Nr. 4/ 8 Nr. 3 VOB/B an. Diese Androhung wurde mit weiterem Schreiben vom 11.05.2005 (Anlage K 79) durch den Beklagten nochmals wiederholt. Unter Bezugnahme auf den fruchtlosem Fristablauf kündigte der Beklagte dann am 20.05.2005 (Anlage K 12.2) den Bauvertrag.

Zwar hat das Landgericht in erster Linie auf eine Berechtigung der Kündigung wegen Verstoßes gegen Kooperationspflichten abgestellt, und nicht auf die Voraussetzungen des § 8 Nr. 3 VOB/B. Dies ist jedoch unschädlich, da die Kooperationspflicht auch umfasst, für eine zügige Wiederaufnahme/Fortführung der geschuldeten Leistungen zu sorgen, was hier nicht geschehen ist. Die gesetzte Frist war auch nicht zu kurz bemessen, da lediglich die Wiederaufnahme der Bauarbeiten gefordert worden war, nicht deren Abschluss.

D)

Die nach § 8 Nr. 5 VOB/B erforderliche Schriftform einer Kündigung eines VOB/B Bauvertrages ist gewahrt.

E)Eine nach § 314 BGB gerechtfertigte Kündigung löst auch im VOB-Vertrag die Kündigungsfolgen einer nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B gerechtfertigten Kündigung aus (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2008, 22 U 69/08, zitiert nach juris). Der Klägerin steht daher nur ein Vergütungsanspruch für erbrachte Leistungen zu, nicht hingegen für nicht erbrachte Leistungen. Dieser beläuft sich auf 193.229,61 €.

Auf die klägerische Berufung hin war der Klägerin zusätzlich zu dem vom Landgericht bereits gewährten Vergütungsanspruch der für die Position Baustromverteilung geforderte Betrag abzgl. 4 % Nachlass zuzüglich 16 % Umsatzsteuer zuzusprechen. Die weitergehende Berufung blieb hingegen ebenso wie die Anschlussberufung insoweit ohne Erfolg, so dass es hinsichtlich der weiteren Positionen beim landgerichtlichen Urteil verbleibt.

Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Position 1.1.1, Baustelleneinrichtung, 52.428,57 € netto, vormals 55.000 €

Der Klägerin steht auf der Grundlage ihres Vorbringens im Schriftsatz vom 11.10.2006 der dort für diese Position geltend gemachte reduzierte Betrag von 52.428,57 € entgegen dem Vorbringen des Beklagten in der Anschlussberufung zu.

Richtig ist der Ausgangspunkt der Anschlussberufung, demzufolge bei einem Pauschalpreis das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistung zum Pauschalpreis darzulegen ist. Dem trägt der klägerische Vortrag ausreichend Rechnung. Die Klägerin hat den von ihr pauschal gebildeten Preis von 55.000 € für die Position 1.1.1 in die einzelnen Bestandteile aufgespalten, diese mit entsprechenden Teilbeträgen beziffert und, soweit sie ihrer Behauptung nach vollständig angefallen sind, auch in voller Höhe eingerechnet.

Dass das Landgericht der Klägerin folgend eine Bauzeit von 14 Monaten zugrundegelegt hat, steht nicht im Widerspruch dazu, dass für das Bauschild nur 1/3 der Bauzeit angesetzt wurde. Denn Letzteres basierte darauf, dass die Klägerin der Behauptung des Beklagten, das Bauschild sei nur 1/3 der Bauzeit aufgestellt gewesen, nicht entgegengetreten war, so dass sie als unstreitig zu Grunde gelegt werden musste. Eine irgendwie geartete Bemessung der vertraglichen Bauzeit war damit nicht verbunden.

Maßgeblich ist zudem eine ex ante Betrachtung. Unter Berücksichtigung des Leistungsverzeichnisses ist die anfängliche Annahme einer Bauzeit von 14 Monaten als Kalkulationsgrundlage plausibel. Spätere Verzögerungen haben hier, ungeachtet von wem sie zu vertreten sind, außer Betracht zu bleiben.

2. Position 1.1.3, Aufstellen, Vorhalten und Abbauen eines Baustromverteilers mit Zwischenzähler für weitere Auftragnehmer des Beklagten, 1.721,52 €

Die klägerische Berufung hat insoweit Erfolg, als entgegen dem landgerichtlichen Urteil der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch für das Aufstellen, Vorhalten und Abbauen eines Baustromverteilers mit Zwischenzähler für weitere Auftragnehmer des Beklagten für zwölf Monate à 143,46 € mithin netto 1.721,52 €, zusteht.

Das Landgericht hatte seine entgegenstehende Entscheidung darauf gestützt, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass der Baustromverteiler allein für Drittunternehmer vorzuhalten gewesen sei, diese aber gar nicht angeschlossen hätten. Diese Annahme findet jedoch im maßgeblichen Leistungsverzeichnis der Parteien keine ausreichende Stütze. Diesem lässt sich nicht entnehmen, dass es für den Vergütungsanspruch darauf ankommen soll, ob der Baustrom durch Dritte tatsächlich benötigt oder benutzt wird, da nur die Vorhaltung geschuldet war. Da die Klägerin auch nur mit einem Teilbereich beauftragt war, konnte und musste sie auch nicht wissen, wann welche Drittunternehmer tätig werden würden und hierfür den von ihr vorzuhaltenden Strom benötigen würden. Dass die streitgegenständliche Position 1.1.3. unter der Oberposition 1.1. “Baustelleneinrichtung” aufgeführt wurde, spricht ebenfalls für die Interpretation der Klägerin, derzufolge der Baustrom gleichzeitig mit der eigentlichen Baustelleneinrichtung nach 1.1.1 zu erfolgen hatte. Dass erst ein Leistungsabruf des Dritten bzw. des Beklagten die Vorhaltezeit und damit den klägerischen Vergütungsanspruch auslösen sollte, lässt sich dem Leistungsverzeichnis nicht entnehmen.

Auch die vom Landgericht angeführte vertragliche Vereinbarung einer Abrechnung nach Vorhaltezeit in Wochen ist kein ausreichender Beleg dafür, dass allein die tatsächliche Bereitstellung und Inanspruchnahme durch dritte Unternehmer maßgeblich sein sollte. Denkbar ist auch, dass hierdurch zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass bei einer die zugrundegelegten 12 Monate überschreitenden Vorhaltung gegebenenfalls Mehrvergütungsansprüche ausgelöst werden sollen.

Der Einwand des Beklagten, der Zweck der geschuldeten Vorhaltung der Baustromverteilung, der mögliche Anschluss von Drittunternehmern, sei durch die Klägerin vereitelt worden, da die Drittunternehmer wegen der von der Klägerin verschuldeten Verzögerungen ihre Leistungen noch nicht erbringen und daher den Baustrom nicht nutzen konnten, ist nicht ausreichend substantiiert. Zwar kam es unstreitig zu Verzögerungen im Bauablauf, dem Vortrag der Parteien, insbesondere des Beklagten, lässt sich jedoch nicht entnehmen, wie die ursprüngliche Planung der von Drittunternehmern zu erbringenden Arbeiten war, und inwieweit diese durch die – unstreitige – Verzögerung der klägerischen Leistungen nicht erbracht werden konnten.

3. Position 1.1.4, Mechanische Straßenreinigung, 8.828,17 €, vorher 10.299,53 €

Die Klägerin hat den zunächst für diese Position geltend gemachten Betrag von 10.299,53 € netto nach der Rüge des Beklagten, die Schlussrechnung sei nicht ausreichend prüffähig und grenze erbrachte und nicht erbrachte Teile nicht ausreichend voneinander ab, in ihrem Schriftsatz vom 11.10.2006 auf 8.828,17 reduziert. Sie habe vom 14.05.2004 bis zum 20.05.2005 die Straßenreinigung täglich erbracht, also für 12 von 14 Monaten kalkulierter Bauzeit, so dass 12/14 der Vergütung zu zahlen seien. Das Landgericht ist dieser Neuberechnung zu Recht gefolgt, da sie den Bedenken des Beklagten ausreichend Rechnung trage und der Beklagte ihr nicht mehr entgegengetreten sei.

Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Anschlussberufung entsprechen inhaltlich denjenigen, die gegenüber der Berechtigung der Position 1.1.1 vorgebracht wurden, so dass auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen werden kann.

4. Position 1.2.1, Behelfsmäßige Baustraße, 9.256,49 €

Das Landgericht hatte der Klägerin hinsichtlich der Position 1. 2.1, behelfsmäßige Baustraße, von der für 1.048,300 m² bei einem Einheitspreis von 8,83 € geltend gemachten Nettovergütung in Höhe von 9.256,49 € nur die vom Beklagten anerkannten 3.161,14 € zugesprochen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nur eine Fläche von 358 m² entsprechend dem Aufmaßblatt 27 unter diese Position falle.

Die Berufung bleibt insoweit ohne Erfolg.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinne ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Voraussetzung für die Durchbrechung der Bindungswirkung ist, dass das Ersturteil nicht überzeugt. Dies ist der Fall, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, B. v. 08.02.2011, VIII ZR 108/08; BGH, U. v. 18.10.2005, VI ZR 270/04, BGH, U. v. 12.03.2004, V ZR 257/03, alle zitiert nach juris). Gemessen an diesen Maßstäben hält die vom Landgericht vorgenommene Beweiserhebung und Beweiswürdigung den Berufungsangriffen der Klägerin in diesem Punkt stand.

Das Landgericht hat seiner Entscheidung zunächst die Aussage der Zeugin F… zugrundegelegt, derzufolge der Baustelleneinrichtungsplan letztlich nur die das Aufmaßblatt Nr. 27 betreffende Fläche vorgesehen habe, nicht aber die Fläche unmittelbar in dem Bereich, wo die Bohrpfahlwände errichtet werden sollten. Dies deckt sich mit der Aussage der Zeugin. Weiterhin hat das Landgericht sein Ergebnis damit begründet, dass die Zeugin F… auch zutreffend auf die Vordersätze verwiesen habe. In dem Leistungsverzeichnis seien nämlich 500 m² angeführt. Würde man auch die seitens der Klägerin hinzu genommenen Flächen ansetzen wollen, würde sich diese Fläche verdoppeln. Hinzu komme, dass angesichts der in Position 1.1.1 enthaltenen Beschreibung der Baustelleneinrichtung das Anlegen etwa notwendiger weiterer Arbeitsplätze, Lagerplätze und Zufahrtswege enthalten sei, so dass ohnehin kein Raum mehr für die Berechnung von Baustraßen über den Baustelleneinrichtungsplan hinaus bestehe. Auch der Sachverständige Dr. K… habe die streitige Fläche richtigerweise der Position 4.1.1 zugeordnet. Soweit der Sachverständige der rechtlichen Auffassung sei, dass die strittige Fläche irgendwo angesetzt werden müsse, handele es sich ausdrücklich um eine generelle Überlegung und gehe hier fehl. Maßgeblich sei vorliegend, dass das Leistungsverzeichnis ausdrücklich für die Position 1.2.1. auf einen Baustelleneinrichtungsplan verweise, was insoweit bindend sei.

Hiergegen macht die Berufung geltend, das Landgericht habe die Aussage des Zeugen S… nicht berücksichtigt, derzufolge die Klägerin davon ausgegangen sei, dass die Baustraße unter Position 4.1 nicht ausdrücklich erwähnt werden musste. Zudem habe die Klägerin den Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch im Bereich der Position 4.1 Baustraßen anzulegen seien. Dies habe der Beklagte ohne Widerspruch hingenommen, so dass zwischen den Parteien Einigkeit über die Vergütung aller Baustraßen bestanden habe. Die unter Position1 .1.1 vorgesehene Baustelleneinrichtung habe nicht die Baustraße umfasst.

Dies verkennt jedoch, dass, selbst wenn zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestanden hätte, dass im Rahmen der Position 4.1 Baustraßen anzulegen gewesen wären, die Klägerin solche dann auch unter dieser Position prüfbar hätte abrechnen müssen. Dies ist hier insbesondere deshalb von Bedeutung, weil es sich bei der Position 4.1 um eine Pauschalposition handelt, über die nach der Kündigung, wie ausgeführt, die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Wertes der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung hätte abgerechnet werden müssen, was unterblieben ist. Unzulässig ist in diesem Zusammenhang die hier erfolgte Abrechnung nach Einheitspreisen einer anderen Position.

5. Position 1.2.2, Filtervlies, 4.332,71 €

Der Entscheidung über die Position 1.2.1 korrespondiert diejenige über Position 1.2.2, dem Liefern und Einbauen von Filtervlies unter der Baustraße. Der von der Klägerin hierfür geltend gemachte Anspruch in Höhe von 4.332,71 € für Filtervlies gemäß Aufmaßblatt Nr. 14,18 sowie Nr. 27 besteht nur für Aufmaßblatt 27, mithin 358 m² für einen Einheitspreis von 4,42 €, so dass sich ein Vergütungsanspruch von 1.582,36 € errechnet. Aus den gleichen Erwägungen wie oben bleibt die Berufung auch hier ohne Erfolg.

6. Position 3.1.1, Boden für Baugruben (Auffüllung) profilgerecht lösen, laden und fördern, 36.400,27 €

Das Landgericht hat der Klägerin den von ihr für die Position 3.1.1, Boden für Baugruben (Auffüllung) profilgerecht lösen, laden und fördern, geltend gemachten Vergütungsanspruch von 36.400,27 € nach durchgeführter Beweisaufnahme in voller Höhe zuerkannt.

Hiergegen richtet sich – vergeblich – die Anschlussberufung des Beklagten, der, wie bereits erstinstanzlich, die volle Leistungserbringung bestreitet und daher meint, der Klägerin stehe nur in dem von ihm anerkannten Umfang von 2.120,578 m³ ein Vergütungsanspruch zu, mithin in Höhe von 15.077,31 €.

Das Landgericht hatte seine Entscheidung in 1. Linie auf die Aussage des Zeugen Schade geschützt, der detailliert und glaubhaft bekundet habe, dass die von der Klägerin berechneten Massen insgesamt durch deren Subunternehmerin erbracht worden seien, die entsprechende Lieferscheine und Annahmebestätigungen der Deponie vorgelegt habe. Die Plausibilität des Volumens sei auch durch die Klägerin überprüft worden. Dass der Sachverständige Dr. K… in seinem Gutachten nicht habe ausschließen können, dass sich die digital aufgenommene Masse teilweise mit den zusätzlich aufgenommenen Massen überschneide, sei in Anbetracht der Zeugenaussage unbeachtlich. Dass die Zeugin F… nur einen geringeren Umfang bei ihrer Prüfung angesetzt habe, da ihr nur insoweit prüfbare Unterlagen vorgelegen hätten, sei angesichts der glaubhaften Aussage des Zeugen S… nicht mehr von Bedeutung.

Dies begegnet gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch unter Berücksichtigung der Anschlussberufung des Beklagten keinen Bedenken.

Der Beklagte macht gegenüber der für das Landgericht maßgeblichen Aussage des Zeugen Schade geltend, dass diese sowohl der Urkundenlage als auch den Angaben des Sachverständigen widerspreche.

Dies ist nicht zutreffend. Der Sachverständige hatte in beiden Gutachten lediglich verdeutlicht, allein anhand der ihm vorliegenden Unterlagen die Beweisfrage, ob die genannten Mengen tatsächlich erbracht worden seien, nicht im Sinne der Klägerin beantworten zu können, diese jedoch auch nicht verneint, sondern vielmehr zur Klärung auf die von der Klägerin angebotene Zeugenvernehmung verwiesen. Nach der Vernehmung der Zeugen hat der Sachverständige in seiner nachfolgenden Anhörung zu diesem Komplex keine weiteren Ausführungen gemacht.

Auf die Zeugenaussage stützt das Landgericht dann auch maßgeblich sein Ergebnis und nicht auf klägerseits unterzeichnete Aufmaßblätter.

Mit dem Einwand der Anschlussberufung, die Erklärung des Zeugen erläutere nicht, warum das digitale Geländemodell und die handschriftlichen Aufzeichnungen gleiche Höhenkoordinaten aufwiesen, wurde dieser bei seiner Vernehmung bereits konfrontiert. Der Zeuge hat hierzu erklärt, dass er die durch die Subunternehmerin insgesamt berechneten Massen deswegen als bestätigt angesehen habe, weil ihm entsprechende Abnahmebestätigungen der Deponien vorgelegt worden waren, die sich auch mit seiner eigenen Massenberechnung anhand der eingesetzten LKWs deckten. Hält der Sachverständige Überschneidungen lediglich für möglich, stellt diese jedoch nicht als sicher fest, sind die auf der Grundlage der Zeugenaussage getroffenen Feststellungen des Landgerichts, die damit nicht in Widerspruch stehen, ausreichend tragfähig im Sinne des § 529 ZPO.

7. Position 3.1.6 Abtrennung der nicht verwendbaren Mauerbzw. Betonbrocken über 0,01 m³ Rauminhalt laden, fördern, beseitigen, 1.611,13 €

Das Landgericht hatte der Klägerin für die unter Position 3.1.6, Abtrennung der nicht verwendbaren Mauer – bzw. Betonbrocken über 0,01 m³ Rauminhalt laden, fördern beseitigen statt der von dieser geltend gemachten 1.611,13 € nur einen Anspruch in Höhe von 1.044,29 € zuerkannt. Hierbei bleibt es.

Zur Begründung hatte das Landgericht ausgeführt, dass lediglich die im Aufmaßblatt 17 dokumentierten und unstreitigen 31,54 t maßgeblich seien, nicht hingegen die im Aufmaßblatt 16 dokumentierten weiteren 17,12 t. Diese habe die Klägerin selbst auch zunächst zu der Position 2.3.2 gerechnet und dort die Leistung mit “Pflaster aufbrechen und entsorgen” bezeichnet. Dies bedeute, wie der Sachverständige zutreffend in seinem Gutachten vom 30.05.2012 ausgeführt habe, dass auch die Klägerin bestätige, dass es vorliegend um Pflastersteine ging. Sofern sie auf Erschwernisse bei der Pflasteraufnahme hinweise (Altpflaster im Baugrund), sei es gleichwohl nicht möglich, die dortigen Leistungen ohne Einbeziehung des Auftraggebers in eine andere Position zu verschieben. Vielmehr hätte sie diese Erschwernisse anzeigen und mit dem Beklagten die weitere Vorgehensweise abstimmen müssen.

Dies trifft zu.

Auch zweitinstanzlich beschränkt sich die Klägerin letztlich darauf, an ihrer Ansicht festzuhalten, dass ihr die im Hinblick auf das im Baugrund vorhandene Pflaster erbrachte Zusatzleistung entsprechend zu vergüten sei. Dies ist nicht geeignet, die Ausführungen des Landgerichts zu entkräften.

8. Position 4.1 Baugrubenverbau, 54.924,59 € netto

Das Landgericht hat einen Vergütungsanspruch der Klägerin für teilweise erbrachte Leistungen beim Baugrubenverbau, Position 4.1, verneint, da auch die klägerseits nachgebesserte Herleitung der verlangten Vergütung (vgl. Bl. 1432 GA) nicht den entwickelten Grundsätzen zur Abrechnung erbrachter Teilleistungen im Falle der Vereinbarung einer pauschalen Vergütung entspreche. Dies ist richtig.

Die Parteien vereinbarten zur Position 4.1.1 des Leistungsverzeichnisses, die den 1. Bauabschnitt des Baugrubenverbaus betraf, eine Teilpauschale in Höhe von 183.920,13 € netto. Nach dem Leistungsverzeichnis gehörte hierzu der Verbau als überschnittene Bohrpfahlwand aus Stahlbeton, Normalbeton DIN 1045, mindestens B 25, jeder zweite Pfahl bewehrt, wobei eine verbaute Länge von ca. 70,0 m angenommen wurde. Bohrschablone, Aussteifungen, Verankerungen und dafür erforderliche Kernbohrungen sowie zugehörige Baustelleneinrichtungen sollten einkalkuliert werden.

In ihrer Schlussrechnung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hatte die Klägerin die von ihr ihrer Behauptung nach zu dieser Position erbrachten Leistungen mit Einheitspreisen versehen und hieraus den geltend gemachten Gesamtbetrag errechnet. Nach einem entsprechenden Hinweis des Landgerichts auf die Unschlüssigkeit des klägerischen Vortrages hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 06.09.2012 (Bl. 1432 GA) ihre Berechnung mit ihrer Urkalkulation (Anlage K 10) erklärt, derzufolge sie Subunternehmerleistungen ihrer Kalkulation mit einen Aufschlag von 20 % allgemeine Geschäftskosten und 6 % Risiko zu Grunde gelegt habe. Das Angebot ihrer Subunternehmerin, der klägerischen Streithelferin, vom 22.01.2004 (Anlage K 104) beinhalte für die Position 4.1.1 einen Gesamtpreis von 144.591,30 €. Diese habe, wie aus der Anlage K134 ersichtlich, für sich einen “EP” von 2.065,78 € für alle Wandabschnitte ermittelt, woraus sich bei zugrundegelegten 70 m der oben genannte Angebotspreis ergebe. Hieraus habe sie nach den entsprechenden Aufschlägen ihren geforderten Pauschalpreis ermittelt. Abgerechnet habe die klägerische Streithelferin wie aus der Anlage K 105 ersichtlich, deren einzelne Positionen der klägerischen Schlussrechnung korrespondieren. Auf die dortigen Positionen habe sie jeweils entsprechend ihrer Kalkulation die einzelnen Aufschläge vorgenommen.

Eine solche Abrechnung genügt nicht den Anforderungen der Abrechnung eines Pauschalvertrages mit teilweise erbrachten Leistungen nach Kündigung des Vertrages. Für eine solche hat der Auftragnehmer zunächst die erbrachten Leistungen festzustellen und von dem nicht erbrachten Teil abzugrenzen. Für die erbrachten Leistungen ist dann ein entsprechender anteiliger Werklohn anzusetzen, wobei die Höhe dieser Vergütung nach dem Verhältnis des Wertes der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen ist. Darzustellen ist daher das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Pauschalansatzes für die Teillieferung zum Pauschalpreis (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage, Rn. 1554 mit weiteren Nachweisen).

Das Landgericht hat zutreffenderweise einen Rückgriff auf Einheitspreise zur Erläuterung der Bildung des Pauschalpreises für zulässig gehalten, deren Herleitung jedoch zu Recht für nicht nachvollziehbar erachtet. Auf die landgerichtliche Begründung wird insoweit verwiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin diesen Anspruch in voller Höhe von brutto 54.924,59 € weiter, da sie ihre Schlussrechnung in diesem Punkt für ausreichend prüffähig hält. Die ist aber nach wie vor nicht der Fall.

Soweit die Klägerin weiter daran festhält, auf der Grundlage ihrer Urkalkulation im Zusammenspiel mit der Kalkulation der klägerische Streithelferin abrechnen zu können, geht dies fehl.

Es kann dahinstehen, ob der Rückgriff auf eine Kalkulation des Subunternehmers die eigene Kalkulation ersetzen kann. Denn selbst wenn man dies zuließe, lässt sich der Berechnung der klägerischen Streithelferin nicht entnehmen, wie diese die von ihr gegenüber der Klägerin mit Schlussrechnung vom 01.07.2005 (Anlage K 105) berechneten Teilleistungen ins Verhältnis zu ihrem pauschalierten Angebot setzt. Falls, wie von der Klägerin behauptet, das pauschalierte Angebot ihrer Streithelferin auf der Grundlage der Anlage K134 errechnet wurde, korrespondiert deren Schlussrechnung dieser nicht. Denn dort wird nicht nach einem bestimmten Wandpreis abgerechnet, sondern vielmehr, wie es dann später auch die Klägerin tut, nach einzelnen aufgegliederten Leistungen. Zwar entsprechen diese einzelnen Punkte den unter diesem Titel zu erbringenden Leistungen, es fehlen jedoch jegliche Angaben dazu, aus welchem Leistungsumfang der einzelnen Unterpositionen sich der gebildete Pauschalpreis errechnete. Darüber hinaus korrespondieren die von der klägerische Streithelferin in ihrer Rechnung zugrundelegten Einheitspreise auch nicht denjenigen, die in der Kalkulation als deren Einheitspreise genannt sind. Zwar sind die jeweiligen Unterschiede nicht besonders hoch, stehen aber gleichwohl einem Rückgriff hier, käme es darauf noch an, entgegen.

Die Klägerin verkennt, dass sie nicht nur die von ihr ihrer Behauptung nach erbrachten Leistungen zu beziffern hat, sondern diese in ein entsprechendes Verhältnis zu dem Leistungsumfang zu setzen hat, den sie bei der Bildung ihres Pauschalpreises zugrundelegte. Hat sie diesen anhand eines Pauschalpreises ihrer Subunternehmerin gebildet, entbindet sie dies im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber, dem Beklagten, nicht davon, ihrerseits nach den dargelegten Anforderungen abzurechnen, selbst wenn die Abrechnung ihrer Subunternehmerin diesen nicht genügen sollte.

Soweit die Klägerin nunmehr geltend macht, sie habe mindestens 30 % der geschuldeten Leistungen erbracht, so dass ihr jedenfalls der geforderte Vergütungsanteil von 29,89 % der pauschalierten Vergütung zustehe, vermag auch dies der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Denn auch hierzu müsste die Klägerin weiter vortragen, welchen Umfang die jeweiligen Einzelleistungen nach dem Leistungsverzeichnis gehabt hatten, und in welchem sie diese erbracht haben will. Will sie an der Aufgliederung ihrer Schlussrechnung festhalten, müsste sie vortragen, in welchem Umfang die dort genannten Teilleistungen ursprünglich geschuldet waren, und diese deutlich abgrenzen.

Die Ermittlung der geschuldeten Vergütung über die Entwicklung von Einheitspreisen dergestalt, dass bei einer Gesamtlänge von 70 m zu errichtenden Verbauarbeiten, von denen 33,0 m ausgeführt wurde, die vereinbarte Pauschalsumme von 183.920,13 € durch 70 m geteilt und dann der so gefundene “Einheitspreis” mit 33 m erbrachter Leistung multipliziert wird, kommt hier nicht in Betracht. Die Position 4.1.1 des Leistungsverzeichnisses beinhaltet nicht nur die Errichtung von 70 m Bohrpfahlwand, sondern auch die Erstellung einer entsprechenden Statik, Bohrschablonen, Aussteifungen, Verankerungen, Kernbohrungen und die Baustelleneinrichtung. Der vertraglich vereinbarte Leistungsumfang umfasst damit nicht nur ein genau beziffertes Volumen, dass nur zu einem ebenfalls genau bezifferbaren Teil erbracht werden kann, sondern daneben auch “unteilbare” Leistungen.

Da, wie ausgeführt, die Klägerin ihren für diese Position geltend gemachten Vergütungsanspruch nicht nachvollziehbar dargelegt hat, ist die von ihr gestellte Schlussrechnung in diesem Punkt nicht nur nicht prüffähig, sondern die Klage unschlüssig. Dies hat zur Folge, dass es entgegen der Berufung bei der landgerichtlichen Abweisung als endgültig unbegründet verbleibt.

9. Position 17.3, Baustofflieferungen, 47.036,27 €

Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts steht der Klägerin für die unter Titel 17.3 aufgeführten Baustofflieferungen die geforderte Vergütung von 47.036,27 € nicht zu.

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 314 BGB analog gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B nur dann ein Vergütungsanspruch des Auftragnehmers besteht, wenn der Auftraggeber die angelieferten Stoffe auch in Anspruch nimmt. Dies ist hier nicht der Fall, da die Klägerin diese auf Verlangen des Beklagten wieder abgeholt hat.

Soweit die Klägerin hiergegen geltend macht, ein Recht zur fristlosen Kündigung habe nicht bestanden, geht dies, wie bereits ausgeführt, fehl.

Weiter wendet die Klägerin ein, die in Rechnung gestellten Baustoffe hätten sich im Wesentlichen auf gesondert für das Bauvorhaben des Beklagten gefertigte Rohrleitungen bezogen, so dass es nicht darauf ankomme, ob eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen sei oder ob es sich um eine freie Kündigung gehandelt habe. Der Beklagte hätte auf jeden Fall die gesondert für sein Bauvorhaben hergestellten Rohrleitungen abnehmen müssen, so dass er diese auch bezahlen müsse.

Dies trifft nicht zu.

Die Kündigung eines VOB/B – Vertrages nach § 314 BGB analog löst die Folgen des § 8 Nr. 3 VOB/B aus, der dem Auftraggeber in Abs. 3 zwar die Möglichkeit einräumt, die angelieferten Stoffe und Bauteile gegen eine angemessene Vergütung weiter zu nutzen, nicht jedoch eine entsprechende Pflicht. Zwar kann der Auftraggeber zwecks Schadensminderung nach §§ 242, 254 Abs. 2 BGB verpflichtet sein, die bereits angelieferten Stoffe und Bauteile weiter zu verwenden, wenn sie uneingeschränkt für die ausstehenden Arbeiten tauglich sind, der gekündigte Auftragnehmer keine Verwendungsmöglichkeit hat und keine Einwendungen erhebt. Dies soll erst recht gelten, wenn der gekündigte Unternehmer deren Verwendung ausdrücklich anbietet, der Nachfolgeunternehmer hiergegen keine Bedenken hat und dem Auftraggeber die Verwendung unter Berücksichtigung aller Umstände zumutbar ist (vgl. Ingenstau/Korbion/Joussen/Vyugen, § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 75). Mit Schreiben vom 25.05.2005 (Anlage B 39) hatte der Beklagte die Klägerin zur Entfernung sämtlicher Materialien aufgefordert. In seiner Klageerwiderung führt der Beklagte hierzu ergänzend aus, dass er erstmals durch die Klageschrift erfahren habe, dass die Klägerin ihm diese Materialien, die sie unmittelbar nach der Kündigung auf seine Aufforderungen von der Baustelle entfernt habe, nach wie vor anbiete. Weiterer Vortrag der Klägerin hierzu ist erstinstanzlich nicht erfolgt. Die damit allein feststehenden Eckpunkte, Entfernung der Materialien nach Aufforderung durch den Beklagten, erster Hinweis auf die fehlende anderweitige Verwendungsmöglichkeit im Rahmen der Klageschrift, rechtfertigen keine Verpflichtung des Beklagten, diese aus Schadensminderungsgesichtspunkten weiter zu verwenden. Dies setzt zumindest eine entsprechende Reaktion der Klägerin auf die Aufforderung zur Entfernung voraus, die dem Beklagten die möglichen Folgen hätte verdeutlichen können. Darüber hinaus wäre die Klägerin auch gehalten gewesen, bei ihrer Abrechnung zwischen bereits verbauten und vor Ort zu Verfügung gestellten, aber noch nicht eingebauten Materialien zu unterscheiden.

10. Position 17.4.1, Stellungnahmen, Gutachten etc., pauschal 32.000 €

Für zusätzliche baubegleitende Maßnahmen, die im Wesentlichen die weitere Klärung der Bodenbeschaffenheit beinhalteten, begehrt die Klägerin einen Pauschalbetrag in Höhe von 32.000 €, von denen sie durch die Anlage K139 mindestens 31.074,53 € nachgewiesen habe. Die Klägerin hat hierzu die Auffassung vertreten, der Beklagte habe weitere Aufwendungen für die Untersuchung des Bodens erspart, so dass er einen entsprechenden Betrag zu erstatten habe.

Das Landgericht hat einen entsprechenden Vergütungsanspruch zu Recht verneint.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, ihr Anspruch ergebe sich entweder aus § 2 Nr. 5 VOB/B oder als Schadensersatzanspruch, weil der Beklagte durch einen Ausschreibungsfehler die ihm ihr gegenüber obliegenden Pflichten verletzt hat.

Diese Argumentation vermag jedoch nicht durchzugreifen, da, wie ausgeführt, die Ausschreibung nicht fehlerhaft war, sondern im Hinblick auf die Bohrbarkeit lediglich unvollständig, was die Klägerin jedoch hätte erkennen können und müssen. Verpflichtet sie sich gleichwohl zu den streitgegenständlichen Bohrarbeiten, gehen jegliche Folgen etwaiger Fehleinschätzungen oder eigener – unrichtiger – Schlussfolgerungen aus den Angaben des Baugrundgutachtens zu den Bodenverhältnissen zu ihren Lasten. Hierzu gehören auch die geltend gemachten Gutachterkosten, wobei die Klägerin zudem der Feststellung des Landgerichts, dass diese in erster Linie dazu dienen sollten, dem Beklagten nachzuweisen, dass der Fels nicht vertragsgerecht bohrbar gewesen sei, letztlich nicht entgegengetreten ist.

11. Position 17.4.3, Änderungen der Statik, 2.925,60 €

Nach dem landgerichtlichen Urteil scheiterte der klägerische Anspruch im Zusammenhang mit Änderungen der Statik, Position 17.4.3, in Höhe von 2.925,60 € bereits daran, dass die Klägerin diesen nicht nach dem vereinbarten Preisgefüge errechnete.

Das Landgericht führt hierzu aus, dass zwar grundsätzlich ein Auftragnehmer einen Anspruch auf Preisanpassung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B habe. Grundlage für den neuen Preis sei bei allen Preistypen des Bauvertrages die ursprüngliche Preisvereinbarung, auf die dann die vorauskalkulierten bzw. vorauskalkulierbaren Mehrund Minderkosten in angemessener Weise hinzuzurechnen seien. Dies habe die Klägerin nicht beachtet, sondern den Preis anhand der Statikrechnungen Rüter (Anlage K 141) zuzüglich 20 % allgemeine Geschäftskosten und 6 % für Risiko und Gewinn errechnet.

Hiergegen wendet die Klägerin in der Berufung ein, sie habe diese zusätzlichen Kosten nicht von vornherein kalkulieren können. Deshalb sei ihre Berechnung auch im Rahmen des § 2 Nr. 5 VOB/B sachgerecht.

Dies ist unzutreffend.

Entscheidet sich die Klägerin im Rahmen des geschlossenen Vertrages gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B Mehrleistungen abzurechnen, kann dies nur in der vom Landgericht dargestellten Art und Weise geschehen. Maßgebend für die Mehr – und Minderkostenermittlung im Rahmen des § 2 Abs. 5 VOB/B ist, wie der Unternehmer die Preise kalkuliert hätte, wenn ihm die Leistungsänderung von Anfang an bekannt gewesen wäre. Der kalkulatorische Ansatz für alle Mehr – und Minderkosten ist deshalb fortzuschreiben, wofür gegebenenfalls die gesamte Angebotskalkulation offen zu legen ist (vgl. Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 18. Auflage, § 2 Abs. 5 VOB/B Rn. 34). Grundlage für den neu zu bildenden Preis ist bei allen Preistypen des Bauvertrages die ursprüngliche Preisvereinbarung mit dem Auftragnehmer (vgl. Ingenstau/Korbion/Keldungs a.a.O. Rn. 43).

12. Position 17.4.4, Baustelleneinrichtung und Räumung, 8.268,00 €

Das Landgericht hat es dahinstehen lassen, ob der von der Klägerin unter Position 17.4.4, Baustelleneinrichtung und Räumung, geltend gemachte Vergütungsanspruch von 8.268 € bereits daran scheitert, dass die Klägerin selbst maßgeblich die Verzögerungen und Unterbrechungen wegen der Bodenbeschaffenheit (Bohrbarkeit) zu verantworten hat oder ob ihr vielmehr ein Anspruch nach § 2 Nr. 5 VOB/B zustehe. Denn jedenfalls habe sie ihren Anspruch der Höhe nach nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Kalkulation entsprechend Anlage K 142 nehme keine Rücksicht auf das bisher vereinbarte Preisgefüge. Die Klägerin entwickle die Vergütung nicht aus der zwischen den Parteien vereinbarten Teilpauschale zur Baustelleneinrichtung, sondern nehme lediglich Bezug auf das Zusatzblatt eines Angebots ihrer Streithelferin, wo das Einrichten und Räumen der Baustelle für einen zusammenhängenden ununterbrochenen Bohreinsatz mit netto 6.400 € angegeben ist, auf die sie ihre Zuschläge von insgesamt 26 % erhebt. Dies trifft zu und steht dem klägerischen Anspruch nach wie vor entgegen.

Selbst wenn, wie die Klägerin mit der Berufung geltend macht, es sich hierbei um eine zusätzliche Leistung gehandelt hat, die nicht Gegenstand des ursprünglichen Vertrages gewesen sei entbindet dies sie nicht davon, einen etwaigen Anspruch nach § 2 Nr. 5 VOB/B auf der Grundlage des bisher vereinbarten Preisgefüges abzurechnen. Macht die Klägerin geltend, hierzu lediglich vortragen zu können, dass sie die bei ihr angefallenen Kosten ihrer Streithelferin zuzüglich der vereinbarten Aufschläge weitergegeben habe, geht dies zu ihren Lasten.

Die Klägerin hätte darlegen müssen, wie sie den Pauschalpreis für die Baustelleneinrichtung unter 1.1.1 kalkuliert hatte und hieraus die nunmehr geltend gemachten Kosten für Baustelleneinrichtung und -räumung entwickeln müssen. Dies kann nicht durch eine reine Bezugnahme auf die ihr von ihrem Subunternehmer in Rechnung gestellten Kosten ersetzt werden. Auch hier gilt, wie bereits oben, dass selbst dann, wenn die Klägerin ihren Pauschalpreis anhand der Kosten ihrer Subunternehmerin gebildet hat, sie gleichwohl gegenüber ihrem Auftraggeber nach den dargelegten Anforderungen abzurechnen hat, selbst wenn ihre Subunternehmerin dies ihr gegenüber unterlassen haben sollte.

13. Position 17.4.5, Einsatz der Bohrkolonne, 19.525,41 €

Das Landgericht hat den für den Einsatz einer Bohrkolonne geltend gemachten Anspruch der Klägerin in Höhe von 19.525,41 € bereits mangels ersichtlicher Anspruchsgrundlage verneint.

Dies ist zutreffend. Mit der Klageschrift erläuterte die Klägerin die Notwendigkeit der von der Bohrkolonne durchgeführten Probebohrungen damit, dass diese zur Ermittlung der Baugrundbeschaffenheit erforderlich gewesen sei. Dies greift sie auch in der Berufungsbegründung wieder auf. Damit im Zusammenhang stehende Kosten können jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht mit Erfolg gegenüber dem Beklagten geltend gemacht werden. Der klägerische Anspruch ist daher unbegründet.

Darüber hinaus hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass er auch der Höhe nach nicht nachvollziehbar dargestellt ist. Die Schlussrechnung beinhaltet 4,5 Tage à 4.338,98 €, mithin insgesamt 19.525,41 €. Die Anlage K 143, die Position 17.4.5 erläutern und belegen soll, weist für den Einsatz der Bohrkolonne (für Probebohrungen) solche Beträge an keiner Stelle aus. Schon das Deckblatt zur Anlage K 143 ist so aufgebaut, dass für den Einsatz der Bohrkolonne pro Tag 4.350,00 € angesetzt werden zuzüglich 20 % allgemeine Geschäftskosten zzgl. 6 % Risiko und Gewinn mithin pro Tag 5.533,20 €. Keiner dieser Beträge findet sich in der Rechnung wieder.

Mit ihrer Berufungsbegründung macht die Klägerin geltend, dass das OLG Hamm ihrer Streitverkündeten 4.350 € zuerkannt habe, so dass ihr zzgl. 26 % Aufschläge netto 5.533,20 € zustünden. Zwar hatte die Klägerin dies in der Tat bereits erstinstanzlich vorgetragen, verkennt aber, dass es auch hier nicht darauf ankommt, in welcher Höhe ein Anspruch der klägerischen Streithelferin gegenüber der Klägerin gerechtfertigt war, sondern wie diese Leistung im Vertragsverhältnis der hiesigen Parteien abzurechnen war. Diese Abrechnung wird auch inhaltlich zu Recht vom Landgericht beanstandet, da sie sich nicht in der Schlussrechnung wieder findet, die einen völlig anderen Betrag ausweist. Wie die Klägerin diesen ermittelt hat, bleibt damit völlig offen.

14. Position 17.4.6, Abtransport Bewehrungskörbe, 1.200 €

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Vergütung für den Abtransport der auf der Baustelle befindlichen Bewehrungskörbe in Höhe von 1.200 €.

Das Landgericht hatte einen solchen Anspruch ebenfalls bereits mangels Anspruchsgrundlage verneint. Hierauf geht die Berufungsbegründung nicht weiter ein, sondern macht lediglich geltend, dass die Klägerin selbst entsprechende Kosten an ihre Streithelferin in Höhe von 750 € gezahlt hätte. Da die Klägerin diese Position selbst im Zusammenhang mit der vorstehenden Position sieht, mangelt es aus den bereits ausgeführten Gründen auch hier bereits an einer Anspruchsgrundlage.

Darüber hinaus ist der Anspruch auch der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Nach der von der Klägerin vorgelegten Urkalkulation Anlage K 144 ergab sich aus den Kosten ihrer Streithelferin zuzüglich des klägerischen Aufschlages ein Betrag von 954 €, zu dem die Klägerin jedoch noch eigene Leistungen als Stundenlohnarbeiten hinzugerechnet hatte, und so auf einen Gesamtbetrag von 1.197,90 € kam. Die Differenz ist zwar nur gering, aber dieser Betrag entspricht nicht dem in Rechnung gestellten. Darüber hinaus lässt die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung bei der Herleitung der Höhe des Anspruchs diese Stundenlohnarbeiten außer Betracht, so dass die Berufungsbegründung damit auch rechnerisch nicht mehr nachvollziehbar ist. Zudem ist, wie bereits ausgeführt, eine Abrechnung allein auf der Grundlage der Kosten ihrer Subunternehmerin nicht ausreichend.

Die klägerische Berufung bleibt damit auch hinsichtlich dieser Position ohne Erfolg.

15. Position 17.4.7, Bewehrungsabnahme, 1.200 € /

Position 17.4.8, Prüfung der Statik, 3.888,50 €

Das Landgericht hatte einen Vergütungsanspruch hinsichtlich der Position 17.4.7, Bewehrungsabnahme, 1.200 €, sowie Position 17.4.8, Prüfung der Statik, 3.888,50 €, verneint, da weder eine Anspruchsgrundlage ersichtlich sei noch die Höhe weiter erläutert werde.

Die Klägerin verweist zweitinstanzlich zur Berechtigung dieser Position zunächst darauf, dass sie der Beklagte aufgefordert habe, die ihm auftragsgemäß übergebene Statik zusätzlich überprüfen und die Bewehrung abnehmen zu lassen, weshalb er die hierfür entstandenen Kosten zu tragen habe. Diese seien ihr von dem beauftragten Ingenieurbüro ausweislich der jetzt erstmals vorgelegten Rechnungen (Bl. 1835 ff. GA) entstanden.

Soweit das Landgericht der Auffassung gewesen sei, dass der klägerische Vortrag hierzu nicht ausreichend substantiiert gewesen sei, hätte es eines entsprechenden Hinweises bedurft, auf den die Klägerin dann, wie jetzt geschehen, vorgetragen hätte.

Auch dieser Vortrag vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Soweit die Klägerin erstinstanzlich die unter Titel 17.4 geltend gemachten Kosten für zusätzliche Maßnahmen insgesamt in einen Zusammenhang mit der zu klärenden Baugrundbeschaffenheit gestellt hat, sind diese, wie dargestellt, nicht dem Beklagten zu berechnen.

Weiter macht die Klägerin in der Berufung geltend, obwohl sie pflichtgemäß dem Beklagten eine prüffähige Statik zur Verfügung gestellt habe, habe dieser sie aufgefordert, die Statik zusätzlich prüfen zu lassen, wofür Kosten in Höhe von 3.888,12 € entstanden seien. Diese Zusatzleistung sei vom Beklagten zu vergüten.

Der Beklagte hingegen hatte bereits mit der Klageerwiderung bestritten, irgendeine der unter Titel 17.4 genannten zusätzlichen Maßnahmen gegenüber der Klägerin angeordnet zu haben.

Aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen lässt sich nur entnehmen, dass im Rahmen der Baubesprechung vom 02.08.2004 (Anlage K 25) der Beklagte die Klägerin aufgefordert hatte, eine Statik vorzulegen, die dem Angebot und einem im Protokoll festgelegten Ausführungsvorschlag zu Grunde liege. Mit Schreiben vom 09.08.2004 (Anlage K 27) sagte die Klägerin dann die Erstellung einer neuen Statik unter Berücksichtigung der in diesem Schreiben erwähnten Punkte zu. Legt man dies zu Grunde, hatte der Beklagte die Klägerin jedenfalls seiner Auffassung nach nicht mit der Überprüfung einer von ihm als vertragsgemäß entgegengenommen klägerischen Statik beauftragt, sondern vielmehr die zunächst überreichte Statik als unzureichend zurückgewiesen und deren Überarbeitung gefordert. Nach der eigenen Darstellung in der Klageschrift hatte die Klägerin die zunächst vorgelegte Statik auf der Grundlage eines abweichenden Verbaus erstellt, wobei der Beklagte seinerseits am ausgeschriebenen Verbau festhielt.

Ungeachtet dessen, wessen Ansicht zur Ausführung des Verbaus zutreffend war, wäre die Klägerin gehalten gewesen, diesen jetzt von ihr erstmals in der Berufungsbegründung hergestellten Zusammenhang auch erstinstanzlich darzulegen, und zwar auch ohne einen expliziten Hinweis des Landgerichts. Dies gilt insbesondere zu der von ihr auch jetzt nur unsubstantiiert behaupteten ausdrücklichen Beauftragung durch den Beklagten mit Statik und Bewehrungsabnahme. Darüber hinaus hatte sie auf das entsprechende Bestreiten des Beklagten erstinstanzlich eine entsprechende Leistungsanordnung nur im Hinblick auf die Bodenuntersuchung behauptet, eine Erstattungspflicht hinsichtlich der weiteren Kosten jedoch ausdrücklich gerade nicht mit einer entsprechenden Anordnung des Beklagten begründet (Bl. 181 GA). Ihr jetziges Vorbringen ist damit nicht nur neu, sondern widerspricht im übrigen der eigenen erstinstanzlichen Darstellung.

Zur Höhe des Vergütungsanspruchs kann auf die oben stehenden Ausführungen zur unzureichenden Herleitung aus dem Pauschalvertrag verwiesen werden.

Es verbleibt damit auch insoweit beim landgerichtlichen Urteil.

16. Position. 1b.13, Stillstandzeiten der Bohrkolonne, 313.741,92 €

Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für die Stillstandzeiten der Bohrkolonne in Höhe von 313.741,92 € verneint.

Die Klägerin hatte die geltend gemachten Stillstandskosten erstinstanzlich damit begründet, dass sie diese Stillstandskosten gegenüber ihrer Streithelferin zu tragen gehabt habe und diese mit entsprechendem Aufschlag folglich dem Beklagten weiterberechnet habe. Tatsächlich aber hat das OLG Hamm einen Anspruch der Streithelferin auf Ersatz von Stillstandszeiten gegenüber der Klägerin aus allen rechtlichen Gesichtspunkten verneint (vgl. Seite 11 des Urteils, Anlage K 132). Begründet die Klägerin eine Inanspruchnahme des Beklagten damit, dass ihr selbst Kosten in dieser Höhe entstanden seien, und steht rechtskräftig fest, dass dies nicht der Fall ist, ist ihr auch ohne dass es auf eine entsprechende Interventionswirkung ankäme, eine Inanspruchnahme des Beklagten schon aus diesem Grunde verwehrt. Dem Einwand des Beklagten, dass ein eigener Stillstand der Klägerin nicht entstanden sei, weil sie alle damit im Zusammenhang stehenden Arbeiten durch ihre Streithelferin habe durchführen lassen, ist die Klägerin in ihren nachfolgenden Schriftsätzen nicht entgegengetreten. In ihrem Schriftsatz vom 06.01.2015 verweist die Klägerin vielmehr lediglich darauf, dass Grundlage ihres auf § 2 Nr. 5 VOB/B gestützten Vergütungsanspruchs sei, dass sie die gesamte Baustelleneinrichtung und die Maschinen während der Stillstandszeiten durchgängig vorgehalten habe, so dass sie unabhängig davon, welchen Betrag sie an ihre Streitverkündete gezahlt habe, eine Vergütung verlangen könne. Dies trifft nicht zu. Die Klägerin verkennt, dass es hierfür bereits nach ihrem eigenen Vortrag an einer Berechnungsgrundlage fehlt. Die vom Beklagten für durch Subunternehmer erbrachte Arbeiten geforderte Vergütung hat die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre Urkalkulation anhand ihres Einkaufspreises nebst Zuschlägen berechnet. Hier fehlt es jedoch bereits an einem solchen “Einkaufspreis”, weil eine entsprechende Subunternehmerforderung gegenüber der Klägerin nach der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Hamm nicht besteht.

17. Umsatzsteuer

Das Landgericht hatte auf die der Klägerin zustehende Nettovergütung zutreffend 16 % Umsatzsteuer in Ansatz gebracht.

Die klägerischen Leistungen wurden bereits im Jahre 2005 abgeschlossen, in dem auch die klägerische Schlussrechnung erstellt wurde. Es lässt sich der klägerischen Berufung mangels Begründung auch nicht entnehmen, warum hingegen der dort zugrundegelegte Umsatzsteuersatz von 19 % Berücksichtigung finden sollte.

D)

Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ist der klägerische Vergütungsanspruch von 193.229,61 € gemäß § 389 BGB durch die vom Beklagten mit Mehrkostenerstattungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen erklärte Aufrechnung erloschen.

Entgegen der Berufung stehen dem Beklagten diese Ansprüche dem Grunde nach zu, da die Kündigung nach § 314 BGB analog gerechtfertigt war. Wie bereits ausgeführt, entsprechen die Folgen einer nach § 314 BGB analog gerechtfertigten Kündigung eines Bauvertrages denjenigen einer nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B gerechtfertigten Kündigung.

E)

Nach einer Kündigung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B ist der Auftraggeber gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zulasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen.

Der Auftraggeber kann daher von seinem gekündigten Auftragnehmer den Betrag ersetzt verlangen, den er wegen der Beauftragung eines weiteren Unternehmers über den Preis des bisherigen Bauvertrages hinaus, orientiert an dessen vertraglich vereinbarten Leistungsinhalt, ausgeben muss, wobei es maßgeblich auf die Differenz zwischen der bei vollständiger Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistung geschuldeten Vergütung und dem Betrag ankommt, den der Auftraggeber an den gekündigten Auftragnehmer für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen und zusätzlich an den Dritten für die von diesem aufgeführten, aber ursprünglich vom gekündigten Unternehmer geschuldeten Leistung gezahlt hat oder zu zahlen gehalten ist (vgl. Ingenstau/Korbion/Joussen/Vyugen § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 38). Maßgeblich hierbei sind die tatsächlich angefallenen Mehrkosten bei unveränderter Bauausführung entsprechend dem ursprünglich geschuldeten Leistungsinhalt (vgl. Ingenstau/Korbion/Joussen/Vyugen a.a.O.).

Die Anschlussberufung des Beklagten hat insoweit Erfolg, als dass ihm entgegen dem landgerichtlichen Urteil ein höherer Mehrkostenerstattungsanspruch in Höhe von brutto 332.651,58 € zusteht.

Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Titel 1, Erschließung des Baugeländes/Baustelleneinrichtung, 445.124,31 €

Die Anschlussberufung des Beklagten hat insoweit teilweise Erfolg, als dass der Senat hier Kosten in Höhe von 80.000 € zu Gunsten des Beklagten in Ansatz bringt, während hingegen das Landgericht den Anspruch insgesamt verneint hatte.

Das Landgericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Leistungsidentität zwischen der von der Klägerin zu erbringenden Leistung und der durch das Drittunternehmen M… erbrachten Leistung bestehe.

Hieran ist der Senat nach den dargestellten Voraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Das Landgericht hat in nicht zu beanstandender Weise auf die entsprechenden plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. K… in seinen Gutachten Bezug genommen, denen zufolge es an der grundlegenden Prämisse der Identität des Leistungssolls fehle, da die Darstellungen der durchzuführenden Arbeiten in den Leistungsverzeichnissen nicht identisch seien, die Leistungsverzeichnisse unterschiedliche Vorhaltedauern zu Grunde legten (Klägerin 470 Kalendertage, Firma M… 590 Kalendertage) und auch eine Summationsbetrachtung gegen eine Leistungsidentität spreche. Zwar habe der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung eingeräumt, die in den Gutachten erwähnten Änderungen in den Leistungsverzeichnissen seien eher nicht umfangreich. Nachvollziehbar und überzeugend habe er aber darauf hingewiesen, dass zu der Position 1 ca. 10 % der Kosten für die Einrichtung, 80 % für die Vorhaltung und 10 % für die Räumung anzusetzen sind. Dementsprechend sei auch nachvollziehbar, dass sich unterschiedliche Vertragszeiten auch maßgeblich auswirken.

Die Erstattungsfähigkeit entstandener Mehrkosten setzt grundsätzlich, wie bereits ausgeführt, eine unveränderte Bauausführung entsprechend dem ursprünglich geschuldeten Leistungsinhalt voraus. Diese war nach den Ausführungen des Sachverständigen hier nicht gegeben. Neue, vom Sachverständigen nicht bereits in seinem Ergänzungsgutachten vom 05.09.2013 berücksichtigte Umstände, die gleichwohl eine Identität hier hätten begründen können, sind von der Anschlussberufung nicht dargelegt worden.

Der Senat folgt der Argumentation des Beklagten jedoch insoweit, als dass die Feststellungen des Sachverständigen hier zumindest eine Schätzung der entstandenen Mehrkosten gemäß § 287 ZPO ermöglichen. Die Ansicht der Klägerin, dass eine Schätzung der insoweit angefallenen Mehrkosten nicht in Betracht komme, weil bislang nicht festgestellt werden könne, ob diese überhaupt angefallen seien, teilt der Senat nicht. Unstreitig bedurfte es hier einer neuen Baustelleneinrichtung, die mit entsprechenden Kosten verbunden war. Zwar bilden die vom Beklagten geforderten Mehrkosten für die Tätigkeit der Firma M… hier mangels Identität keine ausreichende Schätzungsgrundlage. Eine solche findet sich jedoch in dem von den Parteien in dem geschlossenen Vertrag hierfür in Ansatz gebrachten Pauschalpreis von 55.000 €, den auch der Sachverständige als Vergleichsgrundlage herangezogen hatte. Da senatsbekannt bei einer nach Kündigung erforderlichen kurzfristigen Beauftragung eines Unternehmers höhere Vergütungen zu zahlen sind, schätzt der Senat die insoweit entstandenen Mehrkosten auf 80.000 €.

2. Titel 2, Abbrucharbeiten, 11.760,41 €

Das Landgericht hat dem Beklagten die unter Titel 2 geltend gemachten Mehrkosten für Abbrucharbeiten entgegen dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K… zutreffend in voller Höhe zuerkannt.

Der Sachverständige Dr. K… war davon ausgegangen, dass die Erwähnung und die Übernahme der Reinigung der Betonflächen im Protokoll zum Bietergespräch vom 23.03.2004 (Anlage K 5) nicht durchgreife, da die Klägerin dagegen vorbringe, dieses Zugeständnis sei ausdrücklich nur gegen entsprechende zusätzliche Vergütung erfolgt. Dies verkennt jedoch, dass der von der Klägerin behauptete Vergütungsvorbehalt sich nicht im Protokoll zum Bietergespräch findet. Wäre ein solcher, wie von der Klägerin behauptet, vereinbart worden, hätte sie dem Fehlen des Kostenvorbehalts im Protokoll zum Bietergespräch widersprechen müssen, da dieses entgegen der klägerischen Berufung unmittelbar Vertragsbestandteil geworden ist. Mangels klägerischen Widerspruchs ist das Protokoll in der vorliegenden Form Vertragsbestandteil geworden. Hieraus folgt die Übernahme der streitgegenständlichen Reinigungsarbeiten ohne gesonderte Vergütung. Im Protokoll findet sich unter dem Punkt “Abbruch” lediglich der Satz “die Betonflächen werden von der Firma U… gereinigt.”. Im nachfolgenden Auftragsschreiben des Beklagten vom 26.04.2004 (Anlage K8) wird das Protokoll des Bietergesprächs ausdrücklich als Vertragsbestandteil genannt. Die dort enthaltenen Angaben sind damit als Festlegung weiterer Einzelheiten zum Leistungsverzeichnis anzusehen, so dass beispielsweise hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Abbrucharbeiten, die vom Leistungsverzeichnis mitumfasst waren, klargestellt wird, dass die Reinigung der Betonflächen zu diesen gehört. War diese Leistung folglich vom Pauschalpreis mitumfasst, ist es der Klägerin verwehrt, nunmehr einzuwenden, sie habe diese nur gegen zusätzliche Vergütung erbringen wollen.

3. Titel 4, Baugrubensicherung, 71.984,30 €

Einen Anspruch des Beklagten auf Mehrkosten im Zusammenhang mit einer Baugrubensicherung, Titel 4, in Höhe von 71.984,30 €, hat das Landgericht aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen Dr. K… zu Recht verneint.

In seiner Anschlussberufung, mit der der Beklagte diese Mehrkosten in voller Höhe weiterverfolgt, räumt er ein, dass er seine diesbezügliche Forderung anhand des ursprünglichen Hauptleistungsverzeichnisses der Firma M… berechnet habe, und nicht auf der Grundlage deren Schlussrechnung, in der diese Position nur mit 312.000,00 € abgerechnet worden sei. Der Beklagte begründet dies damit, dass er zur Beschleunigung des Bauvorhabens die Leistungen nicht in der ursprünglich bei der Klägerin beauftragten Art und Weise, die auch dem Hauptleistungsverzeichnis der Firma M… entspreche, habe beauftragen können, sondern sich mit einer zwar günstigeren, aber technisch minderwertigen Leistungserbringung habe zufrieden geben müssen. Dass er zur Kündigung gezwungen gewesen wäre und deshalb nicht die vollwertige Leistung habe halten können, dürfe der Klägerin nicht zum Vorteil gereichen. Deshalb stehe ihm die Differenz zwischen der vergleichbaren ausgeschriebenen Ersatzvornahmeleistung und der Ursprungsleistung als Kompensation für den durch die Kündigung hinzunehmenden Minderwert infolge minderwertiger Ausführung zu.

Dies trifft nicht zu.

Der Beklagte verkennt, dass im Rahmen der Mehrkostenberechnung des § 8 Nr. 3 VOB/B nur diejenigen Kosten erstattet verlangt werden können, die vom danach beauftragten Dritten gegenüber dem Auftraggeber tatsächlich abgerechnet wurden (vgl. Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 38). Diese sind auf der Grundlage der tatsächlichen Schlussrechnung zu ermitteln, nicht anhand sich auf andere Leistungen beziehender Leistungsverzeichnisse. Liegen sie unterhalb der ursprünglichen Kosten, sind Mehrkosten nicht angefallen.

Da Grundlage des geltend gemachten Mehrkostenanspruchs folglich nicht das Leistungsverzeichnis der Firma M… sein kann, kann es dahinstehen, ob dem geltend gemachten Mehrkostenanspruch auch eine fehlende Identität zwischen diesem und dem klägerischen Leistungsverzeichnis entgegenstünde.

4. Titel 5, Wasserhaltung, 90.838,38 €

Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß auch für die vom Beklagten unter dem Titel 5, Wasserhaltung, geltend gemachten Mehrkosten in Höhe von 90.838,38 €. Auch diese hat das Landgericht zutreffend als nicht berechtigt angesehen.

Deren Geltendmachung scheitert daran, dass diese sich aus Titel 5 des Angebotsleistungsverzeichnisses der Firma M… ergebenden Leistungen weder erbracht noch berechnet wurden. Wie bereits dargestellt, kann der Beklagte nur diejenigen Mehrkosten mit Erfolg gegenüber der Klägerin geltend machen, die ihm tatsächlich entstanden sind.

Ob eine Geltendmachung auch an einer fehlenden Leistungsidentität beider Leistungsverzeichnisse scheitern würde, bedarf auch hier keiner weiteren Vertiefung.

5. Titel 6, Nachklärung, 43.076, 93 €

Die unter Titel 6, Nachklärung, geltend gemachten Mehrkosten in Höhe von 43.076,93 € hat das Landgericht dem Beklagten hingegen unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. K… richtigerweise in voller Höhe zuerkannt. Auf die zutreffende landgerichtliche Begründung wird insoweit Bezug genommen.

Der Senat versteht den an dieser Stelle von der Klägerin vorgebrachten Einwand so, dass sie mit diesem nicht gezielt die unter Titel 6 geltend gemachten Mehrkosten angreifen will, sondern allgemein rügt, Minderkosten sei nicht ausreichend als Abzugspositionen berücksichtigt worden. Hierauf wird später noch eingegangen.

Mangels weiterer durchgreifender Angriffe ist diese Position zu zuerkennen.

6. Titel 7, Provisorien, 23.419,53 €

Das Landgericht hatte dem Beklagten den unter Titel 7, Provisorien, geltend gemachten Mehrkostenanspruch in Höhe von 23.41 9,53 € nur in Höhe von netto 12.790,28 € zuerkannt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

Die – zweitinstanzlich zu diesem Titel allein noch im Streit befindliche – Mehrkostenforderung des Beklagten zur Position 7.1.3, Provisorische Bachverrohrung, ist berechtigt. Entgegen der klägerischen Auslegung lässt sich dem Leistungsverzeichnis nicht entnehmen, dass sie keine Rohre liefern musste, weil diese, so die Klägerin, nach den Feststellungen des Sachverständigen bereits hätten vorhanden sein müssen. Der Senat geht vielmehr mit dem Landgericht davon aus, dass das Leistungsverzeichnis der Klägerin dahingehend auszulegen ist, dass für die provisorische Bachverrohrung auch Rohre geliefert werden müssen. Überzeugend hat das Landgericht ausgeführt, dass aus bautechnischen Gründen vor der Umlegung des vorhandenen Baches zunächst ein Provisorium (also mit neuen Rohren) gelegt werden muss, in das der Bach umgelegt werden kann. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Bach zwischen dem Abbau der Rohre im alten Leitungsweg und dem Aufbau der (alten) Rohre im neuen Leitungsweg zumindest vorübergehend in die Baugrube fließen könnte.

Eine Verpflichtung der Klägerin zur Lieferung von Rohren folgt auch aus der Position 7.1.13 des Leistungsverzeichnisses (Anlage B 79), in der es heißt:

“Provisorische Umlegung der vorhandenen Bachverrohrung DN 800 vom vorhandenen Schacht bis zur Auslaufstelle in der Wupper, Anzahl der Rohrleitungen mit Nennweiten können von Bieter frei gewählt werden, der Gesamt-Querschnitt muss der Fläche einer Rohrleitung DN 800 entsprechen”.

Dieses damit der Klägerin eingeräumte Wahlrecht hinsichtlich der Anzahl der zu verwendenden Rohre kann nur bei der Lieferung neuer Rohre zum Tragen kommen, da bei Verwendung der vorhandenen Rohre deren Anzahl ja bereits feststeht. Nach der Vorbemerkung des Leistungsverzeichnisses hatte die Klägerin das Material in die Einheitspreise einzukalkulieren, so dass es von ihrem Leistungsumfang mit umfasst war.

7. Titel 8, Rücklaufschlammpumpwerk, 14.437,32 €;

Titel 9, RS-Regelschächte, 40.027,87 €;

Titel 10, Verteilerbauwerk, 29.700,80 €;

Titel 12, Ablaufmengenmessung, 11.463,00 €;

Titel 14, Bauleistungen Kabelanlagen, 19.523,85 €;

Titel 16, Erschwernisse, Sicherungen, 16.394,67 €;

Mehrkosten durch Beauftragung des Drittunternehmens D…, Lose 1-3, 19.1554,69 €

Die geforderten Mehrkosten für Titel 8, Rücklaufschlammpumpwerk, in Höhe von netto 14.437,32 €, Titel 9, RS-Regelschächte, in Höhe von netto 40.027,87 €, Titel 10, Verteilerbauwerk, in Höhe von netto 29.700,80 €, Titel 12, Ablaufmengenmessung, in Höhe von netto 11.463,00 €, Titel 14, Bauleistungen Kabelanlagen, in Höhe von netto 19.523,85 € sowie Titel 16, Erschwernisse, Sicherungen, in Höhe von netto 16.394,67 €, hat das Landgericht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens mit zutreffender Begründung vollständig für berechtigt erachtet;

gleiches gilt für die geforderten Mehrkosten durch die Beauftragung des Drittunternehmens D…, Lose 1-3, in Höhe von 19.1554,69 €, die das Landgericht jedoch nur in einer Höhe von 9.461,61 € anerkannt hat. Dies hat der Beklagte akzeptiert.

Die Klägerin rügt insoweit lediglich die unterbliebene Anrechnung von Minderkosten, auf die an späterer Stelle noch eingegangen wird.

8. Mehrkosten Ausrüstungstechnik, Anlage B 68,129.401,84 €

Die vom Beklagten für das Gewerk Ausrüstungstechnik in Höhe von 129.401,84 € geltend gemachten Mehrkosten hat das Landgericht insgesamt als nicht erstattungsfähig angesehen, da es an einer (annähernden) Leistungsidentität zwischen den mit der Klägerin vereinbarten Leistungen und den mit den Drittunternehmen beauftragten Leistungen nach den sachverständigen Feststellungen fehle. Hierbei verbleibt es.

Die Erstattung kündigungsbedingter Mehrkosten setzt nicht nur voraus, dass diese tatsächlich angefallen sind, sondern darüber hinaus, dass ihnen eine unveränderte Bauausführung entsprechend dem ursprünglich geschuldeten Leistungsinhalt des gekündigten Vertrages zu Grunde lag.

Soweit der Beklagte mit der Anschlussberufung geltend macht, der Einholung eines Sachverständigengutachtens habe es zu diesem Punkt deshalb nicht bedurft, weil die Leistungssollidentität zwischen den Parteien unstreitig gewesen sei, geht dies aus mehreren Gründen fehl.

Zum einen hat die Klägerin, worauf sie in ihrem Schriftsatz vom 06.01.2015 auch noch einmal ausdrücklich hinweist, die Leistungssollidentität bereits erstinstanzlich bestritten. Bei der Anlage B 68, auf die der Beklagte die behauptete Leistungssollidentität im Wesentlichen stützt, handelt es sich mangels Vorlage der zu Grunde liegenden Leistungsverzeichnisse um bloßen Parteivortrag.

Selbst wenn das diesbezügliche Bestreiten der Klägerin, wie der Beklagte meint, nicht ausreichend substantiiert und damit unbeachtlich gewesen wäre, ändert dies nichts daran, dass der Senat gemäß § 529 ZPO an die erstinstanzlichen Feststellungen gleichwohl gebunden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates kann eine Berufung nicht damit begründet werden, das Erstgericht habe Ergebnisse einer Beweisaufnahme verwertet, die nach dem Sach- und Streitstand nicht erforderlich gewesen war (vgl. zuletzt Urteil vom 27.01.2015 Az.: I-21 U 114/13 unter Bezugnahme auf KG Berlin, Beschluss vom 03.06.2010, Az. 12 U 40/10, zitiert nach Juris). Solange die Voraussetzungen für ein Beweisverwertungsverbot nicht vorliegen, ist das Berufungsgericht im Rahmen des § 529 ZPO an die Tatsachenfeststellung des Erstgerichts gebunden (vgl. Hessisches LAG, Urteil vom 01.08.2011, Az. 7 Sa 1878 /10, zitiert nach juris). Ein Beweisergebnis ist nicht schon deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil es unter Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts gewonnen wurde. Die Beweisverwertung ist immer nur dann verboten, wenn die Beweiserhebung ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht einer Partei verletzt, ohne dass dies zur Gewährleistung eines im Rahmen der Güterabwägung als höherwertig einzuschätzenden Interesses der anderen Partei oder eines anderen Rechtsträgers nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH NJW 2006, 1657,1659). Etwas anderes kann gegebenenfalls dann gelten, wenn der Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften die Güte des Beweisergebnisses beeinträchtigen kann (BGH a.a.O.).

Dies ist hier nicht der Fall.

Der gerügte Verfahrensfehler betrifft allein die Anordnung der Beweisaufnahme, nicht aber die Art und Weise ihrer Durchführung. Ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht des Beklagten, das durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens verletzt werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Die Beweiswürdigung des Landgerichtes begegnet nach Maßgabe des § 529 ZPO keinen Bedenken.

Die erforderliche Identität des Leistungssolls konnte der Sachverständige hier anhand der Aufstellung des Beklagten (Anlage B 68) nicht feststellen, da die jeweiligen Leistungsverzeichnisse der auf mehrere Drittunternehmer aufgeteilten Leistungen des Loses “Ausrüstungstechnik” nicht vorlagen. Den bei den Akten befindlichen ausgefüllten Angeboten und Auftragsschreiben konnte der Sachverständige lediglich die allgemeinen vertraglichen Rahmendaten entnehmen, nicht jedoch eine vollständige Positionsbeschreibung aller beauftragten Hauptvertragspositionen. Ohne die Vorlage der Leistungsverzeichnisse sah sich der Sachverständige daher außer Stande, das Bestehen einer Leistungsidentität zu überprüfen oder eine übliche Kostensteigerung zu schätzen. Allein dass sich die vom Beklagten geltend gemachten Mehrkosten in dem Rahmen der vom Sachverständigen in seiner mündlichen Anhörung bestätigten Teuerungsrate der Fertigstellungskosten durch einen Drittunternehmer zwischen 5 und 10 % bewegt, reicht weder zum Nachweis deren Berechtigung aus noch erlaubt dies eine entsprechende Schätzung, solange die erforderliche Vergleichbarkeit der Leistungen nicht dargetan ist.

9. Abzug weiterer Minderkosten

Weitere Minderkosten sind nicht in Abzug zu bringen.

Die klägerische Berufung hat den Abzug der vom Sachverständigen bei seinen Ausführungen zur Wasserhaltung (Titel 5) ermittelten Minderkosten in Höhe von 26.752 € und beim Titel 4 (Baugrubensicherung) ermittelten Minderkosten in Höhe von 139.783,70 € dann für gerechtfertigt gehalten, wenn der Beklagte trotz fehlender Leistungsidentität Schadensersatz verlangen könne. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ebenso wie die erfolgreiche Geltendmachung entstandener Mehrkosten die Identität zwischen ursprünglich beauftragter und nachträglich durch Drittunternehmen erbrachter Leistungen voraussetzt, gilt dies spiegelbildlich auch für den Abzug von Ersparnissen infolge der kostengünstigeren Erbringung der Leistungen durch den nachträglich beauftragten Drittunternehmer. Ein solcher kommt nur dann in Betracht, wenn Leistungssollidentität besteht. Hiervon ist nach den auf der Grundlage der sachverständigen Ausführungen getroffenen Feststellungen des Landgerichts, die von der klägerischen Berufung nicht angegriffen werden, hinsichtlich des Titels 4, Baugrubensicherung, und Titel 5, Wasserhaltung, nicht auszugehen, § 529 ZPO.

Eine Identität zwischen tatsächlich erbrachter und ursprünglich beauftragter Leistung behauptet auch der Beklagte nicht. Vielmehr macht er insoweit ja gerade geltend, dass er nicht die ursprünglich beauftragte höherwertige Leistung erhalten habe, sondern sich mit einer minderwertigeren habe zufrieden geben müssen. In diesem Zusammenhang ist nachvollziehbar, dass er deshalb für beide Titel auch geringere Aufwendungen hatte als im Rahmen der ursprünglichen Beauftragung veranschlagt worden waren.

10. Nachlass

Zutreffend hat das Landgericht bei der Berechnung der dem Beklagten zustehenden Mehrkosten einen vierprozentigen Nachlass auf die fiktive Vergütung der Klägerin berücksichtigt.

Die Parteien hatten vertraglich einen vierprozentigen Nachlass auf die klägerische Vergütung vereinbart, falls, wie geschehen, die gesamte Leistung des Auftragsschreibens vom 26.04.2004 vergeben werden sollte. Dies ist auch in den handschriftlichen Änderungen auf dem Auftragsschreiben des Beklagten vom 26.04.2004, die zu dem in der Angebotsbestätigung der Klägerin vom 14.05.2004 (Anlage K9) genannten Endpreis führen, entsprechend berücksichtigt worden, da auch dort ein vierprozentiger Nachlass von der korrigierten Auftragssumme abgezogen worden war. Da für die Ermittlung der Mehrkosten die bei Fortführung des Vertrages an die Klägerin zu zahlende fiktive vertragsgemäße Vergütung maßgeblich ist, ist bei deren Ermittlung auch der vertraglich vereinbarte vierprozentige Nachlass zu berücksichtigen, wie es das Landgericht getan hat. Selbst wenn sowohl Folgeunternehmer als auch Klägerin identische Preise abgerechnet hätten, wäre allein aufgrund des nur mit der Klägerin vereinbarten vierprozentigen Nachlasses die Fertigstellung um eben jene 4 % teurer geworden.

Die Ermittlungen des Sachverständigen Dr. K… in der Anlage 5 seines Gutachtens vom 30.05.2012 können, entgegen dem landgerichtlichen Urteil, nur mit den jeweiligen Einzelwerten, nicht jedoch mit dem vom Sachverständigen errechneten Gesamtergebnis der fiktiven Vergütung von netto 1.507.502,99 € zu Grunde gelegt werden.

Dies führt zu einer höheren fiktiven Vergütung und mithin auch zu einem höheren Nachlass. In die Berechnung der fiktiven Vergütung sind diejenigen Positionen einzubeziehen, für die dem Beklagten ein entsprechender Mehrkostenanspruch zuerkannt wurde. Das landgerichtliche Urteil hatte entgegen den sachverständigen Ausführungen zutreffend einen Mehrkostenanspruch des Beklagten auch im Hinblick auf Titel 2, Abbrucharbeiten, sowie Titel 7, Provisorien, zuerkannt. Dies hat zur Folge, dass auch für diese beiden Titel die fiktive Vergütung der Klägerin, wie sie sich der vorgenannten Anlage 5 entnehmen lässt, in die Berechnung einzustellen ist. Gleiches gilt für die vom Senat für Titel 1 geschätzten Kosten für die Einrichtung der Baustelle. Dies führt dazu, dass zu der vom Sachverständigen berechneten fiktiven Vergütung ein weiterer Betrag von 163.788,52 € hinzuzusetzen ist, so dass sich eine fiktive Vergütung in Höhe von insgesamt 1.671.291,51 € ergibt. 4 % hiervon sind 66.851,66 €, die zum Gegenanspruch des Beklagten hinzuzurechnen sind.

11. Umsatzsteuer

Zu dem sich hiermit errechnenden Gesamtnettobetrag von 280.033,22 € ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht eine durchschnittliche Umsatzsteuer von 18,79 % zu addieren, mithin 52.618,26 €, so dass sich ein Bruttobetrag von 332.651,58 € ergibt. Die Berechnung dieses durchschnittlichen Umsatzsteuersatzes auf der Grundlage der Schlussbetrachtung in der Anlage B 67 des Beklagten ist plausibel und nachvollziehbar und wird von den Parteien mit ihren Rechtsmitteln auch nicht angegriffen.

Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung behauptet, der Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, weil er vorsteuerausgleichsberechtigt sei, verkennt dies zum einen, dass es sich bei dem Beklagten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes handelt. Zum anderen ist dieser klägerische Vortrag auch neu, bestrittenen und damit gemäß § 531 ZPO präkludiert.

G)

Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin einen Schadensersatzanspruch in der vom Landgericht zuerkannten Höhe.

Insoweit bleiben sowohl Berufung als auch Anschlussberufung ohne Erfolg.

Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Kosten der Mehrkostenberechnung

Das Landgericht hat die Klägerin als verpflichtet angesehen, dem Beklagten die von ihm für die Erstellung der Mehrkostenberechnung aufgewandten Kosten in voller Höhe von insgesamt 13.619,2 € zu erstatten.

Entgegen der klägerischen Berufung sind diese Kosten von der Klägerin zu tragen. .

Wie das Landgericht zutreffend ausführt, sind auch diejenigen Kosten nach § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B erstattungsfähig, die für die Erstellung eines Preisspiegels zur Berechnung der Mehrkosten anfallen, da auch diese kündigungsbedingt sind und ohne die Kündigung nicht angefallen wären (vgl. BGH NJW 2000, 1116, 1117).

Auch die weitere Rüge der Klägerin, die Mehrkostenberechnung sei offenkundig grundlegend falsch gewesen, da sie sowohl vom Sachverständigen als vom Landgericht überwiegend als nicht gerechtfertigt angesehen worden sei, greift nicht durch.

Der Beklagte war berechtigt, auf Kosten der Klägerin eine Mehrkostenberechnung zu beauftragen. Diese Mehrkostenberechnung hat der Beklagte dann zur Berechnung seiner Gegenforderungen verwendet. Selbst wenn diese Mehrkostenberechnung teilweise unzutreffend gewesen sein sollte, ändert dies nichts daran, dass die hierfür entstandenen Kosten vollständig von der Klägerin zu tragen sind. Im Rahmen des Schadensersatzrechtes ist es anerkannt, dass die Kosten von Sachverständigengutachten zur Schadensfeststellung auch dann vom Schädiger zu ersetzen sind, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet war (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage, § 249 Rn. 58 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt im übertragenen Sinne auch hier.

Soweit die Klägerin bestreitet, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Rechnungen überhaupt beglichen habe, ist dieser Vortrag neu, streitig und damit nach § 531 ZPO präkludiert. Erstinstanzlich hatte die Klägerin die geltend gemachten Gegenansprüche, soweit sie Schadensersatzforderungen umfassten, nur pauschal bestritten. Dies beinhaltet nicht zugleich das Bestreiten, dass die vom Beklagten angeführten Rechnungen von diesem beglichen wurden.

Selbst wenn der klägerische Vortrag zuzulassen wäre, bliebe es gleichwohl insoweit beim landgerichtlichen Ergebnis. Sollte der Beklagte die Rechnungen nicht beglichen haben, bestünde zwar der Nachteil des Beklagten zunächst nur in der Belastung mit einer Verbindlichkeit. In diesem Fall wäre sein Anspruch nur auf Schuldbefreiung gerichtet. Jedoch kann ein Befreiungsanspruch nach § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch übergehen, wenn der Gläubiger unter Setzung einer Frist mit Ablehnungsandrohung den Ersatzpflichtigen erfolglos zur Erfüllung aufgefordert hat. Das Erfordernis einer entsprechenden Fristsetzung entfällt, wenn der Schuldner ernsthaft und endgültig die Befreiung oder überhaupt jede Schadensersatzleistung verweigert, was auch in einem entsprechenden prozessualen Verhalten liegen kann (vgl. BGH NJW-RR 2011, 910, 912, 913 m.w.N.). Hier liegt eine vergleichbare Konstellation vor. Die Klägerin hat ihre Verpflichtung zum Ersatz der kündigungsbedingten Aufwendungen des Beklagten nicht nur der Höhe nach, sondern auch dem Grunde nach in Abrede gestellt.

2. Kosten der Neuausschreibung

Das Landgericht hat die Erstattung der Kosten für die Neuausschreibung in Höhe von brutto 44.741,86 € für gerechtfertigt erachtet.

Ausgegangen war es hierbei von der Auflistung von Kosten für die Erstellung neuer Ausschreibungsunterlagen in der Anlage B 66d unter 6.4, aus der sich für die dort aufgeführten Positionen 6.4.1 – 6.4.4 ein Nettobetrag in Höhe von 35.470,00 € ergibt. Zu diesem hat das Landgericht eine vereinbarte Nebenkostenpauschale in Höhe von 6 %, mithin 2.128,20 €, und 19 % Umsatzsteuer, mithin 7.143,66 € addiert und so einen Gesamtbetrag von 44.741,86 € errechnet.

Auch diese Position greift die Klägerin erfolglos dem Grunde und der Höhe nach an.

Sie macht geltend, da sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. K… ergebe, dass die von dem Beklagten neu ausgeschriebenen Leistungen in weiten Teilen nicht identisch mit den zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Leistungen gewesen seien, könne er nicht Ersatz der gesamten Ausschreibungskosten verlangen, sondern nur Ersatz derjenigen Kosten, die auf den Teil der Ausschreibung entfielen, der mit dem Leistungssoll der Klägerin identisch gewesen sei. Der hierin liegende Einwand der teilweise untauglichen Ausschreibung steht, wie ausgeführt, dem Schadensersatzanspruch des Beklagten nicht entgegen.

Weiter macht die Klägerin gelten, das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen nach einer entsprechenden Überarbeitung hätten verwendet werden können. Der Beklagte verteidigt die gewählte Vorgehensweise damit, dass die Überarbeitung der ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen im Hinblick darauf, dass die Klägerin bereits Leistungen erbracht habe, letztlich den gleichen zeitlichen Aufwand bedeutet hätte wie die Erstellung neuer Ausschreibungsunterlagen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass, wie sich aus der dieser Position zu Grunde liegenden Aufstellung der Streithelferin zu 4. des Beklagten ergibt, die unter dieser Position berechneten Stunden nicht nur die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen, sondern auch die Prüfung von Angeboten beinhaltet, die auch bei Verwendung des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses in abgeänderter Form angefallen wäre.

Der Sache nach rügt die Klägerin hier einen Verstoß gegen die dem Beklagten obliegende Schadensminderungspflicht, § 254 Abs. 2 BGB. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt bei der Klägerin. Die Klägerin hat jedoch auch in ihrem Schriftsatz vom 06.01.2015 nicht substantiiert dargelegt, dass die Überarbeitung der ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen mit einem geringeren Aufwand möglich gewesen wäre, als die gewählte Vorgehensweise der Erstellung neuer Ausschreibungsunterlagen. Hiervon ist in Anbetracht der Umstände auch nicht ohne weiteres auszugehen.

Der klägerische Einwand, die Berechtigung einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 6 % sei nicht ersichtlich, ist unbeachtlich.

Schriftsätzlich hatte der Beklagte behauptet, dass eine vereinbarte Nebenkostenpauschale auch bei den Mehrkosten der neuen Ausschreibung anzusetzen sei. Zwar hatte er diese erstmals mit Schriftsatz vom 30.12.2009 (dort Bl. 975 GA) geltend gemachten Mehrkosten der neuen Ausschreibung nicht wie die anderen Leistungen seiner Streithelferin zu 4. durch Vorlage einer entsprechenden Rechnung belegt, sondern nur durch Überreichung einer Aufstellung (Anlage B 66d). Aus den für die vorgenannte Position vorgelegten Rechnungen seiner Streithelferin zu 4. (Anlagen B 66a, 66b) ergibt sich jedoch, dass diese jeweils einen Aufschlag von 6 % für Nebenkosten zu dem berechneten Zeithonorar geltend gemacht hatte.

Erstinstanzlich hatte die Klägerin, soweit ersichtlich, die geltend gemachten Kosten zwar insgesamt pauschal, hinsichtlich dieser Position aber nicht mehr gesondert bestritten. Die Behauptung des Beklagten, eine entsprechende Nebenkostenpauschale sei vereinbart, war damit unstreitig.

3. Kosten der Prüfung der Montageplanung

Zu Recht hat das Landgericht dem Beklagten auch einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der nunmehr entstandenen Mehraufwendungen seiner Streithelferin zu 4 hinsichtlich der Prüfung der Montage- und Werkplanungen in Höhe von zutreffend berechneten 15.212,48 € zuerkannt, da auch diese Kosten durch die Kündigung veranlasst wurden.

Darauf, ob, wie von der Klägerin in der Berufungsbegründung bestritten, der Beklagte den in Rechnung gestellten Betrag tatsächlich gezahlt hat, kommt es, wie ausgeführt, nicht an.

Weiter bestreitet die Klägerin, dass alle abgerechneten Leistungen tatsächlich für die Prüfung der Montageplanung erforderlich gewesen seien. Abseits dessen, ob dieses pauschale Bestreiten überhaupt ausreichend substantiiert ist, ist es jedenfalls verspätet und damit präkludiert, da auch dieser Gesichtspunkt nicht vom pauschalen erstinstanzlichen Bestreiten umfasst war.

Zu der von der Klägerin auch hier infrage gestellten Berechtigung einer sechsprozentigen Nebenkostenpauschale wird ebenfalls auf die obenstehenden Ausführungen Bezug genommen.

4. Kosten für die verlängerte Bauüberwachungszeit sowie für die Projektleitung

Das Landgericht hat die vom Beklagten geltend gemachten Kosten für eine verlängerte Bauüberwachungszeit und zusätzlicher Projektleitung nur in Höhe von jeweils drei Vierteln anerkannt und demzufolge dem Beklagten statt der geforderten 84.000 € netto nur 79.254,00 € bzw. statt netto 23.613,41 € nur 17.710,06 € zuerkannt. Dies hält den Angriffen von Berufung und Anschlussberufung stand.

Es begegnet keinen Bedenken, dass das Landgericht in Wege der Schätzung, § 287 ZPO, den vom Beklagten angesetzten zehnmonatigen Verzugszeitraum vom 28.06.2004 bis zur Kündigung am 20.05.2005 nicht voll zu Lasten der Klägerin berücksichtigt hat, sondern nur in Höhe von drei Vierteln. Entgegen der Anschlussberufung hat das Landgericht seine Schätzung nicht ohne jede Begründung vorgenommen, sondern diese darauf gestützt, dass die Statik für den Verbau geändert wurde. Im Ergebnis lastet das Landgericht damit eine Bauzeitverzögerung von 7,5 Monaten der Klägerin an. Zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Kündigung am 20.05.2005 läge der Stichtag damit in der ersten Novemberwoche 2004. Der Streit der Parteien während der Bauausführung lässt sich zum einen auf die Ausführung des Verbaus zurückführen, zum anderen auf die von der Klägerin nach dem Baugrundgutachten anders erwarteten Bodenverhältnisse bzw. leichtere Bohrbarkeit. Während Letzteres in den Verantwortungsbereich der Klägerin fällt, gilt dies für die Ausführung des Verbaus nicht. Selbst wenn man aber unterstellt, dass frühere Bohrarbeiten vor der Klärung dessen Ausführung nicht möglich oder sinnvoll waren, beauftragte die Klägerin ihre Streithelferin erst am 26.10.2004. Die Unterzeichnung des ihm übersandten Bohrfreigabeprotokolls der klägerischen Streithelferin verweigerte der Beklagte am 10.11.2004 zu Recht, da diese nicht seine Vertragspartnerin war. Die Bohrarbeiten begannen dann schließlich am 10.11.2004, die erste Behinderungsanzeige wegen mangelnder Bohrbarkeit folgte bereits am nächsten Tag. Wesentliche Bohrarbeiten erfolgten bis zur Kündigung des Beklagten nicht mehr. Zieht man weiter in Betracht, dass es der Gesetzgeber bei der Einräumung einer Schätzungsmöglichkeit in § 287 ZPO bewusst in Kauf genommen hat, dass diese nicht die tatsächlichen Verhältnisse trifft, ist die vom Landgericht vorgenommene Verteilung der Bauzeitverzögerung den tatsächlichen Umständen ausreichend angemessen.

Soweit die Klägerin darüber hinaus auch hier die Zahlung der geltend gemachten Beträge durch den Beklagten bestreitet, ist dies gemäß § 531 ZPO präkludiert, darüber hinaus aber auch unbeachtlich, da die Klägerin auch insoweit die Berechtigung dem Grunde nach in Abrede stellt. Es wird insoweit auf die oben stehenden Ausführungen verwiesen.

G)

Die der Klägerin noch zustehende Vergütung ist durch die Aufrechnung des Beklagten aufgezehrt. Dem Beklagten verbleibt nach Aufrechnung ein restlicher Zahlungsanspruch gegenüber der Klägerin in Höhe von 309.959,07 €, der entsprechend dem landgerichtlichen Urteil zu verzinsen ist. In diesem Umfang ist die Widerklage erfolgreich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 91 a, 101 ZPO.

Die Kosten des von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärten Feststellungsantrag der Klägerin sind nach billigem Ermessen gemäß § 91 a ZPO von dieser zu tragen. Da der Klägerin die von ihr geltend gemachte Vergütung für nicht erbrachte Leistungen nicht zusteht, war ihr Antrag, festzustellen, dass sie gegebenenfalls die hierauf anfallende Umsatzsteuer vom Beklagten verlangen könne, von Anfang an unbegründet.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre rechtliche Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

IV.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 4.350.000 €

Der praktische Fall zum Baugrundrisiko (5) – OLG Jena, Urteil vom 30.04.2002 – 3 U 1144/01

Der praktische Fall zum Baugrundrisiko (5) - OLG Jena, Urteil vom 30.04.2002 - 3 U 1144/01:

Der Fall:

Ein Hang soll durch eine Nagelwand gesichert werden. Unerkannt und unerkennbar befindet sich im Hang eine Grundbruch-Schicht. Nach der Vernagelung kommt es zum Abgleiten des Hanges. Der Auftraggeber kündigt daraufhin den Vertrag. Im Beweisverfahren wird festgestellt, dass der Auftragnehmer bei der Ausführung alles richtig gemacht hatte. Das Landgericht spricht deshalb dem Auftragnehmer die volle Vergütung für die nicht mehr verwendbare Hangsicherung zu.

Die Lösung:

Das OLG weist die Klage jedoch ab: Zwar habe die Klägerin richtig gearbeitet, sie habe jedoch erkennen müssen, dass das Baugrundgutachten nicht vollständig gewesen sei, weil es sich nicht auch auf den Geländeausschnitt bezogen habe, für den der Geländebruchnachweis zu führen gewesen wäre.

Der Unternehmer hat ein vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltes Baugrundgutachten dahin zu prüfen, ob es vollständig und für die Verwirklichung des geschuldeten Leistungserfolgs geeignet ist. Er muss dabei nicht alle Details prüfen. Handelt es sich beim Auftragnehmer um eine “Spezialfirma”, bestehen gesteigerte Anforderungen an die Prüfpflicht etwa dahingehend, ob die Grundlagen des Gutachtens fachlich richtig angenommen wurden.

Der praktische Fall zum Baugrundrisiko (4) – OLG Hamm NJW-RR 1994, 406=IBR 1994,95

Der praktische Fall zum Baugrundrisiko (4) - OLG Hamm NJW-RR 1994, 406=IBR 1994,95:

Der Fall:

Eine Leistungsbeschreibung enthält in den einzelnen Positionen klare Vorgaben zu den Bodenklassen: 3 – 5. Ein Bodengutachten fehlt, der Bieter und spätere Auftragnehmer fragt auch nicht nach. Er verlässt sich auf die Ausschreibung. Vor Ort werden schwierigere Bodenverhältnisse angetroffen, die zu höheren Bearbeitungskosten führen.

Die Lösung:

Der Auftragnehmer bekommt die Mehrvergütung zugesprochen: “… Auf diese Ausschreibung aber konnte die Klägerin vertrauen. Das gilt unabhängig davon, ob die Geltung der VOB/A vereinbart war oder nicht. … Die Ausschreibung gibt dem Unternehmer seine Kalkulationsgrundlage…. In den Grenzen der Ausschreibung kann und muss der Unternehmer bei der Kalkulation seiner Preise seine Risikoabwägung vornehmen…. Eine Verpflichtung zur Bodenuntersuchung hätte die Erkundigungspflicht des Unternehmers, die ihm grundsätzlich obliegt, bei weitem überschritten.”

Der praktische Fall zum Baugrundrisiko (3) – OLG Stuttgart, Urteil vom 16.02.2000, Az: 4 U 126/99

Der praktische Fall zum Baugrundrisiko (3) - OLG Stuttgart, Urteil vom 16.02.2000, Az: 4 U 126/99:

Der Fall:

Ein Hang soll im Zuge eines Gymnasiumbaus gesichert werden. Dazu sind Bodennägel erforderlich, die über eine Spritzbetonwand den Hanganschnitt “halten” sollen. Die Bodennägel müssen mit Zementsuspension “verpresst” werden. Es kommt bei dem Verfüllen sog. Bodennägel zu der mehrfachen Menge an Verfüllmaterial als ausgeschrieben, weil dieses in unerwartet angetroffene große Klüfte abfließt.

Die Lösung:

Es liegt keine Leistungsänderung, § 2 Nr. 5 VOB/B, vor, sondern eine Mengenmehrung nach § 2 Nr.3 VOB/B

Soweit die Beklagte (= Auftraggeberin) Hinweispflichten der Klägerin (= Auftragnehmerin) wegen der Klüftigkeit des Baugrunds und der Gefahr von Mehrmengen verletzt sieht, verkennt sie die vertraglichen Bestimmungen und die Verteilung des Mehrmengenrisikos. … Das Gutachten … weist ausdrücklich und mehrfach auf die Klüftigkeit des Untergrunds, sogar auf Großklüfte, hin. Unter 3. (S. 2 des Gutachtens) ist bemerkt, dass beim Wiederverfüllen der Bohrungen im Buntsandstein mit Zementsuspension erhebliche Suspensionsverluste aufgetreten seien, dies werde auf Großklüfte (wahrscheinlich Hangzerreißungsspalten) zurückgeführt. Der Beklagten war somit die

Problematik des Baugrunds und die Gefahr des Mehrverbrauchs an Verfüllmaterial bekannt …
Soweit die Beklagte … die Auffassung vertritt, von der Klägerin als fachkundiger Firma hätte die örtliche Situation vor Ausführungsbeginn mit einer Videokamera wegen der Klüftigkeit des Gesteins geprüft werden müssen, verkennt sie zunächst die Bedeutung des § 9 VOB/A. … Nach Nr. 2 dieser Regelung darf dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im voraus abschätzen kann. Dazu zählt das Baugrundrisiko, das nach allgemeiner Einschätzung dem Auftraggeber obliegt.”

Der praktische Fall zum Baugrundrisiko (2) – BGH, Urteil vom 28.01.2016 Az. I ZR 60/14

Der praktische Fall zum Baugrundrisiko (2) - BGH, Urteil vom 28.01.2016 Az. I ZR 60/14:

Der Fall:

Auf Grundlage einer Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kranunternehmers, wie in Ziffer 20 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der AGB-BSK Kran und Transport 2008 soll dem Auftraggeber einschränkungslos und ohne Festlegung von Mitwirkungspflichten des Kranunternehmers die Verantwortlichkeit für die Eignung der Bodenverhältnisse für den vereinbarten Kraneinsatz und die Verpflichtung, auf die Lage und das Vorhandensein von unterirdischen Hohlräumen am Einsatzort unaufgefordert hinzuweisen, auferlegt werden:

„Darüber hinaus ist der Auftraggeber dafür verantwortlich, dass die Boden-, Platz- und sonstigen Verhältnisse an der Einsatzstelle sowie den Zufahrtswegen – ausgenommen öffentliche Straßen, Wege und Plätze – eine ordnungsgemäße und gefahrlose Durchführung des Auftrags gestatten. Insbesondere ist der Auftraggeber dafür verantwortlich, dass die Bodenverhältnisse am Be- und Entladeort bzw. Kranstandplatz sowie den Zufahrtswegen den auftretenden Bodendrücken und sonstigen Beanspruchungen gewachsen sind. Schließlich ist der Auftraggeber verantwortlich für alle Angaben über unterirdische Kabelschächte, Versorgungsleitungen, sonstige Erdleitungen und Hohlräume, die die Tragfähigkeit des Bodens an der Einsatzstelle oder den Zufahrtswegen beeinträchtigen könnten. Auf die Lage und das Vorhandensein von unterirdischen Leitungen, Schächten und sonstigen Hohlräumen hat der Auftraggeber unaufgefordert hinzuweisen. Versäumt der Auftraggeber schuldhaft diese Hinweispflicht, haftet er für alle daraus entstehenden Schäden, auch für Sach- und Sachfolgeschäden an Fahrzeugen, Geräten und Arbeitsvorrichtungen des Unternehmers sowie Vermögensschäden. Angaben und Erklärungen Dritter, deren sich der Auftraggeber zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen bedient, gelten als Eigenerklärungen des Auftraggebers.“

Die Lösung:

Eine derartige Regelung benachteiligt den Auftraggeber unangemessen und ist deshalb unwirksam.

Ein Vertrag über die entgeltliche Überlassung eines Krans bei gleichzeitiger Gestellung von Bedienungspersonal kann je nach Ausgestaltung der Vertragsbeziehung im Einzelfall als Mietvertrag verbunden mit einem Dienstverschaffungsvertrag, als Mietvertrag verbunden mit einem Dienst- oder Werkvertrag oder in vollem Umfang als Mietvertrag, Dienstvertrag oder Werkvertrag anzusehen sein. Maßgeblich ist, welche der Leistungen dem Vertrag das Gepräge geben (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1984 – VIII ZR 240/83, juris Rn. 8, insoweit nicht in BGHZ 93, 64 und NJW 1985, 798 abgedruckt; Urteil vom 26. März 1996 – X ZR 100/94, NJW-RR 1996, 1203, 1204). Ein mit einem Mietvertrag verbundener Dienstverschaffungsvertrag liegt vor, wenn die Durchführung der Arbeiten ausschließlich bei dem Besteller liegt und das vom Vermieter gestellte Bedienungspersonal den Weisungen des Bestellers unterworfen ist (BGH, NJW-RR 1996, 1203, 1204). Dieser Vertragstyp wird in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1, ebenso wie in den AGB-BSK Kran und Transport 2008, als Krangestellung bezeichnet (Koller, Transportrecht, 8. Aufl., Ziffer 2.1 AGB-BSK Kran und Transport 2008 Rn. 1). Wird nicht lediglich das Arbeitsgerät nebst dem Bedienungspersonal mit der Möglichkeit überlassen, dieses für sich zu nutzen, sondern ein Werk oder ein bestimmter Arbeitserfolg geschuldet, so liegt ein Werkvertrag vor (BGH, NJW-RR 1996, 1203, 1204; vgl. auch OLG Stuttgart, TranspR 1998, 488, 490; KG, BauR 2010, 470 f.). Verträge über Kranarbeiten, die auf den Erfolg einer Ortsveränderung von Gütern gerichtet sind, sind Frachtverträge (Koller aaO § 407 HGB Rn. 10 Fn. 25). Sie werden in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1, ebenso wie in den AGB-BSK Kran und Transport 2008, als Kranarbeit bezeichnet (Koller aaO Ziffer 2.2 AGB-BSK Kran und Transport 2008 Rn. 1).

Im Streitfall stellt der Vertrag der Klägerin zu 1 und der Beklagten daher einen Frachtvertrag dar. Zwar lässt sich der Vereinbarung nicht entnehmen, dass die Klägerin zu 1 den abzubrechenden Ofen in ihre Obhut nehmen und vor Schäden bewahren sollte, wie dies im Regelfall für einen Frachtvertrag typisch ist. Geht es jedoch wie im Streitfall darum, durch Kranarbeit eine Last von einem Ort zum anderen zu bringen, handelt es sich um ein Frachtgeschäft als Unterart des Werkvertrages (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 – I ZR 196/92, NJW-RR 1995, 415; Koller aaO § 407 HGB Rn. 10, 35; vgl. auch Ziffer I. 4. AGB-BSK Kran und Transport 2008).

Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass sich Schadensersatzansprüche der Klägerinnen gegen die Beklagte wegen der Beschädigung des Krans und der durch den Unfall verursachten Lohnersatzleistungen für den bei der Klägerin zu 1 beschäftigten Kranführer grundsätzlich aus § 280 BGB ergeben können.

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerinnen gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB nicht bejaht werden. Eine Schadensersatzpflicht resultiert nicht aus der in Ziffer 20 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1 statuierten Verantwortlichkeit für die Eignung der Bodenverhältnisse für den vereinbarten Kraneinsatz und aus der dort festgelegten Verpflichtung der Beklagten, auf die Lage und das Vorhandensein von unterirdischen Hohlräumen am Einsatzort unaufgefordert hinzuweisen. Diese Regelungen, auf die das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten gestützt hat und die zu einer einschränkungslosen Verpflichtung der Beklagten führen, den Grund und Boden am Kraneinsatzort auf für Schwerfahrzeuge gefährliche Hohlräume zu überprüfen, benachteiligen die Beklagte unangemessen und sind deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 BGB).

Die Sätze 1, 2 und 4 des ersten Absatzes von Ziffer 20 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1 halten der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB, der gemäß § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB auch bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer Anwendung findet, nicht stand. Ziffer 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1 weisen dem Auftraggeber das Risiko der Tragfähigkeit des Bodens beim Kraneinsatz zu. Sie sehen eine Verantwortlichkeit des Auftraggebers dafür vor, dass die Bodenverhältnisse am Be- und Entladeort und am Kranstandplatz sowie den Zufahrtswegen den auftretenden Bodendrücken und sonstigen Beanspruchungen gewachsen sind. Satz 4 der Regelung bestimmt, dass der Auftraggeber insoweit auf Gefahren unaufgefordert hinzuweisen hat. Diese Regelungen benachteiligen die Beklagte unangemessen, soweit sie ihr uneingeschränkt und ohne Festlegung von Mitwirkungspflichten der Klägerin zu 1 Risiken im Zusammenhang mit der Beschaffenheit des Grund und Bodens und einschränkungs- und anlasslos Hinweispflichten auferlegen.

Allerdings ist es grundsätzlich nicht unangemessen, dem Auftraggeber die Verantwortlichkeit für die Bodenbeschaffenheit im Verhältnis zu einem von ihm beauftragten, auf einer Baustelle tätigen Unternehmer aufzuerlegen.

Die Zuordnung des Risikos der Bodenverhältnisse auf den Besteller stellt allerdings eine Ausnahme dar. Nach § 644 Abs. 1 BGB trägt grundsätzlich der Unternehmer die (Vergütungs-)Gefahr bis zur Abnahme des Werks. Der Werkunternehmer erhält keine Vergütung, wenn die Ausführung des Werks vor der Abnahme unmöglich wird oder das Werk sich verschlechtert oder untergeht. Hieraus folgt, dass der Werkunternehmer selbst dafür verantwortlich ist, wenn seine für die Herstellung oder die Ausführung des Werks eingesetzten Gerätschaften zu Schaden kommen. Dies entspricht der Billigkeit, weil der Einsatz der Geräte in der Sphäre des Werkunternehmers erfolgt. Dies gilt auch bei der Beauftragung von Kranarbeiten. Dem Auftragnehmer sind die spezifischen Merkmale der Fahrzeuge, wie etwa die Achslasten, die Gesamtgewichte und die Stützdrücke bekannt, die in seinen Risikobereich fallen. Er kennt die auftretenden und vom Fahrzeug ausgehenden Bodenbelastungen und ist deshalb in der Lage, die Anforderungen an die Bodenbeschaffenheit für einen sicheren Kranbetrieb einzuschätzen. Aus diesem Grund hat der Kranunternehmer als Auftragnehmer eines Werkvertrags die Frage der Tragfähigkeit des Grund und Bodens des Standplatzes in eigener Verantwortung zu prüfen (OLG München, TranspR 1996, 312, 315). Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil der Kranunternehmer durch den Kraneinsatz – ebenso wie ein Abbruchunternehmer, der mit schwerem Gerät ein Gebäude abbricht – neue, vom Auftraggeber nicht beherrschbare Gefahren schafft (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1978 – VI ZR 150/77, NJW 1979, 309, 310).

Ziffer 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1 weichen von der gesetzlichen Risikoverteilung in den §§ 644, 645 BGB insoweit ab, als sie das Risiko des Kranunternehmers infolge typischerweise durch den Kraneinsatz verursachter Mehrbelastungen des Bodens auf den Auftraggeber verlagern. Damit wird die auf einer Ausnahmeregelung beruhende Zuordnung der Eignung des Grund und Bodens für die Ausführung des Auftrags auf den Auftraggeber ausgeweitet. In der hier zur Überprüfung stehenden Form benachteiligt eine solche Risikoverlagerung den Besteller unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB.

Nach den Regelungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1 ist es Sache des Auftragnehmers, das für die Durchführung des konkreten Auftrags geeignete Gerät auszuwählen (Ziffer 14 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1, entspricht Ziffer 14 AGB-BSK Kran und Transport 2008). Eine Verpflichtung des Kranunternehmers, den Auftraggeber in die Auswahl des Krans einzubeziehen und ihn vor dem Arbeitseinsatz des Geräts über die dabei auftretenden Bodenbelastungen und die hieraus resultierenden Anforderungen an die Bodenbeschaffenheit aufzuklären, sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1 nicht vor. Insbesondere wird die Risikoverlagerung für die Stabilität des Baugrunds durch die Beanspruchung durch den Kran nicht von einer vorherigen Abstimmung mit dem Auftraggeber abhängig gemacht. Wird dem Auftraggeber mit einer vertraglichen Vereinbarung die Verantwortlichkeit für eine zur Ausführung des Auftrages ausreichende Bodenstabilität auch insoweit aufgebürdet, als es um die beim Betrieb eines Krans typischerweise auftretenden erhöhten und im Einzelfall extremen Bodenbelastungen geht, wird ihm damit ein durch ihn weder beherrschbares noch beeinflussbares Risiko auferlegt. Dies wird im Streitfall besonders deutlich. Ausweislich des von der Beklagten erteilten Auftrags waren die abzubrechenden beiden Stahlkonstruktionen jeweils 45 Tonnen schwer, der auszuhebende Ofen hatte ein Gewicht von 80 Tonnen. Der von der Klägerin zu 1 eingesetzte Kran hatte ein Eigengewicht von 350 Tonnen, er trug außerdem ein Kontergewicht von 105 Tonnen. Das Gesamtgewicht des Krans einschließlich Traglast betrug zum Unfallzeitpunkt mithin rund 500 Tonnen. Wird dem Besteller bei solchen außergewöhnlichen Bodenbelastungen eine einseitige, durch keine Mitwirkungspflichten des Kranbetreibers gemilderte Verantwortlichkeit für die Bodenstabilität auferlegt, widerspricht dies einerseits dem Haftungsgefüge des Werkvertragsrechts, andererseits der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausnahmsweise angenommenen Haftung des Bestellers für in seiner Sphäre liegende Umstände.

Ziffer 20 Abs. 1 Satz 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu 1 erlegt dem Auftraggeber die Verantwortlichkeit für das Vorhandensein von Hohlräumen im Boden an der Einsatzstelle des Krans und die Pflicht auf, auf deren Vorhandensein unaufgefordert hinzuweisen. Auch diese Regelung benachteiligt die Beklagte als Auftraggeberin unangemessen.

Ankündigung von Baugrunduntersuchungen und weiteren bauvorbereitenden Maßnahmen

Ankündigung von Baugrunduntersuchungen und weiteren bauvorbereitenden Maßnahmen

Die Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW GmbH und TenneT TSO GmbH planen in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen den Bau der erdverlegten Gleichstrom-Verbindung SuedLink. Aktuell läuft für den Abschnitt D2 von SuedLink in Bayern (Bundeslandgrenze Thüringen/Bayern bis Konverterstation Bergrheinfeld/West bzw. bis Landkreisgrenze Schweinfurt/Bad Kissingen) und den Abschnitt E1 von SuedLink in Bayern (Landkreisgrenze Schweinfurt/Bad Kissingen bis Landesgrenze Bayern/Baden-Württemberg) das Planfeststellungsverfahren. Die Bundesnetzagentur hat hierzu den Untersuchungsrahmen nach § 20 Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) festgelegt. Im Zuge des Planfeststellungsverfahrens finden unter anderem Untersuchungen zum Baugrund statt.

Die Baugrunduntersuchungen dienen dazu, einen Leitungsverlauf zu finden, der die Belange von Mensch, Natur und Umwelt bestmöglich berücksichtigt. Mithilfe der Untersuchungen vertiefen wir deshalb unsere Kenntnisse der jeweiligen lokalen Voraussetzungen des Baugrunds. Die gewonnenen Daten und deren fachliche Bewertung sind Bestandteil der sogenannten Unterlagen nach § 21 NABEG. Erst mit der Einreichung dieser Unterlagen erfolgt der Vorschlag für einen konkreten Leitungsverlauf. Mit den geplanten Untersuchungen ist keine Festlegung für einen Leitungsverlauf verbunden.

Umfang der Untersuchungen
Zu den geplanten Untersuchungen zählen neben den eigentlichen Baugrunduntersuchungen baubegleitende Maßnahmen wie die ökologische, bodenkundliche und archäologische Baubegleitung, Vermessungsarbeiten oder bei Bedarf Kampfmitteluntersuchungen durch Flächen- oder Bohrlochsondierung. Für den An- und Abtransport aller für die Durchführung der Arbeiten erforderlichen Geräte, Fahrzeuge, Werkzeuge und Materialien müssen öffentliche und private Straßen und Wege in Anspruch genommen werden. Die nachfolgend  dargestellten Arbeiten sind möglicherweise nicht in vollem Umfang auf jedem betroffenen Grundstück erforderlich. Art und Umfang der zum Einsatz kommenden Bohrverfahren und -geräte richten sich nach den individuellen Zielsetzungen und Anforderungen vor Ort.

Informationen zu den Baugrunduntersuchungen
Für die Baugrunduntersuchungen werden mit einem Bohrgerät (Bohrungen mit einem Durchmesser von bis zu 320 mm) Bodenproben von ca. 1 Meter Länge in 2 bis 70 Meter Tiefe entnommen. Dabei wird ein Lkw mit einklappbarem Bohrturm und separatem Bohrgestänge eingesetzt. Die Bohrungen werden an möglichst gut zugänglichen Stellen mit geringstmöglicher Störung der Flächennutzung erfolgen. Nach Abschluss der Bohrarbeiten werden die Bohrlöcher wieder fachgerecht verfüllt. Zeitlich parallel und in unmittelbarer Nähe zu den Kernbohrungen werden Drucksondierungen durchgeführt. Hierbei wird ein Messkopf an einem Gestänge (Durchmesser ca. 3,5 cm) bis zu 20 Meter in den Boden eingebracht. Für die Zuwegung zu den einzelnen Baugrund-Aufschlüssen werden außerhalb von befestigten Wegen Lastverteilerplatten und ggf. Schotteranschüttungen mit Geotextilunterlage ausgelegt bzw. eingebaut, welche nach Fertigstellung des jeweiligen Aufschlusses wieder rückgebaut werden. Auf einzelnen Flurstücken werden Schürfgruben mit bis zu 2 Meter Tiefe zur Entnahme von Bodenproben ausgehoben und im Anschluss wieder fachgerecht verfüllt. Bei Verdacht auf Kampfmittel ist eine Kampfmitteluntersuchung notwendig (dies wird vom verantwortlichen Feuerwerker nach § 20 SprengG festgelegt). Sondierungen und Kampfmitteluntersuchungen dauern nur wenige Stunden; für die Ausführung der Bohrungen sind pro Untersuchungsstelle ein bis zwei Tage Dauer zu erwarten. Pro Untersuchungsstelle sind mehrere Kernbohrungen (DIN EN ISO 22475-1) und Drucksondierungen (DIN EN ISO 22476-1 oder 22476-2) möglich.

Bodenkunde
Zur Erkundung des Bodenaufbaus und zur Entnahme von Bodenproben werden fachspezifische Untersuchungen mittels kleinkalibriger Kleinrammbohrungen durchgeführt (Bohrdurchmesser <10 cm). Diese bodenkundlichen Baugrunduntersuchungen werden ergänzend zu den geologisch-geotechnischen Baugrunduntersuchungen durchgeführt, und je nach angetroffenen Bodenverhältnissen ca. 2 bis 3 m tief abgeteuft und das gewonnene Bohrgut bodenkundlich dokumentiert. Die Kleinrammbohrungen werden an möglichst gut zugänglichen Stellen mit geringstmöglicher Störung der Flächennutzung erfolgen. Je nach Geländeverhältnissen wird der Bohrpunkt entweder mittels Kombi-Pkw bzw. Kleinlieferwagen angefahren oder zu Fuß erreicht. Nach Abschluss der Bohrarbeiten werden die Bohrlöcher fachgerecht verfüllt.

Wasserwirtschaftliche Beweissicherung
Ziel der wasserwirtschaftlichen Beweissicherung ist die qualitative und quantitative Dokumentation des Grundwasservorkommens. Es handelt sich hierbei um eine nichtinvasive Maßnahme.

Baubegleitungen
Bei den ausgewählten Querungsbereichen werden die Baugrunduntersuchungen von ökologischen, bodenkundlichen sowie archäologischen Baubegleitungen überwacht. Diese sorgen für die Einhaltung der umweltgerechten, bodenkundlichen und archäologischen Standards und Auflagen mit dem Ziel, unnötige Eingriffe in Natur und Landschaft und in den Boden auszuschließen sowie Schäden an archäologischen Denkmälern und Objekten zu vermeiden.

Eventuelle Schäden
Im Rahmen der Baubegleitungen sind Mitarbeitende mit Pkw, per Rad oder zu Fuß unterwegs und werden ggf. zeitlich begrenzt Markierungen setzen, wodurch keine Schäden an den Grundstücken entstehen. Baumaschinen werden bei diesen Maßnahmen nicht eingesetzt. Bei den Baugrunduntersuchungen sind die oben beschriebenen Geräte im Einsatz. Sollte es trotz aller Vorsicht bei der Ausführung der Baugrunduntersuchungen und weiteren bauvorbereitenden Maßnahmen zu Schäden oder unmittelbaren Vermögensnachteilen kommen, werden diese durch die TransnetBW GmbH oder den von ihr beauftragten Firmen entsprechend den gesetzlichen Regelungen in § 44 Absatz 3 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) angemessen entschädigt.

Bekanntmachung und Termine
Die Berechtigung zur Durchführung dieser Vorarbeiten ergibt sich aus § 44 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in Verbindung mit § 18 Absatz 5 NABEG. Mit dieser ortsüblichen Bekanntmachung werden den Eigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten die Vorarbeiten mitgeteilt. Der zeitliche Ablauf der Untersuchungen hängt von äußeren Umständen ab, z. B. von örtlichen Gegebenheiten und von den wetterbedingten Bodenverhältnissen. Die betroffenen Grundstücke ergeben sich aus der entsprechenden Flurstückliste und den zugehörigen Planunterlagen, die öffentlich zur Verfügung gestellt werden (genauer Auslageort: siehe Infokasten unten). Aufgrund der Größe des Untersuchungsgebiets und Vielzahl der Eigentümer und Nutzungsberechtigten wird es leider nicht möglich sein, jeden Eigentümer und Nutzungsberechtigten persönlich vor dem Betreten ihrer Grundstücke bzw. Wege einzeln über die Zuwegungen zu informieren

Quelle TransnetBW GmbH

Anforderungen an Baugrundgutachten für Gründungen von Windenergieanlagen und deren Kranstellflächen und Zuwegungen

Anforderungen an Baugrundgutachten für Gründungen von Windenergieanlagen und deren Kranstellflächen und Zuwegungen

1 Gründung: Fundament als Flachgründung
· Zulässige Bodenpressung als mittlere Bodenpressung.
· Angaben der Steifemodule „Es statisch“ und „Es dynamisch“ gemäß „Betonkalender 1978, Seite 848 ff“. (Anlage 1). Mit diesen Werten und der Fundamentgrundfläche wird die Drehfedersteifigkeit ermittelt.
· Angabe des Reibungswinkels zwischen Stahlbetonfundament und Boden.
· Angabe des Bemessungswasserstandes, der am Standort zu erwarten ist.
· Vorschlag von Bodenverbesserungsmaßnahmen, wenn abzusehen ist, dass diese erforderlich sind
· Angaben über die Aggressivität des Bodens und des Grundwassers.
· Zu erwartende Setzungen aus ständiger Belastung und aus den wechselnden Belastungen aus der Windenergieanlage und dem Fundamentkörper.
· Angaben über die Neigung der Böschung der Baugrube.
· Angaben über die Trockenhaltung der Baugrube während der Bauzeit.
· Angaben zur Verwendung des Erdaushubs zur Wiederanfüllung, auch für die Schnittstelle zwischen Fundamentarbeitsraum und Kranstellfläche.

2 Gründung: Fundament als Pfahl-/ Tiefgründung
· Angaben über die im Baugebiet üblichen Pfahlsysteme.
· Angaben über die äußere Tragfähigkeit der Pfähle bei Druck- und Zugbelastungen für die Extremlastfälle und für zyklische und dynamische Einwirkungen, auch bei der Wahl von Pfahlgruppen.
· Angaben über die dazugehörigen Pfahllängen, bezogen auf Oberkante Gelände in Fundamentmitte.
· Angaben über die Bodenschichtdicken mit den dazugehörigen horizontalen Steifemoduli „Es statisch“ und „Es dynamisch“ zur Ermittlung der „Horizontalfedersteifigkeit“ und „Drehfedersteifigkeit“ des räumlichen Tragsystems „Fundament und Pfähle“.
· Angaben über die zulässigen minimalen Pfahlabstände am Pfahlkopf und am Pfahlfuß.
· Angaben über möglichen Pfahlneigungen.
· Angaben über die zu erwartenden zugehörigen Pfahlkopfsetzungen bei den o.g. Pfahllasten.
· Angaben über den niedrigsten und höchsten Grundwasserstand, der am Standort zu erwarten ist.
· Angaben über die Aggressivität des Bodens und des Grundwassers.
· Angaben darüber, ob der Baugrund das Frischbetongewicht des Fundamentes aufnehmen kann, oder welche Betonierlast für den Boden unter dem Fundament aufnehmbar ist, damit die Dicke der Betonierabschnitte bestimmt werden kann.
· Angaben über die Neigung der Böschung der Baugrube.
· Angaben über die Trockenhaltung der Baugrube während der Bauzeit.
· Angaben zur Verwendung des Erdaushubs zur Wiederanfüllung, auch für die Schnittstelle zwischen Fundamentarbeitsraum und Kranstellfläche.

3 Bemessung: Montage-Kranstellflächen und Zuwegung
· Allgemeine Angaben zum Standort und Bemessung
– Lageplan, Geländemodell, Grabensysteme, Vornutzung
– Grundwasseranalyse (pH-Wert)
– Anforderungen an die Behandlung des Mutterbodens (kann der Mutterboden unter den Verkehrsflächen verbleiben oder muss er abgeschoben werden?)
· Angabe des verfügbaren Tragschichtmaterials (Kornverteilung, Kornfestigkeit, Kornform oder Eignungsprüfung nach z.B. TL SoB 04)
· Angaben zum Schichtenmodell und Beschreibung je Standort mit zugehörigen Aufschlüssen. Für die Planung der Kranstellflächen und Transportwege sind folgende Aufschlüsse durchzuführen:
– je Streckenstrang (≤ 650 m) eine indirekte Erkundung z. B. in Form einer Drucksondierung (CPT) bis auf die Einflusstiefe der Lasten unter Geländehöhe abzuteufen.
– je Streckenstrang (≤ 650 m) eine direkte Erkundung z. B. in Form einer Kleinrammbohrung. bis in die Einflusstiefe der Lasten unter Geländehöhe abzuteufen.
– je Bodenschicht- und/ oder Bodeneigenschaftswechsel oder Tiefenmeter mindestens eine Bodenprobe zu entnehmen.
– die Auswertung der gewonnen Bodenproben im Baugrundlabor zur Ermittlung der Bodenparameter (Rechenwerte) bzw. zur Bestätigung der in den Normen genannten Rechenwerte vorzunehmen.

V-CEU Dokument Nr.: 0019-5727.V03
Anforderungen an Baugrundgutachten für Gründungen von Vestas-Windenergieanlagen und deren Kranstellflächen und Zuwegungen
Geotechnisches Gutachten
Datum: 2017-11-13
Issued by: V-CEU/PM/ARDYC Class 1 Typ: T05
Vestas Central Europe · www.vestas.com Eingetr. Firmenname: Vestas Deutschland GmbH
Technische Änderungen vorbehalten

· Zuordnung von charakteristischen Kennwerten je Standort in engen Grenzen, ggf. je Aufschluss falls mehrere Aufschlüsse an einem Standort, für das maßgebende Spannungsniveau (im Fall einer Kranaufstandsfläche ca. 260 kPa):
– undrainierte Scherfestigkeit ju [°], cu [kN/m²]
– drainierte Scherfestigkeit j [°], c [kN/m²
– Wichte bei normaler Bodenfeuchte g [kN/m³], Wichte unter Auftrieb g ́[kN/m³]
– Verformungsverhalten anstehender Bodenschichten (E-Modul E [MPa] oder Steifemodul Es [MPa])
– Kennwerte zur Berücksichtigung des zeitabhängigen Verhaltens
– (Konsolidierungsbeiwert cv, ersatzweise Durchlässigkeitskoeffizient kf)
– ggf. Kohäsion infolge Bindemittelstabilisierung c [kN/m²])

4 Geotechnische Untersuchungen
Nach der „Richtlinie für Windkraftanlagen“, Fassung März 2004, Deutsches Institut für Bautechnik – DIBt – Berlin, Ziffer 11.2.1, 2. Absatz, und der „Richtlinie für die Zertifizierung von Windenergieanlagen; Ausgabe 2003 mit Ergänzung 2004“ der Germanischer Lloyd Industrial Services GmbH, Kapitel 6.7, Ziffer 6.7.2.3, sind die geotechnischen Untersuchungen für die Gründungen von Windenergieanlagen der Geotechnischen Kategorie 2 (GK 2) zuzuordnen. Die geotechnischen Untersuchungen des Baugrundes und Lieferung der geotechnischen Daten sind im „Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln; Deutsche Fassung EN 1997-1:2004 + AC:2009“*, Ziffer 3, geregelt und genau beschrieben. Abweichend von dieser Norm sollten für jeden Windenergiestandort 3 Baugrunduntersuchungen, eine Sondierbohrung (z.B. RKS) sowie zwei Drucksondierungen (CPT), ausgeführt werden.

5 Geotechnisches Gutachten
Die Einzelheiten der „Geotechnischen Untersuchungen“ sind gemäß „„Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln; Deutsche Fassung EN 1997-1:2004 + AC:2009“1, Ziffer 2.8 in einem „Geotechnischen Gutachten“ darzustellen. In diesem Gutachten sollten alle unter Punkt 1, 2 und 3 geforderten Angaben zur Bemessung der Gründung, Montage-, Kranstellfächen und Zuwegung von Windenergieanlagen enthalten sein.

6 Weitere Hinweise
Baugrunderkundungen sind grundsätzlich nach nationalen Normen und Vorschriften durchzuführen.. Die Anforderungen incl. der angegebenen Baugrundkennwerte in diesem Dokument ersetzen nicht bestehende Normen, Richtlinien und den Stand der Technik. Weiterhin ersetzen die Anforderungen aus diesem Dokument nicht die fachkundige Bewertung durch einen Baugrundgutachter, der idealerweise mit den geotechnischen Gegebenheiten am Standort vertraut ist. Wird aufgrund örtlicher Gegebenheit nach fachkundlicher Abwägung von den Anforderungen in diesem Dokument abgewichen, so ist dies im Gutachten entsprechend kenntlich zu machen.

7 Grundlagen
Eurocode 7
DIN 1997-2
DIN 4020
DIN 1054
DIN-Taschenbuch 113 (Baugrunderkundung, geotechnischen Untersuchung von Bodenproben, Grundlagen der Messtechnik)

Quelle: Anforderungen an Baugrundgutachten für Gründungen von Vestas-Windenergieanlagen und deren Kranstellflächen und Zuwegungen

V-CEU Dokument Nr.: 0019-
5727.V03

Wann ist eine wie geartete Baugrunduntersuchung notwendig?

Wann ist eine wie geartete Baugrunduntersuchung notwendig?

Eine Baugrunduntersuchung ist eine Maßnahme zur Erkundung von Baugrund. Über verschiedene Verfahren zur Baugrunduntersuchung wird die Beschaffenheit und Zusammensetzung des Baugrunds ermittelt. Die Ergebnisse werden analysiert und in einem Bodengutachten festgehalten. Baugrunduntersuchungen sind bei neuen Bauvorhaben erforderlich, um die Eignung als Baugrund und die Art der Gründung zu bestimmen. Bei Bestandsgebäuden mit Gründungs- oder Baugrundschäden sind Baugrunduntersuchungen zwar optional, dennoch unverzichtbar.

Warum ist eine Baugrunduntersuchung notwendig?

Ein wesentlicher Bestandteil der Sanierung einer Gründung ist das Erkennen der Schadensursache und das sichere Verhindern weiteren Einwirkens eben dieser Ursache. Und die ist nicht notwendig allein aus den Symptomen, bspw. Risse im Mauerwerk erkennbar. Eine klare Aussage ergibt sich oft erst aus dem Auswerten der Schadensbilder in Kombination mit den Ergebnissen der Baugrunduntersuchungen. Außerdem ist es für die notwendigen Baugrundverbesserungsarbeiten selbst wichtig zu wissen, wie der Boden aufgebaut ist, wo die zu verbessernden oder zu ersetzenden Bodenschichten liegen und woraus sie bestehen. Auch in welcher Tiefe gegebenenfalls das Grundwasser steht, ist eine wichtige Angabe. Deshalb sind die Ergebnisse der Baugrunduntersuchung als Voraussetzung für eine Gründungssanierung zu fordern. Die Baugrunderkundungen werden in einfachen Fällen, wenn nicht tief gebohrt werden muss, als Kleinrammbohrungen ausgeführt. Diese Erkundungen sind auch unter beengten Verhältnissen möglich.

Baugrunduntersuchung gibt Auskunft über geeignete Sanierungsverfahren

Für jede Bodenart werden die Ergebnisse unterschiedlicher bodenmechanischer Versuche benötigt. Die Analyse der festgestellten Schäden kann dann an Hand der Versuchsergebnisse erfolgen. Sie sollte, ebenso wie Hinweise auf geeignete Sanierungsverfahren, im Bodengutachten des Geotechnikers enthalten sein. Nicht in allen Fällen wird dies möglich sein. Dann sollten jedoch die Analyse und die geeigneten Sanierungsverfahren fachübergreifend von den am Projekt Beteiligten und jedenfalls unter Einschluss des Geotechnikers erarbeitet werden.

Was ist ein Bodengutachten?

Ein Bodengutachten, auch bodenmechanisches Gutachten genannt, ist ein geotechnischer Bericht, der von einem Sachverständigen für Geotechnik (Bodengutachter) erstellt wird. Das Bodengutachten dokumentiert die Ergebnisse aus der Baugrunduntersuchung. In der Regel enthält jedes Bodengutachten eine abschließende Beurteilung mit Handlungsempfehlungen zur bspw. Gründung einer geplanten Baumaßnahme.

Wann ist ein Bodengutachten Pflicht?

Grundsätzlich ist es erforderlich, für jedes Bauvorhaben ein Bodengutachten zu erstellen bzw. erstellen zu lassen. Jedem Architekten und Bauingenieur muss klar sein, dass er die Verantwortung für die zu schaffenden Grundlagen der Planung trägt. Es ist also in seinem Interesse zur Begrenzung dieser Verantwortung in einem für ihn fachfremden Gebiet, den Bauherrn auf die Notwendigkeit eines Bodengutachtens (schriftlich) hinzuweisen und die Beauftragung eines Bodengutachters durch den Bauherrn zu veranlassen.

Was wird bei einem Bodengutachten gemacht?

Die für das Bodengutachten erforderlichen geotechnischen Untersuchungen umfassen alle zur bautechnischen Beurteilung der auf dem Grundstück vorhandenen Böden notwendigen ingenieurgeologischen, hydrogeologischen, bodenmechanischen, umwelttechnischen und chemischen Untersuchungen.

Was beinhaltet ein Bodengutachten?

Das Bodengutachten enthält die Ergebnisse aller durchgeführten Untersuchungen und die sich aufgrund der Untersuchungen für das Bauvorhaben ergebenden Folgerungen. Wesentliche Inhalte eines Bodengutachtens sind die Hinweise für die Art und Bemessung der Gründung. Die Interaktion von Bauwerk und Boden muss mit der Wahl der Gründung und mit den Standsicherheitsnachweisen erfasst sein. Die Lage des höchsten Grundwasserstandes und die notwendigen Sicherungsmaßnahmen gegen Vernässung müssen angegeben sein. Für die Herstellung einer Baugrube notwendige Hinweise für Aushub, Sicherung der Baugrube, erforderlicher Wasserhaltung sowie die mögliche Verwertung bzw. notwendige Entsorgung des Aushubbodens müssen ebenfalls einem Bodengutachten zu entnehmen sein.

Wer macht ein Bodengutachten?

Bodengutachten werden von einem Sachverständigen für Geotechnik, umgangssprachlich Bodengutachter genannt, durchgeführt. Bodengutachter sind je nach der zu lösenden Aufgabe Geologen oder Bauingenieure. Der Bodengutachter legt nach Recherche in bekannten Unterlagen wie Geologischen Karten oder Bohrarchive und einer Geländebegehung die erforderlichen geotechnischen Untersuchungen fest. Im Fall der Beurteilung bestehender Gründungen, die insbesondere für das Bauen im Bestand entscheidend ist, wird vom Bodengutachter neben den Kenntnissen in Bodenmechanik und Gründungstechnik auch eine zutreffende Beurteilung der vorhandenen Konstruktion gefordert. So muss beispielsweise die Zulässigkeit der Beanspruchungen alter Konstruktionen meist ohne vorhandene Berechnungen beurteilt werden, um notwendige Maßnahmen ergreifen und nicht notwendige Maßnahmen vermeiden zu können. Häufig muss auf alten Industriegrundstücken oder anderen kontaminierten Grundstücken gebaut werden. In solchen Fällen muss der Bodengutachter aufgrund der durchgeführten bodenmechanischen und chemischen Untersuchungen angeben, welche Maßnahmen zu treffen sind.

Was kostet ein Bodengutachten?

Die Kosten für ein Bodengutachten variieren sehr stark. Je nach Anwendungsfall liegen die Kosten für bspw. ein Einfamilienhaus normaler Größe zwischen 600 und 2.000 Euro. Die Preisunterschiede ergeben sich hauptsächlich aus der Intensität der Untersuchung. Muss im Rahmen eines Schadenfalls, wie das Absacken eines Gebäudes ein Bodengutachten erstellt werden, können sich die Kosten auf bis zu 2.500 Euro und mehr belaufen, da die Baugrunduntersuchung und die zusätzliche Analyse der Schadensursache deutlich aufwendiger sind.

Quelle: URETEK Deutschland GmbH, Weseler Str. 110, 45478 Mülheim an der Ruhr

Baugrundrisiko

Jeder Bauherr trägt das Risiko, dass an seinem Neubau oder an Nachbargebäuden Schäden auftreten oder Personen beeinträchtigt werden. Diese Schäden und Beeinträchtigungen können vielfältige Ursachen haben:

  • Überbauung wenig tragfähiger Schichten: Torf, weicher Lehm, Altablagerungen, u.a.
  • Instabilitäten des Baugrunds: Rutschung, Erdfall, Schwellen, Schrumpfen
  • nicht standsichere Baugrundböschungen
  • fehlerhafte Gründungen infolge unzulässiger Setzung, Sackung, Senkung, Schiefstellung oder Grundbruch
  • unwirtschaftliche Gründung
  • ungenügende Berücksichtigung von Sicker- und Grundwasser oder Schadstoffen (BBodSchG, LAGA)
  • fehlende Sicherung bestehender Gebäude, z.B. durch Unterfangung


Pflicht zur Baugrunderkundung

Eine Pflicht zur Baugrunderkundung besteht nach:

  • den Landesbauordnungen
  • der Verdingungsordnung für Bauleistungen
  • Bundesbodenschutz-Gesetz
  • den von den Ländern baurechtlich eingeführten Normen, in der exakte Anforderungen an den Untersuchungsaufwand gestellt werden


Baugrund – Untersuchung

Angaben zur Beschaffenheit und zum Aufbau des Untergrundes sind zu erhalten durch:

  • Auswertung topographischer und Sondierungen geowissenschaftlicher Karten und Fachliteratur (Ramm-, Flügel-, Drucksondierungen)
  • Baggerschürfe
  • Bohrungen (Kleinrammbohrungen, Kernbohrungen)
  • geophysikalische Erkundungen (Seismik, Geoelektrik, Georadar)

Mit Hilfe dieser Angaben wird ein Baugrundgutachten erstellt. Durch bodenmechanische Versuche im Feld und an ausgewählten Proben im Labor werden charakteristische Rechenwerte ermittelt, die zum Rechenmodell des Baugrundes führen, das Grundlage der Gründungsberatung ist.

Vorteile

Ein Baugrund- und Gründungsgutachten…

  • gibt dem Bauherrn Planungssicherheit
  • verhindert baugrundbedingte Baustillstände
  • ermöglicht eine sichere und wirtschaftliche Gründung – viele schadensfreie Gebäude sind unwirtschaftlich gegründet
  • erspart in der Regel mehr als es kostet


Quelle: BDG – Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V.: Flyer: „Baugrundgutachten sind immer die richtige Entscheidung – Informationen für Bauherren“.

VergMan ® Tiefbaurecht und Hochbaurecht: Entschädigung für den Vorhalt von Arbeitskräften während des Annahmeverzugs

VergMan ® Tiefbaurecht und Hochbaurecht: Entschädigung für den Vorhalt von Arbeitskräften während des Annahmeverzugs

Ein Urteil des KG spricht dem Werkunternehmer eine Entschädigung für den Vorhalt von Arbeitskräften während des Annahmeverzugs des Bestellers zu. Kann ein Werkunternehmer während des Annahmeverzugs des Bestellers die Vergütung aus dem gestörten Werkvertrag nicht wie vorgesehen erwirtschaften, steht ihm für diesen Umsatznachteil zwar keine Entschädigung aus § 642 BGB zu. Begehrt ein Werkunternehmer Entschädigung für den Vorhalt von Arbeitskräften während dieses Annahmeverzugs, steht ihm dem Grunde nach ein Anspruch zu, er hat aber darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er die Arbeitskräfte im fraglichen Zeitraum nicht anderweitig einsetzen konnte. Zeigt der Besteller dem Unternehmer die Umstände an, die seinen Annahmeverzug begründen, so liegt in einer solchen Verzugsmitteilung in aller Regel eine Leistungsänderung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B, sodass dem Unternehmer ein Mehrvergütungsanspruch nach dieser Vorschrift zustehen kann. In diesem Fall besteht der Mehrvergütungsanspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B neben demjenigen aus § 642 BGB. Im Unterschied zu § 642 BGB gewährt er auch eine Mehrvergütung für annahmeverzugsbedingte Kostensteigerungen.
KG, Urteil vom 29.01.2019 – 21 U 122/18

A.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem Bauvertrag über Trockenbauarbeiten in Anspruch, nachdem sie ihre Leistungen nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Ausführungsfristen abschließen konnte.

Der Beklagte, vertreten durch das Bezirksamt N…, schrieb für das Bauvorhaben “Erweiterungsbauten für die Gemeinschaftsschule auf dem Campus R…-…” im Jahr 2016 Trockenbauarbeiten aus. Die Trockenbauarbeiten waren in drei unterschiedlichen Gebäuden zu erbringen, nämlich dem “WAT-Gebäude” (im Folgenden auch “WAT”), dem “Elternzentrum” (im Folgenden auch “ELZ”) und der “Schulerweiterung” (im Folgenden auch “SCH”). Bei der Ausschreibung nahm der Beklagte Bezug auf die VOB/B und auf Besondere Vertragsbedingungen. Diese regeln in Ziff. 1 “Ausführungsfristen (§ 5 VOB/B)”, in Ziff. 10 sehen sie ergänzend zu Ziff. 1.2 für die Trockenbauarbeiten die folgenden “Einzelfristen” vor:

“1. Schulerweiterunga. Wände 1. Seite 21.11.2016 bis 13.01.2017b. Wände schließen 19.12.2016 bis 17.02.2017c. Decken 30.01.2017 bis 07.04.20172. Elternzentruma. Wände 1. Seite 04.07.2016 bis 29.07.2016b. Wände schließen 22.08.2016 bis 16.09.2016c. Decken 05.09.2016 bis 30.09.20163. WAT-Gebäudea. Wände 1. Seite 20.06.2016 bis 01.07.2016b. Wände schließen 15.08.2016 bis 02.09.2016c. Decken 29.08.2016 bis 16.09.2016”
Mit Schreiben vom 7. April 2016 gab die Klägerin ein Angebot zu einer Vergütung von 334.215,86 € zuzüglich 63.501,01 € Mehrwertsteuer = 397.716,87 € brutto ab. Von dieser Vergütung entfallen auf das Gebäude WAT 33.932,38 €, auf das Gebäude ELZ 71.673,06 € und auf das Gebäude SCH 228.610,42 € (Beträge jeweils netto). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und 2 verwiesen.

Auf Bitten des Beklagten verlängerte die Klägerin zweimal die Bindefrist für ihr Angebot, zuletzt bis zum 5. August 2016. Mit Schreiben vom 2. August 2018 beauftragte das Bezirksamt N… die Klägerin gemäß ihrem Angebot (Anlage K 3). In diesem Schreiben hatte das Bezirksamt den folgenden Textbaustein angekreuzt:

”Ich fordere Sie auf, mit der Ausführung der Bauleistung gemäß Ziff. 1.1 der Besonderen Vertragsbedingungen zu beginnen.”
Am 22. August 2016 fand eine Baubesprechung statt, an der unter anderem Vertreter der Klägerin und die Bauleitung des Beklagten teilnahmen. Dort gab die Bauleitung der Klägerin für ihre Arbeiten im Gebäude WAT einen Baubeginn am 5. September 2016 vor. Hinsichtlich des Gebäudes ELZ teilte sie der Klägerin – möglicherweise bei anderer Gelegenheit – mit, sie solle am 19. September 2016 mit den Arbeiten beginnen. In beiden Bereichen begann die Klägerin fristgerecht mit ihren Arbeiten, konnte sie aber erst im Februar bzw. März 2017 abschließen.

Im Gebäude SCH konnte die Klägerin erst am 2. Mai 2017 mit den Arbeiten beginnen und hatte sie am Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch nicht abgeschlossen.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte habe sich bei allen drei Gebäuden gemäß § 642 BGB im Annahmeverzug befunden, weil er ihr das Baugrundstück nicht so überlassen habe, dass sie die Trockenbauarbeiten innerhalb der Fristen ausführen konnte, wie sie in Ziff. 10 der Besonderen Vertragsbedingungen vorgegeben waren. Aus diesem Grund sei der Beklagte verpflichtet, sie für den Umsatz zu entschädigen, der ihr dadurch entgangen sei, dass sie nicht innerhalb der Vertragsfristen die vertraglichen Leistungen ausführen und die hierfür vorgesehene Vergütung erwirtschaften konnte. Auch wenn sie diese Leistungen zeitlich verschoben nachholen konnte und musste, ändere dies nichts daran, dass ihr die Möglichkeit endgültig genommen sei, innerhalb der vertraglich vorgesehenen Zeitfenster die vereinbarte Vergütung zu erwirtschaften und dass ihr in der Zeit des Nachholens wegen der Bindung ihrer Produktionsmittel an den Vertrag mit der Beklagten die Möglichkeit genommen war, Umsatz aus anderen Aufträgen zu erzielen. Die Höhe ihres Anspruchs ermittelt die Klägerin in der Form, dass sie von ihrer Vergütung, soweit sie auf die drei Gebäude entfällt und nicht innerhalb der jeweils vorgesehenen Fristen erwirtschaftet werden konnte, sich die durch die Nichtleistung ersparten Material- und Gerätekosten abziehen lässt. Auf diese Weise hat sie eine auf § 642 BGB gestützte Entschädigungsforderung von zunächst 235.290,18 € (einschließlich Mehrwertsteuer) ermittelt.

Wegen dieser Forderung hat die Klägerin Klage gegen den Beklagten erhoben und ihre Forderung vor dem Landgericht auf zuletzt 216.836,94 € (einschließlich Mehrwertsteuer) ermäßigt. Mit Urteil vom 10. Juli 2018 hat das Landgericht die Klage gemäß dem Antrag des Beklagten abgewiesen. Diese Abweisung hat es vorrangig darauf gestützt, dass der Beklagte sich nicht im Annahmeverzug befunden habe. Dass die Klägerin ihre Leistungen in den drei Gebäuden unstreitig nicht zu den in Ziff. 10 der Besonderen Vertragsbedingungen vorgesehenen Fristen habe erbringen können, sei unerheblich, denn aufgrund der verspäteten Auftragserteilung nach Bindefristverlängerung seien die (Teil-) Fristen 2.a (Gebäude ELZ) und 3.a (Gebäude WAT) schon bei Auftragserteilung vollständig verstrichen gewesen. Damit seien die Vertragsfristen insgesamt hinfällig geworden und könnten somit nicht den Mitwirkungsverzug des Beklagten begründen. Im Übrigen habe die Klägerin ihre Leistungen auch nicht gemäß §§ 293 ff BGB angeboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und der Begründung des Landgerichts wird auf diese Entscheidung verwiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, zu deren Begründung sie ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft und die Forderung um rund 9.000,- € (einschließlich Mehrwertsteuer) aufgrund der Anrechnung von anderweitigem Erwerb reduziert.

Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß,

das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an sie 207.286,30 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Ferner behauptet sie, die Klägerin habe ihre für den streitgegenständlichen Vertrag eingeplanten Arbeitskräfte jeweils an anderer Stelle des Bauvorhabens bzw. auf näher bezeichneten anderen Baustellen einsetzen können, sodass sie diese nicht aufgrund eines etwaigen Mitwirkungsverzugs des Beklagten vergeblich vorgehalten habe.

B.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

I. Anwendbares Recht
Auf den Vertrag zwischen den Parteien ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 39 EGBGB.

II. Kein Anspruch aus § 642 BGB
Der Klageanspruch ergibt sich nicht – auch nicht teilweise – aus § 642 BGB.
Nach § 642 hat der Unternehmer einen Entschädigungsanspruch gegen den Besteller, wenn dieser bei der Durchführung des Werkvertrags in Annahme- bzw. Mitwirkungsverzug geraten ist (beide Begriffe sind gleichbedeutend, vgl. Retzlaff in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Auflage, 2018, § 642 BGB, Rz. 2) und dem Unternehmer dadurch ein nach dieser Norm ersatzfähiger Nachteil entstanden ist.

1. Entstehung eines Nachteils ist Anspruchsvoraussetzung
§ 642 BGB regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch des Unternehmers, wenn der Besteller eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, und der Besteller hierdurch in Annahmeverzug gerät (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 19; Urteil vom 24. Januar 2008, VII ZR 280/05, BGHZ 175, 118). Der Anspruch aus § 642 BGB ist kein Schadensersatzanspruch, sondern er ist vergütungsähnlich (BGH, Urteil vom 24. Januar 1008, VII ZR 280/05, BGHZ 175, 118, Rz. 11). Diese Vergütungsähnlichkeit zeigt sich darin, dass der Unternehmer nach § 642 BGB ein Entgelt für eine Leistung erhält, nämlich das vergebliche Bereithalten seiner Produktionsfaktoren während des Annahmeverzugs des Bestellers (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17; Urteil vom 24. Januar 2008, VII ZR 280/05, BGHZ 175, 118), dass die Höhe der Entschädigung nach der vereinbarten Vergütung zu bestimmen ist (§ 642 Abs. 2 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 45; Urteil vom 24. Januar 2008, VII ZR 280/05, BGHZ 175, 118; KG, Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 14/16, Rz. 93) und dass sie der Umsatzsteuer unterfällt (BGH, Urteil vom 24. Januar 2088, VII ZR 280/05, BGHZ 175, 118).

Trotz dieser Vergütungsähnlichkeit kann einem Unternehmer aber nur dann ein Anspruch aus § 642 BGB zustehen, wenn ihm durch den Mitwirkungsverzug des Bestellers ein Nachteil entstanden ist. Hierin liegt kein Widerspruch. Das Erfordernis einer Nachteilsentstehung ist eine zwingende Folge des Umstands, dass der Anspruch aus § 642 BGB von den Parteien bei Vertragsschluss in der Regel nicht beziffert worden ist (Ausnahme: Eventualpositionen im Leistungsverzeichnis, vgl. Retzlaff in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Auflage, 2018, § 642 BGB, Rz. 108). Aus diesem Grund ist für die Bestimmung der Anspruchshöhe eine Bemessungsgrundlage erforderlich, sonst ist der Anspruch konturenlos (KG, Urteil vom 16. Februar 2018, 21 U 66/16; Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 14/16; Retzlaff in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Auflage, 2018, § 642 BGB, Rz. 3 und 38 ff). Der durch den Annahmeverzug bedingte Nachteil ist genau diese Bemessungsgrundlage, die sodann einvernehmlich durch die Parteien oder einen Dritten, etwa ein Gericht, zu bewerten ist. Beim Mehrvergütungsanspruch des Unternehmers aus § 2 Abs. 5 bis 7 VOB/B – zweifelsfrei ein Vergütungsanspruch -, verhält es sich genauso. Ändert der Besteller die Leistung des Unternehmers nach § 1 Abs. 3 oder 4 VOB/B, ist die geänderte Leistung typischerweise nicht bereits durch den ursprünglichen Vertrag bepreist, sodass sich die Frage der Ermittlung des Mehr- oder Mindervergütungsanspruchs stellt. Auch zu seiner Ermittlung, die einvernehmlich durch die Parteien oder im Streitfall durch einen Dritten – etwa ein Gericht – vorzunehmen ist, bedarf es einer Bemessungsgrundlage. Diese Bemessungsgrundlage sind die durch die Leistungsänderung bedingten Mehr- oder Minderkosten (vgl. § 2 Abs. 5, § 2 Abs. 6 Nr. 2 und § 2 Abs. 7 Nr. 1 VOB/B). Diese Mehr- oder Minderkosten beim Anspruch aus § 2 Abs. 5 bis 7 VOB/B entsprechen dem Nachteil beim Anspruch aus § 642 BGB. In beiden Fällen bilden sie die Bemessungsgrundlage für einen bei Vertragsschluss nicht einvernehmlich bezifferten Anspruch, ohne dass dieser dadurch die Rechtsnatur eines Schadensersatzanspruchs annimmt.

Nicht richtig wäre es, im Rahmen von § 642 BGB anstelle von “annahmeverzugsbedingtem Nachteil” in Anlehnung an § 2 Abs. 5 bis 7 VOB/B von “annahmeverzugsbedingten Mehrkosten” zu sprechen. Denn in einer solchen Terminologie läge bereits die Vorentscheidung, dass nach § 642 BGB nur Kostennachteile (erhöhte Kosten beim Unternehmer in Folge des Annahmeverzugs) ersatzfähig sind, nicht aber auch Umsatznachteile (dem Unternehmer entgangener Umsatz in Folge des Annahmeverzugs), was gerade im vorliegenden Fall zwischen den Parteien umstritten ist. Zwar kann nach Auffassung des Senats ein Anspruch aus § 642 BGB tatsächlich nur auf Kostennachteile gestützt werden, dieses Ergebnis muss aber erst noch begründet werden (hierzu unten II. 3.a) bb) (1)) und darf nicht durch die Terminologie vorweggenommen werden. Der vom Senat verwendete Begriff des Nachteils ist somit Ausdruck einer terminologischen Ergebnisoffenheit für die von der Klägerin vertretene Ansicht der Entschädigungsfähigkeit von Umsatznachteilen.

Die Anspruchsvoraussetzung eines Nachteils im Rahmen von § 642 BGB ist insbesondere auch durch die Rechtsprechung des BGH vorgegeben. Danach ist gerade nicht jeder annahmeverzugsbedingte Nachteil entschädigungsfähig: Vorhaltekosten sind es, Kostensteigerungen sind es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17). Diese Aussage des BGH verlangt, dass ersatzfähige Positionen – Vorhaltekosten – von nicht ersatzfähigen Positionen – Kostensteigerungen – unterschieden werden können. Eine solche Unterscheidung setzt aber voraus, dass, wenn sich ein Besteller im Mitwirkungsverzug befindet, zuallererst hierdurch bedingte Nachteile identifiziert werden, wie es der Senat fordert. Erst dann können in einem zweiten Schritt die nach Vorgabe des BGH nicht ersatzfähigen Positionen ausgesondert werden.

Es ist unerheblich, dass das Entstehen eines annahmeverzugsbedingten Nachteils nicht explizit in § 642 BGB erwähnt wird. Der Begriff des Nachteils erfüllt allein die Funktion, die durch § 642 BGB aufgeworfenen Rechtsfragen strukturiert abarbeiten zu können und dient somit der Gesetzesanwendung. Dies wird im Folgenden (vgl. II.3.a) bb)) ausgeführt.

2. Kein Anspruch der Klägerin aus § 642 BGB hinsichtlich der Gebäude WAT und ELZ
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie habe ihre Bauleistungen im WAT-Zentrum und im Elternzentrum nicht in den vertraglich vorgesehen Fristen erbringen können, hat sie einen Anspruch aus § 642 BGB nicht dargelegt.

a) Fehlende Baufreiheit vor dem 5. bzw. 19. September 2016
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe in den Gebäuden WAT und ELZ nicht vor dem 5. (WAT) bzw. 19. September 2016 (ELZ) und somit nicht zu Beginn der in Ziff. 10 der Besonderen Vertragsbedingungen vorgesehenen Fristen bzw. nicht zu Vertragsbeginn mit ihren Arbeiten beginnen können, fehlt es bereits an einem Mitwirkungsverzug des Beklagten.

aa) Baufreiheit
Zwar gerät der Besteller grundsätzlich in Mitwirkungsverzug, wenn ein Bauvertrag Ausführungsfristen regelt und der Besteller dem Unternehmer das Baugrundstück zu Beginn der Frist nicht so zur Leistungserbringung bereit überlässt, wie es nach dem Vertrag hätte geschehen müssen (“baufrei”). Denn wenn ein Unternehmer durch eine vertragliche Ausführungsfrist gebunden ist, ist er zugleich berechtigt, diese Frist auszuschöpfen. Dazu ist er aber nur in der Lage, wenn ihm der Besteller das Grundstück bei Fristbeginn baufrei überlässt, was dem Besteller folglich als Mitwirkung im eigenen Interesse obliegt. Wann das Grundstück als ”baufrei” anzusehen ist, d.h. welche Behinderungen der Unternehmer ggf. hinzunehmen hat und welche nicht, richtet sich danach, wie die Kooperation der Vertragsparteien im konkreten Einzelfall durch den Bauvertrag ausgestaltet ist (BGH, Urteil vom 20. April 2017, VII ZR 194/13, BGHZ 214, 340, Rz. 18), das heißt, wie die Mitwirkungsschnittstelle (vgl. Retzlaff in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Auflage, 2018, § 642 BGB, Rz. 19 ff) zwischen den Vertragsparteien durch den Vertrag definiert ist.

bb) Modifizierte Fristen für WAT und ELZ
Im vorliegenden Fall oblag es dem Beklagten nicht, der Klägerin die Gebäude WAT und ELZ vor dem 5. bzw. 19. September 2016 baufrei zu überlassen. Die Parteien haben in dem streitgegenständlichen Bauvertrag keine Ausführungsfristen für die Gebäude WAT und ERZ wirksam vereinbart. Zwar regelt Ziff. 10 der Besonderen Vertragsbedingungen unter “2. Elternzentrum” und “3. WAT-Gebäude” solche Fristen, diese begannen aber im Fall von WAT am 20. Juni 2016 und im Fall von ERZ am 4. Juli 2016. Diese Regelung ist nicht Vertragsbestandteil geworden. Denn der Beklagte hat der Klägerin erst am 2. August 2016 den Auftrag erteilt, als der Fristbeginn schon seit mehreren Wochen verstrichen war. Der Vertrag ist deshalb so auszulegen, dass die Parteien ihn ohne die offenkundig nicht mehr einzuhaltenden Fristen für WAT und ERZ schlossen und er also insoweit eine Regelungslücke enthält, die entweder durch eine gesonderte Vereinbarung der Parteien, hilfsweise im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen ist (BGH, Urteil vom 26. April 2018, VII ZR 81/17, Rz. 16; Urteil vom 10. September 2009, VII ZR 152/08, Rz 24 f).

Danach haben sich die Parteien im vorliegenden Fall auf den 5. bzw. den 19. September 2016 als neuen Beginntermin für die Gebäude WAT und ELZ geeinigt. Die erste Baubesprechung nach Auftragserteilung fand am 22. August 2018 statt. Davor hat die Klägerin dem Beklagten ihre Leistungen nicht angeboten. Auf der Besprechung hat der Bauleiter des Beklagten, der hierfür im Zweifel bevollmächtigt war, der Klägerin zunächst den 5. September 2016 als Baubeginn für das Gebäude WAT mitgeteilt, später dann den 19. September 2016 als Baubeginn für das Gebäude ELZ. Da die Klägerin dem nicht widersprach, in beiden Gebäuden sodann an diesen Tagen mit der Arbeit begann und die Parteien keine abweichende Vereinbarungen vorgetragen haben, sind im Zweifel diese beiden Tage einvernehmlich als neue Beginntermine festgelegt.
Wenn der Vertreter des Bezirksamts N… im Auftragsschreiben vom 2. August 2016 die Klägerin durch das Ankreuzen eines Textbausteins zum Arbeitsbeginn “gemäß Ziff. 1.1 der Besonderen Vertragsbedingungen” aufforderte, kommt dem vor dem Hintergrund, dass die Beginntermine für WAT und ELZ bereits deutlich überschritten und damit erkennbar hinfällig geworden waren und sie außerdem auch nicht in Ziff. 1.1 der Besonderen Vertragsbedingungen geregelt waren, keine entscheidende Bedeutung zu.

b) Verlangsamte Bautätigkeit nach dem 5. bzw. 19. September 2016
Der Klägerin steht auch deshalb kein Anspruch aus § 642 BGB zu, weil sich der Beklagte nach dem Baubeginn in den Gebäuden WAT bzw. ELZ am 5. bzw. 19. September 2016 dort in Mitwirkungsverzug befunden hätte. Zwar deutet Einiges auf diese Möglichkeit hin. Denn nach den in Ziff. 10 der Besonderen Vertragsbedingungen ursprünglich vorgesehenen Fristen war für die Leistungen der Klägerin in diesen Gebäuden ein Zeitfenster von jeweils insgesamt 13 Kalenderwochen vorgesehen (WAT: vom 20. Juni bis zum 16. September 2016, ELZ: vom 4. Juli bis zum 30. September 2016 – jeweils ohne Berücksichtigung der Unterbrechungen). Ab dem neu vereinbarten Baubeginn am 5. bzw. 19. September 2016 war die Klägerin in beiden Gebäuden aber deutlich länger als 13 Kalenderwochen gebunden, nämlich bis zum Februar bzw. März des Jahres 2017.
Unerheblich ist insoweit, dass die Bautätigkeit der Klägerin in Gebäuden WAT und ELZ nach ihrem Beginn nicht zwangsläufig zu einem nicht geplanten vorübergehenden Stillstand gekommen sein muss, sondern möglicherweise nur langsamer voranschritt als vorgesehen. Denn auch wenn der Mitwirkungsverzug des Bestellers nicht zum Stillstand, sondern nur zur Verlangsamung der Arbeiten des Unternehmers führt, steht dem Unternehmer eine Entschädigung nach § 642 BGB zu, sofern er aufgrund dieser Verlangsamung seine Produktionsmittel länger vorhalten muss (KG, Urteil vom 16. Februar 2018, 21 U 24/18; Retzlaff in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Auflage, 2018, § 642 BGB, Rz. 49f, 63 ff).

Soweit von Althaus hiergegen vorgebracht wird, es sei “sehr zweifelhaft, ob eine eingeschränkte Baufreiheit, die lediglich ein Ausweichen in andere Baubereiche erfordert, einen Annahmeverzug begründen” könne (NZBau 2018, 646), geht dies am entscheidenden Punkt vorbei. Wenn ein Prozess verlangsamt ist, der Unternehmer aber “in andere Baubereiche” – also auf einen anderen Arbeitsprozess – ausweichen kann, liegt natürlich kein Annahmeverzug vor. Unter dem Schlagwort “Verlangsamung des Bauablaufs durch Mitwirkungsverzug” geht es aber um die Verlangsamung terminkritischer Abläufe, von denen der Unternehmer gerade nicht terminneutral “in andere Bereiche” überwechseln kann, sodass er seine Leistungsgeschwindigkeit notgedrungen drosseln muss. Weil damit die Leistungszeit zwangsläufig länger wird und der Unternehmer deshalb gezwungen sein kann (nicht: muss), seine Produktionsmittel länger vorzuhalten, ist er für solche Nachteile, sofern sie ihm aufgrund des verlangsamenden Mitwirkungsverzugs des Bestellers entstehen, von diesem zu entschädigen (vgl. Retzlaff in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Auflage, 2018, § 642 BGB, Rz. 82 ff). Richtig ist, dass solch ein annahmeverzugsbedingter Nachteil erst nach Ablauf der hypothetischen Dauer des gestörten Prozesses entsteht, allerdings irrt Althaus ebenfalls, wenn er meint, dass der Nachteil damit nicht während des Annahmeverzugs entstanden sei und deshalb aufgrund der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17) nicht entschädigt werden könne (NZBau 2018, 646). Tatsächlich dauert der Annahmeverzug so lange, wie der Besteller dem Unternehmer das Grundstück nicht in der Weise baufrei überlässt, wie es der Unternehmer nach dem Vertrag erwarten darf. Wenn der Unternehmer die verlangsamende Störung nicht einplanen musste, besteht der Verzug deshalb für die gesamte Dauer dieser Störung (also den gesamten verlangsamten ”Ist-Ablauf”), sodass grundsätzlich sämtliche Nachteile erstattungsfähig sind, die dem Unternehmer während des gestörten Prozesses entstehen.
Im vorliegenden Fall scheitert ein auf die Verlangsamung des Baugeschehens in den Gebäuden WAT und ELZ nach dem 5. bzw. 19. September 2016 gestützter Anspruch der Klägerin aber daran, dass sie weder dargelegt hat, welche konkreten Störungen aus der Mitwirkungssphäre des Beklagten es nach dem Baubeginn gegeben haben soll, noch dass die hiervon betroffenen Prozesse terminkritisch waren, für die Klägerin also keine Möglichkeit bestand, terminneutral auf die Abarbeitung eines ungestörten Prozesses auszuweichen. Nur dann kann die verlangsamende Störung beim Unternehmer zu erhöhten Vorhaltekosten geführt haben, das Faktum eines verlangsamten Bauablaufs allein genügt hierfür nicht.

3. Kein Anspruch der Klägerin aus § 642 BGB hinsichtlich des Gebäudes SCH
Auch wegen des Gebäudes SCH steht der Klägerin kein Anspruch aus § 642 BGB gegen den Beklagten zu.

a) Kein Baubeginn vor dem 2. Mai 2017
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten, weil sie mit den beauftragten Arbeiten im Gebäude SCH erst am 2. Mai 2017 beginnen konnte.

aa) Mitwirkungsverzug insoweit gegeben
Allerdings befand sich der Beklagte insoweit vom 21. November 2016 bis mindestens zum 2. Mai 2017 in Mitwirkungsverzug. Insoweit beurteilt der Senat den Rechtsstreit anders als das Landgericht.

(1) Fortgeltung der Fristen für das Gebäude SCH
Es oblag dem Beklagten, der Klägerin das Gebäude SCH zum Beginn der vertraglichen Ausführungsfrist am 21. November 2016 baufrei zu überlassen (vgl. oben II.2.a) aa)). Dieser Termin sowie die sonstigen Einzelfristen unter Ziff. 10 der Besonderen Vertragsbedingungen (aufgeführt unter “1. Schulerweiterung”) haben für den streitgegenständlichen Vertrag Gültigkeit. Anders als bei den Fristen für die Gebäude WAT und ELZ war bei denjenigen für das Gebäude SCH bei Auftragserteilung am 2. August 2018 noch nicht der Beginntermin überschritten, vielmehr stand dieser erst mehr als drei Monate später an. Da der Fristenplan für SCH trotz der verzögerten Vergabe somit nominell noch einhaltbar war, ist er nicht ohne Weiteres obsolet geworden. Natürlich ist es möglich, dass der Fristenplan für SCH von denjenigen für die Gebäude WAT und ELZ in der Form abhängig ist, dass mit den Arbeiten in SCH zwangsläufig erst 9 bzw. 7 Wochen nach dem Ende von WAT bzw. ELZ begonnen werden kann (entsprechend dem zeitlichen Abstand zwischen dem 16. September bzw. 30. September und dem 21. November 2016, vgl. Ziff. 10 der Besonderen Vertragsbedingungen, Zeilen 1.a, 2.c und 3.c). Das bedeutete, dass der zeitliche Abstand zwischen WAT und ELZ einerseits und SCH andererseits terminkritisch wäre, also keine “Zeitpuffer” enthielte. Genau dies behauptet auch der Beklagte (vgl. z.B. Schriftsatz vom 7. Mai 2018, S. 6) und ist vom Landgericht der erstinstanzlichen Entscheidung zugrundegelegt worden. Allerdings bestreitet die Klägerin die Abhängigkeit der Fristen für SCH von denjenigen für WAT und ELZ (vgl. z.B. Berufungsbegründung S. 13). Da diese Abhängigkeit jedenfalls nicht zwingend ist, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die nicht durch die Vergabeverzögerung überholten Fristen für SCH fortgalten und von der Klägerin beachtet werden mussten, um nicht in Verzug geraten, woraus im Gegenzug wiederum der Mitwirkungsverzug des Beklagten folgt, wenn er der Klägerin keine Baufreiheit zum Fristenbeginn ermöglicht.

Auf seine vom Landgericht abweichende rechtliche Bewertung musste der Senat den Beklagten aber nicht hinweisen, weil der Anspruch der Klägerin aus einem anderen Grund scheitert (dazu unten bb)).

(2) Mitwirkungsverzug des Beklagten
Der Beklagte befand sich somit vom 21. November 2016 bis (mindestens) zum 2. Mai 2017 in Mitwirkungsverzug, weil er der Klägerin das Gebäude SCH innerhalb der fortgeltenden vertraglichen Fristen (vgl. Ziff. 10 der Besonderen Vertragsbedingungen) und auch danach nicht baufrei überließ, vermutlich deshalb, weil die Vorgewerke nicht ausreichend vorangeschritten waren. Dies war für den Beklagten auch offenkundig (vgl. § 6 Abs. 1 VOB/B).

bb) Der Klägerin ist kein Nachteil entstanden
Gleichwohl steht der Klägerin kein Anspruch aus § 642 BGB gegen den Beklagten zu. Aus ihrem Vortrag ergibt sich nicht, dass ihr durch den Mitwirkungsverzug des Beklagten ein zu entschädigender Nachteil entstanden ist.

(1) Zeitbezogener Umsatzverlust aus dem Bauvertrag als Nachteil?
Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihres Anspruchs aus § 642 BGB primär darauf, dass es ihr infolge des Mitwirkungsverzugs des Beklagten betreffend das Gebäude SCH nicht möglich gewesen sei, den hierauf entfallenden Anteil der vereinbarten Vergütung (rund 228.000,- € netto). innerhalb des vorgesehenen Zeitraums vom 21. November 2016 bis zum 7. April 2017 zu erwirtschaften. Somit belaufe sich ihr annahmeverzugsbedingter Nachteil auf den Umsatz, den sie andernfalls aus dem Vertrag im Zeitraum des Annahmeverzugs erwirtschaftet hätte, abzüglich der Aufwendungen, die sie dadurch erspart hat, dass sie ihre Leistungen tatsächlich nicht ausführen konnte. Diese Einsparungen beziffert die Klägerin mit rund 86.000,- € für nicht verwendetes Material und nicht verwendete Geräte, sodass sich eine Entschädigung von rund 142.000,- € errechnet. Davon zieht sie sodann anderweitigen Erwerb ab, der sich angeblich auf rund 8.000,- € belaufen soll (vgl. Klageschrift vom 18. Dezember 2017, S. 10 f sowie Berufungsbegründung vom 20. September 2018, S. 18).

Auf diese Weise lässt sich kein Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB begründen. Denn auch wenn der Mitwirkungsverzug des Bestellers dazu führt, dass während seiner Dauer der Unternehmer die vertraglich vereinbarte Vergütung nicht oder nicht in der vorgesehenen Höhe erwirtschaften kann, ist dieser zeitbezogene Umsatzverlust kein nach § 642 BGB ersatzfähiger Nachteil.

(aa) Berechnung des zeitbezogenen Umsatzausfalls
Allerdings lässt sich die Entschädigungsfähigkeit des zeitbezogenen Umsatzausfalls nicht schon mit dem Argument ablehnen, der Unternehmer habe aufgrund des Mitwirkungsverzugs die Vergütung aus dem gestörten Vertrag nicht endgültig verloren, sondern erziele sie nur zeitlich verzögert.

Beispiel 1: Der Besteller B 1 beauftragt den Unternehmer U mit Bauleistungen zu einer Vergütung von 120.000,- € (im Folgenden auch kurz: 120 t €). Dieser Auftrag A 1 soll nach dem vertraglichen Terminplan während der Monate M 1 bis M 3 ausgeführt werden. Aufgrund des Mitwirkungsverzugs von B 1, kann U den Vertrag erst in den Monaten M 5 bis M 7 ausführen. U nimmt B 1 nun dafür aus § 642 BGB in Anspruch, dass er die vertragliche Vergütung nicht in den Monaten M 1 bis M 3 habe erwirtschaften können.

Dieses Beispiel zeigt: Dem Unternehmer ist der Umsatz aus A 1 nicht endgültig entgangen, er konnte ihn in den Monaten M 5 bis M 7 realisieren, dies war lediglich zeitversetzt. Allerdings ist dem Unternehmer endgültig die Möglichkeit genommen, die Vergütung im Zeitraum M 1 bis M 3 zu erwirtschaften. Die Nachholung des Umsatzes in M 5 bis M 7, ist aufgrund der begrenzten Produktionskapazitäten eines Unternehmers kein vollwertiger Ersatz, denn sie bindet diese Kräfte und nimmt ihm zugleich die Möglichkeit in M 5 bis M 7 Umsatz aus eventuellen anderen Aufträgen zu erzielen. Wenn ein Mitwirkungsverzug bezogen auf einen bestimmten Zeitraum (M 1 bis M 3) zu einer Umsatzeinbuße beim Unternehmer führt, dann spricht Vieles dafür, dass diese Einbuße in der Folgezeit zumindest nicht mehr vollständig ausgeglichen wird und im Vermögen des Unternehmers fortwirkt. Da dem Unternehmer zugleich im Zeitraum M 1 bis M 3 Kosten entstanden sind (wenngleich sie geringer waren, als wenn er den Auftrag A 1 in dieser Zeit ausgeführt hätte), spricht dies durchaus für die Entschädigungsfähigkeit des zeitbezogenen Umsatzausfalls nach § 642 BGB, wobei die ersparten Aufwendungen in Abzug zu bringen wären:

Beispiel 2: Im Beispiel 1 lässt sich die Vergütung von U wie folgt aufschlüsseln:
Arbeitskräfte:40 t €Material:40 t €Geräteeinsatz:20 t €Kosten gesamt:100 t €Zuschlag für allgemeine Geschäftskosten: 10 t €Gewinn:10 t €Vergütung gesamt:120 t €
Da der Unternehmer in M 1 bis M 3 nicht für den Auftrag gearbeitet und folglich kein Material verbraucht hat, müsste er sich die Materialkosten in Höhe von 40 t € abziehen lassen. Im Übrigen hätte er aber im Zweifel nichts erspart, sofern er seine Arbeiter und Geräte durchgängig in seinem Unternehmen vorhält und sie somit bezogen auf die Monate M 1 bis M 3 nicht variabilisiert sind (was allerdings der Fall wäre bei ad hoc angeworbenen Leiharbeitern oder Mietgeräten). Somit beliefe sich im Beispiel 2 die Entschädigung gemäß § 642 BGB für U auf 120 t € – 40 t € = 80 t €, wobei etwaiger anderweitiger Erwerb von U noch nicht berücksichtigt ist. Da U sodann im Zeitraum M 5 bis M 7 die Vergütung von 120 t € “regulär” als Gegenleistung für die beauftragten Leistungen erwirtschaftet hat, stünden ihm gegen B 1 aus dem Vertrag A 1 insgesamt Ansprüche in Höhe von 80 t € + 120 t € = 200 t € zu. Genau nach diesem Muster hat die Klägerin vorliegend ihre auf § 642 BGB gestützte Klageforderung berechnet, wobei sie sich zusätzlich noch geringe Gerätekosten und einen geringen anderweitigen Erwerb abziehen lässt.

(bb) Aber: Keine Entschädigungsfähigkeit
Trotz dieser Überlegungen ergibt aber eine genauere Betrachtung, dass ein Unternehmer aus § 642 BGB keine Entschädigung für einen zeitbezogenen Umsatzausfall beanspruchen kann, der ihm aufgrund des Mitwirkungsverzugs des Bestellers entstanden ist (vgl. hierzu auch Sienz, BauR 2014, 398).

(aaa) Rechtsprechung des BGH
Dies lässt sich nach der Auffassung des Senats bereits aus der Rechtsprechung des BGH, nämlich dem Urteil vom 26. Oktober 2017 (VII ZR 16/17) ableiten. Nach dieser Entscheidung gewährt § 642 BGB dem Unternehmer eine angemessene Entschädigung dafür, dass er seine Produktionsmittel zur Herstellung der Werkleistung während der Dauer des Annahmeverzugs des Bestellers bereithält. Der zeitbezogene Umsatzausfall würde zwar das zeitliche Begrenzungskriterium dieser Entscheidung einhalten, denn es handelt sich um einen Nachteil, der dem Unternehmer ebenfalls “während der Dauer des Annahmeverzugs” entstanden ist. Allerdings ist dieser Entscheidung noch ein zweites inhaltliches Begrenzungskriterium zu entnehmen, wonach der Unternehmer nach § 642 BGB nur für Nachteile zu entschädigen ist, die ihm durch den vergeblichen Vorhalt von Produktionsfaktoren während des Mitwirkungsverzugs des Bestellers entstehen. Dies spricht dafür, dass gemäß § 642 BGB nur Nachteile auszugleichen sind, die in der Erhöhung seiner Kosten liegen, nicht aber ausgebliebene Umsatzerlöse. Die Beschränkung des Anspruchs aus § 642 BGB ausschließlich auf Vorhaltekosten ergibt sich nach der Einschätzung des Senats schon daraus, dass der BGH sogar die Entschädigungsfähigkeit von Kostennachteilen verneint, die keine Vorhaltekosten sind, sondern Kostensteigerungen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17). Damit muss die Entschädigungsfähigkeit von Umsatznachteilen erst recht ausgeschlossen sein. Hierfür spricht ferner die Bemerkung des BGH in dieser Entscheidung, wonach der “entgangene Gewinn” des Unternehmers nicht vom Anspruch aus § 642 BGB umfasst sei (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017,VII ZR 16/17, Rz. 45 e.E.), wobei aber auf der anderen Seite zu bemerken ist, dass sich entgangener Umsatz nicht in entgangenem Gewinn erschöpft: Entgeht dem Unternehmer die Vergütung aus dem Bauvertrag im Beispiel 2, so beläuft sich sein entgangener Umsatz auf 120 t €, sein entgangener Gewinn hingegen nur auf 10 t €.

(bbb) Interessengerechtigkeit
Die Ansicht, wonach der Ersatz von zeitbezogenen Umsatzausfällen nicht nach § 642 BGB zu entschädigen ist, ist auch interessengerecht.
Dies zeigt ein Vergleich des Werkvertrags mit dem Dienstvertrag. Bei beiden Vertragsformen will ein Leistungserbringer (einerseits Werkunternehmer, andererseits Dienstverpflichteter, z.B. Arbeitnehmer) durch den Einsatz von Produktionsfaktoren eine Vergütung erzielen. Beim Dienstvertrag sind die Produktionsfaktoren des Dienstverpflichteten – im Wesentlichen seine Arbeitskraft – typischerweise eng an den Vertrag gebunden, insbesondere wenn er sie zu vorgegebenen Zeiten bereithalten und einsetzen muss. Gerät der Leistungsempfänger zur Dienstzeit in Annahmeverzug (zum Beispiel: Werkschließung an drei Tagen aufgrund ausbleibender Zulieferungen) ist es deshalb gerechtfertigt, dass der sich bereithaltende Dienstverpflichtete die Vergütung weiter gezahlt bekommt, obgleich er wegen des Annahmeverzugs des Dienstberechtigten keine Dienste erbracht hat. Dieses Ergebnis leistet die Regelung des § 615 BGB, die nach der Systematik des BGB keine Anspruchsgrundlage ist, sondern “einwendungsvernichtende” Wirkung hat (vgl. Weidenkaff in: Palandt, BGB, 78. Auflage, 2019, § 615 BGB, Rz. 3 m.w.N.): Während sich der Dienstberechtigte gegenüber dem Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten für die drei Ausfalltage (§ 611 BGB) wegen des synallagmatischen Charakters des Dienstvertrags zunächst auf den Grundsatz “Kein Lohn ohne Arbeit” berufen kann (Einwendung), kann der Dienstverpflichtete wiederum § 615 BGB ins Feld führen, wonach ihm seine Vergütung für die Dauer des Annahmeverzugs des Dienstberechtigten erhalten bleibt, wenn er die Dienste aus diesem Grund nicht erbringen konnte. Dieses Ergebnis ist interessengerecht, wenn und soweit der Dienstverpflichtete aufgrund der vertragstypischen Pflicht, seine Arbeitskraft zu bestimmten Dienstzeiten bereitzuhalten, typischerweise keine Möglichkeit hat, mit diesem Produktionsfaktor anderweitig Umsatz zu erzielen, wenn der Vertragspartner in Annahmeverzug gerät.

Dieses Ergebnis würde auch im Rahmen des Werkvertrags gelten, wenn der zeitbezogene Umsatz als Nachteil im Rahmen des § 642 BGB ersatzfähig wäre. Beim Werkvertrag kann der Leistungserbringer (Unternehmer) seine Produktionsfaktoren (die Arbeitskraft des Unternehmers bzw. seiner Angestellten sowie Material und Geräte) aber in der Regel flexibler einsetzen als der Arbeitnehmer als typischer Leistungserbringer beim Dienstvertrag. Denn anders als im Regelfall ein Arbeitnehmer schuldet der Werkunternehmer dem Besteller nicht zwangsläufig den vollen Einsatz aller seiner Produktionsmittel zu bestimmten Dienstzeiten. Selbst wenn der Werkunternehmer sein Werk zu einem bestimmten Zeitpunkt fertigzustellen hat, ist er in der Regel nicht verpflichtet, sein Unternehmen durchgängig ausschließlich für einen Auftrag bereitzuhalten. Aus diesem Grund kann er – anders als ein durch Dienstzeiten gebundener Dienstverpflichteter – mehrere Werkverträge schließen, die er sodann nach Maßgabe des Einzelfalls zeitlich parallel abarbeiten kann.
Beispiel 3: Wie das obige Beispiel 1. B 1 befindet sich in M 1 bis M 3 durchgängig in Mitwirkungsverzug. Allerdings sind U in diesem Zeitraum von den weiteren Bestellern B 2 bis B 10 weitere Aufträge – A 2 bis A 10 – erteilt.

Dieser Fall belegt die unterschiedliche Situation von Werkunternehmer und Arbeitnehmer: Der Annahmeverzug von B 1 kann, muss aber nicht dazu führen, dass U während M 1 bis M 3 keinen Umsatz mit seinen Produktionsfaktoren erzielt. Vielmehr kann U, sobald er mit dem Annahmeverzug konfrontiert ist, auf die Abarbeitung eines anderen Auftrags aus seinem Bestand (A 2 bis A 10) überwechseln. Durch den Prozess des Überwechselns entsteht ein Zeitverlust, der länger oder kürzer sein kann: Ist U ein Schreiner, der an einem Möbelstück nicht weiterarbeiten kann, weil der Besteller notwendige Entscheidungen über die Gestaltung nicht trifft, geht es um die Zeit, die verstreicht, bis er das Möbelstück in der Werkstatt zur Seite geräumt und die Arbeit an einem anderen Auftrag aufgenommen hat. Ist U ein Bauunternehmer, geht es um die Zeit, die verstreicht, bis er nach Absprache mit einem seiner anderen Auftraggeber (B 2 bis B 10) auf einer der anderen Baustellen arbeiten kann. Die Produktionsfaktoren von U sind hier also nicht für den gesamten Annahmeverzug, sondern nur für die Dauer der Umschaltphase unproduktiv.

Die Umschaltphase kann im Einzelfall durchaus länger sein.

Beispiel 4: Wie Beispiel 3, allerdings hatte U Anlass, einen Teil seiner Produktionsfaktoren in den Monaten M 1 bis M 3 ausschließlich für A 1 einzuplanen. Aus diesem Grund hatte U für sämtliche anderen Aufträge seines Bestands (A 2 bis A 10) von vornherein und unwiderruflich Zeitfenster nach M 1 bis M 3 vereinbart. Als B 1 in Mitwirkungsverzug gerät, gelingt es U deshalb nicht, die für A 1 vorgesehenen Produktionsfaktoren innerhalb von M 1 bis M 3 auf einen anderen Auftrag umzusetzen.
Hier hat U keine Möglichkeit, mit seinen für A 1 bereitgehaltenen Produktionsmitteln innerhalb von M 1 bis M 3 anderweitigen Umsatz zu erzielen. Aufgrund der engen Bindung der Produktionsfaktoren an A 1 im Beispiel 4 ist der vollständige Umsatzverlust aus A 1 nun also doch eine Folge des Mitwirkungsverzugs von B 1.

Nach Einschätzung des Senats ist eine solche enge Bindung der Produktionsfaktoren anders als beim Dienstvertrag für den Werkvertrag aber nicht charakteristisch. Natürlich müssen Bauunternehmer häufig Fertigstellungstermine einhalten. Diese Termine können aber durchaus auch so angesetzt sein, dass der Unternehmer nicht alle für den Vertrag erforderlichen Produktionsmittel durchgängig auf der Baustelle einsetzen muss. Außerdem gibt es regelmäßig auch Werkverträge ohne strenge terminliche Bindung, die ebenfalls die Möglichkeit eröffnen, Leistungen vorzuziehen oder für kurze Zeit zu unterbrechen. Gerade auch im vorliegenden Fall hat sich im Verlauf des Rechtsstreits herausgestellt, dass die Klägerin durchaus die Möglichkeit hatte, während des Annahmeverzugs des Beklagten bei dem Gebäude SCH mit ihren Arbeitnehmern auf andere Verträge überzuwechseln (vgl. unten II.3.a) bb) (5) (c)).
Bei Werkverträgen, die keine Bauverträge sind, ist die Bindung der Produktionsmittel des Unternehmers an einen bestimmten Vertrag typischerweise noch weniger eng. Ein Bauvertrag zeichnet sich dadurch aus, dass der Unternehmer seine Leistungen primär oder sogar vollständig, auf einem fremden Grundstück erbringen muss und deshalb verstärkt von der Terminplanung des Bestellers und anderer Gewerke abhängig ist. Anders verhält es sich bei einem Unternehmer, der in seiner Werkstatt oder seinem Büro arbeiten kann, wie etwa ein Schneider, Schreiner, Schuster, ein Softwareentwickler oder ein planender Architekt. Einem solchen Unternehmer ist das Umschalten seiner Leistungen von einem gestörten Vertrag auf einen anderen Vertrag noch leichter möglich als einem Bauunternehmer. Dieser Aspekt ist deshalb bedeutsam, weil § 642 BGB, um dessen Auslegung es hier geht, keine spezifisch bauvertragliche Regelung ist, sondern zum allgemeinen Werkvertragsrecht gehört, das vom Gesetzgeber des BGB nicht mit Fokus auf das Bauvertragsrecht geschaffen worden ist.
Wenn es auch nicht der vollständige zeitbezogene Umsatz ist, entstehen einem Werkunternehmer durch den Annahmeverzug des Bestellers zweifellos Nachteile, weil er seine für den Vertrag benötigten Produktionsfaktoren wie bereits erwähnt zumindest für die Phase des Umschaltens der Leistungserbringung auf einen anderen Auftrag vergeblich vorhält. Für eben diese Vorhaltekosten erhält er aber auch eine Entschädigung nach § 642 BGB. Es ist lediglich nicht gerechtfertigt, dem Unternehmer unabhängig von der Darlegung konkreter Vorhaltekosten die zu seinen Gunsten stärker pauschalierte und somit in aller Regel deutlich höhere Entschädigung für Umsatznachteile zuzusprechen.

(ccc) Wortlaut von § 642 BGB
Die fehlende Entschädigungsfähigkeit des zeitbezogenen Umsatzausfalls ist auch mit dem Wortlaut von § 642 Abs. 2 BGB vereinbar.
Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Entschädigungsfähigkeit des zeitbezogenen Umsatzausfalls zu einer Ermittlung der Anspruchshöhe wie bei der großen Kündigungsvergütung (nach §§ 649 bzw. 648a Abs. 5 S. 2 BGB a.F., zu dieser Terminologie vgl. KG, Urteil vom 15, Juni 2018, 21 U 140/17; Urteil vom 16. Februar 2018, 21 U 66/16) führt, mit der Besonderheit, dass nur die im Zeitraum des Annahmeverzugs bei Störungsfreiheit zu erwirtschaftende Vergütung betrachtet wird. Im obigen Beispiel 2 ermittelte sich so eine Entschädigung von 80 t €.

Ebenfalls zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass der Wortlaut von § 642 Abs. 2 BGB mit der Annahme einer solchen “zeitbezogenen großen Kündigungsvergütung” durchaus vereinbar ist. Eine solche Auslegung ist nach Meinung des Senats aber nicht zwingend. Gerade wegen der Verwendung der Wörter “einerseits… andererseits” kann § 642 Abs. 2 BGB auch so verstanden werden, dass hier lediglich die Parameter aufgezeigt werden, nach denen die Entschädigung des Unternehmers für vergeblich vorgehaltene Produktionsmittel zu bemessen ist. Zudem richtet sich auch die nach Auffassung des Senats mit § 642 Abs. 2 BGB angesprochene Entschädigung für Vorhaltekosten nach der “vereinbarten Vergütung” mit der Konsequenz, dass der Unternehmer Zuschläge auf seine Vorhaltekosten erhält, wenn diese vor dem Hintergrund der vereinbarten Vergütungshöhe darstellbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 45; KG, Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 14/16). Schließlich sind “Dauer des Annahmeverzugs”, “ersparte Aufwendungen” und “anderweitiger Erwerb des Unternehmers” auch für die Ermittlung annahmeverzugsbedingter Vorhaltekosten relevant (vgl. dazu unten II.3.a) bb) (5)).

(ddd) Zusammenfassung
Diese Überlegungen führen den Senat zu folgendem Ergebnis:
Der Annahmeverzugs des Werkbestellers führt beim Unternehmer im Regelfall nicht zwangsläufig zu einem Umsatzverlust, sondern nur zur Vorhaltekosten. Wegen des beträchtlichen Umfangs, den eine Entschädigung für einen zeitbezogenen Umsatzausfall erreichte – sie beliefe sich auf die zeitbezogene große Kündigungsvergütung – wäre es deshalb nicht interessengerecht, den Unternehmer nach § 642 BGB pauschalierend für einen Nachteil zu entschädigen, der ihm in dieser Form möglicherweise gar nicht entstanden ist. Vielmehr ist es ausreichend, wenn er nur für die Kosten entschädigt wird, die ihm für tatsächlich vergeblich vorgehaltene Produktionsfaktoren entstanden sind.
Somit kann die Klage keinen Erfolg haben, soweit die Klägerin mit ihr die Entschädigung für zeitbezogene Umsatznachteile geltend macht.

(2) Endgültiger Umsatzverlust aus dem gestörten Vertrag
Im Einzelfall kann es auch dazu kommen, dass einem Unternehmer aufgrund des Mitwirkungsverzugs des Bestellers der Umsatz aus dem gestörten Vertrag zumindest teilweise nicht nur vorübergehend, sondern endgültig entgeht, nämlich wenn er sich zu einer Vertragsbeendigung nach § 643 BGB mit der Vergütungsfolge des § 645 Abs. 1 BGB veranlasst sieht. Auch dann ist dieser Nachteil aber aus den Erwägungen unter (1) – möglicherweise auch aus weiteren Gesichtspunkten – ebenfalls nicht nach § 642 BGB ersatzfähig.

(3) Umsatzverlust aus einem anderen Vertrag
Beispiel 5: Wie Beispiel 1. U hätte in den Monaten M 5 bis M 7 den Auftrag A 2 annehmen und so einen Umsatz von 80 t € erwirtschaften können. Er musste aber A 2 ablehnen, weil er in M 5 bis M 7 die verschobenen Leistungen aus dem Vertrag A 1 nachholen musste.
In diesem Fall steht im Raum, dass U seine Entschädigung aus § 642 BGB mit dem endgültig und nicht nur zeitbezogen entgangenem Umsatz aus A 2 begründet. Dies kann aber schon deshalb keinen Erfolg haben, weil dieser Nachteil nach Wegfall des Annahmeverzugs entstanden und somit nicht nach § 642 BGB entschädigungsfähig ist (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17).
Die Klägerin hat ihre Klageforderung auch hilfsweise nicht mit einer solchen Begründung versehen.

(4) Zeitbezogene “AGK-Unterdeckung” bzw. Vorhalt des Gesamtunternehmens als Nachteil
Der Klägerin ist auch nicht in der Form ein Nachteil entstanden, dass sie während des Annahmeverzugs des Beklagten nicht die in der vereinbarten Vergütung enthaltenen Deckungsbeiträge für ihre allgemeinen Geschäftskosten (im Folgenden: AGK-Deckungsbeitrag) erwirtschaften konnte, obgleich sie sich für die Leistungserbringung bereit gehalten hat.

Beispiel 6: Der Besteller befindet sich während des gesamten Zeitraums der geplanten Vertragsdurchführung von M 1 bis M 3 in Annahmeverzug. Die Vergütung von U lässt sich wie folgt aufschlüsseln:
Arbeitskräfte:40 t €Material:40 t €Geräteeinsatz:20 t €Kosten gesamt:100 t €Zuschlag für allgemeine Geschäftskosten: 10 t €Gewinn:10 t €Vergütung gesamt:120 t €

U ist es in diesem Fall nicht möglich, während M 1 bis M 3 den AGK-Deckungsbeitrag von 10 t €, der in der Vergütung enthalten ist, zu erwirtschaften. Die Ersatzfähigkeit dieses Nachteils kann auf zwei Weisen begründet werden, nämlich indem man ihn entweder als Umsatz- oder als Kostenposition begreift.

(a) AGK-Deckungsbeitrag als Umsatzposition
Wird der AGK-Deckungsanteil als Umsatzposition angesehen, wäre er entschädigungsfähig, wenn der Umstand, dass der Unternehmer diesen Deckungsbeitrag während des Störungszeitraums M 1 bis M 3 nicht erwirtschaften konnte, einen entschädigungsfähigen Nachteil darstellt. Derartige zeitbezogene Umsatzausfälle sind aber aus den oben dargelegten Gründen (vgl. II.3.a) bb) (1)) nach Auffassung des Senats nicht nach § 642 BGB zu ersetzen. Dies gilt auch, wenn nicht der gesamte entgangene Umsatz, sondern nur ein Teilbetrag in Rede steht.

(b) AGK-Deckungsbeitrag als Kostenposition
Daneben erscheint es denkbar, den AGK-Deckungsbeitrag als Kostenposition aufzufassen: Der Unternehmer hat nach § 642 BGB Anspruch auf Entschädigung für die Kosten, die ihm durch den vergeblichen Vorhalt seiner Produktionsmittel im Annahmeverzug des Bestellers entstehen. Der AGK-Deckungsbeitrag könnte nun als Bewertung derjenigen Produktionsmittel des Unternehmers aufgefasst werden, die er in seinem allgemeinen Geschäftsbetrieb für den gestörten Vertrag vorgehalten hat und die ihm folglich zu entschädigen sind.

Auch diese Überlegung ist aber aus zwei Gründen nicht richtig: Nach Auffassung des Senats lässt sich nur bei Produktionsmitteln, deren Einsatz zu direkten Kosten der Bauleistung führt (also Einzelkosten der Teilleistungen und Baustellengemeinkosten) sinnvoll davon sprechen, dass sie für ein Bauvorhaben vorgehalten werden. Denn ein Produktionsmittel ist nur dann für einen Vertrag “vorgehalten”, wenn der Unternehmer es in einem bestimmten Zeitraum ausschließlich hierfür bereithält, sodass es nicht für andere Verträge eingesetzt werden kann. Hingegen hält ein Unternehmer seinen darüber hinausgehenden allgemeinen Geschäftsbetrieb niemals nur für ein Projekt vor, selbst wenn er in einem Zeitraum – im Beispiel 6: M 1 bis M 3 – nur auf einen einzigen Vertrag Leistungen erbringen sollte. Wenn nicht ohnehin zeitlich parallele Verträge abgearbeitet werden, dient der allgemeine Geschäftsbetrieb eines Unternehmers immer auch dazu, dass frühere Aufträge abgerechnet und neue akquiriert werden und somit die Fortsetzung des Unternehmens sichergestellt ist. Damit fehlt es an einem Vorhalten des allgemeinen Geschäftsbetriebs in Bezug auf einen konkreten gestörten Vertrag.

Daneben spricht gegen die Entschädigungsfähigkeit des AGK-Deckungsbeitrags als Kostenposition, dass an seiner Höhe nicht abgelesen, also insbesondere nicht durch den Besteller überprüft werden kann, in welchem Umfang der Unternehmer Produktionsmittel seines allgemeinen Geschäftsbetriebs im Annahmeverzug des Bestellers vorgehalten hat. Da er zu dem Teil der Vergütung gehört, der nicht zur Deckung der direkten Kosten des Bauvorhabens benötigt wird, hängt seine Höhe keinesfalls nur von der Kostenstruktur des Unternehmers, sondern auch von der Verhandlungssituation bei Vertragsschluss ab, also davon, inwieweit es dem Unternehmer gelungen ist, eine Vergütung auszuhandeln, die den zur Deckung seiner tatsächlichen direkten Kosten benötigten Betrag übersteigt (vgl. Sienz, BauR 2014, 399).

Damit ist der zeitbezogene AGK-Deckungsbeitrag aus der Gesamtvergütung des Unternehmers kein nach § 642 BGB erstattungsfähiger Nachteil. Dies ist von dem Umstand zu unterscheiden, dass, wenn ein Unternehmer Produktionsmittel aufgrund des Annahmeverzugs des Bestellers vergeblich vorhält, bei der Ermittlung seiner Entschädigung nach § 642 BGB ein Zuschlag für Allgemeine Geschäftskosten und Gewinn vorzunehmen ist, sofern ein solcher in der vereinbarten Vergütung darstellbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 45; KG, Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 14/16).
Beispiel 7: Im obigen Beispiel 6 belaufen sich die direkten Kosten des Unternehmers auf 100 t €, die Vergütung auf 120 t €, sodass sich bezogen auf die Kosten ein Zuschlagsfaktor von 1,2 ergibt (vgl. hierzu KG, Urteil vom 10. Juli 2018, 21 U 30/17). Im Annahmeverzug von B hält U vergeblich diverse Maschinen auf der Baustelle vor, wodurch ihm Vorhaltekosten von 5 t € entstehen.

Wegen des Vorhalts der Maschinen steht U eine Entschädigung nach § 642 BGB zu. Diese beläuft sich auf 5 t € x 1,2 = 6 t € BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 45; KG, Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 14/16). Der Unternehmer erhält also auf seine Vorhaltekosten einen Zuschlag von absolut 1.000,- €. Da sich der Unternehmerzuschlag im Beispiel je zur Hälfte auf Gewinn und AGK-Deckung aufteilt, wäre er also in Höhe von 500,- €, als AGK-Deckungsbeitrag “deklariert”. Dieser AGK-Deckungsbeitrag resultiert aber nur aus dem Umstand, dass sich die Entschädigung des Unternehmers für vergeblich vorgehaltene Produktionsmittel nach der Höhe der vereinbarten Vergütung richtet und darin enthaltene Zuschläge folglich fortzuschreiben sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 45; KG, Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 14/16). Dies ist eine Folge der Vergütungsähnlichkeit des Anspruchs aus § 642 BGB. Der AGK-Zuschlag ist im Anspruch aus § 642 BGB nur “akzessorisch” als Zuschlag auf einen entschädigungsfähigen Nachteil enthalten. Demgegenüber ist der vergeblich vorgehaltene allgemeine Geschäftsbetrieb insgesamt bzw. ein Umsatzanteil in Höhe des vollen zeitbezogenen AGK-Deckungsbeitrags nicht selbst als Nachteil entschädigungsfähig.

Das Beispiel 7 zeigt die Auswirkung dieser Unterscheidung: Wäre der AGK-Deckungsbeitrag als solcher entschädigungsfähig, so ist die Bemessungsgrundlage zu seiner Berechnung die im Störungszeitraum insgesamt nicht erwirtschaftete Vergütung bzw. die hypothetisch insgesamt angefallenen Kosten. Im Beispiel 6 (Störungszeitraum M 1 bis M 3) ergäbe sich so eine “AGK-Entschädigung” von 10.000,- €. Ist der AGK-Deckungsbeitrag hingegen nur im Zuge der Preisfortschreibung als Teil des Zuschlags auf die zu entschädigenden Vorhaltekosten anzusetzen, sind nur diese Vorhaltekosten, also ein geringerer Betrag die Bemessungsgrundlage. Im Beispiel 7 ermittelt sich deshalb nur eine “AGK-Entschädigung” von 500,- €.

Ein Nebeneffekt dieses Befundes ist, dass sowohl bei der Preisfortschreibung nach § 2 Abs. 5 bis 7 VOB/B (hierzu vgl. KG, Urteil vom 10. Juli 2018, 21 U 30/17) als auch bei der Ermittlung der Entschädigung nach § 642 BGB zwischen AGK-Deckungsbeitrag und Gewinn generell nicht unterschieden werden muss. Zur Ermittlung des in der Vergütung enthaltenen Zuschlags müssen lediglich diejenigen Preisbestandteile isoliert werden, die zur Deckung der tatsächlichen direkten Kosten des Vertrages erforderlich sind. Der Rest ist Zuschlag (in den Beispielen 6 und 7 in Höhe von 20 t €). Inwieweit dieser Zuschlag als AGK-Deckungsbeitrag und / oder Gewinn bezeichnet wird, ist unerheblich.

(5) Vorhalt von Arbeitskräften als Nachteil
Der Klageanspruch kann nicht – auch nicht teilweise – darauf gestützt werden, dass die Klägerin während des Annahmeverzugs des Beklagten vergeblich Arbeitskräfte vorgehalten hätte. Zwar macht die Klägerin dies hilfsweise mit ihrer Klage geltend, aus ihrem Vortrag ergibt sich aber nicht, dass ihr ein solcher Nachteil tatsächlich entstanden ist.

(a) Wann sind Arbeitskräfte vorgehalten?
Hält ein Unternehmer im Annahmeverzug des Bestellers vergeblich Produktionsmittel vor, so steht ihm für diesen Nachteil eine Entschädigung nach § 642 BGB zu (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17 m.w.N.). Allerdings sind Produktionsmittel nur dann für einen Vertrag vorgehalten, wenn der Unternehmer sie in einem bestimmten Zeitraum ausschließlich für diesen bereithält, sodass sie in Folge des Annahmeverzugs brachliegen. Kann der Unternehmer hingegen die Produktionsmittel, die er für einen Auftrag A 1 benötigt, bei dem der Besteller in Mitwirkungsverzug gerät, für einen anderen Auftrag A 2 einsetzen, sind sie grundsätzlich nicht für A 1 vorgehalten (vgl. zum Vorhalt des allgemeinen Geschäftsbetriebs des Unternehmers insgesamt oben II.3.a) bb)(4)(b)).

Es kann durchaus dazu kommen, dass ein Unternehmer seine Arbeitskräfte im Mitwirkungsverzug des Bestellers für diesen vorhält. Allerdings ist der Vorhalt von Arbeitskräften naturgemäß schwieriger darzulegen als der Vorhalt von Geräten oder der Baustelleneinrichtung. Wenn Geräte oder die Baustelleneinrichtung im Annahmeverzug nutzlos vorgehalten werden, dann ist das typischerweise auf der Baustelle offen zu erkennen, indem sie dort ungenutzt vorhanden sind. Arbeitskräfte sind demgegenüber mobiler als zum Beispiel eine aufwändig errichtete Baustelleneinrichtung, ein Gerüst oder ein Kran und können vom Unternehmer deshalb auch leichter von einer Baustelle abgezogen werden. Kann der Unternehmer sie nicht anderweitig einsetzen, sind sie weiter für den Besteller vorgehalten. Kann der Unternehmer sie aber auf einer anderen Baustelle einsetzen, endet aber der Vorhalt und somit der zu entschädigende Nachteil, ohne dass dies für den Besteller erkennbar wäre.

Die Problematik des annahmeverzugsbedingten Vorhalts von Arbeitskräften lässt sich durch die folgenden typisierenden Beispielsfälle näher erläutern:
Beispiel 8: B 1 hat den Unternehmer U mit dem Vertrag A 1 mit Bauleistungen beauftragt. U soll ab dem 1. Juni mit den Arbeiten beginnen. Parallel ist U von den Bestellern B 2 bis B 10 mit den weiteren Aufträgen A 2 bis A 10 beauftragt, deren Abarbeitung U aber erst im Anschluss an A 1 eingetaktet hat. Als U am 1. Juni mit seinen Mitarbeitern auf der Baustelle A 1 erscheint, teilt B 1 ihm mit, er könne heute wegen des Verzugs eines Vorgewerks noch nicht anfangen, solle sich aber bereithalten und am Folgetag mit den Arbeiten beginnen. U erscheint sodann am 2. Juni wieder mit seinen Arbeitskräften. B vertröstet ihn erneut auf den Folgetag. So geht es jeden Arbeitstag bis zum 1. Juli, dann kann U mit den Arbeiten beginnen.

Hier befindet sich B 1 den gesamten Juni hindurch in Annahmeverzug. Da U gezwungen war, sich währenddessen durchgängig bereit zu halten, hat er seine für A 1 benötigten Arbeitskräfte im Zweifel durchgängig für B 1 bereitgehalten, sodass dieser ihn hierfür gemäß § 642 BGB entschädigen muss.
Beispiel 9: Wie Beispiel 8. Allerdings teilt B 1 dem U bereits am 1. Juni mit, dass er wegen des Verzugs des Vorgewerks erst in einem Monat mit den Arbeiten beginnen könne. U und seine Arbeiter verlassen die Baustelle. U gelingt es nicht, durch Absprache mit den B 2 bis B 10 seine Leistungen für die Verträge A 2 bis A 10 in den Juni vorzuziehen. U kann seine Mitarbeiter im Juni deshalb nicht anderweitig einsetzen.

In diesem Fall verhält es sich genauso wie im Beispiel 8. Zwar hat B 1 den U nicht von Tag zu Tag hingehalten, sondern zu Beginn des Annahmeverzugs dessen Dauer klar mitgeteilt. Da U die Taktung seiner Aufträge aber nicht mehr anpassen konnte, war er dennoch gezwungen, seine für A 1 benötigten Arbeitskräfte im Juni durchgängig für B 1 vorzuhalten, was dieser nach § 642 BGB zu entschädigen hat.

Beispiel 10: Wie Beispiel 8. B 1 verschiebt Us Einsatz bereits am 1. Juni auf den Folgemonat. Allerdings gelingt es U, nach Absprache mit B 2 ab dem 4. Juni mit den Arbeiten aus dem Vertrag A 2 zu beginnen. U kann seine Arbeiter deshalb vom 4. bis zum 30. Juni auf der Baustelle von A 2 einsetzen.
Hier ist es anders: Von dem Tag an, an dem U seine für A 1 benötigten Mitarbeiter für A 2 einsetzen kann, hält er sie nicht mehr für A 1 vor. Vergeblich vorgehalten waren sie nur in der Umschaltphase also bis einschließlich zum 3. Juni. U kann von B 1 deshalb nur für diese drei Tage eine Entschädigung beanspruchen.

Beispiel 11: Wie Beispiel 8. U hat insgesamt zwölf Arbeitskräfte. Er hatte von vornherein geplant, im Juni die Aufträge A 1 und A 2 parallel abzuarbeiten und hatte dort jeweils sechs Arbeitskräfte eingeplant. Nachdem B 1 in Mitwirkungsverzug gerät, setzt U die für A 1 eingeplanten sechs Arbeitskräfte im Juni ebenfalls für A 2 ein, sodass diese Baustelle nun durchgängig mit zwölf Personen besetzt ist. Da die Baustelle von A 2 nicht ausreichend groß ist, ist die Produktivität einer einzelnen Arbeitskraft dort jetzt geringer, als wenn die 12 Personen nebeneinander auf A 1 und A 2 eingesetzt wären.
Der Senat meint, dass dieser Fall wie das Beispiel 10 zu lösen ist. Ein Produktionsmittel ist nur dann im Sinne von § 642 BGB bzw. der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17) “vorgehalten”, wenn der Unternehmer es ausschließlich für einen bestimmten Auftrag bereithält, sodass er anderweitige Umsatzmöglichkeiten verliert. Das ist im Beispiel 11 von dem Tag an nicht mehr der Fall, in dem U die für A 1 benötigten Arbeitskräfte für A 2 einsetzt. Die geringere Produktivität im Einsatz für A 2 aufgrund der dort nun zu hohen Mitarbeiterzahl ändert nichts daran, dass die “Vorhaltebeziehung” der sechs Arbeitskräfte zu A 1 gelöst ist. Natürlich ist es einem Unternehmer zuzubilligen, dass er den Mitwirkungsverzug eines Bestellers dazu nutzt, auf einer anderen Baustelle die Leistungsgeschwindigkeit zu erhöhen, aber dies geschieht eben um den Preis der Entschädigung für den Vorhalt der umgesetzten Arbeitnehmer. Diese beiden Effekte muss der Unternehmer miteinander abwägen. Würde im Beispiel 11 die Baustelle A 2 nur noch zwei zusätzliche Arbeitskräfte ohne Produktivitätsabfall vertragen, während es für weitere zusätzliche Kräfte “nicht mehr genug zu tun gibt”, dann sollte der Unternehmer nur zwei von A 1 umsetzen und die restlichen vier weiter für B 1 vorhalten, um – wie im Beispiel 9 – hierfür entschädigt werden zu können.

(b) Unternehmer muss das Fehlen von anderweitigem Erwerb darlegen und beweisen

Diese Beispiele zeigen:
Der Mitwirkungsverzug des Bestellers führt nicht automatisch dazu, dass der Unternehmer seine Arbeitskräfte in der gesamten Dauer dieses Verzugs vergeblich vorhält. Dies kann so sein (Beispiele 8 und 9), stattdessen ist es aber auch möglich, dass der Unternehmer die Arbeitskräfte nur für die Dauer der notwendigen Umschaltphase bereithält oder dass er nur einige seiner Arbeitskräfte vorhalten muss, während andere umgesetzt werden können. Da es der Unternehmer ist, der eine Entschädigung aus § 642 BGB beansprucht, hat er im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, in welchem Umfang er in Folge des Mitwirkungsverzugs des Bestellers seine Arbeitskräfte vergeblich vorgehalten hat. Da eine Arbeitskraft nur dann für einen Auftrag vorgehalten ist, wenn der Unternehmer nicht durch anderweitigen Einsatz mit ihr Umsatz erzielt, gehört zur Darlegung des Vorhalts einer Arbeitskraft, dass der Unternehmer im fraglichen Zeitraum mit ihr keinen anderweitigen Erwerb erzielen konnte. Während der anderweitige Erwerb bei den Ansprüchen eines Leistungserbringers aus § 611, 615 oder aus § 649 BGB a.F. nicht zur Anspruchsbegründung gehört, sondern eine Einwendung des Leistungsempfängers darstellt (mit der prozessualen Erleichterung des § 138 Abs. 4 ZPO), ist sein Fehlen im Rahmen von § 642 BGB also eine anspruchsbegründende Voraussetzung. Dies ergibt sich aus der dargelegten Systematik und der Bedeutung des zentralen Begriffs der Vorhaltekosten. Im Übrigen ist diese Ansicht auch keineswegs unbillig, denn es ist der Unternehmer, der am besten in der Lage ist, zu dem anderweitigen Erwerb für seine Produktionsmittel vorzutragen.

Eine besonders aufwändige Darlegung ist dazu nicht erforderlich. Vielmehr genügt eine tabellarische Aufstellung über die einzelnen Mitarbeiter des Unternehmers und die Zeiträume, in denen es aufgrund des Mitwirkungsverzugs des Bestellers für sie keine Einsatzmöglichkeit gab (wobei ein Unternehmer bei einem längeren Mitwirkungsverzug keinen Anlass zum zeitlich unbegrenzten Vorhalt seiner Produktionsmittel hat, vgl. KG, Urteil vom 16. Februar 2018, 21 U 66/16, Rz. 131 f).

Diese Sichtweise deckt sich mit den Ausführungen des Senats im Urteil vom 10. Januar 2017 (21 U 14/16, Rz. 86). Dort hat der Senat ausgeführt, dass für die Begründung eines Anspruchs aus § 642 BGB nicht immer eine “bauablaufbezogene Darstellung” erforderlich ist. Entscheidend ist vielmehr, auf was für einen entschädigungsfähigen Nachteil der Unternehmer seinen Anspruch aus § 642 BGB stützt, dadurch werden die Anforderungen an die Darlegung des Anspruchs vorgegeben. Wenn der Nachteil im vergeblichen Vorhalt von Arbeitskräften liegen soll, dann muss der Unternehmer also diesen vergeblichen Vorhalt darlegen. Dazu gehört, dass er die betroffenen Arbeitskräfte nicht anderweitig einsetzen konnte, weil sie nur dann für den in seinem Ablauf gestörten Vertrag bereit gehalten sind.

(c) Keine Darlegung des Vorhalts von Arbeitskräften durch die Klägerin
Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, ob und in welchem Umfang sie infolge des Mitwirkungsverzugs des Beklagten beim Gebäude SCH zum vergeblichen Vorhalt von Arbeitskräften gezwungen war. Der Senat muss den Schriftsatz der Klägerin vom 20. Dezember 2018 hierbei eigentlich nicht berücksichtigen, denn er hatte sie bereits mit Schreiben vom 4. Oktober 2018, also zwei Monate vor dem Termin darauf hingewiesen, dass ihr die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende alternative Einsatzmöglichkeit ihrer Produktionsmittel zufallen und sie bislang keinen ausreichenden Vortrag geliefert haben könnte. Nachdem dies auch im Termin noch nicht geschehen war, musste der Klägerin kein weiterer Schriftsatznachlass gewährt werden, um nochmals zu dieser Thematik vortragen zu können.

Allerdings kann dies letztlich dahinstehen. Denn auch dem Schriftsatz der Klägerin vom 20. Dezember 2018 kann nicht klar entnommen werden, welche ihrer Arbeitskräfte sie im Zeitraum zwischen dem 21. November 2016 und dem 2. Mai 2017 vergeblich für das Bauvorhaben des Beklagten vorgehalten haben will. Dazu müsste sie mitteilen, welche Arbeitskräfte sie in der vorgesehenen Zeit ab dem 21. November 2016 auf der Baustelle für das Gebäude SCH eingeplant hätte und welche sie infolge der fehlenden Baufreiheit sodann nicht anderweitig einsetzen konnte und also vergeblich bereitgehalten hat.
Das ist nicht geschehen. Vielmehr behauptet die Klägerin nur abstrakt, ihre Arbeitskräfte für den Beklagten vorgehalten zu haben (vgl. z.B. Schriftsatz vom 21. Juni 2018, S. 6), es fehlt aber an einer Darlegung, aus der Einsatz und Beschäftigungslosigkeit ihrer Mitarbeiter im betreffenden Zeitraum hervorgeht.
Vielmehr ergibt sich umgekehrt bereits aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin, dass ihre Behauptung eines durchgängigen Vorhalts ihrer Arbeitskräfte während der Ausführungsfristen für das Gebäude SCH unzutreffend ist. Sie trägt selbst vor, ihre hierfür bestimmten Arbeitskräfte während des Annahmeverzugs des Beklagten, in folgender Weise anderweitig beschäftigt zu haben:

Im Gebäude ELZ (vgl. Klageschrift S. 4, Berufungsbegründung S. 3 f), bei dem die im streitgegenständlichen Vertragsformular vorgesehenen Ausführungsfristen hinfällig geworden waren (vgl. oben II.2.a)bb)),

auf dem Bauvorhaben M… Straße 7 (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 20. Dezember 2018, S. 7 und 9),

auf dem Bauvorhaben L… straße 44 (Schriftsatz der Klägerin vom 20. Dezember 2018, S. 8) sowie

auf dem Bauvorhaben B… Straße 3 (Schriftsatz der Klägerin vom 20. Dezember 2018, S. 11).
Dass es neben diesen anderweitigen Einsatzmöglichkeiten auch “Leerlauf” für die Arbeitskräfte der Klägerin gegeben haben dürfte, ist als abstrakter Befund unerheblich. Die Klägerin muss den konkreten Umfang dieses “Leerlaufs” bzw. des fehlenden anderweitigen Erwerbs bezogen auf die jeweiligen Arbeitskräfte vorzutragen, denn exakt darin liegt der Vorhalt von Produktionsmitteln, für den sie Entschädigung begehrt. Die Ungewissheit über den genauen Umfang muss sich folglich zu Lasten der Klägerin auswirken. Auf den Vortrag des Beklagten, wonach die Klägerin ihre Arbeitskräfte neben den genannten Baustellen auch noch auf weiteren eingesetzt haben soll (Schriftsatz des Beklagten vom 30. November 2018), kommt es deshalb nicht mehr an. Ebensowenig kommt eine Beweisaufnahme in Betracht, wobei allerdings das von der Klägerin angebotene Sachverständigengutachten (Schriftsatz vom 20. Dezember 2018, S. 5) kein geeignetes Beweismittel wäre. Wenn die Klägerin ihre Arbeitskräfte vergeblich vorgehalten haben will, diese also aufgrund einer Störung keine Beschäftigung hatten, dann müssen hierfür Zeugen benannt werden, die diese Beschäftigungslosigkeit bestätigen können, wofür insbesondere die betroffenen Mitarbeiter selbst in Betracht kommen.

b) Verlangsamte Bautätigkeit im Gebäude SCH nach dem 2. Mai 2017
Auch insoweit steht der Klägerin kein Anspruch gegen den Beklagten aus § 642 BGB zu. Zwar war die Bautätigkeit der Klägerin in diesem Bereich offensichtlich verlangsamt, da ihre Arbeiten zum Zeitpunkt des Termins vor dem Senat noch nicht abgeschlossen waren und also bereits jetzt deutlich länger dauerten als mit den vertraglichen Ausführungsfristen vorgesehen. Die Klägerin hat mit ihrer Klage aber keine Störungen aus dem Zeitraum nach dem 2. Mai 2017 geltend gemacht und weder dargelegt, inwieweit diese Verlangsamung auf den Mitwirkungsverzug des Beklagten zurückgeht noch wie ihr dadurch entschädigungsfähige Nachteile entstanden sein könnten.

II. Kein Anspruch aus § 304 BGB
Der Klageanspruch ergibt sich hinsichtlich aller drei Gebäude auch nicht aus § 304 BGB.
Gerät eine Vertragspartei in Annahmeverzug kann die Gegenseite nach dieser Norm Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die sie für das erfolglose Angebot der Leistung und für Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste. Diese Vorschrift hat allerdings einen recht engen Anwendungsbereich (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 31, Retzlaff in: Kniffka, Bauvertragsrecht, 3. Auflage, 2018, § 642 BGB, Rz. 152) und regelt im Wesentlichen den Ersatz für Lager- und Sicherungskosten, nicht aber die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Vorhaltekosten, geschweige denn, dass sich aus ihr ein Ersatz für annahmeverzugsbedingte Umsatzverluste herleiten ließe.

III. Kein Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B
Der Klageanspruch ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 5 VOB/B

1. Leistungsänderung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B
Allerdings hat der Beklagte die Leistung der Klägerin im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B geändert.

a) Vereinbarung der VOB/B
Die Parteien haben die Geltung der VOB/B für den streitgegenständlichen Bauvertrag vereinbart.

b) Verzugsmitteilung des Beklagten
Es kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der Beklagte ihr mitgeteilt hat, sie könne die Arbeiten im Gebäude SCH nicht innerhalb der vereinbarten Vertragsfrist ab dem 21. November 2016, sondern erst später ausführen. Selbst wenn sich eine solche “Verzugsmitteilung” nicht eindeutig aus dem Parteivorbringen ergeben sollte, ist diese Annahme jedenfalls naheliegend.

c) Verzugsmitteilung ist in der Regel Leistungsänderung
Teilt der Besteller eines VOB/B-Vertrags dem Unternehmer mit, er könne nicht wie vorgesehen, sondern erst zu einer späteren Zeit auf der Baustelle arbeiten, liegt in dieser Verzugsmitteilung, mit der der Besteller dem Unternehmer seinen Mitwirkungsverzug anzeigt, in aller Regel eine Leistungsänderung nach § 2 Abs. 5 VOB/B.

Soweit dem Senat bekannt hat sich der BGH zu dieser Rechtsfrage noch nicht klar positioniert. Zuletzt hat er angemerkt, allein die Störung des Vertrags wegen der Verzögerung der Bauausführung könne nicht als Anordnung einer Leistungsänderung gemäß § 2 Abs. 5 oder Abs. 6 VOB/B gewertet werden (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 40). Dies mag als Andeutung verstanden werden, dass der BGH auch die Verzugsmitteilung nicht als Leistungsänderung verstanden wissen will. Andererseits hat auch der BGH einem Unternehmer bei einer verzögerten Vergabeentscheidung einen Mehrvergütungsanspruch in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 5 VOB/B zugesprochen, was wiederum belegt, dass nach seiner Rechtsprechung verzögerungsbedingte Nachteile des Unternehmers jedenfalls im Grundsatz nach § 2 Abs. 5 VOB/B vergütungsfähig sind.

Im Übrigen ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings anerkannt, dass die Verzugsmitteilung eines Bestellers an den Unternehmer eine Leistungsänderung nach § 2 Abs. 5 VOB/B sein kann (vgl. KG, Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 14/16; OLG München, Urteil vom 27. April 2016, 28 U 4738/13; OLG Dresden, Urteil vom 9. Januar 2013, 1 U 1554/09; OLG Hamm, Urteil vom 12. April 2011, 24 U 29/09; OLG Celle, Urteil vom 22. Juli 2009, 14 U 166/08; Kniffka/Koeble, Kompendium, 5. Teil Rn. 112; Keldungs in: Ingenstau/Korbion, VOB, §1 Abs. 3 VOB/B, Rdn. 7; a.A. z.B. Markus in Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 6. Auflage, § 6 VOB/B, Rz. 59).

Diese Ansicht ist auch überzeugend. Zwar ist ein Bauvertrag kein Fixgeschäft, das Interesse des Bestellers an einer Bauleistung steht und fällt also nicht mit dem Zeitpunkt der Bauleistung, auch wenn der Faktor Zeit für beide Parteien eines Bauvertrags von großer Bedeutung ist. Dieser Umstand spricht dafür, “Leistungsänderungen” des Bauvertrags nur auf das inhaltliche Bausoll zu beziehen, also auf die vom Unternehmer zu erbringenden Leistungen, nicht hingegen den Zeitpunkt der Leistung. Auf der anderen Seite sind inhaltliche und zeitliche Anordnungen im Baugeschehen häufig nicht klar zu unterscheiden. So kann etwa die Änderung einer vorgesehenen Herstellungsweise den am Ende geschuldeten Werkerfolg unberührt lassen und sich im Wesentlichen auf die Wirkung beschränken, dass der Unternehmer arbeitsintensiver vorgehen muss, also mehr Zeit aufwenden muss. Auch der Wortlaut von § 2 Abs. 5 VOB/B lässt Raum, Störungsmitteilungen als Leistungsänderung zu verstehen, denn er erwähnt neben der “Änderung des Bauentwurfs” explizit auch “andere Anordnungen” des Auftraggebers, die solche Modifikationen, die über das inhaltliche Bausoll hinausgehen, ohne Weiteres erfassen können.

aa) Verzugsmitteilung als Leistungsänderung erweitert die Rechte des Unternehmers
Insbesondere ist zu beachten: Wenn eine Störungsmitteilung des Bestellers an den Unternehmer zugleich eine Leistungsänderung des Bestellers ist, dann führt dieser Befund nicht zu einer Ausweitung der Befugnisse des Bestellers, sondern umgekehrt zu einer Ausweitung der Rechte des Unternehmers. Dass der Unternehmer nicht wie vorgesehen bauen kann, steht aufgrund des Mitwirkungsverzugs des Bestellers ohnehin schon fest, die verbindliche Anordnungswirkung einer Leistungsänderung ist insoweit ohne Bedeutung. Sie hat aber die Konsequenz, dass der Unternehmer nun auch den Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B geltend machen kann, der über denjenigen aus § 642 BGB hinausgeht (vgl. dazu unten III.1. d)).

bb) Auch konkludente Leistungsänderung ist möglich
Unerheblich ist, dass der Besteller seiner Anzeige des Mitwirkungsverzugs gegenüber dem Unternehmer möglicherweise nicht die Wirkung einer rechtsverbindlichen Anordnung beimessen möchte. Denn ob eine Anordnung vorliegt oder nicht, richtet sich danach, ob der Unternehmer das ihm abverlangte Tun oder Unterlassen nach dem Bauvertrag in die vereinbarte Vergütung einkalkulieren musste (vgl. z.B. Keldungs in: Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Auflage, 2017, § 2 Abs. 5 VOB/B, Rz. 21 m.w.N.). Beim Mitwirkungsverzug des Bestellers ist dies gerade nicht der Fall, deshalb kann die Mitteilung des Bestellers hierüber eine Leistungsänderung sein. Auf die genaue Wortwahl des Bestellers kommt es für das Vorliegen einer Anordnung hingegen nicht an. Eine Anordnung kann auch lediglich konkludent getroffen werden, wenn der Besteller vom Unternehmer eine Leistung oder eben einen Aufschub verlangt, den dieser nicht einkalkulieren musste. Andernfalls hätte es der Besteller in der Hand, durch Wortklauberei und taktisches Formulieren bestimmte Rechtsfolgen zu verhindern. Maßgeblich muss deshalb eine objektive Auslegung sein: Teilt der Besteller dem Unternehmer ein Erschwernis mit, dass dieser nicht einpreisen musste nun aber – mangels Baufreiheit – zwangsläufig hinnehmen muss, dann stellt sich diese Störungsmitteilung als Leistungsänderung dar.
Offenbleiben kann an dieser Stelle, ob die Verzugsmitteilung des Bestellers an den Unternehmer als “Änderung des Bauentwurfs” im Sinne von § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 5 VOB/B oder als “andere Anordnung” gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B anzusehen ist. Der Senat neigt eher dazu, die Verzugsmitteilung als “andere Anordnung” anzusehen, entscheidend ist aber allein, dass die Voraussetzung für einen Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B erfüllt ist. Das ist in jedem der beiden Fälle gegeben.

Zur Vermeidung von Missverständnissen wird ferner angemerkt: Aus der Ansicht, wonach die Verzugsmitteilung des Bestellers eine Leistungsänderung nach § 2 Abs. 5 VOB/B ist, folgt keineswegs, dass der Besteller aus § 1 Abs. 3 oder § 2 Abs. 5 VOB/B auch berechtigt wäre, gegenüber dem Unternehmer Beschleunigungsmaßnahmen anzuordnen. Eine solche Anordnung hat ein größeres eigenständiges Gewicht als die Mitteilung einer vom Unternehmer ohnehin zu duldenden Störung. Mit ihr verlangt der Besteller vom Unternehmer darüber hinaus das Ergreifen zusätzlicher Maßnahmen. Ob der Besteller dazu berechtigt ist, muss im vorliegenden Fall nicht geklärt werden.

d) Gilt insbesondere, wenn VOB/B vom Besteller gestellt
Nach Auffassung des Senats liegt in der Verzugsmitteilung des Bestellers an den Unternehmer jedenfalls dann eine Leistungsänderung nach § 2 Abs. 5 VOB/B, wenn die VOB/B aufgrund einer vom Besteller vorformulierten Klausel in den Vertrag einbezogen sind. In diesem Fall sind die VOB/B vom Besteller gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen, sodass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Bestellers zu lösen sind (§ 305c Abs. 2 BGB). Nach dem Wortlaut von § 310 Abs. 1 S. 3 BGB gilt dies auch dann, wenn die VOB/B ohne Modifikation insgesamt in den Vertrag einbezogen sind.
Unter dieser Voraussetzung, die im vorliegenden Fall erfüllt ist, gilt weiter:

Es ist zumindest möglich, § 2 Abs. 5 VOB/B dahin auszulegen, dass auch eine Verzugsmitteilung des Bestellers an den Unternehmer eine Leistungsänderung im Sinne dieser Norm ist. Dafür sprechen die soeben ausgeführten Argumente und der Umstand, dass zahlreiche Stimmen in Rechtsprechung und Literatur genau diese Auffassung vertreten (vgl. III.1.c) m.w.N.). Für den Unternehmer ist diese Auffassung vorteilhaft gegenüber der Ansicht, nach der eine Verzugsmitteilung keinen Fall von § 2 Abs. 5 VOB/B darstellt. Ist eine Verzugsmitteilung eine Leistungsänderung, so folgt daraus, dass dem Unternehmer beim Mitwirkungsverzug des Bestellers nicht nur der Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB zusteht, sondern auch der Mehrvergütungsanspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B. Beide Anspruchsgrundlagen kommen zum selben Ergebnis, soweit der Unternehmer annahmeverzugsbedingte Vorhaltekosten geltend macht. Hier steht ihm sowohl nach § 642 BGB als auch nach § 2 Abs. 5 VOB/B ein Anspruch zu, dessen Höhe nach Auffassung des Senats auf dieselbe Weise zu ermitteln ist (nämlich Preisfortschreibung anhand tatsächlicher Mehrkosten, vgl. zu § 642 BGB: KG, Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 10/16; Urteil vom 16. Februar 2018, 21 U 66/16; zu § 2 Abs. 5 VOB/B: KG, Urteil vom 10. Juli 2018, 21 U 30/17). Ebenso ist die Rechtslage nach beiden Anspruchsgrundlagen dieselbe, soweit sich der Unternehmer auf verzugsbedingte Umsatzverluste beruft. Diese sind nach § 642 BGB nicht entschädigungsfähig (vgl. oben II. 3.a) bb) (1)), nach § 2 Abs. 5 VOB/B aber ebensowenig, denn in einem Umsatzverlust liegen keine “Mehrkosten” im Sinne dieser Norm.

Die spezifische Differenz zwischen beiden Anspruchsgrundlagen liegt aber in der Behandlung von annahmeverzugsbedingten Mehrkosten, die keine Vorhaltekosten sind, sondern zum Beispiel Kostensteigerungen:

Beispiel 12: Der Besteller B hat den Unternehmer U mit Ausbauleistungen in einem zu errichtenden Gebäude beauftragt. Wegen der Insolvenz des Rohbauers ist die Baustelle nicht zur vertraglich vorgesehenen Ausführungsfrist baufrei, sondern erst 20 Monate später. Durch die verzögerte Ausführung der Leistung entstehen U Mehrkosten, da die Löhne seiner Mitarbeiter und die Preise des von ihm zu beschaffenden und einzubauenden Materials mittlerweile höher sind.
Diese Mehrkosten sind nicht nach § 642 BGB entschädigungsfähig (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17), durchaus aber nach § 2 Abs. 5 VOB/B (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009, VII ZR 152/08, Rz. 42). Denn anders als § 642 BGB lässt sich § 2 Abs. 5 VOB/B keine Beschränkung auf die Vergütungsfähigkeit von Vorhaltekosten entnehmen. Da die Mehrkosten im Beispiel 12 dem Unternehmer aufgrund des Mitwirkungsverzugs bzw. seiner vom Unternehmer zu befolgenden Verzugsmitteilung entstanden sind, muss dem Unternehmer folglich eine entsprechende Mehrvergütung aus § 2 Abs. 5 VOB/B zustehen.

Auf der anderen Seite entstehen dem Unternehmer keine Nachteile durch die Auffassung, eine Verzugsmitteilung sei eine Leistungsänderung nach § 2 Abs. 5 VOB/B. Insbesondere folgt aus dieser Ansicht nicht, dass der Besteller dann gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B auch zu Beschleunigungsanordnungen berechtigt sein muss (vgl. oben III.1.c)bb)), was in der Tat nachteilig für einen Unternehmer sein könnte (nicht: muss).

Aus dem Gesagten folgt:
Eine Verzugsmitteilung muss gemäß § 305c Abs. 2 BGB insbesondere dann eine Leistungsänderung nach § 2 Abs. 5 VOB/B sein, wenn die VOB/B dem Unternehmer vom Besteller als allgemeine Geschäftsbedingungen gestellt worden sind.

e) Leistungsänderung ist hier gegeben
Der Beklagte hat also die Leistung der Klägerin gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B geändert, indem er ihr – vom Senat als naheliegend zugunsten der Klägerin unterstellt – mitgeteilt hat, die beauftragten Arbeiten im Gebäude SCH erst am 2. Mai 2017 beginnen zu können und nicht, wie vertraglich vorgesehen, bereits am 21. November 2016.

f) Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B steht neben demjenigen aus § 642 BGB
Es stellt keinen Widerspruch dar, wenn der Senat trotz dieses Befundes einen Anspruch der Klägerin aus § 642 BGB geprüft hat (oben II.). Befindet sich der Besteller aufgrund einer Störung des Bauablaufs in Mitwirkungsverzug und teilt er dem Unternehmer zugleich mit, nur nach Maßgabe dieser Störung seine Leistung erbringen zu können, dann bestehen beim Unternehmer der Anspruch aus § 642 BGB und der Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B nebeneinander, sofern deren sonstige Voraussetzungen erfüllt sind. Dies folgt aus dem zivilrechtlichen Grundsatz der Anspruchskonkurrenz. Der Umstand, dass der Besteller durch seine Verzugsmitteilung an den Unternehmer dessen Leistung geändert hat, führt nicht dazu, dass der Mitwirkungsverzug des Bestellers entfiele.
Sieht ein Bauvertrag ein Recht des Bestellers zur einseitigen Leistungsänderung vor, dann ist dies kein Recht zur einseitigen Vertragsänderung. Ein Leistungsänderungsrecht wirkt nur punktuell: Der Besteller wird lediglich ermächtigt, die im Vertrag ursprünglich vorgesehene Leistung des Unternehmers in bestimmten Grenzen zu ändern, nicht aber darüber hinaus auch die sonstigen Regelungen des Vertrages. Der Besteller kann also anordnen, dass der Unternehmer statt der Leistung A die Leistung B zu erbringen hat. Er ist aber nicht befugt, einseitig den Preis der Leistung A abzuändern, einseitig einen Preis für die Leistung B vorzugeben oder sonst die Parameter der Preisermittlung zu ändern. Vielmehr bleiben die Vereinbarungen der Parteien über die Vergütung unverändert. Nur so kann die Vergütung für die neue Leistung auf Grundlage des geschlossenen Vertrages fortgeschrieben werden. Auch sonstige vertragliche Regelungen kann der Besteller aufgrund seines Leistungsänderungsrechts nicht mit rechtsverbindlicher Wirkung einseitig ändern. So kann er beispielsweise nicht einseitig eine vereinbarte Mängelhaftungszeit von 4 Jahren in 5 Jahre abändern, die Ausführungsfristen verkürzen oder die Regelung einer Vertragsstrafe nachträglich modifizieren. Wenn sich bei einem Pauschalvertrag ergibt, dass eine bestimmte vom Besteller verlangte Leistung nicht von der Leistungsbeschreibung erfasst ist, sodass der Unternehmer zu einem Nachtrag berechtigt ist, dann kann der Besteller den Vertrag nicht einseitig in der Form ändern, dass die betreffende Leistung nunmehr doch vom Leistungssoll erfasst ist und der Unternehmer sie also ohne Anspruch auf Mehrvergütung ausführen kann. Wenn und soweit der Besteller die Planungsverantwortung trägt, sodass er auch eine eventuelle Nachtragsleistung zu planen hat, kann er diese Aufteilung der Planungsverantwortung nicht durch eine Leistungsänderung einseitig zu Lasten des Unternehmers ändern. Und wenn ein Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1 bis 8 ein Leistungsänderungsrecht für den Besteller vorsieht (etwa gemäß §§ 650q Abs. 1, 650b Abs. 2 BGB n.F.)., kann der Besteller nicht nachträglich die Leistung dahin ändern, dass der Architekt zusätzlich auch die Leistungsphase 9 zu erbringen hat.
Dies zeigt: Mit einem Leistungsänderungsrecht kann nur die Leistung des Unternehmers geändert werden, deren Preis sodann auf Grundlage des im Übrigen ungeänderten Vertrags zu bestimmen ist. Die sonstigen vertraglichen Regelungen werden durch ein Leistungsänderungsrecht nicht für den Besteller disponibel.

Daraus folgt: Begründet die Störung der Bauarbeiten den Mitwirkungsverzug des Bestellers (weil der Unternehmer die Störung nicht einkalkulieren musste), dann kann der Besteller diesen Mitwirkungsverzug und seine finanziellen Folgen nicht dadurch beseitigen, dass er gegenüber dem Unternehmer die Anordnung trifft, nach Maßgabe dieser Störung arbeiten zu müssen. Vielmehr gilt: Die Mitwirkungsschnittstelle zwischen den Parteien eines Bauvertrags wird durch eine Leistungsänderung nicht geändert. Deshalb bleibt bei einer Leistungsänderung in Form einer Verzugsmitteilung des Bestellers der Mitwirkungsverzug als solcher bestehen, allerdings tritt neben den Anspruch aus § 642 BGB ein weiterer aus § 2 Abs. 5 VOB/B in Anspruchskonkurrenz. Ob und inwieweit dem Unternehmer im Ergebnis tatsächlich diese Ansprüche zustehen hängt davon ab, ob deren übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

2. Keine vergütungsfähigen Mehrkosten der Klägerin
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin allerdings keinen Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B gegen den Beklagten.
Die von ihr primär als Folge des Mitwirkungsverzugs geltend gemachten Umsatzverluste stellen keine Mehrkosten im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B dar, sodass dieser Nachteil ebensowenig nach dieser Norm vergütungsfähig ist, wie er nach § 642 BGB entschädigungsfähig ist.
Vorhaltekosten, die ihr durch den Annahmeverzug des Beklagten entstanden sind, sind als änderungsbedingte Mehrkosten durchaus nach § 2 Abs. 5 VOB/B zu vergüten, allerdings gilt auch hier, dass die Klägerin nicht dargelegt hat, Produktionsmittel – insbesondere ihre Mitarbeiter – im Annahmeverzug des Beklagten vorgehalten zu haben. Es gelten hier die Ausführungen zu § 642 BGB entsprechend (vgl. oben II.3.a)bb)(5)).
Kostensteigerungsnachteile, die nicht nach § 642 BGB, wohl aber nach § 2 Abs. 5 VOB/B ersatzfähig sind, macht die Klägerin im vorliegenden Fall nicht geltend.

IV. Kein Anspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B
Der Klageanspruch ergibt sich nicht, auch nicht teilweise, aus § 6 Abs. 6 VOB/B.
Macht der Unternehmer eines Bauvertrags wegen einer Störung des Bauablaufs auf dieser Rechtsgrundlage Schadensersatz geltend, setzt dies voraus, dass die Störung der Vertragsdurchführung auf eine Pflichtverletzung des Bestellers zurückzuführen ist.

1. Pflichtverletzung trotz Leistungsänderung
Dieser Anspruch entfällt nicht schon deshalb, weil die zugunsten der Klägerin unterstellte Verzugsmitteilung des Beklagten dazu führte, dass die Störung aufgrund ihrer Mitteilung ihren Charakter als Pflichtverletzung verloren hätte. Zwar stellt eine Verzugsmitteilung grundsätzlich eine Leistungsänderung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B dar, dadurch werden aber nicht die sonstigen Regelungen des Vertrages geändert (vgl. oben III.1.f)).

2. Keine Pflichtverletzung des Beklagten
Allerdings ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass ihr die mit der Klage geltend gemachten Vermögensnachteile – seien es Vorhaltekosten oder der (zeitbezogene) Umsatzverlust – aufgrund einer Pflichtverletzung des Beklagten entstanden sind.

a) Pflichtverletzung wegen fehlender Baufreiheit im Gebäude SCH?
Es begründet keine Pflichtverletzung des Beklagten, dass er der Klägerin das Gebäude SCH nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Ausführungsfrist vom 21. November 2016 bis zum 7. April 2017 baufrei überließ.

Zwar sah der streitgegenständliche Vertrag für das Gebäude SCH noch diesen Zeitraum als verbindliche Ausführungsfrist vor. Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags verbindliche Ausführungsfristen, so ist diese Regelung im Zweifel aber so auszulegen, dass sie nur für den Unternehmer Vertragspflichten begründet, nicht hingegen für den Besteller (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999, VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32, Rz 22; KG, Urteil vom 10. Januar 2017, 21 U 14/16).

Das heißt: Eine solche Regelung ist so zu verstehen, dass der Unternehmer grundsätzlich seine Vertragspflichten verletzt, wenn er die Frist nicht einhält. Für den Besteller hingegen ist die fristgemäße Kooperation nur eine Obliegenheit.
Unterbleibt sie – etwa weil der Besteller dem Unternehmer zu Beginn der Ausführungsfrist das Grundstück nicht baufrei überlässt – führt dies zu den folgenden Rechtsfolgen zugunsten des Unternehmers:

Die rechtsverteidigende Wirkung für den Unternehmer besteht darin, dass sich eine ihn bindende Vertragsfrist nach hinten verschiebt oder im Einzelfall bei einer schwerwiegenden Störung auch vollständig hinfällig werden kann.
Die anspruchsbegründende Wirkung besteht darin, dass dem Unternehmer wie dargelegt ein Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB oder bei einer Verzugsmitteilung außerdem ein Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B gegen den Besteller zustehen kann.
Allerdings hat der Unternehmer wegen einer solchen Störung aus der Sphäre des Bestellers grundsätzlich keinen Schadensersatzanspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B gegen diesen. Dies gilt erst recht, wenn ein Bauvertrag überhaupt keine Vertragsfristen vorsieht. Dann besteht erst recht keine Vertragspflicht des Bestellers, dem Unternehmer ein baufreies Grundstück zu überlassen, sondern lediglich eine dahingehende Mitwirkungsobliegenheit im Sinne von § 642 BGB.
Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte vorgetragen, die dafür sprechen, dass die für das Gebäude SCH vereinbarten Ausführungsfristen – insbesondere die jeweiligen Fristanfänge – auch für den Beklagten eine Vertragspflicht begründen könnten.

b) Pflichtverletzung wegen fehlender Verschaffung der Ausführungsplanung?
Ebensowenig begründet es eine Pflichtverletzung des Beklagten, dass er der Klägerin während der Ausführungsfrist ihrer Arbeiten im Gebäude SCH vom 21. November 2016 bis zum 7. April 2017 keine Ausführungsplanung für ihre Leistung übergab.

aa) Keine Ausführungsplanung des Beklagten
Es kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass ihr der Beklagte nach dem Vertrag eine Ausführungsplanung zu verschaffen hatte und dass dies hinsichtlich des Gebäudes SCH bis zum 7. April 2017 nicht geschehen war. So hat es die Klägerin im Termin vor dem Senat unwidersprochen vorgetragen.

bb) Keine diesbezügliche Vertragspflicht des Beklagten
Ist ein Bauvertrag gemäß dem soeben erläuterten Grundsatz (oben IV.2.a)) dahin auszulegen, dass keine Pflicht des Bestellers besteht, dem Unternehmer ein baufreies Grundstück zu überlassen, dann kann es zumindest in aller Regel auch keine anderen Mitwirkungspflichten des Bestellers gegenüber dem Unternehmer geben, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Abs. 6 VOB/B begründen könnte. Vielmehr ist dann die gesamte Mitwirkung des Bestellers nicht als Pflicht, sondern nur als Obliegenheit ausgestaltet (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 27. November 2008, VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55, Rn. 34 f; vgl. hierzu Leupertz, BauR 2010, 1999 ff und BauR 2014, 381 ff)

Zwar wird durchaus auch die Rechtsauffassung vertreten, dass der Besteller, wenn er nach dem Vertrag die Ausführungsplanung zu erstellen hat, hierzu gegenüber dem Unternehmer in Form einer Nebenpflicht gebunden sein soll (vgl. z.B. Markus in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 6. Auflage, § 6 VOB/B, Rz. 55 ff m.w.N., der allerdings die abweichende Auffassung des BGH im Urteil vom 27. November 2008, VII ZR 206/06, BGHZ 179,55, Rz. 34 ff nicht erwähnt). Träfe dies zu, wäre im vorliegenden Fall ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 6 Abs. 6 VOB/B zumindest dem Grunde nach gegeben. Denn die Klägerin hätte ihre Leistungen im Gebäude SCH ab dem 21. November 2016 erbringen müssen. Der Beklagte hätte ihr deshalb die Ausführungsplanung im Zweifel spätestens an diesem Tag übergeben müssen. Da dies nicht geschehen ist, wäre der Beklagte mit der Übergabe der Ausführungsplanung seit diesem Datum in Verzug und hätte damit möglicherweise der Klägerin Schadensersatz in noch zu klärender Höhe zu leiste (wobei der Ausschluss des entgangenen Gewinns in § 6 Abs. 6 VOB/B zu beachten wäre).

(1) Entscheidend ist die rechtliche Qualifikation des Mitwirkungserfolgs
Allerdings steht die Annahme solcher Mitwirkungspflichten des Bestellers in Widerspruch zu der Aussage des BGH, wonach der Besteller grundsätzlich nicht verpflichtet ist, zu einem bestimmten Zeitpunkt die Baufreiheit für den Unternehmer sicherzustellen (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999, VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32, Rz 22), sondern ihn nur eine entsprechende Obliegenheit trifft. Die vollständig fehlende Baufreiheit stellt in zeitlicher Hinsicht die stärkste denkbare Behinderung des Unternehmers bei der Leistungserbringung dar. Sie führt dazu, dass er – hier in Bezug auf das Gebäude SCH – überhaupt keine Leistungen erbringen kann. Fehlende Ausführungspläne können zwar auch dazu führen, dass der Unternehmer nicht bauen kann, das muss aber nicht so sein. Insbesondere wenn die Pläne nur unvollständig sind, kann der Unternehmer durchaus in der Lage sein, seine Leistungen zumindest teilweise schon auszuführen.

Wenn aber die vollständige Störung der Leistungserbringung keine Pflichtverletzung ist, warum sollte dann eine Teilstörung, die jedenfalls keine weitergehenden Folgen hat, so eingestuft werden? Warum sollte im vorliegenden Fall eine Pflichtverletzung des Beklagten darin liegen, dass er der Klägerin bis zum 7. April 2017 keine Ausführungspläne für das Gebäude SCH übergeben hat, wo es doch keine Pflichtverletzung darstellt, dass er der Klägerin nicht einmal die Möglichkeit eingeräumt hat, in dem Gebäude auch nur irgendeine Leistungen auszuführen?

Nach Meinung des Senats ist es deshalb nicht sinnvoll, die Frage, ob die Mitwirkung des Bestellers beim Werkvertrag als Pflicht oder Obliegenheit zu qualifizieren ist, nach der Art der Mitwirkungshandlung zu entscheiden (Beispiele für Arten von Mitwirkungshandlungen: Übergabe von Plänen, Taugliche Leistung des Vorgewerks, Treffen von Auswahlentscheidungen, Beschaffen von Genehmigungen etc.). Vielmehr muss es entscheidend auf den Mitwirkungserfolg ankommen. Denn für einen Bauunternehmer ist es von entscheidender Bedeutung ob bzw. in welchem Umfang er seine Leistungen ausführen kann. Ist er bei der Ausführung gestört und entstehen ihm dadurch zusätzliche Kosten, ist es für ihn – wenn überhaupt – von sekundärer Bedeutung, aus welchem konkreten Grund es dazu gekommen ist.

Daraus folgt weiter: Wenn der BGH die Grundentscheidung getroffen hat, dass sogar das vollständige Fehlen von Baufreiheit auf dem Baugrundstück zu Beginn einer Ausführungsfrist keine Pflichtverletzung darstellt (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999, VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32, Rz 22), dann muss das auch für andere Mitwirkungsversäumnisse des Bestellers gelten, die keine weiter gehenden Folgen haben, sondern ebenfalls höchstens dazu führen, dass der Unternehmer vorübergehend keinerlei Leistungen ausführen kann. Von daher ist die entsprechende Aussage im Urteil des BGH vom 27. November 2008 (VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55, Rn. 34 f) folgerichtig.

Der Senat verkennt nicht, dass es für den Unternehmer eine starke Beeinträchtigung bedeuten kann, wenn der Besteller nicht so mitwirkt, wie es nach dem Vertrag vorgesehen ist. Es kann auch durchaus eine adäquate Antwort der Rechtsordnung darstellen, die Mitwirkung des Bestellers bei der Vertragsdurchführung deshalb als Pflicht anzusehen, was bei Störungen dann zu Ansprüchen des Unternehmers aus Verzug nach § 286 BGB oder § 6 Abs. 6 VOB/B führen kann. Wenn dies erwünscht ist, muss aber zu allererst durch den BGH die Grundentscheidung anders getroffen werden, wonach die Gewährleistung von Baufreiheit durch den Besteller zu einem bestimmten vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt im Zweifel keine Vertragspflicht ist.

(2) §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 S. 2 VOB/B sind kein Gegenargument
§§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 S. 2 VOB/B zwingen nicht zu der Annahme, dass das dort behandelte Verschaffen von Plänen und Genehmigungen eine Pflicht des Bestellers sei. Vielmehr können diese Normen auch so verstanden werden, dass sie lediglich die Mitwirkungsschnittstelle zwischen den Vertragsparteien für den Regelfall definieren und also bloße Bestellerobliegenheiten formulieren.

(3) Das Haftungsmodell der Planer-Unternehmer-Gesamtschuld ist kein Gegenargument
Ebensowenig folgen entsprechende Bestellerpflichten aus dem Haftungsrecht.
Beispiel 14: Der Besteller B übergibt die Ausführungsplanung seines Architekten A an den Unternehmer U, der danach baut, ohne Bedenken anzumelden. Die Planung war mangelhaft, deshalb ist dies auch Us Bauleistung. Die Beseitigung der Mängel kostet 100 t €.
In diesem Fall haftet nur A auf Schadensersatz in Höhe von 100 t €, während sich U auf die Mitverursachung des Baumangels durch A als den Erfüllungsgehilfen des Bestellers gemäß §§ 254, 278 BGB berufen kann, sodass sich seine Haftung bereits im Außenverhältnis gegenüber B im Zweifel auf 50 % reduziert (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2008, VII ZR 206/06, BGHZ 179,55, Rz. 29 f m.w.N.). Diese Rechtsfigur des bauvertraglichen Haftungsrechts ist nicht von der Voraussetzung abhängig, dass der Besteller dem Unternehmer die Ausführungsplanung aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Pflicht schuldet. Vielmehr hat der BGH ausdrücklich klargestellt, dass bereits die Mitverursachung des Mangels durch die mangelhafte Planung die Haftungsminderung gemäß §§ 254, 278 BGB zugunsten des Unternehmers rechtfertigt und dass im Regelfall von einer bloßen Obliegenheit des Bestellers zur Übergabe einer (mangelfreien) Planung an den Unternehmer auszugehen ist (BGH, Urteil vom 27. November 2008, VII ZR 206/06, BGHZ 179,55, Rz 34 ff).

(4) Schutzpflichten des Bestellers gibt es
Aus der hier vertretenen Auffassung folgt nicht, dass es keine Schutzpflichten des Bestellers gäbe.
Beispiel 15: Der Besteller B übergibt dem Unternehmer U ein Planungsdetail seines Architekten A, wie ein Baugerüst an einer Stahlfassade zu befestigen ist. U baut das Gerüst nach dieser Vorgabe auf. Die Planung war mangelhaft, weil die Befestigung nicht ausreichend und das Gerüst deshalb nicht standfest ist. Es stürzt ein und verletzt zwei Mitarbeiter von U.

In diesem Fall kommt durchaus ein Schadensersatzanspruch von U gegen B in Betracht, wobei eine eventuelle Mitverursachung durch U gemäß § 254 BGB zu berücksichtigen wäre. Haftungsbegründend für die Haftung von B wäre jedenfalls seine allgemeine Schutzpflicht, auf die Rechtsgüter seines Vertragspartners U und dessen Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen. B darf deshalb keine Arbeitsanweisungen treffen, die er oder sein Erfüllungsgehilfe A (§ 278 BGB) als gefährlich erkennen können. Aufgrund dieser allgemeinen Schutzpflicht wird aber nur ein Einzelaspekt der Planverschaffung von B an U zur Pflichtverletzung, nämlich das Plandetail, das die unzureichende Gerüstverankerung vorsah. Hingegen folgt aus der Annahme eines solchen Schadensersatzanspruchs nicht, dass die Planverschaffung insgesamt als Mitwirkungspflicht des Bestellers angesehen werden müsste.

(5) Weitere Schlussfolgerungen
Soweit der BGH angemerkt hat, dem Unternehmer könnte wegen einer Störung des Bauablaufs ein Schadensersatzanspruch gegen den Besteller zustehen, wenn dieser eine “selbständige Nebenpflicht” verletzt habe (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, VII ZR 16/17, Rz. 34), so folgt aus den vorstehenden Ausführungen, dass dies nur in dem Ausnahmefall denkbar erscheint, wo eine vertragliche Ausführungsfrist entgegen der Grundregel doch eine Mitwirkungspflicht des Bestellers begründet (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999, VII ZR 185/98, BGHZ 143, 32, Rz. 22).
Im Übrigen hat sich gezeigt, dass der Sprachgebrauch von der Kooperationspflicht der Parteien des Bauvertrags etwas ungenau ist. Tatsächlich ist die Kooperation des Bestellers im Verlauf der Vertragsdurchführung weitgehend gerade nicht als Pflicht, sondern nur als Obliegenheit ausgestaltet.

V. Kein Anspruch aus §§ 280, 286 BGB
Aus den Ausführungen unter IV. folgt, dass der Klageanspruch mangels einer Pflichtverletzung des Beklagten nicht – auch nicht teilweise – auf §§ 280, 286 BGB gestützt werden kann.

VI. Nebenentscheidungen
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VII. Zulassung der Revision
Die Revision wird zugelassen.

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