Ax Vergaberecht

Sind die Vorgaben in der Ausschreibung zu der Wertung zu unbestimmt, so liegt darin nicht nur ein Verstoß gegen das Transparenzprinzip, sondern auch gegen das Gleichbehandlungsgebot

Sind die Vorgaben in der Ausschreibung zu der Wertung zu unbestimmt, so liegt darin nicht nur ein Verstoß gegen das Transparenzprinzip, sondern auch gegen das Gleichbehandlungsgebot

von Thomas Ax

Hat der öffentliche Auftraggeber bei der Konzepterstellung Formvorgaben zu Seitenanzahl, Schriftgröße, Zeilenabstand und Schriftart aufgestellt, kann sowohl eine Überschreitung der Seitenvorgabe als auch eine Nichtbeachtung der Vorgaben zur Schriftgröße, Zeilenabstand und Schriftart dazu führen, dass die Bieter mehr Informationen in ihrem Konzept unterbringen, als wenn sie sich an die Vorgaben gehalten hätten. Daher hat sich der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Konzeptbewertung damit auseinanderzusetzen, wie er derartige Verstöße im Rahmen der Konzeptbewertung berücksichtigt, um eine transparente und gleichbehandelnde Bewertung der Konzepte sicherstellen zu können. Wenn formelle Vorgaben, die bei der Konzepterstellung zu beachten sind und daran angeknüpfte Sanktionsmöglichkeiten unklar sind, leidet die Ausschreibung an einem schwerwiegenden Mangel, der eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Bekanntmachung der Ausschreibung bedingen kann.

Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen

Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen

von Thomas Ax

Der öffentliche Auftraggeber hat die Entscheidung, wem er den Auftrag erteilt, und die hierzu nötigen Wertungen nach einheitlichem Maßstab zu treffen. Auch hinsichtlich der Bewertungsmethode, insbesondere zur Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien, bei der dem öffentlichen Auftraggeber ein größerer Freiraum zuzubilligen ist, ist das Transparenzgebot zu beachten. Die Vergabeunterlagen müssen so klar, präzise und eindeutig gefasst sein, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung erfassen und sie in gleicher Weise verstehen können (OLG München, Beschluss vom 08.07.2019, Verg 2/19 m.w.N.). Dies ist insbesondere auch durch Auslegung nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, bei der auf den objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter bzw. Bewerber, also einen abstrakten Adressatenkreis, abzustellen ist (BGH, Beschluss vom 07.02.2014, X ZB 15/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018, Verg 52/17; OLG München, Beschluss vom 08.07.2019, Verg 2/19). Besteht Spielraum für unterschiedliche Auslegungen, sind die Vorgaben mehrdeutig und verstoßen gegen § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB.

Bei der Prüfung und Bewertung der Angebote ist dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum eingeräumt

Bei der Prüfung und Bewertung der Angebote ist dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum eingeräumt

von Thomas Ax

Die Nachprüfungsinstanzen können diese Entscheidung nur daraufhin kontrollieren, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden (VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022, VK 2-24/22; OLG München, Beschluss vom 26.02.2021, Verg 14/20). Dies setzt voraus, dass die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und in diesem Sinne nachvollziehbar sind (VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022, VK 2-24/22). Der Nachvollziehbarkeit kommt im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens besondere Bedeutung zu und sie ist eng mit der gesetzlich in § 8 Abs. 1 Satz 2 VgV statuierten Dokumentationspflicht verbunden. Nachvollziehbarkeit bedeutet, dass für die Nachprüfungsinstanzen nachverfolgbar ist, warum das ausgewählte Angebot im Quervergleich mit den weiteren Angeboten, die ebenfalls als wertbar angesehen werden, als das wirtschaftlichste bewertet wurde. Diese Gründe müssen derart detailliert sein, dass ein mit dem jeweiligen Vergabeverfahren vertrauter Leser sie als fassbar erachtet. Mit anderen Worten: Werden Aspekte, die zu einer Ab- oder Aufwertung führen, in den eingereichten Konzepten als gleichwertig berücksichtigt. Nicht notwendig ist, dass die jeweilige Nachprüfungsinstanz zu dem gleichen inhaltlichen Ergebnis kommt. Denn der Konzeptbewertung wohnt auch immer ein subjektives Element inne (VK Westfalen, Beschluss vom 01.02.2023, VK 1-49/22).

Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist objektiv zu bestimmen

Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist objektiv zu bestimmen

von Thomas Ax

Die Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist objektiv zu bestimmen: Entscheidend ist die Sicht eines durchschnittlichen, fachkundigen und die übliche Sorgfalt anwendenden Bieters mit üblichen Kenntnissen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020, Verg 20/19; Beschluss vom 03.04.2019, Verg 49/18; OLG Schleswig, Beschluss vom 22.01.2019, 54 Verg 3/18). Diesem müssen bei Durchsicht und Bearbeitung der Vergabeunterlagen sowohl die den Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände als auch dessen Vergaberechtswidrigkeit auffallen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.2019, Verg 47/18). Für die Erkennbarkeit der Vergaberechtswidrigkeit genügt die laienhaft rechtliche Bewertung, dass etwas nicht stimmt, wobei keine übersteigerten Erwartungen an den Bieter zu stellen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2019, Verg 49/18). Die Geltendmachung eines Vergaberechtsverstoßes im Nachprüfungsverfahren ist mit Blick auf den durch die Rechtsmittelrichtlinie der Union garantierten Primärrechtsschutz erst präkludiert, wenn der vorgenannte Bieter bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt den Vergaberechtsverstoß erkennen musste (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018, Verg 24/18). Dies kommt jedenfalls bei offensichtlichen, ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht, die einem Bieter bei der bloßen Durchsicht der Vergabeunterlagen auffallen bzw. sich ihm aufdrängen müssen (OLG Düsseldorf, 13.05.2019, Verg 47/18).

Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen

Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen

von Thomas Ax

Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 61 – Polizeianzüge; Senatsbeschlüsse vom 16. März 2020, VII-Verg 38/18, BeckRS 2020, 29123 Rn. 34 und vom 15. Mai 2018, VII-Verg 58/17; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 2. November 2017, 11 Verg 8/17, ZfBR 2018, 198, 199). Entscheidend ist, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen und hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen, wobei neben Gesichtspunkten wie der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, der Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen auch rein persönliche Umstände bestimmend sein können (BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 61 – Polizeianzüge). Anerkannt ist darüber hinaus, dass der Gesichtspunkt der so genannten prozessualen Waffengleichheit in die Prüfung einfließen kann (Senatsbeschluss vom 16. März 2020, VII-Verg 38/18, BeckRS 2020, 29123 Rn. 34; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 2. November 2017, 11 Verg 8/17, ZfBR 2018, 198, 199; OLG München, Beschluss vom 11. Juni 2008 Verg 6/08, ZfBR 2008, 724, 725).

Anspruch auf Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren hat eine rein dienende, zum zulässigen Verfahrensgegenstand akzessorische Funktion

Anspruch auf Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren hat eine rein dienende, zum zulässigen Verfahrensgegenstand akzessorische Funktion

von Thomas Ax

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat der Anspruch auf Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren eine rein dienende, zum zulässigen Verfahrensgegenstand akzessorische Funktion (Senatsbeschluss vom 29. März 2021, VII-Verg 9/21, NZBau 2021, 631 Rn. 27 m. w. Nw.; ebenso OLG Naumburg, Beschluss vom 1. Juni 2011, 2 Verg 3/11, BeckRS 2011, 21710). Von daher besteht er dann nicht, wenn der Nachprüfungsantrag zweifelsfrei unzulässig ist (Senatsbeschluss vom 12. August 2021, VII-Verg 27/21, unter III.; KG, Beschluss vom 13. September 2012, Verg 4/12; Reidt in Reidt/Stickler/Glas, Vergaberecht, 4. Aufl. 2018, § 165 Rn. 14) oder wenn der Bieter ins Blaue hinein Fehler oder mögliche Verstöße in der Hoffnung rügt, mithilfe von Akteneinsicht zusätzliche Informationen zur Untermauerung substanzloser Mutmaßungen zu erhalten (Senatsbeschluss vom 25. September 2017, Verg 19/17, BeckRS 2017, 149861 Rn. 9). Die Beschleunigungsbedürftigkeit von Vergabenachprüfungsverfahren steht einem gänzlich voraussetzungslosen Akteneinsichtsanspruch aus § 165 Abs. 1 GWB entgegen. Ein Anspruch auf Akteneinsicht setzt vielmehr voraus, dass der das Akteneinsichtsgesuch begründende Sachvortrag beachtlich und entscheidungserheblich ist (Senatsbeschluss vom 25. September 2017, Verg 19/17, BeckRS 2017, 149861 Rn. 9). Zudem ist nach § 165 Abs. 2 GWB Akteneinsicht zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, geboten ist.

Späte Rüge in der Auftragsbekanntmachung fehlender Eignungskriterien präkludiert

Späte Rüge in der Auftragsbekanntmachung fehlender Eignungskriterien präkludiert

von Thomas Ax

Nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB müssen Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Die Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften ist objektiv zu bestimmen. Eine die Rügeobliegenheit auslösende Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften ist – immer bezogen auf den konkreten Einzelfall – zu bejahen, wenn der Verstoß von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter des angesprochenen Bieterkreises bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen erkannt werden kann (Senatsbeschlüsse vom 3. April 2019,VII-Verg 49/18; vom 26. Juli 2018, VII-Verg 23/18; vom 28. März 2018, VII-Verg 54/17 und vom 15. Januar 2020, VII-Verg 20/19, BeckRS 2020, 1327 Rn. 37). Dabei muss sich die Erkennbarkeit sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen (vgl. Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 160 Rn. 49).
Im Hinblick auf die Vergabeunterlagen wird damit als Voraussetzung einer Rügepräklusion gefordert, dass der Inhalt der Unterlagen bei laienhafter rechtlicher Bewertung, also ohne Bemühung besonderen Rechtsrats, auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Rechtsvorschriften, gegen die verstoßen wird, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise gehören (Senatsbeschlüsse vom 26.Juli 2018, VII-Verg 23/18 und vom 15. Januar 2020, VII-Verg 20/19, BeckRS 2020, 1327 Rn. 37; OLG München, Beschluss vom 22. Oktober 2015, Verg 5/15). Eine Rügepräklusion kommt in der Regel nur für auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhende und ins Auge fallende auftragsbezogene Rechtsverstöße in Betracht (vgl. Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 160 Rn. 49). Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem durchschnittlich erfahrenen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung auffallen muss (Senatsbeschluss vom 3. Aug. 2011, Verg 16/11, ZFBR 20212, 72, 74). Einer exakten rechtlichen Einordnung des Vergaberechtsverstoßes durch den Bieter bedarf es jedoch nicht (OLG Schleswig, Beschluss vom 22. Januar 2019, 54 Verg 3/18, BeckRS 2019, 590 Rn. 48).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist eine späte Rüge in der Auftragsbekanntmachung fehlender Eignungskriterien präkludiert.
Sämtliche Eignungskriterien sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Andere Eignungsanforderungen sind nicht wirksam aufgestellt (Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2020, VII-Verg 36/19, ZfBR 2021, 84, 88). Auf die Vergabeunterlagen kommt es insoweit nicht an; diese können die Bekanntmachung – sofern sie mit dieser übereinstimmen – allenfalls konkretisieren (OLG Celle, Beschluss vom 24. April 2014, 13 Verg 2/14, BeckRS 2014, 14221 Rn. 36; Senatsbeschluss vom 24. Mai 2006, VII-Verg 14/06, ZfBR 2007, 181, 182). Dieser sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Grundsatz entspricht allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis. Diskutiert wird insoweit allenfalls, ob und inwieweit Links in der Bekanntmachung dem Erfordernis der Angabe in der Bekanntmachung genügen können (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018, VII-Verg 24/18, NZBau 2019, 64 Rnrn. 35, 36). Fehlt hingegen – wie vorliegend – unter dem entsprechenden Gliederungspunkt der Bekanntmachung jedwede Angabe, dann handelt es sich um einen ins Auge fallenden auftragsbezogenen Rechtsverstoß, der einem durchschnittlich erfahrenen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots auffallen muss.

Umfang der tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch die Vergabekammern wird durch § 163 Abs. 1 GWB und § 168 Abs. 1 GWB bestimmt

Umfang der tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch die Vergabekammern wird durch § 163 Abs. 1 GWB und § 168 Abs. 1 GWB bestimmt

von Thomas Ax

Demnach erforscht die Vergabekammer den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann sich auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder sonst bekannt sein muss. Dabei ist sie nicht zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle verpflichtet. Allerdings ist sie grundsätzlich zum Aufgreifen auch nicht geltend gemachter, sich aufdrängender Vergaberechtsfehler befugt (Senatsbeschlüsse vom 13. Mai 2019, VII-Verg 47/18, NZBau 2019, 665 Rn. 41 – BAIUDBw, vom 5. Mai 2008, VII-Verg 5/08 NZBau 2009, 269, 271 – Wachdienst).

Der Amtsermittlungsgrundsatz gilt allerdings nur soweit, als der Nachprüfungsantrag zulässig ist (Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 2018, VII-Verg 24/18, NZBau 2019, 64 Rn. 42 – Poppelsdorfer Schloss, und vom 20. Juli 2015, VII-Verg 37/15 – AÜG-Erlaubnis und BDWS-Mitgliedschaft; Blöcker in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 168 Rn. 27). Insbesondere muss der Antragsteller seine aus § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB folgende Rügeobliegenheit erfüllt haben. Präkludierte Verstöße dürfen von Amts wegen nicht aufgegriffen werden (Senatsbeschlüsse vom 13. Mai 2019, VII-Verg 47/18, NZBau 2019, 665 Rn. 41 – BAIUDBw, vom 11. Juli 2018, VII-Verg 24/18, NZBau 2019, 64 Rn. 42 – Poppelsdorfer Schloss, und vom 20. Juli 2015, VII-Verg 37/15 – AÜG-Erlaubnis und BDWS-Mitgliedschaft).

Im Nachprüfungsverfahren sind nur solche Unternehmen antragsbefugt, denen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht

Im Nachprüfungsverfahren sind nur solche Unternehmen antragsbefugt, denen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht

von Thomas Ax

Der Umstand, dass das Angebot der Antragstellerin in Bezug auf dem dritten Rang platziert ist, hindert sie nicht an der Geltendmachung einer Beanstandung, alle Angebote seien von der Wertung auszuschließen.

Ein Schaden droht, wenn der Antragsteller im Fall eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte (BGH, Beschluss vom 10. November 2009, X ZB 8/09, NZBau 2010, 124 Rn. 32), wenn also die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2004, 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564, 565). Nicht erforderlich ist, dass ein Antragsteller im Sinne einer darzulegenden Kausalität nachweisen kann, dass er bei korrekter Anwendung der Vergabevorschriften den Auftrag erhalten hätte. Nur wenn eine Verschlechterung der Zuschlagschancen durch den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß offensichtlich ausgeschlossen ist, ist der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis unzulässig (Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021, Verg 23/20, BeckRS 2021, 21311 Rn. 26).
Ist das Angebot des Bieters nicht das zweit-, sondern das dritt- oder schlechter platzierte, bedarf die Feststellung einer Verschlechterung der Zuschlagschancen demzufolge einer über die Vergaberechtswidrigkeit der Auswahl des erstplatzierten Bieters hinausgehender Darlegung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2010, Verg W 10/09, BeckRS 2010, 3986). Insoweit ist entweder dahingehender Vortrag erforderlich, dass das eigene, beispielsweise an dritter Stelle der Wertung liegende Angebot deshalb den Zuschlag erhalten müsste, weil auch das auf dem zweiten Platz der Wertung liegende Angebot von der Wertung auszuschließen sei (OLG Celle, Beschluss vom 2. Dezember 2010, 13 Verg 12/10, BeckRS 2011, 528; Schäfer in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Komm. z. GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160 Rn. 75) oder dass sämtliche tatsächlich in die Wertung gelangten Angebote hätte ausgeschlossen werden müssen (Senatsbeschluss vom 27. April 2005, VII-Verg 23/05, BeckRS 2005, 5608), weil dann das eingeleitete Vergabeverfahren Fall nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 10. November 2009, X ZB 8/09, NZBau 2010, 124 Rn. 32). Letzteres gilt generell, wenn als Maßnahme zur Beseitigung der vergaberechtswidrigen Vorgehensweise die Aufhebung der Ausschreibung in Betracht kommt und der Bieter so die Chance hätte, sich an der erneuten Ausschreibung im Rahmen eines vergaberechtsgemäßen Verfahrens mit einem dieser Ausschreibung entsprechenden konkurrenzfähigen Angebot zu beteiligen (BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 30; OLG Frankfurt, Beschluss vom 7. August 2007, 11 Verg 3/07, BeckRS 2008, 13765; Senatsbeschluss vom 27. April 2005, VII-Verg 23/05, BeckRS 2005, 5608).

Das Transparenzgebot erfordert, dass der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen alle Zuschlagskriterien und Unterkriterien, die er anzuwenden gedenkt, sowie deren Gewichtung angibt

Das Transparenzgebot erfordert, dass der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen alle Zuschlagskriterien und Unterkriterien, die er anzuwenden gedenkt, sowie deren Gewichtung angibt

von Thomas Ax 

Das in § 97 Abs. 1 GWB normierte Transparenzgebot erfordert, dass der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen alle Zuschlagskriterien und Unterkriterien, die er anzuwenden gedenkt, sowie deren Gewichtung angibt. Die Wertung darf nur anhand der bekannt gegebenen Zuschlagskriterien und Unterkriterien erfolgen (Senatsbeschluss vom 27. März 2013, VII-Verg 53/12, BeckRS 2013, 21180). Das bedeuten, dass sich der öffentliche Auftraggeber während des gesamten Verfahrens an dieselbe Auslegung der Zuschlagskriterien halten muss, weshalb die Zuschlagskriterien während des Vergabeverfahrens erst recht nicht geändert werden dürfen (EuGH, Urteil vom 4. Dezember 2003, C-448/01, NZBau 2004, 105 Rnrn. 92, 93 – Wienstrom). Somit kann im Fall der Nichtigerklärung einer Entscheidung bezüglich eines Zuschlagskriteriums durch die Nachprüfungsinstanz der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren nicht unter Außerachtlassung dieses Kriteriums fortsetzen, da dies auf eine Änderung der in dem fraglichen Verfahren anwendbaren Kriterien hinausliefe. Erweist sich seine Entscheidung bezüglich eines der von ihm festgelegten Zuschlagskriterien im Nachprüfungsverfahren als rechtswidrig, ist er vielmehr verpflichtet, die Ausschreibung zu widerrufen (EuGH, Urteil vom 4. Dezember 2003, C-448/01, NZBau 2004, 105 Rnrn. 94, 95 – Wienstrom). Das Verfahren ist daher bei fortbestehender Beschaffungsabsicht in den Stand vor der Absendung der Bekanntmachung zurückzuversetzen (Opitz in Burgi/Dreher, Beck`scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl. 2022, GWB § 127 Rn. 164).

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