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Praxistipp – Unternehmer hat ein vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltes Baugrundgutachten zu prüfen

Praxistipp - Unternehmer hat ein vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltes Baugrundgutachten zu prüfen

Der Unternehmer hat ein vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltes Baugrundgutachten dahin zu prüfen, ob es vollständig und für die Verwirklichung des geschuldeten Leistungserfolgs geeignet ist. Er muss dabei nicht alle Details prüfen. Handelt es sich beim Auftragnehmer um eine “Spezialfirma”, bestehen gesteigerte Anforderungen an die Prüfpflicht etwa dahingehend, ob die Grundlagen des Gutachtens fachlich richtig angenommen wurden.

OLG Jena, Urteil vom 30.04.2002 – 3 U 1144/01

Kurz belichtet – OLG Stuttgart zur “Angstklausel” bei Baugrundgutachten

Kurz belichtet - OLG Stuttgart zur "Angstklausel" bei Baugrundgutachten

Vorbehalte in Baugrundgutachten können allenfalls dann den Bodengutachter vor Schadensersatzansprüchen bewahren, wenn sie nicht allgemein gehalten sind. Insbesondere aber müssen solche Vorbehalte derart deutlich und eindringlich abgefaßt sein, daß sowohl der Bauherr als auch dessen Architekt zu der Überzeugung gelangen können, daß das Gutachten allein – und ohne weitere Zuziehung des Bodengutachters – nur als vorläufig zu betrachten und nicht als Grundlage für die Festlegung einer Tiefbaumaßnahme heranzuziehen ist.

OLG Stuttgart, Urteil vom 21.08.1997 – 13 U 3/96

Kurz belichtet – LG Hamburg: Bodenverhältnisse unklar: Auftragnehmer trägt das Baugrundrisiko

Kurz belichtet - LG Hamburg: Bodenverhältnisse unklar: Auftragnehmer trägt das Baugrundrisiko

1. Es steht den Parteien eines Bauvertrags frei, auch solche Bodeneigenschaften zu vereinbaren, die sich so nicht oder nicht sicher aus den durchgeführten Bohruntersuchungen ableiten lassen.

2. Gerade bei im Einzelnen unbekannten Baugrundverhältnissen, über die nur Vermutungen bestehen, können die Parteien auch einen fiktiven Baugrund vereinbaren, für dessen Bewältigung der Auftragnehmer dann entsprechend kalkulieren muss.

3. Selbst wenn die Bodenverhältnisse nicht eindeutig vereinbart werden, übernimmt der Auftragnehmer das Baugrundrisiko, wenn er bei einer offenkundig und eindeutig unklaren Erkenntnissituation über die Verhältnisse im Boden ein Angebot abgibt.

4. Entsprechen die Bodenverhältnisse dem, was die Parteien in ihrem Vertrag beschrieben haben, steht dem Auftragnehmer kein Anspruch auf Mehrvergütung zu.

LG Hamburg, Urteil vom 30.11.2021 – 304 O 341/19

OLG Frankfurt am Main zu der Frage, dass Kosten für Mehrarbeiten nach § 2 Nr. 5 VOB/B infolge des Auftretens einer sog. Torflinse nicht verlangt werden können, wenn allgemein bekannt ist, dass sich Torf im Boden des Baugebietes befindet und schon der Name des Gebietes auf das Vorhandensein von Torf hindeutet (hier: Hessisches Ried).

OLG Frankfurt am Main zu der Frage, dass Kosten für Mehrarbeiten nach § 2 Nr. 5 VOB/B infolge des Auftretens einer sog. Torflinse nicht verlangt werden können, wenn allgemein bekannt ist, dass sich Torf im Boden des Baugebietes befindet und schon der Name des Gebietes auf das Vorhandensein von Torf hindeutet (hier: Hessisches Ried).

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.08.2019 – 13 U 249/17
Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten in der Hauptsache Ersatz von Mehrkosten, die im Zusammenhang mit einer Bohrlochhavarie stehen sollen.

Gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit am 10.11.2017 verkündetem Urteil (Bl. 345 ff. d.A.), der Klägerin zugestellt am 13.11.2017, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das Landgericht im Wesentlichen aus, dass nach der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststehe, dass die Bohrlochhavarie in ursächlichem Zusammenhang mit dem Vorhandensein von organischen Böden gestanden habe. Auch sei zwingend zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin als Fachunternehmen vor der Bohrung ausreichend Kenntnis über den Zustand des Bodens hätte verschaffen müssen bzw. die Einholung eines Bodengutachtens hätte fordern müssen oder die Durchführung der Arbeiten so lange hätte zurückstellen müssen, bis die Bodenqualität hinreichend geklärt gewesen sei. Insbesondere im Hinblick auf die lückenhafte Ausschreibung hätte die Klägerin die in unmittelbarer Nähe befindliche Baustelle von X in Augenschein nehmen müssen, nachdem sie sich weitere Erkenntnisse über die Bodenqualität über die Beklagte nicht verschafft habe.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 6.12.2017 (Bl. 365 f. d.A.), bei Gericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 12.1.2018 (Bl. 385 ff. d.A.), bei Gericht ebenfalls eingegangen am selben Tag, begründet hat.

Sie trägt vor:

Das Landgericht habe in entscheidungserheblicher Weise und rechtsfehlerhaft die Anforderungen überspannt, die der Bundesgerichtshof an das Beweismaß – das Kriterium für das “Bewiesensein” streitiger Behauptungen – stelle. Nach den Zeugenaussagen bestünden keine vernünftigen Zweifel mehr, dass nur das Durchbohren einer Torflinse Grund für die Havarie gewesen sein könne. Ein weiterer entscheidungserheblicher Rechtsverstoß sei darin zu sehen, dass das Landgericht bei seiner Urteilsfindung auf die Hinzuziehung und Unterstützung durch einen Sachverständigen verzichtet habe. Das Landgericht habe die Rechtslage im Hinblick auf das Baugrundrisiko verkannt. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, etwaige Unklarheiten im Hinblick auf die Bodenqualität – die ohnehin nicht vorgelegen hätten – durch Nachfragen zu beseitigen.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 12.1.2018 (Bl. 385 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 30.003,76 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.6.2015 sowie auf die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung 1.474,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Auf den Schriftsatz vom 24.1.2018 (Bl. 426 ff. d.A.) wird verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist auch unter Berücksichtigung von Bedeutung, Umfang und Schwierigkeitsgrad der Sache nicht geboten.

Die Berufung hat – wie es in § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO weiter vorausgesetzt wird – auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 3.7.2019 (Bl. 434 ff. d.A.) wird insofern Bezug genommen.

Auch die schriftsätzliche Stellungnahme der Klägerin vom 8.8.2019 zum Hinweisbeschluss rechtfertigt keine andere Bewertung der Sach- und Rechtslage.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich in dem vorliegenden Einzelfall durchaus Rückschlüsse von dem Gebietscharakter des größeren Areals (“Hessisches Ried”) auf das in Rede stehende Baugrundstück ziehen. Dabei ist es unerheblich, dass in dem Gebiet “Hessisches Ried” nicht bloß eine Bodenart vorherrschend ist. Denn die Annahme, dass in dem streitgegenständlichen Gebiet grundsätzlich an jedem Ort mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, steht in keinem Zusammenhang damit, ob in dem Gebiet beispielsweise die Bodenart “Sand” oder die Bodenart “Ton/Lehm” vorherrschend ist. Im Übrigen ist allgemein bekannt, dass Torflinsen grundsätzlich in jeder der von der Klägerin im Schriftsatz vom 8.8.2019 auf Seite 2 genannten Bodenart (Bl. 463 d.A.) auftreten können. Anders als die Klägerin meint (vgl. Bl. 464 d.A.), hat der Senat auch nicht bloß auf die sprachliche Bezeichnung des Gebiets “Hessisches Ried” abgestellt, um zu begründen, warum die Klägerin mit dem Auftreten von Torflinsen hat rechnen müssen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 3 f. des Hinweisbeschlusses vom 3.7.2019 verwiesen (Bl. 441 f. d.A.).

Soweit die Klägerin weiter darauf hinweist, dass in den von ihr vorgelegten Ausschnitten geologischer Karten die Bodenart “Torf” nicht ausgewiesen sei, verfängt dies nicht. Denn Torflinsen treten regelmäßig punktuell und kleinflächig zwischen Ton- und Sandschichten in unterschiedlichen Stärken auf. Mit dieser Annahme steht im Einklang, dass auch der Klägervertreter sowohl in der ersten Instanz als auch in der Berufungsinstanz darauf hingewiesen hat, dass auch ein Bodengutachten nicht zwangsläufig das konkrete Vorhandensein und die genaue Position von Torflinsen in dem Gebiet, auf dem das Bauvorhaben durchgeführt werden sollte, ausgewiesen hätte (vgl. Protokoll vom 27.9.2016, Bl. 189 d.A., sowie S. 11 f. der Berufungsbegründung [= Bl. 395 f. d.A.]).

Entgegen der Auffassung der Klägerin waren die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss vom 3.7.2019 nicht dahingehend zu verstehen, dass aus der Angabe der Bodenklassen 3-5 im Leistungsverzeichnis bei der Position “Erdarbeiten” positiv der Schluss zu ziehen war, dass (auch) bei den Bohrarbeiten mit dem Auftreten dieser Bodenklassen – insbesondere mit Torf – zu rechnen war. Der Senat hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass der Umstand, dass bei der Position “Erdarbeiten” bestimmte Bodenklassen angegeben waren, jedoch entsprechende Angaben bei der Position “Bohrarbeiten” fehlen, nicht in dem Sinne zu verstehen war, dass potentielle Bieter davon ausgehen durften, bei den ausgeschriebenen Bohrarbeiten gerade nicht auf Bodenarten zu treffen, die den Bodenklassen 3-5 nach DIN 18300 entsprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und dieses Beschlusses beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 2 ZPO. Die Anordnung der Abwendungsbefugnis ergibt sich aus §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

Vorausgegangen ist unter dem 03.07.2019 folgender Hinweis (die Red.):

In dem Rechtsstreit

…wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.

Die angefochtene Entscheidung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Ihre Rügen gegen das angefochtene Urteil erweisen sich als im Ergebnis nicht durchgreifend.

1. Ein Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten, die im Zusammenhang mit der Bohrlochhavarie stehen, ergibt sich nicht aus § 2 Nr. 5 VOB/B. Dabei kann dahinstehen, ob es deshalb zu einer Havarie des Bohrlochs kam, weil eine Torflinse durchbohrt wurde mit der Folge, dass die in der Torflinse enthaltene Huminsäure die Bohrsuspension zerstörte. Denn ein Boden, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, war Gegenstand der Ausschreibung und der Vergütungsvereinbarung.

Da die vertraglichen Vereinbarungen, die die Bohrarbeiten betreffen, keine konkreten Abreden zu der Bodenqualität beinhalten, ist der zwischen den Parteien geschlossene Bauvertrag unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB auszulegen um zu ermitteln, ob das Vorhandensein eines Bodens, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, von der Vergütungsabrede des Bauvertrags erfasst ist. Bei der Auslegung ist das gesamte Vertragswerk zugrunde zu legen, wozu bei einer öffentlichen Ausschreibung auch die VOB/B gehört. Danach werden durch die vereinbarten Preise alle Leistungen abgegolten, die nach der Leistungsbeschreibung, den verschiedenen Vertragsbedingungen und der gewerblichen Verkehrssitte zu den vertraglichen Leistungen gehören, § 2 Nr. 1 VOB/B. Bei einer öffentlichen Ausschreibung kommt dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung vergleichsweise große Bedeutung zu. Wie diese zu verstehen ist, hängt vom Empfängerhorizont ab. Maßgeblich ist insoweit bei Ausschreibungen nach der VOB/A der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter, wobei es auf den verständigen und sachkundigen Bieter ankommt. Die Auslegung hat zu berücksichtigen, dass der Bieter grundsätzlich eine mit den Ausschreibungsgrundsätzen der öffentlichen Hand konforme Ausschreibung erwarten darf. Deshalb darf der Bieter die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen der VOB/A an die Ausschreibung entsprechen will (BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11 m.w.N.; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.5.2015 – 4 U 101/13; vgl. auch BGH, Urteil vom 13.3.2008 – VII ZR 194/06; Urteil vom 12.9.2013, VII ZR 227/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 4.2.2014 – I-23 U 23/13; OLG Koblenz, Urteil vom 6.11.2014 – 6 U 245/14). Nach den in § 7 Abs. 1 VOB/A geregelten Anforderungen ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung in gleichem Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus abschätzen kann. Danach sind die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, wie etwa die Bodenverhältnisse, so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat nach der gebotenen Auslegung der Auffassung, dass das Vorhandensein eines Bodens, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, von der Vergütungsabrede des Bauvertrags erfasst ist. Zwar enthält das Leistungsverzeichnis über die Wasserleitungserneuerung K67 vom 23.12.2014 unter Position 7 “Bohrarbeiten” keine Angaben zu den Bodenverhältnissen, was der Grund dafür gewesen sein dürfte, dass die Parteien das Leistungsverzeichnis übereinstimmend als lückenhaft bezeichnet haben (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 27.9.2016, Bl. 189 d.A.). Doch führt der Umstand, dass das Leistungsverzeichnis formell nicht den Anforderungen entsprochen haben mag, die § 7 Abs. 1 VOB/A an eine Leistungsbeschreibung stellt, nicht dazu, dass damit sämtliche Bodenverhältnisse, die von den von der Klägerin angenommenen Bodenverhältnissen (Sand und Lehm, vgl. Bl. 3 d.A.) abweichen, als nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasst anzusehen wären. Denn es bedarf nicht in jedem Fall einer ausdrücklichen Beschreibung eines jeden Leistungsdetails, um eine den Anforderungen des § 7 VOB/A entsprechende Ausschreibung annehmen zu können. Ergibt sich nämlich aus der Leistungsbeschreibung unter Berücksichtigung aller dem Vertrag zu Grunde liegender Umstände klar und eindeutig, dass ein bestimmtes Leistungsdetail Gegenstand der Vergütungsvereinbarung ist, bedarf es seiner weiteren Erwähnung im Vertrag grundsätzlich nicht (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11). So kann die ausdrückliche Angabe von bestimmten Bodenverhältnissen dann unterbleiben, wenn sich diese aus den gesamten Vertragsumständen klar ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 22.12.2011 – VII ZR 67/11; Urteil vom 21.3.2013 – VII ZR 122/11, Rn. 20; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21.05.2015 – 4 U 101/13; BeckOK-VOB/B/Kandel, 35. Ed. Stand: 31.1.2019, § 2 Abs. 5 Rn. 30).

So liegt der Fall hier: Die streitgegenständlichen Bohrarbeiten sollten in einem Gebiet stattfinden, bei dem allgemein bekannt ist, dass sich Torf im Boden befindet. Bereits der Name des Gebiets, in dem die ausgeschriebenen Bohrarbeiten stattfinden sollten (“Hessisches Ried”), deutet auf das Vorhandensein von Torf hin wie im Übrigen auch der Name der Auftraggeberin. So lässt sich der Begriff “Ried” nach dem Duden (Online-Ausgabe) u.a. als mit Ried bewachsenes, mooriges Gebiet – also ein Gebiet, in dem Torf vorhanden sein kann, da Torf im Moor gebildet wird – verstehen. In zahlreichen Internetartikeln werden die Begriffe “Torf” bzw. “Moor” und “Hessisches Ried” gemeinsam verwandt. Eine Suchanfrage über die Suchmaschine “Google” unter Verwendung der Begriffe “Hessisches Ried” und “Torf” ergibt rund 175 Treffer, während eine Suche mit den Begriffen “Hessisches Ried” und “Moor” sogar 1.120 Treffer ergibt. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich nicht weit von dem Gebiet, in dem die ausgeschriebenen Bohrarbeiten stattfinden sollten, ein großes Moorgebiet befindet: Das rund 97 Hektar große Naturschutzgebiet “Pfungstädter Moor” ist keine 10 Kilometer von Stadtteil1 entfernt.

Die Annahme des Senats, dass die Bohrarbeiten in einem Gebiet stattfinden sollten, in dem allgemein bekannt ist, dass sich Torf im Boden befindet, wird auch durch den Zeugen C bestätigt. Denn der Zeuge C hat ausgesagt, dass man nach der Havarie mit Anwohnern gesprochen habe, die darauf hingewiesen hätten, dass sich Torf im Boden befindet (vgl. Bl. 226 d.A.). Auch hieraus ergibt sich, dass die Bodenverhältnisse der Allgemeinheit und nicht bloß interessierten Fachleuten bekannt waren.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände musste einem verständigen und sachkundigen Bieter klar sein, dass bei den ausgeschriebenen Bohrarbeiten regelmäßig mit dem Auftreten von Torf – auch in Form von Torflinsen – zu rechnen ist.

Bei dieser Sachlage kann sich die Klägerin auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass in dem Leistungsverzeichnis lediglich auf das Erschwernis “anstehendes Grundwasser” (Position 7.1.40) hingewiesen wird.

Dass in dem Leistungsverzeichnis bei der Position “Erdarbeiten” die Bodenklassen 3-5 nach DIN 18300 besonders erwähnt werden, ändert hieran nichts. Ein verständiger und sachkundiger Bieter darf aus der ausdrücklichen Angabe der Bodenklassen 3-5 nach DIN 18300 bei der Position “Erdarbeiten” und dem Fehlen entsprechender Angaben bei der Position “Bohrarbeiten” nicht den Schluss ziehen, dass bei den Bohrarbeiten nicht mit solchen Bodenverhältnissen zu rechnen ist und das Vorhandensein eines Bodens, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, nicht von der Vergütungsabrede erfasst sein soll. Denn die Erd- und die Bohrarbeiten sollten in unmittelbarer räumlicher Nähe ausgeführt werden (vgl. in diesem Zusammenhang auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.3.2015 – I-21 U 136/14, Rn. 89f.)

Bei der Auslegung des Bauvertrags im Hinblick auf die Frage, ob ein Boden, bei dem mit dem Auftreten von Torflinsen zu rechnen ist, Gegenstand der Ausschreibung und der Vergütungsvereinbarung war, bedurfte es auch keiner besonderen, dem Gericht nur durch einen Sachverständigen zu vermittelnden Sachkunde, zumal – wie dargestellt – allgemein bekannt ist, dass sich in dem in Rede stehenden Gebiet Torf im Boden befindet.

2. Schließlich ergibt sich ein Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten, die im Zusammenhang mit der Bohrlochhavarie stehen, auch nicht aus sonstigen Anspruchsgrundlagen wie etwa §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, zum beabsichtigten Vorgehen binnen zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in nicht unerheblicher Höhe vermieden werden können (zwei statt vier Gerichtsgebühren).

Es ist beabsichtigt, den Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren auf 30.003,76 € festzusetzen.

Kurz belichtet – Zum Baugrundrisiko bei abweichenden Bodenverhältnissen und zur Übertragung des Baugrundrisikos durch Vertrag auf den Auftragnehmer

Kurz belichtet - Zum Baugrundrisiko bei abweichenden Bodenverhältnissen und zur Übertragung des Baugrundrisikos durch Vertrag auf den Auftragnehmer

von Thomas Ax

Das OLG Jena hat mit Urteil vom 25. Mai 2010 – 5 U 622/09 – (www.ibr-online.de), das wegen Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH am 12. Juli 2012 rechtskräftig geworden ist, Folgendes entschieden:

1. Grundsätzlich trägt der Auftraggeber das Baugrundrisiko, weil es sich beim Baugrund um einen von ihm zur Verfügung zu stellenden Stoff handelt. Das Baugrundrisiko kann durch Vertrag wirksam auf den Auftragnehmer übertragen werden. Die Übertragung des Baugrundrisikos in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Auftraggebers ist nur dann unwirksam, wenn dem Auftragnehmer dadurch Ansprüche abgeschnitten werden, die sich durch Erschwernisse ergeben, die erst nach Abgabe des Angebotes erkennbar werden.

2. Wird das Baugrundrisiko auf den Auftragnehmer übertragen und trifft das Baugrundgutachten keine Aussage zu den Bodenverhältnissen am Standort eines vom Auftragnehmer selbst örtlich zu bestimmenden Traggerüsts, trägt der Auftragnehmer das Risiko, dass die tatsächlichen von den erwarteten Bodenverhältnissen abweichen. In einem solchen Fall muss der Auftragnehmer eigene Baugrunduntersuchungen veranlassen.

Das Baugrundrisiko trage gemäß §§ 644 f. BGB grundsätzlich der Auftraggeber, da es sich beim Baugrund um den von ihm zur Verfügung zu stellenden Stoff handele. Gleichwohl trage der AG das Baugrundrisiko für das Traggerüst in diesem Falle nicht, da es durch Vereinbarung der ZTV-ING und der ZTV-K vertraglich wirksam auf den AN übertragen worden sei. Das Baugrundgutachten treffe hier keine Aussage zum Baugrund des vom AN selbst örtlich zu bestimmenden Traggerüsts. Da eine solche für das Traggerüst bei Einhalten der DIN 4020 notwendig gewesen sei, könne das Baugrundgutachten insoweit keine vertragsgemäße Vorgabe des AG darstellen. Die vom AN vorgenommene Interpolation der Baugrundkennwerte (Errechnung der Baugrundverhältnisse zwischen den Widerlagern der Brücke) könne nur hilfsweise herangezogen werden, ersetze aber keine Begutachtung des Standorts des Traggerüsts. Diese Begutachtung habe der AN jedoch unterlassen. Das dem Auftrag zugrunde liegende Baugrundgutachten beziehe sich eindeutig nur auf das Bauwerk Brücke, zu deren Gründung es Aussagen treffe, nicht jedoch auf die Bodenverhältnisse des Traggerüstes. Hinzu komme, dass der tatsächlich vorgefundene Zustand nach den Sachverstän­digen-Feststellungen nicht überraschend gewesen sei. Nach Aussage des Sachverständigen hätte ein Fachmann das Risiko einer Baugrundabweichung bei bloßer Ortsbesichtigung oder anhand der Schilderung des Baugrundgutachtens erkennen können. Insoweit habe sich hier der AN nicht auf „normale Baugrundverhältnisse“ verlassen dürfen.

Zur Leistungspflicht erhobene Bodenverhältnisse stellen sich anders anders dar: ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist? Ja!

Zur Leistungspflicht erhobene Bodenverhältnisse stellen sich anders anders dar: ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist? Ja!

von Thomas Ax

Stellen sich die zur Leistungspflicht erhobenen Bodenverhältnisse anders dar, so ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs im Sinne des § 1 Nr. 3 VOB/B mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist.

Liegen einer Ausschreibung Baugrundgutachten bei, so ist es möglich, dass die darin dargestellten Bodenverhältnisse zur vertraglich geschuldeten Leistungsverpflichtung erhoben werden. Ob und inwieweit dies gegeben ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände durch eine am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung der Vereinbarung zur Bauleistung zu beurteilen. Ein gewichtiger Gesichtspunkt ist dabei, inwieweit die Bodenverhältnisse für die Leistung des Auftragnehmers und damit auch für die Kalkulation seines Preises erheblich sind. Ist dies der Fall, wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die beschriebenen Bodenverhältnisse zum Leistungsinhalt erhoben werden sollen.

Dabei kann auch von Bedeutung sein, ob das Baugrundgutachten im Hinblick auf die ursprünglich ausgeschriebene Leistung und den dann geschlossenen Vertrag oder im Hinblick auf Vertragsänderungen oder Nachträge erstellt worden ist. Stellen sich die zur Leistungspflicht erhobenen Bodenverhältnisse anders dar, so ist die Anordnung des Auftraggebers, die Leistung trotz der veränderten Umstände zu erbringen, eine Änderung des Bauentwurfs im Sinne des § 1 Nr. 3 VOB/B mit der Folge, dass ein neuer Preis nach Maßgabe des § 2 Nr. 5 VOB/B zu bilden ist.

Sind von den Parteien bestimmte Bodenverhältnisse zum Inhalt des Vertrages gemacht worden, so kann man nicht davon ausgehen, dass die von dem AN abgegebenen Erklärungen zur Übernahme von Mehrkosten auch für den Fall gelten, dass andere Bodenverhältnisse angetroffen werden. Denn die Bodenverhältnisse waren erkennbar ein entscheidender Umstand für die Wahl des Herstellverfahrens und die Festlegung der Herstellparameter. Waren bestimmte, für das Herstellverfahren relevante Bodenverhältnisse Inhalt des Vertrages, so liegt es fern, dass der AN mit seinen Erklärungen das Risiko abweichender Bodenverhältnisse hat mit übernehmen wollen. Ein Unternehmer ist zwar nicht gehindert, mit dem Bauvertrag ihm unbekannte Risiken zu übernehmen (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 – VII ZR 194/06, BGHZ 176, 23, 29; Kuffer, NZBau 2006, 1, 6). Jedoch sind an eine Risikoübernahme, die unbekannte Bodenverhältnisse betrifft, jedenfalls dann strenge Anforderungen zu stellen, wenn sie die Baukosten erheblich beeinflussen können (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 – VII ZR 194/06, aaO). Wurden Angaben in Bodengutachten zum Inhalt des Vertrages erhoben, liegt es nahe, dass die sonstigen Erklärungen des AN auf diesen Bodengutachten aufbauen. Es liegt dann auch ein Verständnis der von der Klägerin abgegebenen Erklärungen nahe, dass lediglich diejenigen Veränderungen der Herstellparameter gemeint sind, die sich aus der Erprobung bei unveränderten Bodenverhältnissen ergeben.

Mit der funktional beschriebenen Leistung liegt die Wahl der Herstellparameter allein bei dem AN. Er trägt – abgesehen von den Risiken aus einer Veränderung des möglicherweise zum Vertragsinhalt erhobenen Baugrundes – alle Risiken dieser Wahl, auch das Risiko von Mehrkosten infolge einer Veränderung seiner die Herstellungsart betreffenden Entscheidung. Der AG hat vernünftigerweise kein Interesse daran, ihm dieses Risiko abzunehmen. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der AN das Verfahren anbietet und den technischen Sachverstand dafür in Anspruch nimmt (vgl. dazu Englert/Schneeweiß, aaO, S. 298). Es besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, der AG hat das Risiko erforderlich werdender Systemanpassungen übernehmen wollen. Etwas anderes gilt für solche Änderungen, die sich aus der Änderung vertraglich vereinbarter Bodenverhältnisse ergeben.

BGH, Urteil vom 20.08.2009 – VII ZR 205/07

Wann liegt eine Fertigstellung vor?

Wann liegt eine Fertigstellung vor?

von Thomas Ax

Wann eine Fertigstellung im Sinne des § 14 Nr. 3 VOB/B vorliegt, muss unter Berücksichtigung des mit dieser Regelung verfolgten Zweckes ermittelt werden. Sie liegt vor, wenn der Auftragnehmer die vertraglichen Leistungen erbracht hat. Ihr steht gleich, wenn er weitere Vertragsleistungen, die in eine Schlussrechnung einzustellen wären, nicht mehr erbringen muss, etwa weil der Vertrag gekündigt worden ist, die Leistung unmöglich geworden ist, der Auftragnehmer keine weiteren Leistungen mehr erbringen will oder der Auftraggeber keine weiteren Leistungen mehr verlangt, so dass ein Abrechnungsverhältnis entsteht.

Die Abnahme der Bauleistungen ist ein Indiz für die Fertigstellung; denn regelmäßig erfolgt eine Abnahme, weil die Leistungen im Wesentlichen vertragsgerecht erbracht sind. In diesem Fall steht der Annahme einer Fertigstellung im Sinne des § 14 Nr. 3 VOB/B regelmäßig nichts im Wege. Der Auftragnehmer ist berechtigt, die gesamte abgenommene Leistung in Rechnung zu stellen. Wegen der Mängel oder der Restleistungen hat der Auftraggeber ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB.

Gleiches gilt grundsätzlich auch, wenn die Abnahme erfolgt ist, obwohl wesentliche Restleistungen fehlen; denn mit der Abnahme löst der Auftraggeber in einem VOB-Vertrag die Fälligkeit der Werklohnforderung aus, sobald ihm die Schlussrechnung gestellt wird und die Prüffrist abgelaufen ist. Er akzeptiert die gesamte Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht und muss es daher hinnehmen, dass auch noch nicht erbrachte Teilleistungen in die Schlussrechnung eingestellt werden. Er ist durch das Leistungsverweigerungsrecht ausreichend geschützt.

Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen die Umstände ergeben, dass der Auftragnehmer trotz der erfolgten Abnahme nicht berechtigt ist, die noch nicht erbrachten Restleistungen in die Schlussrechnung einzustellen. Solche Umstände können sich aus dem Gewicht der noch fehlenden Teilleistungen oder aus den Bauumständen ergeben. Ist das der Fall, liegt eine Fertigstellung der Gesamtleistung im Sinne von § 14 Nr. 3 VOB/B noch nicht vor. In diesem Fall ist zu prüfen, ob die Abnahme der gesamten Leistungen nicht in Wahrheit eine Teilabnahme der erbrachten Leistungen ist. Das wird häufig angenommen werden können. Es liegt in aller Regel fern, dass der Auftraggeber eine noch nicht erbrachte wesentliche Teilleistung abnehmen will, so dass die erklärte Abnahme nicht auf die bereits erbrachte Leistung beschränkt ist. Liegt eine solche Teilabnahme vor, so ist der Auftragnehmer berechtigt, diese Leistung mit einer Teilschlussrechnung abzurechnen, so dass insofern eine Fertigstellung im Sinne des § 14 Nr. 3 VOB/B vorliegt. In der Teilschlussrechnung können und müssen die bisher erbrachten Leistungen und die berechenbaren vergütungsgleichen Ansprüche abgerechnet werden. Abschlagszahlungen können für den teilweise abgenommenen Teil nicht mehr verlangt werden. Eine Teilabnahme kann auch dann angenommen werden, wenn sie für Leistungen erklärt wird, die nicht in sich abgeschlossen sind. § 12 Nr. 2 VOB/B regelt, dass die Teilabnahme zwingend zu erfolgen hat, wenn dies für in sich abgeschlossene Leistungen verlangt wird. Diese Regelung schließt nicht aus, dass die Parteien sich darüber verständigen, nicht in sich abgeschlossene Leistungen abzunehmen.

BGH, Urteil vom 20.08.2009 – VII ZR 205/07

Achtung aufgepasst: Eigene Aufhebungsgründe sind keine Aufhebungsgründe

Achtung aufgepasst: Eigene Aufhebungsgründe sind keine Aufhebungsgründe

vorgestellt von Thomas Ax

1. Soweit eine Ausschreibung aufgehoben werden kann, wenn die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen, kann dieser Aufhebungsgrund nur auf Tatsachen gestützt werden, die erst nach Versendung der Verdingungsunterlagen eingetreten oder dem Auftraggeber bekannt geworden sind, ohne dass eine vorherige Unkenntnis auf mangelhafter Vorbereitung beruht.

2. Bei der Aufhebungsentscheidung ist die Heranziehung von Gründen, die dem Auftraggeber bekannt waren und/oder mit deren Vorliegen oder Eintritt er bei der Vergabeentscheidung rechnen musste, ausgeschlossen. Auch darf der öffentliche Auftraggeber den Aufhebungsgrund nicht selbst schuldhaft herbeigeführt haben.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.08.2023 – Verg 3/23

Von der Redaktion

Von der Redaktion

Das Vergaberecht ist komplex und durch eine dynamische Rechtsentwicklung geprägt. Europäisches Recht, nationales Recht und (Ver-)ordnungen greifen ineinander, ergänzen und widersprechen sich.

Diese Ausgabe 6 der VergabePrax legt den Fokus auf die Gestaltung von EU-Vergabeverfahren nach VgV. Angesichts begrenzter zeitlicher, finanzieller und auch personeller Ressourcen stellt die Gestaltung von Vergabeverfahren nach VgV eine erhebliche Herausforderung für die öffentliche Verwaltung dar. In diesem Heft werden unter verschiedenen Rubriken typische Situationen und Herausforderungen behandelt, die sich in der Praxis für die öffentliche Hand bzw. deren Verfahrensbetreuer immer wieder stellen. Ziel dieses Hefts ist es, die MitarbeiterInnen der Vergabestellen in die Lage zu versetzen, EU-Vergabeverfahren nach VgV schnell, effektiv und kostengünstig durchführen zu können.

Kurz gefragt: Wann ist ein Unternehmen antragsbefugt?

Kurz gefragt: Wann ist ein Unternehmen antragsbefugt?

von Thomas Ax

Gemäß § 160 Abs. 2 GWB sind nur solche Unternehmen antragsbefugt, denen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Ein Schaden droht, wenn der Antragsteller im Fall eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte (BGH, Beschluss vom 10. November 2009, X ZB 8/09, NZBau 2010, 124 Rn. 32), wenn also die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2004, 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564, 565). Nicht erforderlich ist, dass ein Antragsteller im Sinne einer darzulegenden Kausalität nachweisen kann, dass er bei korrekter Anwendung der Vergabevorschriften den Auftrag erhalten hätte. Nur wenn eine Verschlechterung der Zuschlagschancen durch den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß offensichtlich ausgeschlossen ist, ist der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis unzulässig (Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021, Verg 23/20, BeckRS 2021, 21311 Rn. 26).

Ist das Angebot des Bieters nicht das zweit-, sondern das dritt- oder schlechter platzierte, bedarf die Feststellung einer Verschlechterung der Zuschlagschancen demzufolge einer über die Vergaberechtswidrigkeit der Auswahl des erstplatzierten Bieters hinausgehender Darlegung (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2010, Verg W 10/09, BeckRS 2010, 3986; Senatsbeschluss vom 28. September 2022, Verg 16/22, unter II.3.b.aa.). Insoweit ist entweder dahingehender Vortrag erforderlich, dass das eigene, beispielsweise an dritter Stelle der Wertung liegende Angebot deshalb den Zuschlag erhalten müsste, weil auch das auf dem zweiten Platz der Wertung liegende Angebot von der Wertung auszuschließen sei (OLG Celle, Beschluss vom 2. Dezember 2010, 13 Verg 12/10, BeckRS 2011, 528; Schäfer in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Komm. z. GWB-Vergaberecht, 5. Aufl. 2020, § 160 Rn. 75) oder dass sämtliche tatsächlich in die Wertung gelangten Angebote hätte ausgeschlossen werden müssen (Senatsbeschluss vom 27. April 2005, VII-Verg 23/05, BeckRS 2005, 5608), weil dann das eingeleitete Vergabeverfahren in diesem Fall nicht ohne Weiteres durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 10. November 2009, X ZB 8/09, NZBau 2010, 124 Rn. 32; Senatsbeschluss vom 28. September 2022, VII-Verg 16/22, unter II.3.b.aa.).