Ax Vergaberecht

Begründungsmängel können durch nachgeschobenen Vortrag im Nachprüfungsverfahren geheilt werden können, solange sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden

Begründungsmängel können durch nachgeschobenen Vortrag im Nachprüfungsverfahren geheilt werden können, solange sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden

von Thomas Ax

Soweit sich ein Antragsteller auch gegen eine mangelnde Transparenz der Wertungskriterien wendet, ist er nicht unbedingt nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ausgeschlossen, wenn die gerügte mangelnde Transparenz jedenfalls nicht für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter des angesprochenen Bieterkreises bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 03.04.2019 – VII Verg 49/18; Beschl. v. 26.07.2018 – VII Verg 23/18; Beschl. v. 28.03.2018 – VII Verg 54/17 und Beschl. v. 15.01.2020 – VII Verg 20/19, BeckRS 2020, 1327 Rn 37) erkennbar war. Denn die Erkennbarkeit muss sich sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen (Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 Rn 49). In Bezug auf die zu rügenden Vergaberechtsverstöße, welche sich aus den Vergabeunterlagen ergeben (§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB) ist für eine Präklusion mithin erforderlich, dass der Inhalt der Unterlagen bei laienhafter rechtlicher Bewertung, also ohne Bemühung besonderen Rechtsrats, auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Rechtsvorschriften, gegen die verstoßen wird, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise gehören (Senat, Beschl. v. 26.07.2018 – VII Verg 23/18; Beschl. v. 15.01.2020 – VII Verg 20/19, BeckRS 2020, 1327 Rn 37; OLG München, Beschl. v. 22.10.2015 – Verg 5/15). Daher genügt es nicht, wenn die gerügten Verstöße gegen das Transparenz- und Wirtschaftlichkeitsgebot bereits in der Leistungsbeschreibung angelegt waren (Senat, Beschl. v. 02.05.2018 – VII Verg 3/18), das gilt insbesondere, wenn nur vertiefte Rechtskenntnisse eine Beurteilung der Vergaberechtskonformität eines Bewertungssystems erlauben (vgl. Senat, Beschl. v. 29.04.2015, VII-Verg 35/14). Es kann dann gut sein, dass die mangelnde Transparenz nicht bereits anhand der Vergabeunterlagen erkennbar war, sondern erst im Zusammenhang mit der konkreten Wertung.

Bei der Bewertung, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt (§ 127 Abs. 1 S. 2 GWB), genießt der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der von den Nachprüfungsinstanzen nur dahin überprüfbar ist, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen, keine sachwidrigen Erwägungen für die Entscheidung herangezogen und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verstoßen wurde (Senat, Beschl. v. 16.10.2019 – VII Verg 6/19, NZBau 2020, 318).
Hat der öffentliche Auftraggeber für die Bewertung, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt (§ 127 Abs. 1 S. 2 GWB), auf ein Bewertungssystem mittels Noten abgestellt, so steht ihm auch insoweit ein Beurteilungsspielraum zu allerdings mit der Folge, dass seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen auch daraufhin überprüfbar sind, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden (BGH, Beschl. v. 04.04.2017 – X ZB 3/17, NZBau 2017, 366 [371] Rn. 53 – Postdienstleistungen).
Bei der Überprüfung, ob und inwieweit die Bewertung der Angebote dem vorgegebenen Benotungssystem entspricht, sind bei der Überprüfung von den Nachprüfungsinstanzen analog § 175 Abs. 2 i. V. m. § 71 Abs. 1 S. 3 GWB sämtliche in der Vergabedokumentation enthaltenen und der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers zugrundeliegenden Tatsachen, auch soweit diese wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit der Antragstellerin eines Nachprüfungsverfahrens nicht offenbart werden durften, zu berücksichtigen (Senat, Beschl. v. 16.10.2019 – VII Verg 6/19, NZBau 2020, 318).

Nach § 8 Abs. 1 S. 2 VgV ist der Auftraggeber verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren. Insbesondere dann, wenn er sich dafür, wie im Streitfall, eines überwiegend aus qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden, muss er seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Die Begründung muss alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen zu können. Bei Wertungsentscheidungen hat der öffentliche Auftraggeber darzulegen, nach welchen konkreten Gesichtspunkten die Bewertung erfolgt (BGH, Beschl. v. 04.04.2017 – X ZB 3/17, NZBau 2017, 366 Rn 53 – Postdienstleistungen; Senat, Beschl. v. 16.10.2019 – VII Verg 6/19, NZBau 2020, 318 Rn 63; Goede/Hänsel, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 8 VgV Rn 9 mwN.).
Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des OLG Düsseldorfs, dass Begründungsmängel durch nachgeschobenen Vortrag im Nachprüfungsverfahren geheilt werden können, solange sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden und nicht zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentationen nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten (BGH, Beschl. v. 08.02. 2011 – X ZB 4/10,  Rn. 73; Senat, Beschl. v. 21.10.2015 – VII-Verg 28/14; Senat, Beschl. v. 12.02.2014 – VII-Verg 29/13; Senat Beschl. v. 07.11.2012 – VII-Verg 24/12; OLG Celle, Beschl. v. 12.05.2016 – 13 Verg 10/15). Ein Nachschieben von Gründen ist demnach möglich, wenn die Vergabestelle ihre Erwägungen im Laufe des Nachprüfungsverfahrens lediglich ergänzt und präzisiert (Senat, Beschl. v. 10.02.2021 – VII Verg 23/20).
Nicht um ein Nachschieben von Gründen handelt es sich demgegenüber, wenn der öffentliche Auftraggeber eine neue Wertungsentscheidung trifft, mit welcher er nochmals aufgrund einer als berechtigt anerkannten Rüge aus eigenem Antrieb eine Neubewertung der Angebote insgesamt oder zumindest in Bezug auf einzelne Wertungskriterien vornimmt, wozu er in jedem Stadium des Verfahrens berechtigt ist (vgl. Senat, Beschl. v. 19.04.2017 – VII Verg 38/16; Dreher/Hoffmann, in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck’scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl., § 134 GWB Rn 46 f.).

Konzeptbewertung bedarf eingehender Dokumentation

Konzeptbewertung bedarf eingehender Dokumentation

von Thomas Ax

Die § 127 Abs.1 GWB, § 58 Abs. 1 VgV eröffnen dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung der Angebote einen von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Der Auftraggeber ist danach gehalten, den relevanten Sachverhalt bei der Bewertung zugrunde zu legen und das von ihm für die Bewertung vorgegebene Verfahren unter Berücksichtigung der vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 Abs. 1, 2 GWB einzuhalten, insbesondere die zu vergleichenden Angebote diskriminierungsfrei zu prüfen und zu bewerten. Um die Nachprüfbarkeit zu gewährleisten, bedarf es einer hinreichenden Dokumentation des Wertungsvorgangs, aus dem sich die Vorgehensweise und tragenden Gründe der Entscheidungen des Auftraggebers transparent nachvollziehen lassen, § 8 VgV.

Dass eine Bewertung durch ein Gremium nicht vorab in Auftragsbekanntmachung bzw. Vergabeunterlagen bekannt gemacht worden ist, ist vergaberechtlich unbedenklich. Denn eine vergaberechtliche Pflicht des öffentlichen Auftraggebers zu Veröffentlichung des konkreten Bewertungsgremiums, hier für die fachliche Konzeptbewertung durch den Bedarfsträger, gibt es nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2026, Rs. C-6/15; VK Bund, Beschluss vom 11. November 2020 – VK184/20). Nach § 127 Abs. 5 GWB müssen nur die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden; dies ist hier erfolgt. Erforderlich ist, dass die Bewertung hinreichend dokumentiert und diskriminierungsfrei gehandhabt wird.

Eine Dokumentation der von den einzelnen Gremiumsmitgliedern vor der gemeinsamen Beratung und Bewertung für sich erstellten Bewertungsbögen ist vergaberechtlich nicht geboten. § 8 Abs. 1 S. 1 VgV verlangt eine Dokumentation, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe erforderlich ist, insbesondere von internen Beratungen.

Auftrag Vergabe der Trägerschaft für Kindertageseinrichtungen Weidenberg

Auftrag Vergabe der Trägerschaft für Kindertageseinrichtungen Weidenberg

Der Markgemeinderat hat am 28.7. in seiner Sitzung die Beauftragung für die Durchführung der Ausschreibung für die Trägerschaft der Kindertageseinrichtungen des Marktes Weidenberg beschlossen. 

Los 1
Kindertageseinrichtung Weidenberg, In der Au 21 – Kindergarten
Vier Kindergartengruppen; Grundschülerbetreuung im Rahmen der Altersöffnung

Los 2
Kindertageseinrichtung Weidenberg, In der Au 21 – Kinderkrippe
Vier Krippengruppen, aktuell drei in Betrieb

Los 3
Kindertageseinrichtung Weidenberg, In der Au 22 – Kindergarten und Krippe
Zwei Kindergartengruppen, drei Krippengruppen; Grundschülerbetreuung im Rahmen der Altersöffnung

Los 4
Kindertageseinrichtung Weidenberg – Neunkirchen a. Main
Zwei Kindergartengruppen, zwei Krippengruppen; Grundschülerbetreuung im Rahmen der Altersöffnung

Die Gebäude befinden sich im Eigentum des Marktes Weidenberg. Alle Gebäude sind in einem guten – zum Teil neuen – Zustand. Personal sollte i. R. d. Übernahme der Trägerschaft übernommen werden. In diesem Zusammenhang wird auch ein Betreibervertrag/Defizitvertrag erarbeitet werden.

OLG Düsseldorf zu der Frage, dass, ob ein Auftrag aus technischen Gründen oder wegen des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann, entscheidend von der Festlegung des Auftragsgegenstands und der Bestimmung seiner technischen Spezifikationen abhängt

OLG Düsseldorf zu der Frage, dass, ob ein Auftrag aus technischen Gründen oder wegen des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann, entscheidend von der Festlegung des Auftragsgegenstands und der Bestimmung seiner technischen Spezifikationen abhängt

vorgestellt von Thomas Ax

Eine gesetzliche Gestattung, einen Auftrag ohne vorherige Bekanntmachung – im Sinne eines Aufrufs zum Wettbewerb – zu vergeben, besteht allein für das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb. Dessen Voraussetzungen sind – in Umsetzung des Art. 32 RL 2014/24/EU über die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung – für Lieferaufträge in § 119 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5, 2. Alt. GWB i.V.m. § 14 Abs. 4 VgV geregelt.

Gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 GWB stehen den öffentlichen Auftraggebern das offene und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach ihrer Wahl zu Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist. Gemäß § 119 Abs. 5, 2. Alt. GWB i.V.m. § 14 Abs. 4 VgV kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 VgV vergeben. Von den dort geregelten Fällen kommt hier allein § 14 Abs. 4 Nr. 2 b) VgV in Betracht. Danach kann (und muss, vgl. Hausmann / Kern in: Kulartz / Kus / Marx / Portz / Prieß, Kommentar zur VgV, § 14 Rn. 18) der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht werden kann, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist. Dies gilt gemäß § 14 Abs. 6 VgV indes nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.

Sämtliche Ausnahmen vom vorrangig durchzuführenden offenen oder nicht offenen Verfahren sind grundsätzlich eng auszulegen (Hausmann / Kern aaO Rn. 16 mwN). Dies gilt erst recht, wenn gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2 b) VgV nur mit einem Unternehmen verhandelt werden soll, die Vergabe also nicht im Wettbewerb erfolgt. Die Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands trägt der öffentliche Auftraggeber. Hierbei sind stichhaltige Belege beizubringen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen ergibt (vgl. EUGH, Urteil v. 15.10.2009, C-275/08, Rn. 54 ff. mwN; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.12.2013, VII-Verg 24/13, juris Rn. 22 mwN; Hausmann / Kern aaO Rn. 16 mwN).

Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb erfordert das – vom öffentlichen Auftraggeber darzulegende und ggf. zu beweisende – objektive Fehlen von Wettbewerb. Dies verdeutlicht der Erwägungsgrund 50 zu Art. 32 der RL 2014/24/EU, welchem die nationalen Vorschriften fast wortgleich nachgebildet sind:

Angesichts der negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb sollen Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen zur Anwendung kommen. Die Ausnahme sollte auf Fälle beschränkt bleiben, in denen eine Veröffentlichung entweder aus Gründen extremer Dringlichkeit wegen unvorhersehbarer und vom öffentlichen Auftraggeber nicht zu verantwortender Ereignisse nicht möglich ist oder in denen von Anfang an klar ist, dass eine Veröffentlichung nicht zu mehr Wettbewerb oder besseren Beschaffungsergebnissen führen würde, nicht zuletzt weil objektiv nur ein einziger Wirtschaftsteilnehmer in der Lage ist, den Auftrag auszuführen. Dies ist der Fall bei Kunstwerken, bei denen der einzigartige Charakter und Wert des Kunstgegenstandes selbst untrennbar an die Identität des Künstlers gebunden ist. Ausschließlichkeit kann auch aus anderen Gründen erwachsen, doch nur Situationen einer objektiven Ausschließlichkeit können den Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung rechtfertigen, sofern die Ausschließlichkeitssituation nicht durch den öffentlichen Auftraggeber selbst mit Blick auf das anstehende Vergabeverfahren herbeigeführt wurde.

Öffentliche Auftraggeber, die auf diese Ausnahme zurückgreifen, sollten begründen, warum es keine vernünftigen Alternativen oder keinen vernünftigen Ersatz gibt, wie die Nutzung alternativer Vertriebswege, einschließlich außerhalb des Mitgliedsstaats des öffentlichen Auftraggebers, oder die Erwägung funktionell vergleichbarer Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen.

Ist die Ausschließlichkeit auf technische Gründe zurückzuführen, so sollten diese im Einzelfall genau beschrieben und nachgewiesen werden. Als solche könnten beispielsweise angeführt werden, dass es für einen Wirtschaftsteilnehmer technisch nahezu unmöglich ist, die geforderte Leistung zu erbringen, oder dass es nötig ist, spezielles Wissen, spezielle Werkzeuge oder Hilfsmittel zu verwenden, die nur einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer zur Verfügung stehen. Technische Gründe können auch zurückzuführen sein auf konkrete Anforderungen an die Interoperabilität, die erfüllt sein müssen, um das Funktionieren der zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen zu gewährleisten (Erwägungsgrund 50 zu Art. 32 der RL 2014/24/EU).

Die Frage, ob ein Auftrag aus technischen Gründen oder wegen des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann, hängt entscheidend von der Festlegung des Auftragsgegenstands und der Bestimmung seiner technischen Spezifikationen ab. Legt sich der Auftraggeber auf bestimmte Funktionen, Merkmale oder Verfahren fest, kann es im Ergebnis sein, dass nur noch ein einziges Unternehmen in der Lage ist, den Auftrag zu erfüllen (Kulartz in: Kulartz / Kus / Marx / Portz / Prieß, Kommentar zur VgV, § 14 Rn. 43 f. mwN).

Bereits für die Vergabe eines Auftrags innerhalb eines wettbewerblichen Verfahrens ist anerkannt, dass die – dem Vergabeverfahren grundsätzlich vorgelagerte – Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers, ob und was beschafft werden soll, und damit auch die Frage, welche Anforderungen an die zu beschaffenden Leistungen gestellt werden dürfen, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der wettbewerbsoffenen Beschaffung vergaberechtlichen Grenzen unterliegt. Diese sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats gewahrt, sofern die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind, und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.09.2016, VII-Verg 13/16, juris Rn. 29-36; Beschluss v. 01.08.2012, VII-Verg 10/12, juris Rn. 40-45; Beschluss v. 27.6.2012, VII-Verg 7/12, juris Rn. 21 ff.).

Führt die Bestimmung des Auftragsgegenstands durch den öffentlichen Auftraggeber dazu, dass im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 2 a) oder b) VgV der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, greift das Korrektiv des § 14 Abs. 6 VgV ein, wonach die Voraussetzungen für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb, mithin eine Vergabe außerhalb des Wettbewerbs, nur dann gelten, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist. Die Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers unterliegt damit engeren vergaberechtlichen Grenzen als dies bei Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens der Fall ist. Eine Leistungsbestimmung, die im Falle des § 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV zu einem völligen Wettbewerbsverzicht führt, bedarf größerer Rechtfertigungstiefe als eine solche, die unter Aufrechterhaltung des Vergabewettbewerbs im Ergebnis (nur) zu einer hersteller- oder produktbezogenen Leistungsspezifikation gemäß § 31 Abs. 6 VgV führt (vgl. Kulartz aaO Rn. 46 mwN).

Oberlandesgericht Düsseldorf
Vergabesenat
Beschluss vom 12.07.2017
VII-Verg 13/17

Mehr Für als Wider des KITA-Trägerwechsels

Mehr Für als Wider des KITA-Trägerwechsels

von Thomas Ax

„Erst die Proteste um die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren, nun ein erster Schritt zum möglichen Trägerwechsel –der Gemeinderat hat sich erneut mit der Kinderbetreuung befasst, begleitet von regem Interesse vieler Eltern. … Zuletzt hat es große Diskussionen wegen höheren Kitagebühren gegeben. Jetzt will die Gemeinde möglicherweise die Trägerschaft für ihre Kindergärten abgeben. Die Eltern fürchten dadurch noch höhere Kitagebühren. Die Gemeinde will aber nicht mehr die Verantwortung für die Kita-Aufgaben haben und dadurch Rathauspersonal entlasten. … Normalerweise wird die Kommune nur Kita-Träger, wenn sonst niemand zur Verfügung steht. … Die Proteste der Eltern haben es doch nicht verhindern können. Die Kita-Gebühren werden drastisch steigen. Das hat der Gemeinderat jetzt doch mehrheitlich beschlossen. In den vergangenen Monaten hat es viel Diskussion gegeben. … Jetzt hat sich die Rechtsaufsicht des Landratsamtes eingeschaltet … die Gebühren müssen deutlich rauf. … Damit ist die starke finanzielle Mehrbelastung für die Eltern jetzt sicher.“

Kennen Sie solche oder ähnliche Pressemeldungen?
Wir unterstützen gerne fachlich. Wir sprechen uns für die Durchführung einer Vergabe an einen freigemeinnützigen Träger aus.

Träger von Kindertageseinrichtungen können kommunale, freigemeinnützige und sonstige Träger sein
Kommunale Träger sind Gemeinden, Gemeindeverbände, Verwaltungsgemeinschaften und kommunale Zweckverbände. Als kommunale Träger im Sinn dieses Gesetzes gelten auch selbstständige Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts, juristische Personen des Privatrechts sowie rechtsfähige Personenvereinigungen, an denen kommunale Gebietskörperschaften mehrheitlich beteiligt sind beziehungsweise in denen sie einen beherrschenden Einfluss ausüben. Freigemeinnützige Träger sind sonstige juristische Personen des öffentlichen und solche des privaten Rechts, deren Tätigkeit nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Sonstige Träger sind insbesondere Elterninitiativen, privatwirtschaftliche Initiativen, nichtrechtsfähige Vereine und natürliche Personen.
Soweit Kindertageseinrichtungen in gleichermaßen geeigneter Weise wie von einem kommunalen Träger auch von freigemeinnützigen Trägern betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, sollen die Gemeinden und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen.
Die Gemeinden sollen im eigenen Wirkungskreis und in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gewährleisten, dass die nach der Bedarfsfeststellung notwendigen Plätze in Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege rechtzeitig zur Verfügung stehen.
Trägern kommt bei der Qualitätssicherung und -entwicklung im System der Frühen Bildung eine entscheidende Rolle zu
Dies ergibt sich insbesondere aus ihrer Funktion als Schnittstelle zwischen unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren in diesem System, ihrer Verantwortung für die Bereitstellung der grundlegenden Ressourcen, die eine Kindertageseinrichtung benötigt, sowie aus den unterschiedlichen Steuerungs- und Unterstützungsaufgaben, die sie zu erfüllen haben. Kita-Träger sehen sich immer mehr rechtlichen Rahmenbedingungen und einer gestiegenen Erwartungshaltung zur Initiierung und Implementierung von qualitätssteuernden und -sichernden Prozessen gegenüber. Bei der Betrachtung der Rolle der Träger für die Qualitätsentwicklung im System der Frühen Bildung sind zwei zentrale Aspekte voneinander zu unterscheiden, die verschiedene Ansatzpunkte für die Qualitätsentwicklung bieten: Zum einen sind Träger verantwortlich für die Steuerung der Qualitätssicherung und -entwicklung in den Kindertageseinrichtungen. Zum anderen übt die Qualität des Trägers selbst Einfluss auf die pädagogische Qualität in den Einrichtungen aus. Nachdem sich Qualitätsdebatten im Bereich der Frühen Bildung lange auf die Ebene der Einrichtungen fokussierten, wird die Ebene des Trägers als qualitätsbestimmende Größe nun zunehmend in den Blick genommen. Es hat sich weitgehend etabliert, dass Träger die pädagogische Qualität durch die Formulierung von Qualitätsstandards und Vorgaben vorantreiben. Empirische Befunde zeigen, dass der Großteil der Träger sich der Aufgabe der Qualitätssicherung und -entwicklung in den Kindertageseinrichtungen annimmt, jedoch wird sie bislang noch eher unsystematisch bearbeitet (Blatter 2021). Die Umsetzung der Qualitätssteuerung erfolgt je nach Träger sehr unterschiedlich. Die Hälfte der Träger verfügt über ein eigenes Qualitätsentwicklungs- und Qualitätssicherungsverfahren bzw. ein Qualitätshandbuch, wobei freie Träger, größere Träger und Träger, die einem Verband angehören, häufiger mit einem eigenen Verfahren arbeiten. Auch sind für Kindertageseinrichtungen verbindliche Qualitätsmanagementmaßnahmen in den ostdeutschen Bundesländern deutlich häufiger eingeführt als in den westdeutschen. Neben der Rolle des Trägers bei der Umsetzung von Qualitätssicherung und -entwicklung in den Kindertageseinrichtungen muss die Ebene des Trägers als qualitätsbestimmende Größe stärker in den Blick genommen werden. Unter dem Stichwort „Trägerqualität“ oder „Trägerzuverlässigkeit“ wird diskutiert, welche Bedingungen der Träger erfüllen muss, damit sich pädagogische Qualität in den Kindertageseinrichtungen entfalten kann, wobei nicht hinlänglich geklärt ist, was eine gute Trägerqualität ausmacht. Gerade in Zusammenhang mit einer gewachsenen Heterogenität der Trägerlandschaft betont die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, dass „nicht alle Träger (…) über die notwendigen Erfahrungen oder Strukturen [verfügen], den qualitativen Anforderungen umfassend zu entsprechen und im Trägerwettbewerb auf Dauer zu bestehen“ (BAGLJÄ 2020, S. 4).

Träger von Kindertageseinrichtungen treten in unterschiedlichen Rechtsformen auf
Kindertageseinrichtungen von öffentlichen Trägern werden in der überwiegenden Mehrzahl als Regie- oder Eigenbetriebe der Gebietskörperschaften geführt. Als Regiebetriebe sind sie Teil der öffentlichen Verwaltung, während Eigenbetriebe zwar über eine organisatorische Eigenständigkeit, aber ebenfalls über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen. Im Unterschied dazu kommt der bislang eher selten gewählten Rechtsform eines Kommunalunternehmens eine eigene Rechtsfähigkeit zu, was ein freieres Agieren auf dem Markt ermöglicht. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) als private Rechtsform spielt bei den öffentlichen Trägern eine untergeordnete Rolle. Bei den privatgemeinnützigen Trägern sind sowohl Rechtsformen des Privatrechts als auch des öffentlichen Rechts anzutreffen. So sind Kirchengemeinden als Einrichtungsträger in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts. Katholische Einrichtungen befinden sich zu einem kleineren Teil in Trägerschaft kirchlicher Stiftungen. Abgesehen von den kirchlichen Trägern wählen freie gemeinnützige Träger häufig die Organisationsform des als gemeinnützig anerkannten eingetragenen Vereins. Diese Rechtsform ist für den gemeinnützigen Sektor typisch. Daneben kommt der gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) eine beträchtliche und nach wie vor wachsende Bedeutung zu. Freie privatgewerbliche Träger treten als GmbH, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder in Form einer als Unternehmerin bzw. Unternehmer tätigen Einzelperson in Erscheinung. Generell hängt die Wahl der Rechtsform bei Gründung eines Trägers von einer Reihe von Faktoren wie der Anzahl der Gründenden, der Höhe der anfänglichen Kapitaleinlagen, Haftungsfragen und Entscheidungsbefugnissen ab. Darüber hinaus richtet sie sich danach, welche Organisationsform den Zielen, der geplanten Tätigkeit sowie der Finanzierung am ehesten entspricht. Auch steuerliche Überlegungen werden eine Rolle spielen. Beispielsweise können natürliche Personen und Personengesellschaften keine Steuerbegünstigungen für gemeinnützige Organisationen in Anspruch nehmen.

Organisatorisch sind die Kindertagesstätten „klassisch“ in die Verwaltung eingebunden,
und zwar als eine von zwei Abteilungen des Sachgebiets „Kinder und Jugend“. Dieses Sachgebiet bildet mit zwei weiteren Sachgebieten den Fachbereich „Soziales, Bildung, Jugend und Freizeit“. Daneben erbringen auch die weiteren Fachbereiche, wie z.B. Personal, Finanzen, Kasse, Vollstreckung, EDV, Immobilienverwaltung, Hochbau etc. Leistungen für die Kindertagesstätten. Dies spiegelt die Zerstreuung der Verantwortlichkeiten und Verflechtungen im Querschnitt der Verwaltung für die Kindertagesstätten wider, was zur Folge hat, dass die Entscheidungsprozesse langwierig und teilweise ineffektiv sind.

Eine externe, gemeinnützige Trägerschaft für eine Kita bietet mehrere Vorteile
insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung, die pädagogische Ausrichtung und das Betriebsklima. Gemeinnützige Träger wie Wohlfahrtsverbände oder kirchliche Einrichtungen können von steuerlichen Vorteilen profitieren und haben oft ein breiteres Netzwerk für Spenden und Fördergelder. Zudem kann eine gemeinnützige Trägerschaft eine größere Flexibilität bei der pädagogischen Gestaltung und eine familiäre Atmosphäre in der Einrichtung begünstigen.

Nachteile der gemeindlichen Trägerschaft von Kindertagesstätten (Kitas)
können eine eingeschränkte Flexibilität bei der Gestaltung des pädagogischen Angebots und der Öffnungszeiten, sowie mögliche längere Wartezeiten für einen Platz sein. Zudem kann die Nähe zum Einzugsgebiet zu einer weniger vielfältigen Gruppenzusammensetzung führen.
Kommunale Kitas sind oft stärker an standardisierte Konzepte und Vorgaben gebunden, was die Möglichkeit für individuelle pädagogische Ansätze einschränken kann.
Öffnungszeiten und Schließzeiten sind häufig stärker an den Bedürfnissen der Verwaltung und weniger an den Bedürfnissen der Eltern ausgerichtet.
Die Vergabe von Kita-Plätzen erfolgt oft nach festen Kriterien und kann zu langen Wartezeiten führen, insbesondere bei begehrten Einrichtungen.
Die Nähe zum Wohnort kann dazu führen, dass die Gruppen in der Kita eine homogene Zusammensetzung haben, was die soziale Vielfalt und den Austausch mit unterschiedlichen Lebenswelten einschränken kann.
Die Verwaltung von kommunalen Kitas ist oft mit einem höheren bürokratischen Aufwand verbunden, was zu längeren Bearbeitungszeiten bei Anliegen der Eltern führen kann.
Obwohl kommunale Kitas durch öffentliche Gelder finanziert werden, kann es zu Engpässen bei der Ausstattung oder zu Beitragserhöhungen kommen.

Wann macht die Kita-Übertragung an einen freien Träger Sinn?
Zuallererst geht es um mehr Vielfalt bei den Betreuungsinhalten und pädagogischen Ansätzen. Das heißt, dass langfristig bessere Chancen für Kinder und Wahlmöglichkeiten für die Eltern zwischen den Angeboten bestehen sollten. Erfahrungsgemäß verfügen Gemeinden nicht über das erforderliche Know-How bei dem Betrieb einer Kita – das reicht von Gesetzesänderungen über Mitarbeiterschulungen bis hin zu anderen Blickwinkeln. Die werden möglich, wenn ich auch mal in anderen Einrichtungen arbeite, anstatt jahrelang am gleichen Platz meinen Dienst verrichte. Ein weiterer Aspekt ist natürlich aus Sicht der Gemeinde, dass eine Kita-Übertragung auch zur Verbesserung der Struktur und Abläufe in der Amtsverwaltung beiträgt.
Mitarbeiter sind bei der Überleitung gesetzlich nach § 613 a BGB geschützt. Kein Mitarbeiter fängt bei Null beim neuen Träger an. Ich empfehle, vertraglich abzusichern, dass die langjährigen Betriebszugehörigkeitszeiten der Mitarbeiter anerkannt werden. Im Übrigen gibt es auch keine Probezeiten. Wer gute Erzieherarbeit abliefert und mit Engagement, Herz und Verstand bei der Sache ist, kann optimistisch nach vorne schauen.
Der neue Träger wird zum Unterstützer der Gemeinde. Er ist Dienstleister für sie und die dort lebenden Eltern.
Alle relevanten Fragen sind vertraglich zu regeln und dabei wirklich alle Erfahrungen und Kompetenzen zu nutzen. Ein Vertrag bindet den Träger wie die Gemeinde. Die Verantwortlichen einer Gemeinde spüren sehr schnell, wenn etwas nicht stimmt oder falsch läuft und können schnell reagieren.

Kommunen müssen in der Beschaffung von Betreiberleistungen für Kindergärten das Vergaberecht beachten
Besondere qualitative Zusatzkriterien können sicherstellen, dass nicht nur der günstigste, sondern der beste Bewerber den Zuschlag erhält.

Urteil des Oberlandesgerichts Jena
Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Jena in einer grundsätzlichen Entscheidung (Beschluss vom 09.04.2021 – Verg 2/20) klargestellt. In diesem Beschluss führt der Vergabesenat des OLG aus, dass Verträge über den Betrieb eines Kindergartens keine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Vergaberechts darstellen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Ausnahmen vom Vergaberecht durch die europäischen Richtlinien abschließend definiert werden. Auch eine analoge Anwendung nicht passender Ausnahmetatbestände scheidet insoweit aus.
An dieser Einordnung ändert auch weder die Tatsache etwas, dass das Kindergartenrecht öffentlich-rechtlich geprägt ist, noch die Frage, ob der Betrieb in einem zivilrechtlichen oder einem öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt ist. Vielmehr handelt es sich bei dem Betrieb eines Kindergartens um eine Dienstleistung für den öffentlichen Auftraggeber, der damit die Kinderbetreuung in seiner Gemeinde sicherstellen will. Nicht von Bedeutung ist dabei, ob die Bezahlung – ganz oder teilweise – direkt vom öffentlichen Auftraggeber vorgenommen wird.

Europaweites Vergabeverfahren verpflichtend
Auch die teilweise vertretene Ansicht, es könnte sich beim Betrieb um eine vergaberechtliche Konzession handeln, ist regelmäßig unzutreffend, da es in nahezu allen Fällen bereits am Betriebsrisiko des Betreibers fehlt. Ein solches wirtschaftliches Risiko ist jedoch zwingende Voraussetzung einer Konzession. Soweit öffentliche Auftraggeber bisher die Betreiberverträge als Konzession deklariert haben, führt dies zu keiner Ausnahme vom Vergaberecht. Insbesondere ist der Schwellenwert für vergaberechtliche Konzessionen nicht einschlägig.

Selbst die Einordnung dieser Betreiberleistungen als Dienstleistung des Sozialwesens nach Anhang XIV zur Richtlinie 2014/24/EU führt nicht dazu, dass ein europaweites Vergabeverfahren obsolet wird, denn durch die regelmäßig vorliegenden langen Laufzeiten der Betreiberverträge wird der Schwellenwert von 750.000 Euro netto oftmals überschritten werden.
Im Ergebnis sind Städte und Gemeinden daher verpflichtet, auch den Betrieb eines Kindergartens im Rahmen eines (europaweiten) Vergabeverfahrens auszuschreiben. Unterlassen Sie dies, drohen insbesondere beim Angriff eines de facto beauftragten Betreibers schwerwiegende Folgen, die nicht selten auch politische Konsequenzen nach sich ziehen.

Besonderheit der Leistungen berücksichtigen
Bei der Vergabe von Kindergartenbetreiberleistungen haben die öffentlichen Auftraggeber und nicht zuletzt die Eltern der betreuten Kinder ein gesteigertes Interesse daran, dass die Besonderheiten solcher Leistungen auch eine entsprechende Berücksichtigung finden.

Zuschlagskriterien einsetzen
Die vertraglichen Verpflichtungen und die exakte Ausgestaltung der Leistungsbeschreibung können helfen, aber nicht allein sicherstellen, dass die Qualität des Betreibers hinreichend berücksichtigt wird. Ein zentraler Ansatzpunkt, dies zu gewährleisten, sind daher qualitative Zuschlagskriterien, insbesondere solche auf Konzeptbasis. Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Verwendung dieser qualitativen Kriterien und insbesondere die Dokumentation der Wertung sind hoch, aber mit unserer Erfahrung gut zu erfüllen.
Der Bewertung kann aus Gleichbehandlungs- und Transparenzgründen nur eine Erwartungshaltung zugrunde gelegt werden, die sich aus den Vergabeunterlagen für einen fachkundigen Bieter auch ergibt. Den am Auftrag interessierten Unternehmen müssen alle Kriterien und deren relative Bedeutung, die bei der Bestimmung dieses Angebots berücksichtigt werden, im Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote bekannt sein. Umgekehrt darf der Auftraggeber keine Unterkriterien oder Gewichtungsregeln anwenden, die er den am Auftrag interessierten Unternehmen gegen § 127 Abs. 5 GWB nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (EuGH, Urteil vom 24.01.2008 – Rs. C 532/06, NZBau 2008, 262 – “Lianakis”). Dies hat auch zu gelten, wenn der Auftraggeber solche Kriterien und Regeln erst im Nachhinein aufgestellt hat und nicht auszuschließen ist, dass, wären diese bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen, sie die Vorbereitung hätten beeinflussen können (EuGH, -“Lianakis” a.a.O.; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.05.2008 – VII-Verg 5/08). Zwar mag es zulässig sein, dass Auftraggeber gerade bei der Wertung einer Vielzahl von Bietern interne Richtlinien aufstellen, anhand derer eine einheitliche Bewertung etwa von Konzepten sichergestellt werden soll, ohne dass diese den Bietern zur Kenntnis gegeben werden müssen. Denn ansonsten müssten Bieter lediglich die in den Bewertungsrichtlinien aufgeführten Maßstäbe in ein Konzept umwandeln und hätten keinen eigenen Differenzierungsspielraum, was dem Sinn der Konzeptbewertung widerspräche (vgl. BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17, ZfBR 2017, 607, 612). Allerdings ist die Grenze spätestens da zu ziehen, wo – wie hier -konkreten Unter-Unter-Kriterien feste Punktzahlen zugeordnet werden, selbst wenn diese als “Soll-Zahlen” bezeichnet werden, und – wie hier – gerade kein Spielraum für die Bewertung verschiedener funktionaler Ausprägungen durch die Bieter eingeräumt wird (VK Berlin, Beschluss vom 19.07.2024 – VK B 1-19/23).
Bei der Wertung der Angebote und namentlich auch bei der Bewertung von Qualitätskriterien wie Konzepten genießt der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist, vgl. nur BGH, Urteil vom 04.04.2017, X ZB 3/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017, Verg 39/16 oder OLG München, Beschluss vom 17.09.2015, Verg 3/15; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.10.2020 – 15 Verg 10/20; VK Westfalen Beschl. v. 1.2 2023 – VK 1-49/22, BeckRS 2023, 1031, beck-online.
Voraussetzung dafür, dass im Nachprüfungsverfahren festgestellt werden kann, dass der Auftraggeber seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten hat, ist, dass die Wertung anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und – ganz wesentlich – nachvollziehbar sind (vgl. VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022 – VK 2-24/22, VK Westfalen, Beschluss vom 01.02.2023 – VK 1-49/22). Nachvollziehbar ist eine Bewertung dann, wenn sich aus der Dokumentation über die Wertung ersehen lässt, warum das ausgewählte Angebot unter den weiteren Angeboten, die ebenfalls als wertbar angesehen werden, als das wirtschaftlichste bewertet wurde, vgl. VK Westfalen, a.a.O..

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Errichtung und oder Sanierung Ihrer Sporthalle und Ihres Hallenbades als gemeinsames Projekt

Errichtung und oder Sanierung Ihrer Sporthalle und Ihres Hallenbades als gemeinsames Projekt

Wir begreifen die Errichtung und oder Sanierung Ihrer Sporthalle und Ihres Hallenbades als gemeinsames Projekt.

Die Anforderungen an das Bauen werden immer umfangreicher.

Der gestiegene Komplexitätsgrad, sowie die Spezialisierung in allen Baubereichen lösen das klassische Planungsteam ab und fordern die frühzeitige Einbindung von Experten verschiedener Fachrichtungen.

Dies führt dazu, dass die einzelnen Fachplaner vermehrt unabhängig voneinander arbeiten und folglich unterschiedliche Planungsziele für dasselbe Bauprojekt festlegen. Aufgrund der mangelnden Abstimmung kann dies oft Mehrarbeit und folglich höhere Baukosten bedeuten.

Von Projektbeginn an ist die die Zusammenarbeit und Mitwirkung von kompetenten Partnern und Spezialisten erforderlich, um Aspekte wie Komfort, Energieeffizienz, Umweltfreundlichkeit und einen reibungslosen Betrieb umzusetzen. Zusätzliche und erhöhte Anforderungen an die Technik, Sicherheit, Materialeffizienz und Barrierefreiheit stellen neue Herausforderungen dar, bei gleichzeitiger Einhaltung von zuverlässigen Kostenplänen für den Bau und Betrieb. Neben der Planung muss daher heute der Prozess geplant und gesteuert und der gesamte Lebenszyklus – von der Planung, über die Errichtung und die Nutzung bis zur End-of-Life-Phase – bereits in den ersten Schritten der Projektentwicklungen berücksichtigt werden. Denn nur in dieser Planungsphase kann wirksam auf die Nachhaltigkeit und Gesamtwirtschaftlichkeit, d. h. auf die Kosten für den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung Einfluss geübt werden.

Projektvorbereitung

Speziell die frühen Phasen des Entwurfsprozesses haben starke Auswirkungen auf das Design, die Kosten, den gesamten Lebenszyklus und die Zukunftsfähigkeit.

Die Projektvorbereitung stellt die Grundlagenermittlung und Entscheidungsgrundlage für den Planungsprozess dar. Ziel einer nachhaltigen Planung ist die Optimierung der Planungsergebnisse durch eine frühzeitige Bedarfsplanung und eine entsprechende Zielvereinbarung. Hierbei spielen Variantenvergleiche, die Standortwahl und die Auswahl eines geeigneten, interdisziplinären Planungsteams ebenso eine wichtige Rolle wie die Einbindung der Nutzer und der Öffentlichkeit, die erste Kostenschätzung und die nachhaltige Dokumentation der Planungsunterlagen.

Nachhaltiger Bau beginnt folglich mit der Projektentwicklung, da bereits in den frühen Planungsphasen die Weichen für die zukünftige nachhaltige Qualität eines Gebäudes gestellt werden und hier das höchste Optimierungspotential liegt. In dieser Phase hat das Projektteam den größten Handlungsspielraum und Einwirkungsmöglichkeiten für die Umsetzung einer nachhaltigen Sporthalle. Denn nur zu Beginn der Planung kann wirksam auf die Gesamtwirtschaftlichkeit, d. h. auf die Kosten für den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung Einfluss ausgeübt werden.

Planung

Die Planung erfordert für das gesamte Planungsteam eine ganzheitliche Herangehensweise. Denn bei der Entwicklung müssen ökologische, ökonomische, soziokulturelle, funktionale, technische und standortspezifische Planungsaspekte einbezogen werden, die den gesamten Lebenszyklus berücksichtigen.

Im Rahmen der Planung werden auf Basis der Vorgaben der Bedarfsplanung Festlegungen zur Qualität des Gebäudes getroffen, die in der späteren Ausführungsplanung verbindlich umgesetzt werden müssen. Die mit der Bedarfsplanung vorgegebenen Ziele werden überprüft, angepasst und in Form von Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplänen detailliert ausgearbeitet.

Die Akzeptanz hängt dabei stark von ihrer Einbindung in das jeweilige gesellschaftliche Umfeld ab. Baukulturelle und ästhetische Faktoren sind dabei jedoch ebenso wichtig wie Flächeneffizienz und Nutzungsflexibilität, öffentliche Zugänglichkeit, nachhaltige Gestaltung des Außenraums, energieeffiziente Technologien und nachhaltige Herstellungsweisen.

Bauprozess und Bauausführung

Nachhaltiges Bauen strebt in allen Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden eine Minimierung des Verbrauchs von Energie und Ressourcen an. Die Bauausführung ist hierbei besonders wichtig, da es in dieser Phase unmittelbar zu Auswirkungen auf die Umgebung kommt.

Bereits in der Ausschreibungs- und Vergabephase können die Grundlagen für eine hochwertige und nachhaltige Bauausführung geschaffen werden. Dies erfolgt durch die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten

› in die Ausschreibung

› und bei der Auswahl der Firmen.

Durch den Einbezug von Nachhaltigkeitsaspekten in die Ausschreibung kann die ökologische und soziale Gebäudequalität erhöht werden, da die Bauprozessentscheidungen nicht ausschließlich aus ökonomischen Gründen getroffen werden. Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Auswahl von Firmen dient dem Ziel der Verbesserung der Bauqualität, der Förderung und des Erhalts von Arbeitsplätzen in der Region und der Durchsetzung von Umwelt- und Sozialstandards im Rahmen des Bauprozesses.

Bei der Auftragsvergabe von öffentlichen Baumaßnahmen ist die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB Teil A) anzuwenden. Hier werden Anforderungen an Bauunternehmen definiert, die durch ein Präqualifikationsverfahren auftragsunabhängig und vor Abgabe des Angebots von einem Unternehmen nachgewiesen werden müssen. Kommt die VOB Teil A nicht zur Anwendung, sollte dennoch auf eine Präqualifikation oder eine Prüfung der in der Verordnung geforderten Punkte des Anbieters stattfinden, um die Qualität der ausführenden Firmen und somit die nachhaltige Ausführung sicherzustellen.

Zur Qualitätssicherung der Baustellenabläufe und -prozesse müssen die Auswirkungen der Bauausführung minimiert und gleichzeitig die Gesundheit aller Beteiligten und Anlieger geschützt werden, da es während dieser Phase unmittelbar zu Auswirkungen auf die Umwelt und die Nachbarschaft kommt. Die Grundlagen für einen nachhaltigen Baustellenablauf müssen bereits in den Ausschreibungs- und Angebotsunterlagen definiert sein und durch Qualitätsmessungen belegt werden.

Projektabschluss

Die systematische Inbetriebnahme mit der Funktionsüberprüfung und Einregulierung der haustechnischen Anlagen durch das ausführende Unternehmen und einen unabhängigen dritten Fachplaner stellt einen wichtigen Bestandteil der Nachhaltigkeitsqualität einer Sporthalle im Rahmen der Projektabschlussphase dar. Neben der Einregulierung und Prüfung sämtlicher Funktionen der technischen Gebäudeausrüstung, ist es für den nachhaltigen Betrieb erforderlich, bei Projektabschluss dem Bauherrn und Betreiber eine ausführliche Dokumentation der Planungs-, Bauausführungs- und Inbetriebnahmeunterlagen zu übergeben. Daten und Dokumente, die im Rahmen einer Gebäudezertifizierung gesammelt wurden, stellen als Gebäudehandbuch eine nachhaltige Dokumentation der Planungsunterlagen dar.

Aktuelle Rechtsprechung zum Vergaberecht (2)

Aktuelle Rechtsprechung zum Vergaberecht (2)

„Muss”-Kriterien = Mindestanforderungen?

Grundsätzlich darf auch in Verhandlungsverfahren nicht über die bekannt gemachten Zuschlagskriterien verhandelt werden, diese sollten während des gesamten Verfahrens stabil bleiben. Indessen besteht kein Anspruch auf die Aufstellung oder Festlegung von Mindestanforderungen vor der Durchführung von Verhandlungsrunden in einem Verhandlungsverfahren.

Muss”-Kriterien sind nicht zwingend als Mindestanforderungen zu qualifizieren.

VK Berlin, Beschluss vom 29.11.2024 – VK B 1-13/24

Aktuelle Rechtsprechung zum Vergaberecht (1)

Aktuelle Rechtsprechung zum Vergaberecht (1)

Verkehrsüblicher Preis = betriebssubjektiver Preis

1. Ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch kann aus Gründen des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots ausgeschlossen sein und sich in einen reinen (einseitigen) Geldanspruch umwandeln, der der Höhe nach auf den entgangenen Gewinn beschränkt ist, wenn der Anspruch des Gläubigers dieses grundsätzlich im Austauschverhältnis stehenden Schadensersatzanspruchs ohnehin schon auf eine Geldleistung gerichtet war und die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) dem nicht entgegen stehen. In diesem Fall verliert der Gläubiger des Schadenersatzanspruchs das Recht, die von ihm geschuldete Gegenleistung zu erbringen.

2. Die PreisV 30/53 in der bis zum 31.03.2022 geltenden Fassung gilt grundsätzlich auch für öffentliche Aufträge, die auf der Grundlage eines Open-House-Verfahrens zustande gekommen sind, wenn nicht von der Befreiungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 2 PreisV 30/53 a.F. Gebrauch gemacht worden ist.

3. Bei der Bestimmung des verkehrsüblichen Preises nach § 4 Abs. 1 PreisV 30/53 a.F. ist – sofern kein einheitlicher, objektiver Marktpreis feststellbar ist, grundsätzlich der sog. betriebssubjektive Preis maßgeblich, also der Preis, den der jeweilige Anbieter unter Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt auch anderweitig für die gegenständliche Leistung erzielt. Ein Vergleich mit der Verkehrsüblichkeit von Preisen anderer Anbieter findet nicht statt.

4. Von diesen Grundsätzen ist auch angesichts des im Open-House-Verfahren zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes nicht abzuweichen, da hierfür angesichts der Möglichkeit des § 2 Abs. 2 PreisV 30/53 a.F. keine Notwendigkeit besteht und der öffentliche Auftraggeber die Geltung der PreisV 30/53 a.F. nicht durch bloße Wahl des Open-House-Verfahrens außer Kraft setzen kann.

5. Ist ein Vertrag aufgrund eines Verstoßes gegen die preisrechtlichen Vorschriften hinsichtlich des vereinbarten Preises gem. § 1 Abs. 3 PreisV 30/53 a.F. teilnichtig, ist es dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich auch dann nicht gem. § 242 BGB nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf diese Teilnichtigkeit zu berufen, wenn er ursprünglich – irrtümlich – davon ausgegangen ist, der von ihm im Open-House-Verfahren einseitig vorgegebene und nicht verhandelbare Preis verstoße nicht gegen die preisrechtlichen Vorschriften. Dies ergibt sich daraus, dass die preisrechtlichen Vorschriften nicht in erster Linie den öffentlichen Auftraggeber als Rechtssubjekt schützen, sondern den Fiskus und die Gemeinschaft der Steuerzahler.
OLG Köln, Urteil vom 15.05.2025 – 18 U 97/23

Zu der Frage der (Nicht-)Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten beim AG

Zu der Frage der (Nicht-)Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten beim AG

von Thomas Ax

Nach § 182 Abs. 4 S. 4 GWB gelten § 80 Abs. 1, 2 und 3 S. 2 VwVfG sowie die entsprechenden Vorschriften der Länder entsprechend. Nach dem demnach hier entsprechend anwendbaren § 80 Abs. 2 VwVfG (im Folgenden kurz: VwVfG) sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren, in entsprechender Anwendung also im Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die damit grundsätzlich bestehende Erstattungsfähigkeit solcher Aufwendungen hängt nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwVfG im Einklang mit § 182 Abs. 4 S. 1 GWB davon ab, ob es sich insoweit um Aufwendungen handelt, die zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

Da das Gesetz insoweit keine Regel vorgibt, kann die Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht schematisch beantwortet werden. Es ist – wie auch sonst, wenn es um die Notwendigkeit verursachter Kosten geht – eine Entscheidung geboten, die den Umständen des Einzelfalls gerecht wird. Hierzu ist die Frage zu beantworten, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen. Hierfür können neben Gesichtspunkten wie der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, der Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen auch rein persönliche Umstände bestimmend sein wie etwa die sachliche und personelle Ausstattung des Beteiligten, also beispielsweise, ob er über eine Rechtsabteilung oder andere Mitarbeiter verfügt, von denen erwartet werden kann, dass sie gerade oder auch Fragen des Vergaberechts sachgerecht bearbeiten können, oder ob allein der kaufmännisch gebildete Geschäftsinhaber sich des Falls annehmen muss (BGH, Beschluss vom 26. September 2006 – X ZB 14/06 -, Rn. 61; Senat, Beschluss vom 14. Dezember 2022 – Verg 10/22).

Auch wenn das Gesetz keine Regel vorgibt, führen doch die für die Beurteilung der Notwendigkeit der Hinzuziehung typischerweise maßgeblichen Umstände dazu, dass im Regelfall die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen notwendig ist, wenn sie nicht auf tatsächlich vorhandene Rechtskenntnisse, die ihnen etwa durch eine eigene Rechtsabteilung vermittelt werden, zurückgreifen können (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Dezember 2022 – Verg 10/22 m.w.N.), während sie für den öffentlichen Auftraggeber im Regelfall nur dann notwendig ist, wenn die sich im Vergabenachprüfungsverfahren stellenden Rechtsfragen nicht mit den Rechtskenntnissen, die von ihm als Betreiber des Vergabeverfahrens zu erwarten sind, angemessen zu bewältigen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. März 2020 – VII-Verg 38/18; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. November 2024 – 11 Verg 6/24). Denn der öffentliche Auftraggeber kann sich wegen seiner aus dem Kartellvergaberecht und gegebenenfalls auch seiner Stellung als Hoheitsträger erwachsenen Pflicht zur rechtmäßigen Führung des Vergabeverfahrens nicht darauf berufen, über keine vergaberechtlichen Rechtskenntnisse zu verfügen. So wie jeder Amtsträger die zur Führung seines Amtes notwendigen Rechtskenntnisse haben oder sich verschaffen muss, ist von einem öffentlichen Auftraggeber zu erwarten, dass die von ihm eingesetzten Mitarbeiter die dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften kennen (OLG Koblenz, Beschluss vom 26. August 2020 – Verg 5/20; Radu, in: Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2. Auflage 2023, § 182 GWB § 182 Rn. 146 m.w.N.). Deswegen kann und muss von jedem ein Vergabeverfahren betreibenden öffentlichen Auftraggeber erwartet werden, dass er über hinreichende Kenntnisse zu den auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen des von ihm geführten Vergabeverfahrens verfügt und sich diese nötigenfalls in eigener Zuständigkeit sowie auf eigene Kosten beschafft und im Vergabenachprüfungsverfahren dann auch tatsächlich einsetzt (OLG Celle, Beschluss vom 5. November 2020 – 13 Verg 7/20; Radu, in: Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2. Auflage 2023, § 182 GWB § 182 Rn. 146 m.w.N.).

Das entspricht im Übrigen auch der Rechtslage zur Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten nach § 80 Abs. 2 VwVfG im verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren. Auch dort ist eine Hinzuziehung von Rechtsanwälten der Ausgangsbehörde nur in besonders gelagerten Einzelfällen als notwendig anzusehen. In der Regel muss die Ausgangsbehörde mit eigenem Fachpersonal so ausgestattet sein, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der ihre Mitwirkung im Vorverfahren gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann und für diese Ausstattung auch selbst sorgen. Dies gilt auch für die Bearbeitung schwieriger Rechtsfälle, sofern sie nur zu ihrem Aufgabenbereich gehören (vgl. statt aller Kallerhoff/Keller in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 80 Rn. 85 m.w.N.; Baer in: Schoch/Schneider Verwaltungsrecht, Werkstand: 5. EL Juli 2024, § 80 VwVfG Rn. 66 m.w.N.). All dies hat aufgrund der Verweisung des § 182 Abs. 4 S. 4 GWB auf § 80 VwVfG auch im Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer zu gelten, zumal Gründe für eine andere Handhabung der Vorschrift nicht ersichtlich sind. Die insoweit erörterten Kriterien wie etwa die Komplexität des Sachverhalts, die Bedeutung des Auftrags, das Beschleunigungsgebot, die Komplexität des Vergaberechts, eine Waffengleichheit mit dem Antragsteller sind ohne Hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls ungeeignet, um jedenfalls für den öffentlichen Auftraggeber eine abweichende Würdigung zu erlauben (vgl. eingehend Radu in: Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht, 2. Auflage 2023, § 182 GWB § 182 Rn. 147 ff. m.w.N.).

Vielfach gehören die insoweit maßgeblichen Rechtsfragen zum vergaberechtlichen Basiswissen, das bei jedem öffentlichen Auftraggeber vorhanden sein muss, der ein kartellvergaberechtliches Vergabeverfahren betreibt. Würde er nicht über die entsprechenden Kenntnisse verfügen, würde er den ihn treffenden Pflichten als Verantwortlichen für das Vergabeverfahren schon im Ausgangspunkt nicht gerecht werden können. Folglich ist ihm auch zuzumuten, dass er seine Kenntnisse im Vergabenachprüfungsverfahren einsetzt. Bedient er sich hierzu der Unterstützung von Rechtsanwälten, was ihm selbstverständlich freisteht, ist eine solche Hinzuziehung kostenrechtlich nicht notwendig. Mit anderen Worten liegt es in zwar seiner autonomen Entscheidung, ob er die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Haushaltsmittel zur Vorhaltung eigener Sachkunde durch entsprechend ausgebildete und geschulte Mitarbeiter oder zur Finanzierung von Rechtsanwälten einsetzt; daran, dass er diese Kosten seiner Aufgabenerfüllung selbst zu tragen hat, vermag aber ein etwaiges Qutsourcing durch die Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Hilfe nichts ändern.

Gehören die sich stellenden Fragen zum unabdingbaren von jedem öffentlichen Auftraggeber zu erwartenden vergaberechtlichen Basiswissen, war und ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts kostenrechtlich nicht notwendig.

Zu der Frage der Zulässigkeit von Bedarfspositionen

Zu der Frage der Zulässigkeit von Bedarfspositionen

von Thomas Ax

Die Vergabe von Bedarfspositionen bzw. Eventualpositionen ist nicht generell ausgeschlossen, unterliegt jedoch umfassenden Anforderungen, da diese dem Gebot der Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung aus § 121 Abs. 1 GWB entgegenstehen sowie die Transparenz des Vergabeverfahrens und der Vergabeentscheidung aus § 97 Abs. 1 GWB beeinträchtigen können. Sie eröffnen dem öffentlichen Auftraggeber zudem eine Steuerungsmöglichkeit bei der Wertung und machen damit “willfährige Vergabeentscheidungen” möglich (Burgi/Dreher/Opitz/Lampert GWB § 121 Rn. 53). Bedarfspositionen sind vergaberechtlich lediglich ausnahmsweise zugelassen und dann auch nur, wenn spezifische Anforderungen bei den Ausschreibungsbedingungen und bei der Angebotswertung beachtet werden.

Der öffentliche Auftraggeber muss unter Ausschöpfung ihm zumutbarer Erkenntnismöglichkeiten zuvor den Versuch einer eindeutigen Klärung der Leistungsbeschreibung unternehmen. Bedarfspositionen sind kein Hilfsmittel, die Unvollständigkeit einer Planung zu kompensieren.

Nur wenn die Aufklärung nicht gelingt und der Auftraggeber einen sachlich gerechtfertigten Grund, ein anzuerkennendes Bedürfnis oder objektives Interesse nachweisen kann, darf in der Leistungsbeschreibung im Unklaren gelassen werden, ob eine Bedarfsposition zur Ausführung kommen kann. Der Grund ist im Vergabevermerk zu dokumentieren. Im Leistungsverzeichnis sind die inhaltlichen Anforderungen an die Eventualleistung zu beschreiben. Bedarfspositionen sind ferner aus Gründen der Transparenz vom Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung unmissverständlich zu kennzeichnen. Zudem hat der Auftraggeber nachprüfbare Kriterien anzugeben, die für die Inanspruchnahme und die Wertung von Bedarfspositionen ausschlaggebend sind, und an denen die Bieter vorher erkennen können, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Maßstäben das einer Bedarfsposition geltende Angebot gewertet wird oder nicht (so OLG Düsseldorf, 28.02.2008, Verg 57/06). Auf den Umfang von Bedarfspositionen die in der Leistungsbeschreibung enthalten sind kommt es nicht an, da auch kleinere oder wenige Bedarfspositionen in der Gesamtschau geeignet sind, das Wertungsergebnis zu beeinflussen (OLG Düsseldorf, 24.03.2004, Verg 7/04). Bedarfsleistungen müssen jedoch nicht bereits in die Vergabebekanntmachung aufgenommen werden (OLG Düsseldorf, 10. 02. 2010, Verg 36/09).

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