Ax Vergaberecht

Keine Zahlung von Werklohn, wenn das erstellte Bauwerk aufgrund wesentlicher Mängel nicht abnahmereif

Keine Zahlung von Werklohn, wenn das erstellte Bauwerk aufgrund wesentlicher Mängel nicht abnahmereif

von Thomas Ax

Die Klage des Bauunternehmers auf Zahlung von Werklohn wird abgewiesen, wenn das erstellte Bauwerk aufgrund wesentlicher Mängel nicht abnahmereif ist und somit die Voraussetzungen für die Fälligkeit des Werklohnes nicht erfüllt sind.

Gemäß § 641 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Vergütung bei der Abnahme des Werkes zu entrichten.

Zwar kann grundsätzlich auch die bloße Abnahmereife zur Fälligkeit des Werklohnanspruches führen (vgl. dazu m.N. OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 17. Mai 2021 – 13 U 365/21). Eine solche Abnahmereife liegt bei wesentlichen Mängeln nicht vor.

Ein Werk ist dann frei von Mängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat, § 633 Abs. 2 S. 1 BGB.

Der Unternehmer schuldet nicht nur die Umsetzung einer möglicherweise fehlerhaften Leistungsbeschreibung, sondern einen funktionalen Bauerfolg. Widersprechen die „geschriebenen“ Vertragsbestandteile den allgemeinen Regeln der Technik, so ist der Unternehmer dennoch verpflichtet, ein mangelfreies Werk zu erbringen (vgl. von Rintelen in Messerschmidt/Voit, 4. Auflage 2022, Kapitel H Rn. 3). Denn zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich dabei nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll (vgl. etwa OLG Braunschweig, Grund- und Teilurteil vom 08. Dezember 2016 – 8 U 111/15).

Ein wesentlicher Mangel liegt in der Regel vor, wenn er nach Art, Umfang und/oder Auswirkung von solchem Gewicht ist, dass dem Besteller vor dem Hintergrund der zugrundeliegenden vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung die Übernahme des Bauwerkes nicht zugemutet werden kann. Unwesentlich ist demgegenüber ein Mangel oder eine fehlende Restleistung, wenn es dem Besteller zumutbar ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen, und das Interesse des Bestellers an einer Beseitigung verbliebener Mängel vor Abnahme im Einzelfall nicht schützenswert erscheint. Maßgebend für die Beurteilung sind hierbei Art und Umfang der noch ausstehenden Restleistungen und der vorhandenen Mängel sowie ihre konkreten Auswirkungen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien. Die Grenze der Wesentlichkeit wird deshalb regelmäßig bei Mängeln erreicht sein, die für den Besteller bzw. Nutzer Gefahren mit sich bringen, die der Gebrauchsfähigkeit des Werkes entgegenstehen (vgl. m.N. Messerschmidt in Messerschmidt/Voit, 4. Auflage 2022, § 640 Rn. 99).

Wenn der Werklohn des Klägers aufgrund nicht unwesentlicher Mängel noch nicht fällig ist und die Abnahme insoweit berechtigterweise verweigert wird, ist eine Vergütungsklage als derzeit unbegründet abzuweisen (vgl. m.N. Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2023, § 641 Rn. 6).

Völlige Einstellung der Arbeiten als Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, § 5 Abs. 3, 4 VOB/B?

Völlige Einstellung der Arbeiten als Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, § 5 Abs. 3, 4 VOB/B?

von Thomas Ax

Die völlige Einstellung der Arbeiten kann einen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, § 5 Abs. 3, 4 VOB/B darstellen, wenn sich der Unternehmer nicht auf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften i. S. des § 5 Abs. 3 VOB/B. In der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen kann eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht liegen, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.

Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B kann der Auftraggeber den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Abs. 7 und 8 Nr. 1 und des § 5 Abs. 4 VOB/B die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist.

Wenn der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung verzögert, mit der Vollendung in Verzug gerät oder der Verpflichtung nach § 5 Abs. 3 VOB/B nicht nachkommt, kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer nach § 5 Abs. 4 VOB/B eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Fristablauf den Auftrag entzieht. § 5 Abs. 3 VOB/B verpflichtet den Auftragnehmer, Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile in gebotenem Umfang vorzuhalten. Sind diese so unzureichend, dass die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können, muss der Auftragnehmer auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen.

Die völlige Einstellung der Arbeiten kann einen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen, wenn sich der Unternehmer nicht auf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften im Sinn des § 5 Abs. 3 VOB/B (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 10 U 294/19; Urteil vom 17. August 2021 – 10 U 423/20). Kommt der Auftragnehmer der Verpflichtung nach § 5 Abs. 3 VOB/B trotz berechtigten Abhilfeverlangens nicht nach, gerät der Auftragnehmer mit der Abhilfepflicht in Verzug (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 10 U 294/19).

Wenn bei einem VOB/B-Vertrag der Regelungsbereich der Kündigungsgründe nach VOB/B nicht tangiert ist, ist der Auftraggeber bei Vorliegen eines sonstigen wichtigen Grundes berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen. Voraussetzung ist, dass durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder der Vertragszweck so gefährdet ist, dass es dem vertragstreuen Vertragspartner nicht zumutbar ist, den Vertrag fortzusetzen. Auch wenn die rechtliche Herleitung dieses Kündigungsrechts früher nicht einheitlich beurteilt wurde, steht die Existenz dieses außerordentlichen Kündigungsrechts außer Frage (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2016 – VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1, Rn. 40 m.w.N.; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2011 – 21 U 111/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 – 21 U 136/14; OLG Jena, Urteil vom 3. Februar 2016 – 2 U 602/13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15; Urteil vom 19. September 2017 – 10 U 48/15; Joussen/Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 21. Aufl., § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 19; Kober in BeckOGK, Stand: 1.1.2024, § 634 BGB Rn. 835; Busche in MünchKomm-BGB, 9. Aufl., § 648a Rn. 24; Brüninghaus in BeckOK VOB, Stand: 31.1.2023, § 8 Abs. 3 Rn. 5) und findet sich mittlerweile in § 648a BGB n.F..

Zur fristlosen Kündigung des Vertrags kann vor allem eine schuldhaft begangene Vertragsverletzung des Vertragspartners berechtigen. Unerheblich ist dabei, ob es sich um die Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht handelt. Auch Nebenpflichten können für den vereinbarten Vertragszweck von erheblicher Bedeutung sein, soweit das Verhalten des Auftragnehmers hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95). In Fällen einer schwerwiegenden Vertragsverletzung ist eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung grundsätzlich nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95).

Ob ein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben ist, ist nach Lage des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei sind für die konkrete vertragliche Situation das Interesse des einen Vertragspartners an der Lösung vom Vertrag und das des anderen an dessen Weiterbestand umfassend gegeneinander abzuwägen (BGH, Urteil vom 2. September 1999 – VII ZR 225/98). Allerdings dürfen die Schutzmechanismen der §§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 7 und 4 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B nicht durch eine außerordentliche Kündigung umgangen werden.

Stützt sich der Vertrauensverlust des Auftraggebers auf mangelhafte oder zögerliche Arbeiten des Auftragnehmers, hat der Kündigung deshalb grundsätzlich eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung vorauszugehen. Entbehrlich ist sie nach allgemeinen Grundsätzen nur, wenn sie eine reine Förmelei wäre (OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15; Urteil vom 19. September 2017 – 10 U 48/15; Kober in BeckOGK, Stand: 1.1.2024, § 634 BGB Rn. 835).

In der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen, liegt vor eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht, aus der sich die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung ergibt (vgl. bspw. OLG Frankfurt, Urteil vom 21. September 2011 – 1 U 154/10; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2011 – 21 U 111/10; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15 m.w.N.).

Die Vertragsparteien eines VOB/B-Vertrags sind während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Aus dem Kooperationsverhältnis ergeben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information. Die Kooperationspflichten sollen unter anderem gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrages an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden.

Ihren Ausdruck haben sie in der VOB/B insbesondere in den Regelungen des § 2 Abs. 5 und Abs. 6 gefunden. Danach soll über eine Vergütung für geänderte oder zusätzliche Leistungen eine Einigung vor der Ausführung getroffen werden. Diese Regelungen sollen die Parteien anhalten, die kritischen Vergütungsfragen frühzeitig und einvernehmlich zu lösen und dadurch spätere Konflikte zu vermeiden (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 393/98, BGHZ 143, 89).

OLG Hamm zu der Frage, dass wenn ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt ist, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, es die daraus folgende Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben

OLG Hamm zu der Frage, dass wenn ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt ist, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, es die daraus folgende Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ist ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, hat es die daraus folgende Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben.
2. Die Dispositionsmaxime des Zivilrechts findet in den Fällen ihre Grenze, in denen die Parteien gemeinsam vorsätzlich gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen. Die Folgen dieses Verstoßes können nicht durch übereinstimmenden wahrheitswidrigen Parteivortrag umgangen werden.
3. Es ist den Parteien nicht möglich, die Folgen des Gesetzes mit Hilfe zivilprozessualer Vorschriften nachträglich zu umgehen, wenn ein Zivilgericht von den Tatsachen überzeugt ist, die einen Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG begründen.
OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2024 – 12 U 127/22
vorhergehend:
LG Bochum, 07.09.2022 – 2 O 213/21


Tenor:

Die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen das am 07.09.2022 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum (Az. 2 O 213/21) werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 69 % und dem Beklagten zu 31 % auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus einem vorzeitig beendeten Vertrag über die Erbringung von Gartenbauarbeiten auf dem Grundstück des Beklagten im ###-Straße ### in ###.

Der Kläger, der unter der Firma ### einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb betreibt, begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Werklohn. Der Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung von nach seinem Vortrag geleisteten Abschlagszahlungen.

Der Kläger beabsichtigte, den Garten seines Grundbesitzes umzugestalten. Durch einen gemeinsamen Bekannten, Herrn ###, wurde der Kontakt zum Beklagten hergestellt. Die Parteien trafen sich Ende Mai 2020 am Grundstück des Beklagten und besprachen, welche Arbeiten durchgeführt werden sollten. Der Kläger erstellte daraufhin unter dem 05.06.2020 einen Kostenvorschlag über 16.645,00 Euro, der keine Mehrwertsteuer ausweist, und übermittelte diesen per E-Mail dem Beklagten. Wegen der Einzelheiten dieses Kostenvoranschlags wird auf die Anlage K1 zur Klageschrift Bezug genommen. Der Beklagte erklärte sich per WhatsApp am 26.07.2020 mit diesem Angebot einverstanden. Am 18.09.2020 nahm der Beklagte die Arbeiten auf; wegen winterlicher Witterung wurden sie am 15.12.2020 unterbrochen.

Die Arbeiten des Klägers wurden letztlich nicht fertiggestellt, die Zusammenarbeit der Parteien beendet. Sie trafen sich zu einem klärenden Gespräch. Der Beklagte hatte zuvor die aus seiner Sicht erbrachten Leistungen ermittelt und hierüber die Anlage K3 (Bl. 193 d. eA. II) zum Schriftsatz vom 07.03.2022 erstellt, auf die Bezug genommen wird. Danach errechnete er unter Berücksichtigung von behaupteten Abschlagszahlungen einen offenen Betrag von noch rund 1.700,00 Euro.

Am 20.04.2021 erteilte der Kläger eine Schlussrechnung über 21.843,96 Euro inklusive 16 % Umsatzsteuer, die der Beklagte nicht beglich. Stattdessen erklärte er mit Schreiben vom 07.06.2021 den Widerruf vom Vertrag und bot an, den von ihm selbst ermittelten noch offenen Betrag von 1.700,00 Euro zu zahlen.

Mit der Klage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Zahlung des Rechnungsbetrags in Höhe von 21.843,96 Euro weiter. Der Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung von seinem Vorbringen nach geleisteten Barzahlungen in Höhe von 10.000,00 Euro.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ein Widerrufsrecht des Beklagten bestehe nicht. Er hat behauptet, die in der Schlussrechnung abgerechneten Arbeiten mangelfrei erbracht zu haben. Er habe die durch Aufmaß ermittelten Mengen zutreffend in Ansatz gebracht.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 21.843,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2021 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er sei gemäß §§ 312g Abs. 1, 355 BGB zum Widerruf des Vertrages berechtigt, weil der Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel im Sinne des § 312c BGB zustande gekommen und er nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei.

Hilfsweise hat der Beklagte behauptet, er habe an den Kläger bereits Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 10.000,00 Euro in bar geleistet, und zwar am 02.10.2020 einen Betrag in Höhe von 5.000,00 Euro, am 30.10.2020 einen Betrag in Höhe von 3.000,00 Euro und am 04.12.2020 einen weiteren Betrag in Höhe von 2.000,00 Euro.

Weiter hilfsweise hat sich der Beklagte darauf berufen, der Kläger habe nicht sämtliche Arbeiten gemäß Angebot durchgeführt und ersparte Aufwendungen nicht in Abzug gebracht. Der Kläger sei trotz mehrfacher Bitte, weiterzuarbeiten, nicht mehr erschienen. Der Beklagte hat außerdem mit näheren Ausführungen vorgetragen, die Arbeiten seien nicht sach- und fachgerecht durchgeführt worden. Er hat den Umfang der abgerechneten Mengen und Leistungen bestritten.

Der Beklagte hat widerklagend beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an ihn 10.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle vom 26.01. und 17.08.2022 Bezug genommen.

Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage nach persönlicher Anhörung der Parteien sowie Vernehmung der Zeugen ### und ### abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Vergütungsanspruch des Klägers bestehe nicht, weil die Parteien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen hätten, die nach § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge habe. Der Kläger habe verbotene Schwarzarbeit geleistet, indem er insgesamt 10.000,00 Euro in bar und ohne Rechnungsstellung verlangt und entgegengenommen habe. Dies habe der Beklagte erkannt und bewusst zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt. Auch wenn die Ohne-Rechnung-Abrede nachträglich getroffen worden sei und sich nur auf einen Teil der vereinbarten Vergütung beziehe, sei der gesamte Vertrag nichtig. Aus diesem Grund könne auch der Beklagte die von ihm gezahlten 10.000,00 Euro nicht erstattet verlangen. Ein solcher Anspruch sei gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Hiergegen wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen, mit denen sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre erstinstanzlichen Klage- bzw. Widerklageziele weiterverfolgen. Sie tragen übereinstimmend vor, eine “Schwarzgeldabrede” habe es nicht gegeben.

Der Kläger beanstandet unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Ohne-Rechnung-Abrede getroffen worden sei. Er sei der deutschen Sprache nur teilweise mächtig und habe geglaubt, dass Bauunternehmen in Deutschland, wenn sie die Mehrwertsteuer offen auswiesen, diese auch sofort an das Finanzamt abzuführen hätten. Dabei sei ihm der Unterschied zwischen Kostenvoranschlag und Rechnung nicht bewusst gewesen, so dass er davon ausgegangen sei, dass bereits ein Kostenvoranschlag die Zahlungspflicht an das Finanzamt auslöse. Aus diesem Grund habe er die Mehrwertsteuer in seinem Angebot nicht aufgeführt.

Der Kläger meint unter näheren Ausführungen zudem, das Landgericht sei zu Unrecht zu dem Beweisergebnis gelangt, der Beklagte habe an ihn 10.000,00 Euro in bar gezahlt.

Der Kläger beantragt,

das am 07.09.2022 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 21.843,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2021 zu zahlen sowie

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

den Kläger unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 10.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der Zustellung der Widerklage zu zahlen sowiedie Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte beanstandet ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen, das Landgericht sei zu Unrecht von einer Ohne-Rechnung-Abrede ausgegangen. Er habe sich über die Steuerpflichtigkeit des Klägers keine Gedanken gemacht und sei davon ausgegangen, dieser werde sich um seine etwaigen Pflichten bezüglich steuerlicher Abgaben selbst kümmern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Terminsprotokolle vom 08.11.2023 und 06.03.2024 nebst dem zugehörigen Berichterstattervermerk Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien ergänzend persönlich zur Sache angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird ebenfalls Bezug genommen auf die Terminsprotokolle vom 08.11.2023 und 06.03.2024 nebst dem zugehörigen Berichterstattervermerk.

II.

Die zulässigen Berufungen haben in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage zu Recht abgewiesen.

Wechselseitige Ansprüche der Parteien aus dem streitgegenständlichen Vertrag bestehen nicht, weil dieser nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig ist.

1. Diese Vorschrift enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt (BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13, Rn. 13; Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14, Rn. 10; Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 197/16, Rn. 15).

Diese Voraussetzungen liegen hier zur Überzeugung des Senats vor. Der Kläger hat gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem er bereits bei Vertragsschluss beabsichtigte, für die vereinbarte Vergütung keine Umsatzsteuer zu verlangen und abzuführen. Der Beklagte hat dies von Anfang an erkannt und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er mit dem Beklagten ein um den Umsatzsteueranteil verringertes Entgelt vereinbart hat. Dies ist ausreichend, um einen zur Nichtigkeit des Vertrages führenden Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG anzunehmen (BGH, Urteil vom 10.04.2014 – VII ZR 241/13, Rn. 13; Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13, Rn. 23; Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14, Rn. 10).

a) Das Landgericht hat es nach Beweisaufnahme für erwiesen angesehen, dass der Beklagte insgesamt 10.000,00 Euro in bar an den Kläger als Abschlagszahlungen auf den vereinbarten Werklohn übergeben hat.

aa) Nach § 529 Abs. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 230/03; Urteil vom 18.10.2005 – VI ZR 270/04, jeweils m.w.N.). Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 199/03; BGH, Urteil vom 18.10.2005 – VI ZR 270/04, jeweils m.w.N.). Konkrete Anhaltspunkte können sich aus gerichtsbekannten Tatsachen, aus dem Vortrag der Parteien oder aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben, aber auch aus Fehlern, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 230/03 m.w.N.).

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen vorliegend keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellung des Landgerichts begründen, wonach der Beklagte insgesamt 10.000,00 Euro in bar als Abschlagszahlungen auf die vereinbarte Vergütung an den Kläger übergeben hat. Die Beweiswürdigung des Landgerichts entspricht den von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelten Grundsätzen und Anforderungen. Auch sieht der Senat keinen Anlass, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders zu würdigen als das Gericht der Vorinstanz. Es spricht nichts dafür, dass im Fall einer erneuten Beweiserhebung durch den Senat die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Da der Senat die Aussagen der Zeugen nicht anders würdigt als das Landgericht, ist eine erneute Vernehmung der Zeugen nicht angezeigt. Der Senat folgt vollumfänglich der umfangreich und überzeugend begründeten Beweiswürdigung des Landgerichts, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Mit seinen hiergegen gerichteten Berufungsangriffen dringt der Kläger nicht durch. Er bringt insoweit keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Beweiswürdigung vor. Auch kann er in Bezug auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 31.08.2022 zur Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen keinen Gehörsverstoß geltend machen.

(1) Ohne Erfolg wendet der Kläger zunächst ein, die von den Zeugen bzw. dem Beklagten geschilderten Standorte zum Zeitpunkt der der Geldübergabe seien “nicht kompatibel” und widersprüchlich. Das Landgericht hat sich im Rahmen der Beweiswürdigung argumentativ damit auseinandergesetzt, dass die Zeugen unter Bezugnahme auf das auf Bl. 64 d. eA. I befindliche Lichtbild leicht unterschiedliche Positionen der Parteien bei der Geldübergabe beschrieben haben. Dies hat das Landgericht – zutreffend – nicht als Umstand angesehen, welcher die Glaubhaftigkeit der Aussagen zu erschüttern vermag, weil die Zeugen einerseits erklärt hätten, dass sie sich nicht ganz sicher seien und sich die Parteien (jedenfalls) in der Nähe vor dem Esszimmerfenster befunden hätten. Dies ist nicht zu beanstanden.

(2) Vor diesem Hintergrund verfängt auch die – erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 31.08.2022 vorgebrachte – Behauptung des Klägers nicht, der Zeuge ### habe von seinem geschilderten Standort die Geldübergabe nicht sehen können. Es ist nicht eindeutig festgestellt, an welcher genauen Position das Geld übergeben wurde. Insbesondere hat auch der Zeuge ### unter Vorhalt des Lichtbilds angegeben, er könne nicht genau sagen, wo die Parteien bei der Geldübergabe gestanden hätten. Er hat lediglich geschätzt, dass dies etwas unterhalb des Bildausschnitts gewesen sei. Unstimmigkeiten in Bezug auf den exakten Ort der Geldübergabe sind aber rechtsfehlerfrei ohne Einfluss auf die Überzeugungsbildung geblieben, dass die Geldbeträge wie festgestellt tatsächlich übergeben wurden. Hinzu kommt, dass die Zeugen auch nur anlässlich einer von drei Geldübergaben ausgesagt haben, diese selbst gesehen zu haben. Entsprechend musste auch kein Ortstermin stattfinden.

(3) Es spricht ferner nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen ### betreffend die getätigten Barzahlungen, dass dieser zunächst angegeben hatte, er habe den Bargeldanteil, welchen er dem Beklagten zur Verfügung gestellt habe, jeweils zeitnah “abgehoben”, was er später dahingehend korrigiert hat, dass er das Bargeld nicht abgehoben, sondern im Safe gehabt habe. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aus dieser Korrektur nicht ohne Weiteres der Schluss ziehen, dass die Angaben des Zeugen ### zu den Bargeldübergaben des Beklagten an den Kläger unwahr sind. Vielmehr bezog sich dieser Teil seiner Aussage allein auf die Frage der Herkunft des von ihm zur Verfügung gestellten Betrages, wobei er seine Aussage insoweit zeitnah berichtigt hat.

(4) Schließlich wird auch vom Kläger kein “objektiv unmöglicher Negativbeweis” verlangt. Er ist “den Personen, die dem Beklagten nahestehen”, nicht “schutzlos ausgeliefert”. Vielmehr oblag es zunächst dem Beklagten nachzuweisen, dass er die behaupteten Bargeldzahlungen geleistet hat. Diesen Beweis hat er geführt, wobei die Beweiswürdigung ureigenste Aufgabe des Tatgerichts ist und eine richterliche Kontrolle der Aussagen stattgefunden hat.

cc) Ungeachtet dessen hat der Senat die Parteien – zu anderen noch offenen Fragen – ergänzend persönlich angehört.

(1) Die Angaben des Beklagten zu den Geldübergaben sind glaubhaft. Er hat anschaulich erläutert, dass der Kläger Vorschusszahlungen verlangt habe, weil dieser den Materialeinkauf nicht habe “stemmen” können. Er, der Beklagte, habe jedes Mal eine Quittung verlangt, sei aber vertröstet worden. Er erinnere sich noch genau, dass sie das Geld durchgezählt hätten, weil man so viel üblicherweise nicht zu Hause habe. Dies ist nachvollziehbar, und der Beklagte wirkte bei der Darstellung dieser Ereignisse auch relativ frei und unbefangen. Lediglich bei der Befragung zur im Raume stehenden “Schwarzgeldabrede” wurde er jedes Mal verlegen, zeigte körperliche Reaktionen und konnte nicht spontan antworten. Umso glaubhafter wirkten jedoch damit seine relativ unbefangenen Angaben zu den Zahlungen, bei denen er derartige Reaktionen nicht zeigte.

(2) Demgegenüber glaubt der Senat dem Kläger – insbesondere auch vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen – nicht, dass die behaupteten Zahlungen nicht geflossen sind. Er hat selbst geschildert, dass ihm nicht ausreichend Geld zur Verfügung gestanden und er sich deshalb Geld bei seinem Cousin geliehen habe. Die von ihm gestellten Frage, warum der Beklagte nur vor Ort und nicht auch per WhatsApp oder auf anderem Weg nach einer Quittung gefragt habe, lässt sich ohne Weiteres damit beantworten, dass hier eine Steuerhinterziehung beabsichtigt war (vgl. dazu nachstehend unter lit. b)), der Beklagte ihm seinerzeit vertraute und der Kläger nach den Angaben der Zeugen damit gedroht hatte, ohne weitere Vorschussleistungen die Arbeiten nicht fortzusetzen.

b) Der Senat ist (auch) aufgrund der persönlichen Anhörung der Parteien mit der hierfür erforderlichen Sicherheit (§ 286 Abs. 1 ZPO) davon überzeugt, dass der Kläger bereits bei Vertragsschluss – und nicht erst wie vom Landgericht angenommen bei Zahlung der Barbeträge – beabsichtigte, für die vereinbarte Vergütung keine Umsatzsteuer zu verlangen und abzuführen, und dass der Beklagte dies von Anfang an erkannte und bewusst zu seinem Vorteil ausnutzte, indem er mit dem Beklagten ein Entgelt vereinbarte, das keinen Umsatzsteueranteil enthielt, um so selbst von der Steuerersparnis zu profitieren.

Dies ergibt sich aus der Würdigung der Gesamtumstände.

aa) Der Senat ist überzeugt, dass der Kläger bereits bei Vertragsschluss beabsichtigte, für den vereinbarten Werklohn keine Umsatzsteuer zu verlangen und abzuführen, weil im – von ihm selbst erstellten – Kostenvoranschlag eine Spalte “Steuerpflichtig?” enthalten und dort in der ersten Zeile das Wort “Nein” vermerkt ist. Im Folgenden ist dann auch ausdrücklich keine Mehrwertsteuer ausgewiesen, sondern vielmehr in der dafür vorgesehenen Zeile lediglich ein “- Euro” vermerkt. Zusätzlich haben die Parteien keinen schriftlichen Vertrag geschlossen, sondern sich lediglich mündlich geeinigt. Es wurden – wie vorstehend unter lit. a) bb)) näher begründet – insgesamt 10.000,00 Euro in bar geleistet. Dabei hatte der Kläger weder vor noch nach diesen Zahlungen eine Abschlagsrechnung erstellt. Auch hat er selbst auf mehrmalige Nachfragen seitens des Beklagten keine Quittungen erteilt. All dies diente der Verheimlichung verbotener Schwarzarbeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Hinzu tritt, dass die Parteien unstreitig über einen gemeinsamen Bekannten in Kontakt kamen, die Geschäftsbeziehung also ihren Ursprung im privaten Bereich hatte.

bb) Auch die diesbezüglichen Erläuterungen des Klägers in der Berufungsinstanz vermögen diese Überzeugung des Senats nicht zu erschüttern.

(1) Der Kläger hat ausführen lassen, er sei Türke, halte sich zwar seit einigen Jahren in Deutschland auf, sei des Deutschen aber nur teilweise mächtig. Bei Beginn seiner Tätigkeit sei ihm in steuerlicher Hinsicht erläutert worden, dass Bauunternehmen in Deutschland, wenn sie eine Mehrwertsteuer offen auswiesen, diese auch sofort an das Finanzamt abzuführen hätten. Dabei sei ihm der Unterschied zwischen Kostenvoranschlag und Rechnung nicht bewusst gewesen. Er sei also davon ausgegangen, dass bereits ein Kostenvoranschlag eine Zahlungspflicht an das Finanzamt auslöse und habe aus diesem Grunde die Mehrwertsteuer in seinem Angebot nicht aufgeführt. Nach Erbringung seiner Leistungen habe er dann ordnungsgemäß in seiner Rechnung die Mehrwertsteuer offen ausgewiesen. Der Grund für dieses eigenartige Verhalten liege also eindeutig darin, dass ihm aufgrund seiner türkischen Herkunft und seiner geringen Deutschkenntnisse bei Erteilung des Angebots die Modalitäten des hiesigen Steuerrechts nicht hinreichend deutlich bekannt gewesen seien.

(2) Dies überzeugt nicht. Im Gegenteil ist die Angabe, ihm sei der Unterschied zwischen Kostenvoranschlag und Rechnung nicht bewusst gewesen, nicht glaubhaft. Auch wenn er seinerzeit noch nicht lange als Unternehmer tätig gewesen sein sollte, ist jedem, der am Geschäftsleben teilnimmt, bewusst, dass ein Kostenvoranschlag lediglich dazu dient, Verhandlungen zu führen, einen Vertragsschluss vorzubereiten, und für sich allein noch keine Rechtsfolgen auslöst, insbesondere auch nicht im Sinne einer Umsatzsteuerpflicht. Auch durch sprachliche Barrieren, die der Senat im Rahmen der Anhörung des Klägers überdies nicht hat feststellen können, lässt sich dies nicht erklären.

cc) Es ist ferner nicht davon auszugehen, dass der Kläger nach § 19 Abs. 1 UStG von der Verpflichtung zur Abführung von Umsatzsteuer befreit war. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch den Senat hat der Kläger zwar angegeben, er habe ein “Kleinunternehmen”. Der streitgegenständliche Auftrag sei sein erster Auftrag gewesen. Er habe in den vergangenen Jahren einen Umsatz von insgesamt nur “so 25.000,00 Euro” gemacht. Dies ist jedoch nicht glaubhaft. Denn allein der hier in Rede stehende Kostenvoranschlag erreichte eine Nettosumme von 19.807,55 Euro, sodass es schon fernliegend erscheint, dass der Kläger als Kleinunternehmer tätig war.

Entscheidend steht die Behauptung des Klägers, er sei Kleinunternehmer gewesen, jedoch im Widerspruch zum Inhalt der streitgegenständlichen Schlussrechnung. Denn dort werden 16 % Umsatzsteuer in Rechnung gestellt und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Klägers angegeben. Für Kleinunternehmer gilt aber nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG das “Verbot” des gesonderten Ausweises der Steuer in einer Rechnung; da der Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer schuldet, ist er im Gegenzug auch nicht zum Ausweis von Umsatzsteuer in der von ihm ausgestellten Rechnung berechtigt (Mrosek in Wäger, UStG, 2. Aufl. 2022, § 19 UStG, Rn. 23). Überdies muss eine Rechnung gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG den Hinweis auf den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf enthalten, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt. Letzteres war weder im Kostenvoranschlag noch in der Rechnung der Fall, geschweige denn, dass eine Abschlagsrechnung mit diesem Hinweis erteilt worden wäre. Wenn eine Umsatzsteuerbefreiung vorgelegen hätte, hätte es dazu nahegelegen, eine entsprechende Bescheinigung zu den Akten zu reichen. Dies ist aber nicht geschehen. Schließlich ist der Kläger auf den Vorhalt, dass das Angebot bereits am 05.06.2020 erstellt worden sei, die Gewerbeanmeldung aber erst im September 2020 erfolgt sein soll, zunächst ausgewichen, und er hat erklärt, er gebe keine Stellungnahme ab. Dann hat er ausgeführt, sein Steuerberater habe ihm gesagt, er könne das Angebot schreiben. Auch diese Umstände sprechen für die Absicht des Klägers, Steuern zu hinterziehen.

dd) Der Beklagte hat die Absicht des Klägers, für den vereinbarten Werklohn keine Umsatzsteuer zu verlangen und abzuführen, zur Überzeugung des Senats bereits bei Vertragsschluss erkannt und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt.

(1) Zwar mag der Beklagte, wie er hat ausführen lassen, davon ausgegangen sein, um etwaige Pflichten des Klägers bezüglich steuerlicher Abgaben werde sich dieser selbst kümmern. Es ist jedoch nicht glaubhaft, dass er sich über die Steuerpflichtigkeit des Klägers keine Gedanken gemacht haben will. Denn im Angebot des Klägers war die Steuerpflichtigkeit ausdrücklich erwähnt und verneint bzw. das Feld für die Mehrwertsteuer mit “- Euro” ausgefüllt. Dass er dieses gedankenlos hingenommen haben will, wenn er einen ihm bis dahin unbekannten Unternehmer beauftragt hat, ist lebensfremd.

(2) Wenn er dann noch zusätzlich ausschließlich Barzahlungen tätigte, ohne dass hierfür eine Abschlagsrechnung erstellt worden war, sprechen diese Umstände für ein einvernehmliches Zusammenwirken der Parteien, um zu Lasten des Finanzamtes Steuern, sprich Geld, zu sparen.

(3) Dies entsprach auch durchaus der Lebenslage der Parteien. Beide haben erklärt, wenig Geld zur Verfügung zu haben. Der Kläger hat erklärt, er werde von seinem Neffen unterstützt, mit dem er zusammenlebe. Dem Beklagte wurden wesentliche Barmittel für die Haussanierung von seinem Vater zur Verfügung gestellt. Der Beklagte hat im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat selbst erklärt, die Kosten hätten möglichst gering gehalten werden sollen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Geld – so die Aussage des Zeugen ### – wohl auch zu Hause bereits bar vorgehalten wurde.

(4) Hinzu kommt, dass der Beklagte selbst ein Aufmaß erstellt hat, auf dessen Grundlage er die aus seiner Sicht dem Kläger zustehende Vergütung ermittelt und ihm ein Vergleichsangebot unterbreitet hat. Dabei berücksichtigen dieses “Aufmaß”, die hierauf beruhende Berechnung sowie das Vergleichsangebot die Umsatzsteuer wiederum nicht. Auch ein “geschäftsunerfahrener Verbraucher” weiß aber, dass grundsätzlich auf Waren und Dienstleistungen Umsatzsteuern gezahlt werden müssen. Dies gilt für den Beklagten erst recht, weil er – wie er selbst im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch den Senat dargestellt hat – im Rahmen der umfangreichen Sanierung der Immobilie sowohl bestreffend die hier in Rede stehenden Arbeiten als auch betreffend andere Gewerke jeweils Angebote von mehreren Handwerksunternehmen eingeholt hat, die er mit seinem Vater durchging. Damit kann ihm die Pflicht zur Zahlung von Umsatzsteuer nicht entgangen sein.

(5) Der Beklagte hat zudem eingeräumt, dass von ihm beauftragte andere Unternehmen Abschlagszahlungen verlangt hätten, diese aber “großteils als Abschlagszahlung über Rechnung” gefordert hätten. Bei den Angeboten der anderen Garten- und Landschaftsbauer sei die Steuerpflicht ausgewiesen gewesen. Seine Angabe, dass er nicht darauf geachtet habe, dass hier die Steuer nicht ausgewiesen gewesen sei, ist deshalb nicht glaubhaft. Denn er hat auch ausgeführt, dass er auf den Endpreis geachtet, zugleich aber keine schlechte Qualität gewollt habe. Es liegt deshalb nahe, dass die Angebote auch auf inhaltliche Unterschiede abgeglichen wurden und damit das Fehlen der Umsatzsteuer schon deshalb offensichtlich war, weil sie im Angebot ausdrücklich erwähnt ist. Darüber hinaus ist der Kläger nach seinen Angaben als Angestellter im kaufmännischen Bereich in der Lagerlogistik tätig. Auch wenn er eher im Lager als im Büro arbeitet, ist ihm damit aber die grundsätzliche Umsatzsteuerpflicht bekannt.

(6) Schließlich war bei seiner Anhörung besonders auffällig, dass er in der Lage gewesen ist, Fragen grundsätzlich spontan und offen zu beantworten, bei Fragen nach der Steuerpflicht jedoch jedes Mal mit einer Antwort gezögert, unsicher gewirkt und körperlich reagiert hat. So errötete er sichtlich bei dem Thema, dass die Steuer im Angebot nicht ausgewiesen sei, und er hat verlegen seine Hände gerieben.

2. Die Schaffung des Schwarzarbeitstatbestandes des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG führt dazu, dass die Verstöße gegen steuerrechtliche Pflichten bereits ohne Weiteres zur Nichtigkeit des gesamten zugrundeliegenden Werkvertrages führen; eine isolierte Prüfung nur der Ohne-Rechnung-Abrede erfolgt nicht (BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13, Rn. 29). Die Nichtigkeit des Vertrages ist grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 4, Rn. 30a m.w.N.). Ein Verstoß gegen das SchwarzArbG muss nicht immer ausdrücklich vorgetragen werden (KG, Urteil vom 08.08.2017 – 21 U 34/15). Eine Häufung von Indizien kann dazu Anlass geben, einen Verstoß gegen das Schwarzarbeitsverbot auch dann anzunehmen, wenn sich – wie hier – keine Partei auf eine solche Abrede beruft (OLG Schleswig, Beschluss vom 20.12.2016 – 7 U 49/16; OLG Brandenburg, Urteil vom 31.08.2023 – 10 U 207/22 m.w.N.).

Vorliegend haben die Parteien jedoch übereinstimmend vorgetragen, sie hätten keine Ohne-Rechnung-Abrede getroffen, womit die Voraussetzungen einer Nichtigkeit gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nicht mehr vorlägen. Die Frage, ob ein Zivilgericht an eine solche unstreitige Behauptung gebunden ist, selbst wenn Indizien gegen ihre Richtigkeit sprechen, ist streitig.

a) Nach einer Auffassung ist ein Zivilgericht unter der Geltung des Beibringungsgrundsatzes an die Behauptung der Parteien gebunden (KG, Urteil vom 08.08.2017 – 21 U 34/15; Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, a.a.O., Teil 4, Rn. 30a; Voit, NJW 2017, 3795; Eimler, NZBau 2018, 155; Rehbein, IBR 2017, 717; Selle, IBR 2022, 301). Die vom SchwarzArbG zu Recht erwünschte Sanktionierung von Schwarzarbeit erfordere es nicht, hier von den Grundsätzen des Zivilprozesses abzurücken. Denn das Zivilgericht sei verpflichtet, die Anhaltspunkte für den Verstoß gegen das SchwarzArbG den Steuerbehörden oder der Staatsanwaltschaft mitzuteilen. Eine zivilrechtliche Sanktionierung durch die Nichtigkeitsfolge gemäß § 134 BGB sei aber weder möglich noch erforderlich, wenn sich die hiervon ggf. profitierende Partei nicht darauf berufe. Denn auch im Geltungsbereich von § 134 BGB werde im Zivilprozess nicht die Amtsermittlung eingeführt, sondern bleibe es bei der Geltung des Beibringungsgrundsatzes (KG Berlin, a.a.O., Rn. 53).

b) Nach anderer Auffassung ist ein Zivilgericht trotz des übereinstimmenden gegenteiligen Vorbringens der Parteien, es sei keine Absprache zum Zweck der Steuerverkürzung getroffen worden, nicht an dermaßen “unstreitiges” Vorbringen gebunden (OLG Oldenburg, Urteil vom 30.10.1996 – 2 U 151/96; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 138, Rn. 7). Es seien vornehmlich Ausnahmen zu machen für betrügerisches Zusammenwirken der Parteien und für das Geständnis solcher Tatsachen, die das Gericht als offenkundig unwahr erkenne (OLG Oldenburg, a.a.O. unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24.05.1962 – VII ZR 46/61). Die Parteien könnten nicht allein durch übereinstimmendes einfaches Leugnen einer Schwarzgeldabrede diese Überzeugungsbildung aufgrund von Anknüpfungstatsachen unterbinden, vielmehr müssten Umstände, Beweggründe und Herkunft der Gelder plausibel erklärt werden (LG Wuppertal, Urteil vom 04.04.2019 – 7 O 258/18). Mit dem durch das Gesetz verfolgten Zweck der Bekämpfung der Schwarzarbeit sei es unvereinbar, wenn die Parteien nichtige Verträge gleichwohl durchführen und vertragliche Streitigkeiten von den Gerichten entscheiden lassen könnten, wenn sie es nur verstünden, die Schwarzarbeit zu verheimlichen. Deshalb könne es in dem Fall, dass Indizien für Schwarzarbeit sprächen, nicht genügen, dass beide Parteien die Vereinbarung von Schwarzarbeit schlicht leugneten (LG Potsdam, Urteil vom 16.05.2023 – 6 O 341/21).

c) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

Ist ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, hat es die daraus folgende Nichtigkeit gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben.

Gemäß § 138 Abs. 1 ZPO haben die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. Zwar sind nach § 138 Abs. 3 ZPO Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Diese Dispositionsmaxime des Zivilrechts findet jedoch in den Fällen ihre Grenze, in denen die Parteien – wie hier – gemeinsam vorsätzlich gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen. Die Folgen dieses Verstoßes können nicht durch übereinstimmenden wahrheitswidrigen Parteivortrag umgangen werden.

Ziel des Gesetzes ist es, die Schwarzarbeit schlechthin zu verbieten und den Leistungsaustausch zwischen den “Vertragspartnern” zu verhindern. Es will nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung den zugrundeliegenden Rechtsgeschäften die rechtliche Wirkung nehmen (BGH, Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 197/16, Rn. 18 m.w.N.). Durch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz soll nicht allein der Steuerhinterziehung begegnet und damit ein fiskalischer Zweck verfolgt werden; mit der gesetzlichen Regelung soll vielmehr auch die mit der Schwarzarbeit einhergehende Wettbewerbsverzerrung verhindert oder zumindest eingeschränkt werden. Sie dient damit auch dem Schutz gesetzestreuer Unternehmer und Arbeitnehmer. Diesem Ziel ist nicht dadurch gedient, Parteien, die sich – nachträglich – für die Durchführung eines verbotenen Geschäfts entschieden haben, dieses Vorhaben mit Rechtswirkungen im Rahmen des Erlaubten zu ermöglichen (BGH, a.a.O., Rn. 21 m.w.N.).

Das gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn die Parteien sich – wie hier – zunächst auf die Durchführung eines verbotenen Geschäfts geeinigt haben, dies dann aber nachträglich durch bloße prozessuale Behauptungen bzw. schlichtes Leugnen quasi zu einem legalen Geschäft erklären wollen. Entgegen der vorstehend unter II. 2. a) dargestellten Auffassung geht es nicht darum, den Amtsermittlungsgrundsatz auch im Zivilrecht anzuwenden und vom Beibringungsgrundsatz abzuweichen. Vielmehr soll es den Parteien nicht ermöglicht werden, die Folgen des Gesetzes mit Hilfe zivilprozessualer Vorschriften nachträglich zu umgehen, wenn ein Zivilgericht von den Tatsachen überzeugt ist, die einen Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG begründen. Wer bewusst das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot missachtet, soll nämlich nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14, Rn. 17 m.w.N.). Dieses Ziel würde nicht ausreichend erreicht, wenn es in der Hand der Parteien läge, nachträglich durch offensichtlich wahrheitswidrigen Prozessvortrag die Nichtigkeitsfolgen ihres Vertrages zu umgehen.

3. Da der Vertrag nichtig ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung aus § 631 Abs. 1 BGB.

Auch ein Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag besteht nicht, weil der Kläger seine Aufwendungen im Hinblick auf den mit der Ausführung des Geschäfts verbundenen Verstoß gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nicht für erforderlich halten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2014 – VII ZR 241/13, Rn. 14 m.w.N.).

Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch ist gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen (BGH, a.a.O., Rn. 17 ff. m.w.N.).

Schließlich ist auch ein Anspruch aus § 951 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB jedenfalls nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen (BGH, a.a.O., Rn. 30).

4. Schließlich steht dem Beklagten der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Barbeträge aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zu. Denn auch bereicherungsrechtliche Ansprüche des Bestellers, der sich auf den Abschluss eines gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßenden Werkvertrags eingelassen hat, sind nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14, Rn. 14-17).

Da sein Widerruf wegen Nichtigkeit des Vertrags ins Leere ging, bestehen auch keine Ansprüche aus §§ 355 Abs. 3 Satz 1, 357 Abs. 1, 312g Abs. 1 BGB, unabhängig von der Frage, ob der Beklagte überhaupt zum Widerruf berechtigt war.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 ZPO.

LG Lübeck zu der Frage, dass wenn ein mit der Sanierung eines bestehenden Baumangels beauftragtes Unternehmen hierfür ungeeignete Maßnahmen ergreift, sich dadurch das anfängliche Ergebnis verschlechtert und es damit dem primär für den Schaden verantwortlichen Bauunternehmen eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung durch eine Alternativmaßnahme nimmt, deswegen das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen übergeht (konkret: ungeeigneter Versuch der nachträglichen Abdichtung einer mangelhaft ausgeführten “weißen Wanne” durch Durchbohren der Kelleraußenwände und Vergelung von außen)

LG Lübeck zu der Frage, dass wenn ein mit der Sanierung eines bestehenden Baumangels beauftragtes Unternehmen hierfür ungeeignete Maßnahmen ergreift, sich dadurch das anfängliche Ergebnis verschlechtert und es damit dem primär für den Schaden verantwortlichen Bauunternehmen eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung durch eine Alternativmaßnahme nimmt, deswegen das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen übergeht (konkret: ungeeigneter Versuch der nachträglichen Abdichtung einer mangelhaft ausgeführten "weißen Wanne" durch Durchbohren der Kelleraußenwände und Vergelung von außen)

vorgestellt von Thomas Ax

Ergreift ein mit der Sanierung eines bestehenden Baumangels beauftragtes Unternehmen hierfür ungeeignete Maßnahmen, verschlechtert dadurch das anfängliche Ergebnis und nimmt dem primär für den Schaden verantwortlichen Bauunternehmen damit eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung durch eine Alternativmaßnahme, geht deswegen das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen über (konkret: ungeeigneter Versuch der nachträglichen Abdichtung einer mangelhaft ausgeführten “weißen Wanne” durch Durchbohren der Kelleraußenwände und Vergelung von außen).
LG Lübeck, Urteil vom 18.04.2024 – 10 O 222/22 (nicht rechtskräftig)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 138.470 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Bauunternehmen, begehrt von der Beklagten, einem Fachbetrieb für Bauwerkstrockenlegung, Vorschuss auf die Mangelbeseitigungskosten und Schadensersatz, weil die Beklagte die Kelleraußenwände eines von der Klägerin errichteten Wohnhauses in ### bei einer Sanierungsmaßnahme nur mangelhaft abgedichtet und dadurch weitere kostspielige Maßnahmen erforderlich gemacht habe.

Die Klägerin errichtete 2005 für den Bauherrn ### ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus mit Keller unter der eingangs genannten Anschrift. Der Keller wurde als “weiße Wanne” / WU-Konstruktion, bestehend aus Filigran-Doppelwandelementen mit Kernbeton (auch sog. “Dreifachwand” oder in “Sandwich-Bauweise” hergestellte Wand) auf einer Betonsohle errichtet. Bei dieser Wandkonstruktion wird zwischen den fertig gelieferten Doppelwänden vor Ort Kernbeton eingebracht.

Diese Technik ist schadensanfällig: Sollte der Kernbeton nicht ordnungsgemäß lagenweise eingebracht und mit einem Innenrüttler verdichtet werden, können im Beton Luftblasen oder Kiesnester entstehen, die ebenso wie etwaige Schwundrisse später nicht einsehbar sind. Planwidrig in die Kernbetonschicht eindringendes Wasser kann sich über diese Undichtigkeiten über schwer nachvollziehbare Wege bis zu fern gelegenen potenziellen Austrittsstellen ausbreiten.

Unstreitig beging die Klägerin in der Planung und Ausführung der Kellerabdichtung Fehler, die der in einem vor dem Landgericht Lübeck geführten selbständigen Beweisverfahren (Az. 17 OH 9/16) bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. ### in seinem Gutachten vom 1. November 2017, welches die Klägerin selbst in den Rechtsstreit eingeführt hat (Anlage K 5), dargelegt hat:

Der Sachverständige konnte keine Unterlagen zu einer gesonderten statischen Berechnung ausfindig machen, die aufgrund der Verwendung von Filigran-Doppelwandelementen mit Kernbeton bei den Kelleraußenwänden erforderlich gewesen wäre. Stattdessen sei die Statik für monolithische Wände aus WU-Beton berechnet worden (Gutachten Seite 50 f.). Für den wasserschlüssigen Sohlen-Wandanschluss hätte dem Sachverständigen zufolge unter anderem eine Fugenabdichtung durch Einbringung eines unbeschichteten Stahlblechs mit bestimmten Dimensionen erfolgen müssen. Die nach der WU-Richtlinie erforderliche Mindestbreite des Stahlblechs sei nicht eingehalten worden. Zudem reiche die Anschlussbewehrung zu dicht an das Fugenblech heran. Damit bestehe die Gefahr, dass Zwickel zwischen Blech und Bewehrungsstäben verbleiben, die nicht vollständig ausbetoniert werden und damit eine Wasserläufigkeit ermöglichen. Die Anschlussfuge sei generell kritisch und führe am häufigsten zu undichten Stellen in WU-Kellern (Gutachten Seite 51 ff.). Darüber hinaus habe die Klägerin keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um eine Rissbildung an den Elementfugen zu verhindern (Gutachten Seite 53 f.). Eine von der Klägerin zusätzlich aufgebrachte Außenabdichtung mit Bitumenbahnen, die jedenfalls im Bereich der Elementfugen wegen der zuvor beschriebenen Mängel als sinnvoll angesehen werden könne, entspreche ebenfalls nicht den Anforderungen (Gutachten Seite 55 ff.).

Schließlich habe die Klägerin Fehler bei der Abdichtung des Wandkopfes im Übergang der Kelleraußenwände zum Sockelplateau des Erdgeschosses begangen, die zu einem Wassereintritt in den Keller “von oben”, also von der Kellerdecke, führen konnten. Eine fachgerechte Planung der Abdichtung dieses Bereichs sei nicht dokumentiert. Die Klägerin habe lediglich schwarze Sperrfolie lose verlegt, verkantet und auf der Außenseite der Kellerwand verklebt. Unterhalb der Terrassenfenstertür sei nicht einmal eine solche, schon für sich unzureichende Abdeckung erkennbar. Am Wandkopf eindringendes Wasser könne sich innerhalb der Dreifachwände über Kapillargänge so ausbreiten, dass es auch unten an der Kellerraumseite austrete (Gutachten Seite 59 ff.).

Nach der Errichtung des Gebäudes trat im Keller des Hauses Feuchtigkeit auf. Die Klägerin beauftragte die Baubüro ### GmbH damit, die Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen zu ermitteln. In seinem Untersuchungsbericht vom 8. Juni 2009 (Anlage K 2) kam diese zu dem Ergebnis, dass im gesamten Untergeschoss bis zur Höhe der ersten Sperrschicht und im Fußboden Feuchtigkeit gemessen werden konnte. Die Ursache liege im vorderen Gebäudeteil. Dies führte der Privatsachverständige auf Setzungen der Wände zurück. Er empfahl als Mängelbeseitigungsmaßnahme die Verpressung der in diesem Gebäudeteil befindlichen Bodenfuge mit Quellharz und sodann eine Prüfung, ob diese Maßnahme erfolgreich sei. Diese Arbeiten stellten die gegenüber einer Außenabdichtung kostengünstigere Variante dar. Bei dem empfohlenen Verfahren werden Bohrungen in die Wand gesetzt, die Wand aber nicht durchbohrt. Das in diese Bohrungen injizierte Harz dehnt sich in mögliche Hohlräume aus und führt an diesen Stellen zu einer Abdichtung.

Die Klägerin wandte sich daraufhin an die Beklagte. Den Untersuchungsbericht der Baubüro ### GmbH vom 8. Juni 2009 legte die Klägerin der Beklagten nicht vor und sie teilte ihr auch nicht die wesentlichen Ergebnisse dieses Gutachtens mit. Die Beklagte empfahl selbst eine Abdichtung mit einem Injektionsgel. Bei dieser Methode wird die Wand an vielen Stellen komplett durchbohrt und ein Injektionsgel durch die Bohrungen hindurch gespritzt. Der Gelschleier verbreitet sich zwischen Außenwand und Erdreich, erhärtet dort und bildet eine durchgehende Abdichtung. Die Klägerin beauftragte die Beklagte damit, die Arbeiten, wie von dieser vorgeschlagen, durchzuführen. Für die Arbeiten, die in der Rechnung vom 2. November 2009 (Anlage K 3) genannt sind, zahlte die Klägerin einen Betrag in Höhe von 11.783,64 Euro.

Nach diesen Maßnahmen wurden die Feuchtigkeitserscheinungen nicht geringer, sondern es kam zu deutlich stärkeren und umfangreichen Feuchtigkeitseintritten im gesamten Keller des Gebäudes. Die Klägerin forderte die Beklagte im Zeitraum zwischen 2009 und 2015 mehrmals zu einer Mangelbeseitigung auf. Die Beklagte nahm auch mehrfach Nacharbeiten, darunter Injektionen mit Polyurethanharz in Risse und Fugen der Wände, vor, die jedoch nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung führten.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. ### stellte in seinem im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Lübeck (Az. 17 OH 9/16) erstellten Gutachten zunächst die oben beschriebenen Primärursachen für einen Wassereintritt in den Keller fest. Er konstatierte darüber hinaus, dass die Maßnahmen der Beklagten für eine nachträgliche Abdichtung der Kelleraußenwände nach Art und Umfang nicht ausreichend seien, um Wassereintritt hinreichend zu verhindern. Die nahezu umlaufende Durchbohrung der Kellerwände im unteren Bereich und die Verpressung eines Gels an der äußeren Kelleraußenwand sei bei der vorhandenen Konstruktion eher ungeeignet. Injektionen von Polyurethanharz in vermeintliche Risse und Fugen der Wände seien grundsätzlich geeignet, aber bisher nach Umfang und Art nicht ausreichend, um alle Wegsamkeiten in der mehrschichtigen Kelleraußenwand vollständig und dauerhaft abzudichten (Gutachten Seite 80). Zur Abdichtung empfahl der Sachverständige Injektionen in die Dreifachwand. Die Kosten der Maßnahme einschließlich der Beseitigung der durch Feuchtigkeit entstandenen Schäden schätzte er auf insgesamt 67.000 Euro netto. Kosten für mögliche Ersatzmaßnahmen wie z. B. eine Dränung im oberen Bereich und / oder die vollflächige Abdichtung der Kellerwände von außen wolle der Sachverständige einstweilen nicht kalkulieren.

In einem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 4. Juni 2018 (Anlage K 6) führte der Sachverständige unter anderem weiter aus, dass eine Abdichtung über Schleiervergelung im Zusammenhang mit Elementwänden als kritisch zu betrachten sei und im Regelfall keine geeignete Instandsetzungsmethode darstelle. Eine Gelverschleierung sei bei Elementwänden zu risikobehaftet und könne unter Umständen zu einer Verschlimmerung des Schadens führen. Die Frage, ob sich das Schadensbild durch die Injektionen der Beklagten konkret verschlimmert habe, könne nicht beantwortet werden. Stellen, die die Beklagte Maßnahmen unterzogen habe, seien nicht stärker durchfeuchtet als andere Stellen. Selbst wenn dies so wäre, sei dadurch nicht bewiesen, dass die Durchfeuchtungen aufgrund bzw. nach den Arbeiten der Beklagten stärker geworden seien. Es liege ja nahe, dass die Beklagte gerade im Bereich der (stärkeren) Durchfeuchtungen Maßnahmen ergriffen habe. Denkbar sei zudem, dass die Schleiervergelung aufgrund der Perforation der Betonwände und Beschädigung der zusätzlichen Abdichtungsschicht außen eine Zunahme der Wassereintritte bewirkt habe, die von der Beklagten im Rahmen der Nacherfüllung vorgenommene Verpressung von PUR-Harz in die Wände solche Schäden aber kompensiert habe.

In einer mündlichen Befragung am 9. November 2018 bezeichnete der Sachverständige die Wandaufstandsfuge, also den Bereich, in dem die Wand auf der Betonsohle aufsteht, als die potenzielle Haupteintrittsstelle für Wasser. Ob sich das Gel dorthin verteilt habe, könne er nicht sagen. Es wäre erforderlich gewesen, im Bereich der Aufstandsfuge Kunstharz in die Wand zu verpressen. Zudem erläuterte der Sachverständige, dass die mögliche Undichtigkeit am Wandkopf bislang keiner Maßnahme unterzogen worden sei. Wie bereits im schriftlichen Gutachten beschrieben, könne von dort Wasser in Risse einziehen und sich ausbreiten. Als Gegenmaßnahme könne über die gesamte Wand hinweg Harz in die Wände injiziert werden. Für das Verpressen habe der Sachverständige Kosten in Höhe von etwa netto 52.000 Euro kalkuliert. Bevor sämtliche Kellerwände vollflächig in einem geringen Rasterabstand injiziert würden, könne es ausreichen, Injektionen im Bereich der Stoßfuge zwischen Wand und Sockel sowie der Stoßfugen zwischen den einzelnen Betonelementen vorzunehmen und die Sockelabdichtung im Bereich der Terrasse zu sanieren, von wo aus nahezu sicher Stauwasser eintrete. Seien diese Maßnahmen durchgeführt, könne beobachtet werden, ob sie ausreichten.

Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vom 9. November 2018 (Anlage K 7) verpflichtete sich die Beklagte, nach dem Vorschlag des Sachverständigen eine umseitig verlaufende Harzinjektion an der Aufstandsfuge vorzunehmen. Hierfür werde sie entsprechend der zeichnerischen Darstellung in Anlage 29 des Ergänzungsgutachtens vom 4. Juni 2018 von der Kellerwandinnenseite aus Bohrungen in einem Lochabstand von ca. 12 bis 15 cm vornehmen, die durch das am Sockel eingebrachte Stahlblech hindurchreichen und dort Polyurethan verpressen. Ebenso werde sie Injektionen mit Harz im Bereich der Betonelementfugen vornehmen. Die Klägerin versprach, die erforderlichen Sanierungsarbeiten im Bereich der Terrasse vorzunehmen. Der Erfolg der Maßnahmen solle nach Ablauf eines halben Jahres bei einem Ortstermin überprüft werden.

Die Klägerin rügte die von der Beklagten durchgeführten Nachbesserungsarbeiten mit anwaltlichem Schreiben vom 18. März 2019 (Anlage K 9) als mangelhaft und forderte diese bis zum 22. März 2019 zur ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten entsprechend dem Vergleich auf. Die Beklagte nahm daraufhin noch einige Arbeiten vor.

Im April 2020 ließ die Klägerin den Keller des Hauses in der Annahme, die Beklagte habe durch ihre Arbeiten die Undichtigkeit dauerhaft beseitigt, für 1.520 Euro von einem Malerbetrieb streichen.

Ab Mitte Juni 2020 trat erneut erhebliche Feuchtigkeit im Keller des Objektes auf.

In einer E-Mail vom 28. Juli 2020 (Anlage K 11) teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten das Schadensbild mit und setzten ihr eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 7. August 2020. Hierauf reagierte die Beklagte nicht.

Am 26. August 2020 (Anlage K 12) legte die Klägerin der Beklagten in einem Schreiben dar, dass sich Feuchtigkeit im gesamten unteren Bereich der Kellerwände gezeigt habe. Sie setzte der Beklagten nochmals eine Frist zur Mangelbeseitigung und drohte ihr die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich an.

Bei einem gemeinsamen Ortstermin im Oktober 2020 stellten die Parteien fest, dass Wasser durch die von der Beklagten bei der Gelschleierinjektion gebohrten Löcher eindrang. Die Beklagte entfaltete keine weitere Tätigkeit.

Im April 2021 initiierte der Bauherr ### gegen die hiesige Klägerin, die der hiesigen Beklagten den Streit verkündete, ein selbständiges Beweisverfahren beim Landgericht Lübeck (Az. 6 OH 15/21). Der im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. ### kam in seinem Gutachten vom 29. Januar 2021 (Anlage K 14) zu dem Ergebnis, dass von außen Wasser in den Keller eindringe. Primäre Ursache sei, wie schon der Sachverständige ### festgestellt habe, die ursprünglich nicht ausreichend dichte Herstellung der WU-Beton-Konstruktion durch die Klägerin. Die durch die Beklagte durchgeführte erste Sanierungsmaßnahme (Vergelung der Aufstandsfuge) habe zu einer weiteren Verschlechterung der Abdichtungssituation geführt (Gutachten Seite 22). Alle anschließenden Sanierungsversuche der Beklagten seien gescheitert und die Empfehlungen des Sachverständigen ### auch nicht als zielführend zu beurteilen (Gutachten Seite 23 ff.).

Eine nachträgliche Abdichtung einer bereits durchgeführten partiellen Schleier- bzw. Gelinjektion durch eine zusätzliche Verpressung mit einem Zweikomponenten-PUR im Bereich der Wandaufstandsfuge könne ebenso wenig zum Erfolg führen wie eine vollflächige Rasterinjektion, da ein Wassereintritt mit den nachträglichen Bohrpackern kaum oder gar nicht mehr erreicht werden könne. Sachgerecht wäre es allenfalls gewesen, bei der Sanierung von Anfang an so vorzugehen, wie der Sachverständige ### dies in seinem Ergänzungsgutachten vom 4. Juni 2018 in der als Anlage 29 beigefügten Skizze beschrieben habe, nämlich mit zwei Reihen von Injektionen von Harz in die Wände im Bereich der Aufstandsfuge. Nach den Maßnahmen, die die Beklagte stattdessen ergriffen habe, sei die von dem Sachverständigen ### vorgeschlagene Abhilfe durch Injizierungen von Harz nicht mehr als geeignet anzusehen. Geeigneter und erfolgversprechender wäre stattdessen eine Abdichtung von außen (also mit einer “schwarzen” Abdichtung) gewesen (Gutachten Seite 25). Die Höhe der Sanierungskosten schätze er auf 136.950 Euro netto.

Im Laufe dieses Rechtsstreits hat die Klägerin die Kelleraußenwände des Hauses in ### abschnittsweise freigegraben und dort nachträglich eine Außenabdichtung aufgebracht. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung waren diese Arbeiten weit fortgeschritten, aber noch nicht beendet.

Die Klägerin trägt vor, dass die ursprüngliche Undichtigkeit des Kellers vollständig beseitigt worden wäre, wenn die Beklagte ordnungsgemäße Maßnahmen zur Sanierung ergriffen hätte. Die vom Sachverständigen ### genannten Sanierungsmaßnahmen seien nur erforderlich geworden, weil die Beklagte die bis dahin unbeschädigten Außenwände des Kellers und die dahinter liegende Außenabdichtung durchbohrt habe.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die vom Sachverständigen für eine Sanierung geschätzten Nettokosten sowie die Kosten für die im April 2020 veranlassten aber nutzlosen Malerarbeiten.


Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 138.470 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. April 2022 zu zahlen und sie von sämtlichen Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zwischen ihr und Herrn ### zum Az. 6 OH 15/21 des Landgerichts Lübeck freizuhalten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin lasse außer Acht, dass sie die primäre Verantwortung für das Schadensbild habe. Die Klägerin habe ihr, der Beklagten, keine Informationen zur Boden- und Grundwasserbeschaffenheit gegeben. Ohne Vorlage von Planungsunterlagen für den Kellerbereich habe die Beklagte nicht annehmen müssen, dass eine Dichtigkeit wie bei einer weißen Wanne notwendig gewesen sei. Die Klägerin habe die Beklagte, abgesehen von der Präsentation mehrerer Haarrisse an Kellerwänden, nicht auf die eigenen Mängel bei der Ausführung der Kellerabdichtung hingewiesen und ihr die Beurteilung durch die Baubüro ### GmbH nicht vorgelegt. Zudem sei bis heute nicht geklärt, ob und ggf. wo sich Hohlräume und Undichtigkeiten innerhalb der Dreifachwand befinden.

Der Sachverständige ### hat sein Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren 6 OH 15/21, dessen Verwertung gemäß § 411a ZPO die Kammer mit den Parteien abgestimmt hat, im Termin vom 19. Januar 2024 erläutert und auf zusätzliche Fragen geantwortet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 124 ff. der Akten) verwiesen.

In einem weiteren vor dem Landgericht Lübeck geführten und bislang nach hiesigem Kenntnisstand nicht förmlich beendeten Rechtsstreit (Az. 17 O 28/21) hat die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 887 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 9. November 2018 betrieben.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Eine anderweitige Rechtshängigkeit steht diesem Rechtsstreit nicht gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen. Zwar begehrt die Klägerin in dem Rechtsstreit vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck (Az. 17 O 28/21) und im vorliegenden Rechtsstreit jeweils von der Beklagten einen Kostenvorschuss für die Selbstvornahme einer Abdichtung der Kelleraußenwände am Haus in ###. Der Streitgegenstand ist gleichwohl nicht identisch.

Identität des Streitgegenstandes liegt vor, wenn aus demselben konkreten Lebenssachverhalt dieselbe Rechtsfolge abgeleitet wird, das heißt, der nämliche Antrag aus demselben Klagegrund gestellt wird (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1952 – V ZR 159/51 -, BGHZ 7, 268 ff.). Die Klägerin betreibt in dem Rechtsstreit vor der 17. Zivilkammer als Gläubigerin gegen die Beklagte als Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 9. November 2018. Grundlage der hiesigen Forderungen auf Kostenvorschuss für die Selbstvornahme ist hingegen der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag. Klageziel ist in dem einen Verfahren somit Vollstreckung aus einem bereits bestehenden Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), während die Klägerin einen solchen Titel mit der vorliegenden Klage erst anstrebt. Damit sind die Klagen nicht auf dasselbe Ziel gerichtet.

II.

Die Klage ist nicht begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die vom Sachverständigen ### als erforderlich festgestellten Sanierungsmaßnahmen.

a) Ein solcher Anspruch auf Selbstvornahme besteht nicht aufgrund der §§ 637 Abs. 2, Abs. 1, 634 Nr. 2, 633 BGB. Hiernach kann der Besteller vom Unternehmer für die zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen, wenn er dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt hat.

Der Unternehmer hat dabei die Aufwendungen des Bestellers zu ersetzen, die zur Mangelbeseitigung erforderlich sind. Die Erforderlichkeit ist vom Besteller zu beweisen (Jurgeleit in: Kniffka/ Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts 5. Aufl. 2020 Teil 5 Rn. 314; Voit in: BeckOK BGB 69. Ed. 01.02.2024, § 637 BGB Rz. 9). Die Kostenpflicht des Unternehmers betrifft nicht nur die eigentliche Mangelbehebung, sondern weitergehend alles, was vorbereitend erforderlich ist, um den Mangel der Werkleistung zu beseitigen. Der Nacherfüllungsanspruch gegen den Unternehmer ist allerdings auf Fehler an dessen Werk beschränkt. Er erfasst nicht auch Mangelfolgeschäden, die an anderen als den vom Unternehmer hergestellten Gewerken eingetreten sind (Genius in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. Stand: 01.02.2023, § 637 BGB Rz. 22).

Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin kein Vorschussanspruch zu. Die Klägerin hat in diesem Rechtsstreit nicht den Beweis geführt, dass die mit der Klage geltend gemachten Kosten der Selbstvornahme aufgrund einer mangelhaften Ausführung der Sanierungsarbeiten an der Abdichtung des Kellers des Hauses in ### erforderlich geworden sind.

Zwar steht aufgrund der Gutachten der Sachverständigen ### und ### zur Überzeugung der Kammer fest, dass es im vorliegenden Fall nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprach, die unzulängliche Abdichtung der Kelleraußenwände durch Gelinjektionen in den Bereich zwischen Außenwand und Erdreich zu sanieren. Beide Sachverständige haben insoweit übereinstimmend ausgeführt, dass eine geeignete Sanierung von innen nur durch eine Verpressung von Polyurethanharz in die Wände durchzuführen gewesen wäre. Es kann jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass die nunmehr geltend gemachten Kosten für eine Sanierung durch Freigraben der Kellerwände und eine Abdichtung von außen nicht auch dann angefallen wären, wenn die Klägerin von Beginn an Polyurethanharz als Bohrpacker in die Kelleraußenwände verpresst hätte und mithin entsprechend den anerkannten Regeln der Technik vorgegangen wäre. Nur wenn die Beklagte durch ein sachgemäßes Vorgehen zweifelsfrei die nun entstehenden Beseitigungskosten vermieden hätte oder wenn sie diese allein aufgrund ihrer unsachgemäßen Handlungsweise erst erforderlich machte, erschienen diese nicht als Folge des Primärschadens. Beides ist aber nicht der Fall.

Bereits die von der Klägerin als Privatsachverständige herangezogene Baubüro ### GmbH hat ausgeführt, dass nach der Verpressung mit Harz geprüft werden müsse, ob die Maßnahme erfolgreich sei; die Methode sei jedenfalls kostengünstiger als eine Öffnung des Gebäudes von außen.

Der Sachverständige ### hat im Rahmen seiner Befragung durch die Kammer ausgeführt, dass eine Ausgrabung von außen, wie nunmehr erforderlich, auch bei sachgerechter Sanierung “von innen” nicht zweifelsfrei hätte vermieden werden können. Es sei nicht gesichert, dass die anfängliche Verpressung von Harz ausreichend für eine Schadenssanierung gewesen wäre. Die Beklagte habe durch ihre Arbeiten, bei denen sie die Kelleraußenwände vollständig durchbohrte, nach Einschätzung des Sachverständigen zwar den Zustand der Abdichtung verschlimmert. Gleichwohl könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass eine Aufgrabung vermieden worden wäre, wenn sie stattdessen sachgerecht Polyurethanharz in die Wände verpresst hätte. Diesen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Kammer an.

Es bleiben demnach nicht nur hypothetische Zweifel daran, dass die Aufgrabung nicht ohnehin hätte erfolgen müssen. Diese Zweifel gehen zu Lasten der für die Erforderlichkeit der Mangelbeseitigungskosten beweisbelasteten Klägerin. Eine erneute Befragung des Sachverständigen ### dazu, in welchem Umfang ein Verpressen der Wände mit Harz den Schaden insgesamt beseitigt hätte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geboten, weil sich aus den Ausführungen des Sachverständigen bereits ergibt, dass dies nicht sicher beantwortet werden kann. Zudem gab der Sachverständige zu verstehen, dass eine vollflächige Verpressung von Polyurethanharz ähnliche Kosten verursacht haben dürfte wie eine Schadensbeseitigung “von außen”.

Durch die mangelhaften Arbeiten hat die Beklagte der Klägerin letztlich eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung genommen. Deswegen geht jedoch das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf sie über. Dieses Risiko verbleibt bei der Klägerin, die durch ihre zahlreichen Fehler bei der Abdichtung des Kellers im Rahmen der Herstellung die ursprüngliche Ursache für die Wassereintritte gesetzt hat.

b) Auch nach §§ 280 Abs. 1, 634 Nr. 4 BGB (Mangelfolgeschaden) kann die Klägerin keinen Schadensersatz beanspruchen, da die haftungsausfüllende Kausalität nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann. Der Gläubiger trägt grundsätzlich – und so auch hier – die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Insoweit gilt § 286 ZPO (vgl. Lorenz in: BeckOK BGB, 9. Ed. 01.02.2024, § 280 BGB Rz. 89). Da aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Aufgrabung ohnehin erforderlich gewesen wäre, scheitert ein Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens jedenfalls an der nicht feststellbaren haftungsausfüllenden Kausalität.

2. Die Klägerin kann von der Beklagten auch nicht die Kosten für die Malerarbeiten als Mangelfolgeschaden ersetzt verlangen. Es war zu keinem Zeitpunkt sicher, dass nicht ohnehin eine Aufgrabung erforderlich geworden wäre. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte die nach dem Vergleich geschuldeten Nachbesserungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt hat. Denn es war klar, dass auch diese Nachbesserungsarbeiten nicht mit Sicherheit zum Erfolg geführt hätten. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen des Sachverständigen ### in seiner Anhörung im Vorfeld des Vergleichsschlusses im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens (Az. 17 OH 9/16). So haben die Parteien in dem Vergleich einen Ortstermin ein halbes Jahr nach Vergleichsschluss vereinbart, in dem geprüft werden sollte, ob die Maßnahmen erfolgreich waren.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Freihaltung von den Kosten des gegen sie vom Bauherrn ### angestrengten selbstständigen Beweisverfahrens (Az. 6 OH 15/21). Der Antragsteller eines selbstständigen Beweisverfahrens kann die ihm hieraus entstandenen Kosten jedenfalls solange im Wege der Leistungsklage und gestützt auf seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend machen, wie ein Hauptsacheverfahren im Sinne des § 494a ZPO – und sei es auch nur in Gestalt einer Feststellungsklage – nicht geführt wurde oder geführt wird, und auch ein Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO nicht gestellt ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – VI ZR 520/16 -, Rn. 19).

Der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch entsteht nicht kraft Veranlassung wie z. B. durch eine Klageerhebung, sondern setzt stets eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage voraus, wie Vertrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, culpa in contrahendo, positive Vertragsverletzung (§§ 280, 311 BGB), Verzug, §§ 823 Abs. 1 ff. BGB, § 1004 BGB, § 7 StVG oder andere Haftungsnormen. Hier ist keine Haftungsnorm ersichtlich, die der Klägerin einen Freihaltungsanspruch bezüglich der Kosten des vom Bauherrn ### gegen sie geführten Beweisverfahrens gewähren könnte. Deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen scheitern bereits daran, dass insoweit ein reiner Vermögensschaden gegeben wäre. Vertragliche Sekundärschadensersatzansprüche scheitern jedenfalls daran, dass nicht festgestellt werden kann, dass das selbstständige Beweisverfahren durch ein ordnungsgemäßes Tätigwerden der Beklagten vermieden worden wäre. Es erscheint durchaus möglich, dass das Verfahren auch dann eingeleitet worden wäre, wenn die Beklagte ordnungsgemäß von Anfang an mit Bohrpackern aus Polyurethanharz saniert hätte und die Undichtigkeit – was nach den obigen Ausführungen möglich ist – dadurch nicht beseitigt worden wäre. Es fehlt auch insoweit zumindest an der haftungsausfüllenden Kausalität.

4. Mangels Existenz der Hauptforderung besteht auch die geltend gemachte Zinsforderung nicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

OLG Oldenburg ua zu der Frage, dass wenn ein Pauschalpreisvertrag gekündigt wird, der Unternehmer die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen hat

OLG Oldenburg ua zu der Frage, dass wenn ein Pauschalpreisvertrag gekündigt wird, der Unternehmer die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen hat

vorgestellt von Thomas Ax

1. Nach der Kündigung eines Bau- oder Werkvertrags schuldet der Besteller dem Unternehmer eine Vergütung, die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht. Deshalb hat der Unternehmer die erbrachten Leistungen darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil der Leistung abzugrenzen.
2. Wird ein Pauschalpreisvertrag gekündigt, hat der Unternehmer die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen.
3. Fehlen dem Unternehmer Anhaltspunkte zur Bewertung der erbrachten Leistungen, muss er nachträglich im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind.
4. Von einer Aufschlüsselung der Gesamtleistungen in Einzelleistungen kann der Unternehmer absehen, wenn im Zeitpunkt der Kündigung nur noch geringwertige Leistungen ausstehen. Zudem darf er auf der Grundlage der Fertigstellungskosten des Bestellers für die Restleistung abrechnen, wenn dem Besteller bei dieser Berechnung kein Nachteil entsteht.
OLG Oldenburg, Urteil vom 23.05.2023 – 2 U 195/22
vorhergehend:
LG Oldenburg, 17.11.2022 – 17 O 3604/20
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 14.02.2024 – VII ZR 131/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


In dem Rechtsstreit

(…)

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (…), den Richter am Oberlandesgericht (…) und den Richter am Oberlandesgericht (…) auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2023

für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.11.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt nach der Kündigung eines Werkvertrages restlichen Werklohn für erbrachte Leistungen, während die Beklagte die Forderung für unschlüssig hält und hilfsweise u.a. mit Sekundäransprüchen wegen Mängeln aufrechnet.

Die Parteien sind durch einen Werkvertrag aus März 2020 über Rohbauarbeiten bezüglich einer Doppelhaushälfte verbunden. Wegen der Vertragsunterlagen wird die Anlage K 1 (Bl. 14 – 16 Rs Bd. I d.A.) in Bezug genommen. Der Vertrag sah einen nicht weiter aufgegliederten Pauschalpreis in Höhe von 166.600 Euro brutto vor. Während des Bauverlaufs zahlte die Beklagte Abschläge in Höhe von 90.280,00 Euro. Mit Schreiben vom 7.9.2020 (Anlage B 19; Bl. 68 Bd. I d.A.) kündigte die Klägerin unter im einzelnen streitigen Umständen den Vertrag. Am 10.9.2020 sprach die Beklagte ihrerseits eine Kündigung aus wichtigem Grund sowie gleichzeitig die freie Kündigung aus (Anlage B 21, Bl. 70 Bd. I d.A.). Zu diesem Zeitpunkt waren noch nicht alle vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht. Eine Abnahme der erbrachten Leistungen erfolgte nicht.

Daraufhin rechnete die Klägerin den Vertrag einschließlich Nachtragsforderungen mit Rechnung vom 22.9.2020 (Anlage K 3, Bl. 17 Rs Bd. I d.A.) ab und forderte mit dieser eine Zahlung von 83.608,00 Euro, die Gegenstand der Klageforderung ist. Einwendungen gegen deren Prüffähigkeit erhob die Beklagte nicht. Im Laufe des Rechtsstreits stellte die Klägerin klar, dass sie nur die von ihr erbrachten Leistungen abrechne und im Wege einer Teilklage vorgehe. Dazu reichte die sie eine weitere Schlussrechnung ein, die auf 86.021, 14 Euro endete (Anlage K 12; Bl. 127 Bd. I d.A.). Nachdem sie durch das Landgericht auf die Grundsätze zur Abrechnung erbrachter Leistungen nach Kündigung eines Pauschalpreisvertrages hingewiesen worden war, nahm sie mit der Anlage K 16 (Bl. 19 – 20 Rs Bd. II) eine Kalkulation der Einzelleistungen vor, die wiederum auf der Kalkulation ihrer Subunternehmerin beruhte. Zu dieser erklärte ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 6.10.2022, dass die Klägerin daran nicht festhalte.

Stattdessen hat die Klägerin die Auffassung vertreten, sie habe mit der Beklagten die Kalkulation nach qm/Fläche vereinbart und auf diese Kalkulation 5% Baustelleneinrichtung und 10 % bzw. 13% Wagnis und Gewinn kalkuliert. Eine Aufgliederung in erbrachte und nicht erbrachte Leistungen sei ihr deswegen nicht möglich. Ferner hat sie behauptet, die geschuldete Leistung sei weitgehend fertiggestellt worden.

Die Beklagte hat vor dem Landgericht gemeint, die Kündigungsvergütung für die erbrachten Leistungen sei nicht schlüssig dargelegt. Es hätten noch erhebliche Leitungen gefehlt. Hilfsweise hat sie sich auf Gegenansprüche wegen Mängeln, Skonti, Vertragsstrafen und Schäden wegen verlängerter Bauzeit berufen.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin den Vergütungsanspruch für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nicht schlüssig dargelegt hätte. Sie habe weder die tatsächlich erbrachten Leistungen dargelegt noch diese unter Berücksichtigung des als Pauschalpreis vereinbarten Preisniveaus bewertet. Genau das sei aber wegen der für den Besteller gegebenen Gefahr von kalkulatorischen Verschiebungen in den Teil der erbrachten Leistungen erforderlich. Eine Ausnahme, die eine Berechnung “von oben” ermögliche, liege nicht vor, weil nicht lediglich geringfügige Restleistungen offen gestanden hätten. Eine Berechnung anhand der von der Beklagten teilweise angegeben Fertigstellungskosten komme nicht in Betracht. Es sei unklar, ob die Fertigstellungskosten über der vereinbarten Vergütung lägen, und damit auch, ob die Klägerin einen Vorteil durch diese Abrechnung einen ungerechtfertigten Vorteil erlangt. Ferner habe die Klägerin den Fertigstellungskosten ausdrücklich widersprochen. Die Beklagte habe zudem nur eine vorläufige Berechnung vorgenommen. Eine Bewertung der Preise der nicht erbrachten Leistungen habe sie gerade nicht durchführen können.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie meint, die Vergütungsforderung sei auch unter Berücksichtigung der erfolgten Kündigung ausreichend dargelegt, weil sich aus dem Prozess selbst ergäbe, dass die Beklagte in der Lage war, sich ausreichend zu verteidigen. Außerdem habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass zwischen den Parteien eine Kalkulation vereinbart worden sei, die sich allein nach qm bemesse. Das damit verbundene Kalkulationsrisiko, eine Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen nicht vornehmen zu können, falle nicht der Klägerin zu. Im Übrigen habe die Beklagte Abzüge hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen vorgenommen, woraus sich ergäbe, dass sie in Bezug auf die Abrechnung nicht schutzbedürftig sei. Schließlich meint die Klägerin, bei Anwendung des § 648 BGB entfalle das Erfordernis einer Abrechnung der Vergütung, die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht. Das ergäbe sich durch eine gebotene Auslegung anhand des neu eingeführten § 648a BGB.
Mit Schriftsatz vom 5.5.2023 reichte der Kläger die Rechnung vom 3.5.2023 zur Akte. Auf Bl. 50 – 57 Bd. III d.A. sowie die Erläuterungen dazu auf. S. 2 des Schriftsatzes (Bl. 48 f Bd. III d.A.) wird verwiesen. Sie meint, daraus ergäbe sich eine schlüssige Abrechnung.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17.11.2022 zum Az. 17 O 3604/20 abzuändern und die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an die Klägerin 83.608,00 Euro nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 6.10.2020 zu zahlen und

2. hilfsweise das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt den Inhalt der neuen Berechnung vom 3.5.2023 in Abrede.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zutreffend mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin ihren Vergütungsanspruch für die bis zur Kündigung des Werkvertrages erbrachten Leistungen nicht schlüssig vorgetragen hat. Mit der neuen Abrechnung vom 3.5.2023, die mit Schriftsatz vom 5.5.2023 vorgetragen wurde, ist die Klägerin gem. §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

A)

1. Nach der Kündigung eines Werkvertrages schuldet der Besteller dem Unternehmer eine Vergütung, die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht (vgl. BGH NJW 1995, 2712). Deswegen obliegt es dem die Vergütung für erbrachte Leistungen verlangendem Auftragnehmer zunächst, die erbrachten Leistungen darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen. Liegt ein gekündigter Pauschalpreisvertrag vor, hat der Unternehmer überdies die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Dementsprechend muss er sowohl das Verhältnis der bewirkten Leistung zur vereinbarten Gesamtleistung als auch das Verhältnis des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. 7. 2002 – VII ZR 103/01 = NZBau 2002, 614, 615).

Fehlen dem Auftragnehmer aus der Zeit vor Vertragsschluss die Anhaltspunkte zur Bewertung der erbrachten Leistungen, muss er im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 04.07.1996 – VII ZR 227/93 = NJW 1996, 3270). In diesem Zusammenhang kann eine ausreichend aufgegliederte und auf einzelne Gewerke bezogene Aufstellung ausreichen, welche die Gesamtkosten bei vollständiger Fertigstellung aufgrund einer Nachunternehmervergabe darlegt und den Kosten gegenüberstellt, die tatsächlich entstanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 4. 7. 2002 – VII ZR 103/01 = NJW-RR 2002, 1596). Wesentlich ist nur, dass die vorgenommene Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen sowie deren Bewertung dem Auftraggeber die Möglichkeit gibt, sich sachgerecht zu verteidigen (vgl. BGH a.a.O.), indem er die einzelnen Pauschalen sowie den kalkulatorischen Wahrheitsgehalt und damit letztlich die inhaltliche Richtigkeit überprüfen kann. Sinn und Zweck dieser Anforderungen an die Abrechnung ist, dass der Unternehmer seine Leistungen nicht beliebig bewertet und dadurch ungerechtfertigte Vorteile erlangt, wobei es im Wesentlichen um die Frage geht, ob eine ungerechtfertigte Verschiebung von Kosten in den erbrachten Leistungsteil erfolgt ist (vgl. Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 8. Teil Rn. 59); also die ausgeführten Teilleistungen zu hoch bewertet werden.

Vor dem Hintergrund, dass die Gefahr kalkulatorischer Verschiebungen in diesen Fällen in den Hintergrund tritt, kann von einer Aufschlüsselung der Gesamtleistungen in Einzelleistungen abgesehen werden, wenn im Zeitpunkt der Kündigung nur noch geringwertige Leistungen nicht erbracht sind (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2014 – VII ZR 176/12 = NZBau 2015, 27). Zudem darf der Unternehmer auf der Grundlage der Fertigstellungskosten des Bestellers für die Restleistung abrechnen, wenn feststeht, dass dem Unternehmer bei dieser die Vertragsgrundlagen verlassenden Berechnung kein Nachteil entsteht (vgl. Kniffka in in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 8. Teil Rn. 65; Schmitz in Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 6.3.2023, § 648 Rn. 59). Es muss mithin feststehen, dass die Drittunternehmerkosten die vertraglich vereinbarte Vergütung für die Restfertigstellung überschreiten, oder der Besteller akzeptiert eine Berechnung unter Abzug der Fertigstellungskosten bzw. widerspricht dieser nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 10.4.2014 – VII ZR 124/13 = NZBau 2014, 351 Rn. 4).

2. Unerheblich ist in Bezug auf diese Berechnungsgrundlagen zum gekündigten Pauschalpreisvertrag, ob es sich um eine Kündigung nach § 648a BGB oder § 648 BGB handelt. Der Rechtsauffassung der Klägerin, nach Einführung des § 648a Abs. 4 BGB könnten sich die Grundsätze der Abrechnung eines gekündigten Werkvertrages nur noch auf die Fälle des § 648a BGB beziehen, während im Rahmen einer Kündigung nach § 648 BGB, für den eine dem § 648a Abs. 4 BGB entsprechende Regelung fehlt, der Besteller darlegen und beweisen müsse, in welchem Umfang Leistungen nicht erbracht wurden, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Abgesehen davon, dass diese Auffassung – soweit ersichtlich – nirgends in der Literatur oder Rechtsprechung vertreten wird, sondern weiterhin einhellig die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung auf beide Kündigungsarten angewendet werden, verkennt die Klägerin mit ihrer Rechtsmeinung, dass nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast der Anspruchsteller die seinen Anspruch ausfüllenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat. Dazu gehört auch der Umfang der erbrachten Leistungen sowie die Höhe der sich daraus ergebenden Vergütung. Im Übrigen betrifft die Regelung des § 648a Abs. 4 BGB allein die Frage der Feststellung des Leistungsstandes und keineswegs die Frage der vergütungsmäßigen Bewertung der erbrachten Leistungen.

3. Ob sich aus den Regelungen der VOB/B für die Abrechnung des gekündigten Werkvertrages etwas zugunsten der Klägerin ergeben könnte, kann auf sich beruhen. Die VOB/B ist nach ihrem eigenen Vorbringen nicht wirksam einbezogen. Keineswegs kommt dem Zeugen FF eine einem Architekten ähnliche Stellung zu, die Grund für die Annahme wäre, bei ihm handele es sich um eine im Baubereich bewanderte Person (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 2 Rn. 187). Ein vormals erteilter Bauträger- oder Maklerschein reichen insoweit nicht aus.

4. Unter Zugrundelegung der unter 1. dargelegten Grundsätze hat die Klägerin ihren Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen mit ihren im ersten Rechtszug vorgebrachten Schlussrechnungen (Anlage K 3 = Bl. 17 Rs Bd. I d.A.; Anlage K 12 = Bl. 127 Bd. I d.A.) nicht schlüssig dargelegt.

a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin bereits im ersten Schritt nicht angegeben hat, welche Leistungen aus dem Vertrag erbracht und welche nicht erbracht wurden, und schließlich auch keine Bewertung der Teilleistungen anhand des Preisgefüges des Pauschalpreisvertrages vorgenommen hat.

Es ergibt sich aus den durch die Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, dass im Kündigungszeitpunkt zwei Giebel an der Garage weder im Hinblick auf das Innen- noch auf das Außenmauerwerk errichtet waren, der Bau nicht putzgerecht hergestellt war, weil Abmauerungen im Sanitärbereich und das Verschließen der Schlitze unterblieben sind, Außenfensterbänke als Rollschichten vollständig nicht errichtet waren, Fensterbänke innen fehlten, eine komplette Stützwand im Treppenhaus nicht ausgeführt wurde und die Verfugung vollständig unterblieben ist. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der insoweit getroffenen Feststellungen ergeben sich nicht, so dass der Senat sie als bindend zugrunde legt. Daran ändert sich auch nichts durch die unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung der Klägerin auf S. 5 des Schriftsatzes vom 27.7.2022, sie habe lediglich die in ihrer letzten Schlussrechnung des ersten Rechtszuges (Anlage K 12 = Bl. 127 Bd. I d.A.) berücksichtigen Positionen nicht erbracht. Denn der Geschäftsführer der Klägerin hatte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.7.2021 selbst erklärt, dass auch die Schlitze nicht verschlossen worden sind und die Verfugung nicht ausgeführt wurde. Im Zusammenhang mit letzterer gibt es gegen die Auslegung des Landgerichts, dass auch diese Verfugung zu den geschuldeten Arbeiten gehörte, nichts zu erinnern. Auf dessen Ausführungen (S. 12 – 14 LGU) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin vertraglich auch zur Beräumung der Baustelle von Schutt verpflichtet war. Denn die Beseitigung des mit der Werkleistung verbundenen Abfalls gehört vorbehaltlich – hier nicht ersichtlicher – abweichender vertraglicher Vereinbarung zu dem geschuldeten Werkerfolg des Auftragnehmers (vgl. BGH, Urteil vom 6. 7. 2000 – VII ZR 73/00 = NZBau 2000, 466).

Die Klägerin hat in ihrer ersten Rechnung (Anlage K 3; Bl. 17 Rs Bd. I d.A.) hingegen gar keine nicht erbrachten Leistungen ausgewiesen oder berechnet. Bei der weiteren Rechnung aus der Anlage K 12 (Bl. 127 Bd. I d.A.) hat sie lediglich die beiden Giebel, die WC-Kanten-Abmauerung und 16 lfdm (statt 26 lfdm im ihr seinerzeit überlassenen, unausgefüllten LV) Rollschicht abgezogen. Eine Bewertung der Einzelleistungen unter Berücksichtigung des Preisgefüges des Pauschalpreisvertrages unterblieb gänzlich. Vielmehr nahm sie einen Abzug anhand nicht nachvollziehbarer Einzelbeträge vor. Mit Schriftsatz vom 25.8.2021 reichte die Klägerin als Anlage K 16 (Bl. 19 – 21 Rs Bd. II d.A.) eine Kalkulation ihrer Subunternehmerin ein. Anhand dieser, die den mit der Klägerin vereinbarten Pauschalpreis indes nicht widerspiegelte, errechnete sie erneut Abzüge ausschließlich für die beiden Giebel, die WC-Kanten-Abmauerung und 16 lfdm Rollschicht, um dann – zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 6.10.2022 – zu erklären, an dieser Abrechnung nicht mehr festzuhalten. Mithin hat die Klägerin die grundsätzlichen Anforderungen für die schlüssige Abrechnung einer Vergütung erbrachter Leistungen nach Kündigung eines Pauschalpreisvertrages nicht erbracht.

Soweit die Klägerin argumentiert, sie habe mit einem konkreten Preis/m² Fläche zuzüglich 5% Baustelleneinrichtung und 10% bzw. 13% Wagnis und Gewinn kalkuliert, enthebt sie dies nicht von der Pflicht zur konkreten Abrechnung. Soweit sie meint, die Aufschlüsselung und Bewertung der nicht erbrachten Leistungen sei ihr deswegen nicht möglich, trifft dies nicht zu. Denn die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt, fehlen der Klägerin dann lediglich Anhaltspunkte zur Bewertung der erbrachten Leistungen aus der Zeit vor Vertragsschluss, die sie im Nachhinein vornehmen muss um dann im Einzelnen darzulegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 04.07.1996 – VII ZR 227/93 = NJW 1996, 3270). Soweit in der Berufungsbegründung geltend gemacht wird, die Beklagte habe sich mit Email vom 16.3.2020 (Bl. 180 Bd. II d.A.) auf die die Kalkulation nach Preis/m² eingelassen und müsse nunmehr deren Nachteile im Rahmen der Abrechnung des gekündigten Vertrages tragen, kann sich der Senat dem nicht anschließen. Zum einen ist der Email, die sich allein auf die Angebote konkurrierender Wettbewerber bezieht, keineswegs eine Vereinbarung einer bestimmten Kalkulation mit der Klägerin zu entnehmen. Zum anderen schlüge dies nicht auf die Verpflichtung der den Werklohn beanspruchenden Klägerin durch, den gekündigten Pauschalpreisvertrag nach den Grundsätzen der Rechtsprechung abzurechnen.

b) Schließlich ist die Klägerin unter Berücksichtigung ihres erstinstanzlichen Vorbringens auch nicht von einer Abrechnung ihrer Vergütung nach den dargestellten Grundsätzen enthoben. Eine Ausnahmekonstellation, in der sie “von oben nach unten” abrechnen darf, liegt nicht vor.

aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich nicht feststellen lasse, im Zeitpunkt der Kündigung hätten lediglich noch geringfügige Restleistungen ausgestanden.

Es liegt auf der Hand, dass dies nicht anhand der Abrechnung der Klägerin erfolgen konnte. Nicht nur, dass diese wesentliche Teile der nicht erbrachten Leistungen gar nicht berücksichtigte, kann der vermeintlich geringfügige Betrag gerade auf einer “kalkulatorischen Verschiebung“, also einer Unterbewertung der Restleistung durch die Klägerin beruhen (vgl. KG NJW 2018, 3721 Rn. 82). Tatsächlich sind die oben festgehaltenen ausstehenden Leistungen in Bezug auf das Gesamtvolumen des Werkvertrages von 162.400,00 Euro nicht geringwertig. Das folgt einerseits aus den fehlenden Leistungen an sich und zusätzlich aus den durch die Beklagte zum Teil angegebenen Drittunternehmerkosten und zum Teil geschätzten

Preise der nicht erbrachten Teilleistungen:

2 Giebel Garage; 6 m² Innen- und Außenmauerwerk

4.250,00 Euro

Putzfertige Errichtung (Schätzung Beklagte)

8.250,00

Abmauerungen Sanitärbereich

2.900,00 Euro

Verschließen der Schlitze pp

(keine Angabe)

Außenfensterbänke als Rollschichten; Stützwand im Treppenhaus

1.276,00 Euro

Fensterbänke innen

997,84 (Material)

Verfugung

3.441,93 Euro + 628,93 Euro

Beräumung der Baustelle

1.303,84 Euro

 

————————–

 

20.148,54


Auch wenn dieses Rechenwerk der Beklagten nicht unstreitig ist, steht jedenfalls fest, dass nach der Kündigung nicht lediglich geringfügige Leistungen der Klägerin ausstanden. In diesem Zusammenhang ist es mangels abweichender Anhaltspunkte für die Beklagte auch zulässig, für die Schätzung auf den Abschlagsplan der Klägerin zuzugreifen.

bb) Schließlich kann eine Abrechnung nicht auf Grundlage der Fertigstellungskosten für die Restleistungen erfolgen.

Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass nicht feststeht, dass die an einen Drittunternehmer zu entrichtenden Fertigstellungskosten über dem vereinbarten Vertragspreis liegen. Das mag grundsätzlich naheliegen und der Regelfall sein, steht aber vorliegend eben weder fest noch ist es durch die Klägerin unter Beweis gestellt worden. Überdies scheidet vorliegend eine Abrechnung nach den Fertigstellungskosten aus, weil die Klägerin zu diesen gar nichts vorgetragen hat und sie auch aus dem Vortrag der Beklagten nicht vollständig hervorgehen. Die Beklagte hat insbesondere im Bereich der ausgebliebenen putzfertigen Errichtung in weiten Teilen eine Schätzung anhand des Abschlagszahlungsplans der Klägerin (5% nach “Bau putzgerecht herstellen“) vorgenommen. Darüber hinaus hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise auf seine mit Tatbestandswirkung nach § 314 ZPO getroffene Feststellung abgestellt, dass die Klägerin sich die Abrechnung nach den Fertigstellungskosten gerade nicht hilfsweise zu eigen gemacht, sondern diese bestritten hat. Damit war es gerade die Klägerin, die sich einer Abrechnung auf Grundlage der Fertigstellungsmehrkosten verweigert hat.

Soweit die Klägerin im Berufungsrechtszug ihre Auffassung wiederholt, die Aufstellung der Beklagten zeige gerade, dass diese sich sachgerecht verteidigen könne und deswegen eine nähere Darlegung der Klägerin entbehrlich sei, dringt sie damit nicht durch. Es ist zwar im Grundsatz zutreffend, dass der Detaillierungsgrad der vom Unternehmer zu erbringenden Abrechnung nicht zu unverhältnismäßigen Anforderungen an diesen führen darf, sondern sich nach dem berechtigten Informationsinteresse des Bestellers richtet und nicht dessen ungerechtfertigte Verweigerungstaktik unterstützen soll. Vorliegend hat hingegen bereits das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aufstellung der Beklagten gerade keine derartige sachgerechte Verteidigung gegen die vollkommen unvollständige Abrechnung der Klägerin, sondern allein eine vorläufige Aufstellung der bereits angefallenen und geschätzten Drittunternehmerkosten darstellt. Die Berufung vermischt in diesem Zusammenhang die Anforderung an die Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages mit der Ausnahme der Abrechnung nach Drittunternehmerkosten, die von einer solchen Abrechnung enthebt. Eine sachgerechte Verteidigung gegen die angesichts der Rechenwerke der Klägerin naheliegende ungerechtfertigte Verschiebung von Kosten in den erbrachten Leistungsteil ist mit der Aufstellung der gezahlten und geschätzten Fertigstellungskosten nicht verbunden. Der Klägerin hätte es vielmehr freigestanden, den infolge der unzureichenden Abrechnung bei der Beklagten drohenden Nachteil dadurch abzuwenden, dass sie eine Abrechnung auf Grundlage der Fertigstellungskosten hinnimmt. Dem ist sie aber gerade entgegengetreten.

5. Mit ihrem neuen Vorbringen zur Abrechnung des Vertrages aus dem Schriftsatz vom 5.5.2023 in Verbindung mit der Berechnung vom 3.5.2023 ist die Klägerin gem. §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, so dass auf sich beruhen kann, ob dieses den Grundsätzen einer schlüssigen Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreises entspräche.

a) Die Beklagte hat dieses neue Vorbringen der Klägerin zur Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages in ihrem Schriftsatz vom 9.5.2023 in Abrede genommen, so dass es streitig war. Damit unterliegt es dem Anwendungsbereich der §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO.

aa) Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 6. 10. 2005 – VII ZR 229/03 = NJW-RR 2005, 1687, geltend macht, auf die im Berufungsrechtszug erstellte Schlussrechnung seien die §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar, vermag der Senat dem nicht näher zu treten. Aus dieser Entscheidung geht lediglich hervor, dass die vom Unternehmer im Berufungsrechtszug nach Abweisung seiner Klage in erster Instanz vorgelegte neue Rechnung nur dann nicht als neue Tatsache aus prozessualen Gründen als verspätet zurückgewiesen werden kann, wenn die Schlussrechnung Fälligkeitsvoraussetzung ist. So liegt es hier indes nicht. Unabhängig von der Frage, ob die Parteien einen BGB- oder VOB/B-Vertrag geschlossen haben, ist die Forderung unabhängig von der Prüfbarkeit der zunächst erteilten Schlussrechnung (Anlage K 3) fällig geworden, weil die Belklagte die fehlende Prüffähigkeit nicht binnen 30 Tagen nach Zugang (§ 650 f Abs. 4 S. 3 BGB; § 16 Abs. 3 S. 1 VOB/B) gerügt hat (vgl. Retzlaff in Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 650g Rn. 14; Locher in Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 22. Aufl., § 16 Abs. 3 VOB/B Rn. 25). In diesen Fällen findet nur noch eine Sachprüfung statt, ob die Forderung berechtigt ist und die §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO sind anzuwenden (vgl. Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, 5. Aufl., Teil 4 Rn. 547).

bb) Die neue Berechnung der Klägerin erläutert und präzisiert auch nicht die bislang vorgelegten Abrechnungen (Anlage K 3 = Bl. 17 Rs Bd. I d.A.; Anlage K 12 = Bl. 127 Bd. I d.A.), sondern verändert die Abrechnungsstruktur grundlegend, so dass es sich um ein neues Angriffsmittel handelt (vgl. Kniffka a.a.O. Rn. 548). Während die Abrechnung in der Anlage K 3 gar keine Abzüge wegen nicht erbrachter Leistungen vorsah, erfolgte in der Anlage K 12 einer “Abrechnung von oben nach unten“, indem von der Bruttovergütung lediglich Abschläge wegen der nicht erbrachten Leistungen genommen wurden. Demgegenüber wird in der neuen Abrechnung aus dem Schriftsatz vom 5.5.2023 erstmals eine “Abrechnung von unten nach oben” vorgenommen, indem der Pauschalbetrag in Einzelpositionen der erbrachten Leistungen aufgeschlüsselt wird und im Zuge dessen die Abzüge der nicht erbrachten Leistungen eingefügt werden. Die Richtigkeit dieser kalkulatorischen Aufschlüsselung sowie der Abzüge hat wiederum die Beklagte in Abrede genommen, so dass die Tatsachengrundlage streitig ist.

b) Die Zulassung dieses neuen, streitigen Vorbringens kommt gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht.

Das gilt zunächst in Bezug auf § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Diese Vorschrift gestattet neues Vorbringen zu tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten, die vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet entscheidungserheblich sind, von dem Eingangsgericht jedoch erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten wurden (vgl. BGH NJW 2004, 2152, 2153). So liegt der Fall hier allerdings nicht. Vielmehr hat das Landgericht zunächst in seiner Verfügung vom 18.2.2021 ausführlich darauf hingewiesen, dass die Abrechnung der Anlage K 3 nicht schlüssig ist. Es hat auch klar und richtig vorgegeben, wie die Abrechnung zu erfolgen hat. Diesen Hinweis hat es in der mündlichen Verhandlung vom 14.7.2021 wiederholt, nachdem die Klägerin die Anlage K 12 in den Prozess eingeführt hat. Die Einzelrichterin hat damit die auch für den Senat entscheidungserheblichen Fragen angesprochen. Gerade vor dem Hintergrund dieser Hinweise verbietet sich eine Zulassung nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Die Vorschrift ermöglicht neues Vorbringen im Berufungsrechtszug, weil Vorbringen infolge eines Verfahrensmangels erstinstanzlich nicht geltend gemacht wurde. Sie betrifft insbesondere den Fall, dass nach § 139 ZPO gebotene Hinweise des erstinstanzlichen Gerichts unterblieben sind, die zu dem Vorbringen, das nunmehr erst im Berufungsrechtszug gehalten wird, bereits in erster Instanz Anlass gegeben hätten (vgl. BGH NJW 2004, 2152, 2153). Diese wurde indes gerade erteilt. Schließlich beruht das neue Vorbringen zur Abrechnung in der Berufungsinstanz aus dem Schriftsatz vom 5.5.2023 auf Nachlässigkeit, welche die Zulassung des Vorbringens gem. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausschließt. Es wäre ohne Weiteres bereits im ersten Rechtszug möglich gewesen.

B)

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 708 Nr.10, 711 ZPO

Verkündet am 23.05.2023

OLG Bamberg ua zu der Frage, dass die Leistung eines mit der Errichtung einer Dach-Photovoltaikanlage beauftragten Auftragnehmers mangelhaft ist, wenn er Unterlegplatten und Dachhaken verwendet, die für die verbauten Dachziegel nicht zugelassen waren, die Konterlattung beschädigt und die Stromzuleitungs- und Erdungskabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung verlegt

OLG Bamberg ua zu der Frage, dass die Leistung eines mit der Errichtung einer Dach-Photovoltaikanlage beauftragten Auftragnehmers mangelhaft ist, wenn er Unterlegplatten und Dachhaken verwendet, die für die verbauten Dachziegel nicht zugelassen waren, die Konterlattung beschädigt und die Stromzuleitungs- und Erdungskabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung verlegt

vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Leistung eines mit der Errichtung einer Dach-Photovoltaikanlage beauftragten Auftragnehmers ist mangelhaft, wenn er Unterlegplatten und Dachhaken verwendet, die für die verbauten Dachziegel nicht zugelassen waren, die Konterlattung beschädigt und die Stromzuleitungs- und Erdungskabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung verlegt.

2. Verschweigt der Auftragnehmer von ihm bzw. seinen Mitarbeitern verursachte Mängel arglistig, verjähren die Mängelansprüche des Auftraggebers nicht innerhalb von fünf Jahren ab der Abnahme der Leistung, sondern innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Auftraggebers von den den Anspruch begründenden Umständen.

3. Bei gravierenden oder offensichtlichen Mängeln, die durch nachfolgende Arbeiten verdeckt werden, liegt Arglist nahe.
OLG Bamberg, Beschluss vom 10.10.2022 – 3 U 61/22
vorhergehend:
OLG Bamberg, Beschluss vom 29.08.2022 – 3 U 61/22
LG Hof, 21.02.2022 – 35 O 5/20
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 08.11.2023 – VII ZR 200/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


In dem Rechtsstreit

(…)

erlässt das Oberlandesgericht Bamberg – 3. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 10.10.2022 folgenden

Beschluss

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Hof vom 21.02.2022, Aktenzeichen 35 O 5/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Hof ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110% des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 63.200,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie die gestellten Anträge wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Hof vom 21.02.2022 sowie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 29.08.22 Bezug genommen.

II.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 21.02.2022, Aktenzeichen 35 O 5/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Im Hinblick auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 26.09.2022 ist auszuführen:

1. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass aufgrund der Vorgänge im Jahr 2014 der Klägerin keine grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf eine Unkenntnis vom Schaden und der Person des Schädigers vorzuwerfen und damit die Verjährung nicht eingetreten ist.

a) Es mag zwar sein, dass nach dem Erwerb des streitgegenständlichen Anwesens durch die Klägerin im Jahr 2010 Arbeiten am Dach nur durch die Dachdeckerfirma A. GmbH und den Beklagten durchgeführt wurden. Zutreffend ist auch, dass sich die Klägerin nach dem Starkregenereignis und dem damit verbundenen Wassereintritt im Jahr 2014 an keine der beiden Firmen gewandt hat. Allerdings setzt sich der Beklagte nicht mit der Tatsache auseinander, dass die Klägerin eine Fachfirma beauftragt und damit gerade versucht hat, die Klärung der Ursache des Schadens und der möglichen Verantwortlichkeit über eine neutrale Person herbeizuführen. Dass der von ihr gewählte Weg hierfür auch grundsätzlich geeignet war, stellt der Beklagte nicht in Abrede. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang eine Rechtspflicht zu konstruieren versucht, sich stattdessen auf Verdacht an einen der möglichen Schädiger zu wenden und diesen um Aufklärung nachzusuchen, um dem Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis von einem Schaden und der Person des Schädigers zu entgehen, liegt dies neben der Sache.

b) Dass die von der Klägerin veranlasste Untersuchung ohne Erfolg blieb, ist der Klägerin nicht anzulasten, weil sie grundsätzlich auf die Kompetenz der beauftragten Fachfirma vertrauen durfte; Gegenteiliges trägt auch der Beklagte nicht vor.

c) Unbehelflich ist der Verweis auf das vor dem Senat anhängige Berufungsverfahren 3 U 410/21, in dem entgegen der Behauptung des Beklagten eine gänzlich andere Fallkonstellation streitgegenständlich ist, so dass sich ein weiteres Eingehen hierauf erübrigt.

Vorliegend kann also von einem “groben Pflichtenverstoß” oder einer “schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung” (BGH NJW 2009, 1482 Rn. 34) im Sinne der Vorschrift des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Bezug auf das Tätigwerden der Klägerin nach dem Wassereintritt im Jahr 2014 nicht die Rede sein, so dass dies einen Beginn der Verjährungsfrist nicht begründen kann.

d) Von einer Kenntnis der Klägerin von dem Schaden und der Person des Schädigers ist damit erst im Jahr 2016 auszugehen. Damit begann die aus § 634a Abs. 3 S. 1 BGB resultierende dreijährige Verjährungsfrist mit Ablauf dieses Jahres und endete mit Ablauf des Jahres 2019 (§ 199 Abs. 1, 195 BGB). Die Klageerhebung am 24.12.2019 hat daher gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung rechtzeitig gehemmt.

2. Auch die Einwendungen des Beklagten gegen die Höhe des Schadensersatzanspruchs greifen nicht durch.

a) Im Hinblick auf den angeblich vom Sachverständigen B. erstmals im Termin vom 17.01.2022 genannten Betrag von 20.000,00 Euro bestand für das Landgericht kein Anlass, deswegen einen ergänzenden Beweisbeschluss zu erlassen. Zum einen bezogen sich die Ausführungen des Sachverständigen auf die Kosten der Nachrüstung des Daches mit einer regendichten Nagelschutzbahn und nicht auf die Kosten der Beseitigung der vom Beklagten verursachten Schäden. Vor allem jedoch hat der Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die von der Klägerin unter Vorlage der Rechnung der Fa. A. behaupteten Aufwendungen zur Schadensbeseitigung in Höhe von 62.500,86 Euro nicht bestritten, weshalb sich eine Beweisaufnahme hierüber verbot und Ausführungen des Sachverständigen hierzu als nicht entscheidungserheblich zu behandeln gewesen wären. Zutreffend hat das Landgericht daher diese Kosten seiner Entscheidung zugrunde gelegt, auch wenn es der Klägerin aus Rechtsgründen (Sowiesokosten, Abzug “neu für alt“) nicht den vollen Betrag zugesprochen hat.

b) Soweit der Beklagte erstmals mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen und nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 31.01.2022 die Schadenshöhe in Frage gestellt hat, hat der Senat bereits in dem vorgenannten Hinweisbeschluss ausführlich dargelegt, dass das Landgericht rechtsfehlerfrei von einem Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO abgesehen hat. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Einer weiteren Erörterung bedarf das Vorbringen im Schriftsatz vom 26.09.2022, das der Senat zur Kenntnis genommen hat, nicht.

Die Berufung des Beklagten ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO.

VK Westfalen zu der Frage, dass nicht jede nicht vertragsgerechte Erfüllung eine mangelhafte Erfüllung ist. Sie erheblich sein muss. Die mangelhafte Leistung erheblich ist, wenn sie den öffentlichen Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet

VK Westfalen zu der Frage, dass nicht jede nicht vertragsgerechte Erfüllung eine mangelhafte Erfüllung ist. Sie erheblich sein muss. Die mangelhafte Leistung erheblich ist, wenn sie den öffentlichen Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet

von Thomas Ax

1. Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat.
2. Nicht jede nicht vertragsgerechte Erfüllung ist eine mangelhafte Erfüllung. Sie muss erheblich sein. Erheblich ist die mangelhafte Leistung, wenn sie den öffentlichen Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet.
3. Neben dem Vorliegen früherer Mängel ist erforderlich, dass die Mängel zu einer vorzeitigen Beendigung, Schadensersatz oder einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt haben.
4. Damit ein Schadensersatzanspruch oder ein anderer aus einer Pflichtverletzung resultierender Anspruch des öffentlichen Auftraggebers mit der vorzeitigen Beendigung eines Vertrags vergleichbar ist, muss der jeweilige Anspruch nicht nur entstanden, sondern auch geltend gemacht worden sein.
5. Wenn ein Unternehmen, bei dem ein Ausschlussgrund vorliegt, keine oder keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen ergriffen hat, darf es bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 124 GWB höchstens drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
VK Westfalen, Beschluss vom 16.02.2024 – VK 3-47/23
 
In dem Nachprüfungsverfahren

wegen der Vergabe von Sicherungsdienstleistungen

(…)

hat die Vergabekammer Westfalen […] auf die mündliche Verhandlung vom 06. Februar 2024 am 16. Februar 2024

entschieden:

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, im Falle fortbestehender Vergabeabsicht die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu vorzunehmen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden auf ###,- € festgesetzt.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewandten Kosten der Antragstellerin.

Gründe:

I.

Mit Bekanntmachung vom 22.08.2023 schrieb die Antragsgegnerin Sicherungsdienstleistungen für […] in zwei Losen in einem europaweiten, offenen Verfahren aus. In dem hier allein streitgegenständlichen Los 2 […], für welches die Antragsgegnerin einen Auftragswert in Höhe von ###,- EUR schätzte, war einziges Zuschlagskriterium der Preis.

Die Antragsgegnerin verlangte in der Bekanntmachung bzw. den Vergabeunterlagen von den Bietern, unter anderem Eigenerklärungen über das Nichtvorliegen der Ausschlussgründe nach §§ 123 und 124 GWB zusammen mit dem Angebot einzureichen. Zudem forderte Sie die Unternehmen auf, den Stundenverrechnungssatz in Bestandteile aufgeschlüsselt darzustellen, und wies darauf hin, den ab Juli 2023 gültigen Beitragssatz zur Pflegeversicherung zu Grunde zu legen. Hierfür stellte sie den Bietern ein Formular zur Verfügung. Dieses sah vor, dass die Bieter zu den einzelnen Positionen des Stundenverrechnungssatzes deren Prozentsatz bezogen auf den Gesamtwert und die Höhe in Euro angeben.

Die Antragstellerin übermittelte ihr Angebot für das Los 2 fristgemäß und erklärte darin, dass Ausschlussgründe nach §§ 123 und 124 GWB für sie nicht vorlägen.

Aus der Dokumentation der Antragsgegnerin über die Prüfung der Stundenverrechnungssätze der Angebote geht hervor, dass ein Bieter nicht den aktuellen Beitragssatz zur Pflegeversicherung eingetragen hatte. In der Aufschlüsselung der Stundenverrechnungssätze ist ein geringerer Anteil von 1,53 % angegeben. Der betreffende Bieter wurde um Aufklärung gebeten, worauf dieser mitteilte, dass ihm der Fehler unterlaufen sei, die Erhöhung in der Berechnungstabelle nicht anzugleichen. Er versicherte jedoch, die Beiträge zur Pflegeversicherung gesetzeskonform abzuführen. Es wurde eine neue Aufschlüsselung bei unverändertem Stundenverrechnungssatz eingereicht; der Zuschlag für Gewinn und Wagnis wurde dabei um 0,17 % verringert. Die Antragsgegnerin lies das Angebot des Bieters zur Wertung zu.

Mit Schreiben vom 22.12.2023 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin gemäß § 134 GWB mit, dass ihr Angebot gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ausgeschlossen worden sei. Konkret begründete die Antragsgegnerin den Ausschluss damit, dass in einem früheren öffentlichen Auftrag der Antragsgegnerin “aufgrund von Schlechtleistungen und weiteren Mängeln für die Dienstleistung Sicherheitsdienst bei Veranstaltungen im […]” die Antragstellerin “teilgekündigt” wurde. Der Zuschlag im vorliegenden Vergabeverfahren solle auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden. Hintergrund ist, dass die Antragstellerin bereits in den Jahren 2019 bis 2023 vertraglich mit der Durchführung des Sicherheitsdienstes bei Veranstaltungen im […] beauftragt war. Eine dieser Veranstaltungen war das […]. Infolgedessen ist es zu einer vertraglichen Änderung im November 2019 gekommen.

Die Antragstellerin rügte ihren Ausschluss mit Schreiben vom 27.12.2023. Eine Reaktion der Antragsgegnerin auf die Rüge erfolgte vor dem 02.01.2024 nicht. Die Antragstellerin hat am 29.12.2023 ihren Nachprüfungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die von der Antragsgegnerin genannte Grundlage des Ausschlusses ins Leere gehe.

Die Antragstellerin räumt ein, dass es bei der früheren Ausführung des Veranstaltungsschutzes im […] Mängel gegeben habe. Schon aus eigenem Interesse habe die Antragstellerin daraufhin ein Selbstreinigungsverfahren durchgeführt.

So habe man sich vom damaligen Einsatzleiter getrennt. Ein weiterer Mitarbeiter gehöre dem Bereich Veranstaltungen nicht mehr an. Veranstaltungen würden seitdem von einem anderen Mitarbeiter geleitet. Die Antragstellerin habe zudem einen Ablaufschulungsplan für Veranstaltungen erstellt, der individuell für die einzelne Veranstaltung geändert werde und unbedingt beachtet werden müsse.

Diese Maßnahmen habe sie jedoch nicht als Selbstreinigungsmaßnahmen in dieser Ausschreibung aufgeführt, da die Antragstellerin davon ausging, dass der zulässige Zeitraum für einen Ausschluss nach § 124 Abs. 2 Nr. 7 GWB gemäß § 126 Abs. 1 GWB abgelaufen sei. Dieser betrage drei Jahre. Er beginne ab dem betreffenden Ereignis, welches im Jahre 2019 geschehen sei. Als Folge hieraus habe die Antragstellerin eine Änderungsvereinbarung mit der Antragsgegnerin im November 2019 getroffen. Demgemäß habe der Zeitraum für die Berücksichtigung dieses Ereignisses, und damit die Möglichkeit einen Vergabeausschluss darauf zu stützen, mit Beginn des Monats Dezember des Jahres 2022 geendet.

Der Rechtsgedanke des § 126 Nr. 2 GWB sei bei der Begründung der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden. Damit sei der Ausschluss der Antragstellerin rechtsfehlerhaft.

Die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Inhalte der informellen Gespräche zu Vorkommnissen, die die Antragsgegnerin als Schlechtleistung bewerte, erfüllten jedoch nicht die Voraussetzungen, den Zeitraum für den Ausschluss zu verschieben. Das Gesetz schreibe ein “Ereignis” vor, das als ein berechtigter Ausschlussgrund gegeben sein müsse. Die Antragsgegnerin habe sich in ihrem Absageschreiben eindeutig auf die Teilkündigung berufen. Das Nachschieben von Gründen sei nicht möglich. Darüber hinaus liege auch kein weiteres “Ereignis” vor.

Im Übrigen halte es die Antragstellerin für bedenklich, dass – wie aus der Vergabedokumentation ersichtlich – die Einreichung von Kalkulationsblättern über Stundenverrechnungssätze des Angebotes eines weiteren Bieters nicht zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren geführt hätte. Die abgegebene Kalkulation habe nicht den aktuellen Beitragssatz zur Pflegeversicherung enthalten. Durch die Verringerung des Gewinn- und Wagniszuschlags sei einer Nachbesserung der Kalkulationsaufschlüsselung stattgegeben worden. Hätte die Antragsgegnerin tatsächlich die Einpreisung von eindeutig geforderten Aufwendungen der Sozialversicherungsbeiträge in dieser Art und Weise zugestimmt, so läge ein vergaberechtswidriger Angebotsvorteil für diesen Bieter vor.

Die Antragstellerin beantragt,

1. der Antragsgegnerin zu untersagen, den Zuschlag in dem Vergabeverfahren zu Los 2 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen,

2. der Antragsgegnerin für den Fall fortbestehender Vergabeabsicht aufzugeben, die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu vorzunehmen,

3. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass der Nachprüfungsantrag unbegründet sei. Der Ausschluss der Antragstellerin sei rechtmäßig gewesen, es liege kein Verstoß gegen vergaberechtliche Grundsätze vor.

Seit dem 01.02.2019 wäre die Antragstellerin mit der Durchführung des Sicherheitsdienstes bei Veranstaltungen im […] beauftragt gewesen. Der Vertrag zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sei zum 31.03.2023 ausgelaufen. Die letzte von der Antragstellerin begleitete Veranstaltung sei am 12.11.2022 erfolgt. Im Jahr 2023 habe die Beigeladene für drei Monate interimsweise die Sicherheitsdienstleistungen übernommen. Aktuell seien erst wieder Veranstaltungen im Frühjahr 2024 geplant.

Das Angebot der Antragstellerin sei gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ausgeschlossen worden, da diese eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich und fortdauernd mangelhaft erfüllt habe. Hintergrund sei gewesen, dass mit der Antragstellerin aufgrund von Schlechtleistungen und weiteren Mängeln für die Dienstleistung Sicherheitsdienst bei Veranstaltungen im […] im November 2019 ein Änderungsvertrag habe geschlossen werden müssen. Dieser Änderungsvertrag sei notwendig geworden, nachdem bei der Veranstaltung “[…]” massive Mängel bei der Durchführung der Sicherheitsleistung festgestellt worden seien, die eine Schadensersatzforderung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin nach sich gezogen habe. Auch in der Folgezeit habe sich die mangelhafte Auftragserfüllung durchgezogen.

Die Antragstellerin habe nach Ansicht der Antragsgegnerin bei 9 von 11 Veranstaltungen nicht ordnungsgemäß geleistet. Hierzu habe sie auch eine Dokumentation erstellt. Eine etwaige Übermittlung dieser Dokumentation oder entsprechender Schreiben an die Antragstellerin konnte von der Antragsgegnerin nicht dargelegt werden.

Eine vollständige Kündigung des Vertragsverhältnisses im Jahr 2022 sei nicht erfolgt, da der Vertrag praktisch mit dem Ende der Saison 2022 ausgelaufen sei. In der mündlichen Verhandlung räumte die Antragsgegnerin zudem ein, dass hinsichtlich der als Schlechtleistung bewerteten Auftragsausführung der Antragsgegnerin aber kein Schadensersatz oder eine vergleichbare Rechtsfolge ergriffen wurde.

Der Nachprüfungsantrag sei dennoch unbegründet, da die im Jahr 2019 erfolgte Kündigung der Sicherheitsdienstleistungen für das “[…]” nicht alleinige Grundlage für den Ausschluss gem. § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB gewesen sei. Die vorzeitige Beendigung sei lediglich als Grundlage für die Prognose zur Beurteilung der Eignung des Unternehmens bei der aktuellen Ausschreibung dieser Leistung herangezogen worden. Sie sei somit als Teilaspekt lediglich miteingeflossen. Maßgeblich für diese Prognoseentscheidung seien die Schlechtleistungen der Folgejahre bei den Sicherheitsdienstleistungen im […] gewesen, die sich bis zum Ablauf des Vertrags gezogen hätten. Auch nach erneuter Ausübung des Ermessens könne keine positive Prognose gestellt werden.

Die Kammer nimmt Bezug auf die Vergabeakten, die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten und deren Ausführungen in der am 06.02.2024 stattgefundenen mündlichen Verhandlung, sowie die rechtlichen Hinweise der Kammer vom 26.01.2024. Am 23.01.2024 hat die Kammer die Beiladung beschlossen. Die Entscheidungsfrist nach § 167 Abs. 1 GWB wurde durch Entscheidung des Vorsitzenden bis zum 29.02.2024 verlängert.

II.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

Die Zuständigkeit der Vergabekammer Westfalen ergibt sich aus § 156 GWB i. V. m. § 2 Abs. 2 VK ZuStV NRW, weil die Antragsgegnerin ihren Sitz in […] (Regierungsbezirk […]) und damit im Zuständigkeitsbereich der Vergabekammer Westfalen hat.

Die Antragsgegnerin ist eine Gebietskörperschaft und damit öffentlicher Auftraggeber i. S. v. § 99 Nr. 1 GWB. Der Auftragswert liegt mit von der Antragsgegnerin geschätzten ###,- EUR schon für Los 2 gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB oberhalb des für die Zuständigkeit der Kammer erforderlichen Schwellenwertes.

Nach § 160 Abs. 2 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie hat ihr Interesse an dem Auftrag hinreichend, durch die Abgabe eines Angebots für Los 2 belegt. Ebenfalls legt die Antragstellerin dezidiert dar, in ihren Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften verletzt zu sein und dass ihr ein Schaden droht, da der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden soll.

Der Nachprüfungsantrag ist auch nicht unzulässig gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB. Danach ist der Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat.

Die Antragstellerin hat den geltend gemachten Verstoß vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 GWB gegenüber der Antragsgegnerin gerügt. Die Rüge datiert vom 27.12.2023, nachdem die Antragsgegnerin die Antragstellerin am 22.12.2023 gemäß § 134 Abs. 1 GWB informiert hatte. Da bereits am 02.01.2024 der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladene drohte, war der Antragstellerin ein Zuwarten auf die Rügeantwort nicht zumutbar und die Stellung des Nachprüfungsantrags am 29.12.2023 zulässig.

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

Der Ausschluss der Antragstellerin ist rechtswidrig und verletzt sie in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB. Umstände, die der Antragsgegnerin einen rechtmäßigen Ausschluss gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ermöglichen, liegen nicht vor.

2.1. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin rechtswidrig ausgeschlossen.

Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat, § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB. Wenn ein Unternehmen, bei dem ein Ausschlussgrund vorliegt, keine oder keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen nach § 125 ergriffen hat, darf es bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 124 höchstens drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, § 126 Nr. 2 GWB. 

Eine mangelhafte Erfüllung im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ist jede nicht vertragsgerechte Erfüllung. Erheblich ist diese, wenn die mangelhafte Leistung den öffentlichen Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.03.2018 – Verg 49/17).

Neben dem Vorliegen früherer Mängel ist für das Eingreifen dieses Ausschlussgrundes erforderlich, dass die Mängel zu einer vorzeitigen Beendigung, Schadensersatz oder einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt haben. Eine Rechtsfolge muss, um eine vergleichbare Rechtsfolge im Sinne dieser Vorschrift zu sein, nicht zu einer vorzeitigen vollständigen Beendigung des Vertragsverhältnisses führen, sie muss aber hinsichtlich ihres Schweregrades mit einer vorzeitigen Beendigung oder Schadensersatz vergleichbar sein. Als vergleichbare Rechtsfolge kommt beispielsweise eine Ersatzvornahme in Betracht, aber auch das Verlangen nach umfangreichen Nachbesserungen kann unter Umständen eine vergleichbare Rechtsfolge sein (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/6281, S. 107).

Damit ein Schadensersatzanspruch oder ein anderer aus einer Pflichtverletzung resultierender Anspruch des öffentlichen Auftraggebers mit der vorzeitigen Beendigung eines Vertrages vergleichbar ist, muss der jeweilige Anspruch demnach nicht nur entstanden, sondern auch geltend gemacht worden sein. Ein Ausschluss eines Unternehmens vom Vergabeverfahren aufgrund von § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB, bei dem sich der öffentliche Auftraggeber auf etwaige zurückliegende Vertragspflichtverletzungen des Unternehmens beruft, ohne dass Ansprüche durch den Auftraggeber geltend gemacht oder der Auftrag vorzeitig beendet wurde, erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB somit nicht. Andererseits muss der öffentliche Auftraggeber jedoch nicht durch eine rechtskräftige Entscheidung einer Zivilkammer nachweisen, dass er Ansprüche geltend gemacht und durchgesetzt hat. Ausreichend ist vielmehr, dass er konkrete Indizien von einigem Gewicht für die Geltendmachung seiner Ansprüche vorweisen kann (vgl. dazu OLG Celle, Beschl. v. 09.01.2017 – 13 Verg 9/16).

2.1.1. Der zulässige Zeitraum für einen Ausschluss ist gemäß § 126 Nr. 2 GWB abgelaufen.

Aus der Mitteilung der Antragsgegnerin gemäß § 134 GWB vom 22.12.2023 geht hervor, dass die Antragstellerin nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ausgeschlossen wurde. Konkret heißt es dort:

“aufgrund von Schlechtleistungen und weiteren Mängeln für die Dienstleistung Sicherheitsdienst bei Veranstaltungen im […] wurde Ihr Unternehmen teilgekündigt.”

Die Antragsgegnerin stützt den Ausschluss somit ausdrücklich auf die aus ihrer Sicht erfolgte “Teilkündigung”, die infolge der “Schlechtleistung zum […]” zum Jahresende 2019 vorgenommen wurde. Nur diese mangelhafte Erfüllung, die die Antragstellerin im Wesentlichen einräumt, zu Grunde gelegt, endete der Zeitraum für den Ausschluss von der Teilnahme an Vergabeverfahren im Sinne von § 126 Nr. 2 GWB spätestens mit Ablauf des Jahres 2022. Damit reicht dieses – isoliert betrachtet – einzelne Ereignis als Begründung für den Ausschluss im streitgegenständlichen Vergabeverfahren nicht (mehr) aus, da mehr als drei Jahre seit dem betreffenden Ereignis verstrichen sind. Mithin durfte die Antragsgegnerin den Ausschluss der Antragstellerin nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB hierauf schon nicht stützen.

2.1.2. Es fehlt eine vorzeitige Beendigung, Schadensersatz oder eine vergleichbare Rechtsfolge im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB.

Ob hier überhaupt Schlechtleistungen in den Jahren 2021 und 2022 von der Antragstellerin erbracht wurden ist zwischen den Verfahrensbeteiligten bereits streitig. Selbst wenn die Kammer hier, wie von der Antragsgegnerin vorgetragenen, davon ausgeht, dass auch nach der Teilkündigung fortdauernde Schlechtleistungen der Antragstellerin bis ins Jahr 2022 erfolgt sind, fehlt es in jedem Fall an einer in § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB geforderten Rechtsfolge (vorzeitigen Beendigung, Schadensersatz oder vergleichbare Rechtsfolge). So führt die Antragsgegnerin selbst aus: “Eine vollständige Kündigung des Vertragsverhältnisses im Jahr 2022 ist nicht erfolgt, da der Vertrag praktisch mit dem Ende der Saison 2022 ausgelaufen ist.” In der mündlichen Verhandlung bestätigt die Antragsgegnerin darüber hinaus, dass weder eine Kündigung, eine Schadensersatzforderung noch eine vergleichbare Rechtsfolge gegenüber der Antragstellerin geltend gemacht wurde. Auch sie selbst ist der Ansicht, dass eine – tatbestandlich erforderliche – Rechtsfolgensetzung im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB unterblieben ist. Das bloße “Auslaufenlassen” des bestehenden Vertrages erfüllt die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB nicht.

Ob eine berücksichtigungsfähige Schlechtleistung nach der Teilkündigung Ende 2019 überhaupt vorliegt, ist damit ohne Belang, da es zumindest an der Setzung einer Rechtsfolge im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB fehlt.

Da zusammenfassend festzustellen ist, dass bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB nicht vorliegen, bedarf es einer Überprüfung der weiteren Tatbestandmerkmale und Ermessenserwägungen nicht.

2.2. Vorsorglich weist die Kammer auf die folgenden Aspekte hin, die die Antragsgegnerin bei fortbestehender Vergabeabsicht im Rahmen der erneuten Angebotswertung berücksichtigen sollte.

Gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV werden Angebote von der Wertung ausgeschlossen, die nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.

Das OLG Düsseldorf führt in diesem Zusammenhang in einer jüngeren Entscheidung sinngemäß aus (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.03.2019 – Verg 42/18):

“Es werden unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, ob und unter welchen Voraussetzungen ein versehentlich falsch angegebener Preis nach Angebotsöffnung korrigiert werden kann. Teilweise wird bei offensichtlichen preislichen Falschangaben eine Berichtigung für zulässig gehalten und ein Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot (§ 15 Abs. 5 VgV; Anmerkung der Kammer) verneint. Teilweise wird eine Berichtigung von “falschen” Preisen oder auch gemäß § 119 Abs. 1 BGB wegen Erklärungsirrtums anfechtbaren Preisen abgelehnt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass eine Klarstellung des Angebotsinhalts zulässig, hingegen eine nachträgliche Änderung des Angebots durch das Einfügen eines neuen Preises unstatthaft ist. Von einer zulässigen Klarstellung des Angebotsinhalts ist auszugehen, wenn der tatsächlich gemeinte (richtige) Preis durch Auslegung des Angebotsinhalts gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Sind Nachforschungen über das wirklich Gewollte beim Bieter erforderlich, sind diese Anforderungen nicht erfüllt. Anderenfalls hätte es der Bieter in der Hand, den angebotenen Preis nachträglich gegen einen anderen auszutauschen. Bei der Auslegung ist dabei maßgeblich darauf abzustellen, wie der Empfänger das Angebot im Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung verstehen musste. Nachträgliches Verhalten oder Willensbekundungen einer Partei sind bei der Auslegung von Rechtsgeschäften nur insoweit berücksichtigungsfähig, als sie Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und auf das Verständnis des Erklärungsempfängers im Zeitpunkt des Zugangs zulassen.”

Infolgedessen sieht die Kammer nach vorläufiger Prüfung die aus den Vergabeunterlagen ersichtlichen Änderungen in den zu einem Angebot eines Bieters eingereichten Kalkulationsdatenblättern der Stundenverrechnungssätze als unzulässig an, unabhängig davon, dass eine Entscheidung im vorliegenden Nachprüfungsverfahren entbehrlich ist.

2.3. Die Antragstellerin ist in ihren Rechten verletzt.

Nach § 168 Abs. 1 GWB entscheidet die Kammer darüber, ob die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Aufgrund des rechtswidrigen Ausschlusses des Angebots der Antragstellerin ist sie in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Indem ihr Angebot aus dem Wettbewerb entfernt wurde, vereitelte die Antragsgegnerin die Chancen der Antragstellerin, auf ihr Angebot den Zuschlag zu erhalten.

2.4. Gemäß § 168 Absatz 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Die Anträge haben keine den Streitgegenstand umgrenzende Funktion (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.01.2019 – Verg 30/18). Unter mehreren möglichen Maßnahmen zur Beseitigung muss sich die Vergabekammer für diejenige entscheiden, die die Interessen der Beteiligten am wenigsten beeinträchtigen (vgl. statt vieler: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.10.2019 – Verg 13/19).

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall zu verpflichten, im Falle fortbestehender Vergabeabsicht das Verfahren in den Stand vor Angebotswertung zurückzuversetzen und diese unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut vorzunehmen.


III.

1. Die Kosten des Verfahrens werden auf ###,- EUR festgesetzt.

Gemäß § 182 Abs. 1 GWB werden für Amtshandlungen der Vergabekammern Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung findet Anwendung. Für die Berechnung der Verfahrensgebühr zieht die Kammer die Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes und der Länder heran (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.01.2005, VII-Verg 30/05). Maßgeblich für die Berechnung der Gebühr ist grundsätzlich die streitbefangene Auftragssumme (vgl. BGH, Beschl. v. 25.10.2011, X ZB 5/10). Ausgehend von einer Auftragssumme von ###,- EUR wäre vorliegend ein Wert von ###,- EUR als Verfahrensgebühr zu Grunde zu legen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer Westfalen, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewandten Kosten der Antragstellerin zu tragen.

Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen, § 182 Abs. 3 S. 1 GWB. Hier unterliegt die Antragsgegnerin, womit ihr die Verfahrensgebühr aufzuerlegen war. Zudem hat der im Nachprüfungsverfahren Unterliegende auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu tragen, § 182 Abs. 4 S. 1 GWB. Über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten ist von der Kammer mangels Mandatierung eines solchen nicht zu entscheiden.

3. Die Beigeladene hat keine eigenen Anträge gestellt und bleibt bei der Kostenentscheidung unberücksichtigt.

4. Die Antragsgegnerin ist im vorliegenden Verfahren von der Zahlung der Gebühren gem. § 182 Abs. 1 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG befreit.

Rechtsmittelbelehrung

(…)

LG Heilbronn ua zu der Frage, dass in der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht liegen kann, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt

LG Heilbronn ua zu der Frage, dass in der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht liegen kann, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt

vorgestellt von Thomas Ax

1. Nach den Grundsätzen des sog. unternehmensbezogenen Geschäfts geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass bei derartigen Geschäften der Unternehmensinhaber Vertragspartner werden soll und nicht derjenige, der konkret für das Unternehmen gehandelt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Inhaber falsch bezeichnet wird oder über ihn sonst Fehlvorstellungen bestehen. Die Anwendung dieser Grundsätze hängt lediglich von dem erkennbaren Unternehmensbezug des Geschäfts ab und nicht von einer firmenrechtlich korrekten Bezeichnung des Unternehmens (BGH, Urteil vom 15.01.1990 – II ZR 311/88, IBRRS 1990, 0325).
2. Deshalb muss nicht zwangsläufig die Person, die im Vertrag als Inhaber des Unternehmens bezeichnet ist, Vertragspartner werden. Entscheidend ist, wer tatsächlich der Unternehmensinhaber ist.
3. Zur Frage, wer Unternehmensinhaber ist, wenn in den Schreiben und E-Mails des Unternehmens nach Vertragsschluss durchgängig eine andere Person als Inhaber genannt wird als in den in den Schreiben und E-Mails des Unternehmens vor Vertragsschluss.
4. Regelmäßig hat der Vertragspartner des Unternehmens kein schützenswertes Interesse daran, dass ihm neben dem tatsächlichen Unternehmensinhaber noch eine weitere Person als möglicher Schuldner zur Verfügung steht.
5. Grundsätzlich muss sowohl die Kündigung eines Bauvertrags als auch die vorausgehende Androhung der Kündigung durch einen bevollmächtigten Vertreter des Kündigenden ausgesprochen werden.
6. Zur Frage, wann die Kündigung durch eine Person mit dem Zusatz “i.A.”/”im Auftrag” eine wirksame Kündigung darstellt.*)
7. Die völlige Einstellung der Arbeiten kann einen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, § 5 Abs. 3, 4 VOB/B darstellen, wenn sich der Unternehmer nicht auf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften i. S. des § 5 Abs. 3 VOB/B (Anschluss an OLG Stuttgart, IBR 2023, 61; IBR 2020, 634).
8. In der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen kann eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht liegen, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt (vgl. OLG Frankfurt, IBR 2011, 690; OLG Hamm, IBR 2012, 321; OLG Stuttgart, IBR 2016, 272).
9. Nach einer berechtigten Kündigung gem. § 8 Abs. 3 VOB/B oder nach einer Kündigung aus wichtigem Grund (jetzt § 648a Abs. 1 BGB n.F.) hat der Auftraggeber Anspruch auf Erstattung der für die Fertigstellung entstehenden Mehrkosten. Dabei ist der Auftraggeber nach § 254 BGB verpflichtet, die Fertigstellungskosten in angemessenen Grenzen zu halten. Im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB ist der Einwand des Auftragnehmers zu prüfen, der Auftragnehmer habe einen unnötig teuren Unternehmer ausgewählt.
10. Bewegt sich die Schlussrechnung des mit der Fertigstellung beauftragten Unternehmers insgesamt im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen, ist es unerheblich, wenn einige Einzelpreise als nicht mehr ortsüblich und angemessen angesehen werden können.
11. Soweit nach der Kündigung eines Bauvertrags Schadensersatzansprüche des Auftraggebers, aber auch Vergütungsansprüche des Auftragnehmers für erbrachte Leistungen bestehen, stehen sich diese Ansprüche aufrechenbar gegenüber. Es findet keine automatische Verrechnung statt (BGH, IBR 2005, 465).
LG Heilbronn, Urteil vom 21.03.2024 – 3 O 155/21 (nicht rechtskräftig; Ber: OLG Stuttgart, Az. 13 U 47/24)

Tenor

1. Der Beklagte 1 wird verurteilt, an die Klägerin 60.635,10 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.04.2021 zu zahlen.

2. Der Beklagte 1 wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.642,40 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.04.2021 zu zahlen.

3. Der Beklagte 1 wird verurteilt, an die Klägerin weitere 694,17 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2022 sowie weitere 748,95 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2023 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage gegen den Beklagten 1 abgewiesen.

5. Die Klage gegen die Beklagte 2 wird abgewiesen.

6. Die Widerklage wird abgewiesen.

7. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin zu einem Drittel, die Beklagten als Gesamtschuldner zu einem Drittel und der Beklagte 1 zu einem weiteren Drittel.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten 1 trägt die Klägerin zu einem Drittel und der Beklagte 1 zu zwei Dritteln.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten 2 trägt die Klägerin.

8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 180.780,82 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien machen mit Klage und Widerklage wechselseitig Ansprüche aus einem gekündigten VOB/B-Bauvertrag geltend.

Die Klägerin, ein Betrieb für Stahlbau und Metallbauarbeiten, wurde vom Regierungspräsidium Stuttgart (i.F. auch: RP) mit der Ausführung von Brückenbauarbeiten an der ###-Talbrücke der BAB ### beauftragt. Die ###-Talbrücke war 1974 errichtet und in den Jahren 2009 bis 2013 im Außenbereich instandgesetzt worden. Sie hat eine Gesamtlänge von 888 m, eine Breite von 30 m und eine Höhe von 80 m (vgl. die Bauwerksdaten in der Baubeschreibung). Gegenstand der Beauftragung der Klägerin waren Stahlbauarbeiten sowie Korrosions- und Oberflächenschutz im Hohlkasten innen, Korrosions- und Oberflächenschutz im Hohlkasten außen, sowie die Herstellung der gesamten elektrotechnischen Ausstattung des Brückenhohlkastens sowie der acht Brückenhohlpfeiler. Mit Nachunternehmervertrag vom 8. November 2017 beauftragte die Klägerin unter Einbeziehung der VOB/B die “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” mit der “Ausführung von Titel 05 Betriebstechnik …”.

Weder der Beklagte 1 noch die Beklagte 2 ist im Handelsregister eingetragen.

Am 26. Juli 2018 wurde von der Hauptauftraggeberseite und der Bauüberwachung gegenüber der Klägerin ein Baustopp wegen unzureichender Baubeleuchtung ausgesprochen.

Vom 30. Oktober 2018 datiert eine (erste) 1. Abschlagsrechnung der Beklagtenseite. Diese wurde später durch die überarbeitete 1. Abschlagsrechnung vom 3. Dezember 2018 ersetzt.

Mit Anwaltsschreiben vom 13. Februar 2019 setzte die Klägerin unter Kündigungsandrohung eine Nachfrist zur Übergabe von Unterlagen. Mit Telefaxschreiben vom 12. März 2019 kündigte die Klägerin gegenüber der “### Techn. Dienstleistung Elektrotechnik” den Nachunternehmervertrag wegen verzögerter Fertigstellung und aus wichtigem Grund, wobei die Parteien über die formelle und materielle Wirksamkeit der Kündigung streiten. Die Beklagtenseite kündigte ihrerseits mit Anwaltsschreiben vom 22. März 2019 das Vertragsverhältnis außerordentlich aus wichtigem Grund.

Am 27. März 2019 wurde ein gemeinsames Aufmaß durchgeführt.

Die Klägerin beauftragte die Fa. Elektro ### GmbH (i.F. auch: Fa. ###) aus ### mit der Fertigstellung der Elektroarbeiten. Diese stellte der Klägerin mit Datum vom 31. August 2020 eine Schlussrechnung, die auf einen Gesamtbetrag von 510.000,92 Euro (netto) lautet.

Mit Anwaltsschreiben vom 20. März 2021 übermittelte die Klägerin der Beklagtenseite eine Abrechnung der Ersatzvornahmemaßnahmen und bezifferte diese mit 108.049,09 Euro (einschließlich 1.665,00 Euro für eigenen Aufwand). Unter Berücksichtigung von Bürgschaftskosten von 4.605,15 Euro und nach Abzug von 12.945,87 Euro für die erbrachten Leistungen forderte sie von der Beklagtenseite 99.808,37 Euro sowie Anwaltskosten in Höhe von 1.953,90 Euro sowie die Rückgabe der überlassenen Bürgschaft.

Die Klägerin hatte der Beklagten zunächst eine Bürgschaft nach § 648a BGB über 333.368,34 Euro übermittelt. Am 1. April 2019 wurde die Bürgschaftssumme auf 70.000,00 Euro reduziert.

Vom 19. April 2021 datiert eine Schlussrechnung der ### Technische Dienstleistung Elektrotechnik, Inh. ###, an die Klägerin. Darin werden insgesamt 58.629,32 Euro (netto) geltend gemacht. In diesem Betrag enthalten sind 13.972,85 Euro als Vergütung für nicht ausgeführte Arbeiten.

Die Klägerin trägt vor, sie habe die Beklagten mit dem Nachunternehmervertrag beauftragt. Die Beklagten hätten den Anschein erweckt, Inhaber des unter der Fa. “### Technische Dienstleistungen Elektrotechnik” handelnden Unternehmens zu sein. Sie müssten sich ihre eigenen Angaben zurechnen lassen. Ein Unternehmen, das sich entgegen § 29 HGB nicht zum Handelsregister anmelde, könne nicht nach Belieben die Inhaberhaftung hin und her schieben.

Die Beklagten hätten ihre Leistungen nicht vertragsgerecht und insbesondere nicht zeitgerecht erbracht. Die in Nr. 9 des Nachunternehmervertrags als Vertragsfristen vereinbarten Zwischentermine seien überschritten worden. Die mit Anwaltsschreiben vom 20. Dezember 2018 wiederholt verlangten Unterlagen seien nach dem Nachunternehmervertrag von der Beklagten vorzulegen gewesen.

Die Klägerin habe die auf das Gewerk Elektro entfallenden Planungsleistungen durch Einbeziehung der Baubeschreibung an die Beklagten untervergeben. Die Beklagten hätten vor Abschluss des Vertrags sämtliche Unterlagen erhalten, auch die Baubeschreibung.

Mit der Planungsleistung (Übergabe der Zeichnungen) hätten sich die Beklagten seit dem 31. Oktober 2017 in Verzug befunden. Auch seien zum 30. jeden Monats detaillierte Fortschrittsberichte über die Leistungen zu erstellen gewesen. Ausführungsplanung und Fortschrittsberichte hätten der Vertragsabwicklung gedient und seien nicht erst zum Zeitpunkt der Abnahme geschuldet gewesen.

Trotz Aufforderungen vom 20. September 2018, 22. November 2018 und 20. Dezember 2018 seien die Beklagten der Vorlagepflicht bezüglich der Unterlagen nicht nachgekommen. Zum Zeitpunkt der Kündigung am 13. Februar 2019 seien der Endtermin und die vereinbarten Zwischentermine überschritten gewesen. Mit der Übergabe der verlangten Unterlagen hätten sich die Beklagten ebenfalls in Verzug befunden.

Es sei unzutreffend, dass die Termine hinfällig geworden seien. Die Beklagten seien zum Zeitpunkt der Anforderung der Unterlagen und der Kündigung nicht zur Einstellung der Arbeiten berechtigt gewesen. Eine Behinderung der Beklagten und eine sich hieraus ergebende Verschiebung des Endtermins sei nicht dargelegt und bewiesen.

Die 1. Abschlagsrechnung vom 30. Oktober 2018 habe nicht den Bestimmungen des RP genügt. Auch die daraufhin am 3. Dezember 2018 vorgelegte Abschlagsrechnung habe als nicht prüfbar zurückgeschickt werden müssen, weil die auftraggeberseitigen Vorgaben wiederum nicht beachtet worden seien. Die Weiterberechnung der Leistungen an das RP sei so nicht möglich gewesen. Erforderlich gewesen wären Angaben gemäß Baubeschreibung 4.2.5. Um die Einhaltung der bauseitigen Anforderungen zu prüfen, wäre eine vom Auftraggeber freigegebene Elektroplanung nötig gewesen. Ohne die freigegebene Elektroplanung und die geschuldeten Fortschrittsberichte sei der Leistungsstand der Beklagten nicht zu überprüfen gewesen.

Da eine prüfbare Aufstellung Voraussetzung für einen Anspruch auf Abschlagszahlung sei, hier eine Prüfung aber nicht möglich gewesen sei, sei eine Zahlung nicht fällig geworden. Die vom RP verlangten Unterlagen seien üblich und für ein Fachunternehmen ohne weiteres nachzuvollziehen gewesen. Einer Konkretisierung habe ist nicht bedurft.

Nach der Kündigung habe sie durch eigenes Personal sowie die Fa. Elektro ### GmbH die Leistungen der Beklagten fertig stellen lassen. Durch die Ersatzvornahme hätten sich Mehrkosten in Höhe von 106.384,09 Euro ergeben. Die Mehrkosten beruhten auf höheren Einheitspreisen der mit der Ersatzvornahme beauftragten Firma. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kostenermittlung Bezug genommen. Wo die Fa. ### einen niedrigeren Einheitspreis angesetzt habe, sei dies zu Gunsten der Beklagten eingeflossen.

Die von der Beklagten erbrachten Leistungen seien im gemeinsamen Aufmaßblatt festgehalten. Dieses Aufmaßblatt sei fortgeschrieben worden. Die von der Fa. ### in Rechnung gestellten Nachträge NA 01 bis NA 46.5 würden den Beklagten nicht in Rechnung gestellt. Die Nachtragspositionen NA 23, 24, 25, 26 bezögen sich auf Leistungspositionen, mit denen die Beklagten beauftragt gewesen seien. Deshalb seien sie wie die anderen Leistungspositionen zu behandeln.

Alle Leistungen hätten ausschließlich der Fertigstellung der Leistungen der Beklagten gedient. Der Mehraufwand sei tatsächlich angefallen. Aus der Schlussrechnung der Firma C sei nach Kürzungen und Skontoabzug ein Betrag von 58.344,22 Euro offen gestanden. Die Schlusszahlung sei am 15. April 2021 erfolgt. Die Preise seien ortsüblich und angemessen.

Hinzu komme der zusätzliche eigene Aufwand, den die Klägerin habe aufwenden müssen, um die Ersatzvornahme durchführen zu können. Aufgrund der Marktsituation habe sich insbesondere die Suche nach einem Ersatzunternehmer als sehr zeitaufwändig erwiesen. Angefallen seien 37 Stunden zu je 45,00 Euro, insgesamt also 1.665,00 Euro. Ein Gewinn sei darin nicht enthalten.

Ferner seien Bürgschaftskosten von 4.605,15 Euro angefallen. Wegen der Berechnung wird auf die Tabelle auf Seite 9 der Replik verwiesen. Die bürgende Sparkasse behandele den Umsatz als steuerpflichtig. Da sie diese Option ausübe, falle auch Umsatzsteuer an. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten selbst habe die Bürgschaft nach § 648a BGB angefordert und die Reduktion angeboten.

Da die Beklagten die Bürgschaft nicht zurückgegeben hätten, hätten sie auch die weiteren Avalprovisionen zu tragen.

Schließlich seien Anwaltskosten für die außergerichtliche Vertretung in Höhe von 1.953,90 Euro netto entstanden.

Es ergebe sich daher folgende Abrechnung für die Klageanträge Ziff. 1 und Ziff. 2:

Ersatzvornahme 106.384,09 Euro

eigener Aufwand 1.665,00 Euro

Bürgschaftskosten 4.605,15 Euro

Zwischensumme: 112.654,24 Euro

abzüglich erbrachter Leistung – 12.945,87 Euro

ergibt: 99.708,37 Euro

Anwaltskosten 1.953,90 Euro

Gesamtforderung: 100.662,27 Euro

Die Klägerin ist der Ansicht, der Vertrag sei mit den Inhabern der “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” zustande gekommen. Dies seien nach ihren eigenen Angaben die Beklagten 1 und 2.

Die Beklagte 2 bezeichne sich selbst als kaufmännische Leitung. Der Beklagte 1 hätte den Vertrag nicht unterzeichnet und die Beklagte 2 als Inhaberin bezeichnet, wenn dies nicht zugetroffen hätte.

Sie habe den Vertrag nach § 8 Abs. 3 VOB/B gekündigt. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B sei sie berechtigt gewesen, die Leistungen zu Lasten der Beklagten fertig stellen zu lassen.

Der vereinbarte Endtermin 8. Oktober 2018 und die vereinbarten Zwischentermine ergäben sich aus Nr. 9 der Vertragsurkunde.

Die Beklagten hätten sich entschieden, den Vertrag zu unterzeichnen, obwohl sie gewusst hätten, dass eine dort aufgeführte Einzelfrist kurz zuvor abgelaufen sei. An Fälligkeit und Verzug der zugesagten Leistungen ändere dies nichts. Unschädlich sei, dass die in der Aufzählung in Ziff. 9 des Vertrags genannten Terminpläne noch nicht vorgelegen hätten.

Die Beklagten hätten am 18. März 2019 eine zeitliche Grobplanung vorgelegt, die sich in den Eckterminen des Vertrags gehalten habe. Eine Detaillierung, wie am 9. März 2019 vereinbart, sei jedoch nicht erfolgt.

Die Übergabe der Zeichnungen (Elektroplanung) hätte bereits im Oktober 2017 stattfinden sollen. Da dieser Termin bei Vertragsschluss verstrichen gewesen sei, hätten sie unverzüglich angefertigt werden müssen. Tatsächlich sei die Elektroplanung nicht vorgelegt worden. Mehrere Mahnungen seien vergeblich gewesen.

Der Abschluss der Stahlbau- und Korrosionsschutzarbeiten sei nicht zwingend Voraussetzungen dafür, dass die Beklagten ihre Leistungen hätten ausführen können. Die Planungsleistungen hätten erbracht werden können und müssen. Ihre Ausführung wäre unabhängig von Korrosionsschutzarbeiten möglich gewesen.

Desweiteren sei die Kündigung auch aus wichtigem Grunde möglich gewesen. Die Beklagten hätten ultimativ angedroht, ihre Leistungen einzustellen, wenn die 1. Abschlagsrechnung nicht bezahlt werde. Sie hätten sich trotz mehrfacher Aufforderung unter Fristsetzung geweigert, die Leistungen in der vereinbarten Weise zu erbringen. Durch ihre Verweigerungshaltung hätten sie die fristgerechte Fertigstellung des Projekts gefährdet und die Klägerin Regressansprüchen ausgesetzt.

Der Leistungsumfang sei nicht auf den Titel 05 begrenzt gewesen, wie sich aus Nr. 2 des Vertrags ergebe. Die Baubeschreibung bestimme das Leistungssoll der Beklagten, soweit sie für die Ausführung des Gewerks relevant sei. Die Beklagten hätten mit E-Mail vom 29. Mai 2017 ausdrücklich den Erhalt der Baubeschreibung bestätigt. Verwiesen werde auf Ziff. 4.2.5 der Baubeschreibung. Untervergeben an die Beklagten seien daher die auf das Gewerk Elektro entfallenden Planungsleistungen durch die Einbeziehung der Baubeschreibung. Mit der Planungsleistung hätten sich die Beklagten seit dem 31. Oktober 2017 in Verzug befunden. Weiter sei in Nr. 9 a.E. des Vertrags vorgesehen, dass die Beklagten jeweils zum 30. eines jeden Monats detaillierte Fortschrittsberichte zu erstellen hätten.

Die Beklagten seien nicht zur Einstellung ihrer Arbeiten berechtigt gewesen. Nach Stellung der 1. AZ-Rechnung vom 30. Oktober 2018 habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass AZ-Rechnungen nach den Bestimmungen des RP aufzustellen seien. Auch die daraufhin übersandte AZ-Rechnung vom 3. Dezember 2018 habe als nicht prüfbar zurückgeschickt werden müssen, weil die Beklagten wiederum auftraggeberseitige Vorgaben nicht beachtet hätten. Die Abrechnung habe nicht den Anforderungen entsprochen, wie sie sich aus dem Vertrag mit allen Vertragsbestandteilen, insbesondere Nr. 3.11.2, 3.11.4 der Baubeschreibung, ergäben. Aus dem Aufmaßblatt sei es nicht möglich gewesen nachzuvollziehen, wieviel von welcher Art wo verbaut worden sei.

Eine Behinderung der Beklagten und eine sich darauf ergebende Verschiebung des Endtermins sei nicht dargelegt und bewiesen.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin EUR 99.708,38 zzgl. Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin EUR 1.953,90 für vorprozessuale Anwaltskosten zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

2a. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner weitere EUR 694,17 zzgl. Zinsen in Höhe von 9 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klageerweiterungsschrift zu zahlen.

2c. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner weitere EUR 748,95 zzgl. Zinsen in Höhe von 9 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 2022-01-17 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen:

Klageabweisung

Beide Beklagten haben Widerklage erhoben mit dem Antrag:

Die Widerbeklagte wird verurteilt, an die Widerkläger insgesamt 58.629,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt:

Abweisung der Widerklage.

Soweit die Klägerin zunächst als Klageantrag Ziff. 3 beantragt hatte:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin die Bürgschaft der ### nach § 648a Avalkonto Nr. ### in Höhe von EUR 70.000,- herauszugeben.

haben die Parteien diesen Antrag übereinstimmend für erledigt erklärt und gegenläufige Kostenanträge gestellt.

Die Beklagten tragen vor, der Beklagte 1 sei von der Klägerin als Nachunternehmer beauftragt worden. Die Beklagte 2 sei nicht passivlegitimiert. Unzutreffend sei, dass die Beklagten unter der Firma ### Technische Dienstleistung (B TD) aufträten. Vertragspartner der Klägerin sei der Inhaber des Betriebs “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik”. Geschäftsinhaber sei einzig und allein der Beklagte 1. Die Beklagte 2 nehme lediglich aushilfsweise Bürotätigkeiten wahr.

Auch aus der Homepage ergebe sich nichts anderes.

Bereits im Oktober/November 2017 sei im Rahmen der Vertragsbesprechungen ausdrücklich mitgeteilt worden, dass Vertragspartner ausschließlich der Beklagte 1 und nicht die Beklagte 2 sei.

Völlig unerheblich sei, ob die Beklagte 2 als Inhaberin der Firmenhomepage auftrete.

Der Beklagte 1 betreibe einen Handwerksbetrieb und sei infolgedessen in die Handwerksrolle eingetragen. Daraus ergebe sich auch, dass lediglich er allein Geschäftsinhaber sei.

Die Vertragsurkunde sei von der Klägerin erstellt und dem Beklagen 1 zur Unterzeichnung vorgelegt worden. Weshalb die Beklagte 2 dort als Inhaberin bezeichnet sei, könne nur diese selbst erklären. Dem Beklagten 1 sei dieser Fehler offensichtlich nicht aufgefallen.

Unzutreffend sei, dass der Beklagte 1 seine Leistungen nicht vertragsgerecht und insbesondere nicht zeitgerecht erbracht habe. Falsch sei, dass wirksam verbindliche Bauzeit- und/oder Zwischentermine vereinbart worden seien. Die Parteien hätten keine verbindliche Bauzeit vereinbart. Bauzeitbezogene Forderungen der Klägerin scheiterten bereits am Fehlen der Vereinbarung einer verbindlichen Bauzeit. Ein verbindlicher Bauzeitenplan sei in das Vertragsverhältnis nicht einbezogen worden. Die in der Vertragsurkunde wiedergegebenen Ausführungstermine seien keine verbindlichen Ausführungsfristen.

Als Montagebeginn sei bei Vertragsschluss am 8. November 2017 “sofort” vereinbart worden. Tatsächlich habe mit der Ausführung untergeordneter Teile der Leistung erst am 19. März 2018 begonnen werden können. Die Klägerin habe am 28. Oktober 2018 noch nicht einmal die für die Vorleistung des Widerklägers erforderlichen Vorgewerke Korrosionsschutz und Stahlbau abgeschlossen gehabt.

Aufgrund der Anordnung eines Baustopps gegenüber der Klägerin nach einer Sicherheitsbegehung durch das RP sei der Beklagte 1 direkt von einer Mitarbeiterin des RP gebeten worden, mit der Ertüchtigung der Beleuchtung zu beginnen, obwohl der zuvor von der Klägerin auszuführende Korrosionsschutz und Stahlbau noch nicht abgeschlossen gewesen sei.

Zwischen den Parteien habe Einigkeit bestanden, dass die vom Beklagten 1 auszuführenden Leistungen entsprechend der vereinbarten Planung grundsätzlich erst nach vollständiger Fertigstellung der Arbeiten durch die Klägerin auszuführen seien.

Die Klägerin habe sich mit der Ausführung der Arbeiten im Vergleich zum prognostizierten Ausführungszeitraum über ein Jahr in Verzug befunden. Selbst wenn verbindliche Fertigstellungs- und Zwischenfristen vereinbart worden wären, wären diese daher hinfällig geworden. Der Beklagte 1 habe nicht in Verzug geraten können.

Der Vortrag der Klägerin zu vermeintlichen Vertragsverletzungen unter Verweis auf beigefügte Anlagen sei unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig.

Jedenfalls werde bestritten, dass die Klägerin die Leistungen mehrfach angemahnt habe.

Entgegen der Annahme der Klägerin habe diese keinen Anspruch auf Überlassung diverser Unterlagen, unter anderem eine Freigabeerklärung des Bauherrn zur Elektroplanung, einen fortgeschriebenen Bauzeitenplan u.a. Maßgeblich für den vom Beklagten 1 geschuldeten Leistungsumfang sei ausweislich “2. Leistungsumfang” des Nachunternehmervertrags, dass lediglich die dort explizit beschriebenen Leistungen geschuldet seien. Dem Bauvertrag sei auch lediglich dieser Teil des LV beigefügt gewesen. Eine Kündigung wegen Nichtüberlassung dieser Unterlagen gehe daher ins Leere. Die Ausführung von Leistungen gem. Ziff. 4.2.5 sei vom Beklagten 1 nicht geschuldet gewesen. Tatsächlich habe der Beklagte 1 der Klägerin überobligatorisch Planunterlagen erstellt und zukommen lassen.

Jedenfalls wäre eine entsprechende vertragliche Verpflichtung nicht fällig gewesen. Zudem sei der Beklagte 1 zum Zeitpunkt der Anforderung und der Kündigung durch die Klägerin zur Einstellung der Arbeiten berechtigt gewesen.

Aus der von der Klägerin zitierten Regelung ergebe sich für den Beklagten 1 nicht in der erforderlichen Verständlichkeit, dass er die von der Klägerin gewünschten Pläne, Protokolle, Unterlagen etc. vorzulegen habe. Jedenfalls würde die Klausel einer Inhaltskontrolle nicht standhalten und infolgedessen ersatzlos entfallen.

Die Vorlage der vollständigen Baubeschreibung mit sämtlichen Titel zum Zeitpunkt der Angebotsanfrage und Erstellung ergebe sich aus der E-Mail vom 29. Mai 2017 nicht.

Die Baubeschreibung sei dem Beklagten 1 erst im Nachgang überlassen worden.

Vorgelegt und zum Vertragsgegenstand gemacht worden sei lediglich Titel 5 des LV. Der Verweis auf in bestimmten Titeln der Baubeschreibung enthaltene Punkte gehe ins Leere. Ein bei Vertragsschluss unbekannter Leistungsinhalt könne nicht vereinbart werden.

Grundsätzlich schulde der Auftragnehmer die Herstellung des Werkes und der Auftraggeber die Zurverfügungstellung der Planung. Der Beklagte sei bereits dem Grunde nach nicht zur Vorlage von Plänen verpflichtet gewesen.

Selbst wenn eine vertragliche Verpflichtung zur Vorlage der streitgegenständlichen Dokumente bestanden hätte, wäre diese zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Vorlage nicht fällig gewesen. Maßgeblich seien die anerkannten Regeln der Technik und die VOB/C. Danach sei die Dokumentation der Leistung grundsätzlich nach Ausführung bei Abnahme vorzulegen.

Der Widerkläger habe dem Grunde nach keine Unterlagen geschuldet, Zwischenfristen seien nicht vereinbart gewesen; es hätten behindernde Umstände vorgelegen. Infolge des Zahlungsverzugs der Klägerin sei der Widerkläger zur Leistungsverweigerung berechtigt gewesen.

Abwegig sei, dass der Beklagte 1 sich seit dem 31. Oktober 2017 mit Planungsleistungen in Verzug befunden habe. Die Klägerin habe die zur Leistungsausführung erforderliche Vorleistung erst im März 2018 erbracht. Denklogisch habe zuvor keine Planung erstellt werden können.

Falsch sei, dass er verpflichtet gewesen sei, monatliche Fortschrittsberichte zu erstellen. Da der Beklagte 1 mangels Vorleistungen überhaupt keine Leistungen habe ausführen können, habe es nichts zu berichten gegeben.

Überdies sei der Beklagte 1 zum Zeitpunkt der Anforderung der Unterlagen und der Kündigungserklärung zur Einstellung der Arbeiten berechtigt gewesen. Er habe am 30. Oktober 2018 eine ordnungsgemäße Abschlagsrechnung über 46.918,46 Euro verlangt. Die Klägerin habe sich ab dem 21. November 2018 mit der Begleichung fälliger Abschlagsforderungen in Verzug befunden. Zur Wahrung der vertraglichen Kooperationspflicht sei die Abschlagsrechnung wunschgemäß korrigiert worden.

Es bleibe das Geheimnis der Klägerin, weshalb AZ-Rechnungen nach den Bestimmungen des RP aufzustellen sein sollten. Maßgeblich seien allein die Vorgaben der VOB/B. Sämtlichen Abschlagsrechnungen sei ein prüfbares Aufmaß beigefügt gewesen. Die vom Beklagten 1 eingereichten Rechnungen seien vom RP geprüft und freigegeben und die Klägerin sei hierfür vergütet worden.

Zu Unrecht habe die Klägerin die Überlassung einer weiteren nicht geschuldeten freigegebenen Elektroplanung zur Fälligkeitsvoraussetzung für die Begleichung der Abschlagsforderung gemacht.

Infolge der Zahlungsverweigerung sei der Beklagte 1 nicht nur berechtigt gewesen, die Arbeiten einzustellen, sondern es habe ihm auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags zugestanden.

Die Klägerin sei im Übrigen auch nicht zur ordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt gewesen.

Vertraglich sei die konkrete Ausgestaltung der als nicht vorgelegt gerügten Unterlagen nicht geregelt gewesen. Sie konnten daher nicht wirksam angefordert werden. Darauf sei mit Schreiben vom 29. Januar 2019 hingewiesen worden. Eine Konkretisierung sei aber nicht erfolgt. Eine wirksame Aufforderung zur Leistungserbringung sei nie erfolgt, da die Aufforderung nicht dem erforderlichen Konkretisierungs- und Substantiierungsgrad entsprochen habe. Zudem seien die in 3.2.3 der Baubeschreibung definierten Vorleistungen bis zur Kündigung nicht erbracht gewesen. Die Ausführung der Leistung, einschließlich der Erstellung einer konkretisierten Montageplanung, sei unmöglich gewesen.

Die Beklagtenseite ist ferner der Auffassung, die Anforderung von als fehlend gerügten Unterlagen sei nicht wirksam, weil die konkrete Ausgestaltung dieser oder deren inhaltliche Beschaffenheit vertraglich nicht geregelt gewesen sei.

Bei den verlangten Unterlagen handele es sich um separat zu beauftragende und zu vergütende Planungsleistungen. Jedenfalls würde die Formularklausel auf der zweiten Seite unten des Nachunternehmervertrags einer Inhaltskontrolle nicht standhalten. Sie entfalle daher ersatzlos.

Die Vorlage der vollständigen Baubeschreibung, welche sämtliche Titel beinhalte, ergebe sich aus der E-Mail vom 29. Mai 2017 nicht. Die Baubeschreibung sei dem Widerkläger erst im Nachgang überlassen worden. Ausweislich des Nachunternehmervertrags nebst Leistungsverzeichnis sei ausschließlich Titel 5 der Leistungsbeschreibung beigefügt gewesen und zum Vertragsgegenstand gemacht worden. Der Verweis der Klägerin auf in bestimmten Titeln der Baubeschreibung enthaltene Punkte gehe ins Leere. Ein bei Vertragsschluss unbekannter Leistungsinhalt könne nicht vereinbart werden. Grundsätzlich schulde der Auftragnehmer die Herstellung des Werkes und der Auftraggeber die Zurverfügungstellung der Planung. Eine derartige Verpflichtung zu Lasten des Widerklägers würde sich auch bei Vorlage der Baubeschreibung in ungekürzter Fassung nicht ergeben. Bereits dem Grunde nach sei der Beklagte nicht zur Vorlage von Plänen verpflichtet gewesen.

Hilfsweise trägt die Beklagtenseite vor: Ein einlassungsfähiger Mindestvortrag zur vermeintlich durchgeführten Ersatzvornahme fehle. Bestritten werde, dass die Fa. ### am 4. April 2019 mit der Fertigstellung der Leistungen beauftragt worden sei, dass die Ersatzvornahme ausgeführt worden sei und sich daraus Mehrkosten von 106.384,09 Euro ergeben hätten, die Massen ausgeführt worden seien, die Leistungen der Fertigstellung des Gewerks des Beklagten 1 gedient hätten, der vorgetragene Werklohn bezahlt worden sei, die angesetzten Preise ortsüblich und angemessen seien.

Die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Preise seien abwegig. Vielmehr würde es sich um geänderte und zusätzliche Leistungen handeln. Die Klägerin versuche, Mehrkosten für gestiegene Kupferpreise geltend zu machen, die sie aufgrund der Stoffpreisgleitklausel ohnehin zu tragen gehabt hätte. Bestritten werde auch, dass die Klägerin etwaige Mehrkosten selbst zu tragen gehabt und nicht von ihrer Auftraggeberin erstattet bekommen hätte.

Der Vortrag zu vermeintlich entstandenem Eigenaufwand sei unschlüssig.

Der Anfall von Bürgschaftskosten werde bestritten. Nicht nachvollziehbar sei, warum Bruttobeträge begehrt würden.

Die Beklagten sind der Ansicht, das Landgericht Stuttgart sei örtlich unzuständig. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung liege nicht vor. Die Beklagten seien nicht im Handelsregister eingetragen.

Die Beklagte 2 sei keine Unternehmerin, sondern Verbraucherin. Die Beklagten seien keine Kaufleute. Da die Widerbeklagte ein Formkaufmann sei, werde Antrag auf Verweisung an die Handelskammer gestellt.

Die Kündigung vom 12. März 2019 sei bereits aus formalen Gründen unwirksam. Die unterzeichnende Frau ### habe die Erklärung nicht in Vertretung für den Geschäftsführer abgegeben. Sie sei auch nicht nach außen als Stellvertreterin aufgetreten. In Ziff. 10 des Vertrags sei sie nicht aufgeführt. Frau ### sei gerade nicht als Vertreterin der Klägerin aufgetreten, sondern als Botin. § 174 BGB finde keine Anwendung.

Es liege kein von den Beklagten zu vertretender wichtiger Kündigungsgrund vor.

Die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Ersatzvornahmekosten lägen nicht vor. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin sei unschlüssig.

Eine zur außerordentlichen Kündigung durch die Klägerin berechtigende Pflichtverletzung liegt nicht vor. Die Annahme des Vorliegens der in § 5 Abs. 4 VOB/B normierten Voraussetzungen sei abwegig. Es sei weder die Vorlage von Zeichnungen noch die Vorlage einer Elektroplanung vertraglich geschuldet gewesen, erst recht nicht im Oktober 2017. Vielmehr sei der Beklagte 1 analog § 314 BGB wegen des sich aus der unwirksam ausgesprochenen Kündigung der Klägerin, die in eine freie Kündigung umzudeuten sei, ergebenden Vertrauensverlustes zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund berechtigt gewesen. Auch die Nichtbegleichung von Abschlagsforderungen habe den Beklagten 1 zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Dies habe gleichfalls zur außerordentlichen Kündigung nach § 9 Abs. 1 S. 2 VOB/B berechtigt.

Die Klägerin habe im Kündigungszeitpunkt noch nicht einmal die von ihr zu erbringenden Vorleistungen fertiggestellt gehabt, wie die Stahlbau- und Korrosionsschutzarbeiten, vgl. Ziff. 3.2.3. der Baubeschreibung. Es fehle jeglicher schlüssige Vortrag der Klägerin, zu welchem Zeitpunkt die Beklagten angeblich die vertraglich übernommenen Leistungen hätten fertigstellen müssen. Die in Ziff. 9 des Vertrags genannten Termine seien keine Vertragsfristen. Die dortige Regelung sei AGB-widrig.

Das Regierungspräsidium habe zu keinem Zeitpunkt einen Verzug mit Leistungen der Beklagten beanstandet.

Der Vorwurf eines Verstoßes gegen Ziff. 17 des Vertrags sei abwegig. Widersprüchlich sei das klägerische Vorbringen, da sie behaupte, die Beklagten hätten die Übergabe der “Freigabeerklärung des Bauherrn zur Elektroplanung” geschuldet, was bestritten werde, gleichzeitig hätten dem Bauherrn keine Pläne zur Prüfung/Freigabe vorgelegt werden sollen.

Auch der weitere behauptete Kündigungsgrund der Nichtübergabe angeblich geschuldeter Unterlagen bestehe nicht. Es fehle jeglicher schlüssige Vortrag der Klägerin, woraus sich vertraglich eine Verpflichtung zur Vorlage der einzelnen im Schreiben vom 20. Dezember 2018 erwähnten Unterlagen ergeben solle.

Die verlangten Zeichnungen/Skizzen/Anzeichnungen zu LV-Pos. 05.05.0001 bis 0004 seien gerade nicht geschuldet gewesen, wie sich aus Ziff. 2 des Vertrags ergebe.

Das Vorbringen der Klägerin sei “Fehlanzeige” zur allen Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund.

Die Klägerin und ihre anderen Nachunternehmer hätten die Vorgewerke fertigstellen und die Baustelle beräumen müssen, damit die Elektroplanung erstellt werden könnte.

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung der Avalkosten zu. Die Stellung bzw. Aufrechterhaltung der Sicherheit sei nur erforderlich gewesen, weil die Klägerin unberechtigte Einwendungen gegen den Werklohnanspruch erhoben habe. Eine Erledigung bezüglich des ursprünglichen Klageantrags Ziff. 2b) sei nicht eingetreten.

Die Klägerin könne auch nicht die mit den Pos. NA23 bis NA26 geltend gemachten Beträge als vermeintlich kündigungsbedingte Mehrkosten beanspruchen.

Es handele sich weder um geänderte Leistungen noch um kündigungsbedingte Mehrkosten. Vielmehr hätten diese Nachtragspositionen keinen Bezug zur ursprünglich ausgeschriebenen Leistung. Es seien klassische zusätzliche Leistungen, die der Klägerin vollständig vergütet worden seien. Der Klägerin sei in diesem Zusammenhang überhaupt kein finanzieller Schaden entstanden. In Höhe von ca. 1/4 der Klageforderung sei die Klage von vornherein abweisungsreif.

Zur Widerklage führt die Beklagtenseite aus: Der Beklagte 1 rechne die erbrachten und mangelfrei abgenommenen Leistungen auf Grundlage der Vertragspreise und die beauftragten Nachtragsleistungen ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen auf Seiten 22 f. der Widerklage verwiesen.

Daraus ergäben sich Ansprüche für ausgeführte Leistungen in Höhe von 23.604,98 Euro, für Nachträge von 21.051,52 Euro und 13.972,85 Euro für nicht ausgeführte Leistungen (5 % von 279.457,10 Euro). Insgesamt bestehe somit ein Nettoanspruch von 58.629,32 Euro.

Die vom Beklagten 1 erbrachte Leistung gelte am 30. März 2019 als abgenommen, nachdem mit Anwaltsschreiben vom 22. März 2019 zur Erstellung eines gemeinsamen Aufmaßes und zur Abnahme aufgefordert worden sei.

Die Leistung sei mit Schlussrechnung vom 19. April 2021 prüfbar abgerechnet worden.

Die Klägerin führt zur Widerklage aus: Da keine freie Kündigung vorliege, komme eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen nicht in Betracht.

Die Beklagten seien an das von den Parteien durchgeführte gemeinsame Aufmaß gebunden. Sie könnten keine weiteren angeblich erbrachten Leistungen abrechnen. Eine höhere Vergütung für erbrachte Leistungen stehe den Beklagten nicht zu.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den beigefügten Anlagen verwiesen.

Der Rechtsstreit wurde zunächst beim Landgericht Stuttgart anhängig gemacht. Mit Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2021 wurde er auf den dortigen Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Das Landgericht Stuttgart erklärte sich mit Beschluss vom 18. August 2021 für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Heilbronn (eAkte 154/156).

Es wurde Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 27. Januar 2021 (eAkte 189/191). Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen ### vom 9. Juli 2022 (eAkte 204 ff.) und seine ergänzende schriftliche Stellungnahme vom 8. November 2022 (eAkte 260/261) verwiesen. Am 30. März 2023 wurde der Sachverständige ### ergänzend angehört. Insoweit wird auf das Protokoll vom 30. März 2023 (eAkte 310/321) verwiesen. Ferner wurde Beweis erhoben durch Vernehmung von Frau ### als Zeugin. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll vom 29. Februar 2024 (eAkte 411/416) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Die Widerklage ist zulässig, aber nicht begründet.

A.

Klage

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Zulässigkeit

Die Klage ist zulässig.

1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Heilbronn ergibt sich aus dem bindenden Verweisungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2021.

Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts folgt aus § 71 Abs. 1 GVG.

Die Wirkung der Übertragung des Rechtsstreits durch den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2021 auf den Einzelrichter bleibt auch nach der Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Heilbronn erhalten, weil der Rechtsstreit vor dem verwiesenen Gericht eine Fortsetzung des Rechtsstreits vor dem verweisenden Gericht darstellt (vgl. Stackmann in MünchKomm-ZPO, 6. Aufl., § 348a ZPO Rn. 10; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 281 Rn. 13).

2. Eine Verweisung an die Kammer für Handelssachen auf den Antrag der Beklagtenseite, der bereits im Schriftsatz vom 6. Mai 2021 gestellt worden war, kommt nicht in Betracht. Die Klage richtet sich gegen den Beklagten 1 und die Beklagte 2. Hinsichtlich der Beklagten 2 vertritt die Beklagtenseite dezidiert die Auffassung, diese sei eine Verbraucherin. Eine Verweisung des (gesamten) Rechtsstreits mitsamt Klage und Widerklage an die Kammer für Handelssachen ist bereits deshalb nicht möglich, weil sich die Klage nach dem Vorbringen der Beklagtenseite (auch) gegen eine Verbraucherin richtet.

Unerheblich ist daher, ob der Beklagte 1 mit einer isolierten und nicht als Widerklage geltend gemachten Klage die Klägerin vor der Kammer für Handelssachen hätte verklagen können. Offen bleiben kann auch, ob im Hinblick auf den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 18. August 2021 an das Landgericht Heilbronn noch eine Verweisung von der Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn an die Kammer für Handelssachen möglich ist.

II.

Begründetheit

Die Klage gegen den Beklagten 1 ist im aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Mehrforderung ist die Klage abzuweisen. Die gegen die Beklagte 2 gerichtete Klage ist insgesamt unbegründet.

1. Zum Klageantrag Ziff. 1

Der Klageantrag Ziff. 1 ist gegen den Beklagten 1 in Höhe von 60.635,10 Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit begründet.

Die Klägerin hat lediglich mit dem Beklagten 1 am 8. November 2017 den als Anlage K 2 vorgelegten Nachunternehmervertrag geschlossen. Die Beklagte 2 ist nicht passivlegitimiert (dazu sogleich unter a). Den Vertrag hat die Klägerin mit Schreiben vom 12. März 2019 gekündigt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Kündigung nicht aus formalen Gründen unwirksam (dazu unter b). Allerdings lagen die Voraussetzungen für eine Auftragsentziehung nach § 8 Abs. 3 VOB/B nicht vor (dazu unter c). Die Kündigung ist aber als sonstige außerordentliche Kündigung wirksam und hat zur Beendigung des Nachunternehmervertrags geführt (dazu unter d). Die Klägerin hat daher Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten, die ihr aufgrund der kündigungsbedingt erforderlichen Beauftragung der Fa. Elektro ### GmbH entstanden sind (dazu unter e). Der Erstattungsanspruch der Klägerin beläuft sich auf 81.381,19 Euro. Ein Anspruch in Höhe von 1.665,00 Euro für angeblich entstandenen eigenen Aufwand hat die Klägerin nicht. Sie kann aber Bürgschaftskosten in Höhe von 4.605,15 Euro verlangen (dazu unter f.). Hiervon abzuziehen ist der Vergütungsanspruch der Beklagten für die erbrachten Leistungen. Dieser Anspruch beläuft sich auf 25.351,24 Euro (dazu unter g). Insgesamt errechnet sich somit ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 60.635,10 Euro (dazu unter h).

a) Die Klägerin und der Beklagte 1 waren durch den am 8. November 2018 geschlossenen Nachunternehmervertrag verbunden. Die Beklagte 2 ist nicht Vertragspartnerin geworden.

aa) Unstreitig wurde am 8. November 2017 der als Anlage K 2 vorgelegte Nachunternehmervertrag geschlossen.

In Nr. 1 des Vertrags sind enumerativ die “Vertragsgrundlagen” aufgeführt. Grundlagen und somit Vertragsbestandteile sind danach unter anderem “die Baubeschreibung BAB ###” sowie “das Leistungsverzeichnis OZ: 05., ausgenommen 05.05.” Das Leistungsverzeichnis ist als Anlage B 3 und die Baubeschreibung ist als Anlage K 14 vorgelegt worden.

Nach der ausdrücklichen Regelung in Nr. 1 des Vertrags sind diese sowie die weiteren als “Vertragsgrundlagen” genannten Unterlagen “zugleich Vertragsbestandteil”. Klargestellt wird ferner ausdrücklich, dass diese “Vertragsunterlagen … zwischen Nachunternehmer und Auftragnehmer in der Weise [gelten], dass an die Stelle des Auftraggebers der Auftragnehmer und an die Stelle des dortigen Auftragnehmers der Nachunternehmer tritt.”

bb) Die VOB/B wurde in das Vertragsverhältnis einbezogen. Dies ergibt sich aus Nr. 1 (Vertragsgrundlagen) des Vertrags. Dort ist unter lfd. Nr. 19 die VOB/B aufgeführt.

Einbezogen ist also die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Fassung der VOB/B. Dies ist vorliegend die VOB/B Ausgabe 2016 (i.F. nur: VOB/B).

Das Bürgerliche Gesetzbuch ist in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anwendbar, Art. 229 § 39 EGBGB.

cc) Als Vertragspartner der Klägerin ist in dem Nachunternehmervertrag an exponierter Stelle auf der ersten Seite bei der Angabe der Vertragsparteien genannt:

### Technische Dienstleistung Elektrotechnik, ###-Weg ###,

Herr ###, Betriebsleiter – Frau ### Inhaber

Einerseits ist also als Nachunternehmer ein Unternehmen mit der Geschäftsbezeichnung “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” angegeben, andererseits ist die Beklagte 2 als Inhaberin – und der Beklagte 1 als “Betriebsleiter” – genannt. Die “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” ist ersichtlich weder eine juristische Person noch lässt die Bezeichnung erkennen, dass es sich um eine Personengesellschaft handelt.

Tatsächlich ist nur der Beklagte 1 als Vertragspartner der Klägerin anzusehen.

Nach den Grundsätzen des sogenannten unternehmensbezogenen Geschäfts geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass bei derartigen Geschäften der Unternehmensinhaber Vertragspartner werden soll und nicht derjenige, der konkret für das Unternehmen gehandelt hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 – II ZR 311/88; Urteil vom 31. Juli 2012 – X ZR 154/11 Rn. 10). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn der Inhaber falsch bezeichnet wird oder über ihn sonst Fehlvorstellungen bestehen. Die Anwendung dieser Grundsätze hängt lediglich von dem erkennbaren Unternehmensbezug des Geschäfts ab und nicht von einer firmenrechtlich korrekten Bezeichnung des Unternehmens (BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 – II ZR 311/88). Eine andere Beurteilung kommt in Betracht, wenn sich die Parteien darüber einig sind, dass gerade die handelnde Person persönlich Vertragspartner werden sollte.

Hinsichtlich des Beklagten 1 stellt die Beklagtenseite bereits nicht in Abrede, dass dieser Vertragspartner der Klägerin geworden ist.

Hinsichtlich der Beklagten 2 kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese als Unternehmensinhaberin anzusehen und daher (auch) Vertragspartnerin der Klägerin geworden ist.

Zunächst ist davon auszugehen, dass der Beklagte 1 den Nachunternehmervertrag auf Beklagtenseite unterzeichnet hat. Die Klägerin stellt dies nicht in Abrede, wie sich aus ihren Ausführungen auf Seite 2 der Replik vom 18. Juni 2021 ergibt. Dies besagt aber noch nichts bezüglich der Frage, wer als Unternehmensinhaber Vertragspartner der Klägerin geworden ist.

Für eine Unternehmensinhaberschaft der Beklagten 2 spricht zwar nicht nur, dass diese in dem Vertrag auf der ersten Seite bei der Angabe der Vertragsparteien als “Inhaber” genannt ist, sondern auch dass in E-Mails der Beklagtenseite, die vor Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags an die Klägerin gerichtet wurden, die Beklagte 2 als Inhaberin des Unternehmens mit der Geschäftsbezeichnung “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” genannt worden ist, während der Beklagte 1 als Betriebsleiter bezeichnet wurde, so in der E-Mail vom 10. Mai 2017 sowie in der E-Mail vom 29. Mai 2017.

Gegen ihre Unternehmensinhaberschaft spricht hingegen, dass in sämtlichen Schreiben bzw. E-Mails der Beklagtenseite aus dem Zeitraum nach Abschluss des Nachunternehmervertrags der Beklagte 1 als Inhaber des Unternehmens bezeichnet wird, so beispielsweise in den E-Mails vom 6. April 2018, vom 11. April 2018, vom 14. Mai 2018, vom 17. Mai 2018, vom 6. November 2018 und diversen anderen. Auch in dem Impressum des Internetauftritts von “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik”, Stand: 9. April 2021, ist der Beklagte 1 als Inhaber genannt; die Beklagte 2 wird dort als alleinige Inhaberin der Website bezeichnet. Es gibt mit anderen Worten keine Schreiben oder E-Mails der Beklagtenseite vor Abschluss des Nachunternehmervertrags, in denen der Beklagte 1 als Inhaber bezeichnet wird und keine Schreiben oder E-Mails der Beklagtenseite aus dem Zeitraum nach Vertragsschluss, in denen die Beklagte 2 als Inhaberin der “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” bezeichnet wird.

Die Bezeichnung der Beklagten 2 als Inhaberin des unter der Bezeichnung “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” im Geschäftsverkehr auftretenden Unternehmens in den Mitteilungen der Beklagtenseite vor Abschluss des Nachunternehmervertrags war offensichtlich der Grund dafür, dass diese in dem von der Klägerseite entworfenen Vertrag als Inhaber des Unternehmens bezeichnet ist, während der Beklagte 1 (lediglich) als Betriebsleiter genannt wird. Offensichtlich hat die Beklagtenseite bei Unterzeichnung des Nachunternehmervertrags keine Veranlassung gesehen, diese Angaben in dem Vertragskopf richtig zu stellen. Dies kann aber auch darauf zurückzuführen sein, dass dies zum damaligen Zeitpunkt niemandem aufgefallen ist. Die Beklagtenseite hat in der Duplik vom 13. Juli 2021 vorgetragen, dem Beklagten 1 sei “dieser Fehler” offensichtlich nicht aufgefallen, geht aber weder in diesem noch in den sonstigen Schriftsätzen auf die Frage ein, warum die Beklagte 2 in den genannten E-Mails, die von der Beklagtenseite stammen, als Inhaberin des Unternehmens bezeichnet wird. Andererseits ist auch von Klägerseite zu keinem späteren Zeitpunkt die Frage der Unternehmensinhaberschaft von “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” thematisiert worden, obwohl in deren Mitteilungen nach Vertragsschluss der Beklagte 1 als Inhaber genannt ist.

Jedenfalls für den Zeitraum nach Vertragsschluss ist auf Beklagtenseite durchgängig der Beklagte 1 als Unternehmensinhaber angegeben worden. Zweifel bezüglich der Frage, wer als Unternehmensinhaber der Vertragspartner der Klägerin ist, bestanden daher nach Vertragsschluss nicht: Dies war nach den konsistenten Angaben nur der Beklagte 1.

Eine Haftung der Beklagten 2 neben dem Beklagten 1 ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung aus Rechtsscheinsgründen (BGH, Urteil vom 31. Juli 2012 – X ZR 154/11 Rn. 12; s.a. schon BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 – II ZR 311/88). Danach ist in der Rechtsprechung die Rechtsscheinhaftung insbesondere für die Fälle einer Scheinsozietät anerkannt. Der als Sozius auftretende Scheinsozius haftet für die Verpflichtungen der Sozietät ebenso wie die wahren Inhaber der Sozietät (BGH, Urteil vom 31. Juli 2012 – X ZR 154/11 Rn. 13 m.w.N.).

Für eine entsprechende Anwendung dieser Haftungsgrundsätze besteht vorliegend aber keine Notwendigkeit. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es der Klägerin bei Abschluss des Vertrags gerade darauf angekommen wäre, den Vertrag mit der Beklagten 2 als Unternehmensinhaberin von “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” abzuschließen. Ihr Interesse ging vielmehr nicht über den allgemeinen Grundsatz hinaus, dass der Unternehmensinhaber Vertragspartner werden soll. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie ein besonderes Interesse daran gehabt habe, dass die Beklagte 2 ihre Vertragspartnerin wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1983 – VIII ZR 328/81). Sie hat auch kein schützenswertes Interesse daran, dass ihr neben dem Beklagten 1 mit der Beklagten 2 noch eine weitere Person als Schuldnerin zur Verfügung steht. Der Beklagte 1 hat seine Stellung als Vertragspartner der Klägerin nie in Abrede gestellt.

Eine Vernehmung der beklagtenseits benannten Zeugin ### zu der Behauptung, Geschäftsinhaber sei einzig und allein der Beklagte 1, bedurfte es daher nicht.

Soweit von der Beklagtenseite Widerklage auf Zahlung von über 58.000,00 Euro als Vergütung für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen geltend gemacht wird, hat sie mit Schriftsatz vom 31. August 2022 ausdrücklich erklärt, dass die Widerklage (nunmehr) von beiden Beklagten erhoben wird. Dies ist aber für die Frage, mit wem der Nachunternehmervertrag zustande gekommen ist, unergiebig. Wie im Schriftsatz vom 31. August 2022 klargestellt wurde, erfolgte die geänderte Antragstellung lediglich “aus Gründen anwaltlicher Vorsicht” im Hinblick auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2021.

Festzuhalten ist daher, dass Vertragspartner der Klägerin lediglich der Beklagte 1 als Inhaber von “### Technische Dienstleistung Elektrotechnik” ist. Die Beklagte 2 ist nicht passivlegitimiert.

dd) Nach Nr. 2 des Vertrags beauftragte die Klägerin ihren als Nachunternehmer bezeichneten Vertragspartner

“mit der vollständigen Erstellung der in sämtlichen Vertragsunterlagen beschriebenen Leistung für Ausführung von Titel 05 Betriebstechnik 05.00., 05.01., 05.02., 05.03., 05.04., 05.06., 05.07., 05.08., 05.09., 05.10.

Einzelne der o.g. Positionen können nach noch zu treffender Absprache evtl. vom Auftragnehmer ausgeführt werden.

05.05. Schlosserarbeiten werden von Stahlbau ### gefertigt

Bestandsunterlagen gem. Baubeschreibung Ziff. 4.3″


Weiter heißt es in Nr. 2 des Vertrags u.a.:

“Hierzu gehören auch alle Leistungen und die Erfüllung von Mitwirkungspflichten, die in den Vertragsunterlagen, insbesondere in der Baubeschreibung enthalten ist, soweit sie auch für die Ausführung des Gewerkes relevant sind. Dies gilt auch dann, wenn diese Leistungen und Mitwirkungspflichten auch für andere Gewerke relevant sind.”

b) Mit Schreiben vom 12. März 2019 kündigte die Klägerin den Nachunternehmervertrag wegen verzögerter Fertigstellung und aus wichtigem Grund. Dabei verwies sie auf das Anwaltsschreiben vom 13. Februar 2019, mit welchem nach mehreren Aufforderungen und Mahnungen zur Leistungserbringung eine letzte Frist zur Übergabe vertraglich geschuldeter Unterlagen gesetzt und die Kündigung angedroht worden sei.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Kündigung nicht aus formalen Gründen unwirksam.

Die Beklagtenseite hat erstmals in der mündlichen Verhandlung am 12. Januar 2023 und schriftsätzlich am 16. März 2023 vorgetragen, die Kündigung sei bereits aus formalen Gründen unwirksam. Dieser erstmals knapp 21 Monate nach Klageerhebung erhobene Einwand ist nicht begründet. Die Kündigung genügt der in § 8 Abs. 6 VOB/B vorgeschriebenen Schriftform. Sie ist zwar von einer Mitarbeiterin der Klägerin mit dem Zusatz “i.A.” unterzeichnet. Gleichwohl liegt eine wirksame Kündigungserklärung vor.

aa) (1) Gemäß § 8 Abs. 6 VOB/B ist die Kündigung schriftlich zu erklären. Dieses Schriftformerfordernis ist zwingend und eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Dabei handelt es sich um ein gewillkürtes Schriftformerfordernis gemäß § 127 BGB. Das gesetzliche Schriftformerfordernis für die Kündigung eines Bauvertrags gemäß § 650h BGB findet vorliegend keine Anwendung, da der Vertrag zwischen den Parteien bereits im November 2017 zustandegekommen ist (Art. 229 § 39 EGBGB).

Für die Wahrung der gewillkürten Schriftform genügt eine Kündigung per Telefax (vgl. § 127 Abs. 2 BGB; s.a. BGH, Urteil vom 22. April 1996 – II ZR 65/95).

(2) Ferner muss sowohl die Kündigung als auch die vorausgehende Androhung der Kündigung durch einen bevollmächtigten Vertreter des Auftraggebers ausgesprochen werden (vgl. Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, Kommentar, 22. Aufl., § 8 Abs. 6 VOB/B Rn. 4). Ein wirksames Handeln eines Vertreters für eine andere Person liegt im Grundsatz nur dann vor, wenn das Handeln im Namen des Vertretenen offenkundig ist, und der Vertreter mit Vertretungsmacht handelt. Im Grundsatz ist bei einem einseitigen Rechtsgeschäft wie der Kündigung gemäß § 180 S. 1 BGB eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Es liegt daher im dringenden Interesse des Erklärungsempfängers, zu wissen, ob der als Vertreter Auftretende bevollmächtigt ist oder nicht (BGH, Versäumnisurteil vom 30. März 2022 – VIII ZR 283/21 Rn. 61). Darum ermöglich ihm § 174 BGB, klare Verhältnisse zu schaffen (Ellenberger in Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 174 Rn. 1): Gemäß § 174 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft unwirksam, wenn keine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird und der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft deshalb unverzüglich zurückweist. Nach § 180 S. 2 BGB finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung, wenn die fehlende Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Erklärungsempfänger nicht beanstandet wird oder er damit einverstanden ist. In diesem Fall gelten also die §§ 177 ff. BGB.

bb) Die Kündigung der Klägerseite erfolgte, wie sich aus der von der Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 16. März 2023 vorgelegten Anlage B 19 ergibt und von der Klägerin mit Schriftsatz vom 21. März 2023 unstreitig gestellt wurde, nicht am 8. März 2019, sondern durch ein (auch) per Telefax übermitteltes Schreiben vom 12. März 2019. Dieses Schreiben war nicht von dem Geschäftsführer der Klägerin bzw. deren persönlich haftender Gesellschafterin – oder einer mit Prokura ausgestatteten Person – unterzeichnet, sondern von Frau ###, einer Mitarbeiterin der Klägerin, versehen mit dem Zusatz: “i.A. ###”. Insoweit unterscheidet sich das als Anlage B 19 vorgelegte Kündigungsschreiben von der mit der Klageschrift vorgelegten Anlage K 7, das diesen Zusatz nicht enthält! Der Anlage B 19 entspricht hingegen das bei der Anlage K 8 befindliche Kündigungsschreiben. Die Klägerin behauptet, bei der Anlage K 7 handele es sich um den Entwurf des Kündigungsschreibens.

Zweifel daran, dass die Mitarbeiterin ### bei der Unterzeichnung des Schreibens vom 12. März 2019 im Namen der Klägerin handelte, bestehen nicht. Insbesondere steht dieser Überzeugung nicht entgegen, dass das Schreiben bei der Unterschrift den Zusatz “i.A.” enthält.

Ob der Zusatz “i.A.” oder “im Auftrag” eine Vertretung kenntlich machen soll, ist eine Frage der Auslegung im Einzelfall. Vorliegend ergibt sich aus den Umständen eindeutig und unmissverständlich, dass mit dem Schreiben eine rechtliche Erklärung im Namen und mit Rechtswirkung für und gegen die Klägerin abgegeben wurde. Dies zeigt sich bereits darin, dass die Kündigungserklärung auf einem Briefbogen der Klägerin erfolgt ist. Es war somit offenkundig, dass ein Handeln für die Klägerin vorlag. Im Übrigen wurde auch von der Beklagtenseite nach Erhalt des Schreibens nicht in Zweifel gezogen, dass eine Kündigungserklärung der Klägerin vorlag. So wies die Beklagtenseite mit dem als Anlage B 16 vorgelegten Anwaltsschreiben an die Klägerin die Kündigung zurück, weil sich die Beklagtenseite mit der Leistungserbringung nicht in Verzug befinde und auch ein anderweitiger außerordentlicher Kündigungsgrund nicht vorliege. Deshalb sei die “von Ihnen erklärte Kündigung” als freie Kündigung anzusehen. Zweifel an der formalen Wirksamkeit der Kündigung wurden in dem Schreiben also nicht geltend gemacht, weil diese offensichtlich nicht bestanden.

Die Kündigungserklärung der Klägerin vom 12. März 2019 ist auch nicht unwirksam, weil die Mitarbeiterin Frau ### ohne Vertretungsmacht der Klägerin gehandelt hätte.

Die Beklagtenseite hat das Rechtsgeschäft nicht wegen fehlender Vollmachtsvorlage unverzüglich zurückgewiesen. Tatsächlich bestanden ersichtlich keine Zweifel an der Bevollmächtigung von Frau ### zur Abgabe der Erklärung. Entsprechende Zweifel bestanden insbesondere auch nicht auf der anwaltlich vertretenen Beklagtenseite. Bereits in dem vorangegangenen Zeitraum war beim Schriftwechsel zwischen der Klägerin und der Beklagtenseite vielfach auf Klägerseite Frau ### tätig. Zu nennen sind insoweit die E-Mails bzw. Schreiben vom 26. März 2018 (der Klägerin an die Beklagtenseite), vom 11. April 2018 (der Beklagtenseite an die Klägerin), vom 15. Mai 2018 (der Klägerin), vom 11. Juni 2018 (der Klägerin), vom 12. Juni 2018 (der Klägerin), vom 20. Juni 2018 (der Beklagtenseite an die Klägerin), vom 3. Juli 2018 (der Klägerin), vom 10. Juli 2018 (der Klägerin), vom 13. Juli 2018 (der Klägerin), vom 18. Oktober 2018 (der Klägerin), vom 28. Oktober 2018 (der Beklagtenseite), vom 31. Oktober 2018 (der Klägerin) und vom 22. November 2018 (der Klägerin). Hieraus war nicht nur ersichtlich, dass Frau ### auf Klägerseite an dem Projekt beteiligt ist. Ersichtlich war zudem, dass bei den E-Mails und Schreiben der Klägerseite an die Beklagtenseite Frau ### mit dem Zusatz “i.A.” zeichnete. Gleichwohl hat die Beklagtenseite dies zu keinem Zeitpunkt zum Anlass genommen, die Wirksamkeit der so gezeichneten Erklärungen der Klägerseite in Zweifel zu ziehen. Dies gilt beispielsweise auch hinsichtlich des Schreibens vom 12. Juni 2018, mit welchem der Beklagtenseite Nachfristen gesetzt wurden und darauf hingewiesen wurde, die Klägerin werde im Fall des ergebnislosen Fristablaufs auf Kosten der Beklagtenseite einen “Ersatzvornehmer” beauftragen. Die Beklagtenseite hat also trotz der Zeichnung des Schreibens mit dem Zusatz “i.A.” die erfolgte Fristsetzung nicht als formal unwirksam und deshalb unbeachtlich zurückgewiesen, sondern darauf vielmehr mit E-Mail vom 20. Juni 2018 reagiert. Auch aus der Anrede in dieser E-Mail: “Sehr geehrte Frau ###” ist zu ersehen, dass die Beklagtenseite Frau ### als auf Klägerseite zuständige Ansprechpartnerin angesehen hat. In der Gesamtschau ist daher der erstmals im Januar 2023 während des Rechtsstreits erhobene Einwand der fehlenden Bevollmächtigung nicht berechtigt. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass Frau ### in Nr. 10 des Nachunternehmervertrags nicht als Vertreterin der Klägerin benannt ist. Dort ist Herr ### als verantwortlicher Projektleiter genannt, der berechtigt ist, im Namen des Auftragnehmers alle erforderlichen Erklärungen verbindlich abzugeben und entgegenzunehmen, sowie als Stellvertreter Herr ### (also der Geschäftsführer der Klägerin bzw. der persönlich haftenden Gesellschafterin). Diese Regelung ist keine abschließende Regelung, die alleine maßgeblich dafür ist, wer die Klägerin vertreten darf.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Kündigung der Klägerin vom 12. März 2019 nicht aus formalen Gründen unwirksam ist.

c) Die Voraussetzungen für eine Auftragsentziehung nach § 8 Abs. 3 VOB/B lagen nicht vor. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob § 5 Abs. 3 VOB/B und die darauf bezogene Bestimmung in § 8 Abs. 3 S. 1 VOB/B bei Verwendung durch den Auftraggeber einer Inhaltskontrolle standhalten (vgl. zu §§ 4 Nr. 7 S. 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B 2002 BGH, Urteil vom 19. Januar 2023 – VII ZR 34/20).

aa) Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B kann der Auftraggeber den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Abs. 7 und 8 Nr. 1 und des § 5 Abs. 4 VOB/B die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist.

Vorliegend steht eine schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannte Leistung (§ 4 Abs. 7 VOB/B) nicht in Rede (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 19. Januar 2023 – VII ZR 34/20), ebensowenig eine Ausführung von Leistungen nicht im eigenen Betrieb (§ 4 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B).

Wenn der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung verzögert, mit der Vollendung in Verzug gerät oder der Verpflichtung nach § 5 Abs. 3 VOB/B nicht nachkommt, kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer nach § 5 Abs. 4 VOB/B eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Fristablauf den Auftrag entzieht. § 5 Abs. 3 VOB/B verpflichtet den Auftragnehmer, Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile in gebotenem Umfang vorzuhalten. Sind diese so unzureichend, dass die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können, muss der Auftragnehmer auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen.

Die völlige Einstellung der Arbeiten kann einen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen, wenn sich der Unternehmer nicht auf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften im Sinn des § 5 Abs. 3 VOB/B (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 10 U 294/19; Urteil vom 17. August 2021 – 10 U 423/20). Kommt der Auftragnehmer der Verpflichtung nach § 5 Abs. 3 VOB/B trotz berechtigten Abhilfeverlangens nicht nach, gerät der Auftragnehmer mit der Abhilfepflicht in Verzug (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 10 U 294/19).

bb) Vorliegend war die Klägerin nicht zur Kündigung nach § 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB/B berechtigt.

(1) Zwar können auch Zwischenfristen gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B als Vertragsfristen vereinbart werden und nach § 5 Abs. 1, Abs. 4 VOB/B i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B Grundlage für eine Auftragsentziehung sein, wenn mit der Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Zwischenfristen insoweit Verzug eingetreten ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 10 U 294/19; Urteil vom 1. Dezember 2020 – 10 U 124/20; Rast in BeckOGK, Stand: 01.01.2024, § 637 Rn. 307 ff.).

Vorliegend sind in Nr. 9 des Nachunternehmervertrags durch Ankreuzen verschiedene als “Vertragsfristen/-termine” bezeichnete Termine aufgeführt. Bei Montagebeginn heißt es dort: “ab sofort”, bei Montageende: “08.10.2018”. Ferner ist für die “Übergabe der Zeichnungen” angegeben: “Ende Oktober 2017”, bei “Lieferung” heißt es “gem. Beschreibung im LV”. Schließlich bestand nach Nr. 9 des Vertrags die Verpflichtung des Nachunternehmers, dem Auftragnehmer jeweils zum 30. eines jeden Monats detaillierte Fortschrittsberichte über die Leistungen zuzustellen.

Grundsätzlich ist aufgrund des Wortlauts von Nr. 9 des Vertrags davon auszugehen, dass es sich bei den dort genannten Terminen um Vertragsfristen im Sinne von § 5 Abs. 1 VOB/B handelt. Dies gilt jedenfalls bezüglich der Vereinbarung für den Montagebeginn, das Montageende, den Endtermin (8. Oktober 2018), die Gesamtfertigstellung (ebenfalls 8. Oktober 2018), aber auch für die Übergabe der Zeichnungen Ende Oktober 2017, also bis spätestens 31. Oktober 2017.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Regelung in Nr. 9 des Vertrags nicht wegen AGB-Widrigkeit unwirksam.

Soweit hinsichtlich der ersten beiden angekreuzten Punkte “nach Terminplan, wird in Abstimmung mit Korrosionsschützer noch erstellt” sowie “Terminplan wird noch vereinbart” tatsächlich eine Unbestimmtheit vorliegt, weil insoweit gerade keine konkreten Fristen oder Termine genannt sind, sondern lediglich auf noch zu treffende Vereinbarungen verwiesen wird, ändert dies nichts an der hinreichenden Bestimmtheit der in den weiteren Punkten ausdrücklich genannten Termine. Soweit ein Termin nicht mit Tag, Monat und Jahr bezeichnet ist, sondern lediglich mit Monat und Jahr, wie beispielsweise “09/2018”, ist dies auch ein hinreichend bestimmter Termin, da die Angabe “09/2018” gleichbedeutend ist mit der Fristangabe “September 2018”. Damit ist besagt, dass die Frist bis Ende des Monats September 2018 läuft, mithin bis zum Ablauf des 30. September 2018.

(2) Wie bereits dargelegt, stützt die Klägerin die Auftragsentziehung in dem Schreiben vom 12. März 2019 darauf, dass die “Übergabe vertraglich geschuldeter Unterlagen” trotz mehrerer Aufforderungen und Mahnungen und Kündigungsandrohung nicht erfolgt ist.

Welche Zeichnungen bis Ende Oktober 2017 zu übergeben waren, wird in Nr. 9 des Vertrags nicht definiert. Allerdings ergibt sich aus der Auslegung des Vertrages, dass damit zumindest die auftragnehmerseits geschuldeten Planzeichnungen gemeint sind.

Allerdings wurde der Vertrag erst am 8. November 2017 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war der Zeitpunkt “Ende Oktober 2017” bereits verstrichen. Hinsichtlich der Pflicht zur “Übergabe der Zeichnungen” liegt daher keine wirksame Vereinbarung einer Vertragsfrist vor.

d) Die Klägerin war allerdings nach den Grundsätzen über die Zulässigkeit einer sonstigen außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt, den Nachunternehmervertrag zu kündigen (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 1. Dezember 2020 – 10 U 124/20). Auch aus diesem Grund bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage der AGB-rechtlichen Wirksamkeit von §§ 5 Abs. 3 i.V.m. 8 Abs. 3 S. 1 VOB/B.

aa) Wenn bei einem VOB/B-Vertrag der Regelungsbereich der Kündigungsgründe nach VOB/B nicht tangiert ist, ist der Auftraggeber bei Vorliegen eines sonstigen wichtigen Grundes berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen. Voraussetzung ist, dass durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder der Vertragszweck so gefährdet ist, dass es dem vertragstreuen Vertragspartner nicht zumutbar ist, den Vertrag fortzusetzen. Auch wenn die rechtliche Herleitung dieses Kündigungsrechts früher nicht einheitlich beurteilt wurde, steht die Existenz dieses außerordentlichen Kündigungsrechts außer Frage (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2016 – VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1, Rn. 40 m.w.N.; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2011 – 21 U 111/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 – 21 U 136/14; OLG Jena, Urteil vom 3. Februar 2016 – 2 U 602/13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15; Urteil vom 19. September 2017 – 10 U 48/15; Joussen/Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 21. Aufl., § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 19; Kober in BeckOGK, Stand: 1.1.2024, § 634 BGB Rn. 835; Busche in MünchKomm-BGB, 9. Aufl., § 648a Rn. 24; Brüninghaus in BeckOK VOB, Stand: 31.1.2023, § 8 Abs. 3 Rn. 5) und findet sich mittlerweile in § 648a BGB n.F.

Zur fristlosen Kündigung des Vertrags kann vor allem eine schuldhaft begangene Vertragsverletzung des Vertragspartners berechtigen. Unerheblich ist dabei, ob es sich um die Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht handelt. Auch Nebenpflichten können für den vereinbarten Vertragszweck von erheblicher Bedeutung sein, soweit das Verhalten des Auftragnehmers hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95). In Fällen einer schwerwiegenden Vertragsverletzung ist eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung grundsätzlich nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95). Ob ein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben ist, ist nach Lage des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei sind für die konkrete vertragliche Situation das Interesse des einen Vertragspartners an der Lösung vom Vertrag und das des anderen an dessen Weiterbestand umfassend gegeneinander abzuwägen (BGH, Urteil vom 2. September 1999 – VII ZR 225/98). Allerdings dürfen die Schutzmechanismen der §§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 7 und 4 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B nicht durch eine außerordentliche Kündigung umgangen werden. Stützt sich der Vertrauensverlust des Auftraggebers auf mangelhafte oder zögerliche Arbeiten des Auftragnehmers, hat der Kündigung deshalb grundsätzlich eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung vorauszugehen. Entbehrlich ist sie nach allgemeinen Grundsätzen nur, wenn sie eine reine Förmelei wäre (OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15; Urteil vom 19. September 2017 – 10 U 48/15; Kober in BeckOGK, Stand: 1.1.2024, § 634 BGB Rn. 835).

Darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung des Bauvertrags ergibt, ist derjenige, der daraus günstige Umstände ableitet, hier also die Klägerin.

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Klägerin vorliegend berechtigt, das Vertragsverhältnis mit dem Beklagten 1 am 12. März 2019 zu kündigen. Es liegt zwar kein Fall der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung vor (dazu sogleich unter (1). Der Beklagte 1 hat aber schwerwiegend gegen die bauvertragliche Kooperationspflicht verstoßen (dazu unter (2).

(1) Der Beklagte 1 hat sich zu keinem Zeitpunkt endgültig geweigert, die von ihm zu erbringenden Leistungen auszuführen.

(2) Allerdings liegt eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht, aus der sich die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung ergibt, in der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen vor (vgl. bspw. OLG Frankfurt, Urteil vom 21. September 2011 – 1 U 154/10; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2011 – 21 U 111/10; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15 m.w.N.).

Die Vertragsparteien eines VOB/B-Vertrags sind während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Aus dem Kooperationsverhältnis ergeben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information. Die Kooperationspflichten sollen unter anderem gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrages an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden. Ihren Ausdruck haben sie in der VOB/B insbesondere in den Regelungen des § 2 Abs. 5 und Abs. 6 gefunden. Danach soll über eine Vergütung für geänderte oder zusätzliche Leistungen eine Einigung vor der Ausführung getroffen werden. Diese Regelungen sollen die Parteien anhalten, die kritischen Vergütungsfragen frühzeitig und einvernehmlich zu lösen und dadurch spätere Konflikte zu vermeiden (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 393/98, BGHZ 143, 89).

Ein solcher Fall war vorliegend gegeben.

(a) Die Beklagtenseite schuldete die Erstellung und Übergabe von Planzeichnungen hinsichtlich der von ihr auszuführenden Leistungen.

Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Vertragsgrundlagen sind nach Nr. 1 des Vertrags unter anderem die “Baubeschreibung BAB A ###” und das “Leistungsverzeichnis OZ: 05., ausgenommen 05.05.”

Die Baubeschreibung ist von der Klägerin als Anlage K 14 vorgelegt worden. Dabei handelt es sich um eine 47 Seiten umfassende Unterlage der Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg mit Stand vom 10. April 2017. Mit E-Mail vom 29. Mai 2017, also bereits Monate vor Vertragsschluss, bedankte sich der Beklagte 1, der insoweit als Betriebsleiter des Betriebs, dessen Inhaberin die Beklagte 2 sei, handelte, bei der Klägerin für die “Zusendung der jetzigen Baubeschreibung”. Bei der Beklagtenseite als einem in Bauangelegenheiten erfahrenen Unternehmen ist davon auszugehen, dass mit der Bezeichnung einer Unterlage als “Baubeschreibung” auch tatsächlich die Baubeschreibung und nicht das Leistungsverzeichnis oder eine sonstige Unterlage gemeint ist. Der Unterschied zwischen einer Baubeschreibung und einem Leistungsverzeichnis ist den am Bau tätigen Unternehmen und Personen grundsätzlich bekannt. Es ist also davon auszugehen, dass die Beklagtenseite die Baubeschreibung bereits spätestens Ende Mai 2017 vorliegen hatte, also zu einem Zeitpunkt, der deutlich vor Abschluss des streitgegenständlichen Nachunternehmervertrags lag. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite damals eine andere Baubeschreibung erhalten hatte. Der Beklagtenseite hätte es jedenfalls im Rahmen einer sekundären Darlegungslast oblegen, konkret darzulegen, welche sonstigen Unterlagen sie damals erhalten hatte und für deren Erhalt sie sich bedankt hat.

Die Baubeschreibung enthält Ausführungen zur Elektroinstallation unter anderem in den Abschnitten 1.2.5 sowie 3.5.4. Der Abschnitt 4 der Baubeschreibung betrifft die Ausführungsunterlagen. Die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Unterlagen bezüglich der Elektroinstallation werden unter Nr. 3 im Unterabschnitt 4.1.1.1 aufgeführt. Der Unterabschnitt 4.2 betrifft vom Auftragnehmer zu erstellende bzw. zu beschaffende Ausführungsunterlagen. In 4.2.5 heißt es unter anderem:

“Der AN erstellt die gesamte Werkstatt- und Montageplanung sowie die Ausführungsplanung für alle Baubehelfe, Bauzustände, Stahlbau, Korrosionsschutz und Elektroinstallation. Die Technische Bearbeitung und Bauausführung erfolgt auf der Grundlage der gültigen technischen Regelwerke. Sie sind mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf für die Prüfung und für ggf. notwendige Ergänzungen und Änderungen des AGs bzw. des beauftragten Prüfingenieurs einzureichen. …”

Im weiteren Verlauf wird aufgelistet, welche Ausführungsunterlagen im Detail zu liefern sind (Baubeschreibung Seite 38 f.). Dabei werden in einer eigenen Auflistung die “Ausführungsunterlagen – Elektroinstallation” aufgeführt, so Selektivitäts-, Last- und Kurzschlussberechnung aller Anlagenteile und jedes Abgangs, Grundrissplan, Übersichtsplan mit Angabe aller vermassten Trassen und deren Belegungsgrad, Übersichtsplan mit Angabe aller Verkabelungen, Kabelpläne für alle Anlagenteile mit Darstellung sämtlicher Komponenten, Funktions- und Übersichtsplan für jeden Anlagenteil, Technische Datenblätter, Installations- und Bedienhandbücher, Konformitätsbescheinigungen, Bedienungsanleitungen, Gerätebeschreibungen und Gerätehandbücher, Wartungsanweisungen, Parametrier- und Einstelllisten für Zeitrelais, Vorlage einer Fabrikatsliste, Funktionsbeschreibungen, Betriebsanleitung, technische Datenblätter, statische Nachweise.

Der Auftragnehmer, zunächst also die Klägerin als (Haupt-)Auftragnehmerin, hatte demnach eine vollständige Werkstatt- und Montageplanung sowie die Ausführungsplanung zu liefern. Nach der bereits zitierten Regelung in Nr. 1 des Vertrags ist die Baubeschreibung im Rahmen des streitgegenständlichen Nachunternehmervertrags so zu lesen, dass die hiesige Nachunternehmerin an die Stelle der dortigen Auftragnehmerin getreten ist.

Mit der “Ausführung von Titel 05 Betriebstechnik” wurde die Beklagtenseite in dem streitgegenständlichen Nachunternehmervertrag beauftragt. Ausdrücklich heißt es in Nr. 2 des Vertrages, es erfolge insoweit die Beauftragung “mit der vollständigen Erstellung der in sämtlichen Vertragsunterlagen beschriebenen Leistung”. Weiter heißt es dort:

“Hierzu gehören auch alle Leistungen und die Erfüllung von Mitwirkungspflichten, die in den Vertragsunterlagen, insbesondere in der Baubeschreibung enthalten ist, soweit sie auch für die Ausführung des Gewerkes relevant sind.”

Aufgrund der mehrfachen Bezugnahme auf die Baubeschreibung bzw. die in der Baubeschreibung enthaltene Leistungsbeschreibung kann deshalb kein Zweifel daran bestehen, dass die Klägerin die Beklagtenseite im Nachunternehmervertrag mit der Erbringung sämtlicher die Elektroinstallation betreffenden Leistungen beauftragt hat, die die Klägerin selber im Rahmen ihres Hauptauftrags gegenüber ihrer Auftraggeberin zu erbringen hatte. Dazu gehört also auch die gesamte Werkstatt- und Montageplanung, soweit es die Elektroinstallation betrifft. Dies ergibt sich im Übrigen aus dem von der Beklagtenseite bepreisten LV. Dort findet sich die Position 05.10.0006 “Montage- und Werkstattplanung”. Der Untertitel 05.10. wird in Nr. 2 des Vertrages ausdrücklich genannt.

(b) Die Beklagtenseite hat allerdings diese bestehende vertragliche Verpflichtung durchgängig, ernsthaft und beharrlich in Abrede gestellt.

Die Klägerin hat die Beklagtenseite bereits spätestens Ende April 2018 zur Einreichung der vom RP als fehlend bemängelten Unterlagen der Elektroplanung aufgefordert.

Mit Schreiben vom 12. Juni 2018 setzte die Klägerin der Beklagtenseite eine Nachfrist bis zum 20. Juni 2018 zur Übergabe der korrekten Elektroplanung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite daraufhin dieser Aufforderung nachgekommen ist und der Klägerin die Elektroplanung vorgelegt hat. Die Klägerseite bemängelte mit E-Mail vom 20. September 2018 erneut, dass unter anderem die Elektroplanung nicht vorliege, und setzte der Beklagtenseite eine Frist bis zum 25. September 2018. Gleichwohl kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagtenseite darauf dergestalt reagierte, dass die Elektroplanung vorgelegt wurde. Vielmehr legte die Beklagtenseite Ende Oktober 2018 eine erste Abschlagsrechnung sowie das Nachtragsangebot Nr. 1 vor. Die Klägerin bemängelte hierauf mit Schreiben vom 22. November 2018 abermals, trotz mehrfacher Aufforderung seien die fälligen Leistungen noch nicht erbracht worden. Erneut, diesmal mit Fristsetzung auf den 26. November 2018, wurde die Beklagtenseite aufgefordert, bis spätestens 25. November 2018 die freigegebene Elektroplanung vorzulegen, ferner rückwirkend für die vergangenen Monate die monatlichen detaillierten Fortschrittsberichte sowie einen fortgeschriebenen Bauzeitenplan. Ein weiterer deutlicher Hinweis der Klägerin an die Beklagtenseite auf die Notwendigkeit einer freigegebenen Elektroplanung ergibt sich aus dem Schreiben vom 17. Dezember 2018 und dem Anwaltsschreiben vom 20. Dezember 2018, das eine erneute Fristsetzung bis zum 29. Januar 2019 enthielt. Hierauf teilte die Beklagtenseite mit Anwaltsschreiben vom 29. Januar 2019 mit, dem Nachunternehmervertrag sei nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Beklagtenseite die unter 4.2.5 der Baubeschreibung genannten Ausführungsunterlagen zu stellen habe. Es werde um Klarstellung gebeten, ob mit der verlangten Elektroplanung die Ausführungsplanung nach 4.2.5 der Baubeschreibung gemeint sei. Zugleich wurde mitgeteilt, dass dem RP Bauwerkspläne zur Prüfung und Freigabe vorgelegt worden seien, sowie welche Pläne bereits freigegeben seien und welche Pläne nach Überarbeitung freigegeben würden. Die Klägerin setzte daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 13. Februar 2019 eine Nachfrist bis zum 18. Februar 2019 zur Übergabe der bereits mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 verlangten Unterlagen. Zugleich wurde angekündigt, der Vertrag werde gekündigt, wenn die Unterlagen auch dann nicht vollständig vorliegen sollten. Hierauf reagierte die Beklagtenseite mit Anwaltsschreiben vom 18. Februar 2019, in welchem erklärt wurde, die Erstellung und Übergabe der Planunterlagen werde zum Zeitpunkt der Abnahme geschuldet. Mangels Fälligkeit liege daher kein Verzug vor.

(c) Da die Nachunternehmerin aus den bereits dargelegten Gründen die Elektroplanung, also die Werkstatt- und Montageplanung sowie die Ausführungsplanung, schuldete – und zwar nicht erst bei der Abnahme, sondern bereits vor Beginn der Elektroinstallationsarbeiten -, dieser Verpflichtung aber trotz zahlreicher Aufforderungen der Klägerin nicht nachgekommen ist, sondern vielmehr eine Verpflichtung entweder vollständig in Abrede stellte oder die unzutreffende Auffassung vertrat, diese Leistungen seien erst zum Zeitpunkt der Abnahme fällig, hat die Beklagtenseite beharrlich gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstoßen und damit eine erhebliche Verzögerung der Elektroinstallationsarbeiten verursacht.

Das Verhalten der Beklagtenseite stellte eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht dar und berechtigte die Klägerin zur außerordentlichen Kündigung des Nachunternehmervertrags. Die Beklagtenseite hätte die geschuldeten Planungsleistungen schon lange erbringen müssen. Selbst wenn sie zunächst – zu Unrecht – der Auffassung gewesen sein sollte, diese Planungsleistungen nicht erbringen zu müssen, hätte sie spätestens, nachdem sie von der Klägerin aufgefordert wurde, die Elektroplanung vorzulegen, dieser Aufforderung zeitnah nachkommen müssen.

Durch das Verhalten der Beklagtenseite wurde das Vertrauensverhältnis der Parteien so beschädigt, dass der Klägerin eine Fortführung der vertraglichen Beziehung nicht zuzumuten war. Aufgrund des Verhaltens der Beklagtenseite bestanden erhebliche Zweifel an ihrer Leistungswilligkeit und Leistungsfähigkeit.

cc) Das Kündigungsrecht der Klägerin ist nicht entfallen, weil der Beklagte 1 seinen vertraglichen Verpflichtungen, konkret der Pflicht zur Vorlage einer genehmigungsfähigen Planung, nachgekommen wäre.

Beklagtenseits wurde zwar mit der Klageerwiderung vom 29. Mai 2021 vorgetragen, der Beklagte 1 habe die “Bauwerkspläne 719 – 728” “über das Regierungspräsidium zur Prüfung und Freigabe zukommen lassen.” Im Januar 2019 seien die Pläne 719 bis 722 und 726 freigegeben worden, im Februar 2019 die Bauwerkspläne 723, 727 und 728.

Die Klägerseite hat in ihrer Replik zum einen bemängelt, dass die Beklagtenseite vorsätzlich gegen die Vertragspflicht aus Nr. 17 des Vertrags verstoßen hätte, wenn sie dem RP und nicht ihr Bauwerkspläne zukommen lasse. Zum anderen seien “solche Bauwerkspläne” – wobei ersichtlich die in der Klageerwiderung aufgeführten Pläne gemeint sind – in dem Aufforderungsschreiben vom 20. Dezember 2018 nicht aufgeführt.

Tatsächlich lässt sich dem Vorbringen der Beklagtenseite nicht entnehmen, was es mit den von ihr so bezeichneten Bauwerksplänen 719 bis 728 auf sich hat. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagtenseite damit ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin zur Erbringung einer genehmigungsfähigen Planung für die untervergebenen Elektroarbeiten erfüllt hat. Es fehlt somit bereits an einem erheblichen Vortrag der Beklagtenseite hinsichtlich der vollständigen oder teilweisen Erbringung der geschuldeten Planungsleistungen.

dd) Nicht berechtigt ist auch der Einwand der Beklagtenseite, die Klägerin habe sich ihrerseits in Verzug befunden. Es ist zum einen bereits nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite wegen fehlender erforderlicher Vorleistungen der Klägerin bzw. der Hauptauftraggeberin eine Behinderungsanzeige gestellt hätte. Es ist zum anderen auch nicht ersichtlich, welche Vorleistungen insoweit gefehlt haben sollten. Schließlich fehlt es an einer (substantiierten) Darlegung, dass die Klägerin mit der Erbringung von konkreten Vorleistungen in Verzug geraten ist.

(1) Bereits mit E-Mail vom 26. April 2018 teilte das RP der Klägerin im Rahmen der Vorprüfung der Elektroplanung mit, die eingereichten Planunterlagen seien geprüft worden. Sie entsprächen dem Stand der Ausschreibung. Allerdings werden sodann die fehlenden Unterlagen “gemäß Baubeschreibung A. 4.2.1” aufgelistet. Danach fehlten unter anderem:

– Übersichtspläne für jeden Anlagenteil/Teillos/Gewerk getrennt, versehen mit allen technischen Details,

– Stromlaufpläne,

– Schaltpläne,

– Klemmenpläne,

– Geräteablaufpläne/Schaltschrankansichten

Weiter heißt es, dass grundsätzlich Ausführungspläne im Maßstab 1:50 zur Prüfung einzureichen sind. Ferner enthält die E-Mail Ausführungen zum Inhalt der Unterlagen der Werkstatt- und Montageplanung mit einer umfangreichen Auflistung der erforderlichen Pläne und Zeichnungen. Die E-Mail endet mit der Bitte, die geforderten Unterlagen vollständig und zusammenhängend einzureichen.

Noch am selben Tag, also am 26. April 2018, leitete die Klägerin die E-Mail an den Beklagten 1 weiter mit der Bitte, die geforderten Unterlagen vollständig und wie beschrieben bei der Klägerin einzureichen, so dass diese weitergegeben werden können.

Offensichtlich lagen also am 26. April 2018, also ein knappes halbes Jahr nach Vertragsschluss, die von der Beklagtenseite zu erstellenden Planungsunterlagen nur teilweise vor.

Entgegen der von der Beklagtenseite bereits vorprozessual mit Anwaltsschriftsatz vom 18. Februar 2019 geäußerten Ansicht war die Erstellung und Übergabe der Planunterlagen nicht erst mit der Abnahme fällig. Das Gegenteil ergibt sich nicht nur aus der vertraglichen Regelung in Nr. 9 des Nachunternehmervertrags sowie der Position 05.10.0006 (“Montage- u. Werkstattplanung”) in dem LV, sondern auch aus dem zwangsläufigen Ablauf eines Bauvorhabens: Die Planungsunterlagen, also auch die Planzeichnungen, müssen vor der Ausführung erstellt werden. Der Auftragnehmer muss die Werkstatt- und Montageplanung, soweit von ihm geschuldet, vor Beginn der eigentlichen Leistungsausführung erstellen und dem Auftraggeber zur Freigabe vorlegen.

Mit E-Mail vom 20. September 2018 bemängelte die Klägerin gegenüber den Beklagten, es seien bereits wieder zwei Monate vergangen, ohne dass sie irgendetwas von der Beklagtenseite erhalten habe. Bemängelt wurde die fehlende Vorlage von Schadensaufnahme, Elektroplanung sowie monatlichem Leistungsbericht. Die Klägerin forderte die Beklagtenseite auf, die Unterlagen bis 25. September 2018 zu übergeben.

Vom 22. November 2018 datiert eine weitere Mahnung und Fristsetzung der Klägerin an die Beklagtenseite. Diese wurde aufgefordert, bis spätestens 26. November 2018 die freigegebene Elektroplanung, detaillierte Fortschrittsberichte rückwirkend für die vergangenen Monate sowie einen fortgeschriebenen Bauzeitenplan vorzulegen.

Ein weiteres Mahnschreiben mit Androhung der Auftragsentziehung an die Beklagtenseite stammt schließlich vom Klägervertreter und erfolgte am 20. Dezember 2018. Darin wird unter Nr. 5 ausgeführt, dass die Beklagtenseite nach Ziff. 4.2.5 der Baubeschreibung verpflichtet sei, eine Elektroplanung vorzulegen. Ohne freigegebene Elektroplanung dürfe die Beklagtenseite keine Arbeiten ausführen. Die zunächst übergebene Elektroplanung sei von dem Bauherrn nicht akzeptiert worden. Unter Nr. 9 des Schreibens wurde der Beklagtenseite eine Frist bis zum 29. Januar 2019 zur Übergabe der Elektroplanung, der monatlich detaillierten Fortschrittsberichte und eines fortgeschriebenen Bauzeitenplanes gesetzt. Zugleich wurde angekündigt, dass die Klägerin nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Nachunternehmervertrag kündigen werde.

(2) Eine Auftragsentziehung käme nicht in Betracht, wenn die Beklagtenseite sich nicht mit der Erbringung der geschuldeten Planungsleistungen in Verzug befunden hätte, weil sie ihrerseits berechtigt gewesen wäre, die Leistung zu verweigern.

Die Beklagtenseite war aber nicht zur Leistungsverweigerung berechtigt. Insbesondere ergab sich ein solches Recht nicht aus der Nichtbezahlung der überarbeiteten 1. Abschlagsrechnung der Beklagten.

(2.1.) Die erste Fassung der 1. Abschlagsrechnung der Beklagtenseite datiert vom 30. Oktober 2018. Die überarbeitete 1. Abschlagsrechnung stammt vom 3. Dezember 2018 und endet mit einer Gesamtforderung von 31.852,42 Euro netto.

(2.2.) In Nr. 7 des Nachunternehmervertrags wird für die Zahlungen mit Modifikationen auf § 16 VOB/B verwiesen. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B sind Abschlagszahlungen auf Antrag in möglichst kurzen Zeitabständen oder zu den vereinbarten Zeitpunkten zu gewähren, und zwar in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich Umsatzsteuer. Die Leistungen sind durch eine prüfbare Aufstellung nachzuweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss.

(2.3.) Die Klägerin bemängelte in einer E-Mail bezüglich der Abschlagsrechnung vom 30. Oktober 2018, dass diese ohne prüfbares Aufmaß nicht geprüft und beglichen werden könne. Die als Aufmaß bezeichneten Unterlagen genügten den Anforderungen nicht. Anhand des Aufmaßes müsse es möglich sein nachzuvollziehen, wieviel von welcher Art wo verbaut worden sei. Dies sei den Unterlagen nicht zu entnehmen.

Die Beklagtenseite legte daraufhin eine überarbeitete Abschlagsrechnung mit Datum vom 3. Dezember 2018 vor. Insoweit bemängelte die Klägerin mit Schreiben vom 17. Dezember 2018, diese Abschlagsrechnung sei ebenfalls nicht prüfbar. Zur Rechnungsprüfung werde die vom Auftraggeber freigegebene Elektroplanung benötigt, ferner Bautagesberichte und der monatliche Fortschrittsbericht.

(2.4.) Soweit in § 16 Abs. 1 S. 2 VOB/B der Nachweis der Leistungen durch eine prüfbare Aufstellung verlangt wird, setzt dies voraus, dass eine prüfbare Abrechnung mit Sinne des § 14 Abs. 1 und 2 VOB/B vorgelegt wird, wobei allerdings die Aufstellung lediglich eine überschlägige Prüfung ermöglichen muss. Der Auftraggeber muss schnell und sicher nachprüfen können, welche Leistungen erbracht worden sind und welcher Vergütungsanteil hierauf entfällt (Kandel in BeckOK VOB/B, Stand: 30.4.2023, § 16 Abs. 1 VOB/B Rn. 28). Beim Einheitspreisvertrag kann eine nachvollziehbare Abrechnung auf Grundlage der entsprechenden Leistungsverzeichnisse sowie Aufmaßunterlagen erstellt werden. Die dabei einzuhaltende Genauigkeit der Aufstellung ist davon abhängig, in welchem Umfang der Auftraggeber zur überschlägigen Ermittlung der auf die erbrachten Leistungsteile entfallenden Vergütungsteile angewiesen ist (Kandel a.a.O. Rn. 29). Soweit es, beispielsweise bei Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 5 oder Abs. 6 VOB/B, an einer ausdrücklichen Vergütungsvereinbarung fehlt, sind auch die Preisermittlungsgrundlagen offenzulegen (Kandel a.a.O. Rn. 29).

(2.5.) Gemessen an diesen Vorgaben genügte die von der Beklagtenseite überarbeitete Abschlagsrechnung nicht, um die Fälligkeit der geltend gemachten Abschlagsforderung herbeizuführen.

Die überarbeitete Abschlagsrechnung vom 3. Dezember 2018 besteht aus einer neun Seiten umfassenden Rechnung, in welcher die einzelnen Positionen nach Titel und Einzelbezeichnung mit Angabe von Menge, Einheitspreis und Summe aufgeführt sind. Beigefügt ist eine dreiseitige “Aufmaßliste”. Mit der Abschlagsrechnung wird Vergütung für Leistungen aus den Titeln 05.00, 05.01, 05.02, 05.03, 05.04, 05.07 und 05.08 in Höhe von insgesamt 31.852,42 Euro geltend gemacht. In der beigefügten Aufmaßliste werden die jeweiligen Einzelpositionen aufgeführt. Ferner finden sich dort nähere Erläuterungen mit Angaben zu Mengen bzw. Massen.

Die Klägerin sandte diese Abschlagsrechnung mit Anschreiben vom 17. Dezember 2018 als nicht prüfbar zurück. Sie teilte mit, es werde zur Rechnungsprüfung die vom Auftraggeber freigegebene Elektroplanung benötigt. Ferner seien die Bautagesberichte und der monatliche Fortschrittsbericht geschuldet. Ohne Vorlage dieser Unterlagen sei die Prüfung der Abschlagsrechnung nicht möglich.

Wie bereits dargelegt wurde, schuldete die Beklagtenseite die gesamte Werkstatt- und Montageplanung sowie die Ausführungsplanung. Die Pläne mussten geprüft und freigegeben werden. Der Ablauf ergibt sich aus den Ausführungen unter 4.2.5 der Baubeschreibung. Danach besteht der “Planlauf” aus einem Vorprüflauf und einem Hauptprüflauf. Im Einzelnen ist dort aufgeführt, welche Ausführungsunterlagen bezüglich der Elektroinstallation geschuldet sind. Vor Freigabe der von der Auftragnehmerseite, hier also der Nachunternehmerseite, zu erbringenden Planung durfte nicht mit der Ausführung der eigentlichen Elektroinstallationsarbeiten begonnen werden. Dementsprechend konnte auch eine Abschlagsforderung wie hier mit der überarbeiteten Abschlagsrechnung vom 3. Dezember 2018 verlangt, nur entstehen, wenn die Planung zumindest für die abgerechneten Arbeiten bereits erbracht und freigegeben war. Dass dies der Fall war, lässt sich der Abschlagsrechnung nicht entnehmen. Die überarbeitete 1. Abschlagsrechnung der Beklagtenseite vom 3. Dezember 2018 hat daher nicht zur Fälligkeit der Abschlagsforderung geführt. Dementsprechend war die Beklagtenseite nicht berechtigt, wegen der Nichtbezahlung der Abschlagsrechnung ihrerseits die Leistungen zu verweigern.

ee) Das Kündigungsrecht der Klägerin war bei Ausspruch der Kündigung nicht verwirkt.

ff) Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Klägerin den Nachunternehmervertrag wirksam am 12. März 2019 gekündigt hat.

e) Als Folge der berechtigten fristlosen Kündigung des Nachunternehmervertrags durch die Klägerin hat sie gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 S. 1 BGB Anspruch auf Ersatz des Schadens in Form der Mehrkosten für die Fertigstellung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2019 – VII ZR 1/19, BGHZ 223, 260, Rn. 30; s.a. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 – VII ZR 197/03, BGHZ 163, 274).

Das für den Schadensersatzanspruch erforderliche Verschulden des Beklagten 1 liegt vor. Das Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Der Beklagte 1 hat sich nicht entlastet.

f) Aufgrund der wirksamen Kündigung des Nachunternehmervertrags war die Klägerin daher berechtigt, die vertraglich geschuldeten Leistungen durch eine andere Firma ausführen zu lassen. Der Beklagte 1 hat die dadurch entstandenen Mehrkosten zu erstatten.

Die Klägerin beziffert die Fertigstellungsmehrkosten auf Grundlage der von der Fa. Elektro ### GmbH in Rechnung gestellten Kosten mit 106.384,09 Euro. Daneben verlangt sie mit dem Klageantrag Ziff. 1 noch zum einen die Erstattung von eigenem Aufwand, den sie mit 1.665,00 Euro beziffert, sowie Bürgschaftskosten in Höhe von 4.605,15 Euro.

Die Klägerin hat nur Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten in Höhe von 81.381,19 Euro. Hinzu kommt der Anspruch auf Bürgschaftskosten in Höhe von 4.605,15 Euro.

aa) Hinsichtlich der Höhe des der Auftraggeberin von der Auftragnehmerseite zustehenden Schadensersatzanspruchs nach einer berechtigten Kündigung der Auftraggeberin gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B oder nach einer Kündigung aus wichtigem Grund (jetzt § 648a BGB n.F.) wegen der für die Fertigstellung entstehenden Mehrkosten gilt, dass die Auftraggeberin Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hat, also derjenigen Aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender Bauherr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, ggf. aufgrund sachkundiger Beratung für eine vertretbare, d. h. geeignete und erfolgversprechende Maßnahme erbringen konnte und musste. Die Auftraggeberin ist dabei nicht verpflichtet, eine umfangreiche Marktforschung zu betreiben. Sie darf grundsätzlich den sichersten Weg zur Mangelbeseitigung wählen und muss nicht den billigsten Bieter beauftragen. Die Auftraggeberin ist nach § 254 BGB verpflichtet, die Nachbesserungskosten in angemessenen Grenzen zu halten. Im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB ist der Einwand des Auftragnehmers zu prüfen, die Auftragnehmerin habe einen unnötig teuren Unternehmer ausgewählt (vgl. Brüninghaus in BeckOK VOB/B, Stand: 1.2.2024, § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 25).

bb) Die Klägerin geht bei der Berechnung der Ersatzvornahmekosten von der Schlussrechnung der Fa. Elektro ### GmbH vom 31. August 2020 aus, die auf einen Gesamtbetrag von netto 519.000,02 Euro lautet.

Die Klägerin hat mit der Fa. ### am 2./4. April 2019 den als Anlage K 19 vorgelegten Nachunternehmervertrag geschlossen. Grundlage war nach Nr. 1 dieses Vertrags ein Angebot der Fa. ### vom 30. März 2019.

Das Zustandekommen dieses Vertrags ergibt sich aus der Anlage K 19. Dabei handelt es sich nicht lediglich um einen Entwurf. Der Vertrag ist vielmehr auf der 11. Seite von den Vertragsparteien unterzeichnet worden. Ein etwaiges Bestreiten einer Beauftragung der Fa. ### ist daher unbeachtlich. Der Gegenstand dieses Nachunternehmervertrags entspricht nach Nr. 2 des Vertrags demjenigen des streitgegenständlichen Vertrags vom 8. November 2017. Zwar ist in dem Vertrag mit der Fa. ### zunächst der Untertitel 05.05. aufgeführt; wenige Zeilen danach heißt es aber – ebenso wie im streitgegenständlichen Vertrag -, dass “05.05. Schlosserarbeiten” von der Klägerin gefertigt werden.

Die Fa. ### stellte der Klägerin am 31. August 2020 eine Schlussrechnung. Diese endet mit einem Nettogesamtbetrag von 519.000,92 Euro. Die Klägerin hat ausweislich ihrer Schlussrechnungsprüfung kleinere Mengen- und Stundenkürzungen in Höhe von 1.466,78 Euro vorgenommen. Nach der Kostenermittlung, welche die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 20. März 2021 der Beklagtenseite übermittelte, sollen sich die Mehrkosten für die Ersatzvornahme auf 106.384,09 Euro belaufen.

Bei dieser Kostenermittlung handelt es sich um eine tabellarische Aufstellung, in welcher für die einzelnen LV-Positionen die von der Fa. ### abgerechneten Kosten, erläutert nach Menge bzw. Masse, Einheitspreis und Summe, den Kosten gegenübergestellt werden, die sich bei einer Abrechnung gemäß dem streitgegenständlichen Nachunternehmervertrag ergeben hätten. Die von der Fa. ### zugrunde gelegten Einheitspreise liegen teilweise über den Einheitspreisen, die von der Klägerin mit der Beklagtenseite vereinbart wurden, teilweise sogar deutlich, teilweise liegen die Einheitspreise der Fa. ### aber auch unter den mit der Beklagtenseite vereinbarten Einheitspreisen.

Die Rechnung der Fa. ### enthält auch diverse Nachtragspositionen, gekennzeichnet mit dem Zusatz “NA”. In der tabellarischen Gegenüberstellung der Klägerseite wird insoweit aber nur dann ein Differenzbetrag (zulasten oder zugunsten der Beklagtenseite) angesetzt, wenn es sich um Nachtragspositionen handelt, die auf Vertragspositionen aufbauen.

cc) Ausgehend von den unter aa) dargelegten Grundsätzen ist für die Annahme eines Verstoßes der Klägerin gegen die Schadensminderungspflicht kein Raum. Die Fertigstellungskosten durch die Fa. Elektro ### GmbH sind angemessen und ortsüblich. Die Beklagtenseite kann daher nicht mit dem Einwand gehört werden, die von der Fa. Elektro ### GmbH angebotenen und abgerechneten Kosten seien überhöht, jedenfalls nicht im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen. Soweit einige Einzelpreise als nicht mehr ortsüblich und angemessen angesehen werden könnten, ändert dies gleichwohl nichts an dem Ergebnis, dass die Schlussrechnung der Fa. ### insgesamt nicht überzogen ist, sondern sich im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen bewegt.

Die Beklagtenseite hat als Anlage B 18 eine tabellarische Aufstellung vorgelegt, aus der sich überhöhte Preise der Fa. Elektro ### GmbH ergeben sollen. Die Aufstellung betrifft 22 Positionen. Die Schlussrechnung der Fa. Elektro ### GmbH enthält ein Mehrfaches an Einzelpositionen. Bereits dies deutet darauf hin, dass die Beklagtenseite offensichtlich bei den meisten der von der Fa. ### abgerechneten Einzelpositionen keine überhöhten Einheitspreise erkannt hat. In einzelnen Fällen sind diese (nicht in der Anlage B 18 genannten) Einheitspreise sogar niedriger als die ortsüblichen Preise oder niedriger als die von der Beklagtenseite angesetzten Preise. So hat die Fa. ### bei der Pos. 05.02.2007 (Satz Warn- und Hinweisschilder) 203,02 Euro (netto) abgerechnet, während die Beklagtenseite dies zu einem Einheitspreis von 306,00 Euro angeboten hatte.

Es ist aber nicht sachgerecht, von den Kosten der Fa. Elektro ### GmbH lediglich diejenigen Positionen herauszusuchen, deren Einheitspreise möglicherweise über den ortsüblichen und angemessenen Preisen liegen, wenn die Kosten sich insgesamt im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen bewegen. So ist zu konstatieren, dass beispielsweise bei den LV-Positionen 05.01.0001, 05.01.0002, 05.02.0007, 05.04.0001 05.04.0003, 05.04.0004, 05.04.0007, 05.04.0013, 0506.0009, 05.08.0008 oder 05.10.0002 die von der Beklagtenseite angebotenen Einheitspreis höher liegen als die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einheitspreise.

(1) Die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einzelpreise sind im Wesentlichen als ortsüblich und angemessen anzusehen. Dies ergibt sich aus der gutachterlichen Feststellungen des gemäß Beweisbeschluss vom 27. Januar 2022 beauftragten Sachverständigen ### in seinem schriftlichen Gutachten vom 9. Juli 2022, seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. November 2022 sowie seinen mündlichen Ausführungen bei der Anhörung am 30. März 2023.

Richtig ist zwar, dass das Gutachten vom 9. Juli 2022 sehr knapp gehalten ist. Allerdings ergibt sich aus dem Gutachten sowie der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 8. November 2022, dass der Beurteilung des Sachverständigen die Baubeschreibung, das LV und das Angebot der Beklagtenseite zugrunde lagen, ebenso das von der Beklagtenseite erstellte Aufmaß und die Aufmaßblätter. Auf dieser Grundlage haben sich für den Sachverständigen nach dessen Ausführungen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass von der Fa. ### andere zusätzliche oder geänderte Leistungen ausgeführt wurden, also solche, die der Fertigstellung der ursprünglich von der Beklagtenseite zu erbringenden Leistungen gedient haben.

Der Sachverständige führt in dem Gutachten vom 9. Juli 2022 ferner aus, die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Preise seien angemessen. Insoweit bezog er sich auf die Kalkulationshilfen 2017/18 und 2018/19 des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke ZVEH und verwies darauf, dass für Baden-Württemberg mit die höchsten Tariflöhne gelten und die hier streitgegenständlichen Arbeiten einen weitaus höheren Aufwand bzw. Schwierigkeitsgrad darstellen als beispielsweise Arbeiten in einem Wohngebäude oder einer Fabrikhalle.

Auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 8. November 2022 hat der Sachverständige bestätigt, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH abgerechneten Preise nicht überhöht sind. Dies gelte auch für die von der Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 13. Juli 2021 auf Seite 14 f. (eAkte 141 f.) genannten Positionen.

Die von der Beklagtenseite erhobenen Einwendungen gegen die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen ### führen nicht dazu, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH abgerechneten Kosten insgesamt nicht als angemessen und ortsüblich zu bewerten wären. Richtig ist lediglich, dass hinsichtlich einzelner Positionen fraglich ist, ob diese noch als angemessen und ortsüblich anzusehen sind. Dies ändert aber nichts daran, dass in der Gesamtschau der Rechnung der Fa. Elektro ### GmbH die Kosten als im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen liegend anzusehen sind. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen des Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung am 30. März 2023.

(2) Zu den im Streit stehenden Positionen im Einzelnen:

(2.1) Hinsichtlich der LV-Position 05.01.0004 (Demontage von Kabeln <= 15 mm) hatte die Beklagtenseite einen Einheitspreis von 0,43 Euro angeboten; die Fa. Elektro ### GmbH rechnet in ihrer Schlussrechnung vom 31. August 2020 mit einem Einheitspreis von 3,22 Euro ab. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung erläutert, dass die von ihm angegebene Spanne von 13,46 Euro bis 15,35 Euro sich vor allem aus den Besonderheiten des streitgegenständlichen Bauvorhabens ergibt, nämlich einem Brückenbauwerk mit einer großen Ausdehnung, sodass erhebliche Wegstrecken zurückzulegen sind, um die Arbeiten durchzuführen. Der Sachverständige verweist zudem auf die Position 11.74.75 der Kalkulationshilfe für die elektro- und informationstechnischen Handwerke. Wie sich aus den Erläuterungen in dieser Kalkulationshilfe ergibt, umfassen die dortigen Positionen 11.74.71 ff. auch das Abklemmen von Leitungszu- und -abgängen, bestehend aus dem Abklemmen und Beschriften der Leitungsenden sowie dem Isolieren und Beschriften der Leitungsenden mit Beschriftungskabelbinder. Diese Positionen unterscheiden sich von den Positionen im Abschnitt 11.71, auf welche die Beklagtenseite verweist, insoweit, als sich die Leistungen in den Positionen 11.71.01 ff. auf das Herausziehen bzw. Ausbauen der Leitungen und Kabel aus Röhren, Kanälen und Rinnen sowie dem gesammelten Lagern auf der Baustelle zum Abtransport beschränken. Nicht enthalten ist das Abklemmen sowie das Freischalten der Leitungen. Ebenso wenig ist die Demontage des Zubehörs in den Positionen 11.71.01 ff. enthalten. Nach den Erläuterungen im Leistungsverzeichnis bei Position 05.01.0004 waren vor der Demontage die entsprechenden Kabel an sämtlichen Verteilungen und Verbrauchern freizuschalten, abzuklemmen und zurückzubauen. Geschuldet war auch die fachgerechte Entsorgung der Kabel, wobei eine Wertstoffvergütung in den Einheitspreis einzurechnen war. Danach beschränkte sich die nach dieser Leistungsposition zu erbringende Tätigkeit nicht auf die reine Demontage von Kabeln. Erforderlich waren vielmehr noch darüber hinausgehende Leistungen. Selbst wenn diese nicht den Umfang haben sollten, wie derjenige Umfang, der den in der Kalkulationshilfe im Abschnitt 11.74 aufgeführten Positionen zugrunde liegt, ist jedenfalls nach den Erläuterungen des Sachverständigen nachvollziehbar, dass sich der von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Einheitspreis noch im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen bewegt. Dies gilt umso mehr, als der Sachverständige dargelegt hat, dass nach seiner Erfahrung in der Praxis bei einer solchen Position erwartet wird, dass auch das Zubehör wie Kabelschellen oder Kabelkanäle mit entfernt wird. Die Frage, ob vorliegend die Kabel gar nicht mit Kabelschellen befestigt oder in Kabelkanälen verlegt waren, weshalb hierfür kein zusätzlicher Aufwand angefallen ist, ist nachrangig. Jedenfalls ergibt sich die Unangemessenheit oder fehlende Ortsüblichkeit des von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einheitspreises nicht daraus, dass die Beklagtenseite einen deutlich niedrigeren Einheitspreis angeboten hatte. Der Sachverständige hat insoweit angegeben, dass nach seiner Einschätzung dieser von der Beklagtenseite angebotene Einheitspreis als viel zu niedrig anzusehen ist, während der Einheitspreis der Fa. Elektro ### GmbH “nicht übertrieben” ist, sondern bei der hier vorliegenden Baustelle eher im unteren Bereich liegt.

(2.2) Hinsichtlich der LV-Positionen 05.01.0005 und 05.01.0006 gilt Entsprechendes.

(2.3) Die LV-Position 05.02.0008 betrifft die Inbetriebnahme der gesamten Anlage (Energieversorgung). Der von der Fa. Elektro ### GmbH hierfür abgerechnete Preis beträgt ungefähr das 2,5-fache des von der Beklagtenseite angebotenen Preises. Auch hier ist festzustellen, dass der von der Beklagtenseite angebotene Preis nicht die Messlatte für die Frage ist, welcher Betrag hierfür ortsüblich und angemessen ist. Der Sachverständige hat erläutert, dass aus seiner Sicht die Höhe des von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Preises nachvollziehbar ist und als ortsüblich bezeichnet werden kann. Bezüglich der Frage, wie der Angebotspreis für eine solche Position kalkuliert werden kann, gab der Sachverständige an, dass es hierfür keine Faustregel gibt. Dies ist nachvollziehbar, da dies von dem konkreten Bauvorhaben (Größe, Umfang und Komplexität der Energieversorgungsanlage) abhängt.

Die Beklagtenseite hat auch nicht näher dargelegt, wie sie kalkulatorisch zu dem von ihr angebotenen Preis gelangt ist. Der von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Preis ist daher nicht als überzogen anzusehen.

Soweit die Beklagtenseite im Schriftsatz vom 28. April 2023 unter Bezugnahme auf die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen ### ausführt, die ortsüblichen Stundenverrechnungssätze zwischen Betrieben könnten sich “leicht unterscheiden”, weshalb sich die Unterschiede auf die Einheitspreise bezogen “im Cent-Bereich” beziffern würden, ist diese Schlussfolgerung unzutreffend. Dabei kann zugunsten der Beklagten als wahr unterstellt werden, dass sich die Stundenverrechnungssätze verschiedener Betriebe nicht wesentlich unterscheiden. Dies bedeutet aber keineswegs, dass verschiedene Betriebe deshalb auf Einheitspreispositionen Einheitspreise anbieten, die nur im Cent-Bereich differieren. Tatsächlich kann man in praktisch jedem Preisspiegel deutliche Unterschiede bei vielen Einheitspreisen feststellen.

(2.4) Hinsichtlich der LV-Position 05.02.0009 (Umbau Bestands NHV) hat sich bei der mündlichen Anhörung des Sachverständigen ergeben, dass dieser übersehen hat, dass es für den Einbau der NH-Sicherungslasttrennschalter sowie die Montage eines einstellbaren elektronischen Zeitrelais gesonderte Positionen im LV gibt. Bei seiner Anhörung am 30. März 2023 gab er deshalb an, dass dann der von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Preis zu reduzieren wäre.

Es mag daher sein, dass der für diese LV-Position von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Preis über dem ortsüblichen und angemessenen Preis liegt. Gleichwohl führt dies nicht dazu, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Vergütung insgesamt als nicht mehr angemessen und ortsüblich anzusehen wäre.

(2.5) Die LV-Position 05.04.0009 betrifft die Lieferung und Montage von Bügelschellen mit Druckwanne. Die Beklagtenseite hat hierfür einen Einheitspreis von 3,94 Euro angeboten; die Fa. Elektro ### GmbH rechnet 9,70 Euro ab. Nach den Ausführungen des Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung ist der Einheitspreis von 9,70 Euro als ortsüblich anzusehen. Der Sachverständige hat erläutert, dass es sich bei den Daten, die sich aus der DATANORM-Schnittstelle ergeben, um reine Materialpreise handelt. Vorliegend sind allerdings auch noch die Montagekosten zu berücksichtigen. Soweit die Beklagtenseite darauf verweist, dass auch die Einkaufspreise für entsprechende Metall-Bügelschellen bei Abnahme größerer Mengen deutlich günstiger seien, als vom Sachverständigen angegeben werde, ist zunächst zu konstatieren, dass der Sachverständige die Händler- bzw. Handwerkereinkaufspreise je nach Größe zwischen 1,51 Euro und 3,11 Euro pro Stück veranschlagt hat, wohingegen die Beklagtenseite vorträgt, die Einzelpreise betrügen weniger als 1,00 Euro pro Stück.

Selbst wenn man aber davon ausgehen sollte, dass der Einheitspreis, den die Fa. Elektro ### GmbH angesetzt hat, höher liegt als der ortsübliche und angemessene Preis, wovon man aber bereits nicht ausgehen kann, würde dies gleichwohl nichts daran ändern, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH geltend gemachte Vergütung sich in der Gesamtschau im Rahmen des Angemessenen und Ortsüblichen bewegt.

(2.6) Hinsichtlich der LV-Position 05.04.0011 (Spannschloss V4A) ist zunächst zu konstatieren, dass diese Position im Zusammenhang mit der Position 05.04.0010 (Stahldraht Spannseil V4A) zu sehen ist. Die Fa. Elektro ### GmbH rechnet anstelle dieser LV-Position unter 05.04.0017 als Ersatz Spannseil mit 5 mm Durchmesser (statt 2 mm, wie in 05.04.0010) zu einem Einheitspreis von 2,78 Euro/m (statt 3,38 Euro/m, wie von der Beklagtenseite angeboten) ab. Auch hier zeigt sich also in einer Gesamtschau, dass keineswegs davon auszugehen ist, dass die Fa. Elektro ### GmbH unangemessen hohe Preise abrechnet. Selbst wenn daher die Ausführungen des Sachverständigen bei der mündlichen Anhörung am 30. März 2023 so zu verstehen sind, dass er bei seiner Aussage, der abgerechnete Preis sei ortsüblich und angemessen, auch Zubehörteile berücksichtigt hat, die womöglich richtigerweise bei anderen LV-Positionen, wie der Position 05.04.0012, anzusetzen wären, kann im Ergebnis nicht von nicht angemessenen und nicht ortsüblichen Preisen ausgegangen werden.

(2.7) Hinsichtlich der LV-Position 05.04.0016 (Wandhaken geöffnet V4A) gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

(2.8) Der von der Fa. Elektro ### GmbH bei der LV-Position 05.06.0008 angesetzte Einheitspreis von 7,28 Euro/m liegt zwar über dem von der Beklagtenseite angebotenen Einheitspreis von 5,42 Euro/m. Gleichwohl bewegt sich dieser Preis nach den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen des Ortsüblichen. Der Sachverständige hat die Spanne des ortsüblichen und angemessenen Preises mit 6,00 Euro bis 8,00 Euro veranschlagt.

(2.9) Auch hinsichtlich der LV-Position 05.06.0010 bewegt sich die von der Fa. Elektro C angesetzte Vergütung im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen.

(2.10) Für eine LED-Feuchtraumleuchte (LV-Position 05.07.0003) rechnet die Fa. Elektro ### GmbH einen Einheitspreis von 421,63 Euro ab. Die Beklagtenseite hat hierfür 334,51 Euro angeboten. Der Einheitspreis von 421,63 Euro bewegt sich im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen, wie der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung erläutert hat. Er hat dargelegt, dass man möglicherweise bei geschickter Verhandlung mit dem Großhändler einen zusätzlichen Rabatt erzielen kann. Es ist aber ein Preis nicht deshalb nicht ortsüblich und nicht angemessen, weil er sich nicht am untersten Bereich des verhandelbaren Preisrahmens bewegt.

(2.11) Zur LV-Position 05.08.0007 (Kennzeichnungsschild) hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung dargelegt, dass der von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Einheitspreis von 12,02 Euro/Stück nachvollziehbar ist. Dies hat er erläutert mit dem erheblichen Zeitaufwand, der erforderlich ist, um die einzelnen Kabel am Anfang und Ende sowie den Abzweigstellen mit einem Kabelkennzeichnungsschild zu versehen, das gemäß der Beschreibung auf Seite 62 des LV nicht handschriftlich beschriftet werden darf, sondern auszudrucken ist.

(2.12) Auch bei der LV-Position 05.09.0006 (PA-Verbindung) hat der Sachverständige die Ortsüblichkeit des von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einheitspreises bejaht.

(2.13) Im Streit steht zwischen den Parteien ferner die LV-Position 05.10.0005. Dabei handelt es sich um die TÜV-/Sachverständigenabnahme. Insoweit hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung dargelegt, dass eine Aussage zur Ortsüblichkeit und Angemessenheit nur schwer zu treffen ist. Auch der TÜV, bei dem sich der Sachverständige nach Durchschnittspreisen erkundigt hat, erklärte ihm gegenüber, dies sei vom Einzelfall abhängig, konkret von dem im Einzelfall erforderlichen Aufwand. Dies ist nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund kann aus dem Umstand, dass die Fa. Elektro ### GmbH bei dieser Position ungefähr das 4,5-fache des von der Beklagtenseite angebotenen Preises geltend macht, nicht auf eine unangemessen hohe Vergütung geschlossen werden.

(2.14) Bezüglich der LV-Position 05.10.0006 kann ebenfalls nicht von einer nicht mehr angemessenen und ortsüblichen Vergütung ausgegangen werden. Der Sachverständige hat bei seiner mündlichen Anhörung nachvollziehbar erläutert, dass ausgehend von einem Stundensatz von 90,00 Euro für einen Projektleiter (vgl. Nr. 6 des Vertrags) bei dem von der Beklagtenseite angesetzten Preis von 866,67 Euro weniger als 10 Stunden für die Montage- und Werkstattplanung zur Verfügung stünden. Dies hält das Gericht ebenso wie der Sachverständige für unzureichend.

(2.15) Im Hinblick auf die in der Schlussrechnung der Fa. Elektro ### GmbH enthaltenen Nachtragspositionen, insbesondere die Nachträge NA 23 bis NA 26, ergeben sich aber Einschränkungen bei der Erstattungsfähigkeit.

Der NA 23 bezieht sich auf die LV-Pos. 05.06.0001 (NYCWY 4 x 185/95 mm2). Hierfür war im LV ein Mengenvordersatz von 1.044 m angegeben. Die Fa. ### rechnet in ihrer Schlussrechnung 645 m Energiekabel “N2XH-J 4X185/95 SW” zu je 90,82 Euro (Seite 26 der Schlussrechnung [gegenüber 99,46 Euro auf Seite 25]; anstatt von der Beklagtenseite angebotenen 64,37 Euro/m) ab. Die Klägerin rechnet in ihrer Mehrkostenberechnung insoweit mit dem Einheitspreis von 90,82 Euro/m. Der sich daraus ergebende Mehrkostenbetrag von 17.060,25 Euro ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen.

Zusätzlich rechnet die Fa. ### u.a. (auf Seite 24 ihrer Schlussrechnung) 215 m Gummischlauchleitung H07RNF 5G 150 SW zu je 110,80 Euro ab. In ihrer Mehrkostenberechnung rechnet die Klägerin insoweit unter Pos. NA 23 mit 90,82 Euro/m, also dem Einheitspreis, den sie bei der Pos. 05.06.0001 zugrunde legt.

Entsprechendes gilt für die Pos. 05.06.0002 und Pos. NA 24, wo für 295 m Gummischlauchleitung H07RNF 5G 150 SW zu je 76,71 Euro berücksichtigt werden, für Pos. 05.06.0003 und Pos. NA 25 mit 385 m Gummischlauchleitung H07RNF 5G 95 SW zu je 71,58 Euro und Pos. 05.06.0004 und Pos. NA 26 mit Gummischlauchleitung H07RNF 5G 50 SW zu je 48,96 Euro.

Zwar ist entgegen der Auffassung der Beklagtenseite nicht davon auszugehen, dass es sich insoweit um Nachtragsleistungen handelt, die keinerlei Bezug zur ursprünglich ausgeschriebenen Leistung haben. Diese Aussage findet sich freilich – nicht näher begründet – in der E-Mail vom 19. April 2023. Aussagekräftiger ist aber die E-Mail der Fa. Elektro ### GmbH vom 3. Juli 2019, also während der Leistungserbringung der Fa. ###, an das RP sowie Frau ### von der Klägerin. Darin wird als Ergebnis eines am selben Tag geführten Telefonats bestätigt, dass die Zuleitungen von der Hauptverteilung zu den Unterverteilern in die Brücke als flexible Gummischlauchleitungen, und nicht wie im LV vorgesehen, als N2XH-J-Leitungen ausgeführt werden.

Allerdings hat die Klägerin nach dem nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagtenseite diese Leistungen vollständig vergütet erhalten. Es fehlt daher an einer finanziellen Einbuße der Klägerin.

Es sind somit von der Mehrkostenberechnung der Klägerin 5.686,75 Euro, 8.590,40 Euro, 8.908,90 Euro und 1.816,85 Euro, zusammen 25.002,90 Euro, abzuziehen.

dd) Die Beklagten haben im Übrigen nicht konkret dargelegt, dass bzw. bei welchen Einzelpreisen die Klägerin vor der Beauftragung der Fa. Elektro ### GmbH hätte erkennen müssen, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einzelpreise nicht mehr als angemessen und ortsüblich anzusehen sind, und dass die Klägerin deswegen als wirtschaftlich denkender Bauherr von einer Beauftragung der Fa. Elektro ### GmbH hätte Abstand nehmen müssen. Dies käme im Übrigen nur in Betracht, wenn es für die Klägerin ohne weiteres erkennbar gewesen wäre, dass die Gesamtkosten, mit denen sie bei einer Beauftragung der Fa. Elektro ### GmbH nach deren Angebot rechnen musste, überhöht sind, und es für die Klägerin überdies ohne weiteres möglich gewesen wäre, ein (nicht nur marginal) günstigeres Angebot einer anderen Firma zu erhalten. Wie bereits dargelegt wurde, ist ein Auftraggeber nicht verpflichtet, vor der Beauftragung eines Ersatzunternehmers eine umfangreiche Marktforschung zu betreiben. Er ist auch nicht verpflichtet, insoweit eingeholte Angebote vor einer Auftragserteilung privatgutachterlich überprüfen zu lassen. Wenn sich aber die von der Fa. Elektro ### GmbH abgerechneten Kosten im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen bewegen, kann eine solche Konstellation nicht vorliegen.

Die erstattungsfähigen Mehrkosten, die die Klägerin ersetzt verlangen kann, belaufen sich daher auf 106.384,09 Euro abzüglich 25.002,90 Euro, also 81.381,19 Euro.

ee) In dem von der Klägerin mit dem Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Betrag ist ein Betrag von 1.665,00 Euro für den eigenen Aufwand enthalten, der ihr entstanden sei. Auf Seite 5 der Klageschrift hat sie in tabellarischer Form aufgeführt, an welchen Tagen welcher Stundenaufwand entstanden ist, um die Ersatzvornahme durchführen zu können, insbesondere im Zusammenhang mit der Suche nach einem Ersatzunternehmer.

Dieser Betrag ist nicht als Schadensersatz erstattungsfähig. Grundsätzlich ist der eigene Aufwand keine erstattungsfähige Schadensposition.

ff) Ferner sind in dem mit dem Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Betrag 4.605,15 Euro an Bürgschaftskosten enthalten. Dieser Anspruch steht der Klägerin gemäß § 648a Abs. 1 BGB a.F. zu.

(1) Nach § 648a Abs. 1 BGB (in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung) hat der Unternehmer einen Anspruch gegen den Auftraggeber auf Sicherheitsleistung. Die Sicherheit kann auch durch Bürgschaft geleistet werden, § 648a Abs. 2 BGB. Nach § 648a Abs. 3 S. 1 BGB hat der Unternehmer dem Besteller die üblichen Kosten der Sicherheitsleistung bis zu einem Höchstsatz von 2 % jährlich zu erstatten. § 648a Abs. 3 S. 2 BGB steht der Erstattungsfähigkeit nicht entgegen. Die Einwendungen der Klägerin gegen die vom Beklagten geltend gemachten Vergütungsansprüche sind nicht unbegründet.

(2) Vorliegend hat die Klägerin der Nachunternehmerin im Juli 2018 eine Bürgschaft der [Name Kreditinstitut] über 333.368,34 Euro gestellt. Vorangegangen war ein Sicherheitsverlangen des Beklagten 1, der der Klägerin mit Schreiben vom 10. Juli 2018 eine “letzte Nachfrist” bis zum 23. Juli 2018 für die Übersendung einer Bauhandwerkersicherung gesetzt hatte. Unerheblich ist, dass er dabei auf die vorliegend nicht anwendbare Vorschrift des § 650f BGB (n.F.) verwiesen hat. Den Erhalt der Bürgschaft bestätigte der Beklagte 1 am 20. Juli 2018. Die Bürgschaftssumme wurde im Frühjahr 2019 auf 70.000,00 Euro reduziert.

(3) Die Klägerin hat die Avalkosten auf Seite 9 der Replik vom 18. Juni 2021 in tabellarischer Form dargelegt (vgl. auch die letzte Seite des Anhangs von Anlage K 11). Dies ist von der Beklagtenseite nicht substantiiert bestritten worden. Danach hat die Bürgin die Avalprovision quartalsweise abgerechnet. Die Avalkosten übersteigen nicht den Höchstsatz von 2 % gemäß § 648a Abs. 3 BGB. Einer näheren Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Bürgin berechtigt war, Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, bedarf es daher nicht. Auch der geltend gemachte Bruttobetrag ist niedriger als der gesetzlich zulässige Höchstbetrag.

g) Von dem der Klägerin zustehenden Schadensersatz ist die Vergütung abzuziehen, die dem Beklagten 1 für die erbrachten Leistungen zusteht. Diese beläuft sich auf 25.351,24 Euro.

aa) Soweit nach der Kündigung eines Bauvertrags Schadensersatzansprüche des Auftraggebers, aber auch Vergütungsansprüche des Auftragnehmers für erbrachte Leistungen bestehen, stehen sich diese Ansprüche aufrechenbar gegenüber. Es findet keine automatische Verrechnung statt (BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 – VII ZR 197/03, BGHZ 163, 274).

Vorliegend hat die Klägerin bereits in der Klageschrift den von ihr bezifferten Vergütungsanspruch der Beklagten von den Ersatzvornahmekosten, dem eigenen Aufwand und den Bürgschaftskosten abgezogen (Seite 6 der Klageschrift). Dies stellt eine zumindest konkludente Aufrechnungserklärung dar, sofern man eine Aufrechnung nicht schon in dem Schreiben des Klägervertreters vom 11. Januar 2021 an den damaligen Beklagtenvertreter sehen sollte. Darin kündigt der Klägervertreter an, dass die Klägerin demnächst die Abrechnung für die Ersatzvornahmekosten fertigstellen werde und dann die Aufrechnung mit der Restvergütung erklärt werde.

bb) Die Klägerin bringt von den geltend gemachten Kosten einen Betrag von 12.945,87 Euro als den Wert der von der Beklagtenseite erbrachten Leistungen in Abzug. Wie sich dieser Betrag errechnet, ergibt sich aus der tabellarischen Aufstellung, die mit Anwaltsschreiben vom 20. März 2021 von der Klägerseite an die Beklagtenseite übermittelt wurde, sowie der Anlage K 10. Die Mengen und Massen sollen sich aus dem Aufmaß ergeben, das als Anlage K 9 vorgelegt worden ist. Bei der Anlage K 9 handelt es sich teilweise um Auszüge aus dem Leistungsverzeichnis, das bei den einzelnen LV-Positionen mit handschriftlichen Zusätzen versehen ist, und teilweise um Aufmaßblätter, die zum überwiegenden Teil Unterschriften der Auftragnehmer- und der Auftraggeberseite tragen.

Die Beklagtenseite hat die erbrachten Leistungen auf Seite 22 ff. ihres Klageerwiderungs- und Widerklageschriftsatzes vom 29. Mai 2021 abgerechnet. Sie rechnet nach ihrem Vortrag für erbrachte Leistungen auf Grundlage der Vertragspreise zusammen 23.604,95 Euro und für erbrachte Nachtragsleistungen weitere 21.051,52 Euro, insgesamt also 44.656,47 Euro, ab.

cc) Hinsichtlich zahlreicher Positionen besteht Einigkeit zwischen den Parteien über die abgerechneten Leistungen. Uneinigkeit besteht hinsichtlich folgender Positionen (auf eine Auflistung der unstreitigen Positionen wird an dieser Stelle verzichtet):

Pos. Kläg. Bekl. Differenz

05.00.0001 0,00 Euro 416,00 Euro 416,00 Euro

05.00.0003 0,00 Euro 1.512,00 Euro 1.512,00 Euro

05.03.0006 381,64 Euro 0,00 Euro – 381,64 Euro

05.04.0001 0,00 Euro 1.698,60 Euro 1.698,60 Euro

05.07.0003 669,02 Euro 334,51 Euro – 334,51 Euro

05.08.0004 0,00 Euro 26,08 Euro 26,08 Euro

05.08.0005 0,00 Euro 263,68 Euro 263,68 Euro

05.08.0006 1.356,16 Euro 8.815,04 Euro 7.458,88 Euro

05.02.0005 NT 0,00 Euro 711,20 Euro 711,20 Euro

05.02.0006 NT 0,00 Euro 711,20 Euro 711,20 Euro

05.02.0007 NT 0,00 Euro 711,20 Euro 711,20 Euro

05.02.0008 NT 0,00 Euro 711,20 Euro 711,20 Euro

05.03.0014 NT 0,00 Euro 1.933,60 Euro 1.933,60 Euro

05.05.0016 NT 0,00 Euro 92,67 Euro 92,67 Euro

05.03.0017 NT 0,00 Euro 131,87 Euro 131,87 Euro

05.03.0018 NT 0,00 Euro 158,60 Euro 158,60 Euro

05.03.0019 NT 0,00 Euro 197,80 Euro 197,80 Euro

05.10.0010 NT 0,00 Euro 6.489,12 Euro 6.489,12 Euro

05.10.0011 NT 0,00 Euro 5.280,00 Euro 5.280,00 Euro

05.10.0012 NT 0,00 Euro 832,00 Euro 832,00 Euro

05.04.0017 NT 0,00 Euro 372,30 Euro 372,30 Euro

05.04.0018 NT 0,00 Euro 610,56 Euro 610,56 Euro

05.07.0007 NT 0,00 Euro 2.108,20 Euro 2.108,20 Euro

Zu den streitigen Positionen im Einzelnen:

(1) Die von der Beklagtenseite abgerechnete Position 05.00.0001 (Aufnahme des Ist-Zustands) ist erbracht.

Diese Leistung war Gegenstand des Aufnahmetermins, der am 27. März 2019 durchgeführt wurde. An diesem Termin nahmen auf Klägerseite der Geschäftsführer Herr ### und Frau ###, für die Beklagtenseite Herr ###, für die Fa. Elektro ### GmbH Herr ### sowie von Seiten des Regierungspräsidiums Stuttgart Frau ### und Herr ### teil. Frau ### fertigte Aufmaßunterlagen an. Bei ihrer Vernehmung am 29. Februar 2024 schilderte sie, dass die entsprechenden Feststellungen auf der Baustelle vor Ort getroffen wurden. Herr ### und Herr ### seien an den Schaltschränken gewesen und hätten ihr alles vorgetragen. Sie habe dies sodann – in Anwesenheit der Beteiligten – in ihre Unterlagen übertragen. Hinsichtlich der unterschiedlichen Schreibfarben bei den handschriftlichen Eintragungen in den Unterlagen erklärte die Zeugin, dass sie die Unterlagen im Büro vorbereitet habe. Vermutlich habe sie dann mit einem andersfarbigen Kugelschreiber vor Ort die weiteren Eintragungen vorgenommen.

Die Position 05.00.0001 wird in dem von der Zeugin ausgefüllten Aufmaßblatt mit der Blatt Nr. 107 abgehandelt. Dieses ist – im Gegensatz zu den weiteren Aufmaßblättern – nicht an den dafür vorgesehenen Stellen von der Auftragnehmer- und der Auftraggeberseite unterzeichnet. Die Zeugin erklärte hierzu, man sei sich vor Ort nicht einig gewesen. Allerdings ergänzte sie, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen der Ist-Zustand von dem Beklagten 1 an Herrn ###, der vor ihr auf Seiten des Regierungspräsidiums zuständig war, mitgeteilt worden ist. Sie verwies dabei auf ein von ihr zur Einsicht vorgelegtes E-Mail-Schreiben der Klägerin an ein vom RP beauftragtes Planungsbüro vom 23. Juli 2018. Darin ist unter dem Betreff “Korrosionsschutz Arbeiten ###-Talbrücke” von der Übersendung der Schadensaufnahme der Firma ### die Rede. Vom selben Tag, also dem 23. Juli 2018, datiert die E-Mail der Klägerseite an das RP, mit welchem “die noch fehlende Elektroplanung sowie Stücklisten der Fa. ###” übersandt wurden. Hierauf antwortete Herr ### vom RP mit der E-Mail vom 24. Juli 2018. Darin wurde die Klägerseite aufgefordert, “die Werk- und Montageplanung vollständig einzureichen.” Wenn aber das RP am 24. Juli 2018 zwar beanstandet hat, dass noch keine bzw. keine vollständige Werk- und Montageplanung vorliege, aber nicht auf das Fehlen oder die Unvollständigkeit der Aufnahme des Ist-Zustandes abstellt, kann davon ausgegangen werden, dass diese Position erbracht worden ist.

(2) Hinsichtlich der Position 05.00.0003 (Baustrom) steht der Beklagtenseite kein Anspruch zu.

Die Beklagtenseite macht in der Schlussrechnung vom 19. April 2021 insoweit den vollen Betrag von 1.512,00 Euro gelten. Nachdem das Vertragsverhältnis der Parteien aber vorzeitig beendet worden ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Position vollständig angefallen ist. Die Beklagtenseite hat aber auch keinen Vortrag dazu geleistet, weshalb gleichwohl diese Position vollständig abgerechnet werden können soll. Es kann auch nicht im Wege einer Schätzung entsprechend § 287 Abs. 1 und 2 ZPO ein Teilbetrag angesetzt werden. Hierfür fehlen die erforderlichen Schätzgrundlagen.

(3) Bei der Position 05.03.0006 besteht insoweit eine Differenz, als die Klägerin hierfür 381,64 Euro ansetzt, die Beklagtenseite hingegen 0,00 Euro. Zugunsten der Beklagtenseite ist der von der Klägerin zugestandene Betrag anzusetzen.

(4) Die Position 05.04.0001 betrifft die Kabelrinne 100 x 60 mm. Die erbrachten Leistungen sind von der Zeugin in dem Aufmaßblatt Nr. 125 detailliert unter Verweis auf die jeweilige Örtlichkeit (mit Angabe der Trägernummer) erfasst worden. Die Addition der von der Zeugin als erbracht vermerkten Massen beläuft sich auf 46,07 m. Dies entspricht der von der Beklagtenseite in der Schlussrechnung angesetzten Menge. Allerdings hat die Zeugin bei einem Teil der erbrachten Leistung vermerkt, dass diese “ohne Kantenschutz” sei bzw. der Kantenschutz teilweise fehle.

Hieraus ergibt sich, dass ein Kantenschutz erforderlich gewesen wäre, dieser aber teilweise fehlt. Gemäß § 287 Abs. 1 und 2 ZPO wird deshalb hier ein Abzug von 1/6 vorgenommen, so dass für diese Position 1.698,60 Euro netto abzüglich 283,10 Euro netto, mithin 1.415,50 Euro netto anzusetzen ist.

(5) Bei der Position 05.07.0003 ist zugunsten der Beklagtenseite der von der Klägerin angegebene Wert von 669,02 Euro netto zugrundezulegen.

(6) Zur Position 05.08.0004 hat die Zeugin in dem Aufmaßblatt Nr. 126 vermerkt, dass von den 3-fach-Tasterkombinationen 1,00 Stück vorhanden ist. Davon sei 40 % erbracht. Dementsprechend sind nicht viermal 6,52 Euro netto anzusetzen, sondern lediglich einmal 6,52 Euro netto. Auf einen weiteren Abzug im Hinblick auf die Angabe, dass 40 % erbracht seien, wird verzichtet.

(7) Bezüglich der Position Wipp-Taster (05.08.0005) ist dem Aufmaßblatt Nr. 128 vermerkt, dass 10,00 Stück erbracht worden sind. Dementsprechend ist der von der Beklagtenseite angesetzte Betrag von 263,68 Euro netto anzusetzen, auch wenn insoweit in der Schlussrechnung lediglich 4,00 Stück angegeben sind.

(8) Zur Position 05.08.0006 (Steckdosenkombination) ist im Aufmaßblatt Nr. 127 angegeben, dass insgesamt 26 Stück, nämlich 12 Stück im Hohlkasten und 14 Stück in den Pfeilern, erbracht worden sind. Dementsprechend ist, wie von der Beklagtenseite in der Schlussrechnung angesetzt, hierfür ein Betrag von 8.815,04 Euro netto zu berücksichtigen, und nicht lediglich 1.356,16 Euro, wie die Klägerin vorträgt.

(9) Im Streit stehen zwischen den Parteien ferner die Positionen 05.02.0005 NT bis 05.07.0007 NT, für die in der Schlussrechnung der Beklagtenseite vom 19. April 2021 zusammen 21.051,52 Euro netto geltend gemacht wird.

Die Positionen 05.02.0005 NT, 05.02.0006 NT, 05.02.0007 NT und 05.02.0008 NT belaufen sich auf jeweils 711,20 Euro und betreffen Mehrkosten, weil jeweils ein größerer Unterverteilerschrank als im LV angesetzt eingebaut wurde.

Die Zeugin ### gab insoweit bei ihrer Vernehmung zur Überzeugung des Gerichts an, dass größere Schränke als die ursprünglich vorgesehenen Schränke eingebaut worden seien. Hintergrund sei gewesen, dass in den ursprünglich vorgesehenen kleineren Schränken nicht genügend Platz zum Einbau der erforderlichen Geräte gewesen wäre. Herr ###, der Vorgänger der Zeugin beim RP, habe den Einbau der größeren Schränke angeordnet, nachdem er von dem Beklagten auf dieses Problem hingewiesen worden sei.

Die Unterverteilerschränke sind auf den Fotos zu sehen, die sich beim Anhang zu der Anlage B 17, der Schlussrechnung der Beklagten vom 19. April 2021, befinden. Von Seiten der Klägerin ist im Termin am 29. Februar 2024 nicht in Abrede gestellt worden, dass es sich um größere als die im LV vorgesehenen Schränke handelt.

Es ist daher angemessen, der Beklagtenseite insoweit jeweils den Mehrbetrag von 711,20 Euro netto zuzugestehen.

(10) Die Nachtragspositionen 05.03.0014 NT, 05.03.0016 NT, 05.03.0017 NT, 05.03.0018 NT und 05.03.0019 NT betreffen Einbaukomponenten für Niederspannungshauptverteiler. Insoweit finden sich im Anhang zur Anlage B 17 nach den Fotos der Verteilerschränke Screenshots mit Kalkulationsgrundlagen. Schriftliche Nachtragsangebote fehlen insoweit aber ebenso wie Nachtragsbeauftragungen. Selbst wenn es insoweit eine “Abstimmung” der Beklagtenseite mit Herrn ### vom RP gegeben haben sollte, wie im Anhang zur Anlage B 17 bei den Screenshots vermerkt ist, kann nicht von der Erbringung dieser Leistungen als Nachtragsleistungen im abgerechneten Umfang ausgegangen werden. Zwar hat die Beklagte zum Beweis dafür, dass sie die abgerechneten Leistungen erbracht hat, Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten, so beispielsweise auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 15. Juni 2023. Bei den am 27. März 2019 von der Zeugin ### angefertigten Aufmaßunterlagen finden sich aber keine Angaben zu diesen Leistungen. Es ist daher nicht möglich, mittels eines Sachverständigengutachtens zu klären, ob die Beklagte diese Leistungen erbracht hat.

(11) Die Nachtragspositionen 05.10.0010 NT, 05.10.0011 NT und 05.10.0012 NT beziehen sich auf den Abschnitt 05.10 im Leistungsverzeichnis “Sonstige Leistungen”. Die Position 05.10.0010 NT betrifft wohl ebenso wie die Position 05.10.0011 NT eine Ertüchtigung der bestehenden Kabelrinne über die gesamte Brückenlänge inklusive Austausch von defekten Trägern und Befestigungsteilen, die Position 05.10.0012 NT eine Instandsetzung der Stegbeleuchtung und den Austausch von Leuchtmitteln. Auch insoweit helfen die Aufmaßunterlagen nicht weiter. Wie hinsichtlich der vorgenannten Positionen gilt auch hier, dass selbst dann, wenn es insoweit eine “Abstimmung” der Beklagtenseite mit dem RP, hier Herrn ###, und einem Herrn ### gegeben haben sollte, nicht von der Erbringung dieser Leistungen als Nachtragsleistungen im abgerechneten Umfang ausgegangen werden kann. Durch Sachverständigenbeweis kann im Nachhinein nicht geklärt werden, ob und in welchem Umfang die Beklagtenseite diese Leistungen erbracht hat. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage ist daher kein Raum.

(12) Die Nachtragspositionen 05.04.0017 NT und 05.04.0018 NT beziehen sich ausweislich der Positionsbezeichnung in der Schlussrechnung der Beklagtenseite auf die LV-Position 05.05. Es gibt auch hier weder ein Nachtragsangebot noch eine dokumentierte Nachtragsbeauftragung. Die Screenshots, die sich im Anhang zu der Anlage K 17, der Schlussrechnung der Beklagtenseite, befinden, besagen nichts über die Beauftragung und belegen auch nicht die Erbringung dieser Leistungen. Durch Sachverständigenbeweis kann im Nachhinein nicht geklärt werden, ob und in welchem Umfang die Beklagtenseite diese Leistungen erbracht hat. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage ist daher kein Raum.

(13) Unter der Nachtragsposition 05.07.0007 NT macht die Beklagtenseite 2.108,20 Euro netto für eine Musterleuchte SITECO Floodlight 20LED zur Bemusterung vor Ort geltend.

Hierfür gibt es weder ein Nachtragsangebot noch eine Nachtragsbeauftragung. Auch kann den Aufmaßunterlagen nicht die Erbringung dieser Leistung durch die Beklagtenseite entnommen werden.

dd) Der Beklagtenseite steht also ein Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen zu, der sich wie folgt zusammensetzt:

Titel 05.00

05.00.0001 416,00 Euro

05.00.0003 0,00 Euro

Titel 05.01

05.01.0001 218,16 Euro

Titel 05.02

05.02.0001 1.655,11 Euro

05.02.0002 1.474,85 Euro

05.02.0003 1.618,42 Euro

05.02.0004 1.655,11 Euro

Titel 05.03

05.03.0001 83,88 Euro

05.03.0002 640,96 Euro

05.03.0003 297,04 Euro

05.03.0005 885,15 Euro

05.03.0006 381,64 Euro

05.03.0008 958,20 Euro

05.03.0012 636,16 Euro

Titel 05.04

05.04.0001 1.415,50 Euro

Titel 05.07

05.07.0003 669,02 Euro

05.07.0005 416,00 Euro

Titel 05.08

05.08.0004 6,52 Euro

05.08.0005 263,68 Euro

05.08.0006 8.815,04 Euro

Nachträge

05.02.0005 NT 711,20 Euro

05.02.0006 NT 711,20 Euro

05.02.0007 NT 711,20 Euro

05.02.0008 NT 711,20 Euro

05.03.0014 NT 0,00 Euro

05.03.0016 NT 0,00 Euro

05.03.0017 NT 0,00 Euro

05.03.0018 NT 0,00 Euro

05.03.0019 NT 0,00 Euro

05.10.0010 NT 0,00 Euro

05.10.0011 NT 0,00 Euro

05.11.0012 NT 0,00 Euro

05.04.0017 NT 0,00 Euro

05.04.0018 NT 0,00 Euro

05.04.0007 NT 0,00 Euro

Summe 25.351,24 Euro

Als Vergütung für erbrachte Leistungen kann daher lediglich ein Betrag von 25.351,24 Euro angesetzt werden.

h) Insgesamt ergibt sich daher folgende Berechnung hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1:

Anspruch der Klägerin auf Fertigstellungsmehrkosten: 81.381,19 Euro

Eigener Aufwand 0,00 Euro

Bürgschaftskosten: 4.605,15 Euro

abzügl. Vergütung d. Bekl. für erbrachte Leistungen: – 25.351,24 Euro

ergibt: 60.635,10 Euro.

Der Betrag ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 291 BGB zu verzinsen. Die Zustellung der Klageschrift an die Beklagtenseite erfolgte am 22. April 2021. Zinsen sind daher ab dem 23. April 2021 geschuldet. Der Zinssatz beträgt gemäß § 288 Abs. 2 BGB 9 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz, da an dem Rechtsgeschäft kein Verbraucher beteiligt ist.

2. Zum Klageantrag Ziff. 2

Die Klägerin hat ferner Anspruch gegen den Beklagten 1 auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.642,40 Euro.

Geltend gemacht wird ausweislich der pro-forma-Rechnung des Klägervertreters vom 20. März 2021 an die Klägerin eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 99.708,37 Euro, also ein Betrag von 1.933,90 Euro zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 Euro, insgesamt also 1.953,90 Euro.

In der pro-forma-Rechnung ist der Vermerk enthalten, das Honorar sei bereits im Rahmen der Honorarvereinbarung bezahlt.

Die Anwaltskosten, die als Schadensersatz zu erstatten sind, sind aber nur aus einem Gegenstandswert von 60.635,10 Euro zu berechnen (s.o.).

Eine 1,3 Geschäftsgebühr aus diesem Streitwert beläuft sich auf 1.622,40 Euro

zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Ergibt: 1.642,40 Euro.

Der Betrag ist ab dem 23. April 2021 mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich zu verzinsen.

3. Zu den Klageanträgen Ziff. 2a. und Ziff. 2 b.

Die Klägerin hat ferner Anspruch gegen den Beklagten 1 gemäß ihren mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 und mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 im Wege der Klageerweiterung gestellten Klageanträgen Ziff. 2a. und Ziff. 2c. auf Zahlung von Avalprovision für den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2022 in Höhe von 694,17 Euro und für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 24. November 2022 in Höhe von 748,95 Euro.

Der Anspruch ergibt sich aus § 648a Abs. 1 BGB a.F. Zur Begründung wird auf die Ausführungen oben unter A. II. 1. f) ff) verwiesen.

Die Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes vom 17. Januar 2022 an die Beklagtenseite erfolgte am 30. Januar 2022. Der Betrag von 694,17 Euro ist daher gemäß §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 291 BGB ab dem 31. Januar 2022 mit 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes vom 12. Januar 2023 an die Beklagtenseite erfolgte am 16. Januar 2023. Der Betrag von 748,95 Euro ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 291 BGB ab dem 17. Januar 2023 mit 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Zinshöhe ergibt sich aus § 288 Abs. 2 BGB.

4. Zum ursprünglichen Klageantrag Ziff. 3

Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag Ziff. 3 zunächst die Herausgabe einer Bürgschaft der [Name Kreditinstitut] in Höhe von 70.000,00 Euro verlangte hatte, haben die Parteien diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung am 29. Februar 2024 übereinstimmend für erledigt erklärt.

B.

Widerklage

Die Widerklage ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Zulässigkeit

Die Widerklage ist zulässig.

Das Landgericht ist für die Widerklage zuständig.

Die Widerklage wird von beiden Beklagten erhoben. Dies hat der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 31. August 2022 klargestellt.

II.

Begründetheit

Die Widerklage ist nicht begründet. Zwar hat die Klägerin die erbrachten Leistungen dem Beklagten 1 zu vergüten. Ein Anspruch auf Vergütung für nicht erbrachte Leistungen besteht hingegen nicht, da die Klägerin den Nachunternehmervertrag berechtigt gekündigt hat. Der Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen ist aber bereits durch die zumindest konkludent erklärte Aufrechnung der Klägerin erloschen.

1. Die Beklagten haben keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung von 58.629,32 Euro.

a) Hinsichtlich der vertraglichen Grundlagen, insbesondere der Frage, wer auf Auftragnehmerseite Partei des Nachunternehmervertrags vom 8. November 2017 geworden ist, wird auf die Ausführungen im Rahmen der Klage verwiesen.

b) Auch bezüglich der Frage, ob das Vertragsverhältnis von der Klägerin wirksam gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B beendet worden ist, wird auf die Ausführungen im Rahmen der Klage verwiesen.

c) Die Widerklage wird auf die Schlussrechnung vom 19. April 2021 gestützt.

Darin werden für erbrachte Leistungen einschließlich Nachträgen 44.656,47 Euro und für nicht erbrachte Leistungen 13.972,85 Euro geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schlussrechnung verwiesen.

d) Dem Beklagten 1 steht aber kein Zahlungsanspruch für die erbrachten Leistungen und für nicht erbrachte Leistungen zu. Hinsichtlich der Beklagten 2 scheitert ein Zahlungsanspruch schon daran, dass sie nicht Vertragspartnerin der Klägerin geworden ist.

Wie oben unter A. II. 1. dargelegt worden ist, steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch zu. Bei der Berechnung dieses Zahlungsanspruchs ist die Vergütung der Beklagtenseite für die erbrachten Leistungen bereits mit 25.351,24 Euro berücksichtigt worden. Auf die Ausführungen unter A. II. 1. g) wird verwiesen.

Auch hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen kann die Beklagtenseite keine Zahlung von 5 % des Wertes der nach ihrem Vortrag nicht ausgeführten Leistungen verlangen. Wie bereits dargelegt worden ist, hat die Klägerin den Nachunternehmervertrag bereits außerordentlich fristlos gekündigt. Die Beklagtenseite hat daher keinen Vergütungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B oder § 649 S. 2 BGB i.d.F. bis zum 31. Dezember 2017.

2. Den Beklagten steht daher auch kein Zinsanspruch zu.

C.

Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 91, 91a Abs. 1 S. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO und den Grundsätzen der Baumbach’schen Kostenentscheidung.

Hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags Ziff. 2b., der auf die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung weiterer anfallender Avalprovision gerichtet war, hat die Klägerin zwar mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 erklärt, dieser Anspruch sei erledigt. Allerdings liegt insoweit kein Fall der Erledigung im prozessualen Sinne vor. Vielmehr handelt es sich um eine zulässige Klageänderung, da die Klägerin in dem Schriftsatz vom 12. Januar 2023 stattdessen die weiter angefallene Avalprovision mit ihrem neuen Klageantrag Ziff. 2c. geltend gemacht hat.

Eine Erledigung im prozessualen Sinn liegt allerdings hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags Ziff. 3 der Klägerin vor. Diesen Antrag haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 29. Februar 2024 übereinstimmend im Hinblick auf die erfolgte Rückgabe der Bürgschaft für erledigt erklärt. Daher war insoweit gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden. Die Kosten sind insoweit dem Beklagten aufzuerlegen, da er zur Herausgabe der Bürgschaft verurteilt worden wäre, wenn die Bürgschaft nicht herausgegeben worden wäre.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Die Streitwertbemessung erfolgt gemäß § 48 GKG, §§ 3, 6 ZPO und berechnet sich wie folgt:

Klage:

Klageantrag Ziff. 1 99.708,38 Euro

Klageantrag Ziff. 2 nicht werterhöhend

Klageantrag Ziff. 2a. 694,17 Euro

Klageantrag Ziff. 2b u. 2c. 748,95 Euro

Klageantrag Ziff. 3 21.000,00 Euro

Widerklage: 58.629,32 Euro

Summe: 180.780,82 Euro.

Der Wert für den Klageantrag Ziff. 3 war auf 30 % der Bürgschaftssumme von 70.000,00 Euro, also 21.000,00 Euro zu veranschlagen.

OLG Zweibrücken ua zu der Frage, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmens, wonach “beide Parteien (…) ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den vereinbarten Preis gebunden (sind), vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis.”, den Besteller unangemessen benachteiligt und unwirksam ist

OLG Zweibrücken ua zu der Frage, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmens, wonach "beide Parteien (...) ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den vereinbarten Preis gebunden (sind), vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis.", den Besteller unangemessen benachteiligt und unwirksam ist

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ein Pauschalpreis ist ein grundsätzlich unveränderlicher Festpreis. Etwas anderes gilt, wenn eine Preisgleitklausel wirksam vereinbart wurde.
2. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmens, wonach “beide Parteien (…) ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den vereinbarten Preis gebunden (sind), vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis.”, benachteiligt den Besteller unangemessen und ist unwirksam.
3. Weigert sich der Unternehmer, den Vertrag zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, ist der Besteller zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt und kann vom Unternehmer diejenigen Mehrkosten ersetzt verlangen, die ihm durch Beauftragung eines Drittunternehmers mit der Herstellung des ursprünglich vom Unternehmer zu errichtenden Hauses entstehen.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.07.2023 – 5 U 188/22
vorhergehend:
LG Kaiserslautern, 14.12.2022 – 2 O 274/22


Tenor

1. Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 14.12.2022, Az. 2 O 274/22, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme für die Beklagte bis zum 09.08.2023.

Gründe

I.

Die Parteien schlossen am 16.12.2020 einen Vertrag, in dem sich die Beklagte gegenüber den Klägern dazu verpflichtete, zu einem Pauschalpreis in Höhe von 301.358,00 Euro ein Massivhaus auf einem bestimmten Baugrundstück zu errichten. Hierzu verwendeten die Parteien ein Vertragsmuster der Beklagten, in dem es unter § 3 Abs. 3 auszugsweise heißt:

“Beide Parteien sind ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den oben vereinbarten Preis gebunden, vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von 3 Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis. (…)”

Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung wird auf die zur Akte gereichten Vertragsunterlagen (Anlagen K1-K3, eA I 7 ff.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24.06.2021 teilte die Beklagte den Klägern unter Berufung auf die vorbezeichnete Vertragsklausel eine Preiserhöhung auf 350.315,75 Euro mit. Mit Schreiben vom 10.09.2021 widersprachen die Kläger der Preiserhöhung und forderten die Beklagte auf, binnen zwei Wochen ab Zugang des Schreibens mit den Bauarbeiten zu beginnen. Hierauf teilte die Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 28.09.2021 unter anderem mit, dass es für sie unzumutbar und existenzgefährdend sei, am vereinbarten Festpreis festzuhalten, woraufhin die Kläger mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2021 erklärten, den Vertrag zu kündigen.

Die Kläger beauftragten sodann ein anderes Unternehmen ebenfalls zu einem Festpreis mit der Errichtung eines Massivhauses auf ihrem Baugrundstück. Sie begehren vorliegend die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für hierdurch entstehende Kostensteigerungen.

Die Kammer hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die Klageabweisung beantragt.

II.

1. Die zulässige Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Zu Recht hat das Landgericht die von den Klägern verlangte Feststellung ausgesprochen. Der Senat macht sich die Ausführungen des Erstrichters auf den Seiten 4 bis 9 des angegriffenen Urteils mit den nachfolgenden Einschränkungen und Ergänzungen zu eigen. Auch die übrigen Voraussetzungen einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO) liegen vor.

a) Mit ihrer Feststellungsklage erstreben die Kläger bei sachgerechter Auslegung ihres Klageantrags anhand des von ihnen verfolgten Rechtsschutzziels (Klageschrift, Seite 3 Mitte / unten = eA I 3 Mitte / unten) die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden, die darauf zurückzuführen sind, dass die Beklagte es endgültig abgelehnt hat, den Vertrag über die Errichtung des im Ausspruch beschriebenen Massivhauses auf dem dort bezeichneten Grundstück zu der vereinbarten Vergütung zu erfüllen.

b) Die Feststellungsklage ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Berufung fehlt es nicht am dafür notwendigen Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht der Klagepartei eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Bei einer positiven Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet (BGH, Urteil vom 7. Februar 1986 – V ZR 201/84, m.w.N.). So liegt es hier, weil die Beklagte einen Schadensersatzanspruch der Kläger mit der Verteidigung ihrer Weigerung, das Haus zum vertraglich vereinbarten Pauschalpreis von 301.358,00 Euro zu errichten, schon dem Grunde nach in Abrede stellt.

Der Annahme eines rechtlichen Interesses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO steht auch nicht entgegen, dass die Feststellungsklage auf den Ausgleich eines Vermögensschadens gerichtet ist. Die Zulässigkeit eines solchen Feststellungsantrags setzt die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt (bspw. BGH, Urteil vom 26.07.2018 – I ZR 274/16 und vom 04.03.2015 – IV ZR 36/14, jeweils m.w.N.). Das ist den Klägern gelungen. Sie haben – jedenfalls insoweit von der Beklagten unbestritten (Replik, Seite 10 oben/Mitte = eA I 133 oben / Mitte: (“das zwischenzeitlich beauftragte Unternehmen”) – vorgetragen, mittlerweile ein anderes Bauunternehmen mit der Errichtung eines Massivhauses auf dem in Rede stehenden Baugrundstück beauftragt zu haben. Dass die Beklagte den von den Klägern behaupteten – den zwischen den Parteien vereinbarten Pauschalpreis übersteigenden – Angebotspreis bestritten hat (Klageerwiderung, Seite 12 Mitte / unten = eA I 69 Mitte / unten), ist ohne Belang. Denn wie sie selbst – zutreffend – vorträgt, steigen die Kosten für Baumaterial seit dem Jahr 2020 kontinuierlich an, so dass alleine der Umstand einer zeitlich nachfolgenden Beauftragung der S… G… eine vergleichsweise hohe Preisabrede und damit den Eintritt eines Schadens als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lässt.

Da – wie die Kläger auf Seite 4 Mitte der Klageschrift (eA I 4 Mitte) unbestritten vorgetragen haben – auch der Angebotspreis der S… G… auf dem die spätere Beauftragung basiert, Preisanpassungen unterworfen sein kann, steht es den Klägern auch frei, die Feststellung der Ersatzpflicht in vollem Umfang zu verlangen (unabgegrenzte Schadensentwicklung, vgl. bspw. BGH, Urteil vom 19.04.2016 – VI ZR 506/14, m.w.N.).

Der Klageantrag bezeichnet das festzustellende Rechtsverhältnis noch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Anders als die Beklagte meint, umreißt er die der Beklagten zur Last gelegte Pflichtverletzung durch Benennung des Vertragsdatums, der Spezifikationen des zu errichtenden Hauses und der vereinbarten Vergütung (noch) ausreichend präzise. Mit seinen am Klageantrag ausgerichteten Ausspruch ist das angefochtene Urteil auch der Rechtskraft fähig. Die Reichweite der Bindungswirkung des Feststellungsurteils könnte von zur Entscheidung im Betragsverfahren berufenen Gerichten hinreichend präzise ermittelt werden. Reichen Urteilsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht aus, um den Rechtskraftgehalt (§ 322 Abs. 1 ZPO) zu ermitteln, ist erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen ergänzend heranzuziehen (BGH, Urteil vom 14.02.2008 – I ZR 135/05, m.w.N.). Zugunsten der Beklagten kann rechtlich unterstellt werden, dass der Rechtskraftgehalt des Feststellungsausspruchs aus den Bestandteilen der angefochtenen Entscheidung allein nicht hinreichend genau ermittelt werden kann. Denn dann müsste der Klagevortrag in den Blick genommen werden, aus dem sich eindeutig ergibt, dass die Kläger der Beklagten zur Last legen, das in Rede stehende Haus nicht am vertraglich festgehaltenen Baugrundstück errichtet zu haben (Klageschrift, Seite 3 Mitte = eA I 3 Mitte).

c) Die Feststellungsklage ist auch begründet.

Den Klägern steht gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz derjenigen Mehrkosten zu, die ihnen durch die Vornahme eines Deckungsgeschäfts (Beauftragung eines anderen Unternehmens mit der Herstellung des ursprünglich von der Beklagten zu errichtenden Massivhauses) entstehen (§ 280 Abs. 1 BGB).

Die Parteien haben einen Verbraucherbauvertrag (§§ 631, 650a Abs. 1 Satz 1, 650i Abs. 1 BGB) geschlossen, der bis zur Kündigung durch die Kläger auch Rechtswirkung entfaltet hat. Denn anders als die Beklagte offenbar meint (zuletzt BB 4 = eA II 4), wurde der Vertrag – ersichtlich – nicht unter der aufschiebenden Bedingung des Baubeginns innerhalb von 3 Monaten nach Vertragsabschluss geschlossen. Insoweit nimmt der Senat vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen bei LGU 8 Abs. 1 Bezug. Soweit die Berufung den Erwägungen des Landgerichts unter Verweis auf die Bestimmung des § 10 Abs. 6 VOB/A entgegentritt (BB 4 Abs. 3 = eA II 25 Abs. 3), erschließt sich dem Senat der zugrundeliegende Gedankengang schon im Ausgangspunkt nicht. Indessen zielt der Einwand bereits deshalb ins Leere, weil die Parteien die Geltung der VOB/A nicht vereinbart haben.

Indem die Beklagte die Herstellung des Massivhauses von einer Mehrvergütung, die ihr nicht zustand (dazu sogleich), abhängig gemacht hat, hat sie – von ihr zu vertreten (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) – eine Pflicht aus dem mit den Klägern geschlossenen Vertrag verletzt.

Die Beklagte war nicht berechtigt, die Herstellung des Werks zum ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis unter Verweis auf ein ihr zustehendes Recht (§ 3 Abs. 3 des Vertrages) bzw. einen Anspruch auf Anpassung der Preisabrede (§ 313 Abs. 1 BGB) zu verweigern.

§ 3 Abs. 3 des Vertrages ist unwirksam.

Ob dies bereits ohne Weiteres aus § 309 Nr. 1 BGB folgt, oder ob das Klauselverbot im Streitfall nicht einschlägig ist, da die Parteien gegebenenfalls deshalb keine Leistungserbringung innerhalb von 4 Monaten nach Vertragsschluss vereinbart haben, weil schon die zeitliche Festlegung des Baubeginns erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Vertrag = eA I 10), kann offenbleiben. Denn wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich die Unwirksamkeit der Klausel jedenfalls aus § 307 BGB.

Der Erstrichter hat sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass die vorbezeichnete, von der Beklagten gestellte (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) Formularklausel (§ 3 Abs. 3 des Vertrages) sich an § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB messen lassen muss. Die Berufung irrt, wenn sie (sinngemäß) meint, bei der Vergütungsregelung gemäß § 3 Abs. 1, 3 und 4 des Vertrages handle es sich insgesamt um eine nicht kontrollfähige Preishauptabrede über einen variablen Werklohn. Denn eine Vergütungsregelung unterliegt, dann, wenn sie – wie hier § 3 Abs. 3 des Vertrages – künftige Veränderungen des bei Vertragsschluss vereinbarten Werklohns zum Gegenstand hat einer über das Transparenzgebot hinausgehenden Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 BGB, weil es sich um eine Preisnebenabrede handelt. Diese hat zwar mittelbare Auswirkungen auf den Preis, bestimmt aber anders als die Hauptabrede – hier die Vereinbarung eines Festpreises (§ 3 Abs. 1 des Vertrages) – nicht Grund und Umfang der Vergütung. Sie regelt dessen mögliche Änderung im Laufe der Vertragsdurchführung. Eine Preisnebenabrede wie § 3 Abs. 3 des Vertrages weicht damit von dem das dispositive Recht beherrschenden Grundsatz, nach dem die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist, ab. Sie ist daher der Inhaltskontrolle unterworfen (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB; vgl. bspw. BGH, Urteil vom 14.05.2014 – VIII ZR 114/13, m.w.N.)

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass die in Rede stehende Klausel den Vertragspartner der Beklagten als Verwenderin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Denn sie ermöglicht es der Verwenderin, den vereinbarten Werklohn – durch die Festlegung ihrer Listenpreise – über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen (etwa der Lohn- und Materialkosten) hinaus ohne Begrenzung einseitig anzuheben. Das benachteiligt ihre Vertragspartner – die Besteller eines Hauses zu einem Festpreis – deshalb unangemessen, weil sie der Formulierung der Klausel nicht bereits bei Vertragsschluss entnehmen können, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf sie zukommen könnten. Gerade der Besteller eines Neubaus ist hierauf aber in besonderem Maße angewiesen, weil oft die ganze Finanzierung auf den Festpreis ausgerichtet ist, sich aber durch die Größenordnung der jeweils vereinbarten Vergütung schon prozentual vermeintlich geringfügige Änderungen erheblich zu seinem Nachteil auswirken und an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit bringen können (vgl. zu einer im Wesentlichen identischen Klausel BGH, Urteil vom 20.05.1985 – VII ZR 198/84, zu § 9 Abs. 1 AGBGB).

Ob eine Preisanpassungsklausel wie die vorliegende dann einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten würde, wenn der Vertrag dem Besteller für den Fall der Preiserhöhung eine folgenlose Lösungsmöglichkeit einräumt, bedarf keiner Entscheidung. Denn ein solches Lösungsrecht sieht der vorliegende Vertrag nicht vor. (Auch) bei dem von der Berufung angeführten Recht zu freien Kündigung handelt es sich, wie sie selbst erkennt (BB 6 Abs. 3 = eA II 27 Abs. 3), gerade nicht um solch eine Lösungsmöglichkeit.

Da eine Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Inhalt, dass sie ausschließlich auf Material- und Lohnpreissteigerungen Anwendung findet, ausscheidet (Verbot der geltungserhaltenden Reduktion) und der Vertrag im Übrigen wirksam geblieben ist (§ 306 Abs. 1 BGB), ist es im Streitfall bis zur Kündigung beim vereinbarten Festpreis verblieben.

Ein Anspruch auf Preisanpassung, der die Beklagte dazu berechtigt hätte, die Herstellung zum vereinbarten Pauschalpreis zu verweigern, stand ihr auch unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) nicht zu. Auch dies hat der Erstrichter zutreffend erkannt. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist dann kein Raum, wenn es um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen – wie hier infolge der Vereinbarung eines Festpreises das Kostenrisiko für die Beschaffung von Baumaterial – in den Risikobereich alleine einer der Parteien, hier der Beklagten, fallen sollen. Eine solche vertragliche Regelung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (bspw. BGH, Urteil vom 09.03.2010 – VI ZR 52/09 m.w.N.). Ob die hier gegenständliche Materialpreissteigerung von – wie die Beklagte vorträgt – ca. 17 % (BB 6 unten = eA II 27 unten) noch eine “normale” Preisschwankung darstellt, mit der sie bei Vertragsschluss ohne Weiteres hätte rechnen müssen, oder ob diese Steigerung bereits so außerordentlich ist, dass trotz Festpreisvereinbarung nicht ohne Weiteres von einer so weitgehenden einseitigen Risikoübernahme ausgegangen werden könnte, kann dahingestellt bleiben. Letzteres kann rechtlich zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Denn selbst dann, wenn man zu ihren Gunsten weiterhin ein “erhebliches Verlustgeschäft” (BB aaO = eA II aaO) unterstellt, war ihr die Herstellung des Hauses zum ursprünglich vereinbarten Festpreis nicht unzumutbar (§ 313 Abs. 1 BGB). Angesichts der überragenden Bedeutung, die dem Grundsatz der Vertragstreue zukommt, ist die Berufung auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nur dann zulässig, wenn dies zur Vermeidung eines “untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nicht zumutbaren Ergebnisses unabweislich erscheint. Dies kann jedoch dann nicht angenommen werden, wenn die betroffene Partei die Möglichkeit gehabt hätte, ein für sie untragbares und unzumutbares Ergebnis zu vermeiden” (BGH, Urteil vom 08.02.1978 – VIII ZR 221/76, m.w.N.). Diese Möglichkeit hatte die Beklagte hier. Sie hat sie nicht genutzt. Insbesondere zur Absicherung der Gefahr von Materialpreissteigerungen hat sie eine Formularklausel gestellt, die ihr ein Preisanpassungsrecht einräumen sollte. Wäre die Bestimmung wirksam, hätte die Beklagten eine Vergütungsanpassung auch bei exorbitanten Kostensteigerungen erwirken können. Dass sie die Risikoabsicherung mithilfe einer unwirksamen Vertragsbestimmung verfolgt hat, die ihre Kunden treuwidrig unangemessen benachteiligt, kann sie nicht entlasten. Denn hierdurch hat sich nur ein weiteres Risiko verwirklicht, das sie selbst durch die Verwendung dieser AGB in Verbraucherverträgen eingegangen ist.

Die Weigerung der Beklagten, den Vertrag zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, ist auch ursächlich für ihre Kündigung und die Entscheidung der Kläger gewesen, das Massivhaus durch ein anderes Unternehmen errichten zu lassen.

Ihre Vertragskündigung hindert die Kläger nicht daran, Ersatz der Mehrkosten des Deckungsgeschäfts zu verlangen. Es kann dahinstehen, ob ihre Kündigung den Vertrag als außerordentliche oder freie Kündigung (§ 140 BGB) beendet hat: Für eine Kündigung aus wichtigem Grund stellt § 648a Abs. 6 BGB klar, dass die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, durch die Kündigung nicht ausgeschlossen wird. Nach einer freien Kündigung kann der Besteller dann Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn er auch berechtigt war, den Vertrag außerordentlich zu kündigen (bspw. BGH, Urteil vom 15.12.1998 – X ZR 90/96). So liegt es hier. Den Klägern stand aufgrund der unberechtigten Weigerung der Beklagten, zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, die sie auch nach dem zutreffenden Hinweis der Kläger auf die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel (Schreiben der Kläger vom 10.09.2021 = eA I 41) und nach Inanspruchnahme rechtlicher Beratung beharrlich aufrechterhaltenen hat (Schreiben der Beklagten vom 28.09.2021, Seite 1 = eA I 43), das Recht zur außerordentlichen Vertragskündigung zu (vgl. bspw. BGH, Urteil vom 29.06.1989 – VII ZR 330/87, m.w.N.).

Weil die Kläger demnach so zu stellen sind, wie sie stünden, wäre die vorbezeichnete Vertragsverletzung der Beklagten nicht erfolgt und es nicht zur Kündigung gekommen, hat die Beklagte den Klägern diejenigen Mehrkosten zu ersetzen, die ihnen durch die Beauftragung eines anderen Unternehmers mit der Errichtung des Massivhauses auf ihrem Baugrundstück entstehen (Kündigungsfolgeschaden).

Ob und falls ja inwieweit das von der ### gebaute Haus am Ende von der ursprünglichen Planung und Ausstattung des ursprünglichen Gebäudes abweicht, und ob auf solchen Abweichungen beruhende Mehrkosten ersatzfähig sind, ist für den vorliegenden Feststellungsprozess ohne Bedeutung. Es handelt sich um Fragen der äquivalenten und adäquaten Schadenskausalität, die im Betragsverfahren zu klären sind.

d) Auch wenn der Feststellungsausspruch des Landgerichts bereits als Grundlage für die Durchführung des Betragsverfahrens taugt (siehe oben a und b), der Beklagten also auch bei einer Rücknahme des Rechtsmittels keine Nachteile entstünden, beabsichtigt der Senat, ihn im Fall der Beschlusszurückweisung der Berufung klarstellend dahin neu zu fassen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern denjenigen Schaden zu ersetzen, der auf die Weigerung der Beklagten, den am 16.12.2020 geschlossenen Vertrag zur Errichtung eines ### mit dem im Tenor des Landgerichts ausgeführten Spezifikationen auf dem Baugrundstück ### zum Pauschalpreis von 301.358,00 Euro zu erfüllen, zurückzuführen ist.

2. Da die Berufung nach alledem keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat der Beklagten aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im Fall der Rücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

OLG Köln ua zu der Frage, dass sich die Höhe des Vorschussanspruchs zur Mängelbeseitigung nach den – aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers – für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen bemisst, die sich durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen

OLG Köln ua zu der Frage, dass sich die Höhe des Vorschussanspruchs zur Mängelbeseitigung nach den - aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers - für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen bemisst, die sich durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ob ein Rechtsgeschäft trotz eines Gesetzesverstoßes gültig ist, muss im Einzelfall durch Auslegung der jeweiligen Verbotsnorm ermittelt werden, wobei dem Normzweck eine entscheidende Bedeutung zukommt.
2. Der Vertrag kann nur aufrechterhalten werden, wenn er im Übrigen auch ohne die verbotene Abrede (hier: Erlangung nicht zustehender Fördermittel) zu denselben Bedingungen – insbesondere mit derselben Gegenleistung – abgeschlossen worden wäre.
3. Aus der Gesamtschau der Verbotsnorm des § 263 StGB in Verbindung mit den Vorschriften über die Förderung durch die KfW ergibt sich, dass durch die KfW lediglich energetisch förderungswürdige Vorhaben bezuschusst werden sollen. Diesem Förderungszweck lässt sich nicht entnehmen, dass vom Gesetzgeber beabsichtigt war, Rechtsgeschäfte (und auch den mit ihnen zusammenhängenden Leistungsaustausch) ähnlich den Schwarzarbeiter-Fällen in Gänze zu verhindern.
4. Die verbotswidrige und damit nichtige Absprache kann teilweise aufrechterhalten werden, wenn der Hauptzweck des Vertrags nicht das Erschleichen von Fördermitteln war.
5. Der Begriff der allgemein anerkannten Regeln der Technik umfasst alle überbetrieblichen technischen Normen, zu denen beispielsweise die DIN-Normen, die ETB, die Richtlinien des VDI, die Flachdachrichtlinien gehören, sowie die mündlich überlieferten technischen Regeln. Das WTA Merkblatt E-2-13 Ausgabe 04.2014/D (Wärmedämm-Verbundsysteme) beinhaltet anerkannte Regeln der Technik.
6. Die Höhe des Vorschussanspruchs zur Mängelbeseitigung bemisst sich nach den – aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers – für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen, die sich durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen. Der Besteller kann die Kosten bei Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte auch laienhaft schätzen.
7. Die Anforderungen an die Darlegungslast sind deshalb nicht hoch, zumal der Vorschuss eine vorläufige Zahlung ist, über die am Ende abgerechnet werden muss. Erforderlich sind die Aufwendungen, die mit Sicherheit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands dienen.
OLG Köln, Urteil vom 15.06.2023 – 7 U 5/23
vorhergehend:
LG Aachen, 07.12.2022 – 4 O 24/22
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 17.01.2024 – VII ZR 139/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 07.12.2022 zum Az. 4 O 24/22 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Beklagte.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 152.131,14 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten neben dem Ersatz von Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten Kostenvorschuss sowie Feststellung der Ersatzpflicht für den Vorschuss übersteigende Kosten wegen mangelhafter Ausführung von Arbeiten am Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) am Objekt C.-straße N01 in N02 Y..

Der Kläger ließ an dem genannten Objekt umfangreiche Sanierungs- und Neubaumaßnahmen durchführen. Dazu erteilte der Kläger der Beklagten den Auftrag sowohl für das WDVS als auch für Innenputzarbeiten; streitig ist indes, zu welchen Konditionen. Die Beklagte begann mit den Arbeiten im März 2021. Der Kläger zahlte auf verschiedene Akontorechnungen (K1-K4, B2-B6, K15, K16) bzgl. des WDVS insgesamt 51.765,00 Euro.

Nachdem die Arbeiten zu ca. 50 % fertiggestellt waren, zog der Kläger einen Privatsachverständigen hinzu, wobei auch Bauteilöffnungen vorgenommen wurden. Unter dem 20.12.2021 erstellte der Privatsachverständige K. sein Gutachten, welches im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangte, dass die Arbeiten am WDVS (einschließlich der Fensterbank-Arbeiten) dermaßen mangelbehaftet seien, dass eine Standsicherheit des WDVS nicht gewährleistet und nur durch vollständigen Rückbau und Neuaufbau hergestellt werden könne, dessen Kosten er (u.a. aufgrund hoher Entsorgungskosten und ohne Sowieso-Kosten für notwendige Untergrundvorbehandlung) auf 140.806,08 Euro brutto schätze. Wegen der weiteren Einzelheiten des Privatgutachtens wird auf die Anl. K 11, Bl. 23 ff. d.A. Bezug genommen. Der Sachverständige K. stellte dem Kläger für seine Tätigkeit 4.325,06 Euro in Rechnung (Anl. K14, Bl. 94ff d.A.), welche der Kläger auch bezahlte.

Es folgten verschiedene anwaltliche Schreiben, in denen die Beklagte zur Mangelbeseitigung aufgefordert wurde. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.04.2022 erklärte der Kläger schließlich aufgrund der unterbliebenen Mangelbeseitigung und Fertigstellung sowie der nach seiner Kenntnis erfolgten Gewerbeabmeldung und Aufgabe des Geschäftsbetriebs auf Beklagtenseite die Kündigung des Vertrages und räumte “rein vorsorglich nochmals Gelegenheit zur Nachbesserung” bis zum 13.05.2022 ein (Anl. K15, Bl. 126 GA LG). Eine Abnahme und/oder weitere Arbeiten beklagtenseits erfolgten nicht. Eine Schlussrechnung legte die Beklagte – trotz Hinweises des Gerichts und Fristsetzung (Bl. 140, 161 GA LG) – weder für die WDVS-Arbeiten noch für die Innenputzarbeiten vor.

Die Parteien streiten darüber, ob die Innenputzarbeiten gesondert abgerechnet werden sollten oder abgesprochen war, dass die Beklagte die Innenputzarbeiten nicht gesondert als solche, sondern verdeckt über die das WDVS betreffenden Abrechnungen abrechnen sollte, da der Kläger aus energetischen Gründen Fördermittel nur für das WDVS, nicht aber für den Innenputz beanspruchen konnte. Ferner ist die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten streitig, insbesondere die Höhe der bei einem Rückbau anfallenden Entsorgungskosten. Streitig ist auch, ob und welchen Einfluss eine im Juli 2021 eingetretene Hochwasserkatastrophe und eine mögliche daraufhin erfolgte Regulierung durch eine Versicherung des Klägers auf den Schadensersatzanspruch haben könnte. Außerdem ist streitig, in wieweit restlicher Werklohn der Beklagten bei mangelfrei erbrachter Leistung in Höhe von 22.789,69 Euro brutto (Berechnung Bl. 231 GA LG) in Ansatz zu bringen ist. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung bzw. ein Zurückbehaltungsrecht mit einem behaupteten Vergütungsanspruch für die Innenputzarbeiten i.H.v. 19.339,88 Euro, welcher sich aus der Aufstellung Anlage B 9 (Bl. 295 GA LG) ergebe.

Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.07.2022 nicht aufgetreten ist, hat das Landgericht auf Antrag des Klägers ein vollständig klagestattgebendes Versäumnisurteil erlassen. Die Beklagte hat zur Abwehr der Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil mit Wertstellung des 05.08.2022 einen Betrag i.H.v. 151.008,30 Euro treuhänderisch auf das Konto der Prozessbevollmächtigten des Klägers gezahlt.

Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Parteien und der von ihnen gestellten Anträge bis zur erstinstanzlichen Entscheidung wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts vom 07.12.2022 Bezug genommen.

Das Landgericht hat das der Klage vollumfänglich stattgebende Versäumnisurteil nach Verhandlung über den Einspruch insgesamt aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus §§ 631, 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei nicht nichtig. Sinn und Zweck der Verbotsnorm (§§ 263/264 StGB) führten nicht dazu, dass man von einer Gesamtnichtigkeit ausgehen könne. Daher seien unabhängig davon, ob es überhaupt eine Absprache zwischen den Parteien über eine Einrechnung der Kosten für den Innenputz in die Kosten für das WDVS gegeben hat, jedenfalls Mangelgewährleistungsansprüche möglich. Die Mängel seien substantiiert dargelegt und das pauschale Bestreiten der Beklagten sei aufgrund der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast unbeachtlich. Der beklagtenseitige Vortrag zum Einfluss der Hochwasserkatastrophe auf den geltend gemachten Anspruch sei unsubstantiiert, im Übrigen unbeachtlich, da hypothetische spätere Ereignisse den Schaden nicht entfallen ließen. Die Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten sei substantiiert dargelegt und von der Beklagten als Fachunternehmen nur unsubstantiiert angegriffen. Insbesondere der Vortrag der Beklagten zu den Abbruchkosten sei unsubstantiiert. Restliche Werklohnforderungen der Beklagten bestünden nicht, weil diese nicht schlussabgerechnet und nicht schlüssig dargelegt seien. Der Vortrag zur Hilfsaufrechnung sei verspätet und mangels ordnungsgemäßer Schlussrechnung mangele es zudem an der Fälligkeit.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere hält sie ihre Auffassung aufrecht, dass der gesamte Vertrag wegen der von ihr behaupteten Abrede über die Abrechnung des Innenputzes über die Rechnungen betreffend das WDVS nichtig sei. Sie hält an ihrem Vortrag fest, dass eine Schadenskompensation durch Versicherungsleistungen im Rahmen der “Hochwasserkatastrophe” 2021 erfolgt sei. Die Höhe der Mangelbeseitigungskosten wird von ihr ebenfalls weiterhin bestritten. Schließlich ist sie der Auffassung, dass ihr Einwand der Aufrechnung Erfolg habe bzw. eine Verrechnung des klägerischen Vorschussanspruchs mit ihren behaupteten, noch offenen Vergütungsforderungen zu erfolgen habe. Das Landgericht habe nicht ohne Hinweis auf die Unschlüssigkeit darüber entscheiden dürfen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landgerichts Aachen vom 07.12.2022, Aktenzeichen 4 O 24/22, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest und verteidigt das angefochtene Urteil aus den seiner Auffassung nach zutreffenden Gründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des in zweiter Instanz erfolgten Vortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2023 (Bl. 138 ff. GA) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenvorschuss findet seine Rechtsgrundlage in §§ 631, 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB.

a) Der Kläger ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH vom 19.01.2017 –VII ZR 235/15) berechtigt, sein Vorschussbegehren ohne die grundsätzlich erforderliche Abnahme geltend zu machen, wenn das Vertragsverhältnis mittlerweile in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Hiervon ist vorliegend nach dem nicht bestrittenen Klägervortrag auszugehen, zumal der Kläger nach erfolgloser Fristsetzung keine Erfüllung, sondern nur noch Zahlungsansprüche geltend macht, der Vertrag klägerseits gekündigt wurde und die Beklagte ihr Gewerbe abgemeldet und den Geschäftsbetrieb aufgegeben hat.

b) Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht insgesamt nichtig gemäß § 134 BGB, weil er gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.

Nicht jeder Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot führt zwingend zur Nichtigkeit des betroffenen Rechtsgeschäfts. Vielmehr tritt diese Rechtsfolge entsprechend dem Normzweckvorbehalt des § 134 HS 2 BGB nur dann ein, “wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt“. Ob das Rechtsgeschäft trotz eines Gesetzesverstoßes gültig ist, muss deshalb im Einzelfall durch Auslegung der jeweiligen Verbotsnorm ermittelt werden, wobei dem Normzweck eine entscheidende Bedeutung zukommt (BGH NJW-RR 2011, 1426; BGHZ 89, 369; NK-BGB/Looschelders Rn. 41; MüKoBGB/Armbrüster Rn. 177; Beater AcP 197 (1997), 505 (515 ff.); Krampe AcP 194 (1994), 1 (28) BeckOGK/Vossler, BGB, Stand 1.3.2023, § 134 Rn. 84-86.1).

Die ständige Rechtsprechung verlangt für die Nichtigkeitsfolge des gesamten Vertrags, dass Hauptzweck des Vertrags gerade die inkriminierte Handlung ist (vgl. etwa BGH 9.6.1954 – II ZR 70/53, BGHZ 14, 25, 30 f; 23.6.1997 – II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 132; 13.2.2003 – IX ZR 76/99, NJW-RR 2003, 1565, 1568; 14.12.2016 – IV ZR 7/15, NZG 2017, 476, 478; BAG 26.2.2003 – 5 AZR 690/01, NZA 2004, 313, 315). Ist das nicht der Fall, soll der Vertrag nicht ohne Weiteres unwirksam sein (BGH 17.12.1965 – V ZR 115/63, WM 1966, 161, 163; 23.2.1983 – IV a ZR 187/81, NJW 1983, 1843, 1844; 24.4.2008 – VII ZR 42/07, NJW-RR 2008, 1050 f). Unwirksam ist zweifelsfrei in allen Fällen die Abrede über die inkriminierte Handlung. Weil diese jedoch einen Teil des gesamten Geschäfts bildet, kann der Vertrag insgesamt gemäß § 139 BGB nur aufrechterhalten werden, wenn feststeht, dass er auch ohne die verbotene Abrede (etwa der Steuerverkürzung oder hier des Erlangens von nicht zustehenden Fördermitteln) zu denselben Bedingungen – insbesondere mit derselben Gegenleistung – abgeschlossen worden wäre (BGH 3.7.1968 – VIII ZR 113/66, NJW 1968, 1927; 2.7.2003 – XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742; 14.12.2016 – IV ZR 7/15, NZG 2017, 476, 478; BGH, Urteil vom 2. Juli 2003 – XII ZR 74/01). Beispiele für Verträge, in denen die strafbare Handlung Hauptzweck ist, sind etwa der Beitrittsvertrag zur Beteiligung an einer KG, wenn die Beitrittserklärung zum Zweck der Steuerersparnis (Verlustzuweisung) rückdatiert wurde (vgl. hierzu OLG Koblenz 22.2.1979 – 6 U 365/78, WM 1979, 1435, 1436 f.), ein Darlehen zum Ankauf unverzollter Zigaretten (siehe Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 134 Rn. 23) oder eine ausschließlich der Steuerhinterziehung dienende Kontoeröffnung (vgl. RG JW 1935, 420; Liesecke WM 1975, 214, 219). Auch wenn in einem Mietvertrag nur 1/7 der tatsächlich vereinbarten Miete festgehalten ist, liegt ein entsprechender Hauptzweck nahe; maßgeblich sind aber auch insoweit die Umstände des Einzelfalles (BGH 2.7.2003 – XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742).

Diese Bewertungsmaßstäbe zu Grunde legend steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Vertrag, den Fall der verbotswidrigen Absprache unterstellt, nicht gesamtnichtig i.S.v. § 134 BGB ist.

Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber ähnlich wie im Falle des SchwarzArbG das Ziel verfolgte, derartige Rechtsgeschäfte und auch den insoweit erfolgten Leistungsaustausch in Gänze zu verhindern. Aus der Gesamtschau der Verbotsnorm des § 263 StGB in Verbindung mit den Vorschriften über die Förderung durch die KfW ergibt sich, dass durch die KfW lediglich energetisch förderungswürdige Vorhaben (WDVS) bezuschusst werden sollen, nicht etwa der Verschönerung dienende Verputzarbeiten im Innenbereich. Diesem Förderungszweck lässt sich aber nicht entnehmen, dass vom Gesetzgeber beabsichtigt war, solche Rechtsgeschäfte (und auch den mit ihnen zusammenhängenden Leistungsaustausch) ähnlich den Schwarzarbeiter-Fällen in Gänze zu verhindern. Bei Verträgen zur energetischen Sanierung von Gebäuden ist dies gerade nicht der Fall.

Der zwischen den hiesigen Parteien geschlossene Vertrag kann auch – ohne die (hier unterstellte) verbotswidrige und damit nichtige Absprache – gem. § 139 BGB teilweise aufrecht erhalten werden: Vorliegend war Hauptzweck des Vertrags nicht das Erschleichen von Fördermitteln der KfW. Vielmehr beabsichtigte der Beklagte von vornherein, das in seinem Eigentum stehende Gebäude für die beabsichtigte weitere Nutzung umfassend energetisch zu sanieren, so dass davon auszugehen ist, dass der Vertrag über die Ausführung des WDVS, welches ohnehin als solches förderfähig war, auch ohne die Abrede über die Abrechnungsgestaltung betreffend die – als solche nicht förderfähigen – Innenputzarbeiten geschlossen worden wäre. Die Parteien wollten den ohnehin notwendigen Sanierungsmaßnahmen somit “nur” eine weitergehende Förderung als berechtigt zukommen lassen. Wie bereits ausgeführt, waren die Fördermittel für das Wärmedämmverbundsystem selbst auch berechtigt, sodass die Förderung “lediglich” für den die Innenputzarbeiten betreffenden Anteil der vorzulegenden Rechnungssummen nicht berechtigt gewesen wäre. Die Parteien haben also “nur” die Ausführung von Werkleistungen mit einer inhaltlich falschen Rechnung vereinbart. Schließlich wäre auch die Höhe der insgesamt vereinbarten Gegenleistung von der nach Behauptung der Beklagten getroffenen Absprache nicht berührt worden. Auch die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass das angebotene Preisgefüge zum damaligen Zeitpunkt üblich gewesen sei.

c) Zur Überzeugung des Senats wurde das Wärmedämmverbundsystem von der Beklagten auch mangelhaft montiert. Der Kläger hat die Mängel schriftsätzlich konkret bezeichnet (vgl. Bl. 6 f. und Bl. 154 f. GA LG) und unter Bezugnahme auf das Privatgutachten Anl. K11, dort insbes. S. 13 ff. und S. 42 ff. (Bl. 35 ff. und 64 GA LG) hinreichend substantiiert dargelegt.

Das Bestreiten des Mangels durch die Beklagte (Bl. 132 d.A. LG) als Inhaberin eines Fachunternehmens ist vor diesem Hintergrund – gemessen an der sekundären Darlegungslast – als unzureichend anzusehen. Der Kläger hat sich umfangreich bemüht, die Beklagte in die Feststellungsermittlungen des von ihm beauftragten Sachverständigen K. einzubinden und ihr Gelegenheit zu eigenen Darlegungen und Begründungen ihres Vorgehens sowie zu frühzeitigen Verhinderungen vermeintlicher Fehleinschätzungen zu geben, was sie letztlich nicht wahrgenommen hat. Die offensichtlichen Mängel lassen sich für den Senat als Spezialsenat mit der Sonderzuständigkeit für Bausachen auch anhand der vorliegenden Lichtbilder (etwa im Privatgutachten, Anlage K11, Bl. 23 ff. GA LG) problemlos nachvollziehen.

Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 15.08.2022 (Bl. 227 ff. GA LG) lediglich dargelegt, die vom Privatgutachter bewerteten 5 Bauteilöffnungen seien nicht repräsentativ und der vom Privatgutachter bemängelte nicht tragfähige Untergrund könne durch eine – auch vom Privatgutachter dokumentierte – Verdübelung kompensiert werden. Diese beiden Aspekte sind jedoch nicht geeignet, Zweifel an der Mangelhaftigkeit des Gewerks hervorzurufen.

Der Kläger hat im Schriftsatz vom 01.09.2022 unter Bezugnahme auf eine weitere Stellungnahme des Privatsachverständigen K. vom 30.08.2022 nebst Merkblatt der WTA Wärmedämm-Verbundsysteme Merkblatt E-2-13 Ausgabe 04.2014/D (Anl. K 21, Bl. 279 ff. GA LG, hier letzter Absatz auf S. 6 des Merkblatts) dargelegt, dass bei einem Objekt wie dem vorliegenden vier Bauteilöffnungen angemessen und repräsentativ seien, wenn bei den Bauteilöffnungen übereinstimmende Ergebnisse vorgefunden würden, was der Sachverständige bestätigt hat. Vorliegend handelt es sich um ein Objekt mit zwei Wohneinheiten und einer Gewerbeeinheit. Das Merkblatt der WTA (der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege) beinhaltet durch eine maßgebliche Anzahl fachkundiger Personen zusammengefasste anerkannte Regeln der Technik, wonach die Überprüfung in 4 Bereichen ausreicht. Der Begriff der allgemein anerkannten Regeln der Technik umfasst alle überbetrieblichen technischen Normen, zu denen beispielsweise die DIN-Normen, die ETB (Einheitliche Technische Baubestimmungen des Instituts für Bautechnik), die Richtlinien des VDI, die Flachdachrichtlinien usw. gehören, sowie die mündlich überlieferten technischen Regeln (Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 5 Rn. 48). Auch das o.g. Merkblatt der WTA gibt solche allgemein anerkannten Regeln der Technik wieder (vgl. dazu auch Eßmann in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Auflage 2022, Teil I Rn. 627). Bedenken an der Feststellung des Mangels durch das beschriebene Vorgehen des Sachverständigen bestehen daher seitens des Senats nicht. Dem ist die Beklagte fachlich auch nicht ausreichend entgegengetreten.

Der Behauptung der Beklagten, dass das Wärmedämmverbundsystem durch nachträgliche Verdübelung nachgebessert werden könnte, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Bereits aus der als solcher von der Beklagten nich bestrittenen Stellungnahme des Herstellers (Anlage A1 zum Gutachten des Sachverständigen K., Bl. 64 GA LG) ergibt sich, dass der Hersteller des Wärmedämmverbundsystems, der das Vorliegen der Voraussetzungen seiner eigenen bauaufsichtlichen Zulassung technisch zu beurteilen vermag, selbst der Ansicht ist, das Wärmedämmverbundsystem sei nicht nachbesserungsfähig. Überdies hat die Beklagte nicht einmal vorgetragen, was sie wie und wo verdübeln will. Schließlich sind auch weder die Mängel der Brandriegel noch die fehlerhaften Anschlüsse an den Fensterbänken und die nicht ausreichend eingebrachte Armierung durch zusätzliche Verdübelungen zu beheben. Letztlich ist das ganze “System” nur punktuell technisch ordnungsgemäß ausgeführt und es besteht daher jedenfalls die Gefahr, dass das System als Ganzes auch hinsichtlich des Brandschutzes, Wärmeschutzes und Witterungsschutzes nicht ausreichend funktioniert. Das muss der Besteller nicht hinnehmen.

d) Soweit die Beklagte vorträgt, dass das Bauvorhaben des Klägers im Juli 2021 durch die sogenannte Hochwasserkatastrophe beschädigt worden sei und der Kläger infolgedessen auch Versicherungsleistungen für die beschädigten bereits angebrachten Teile des Wärmedämmverbundsystems in Anspruch genommen habe, führt das Landgericht zu Recht aus, dass dies klägerseits bestritten worden ist und weitere Ausführungen der Beklagten nicht erfolgten. Die Beklagte hat schon nicht bewiesen, dass die Außendämmung überhaupt von dem Hochwasser betroffen war, geschweige denn infolgedessen Schadensersatzleistungen durch die Versicherung an den Kläger gezahlt wurden. Es handelt sich offensichtlich um Behauptungen ins Blaue.

Überdies hätte solches aber auch – wie das Landgericht zutreffend ausführt – keinen Einfluss auf die hier in Rede stehenden Mangelbeseitigungsansprüche, weil zum Zeitpunkt des Hochwassers im Juli 2021 das Wärmedämmverbundsystem nach den erstinstanzlichen Feststellungen bereits irreparabel mangelhaft war und zurückgebaut werden musste. Eine Vergrößerung des Schadens und damit einhergehend der Mangelbeseitigungskosten kann also schon nicht mehr eingetreten sein. Der Mangelbeseitigungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte bestand bereits. Die Arbeiten wurden auch nicht mehr weiter geführt. Wenn dann durch ein anderes zeitlich nachfolgendes Ereignis eine Vergrößerung des Schadens eingetreten wäre (was indessen bestritten ist), kann dies dem Erstschädiger nicht zum Vorteil gereichen, sofern das Hochwasser nicht als Schadensanlage bereits vorhanden war. Denn der Anspruch auf Mangelbeseitigung war bereits im Vermögen des Klägers vorhanden (dazu auch BGH VI ZR 229/92).

e) Die Beklagte rügt weiterhin zu Unrecht die seiner Ansicht nach deutlich übersetzten Mängelbeseitigungskosten insbesondere im Hinblick auf die Abbruchkosten.

Die Höhe des Vorschusses bemisst sich nach den – aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers – für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen (BGHZ 54, 82; BGHZ 47, 272; BGH BauR 1999, 631; NJW-RR 1993, 522; NJW-RR 1991, 789; NJW-RR 1989, 86; BeckOK BGB/Voit Rn. 12; BeckOGK/Rast, BGB, Stand 1.4.2022, § 634 Rn. 204; Staudinger/Peters, 2019, § 634 Rn. 88) die sich ggf. durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen. Der Besteller kann die Kosten bei Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte auch – laienhaft – schätzen (BGH BeckRS 2010, 16186; OLG Düsseldorf BeckRS 2020, 7833 Rn. 184; NZBau 2017, 280 Rn. 62; OLG Hamburg NJW-RR 2019, 336 Rn. 104; OLG München BeckRS 2018, 23495 Rn. 284). Die Anforderungen an die Darlegungslast sind deshalb nicht hoch, zumal der Vorschuss eine vorläufige Zahlung ist, über die am Ende abgerechnet werden muss. Erforderlich sind die Aufwendungen, die mit Sicherheit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands dienen (BGH NJW 2014, 620; NJW-RR 2010, 1604).

Unter Berücksichtigung der o.g. Grundsätze hat der Kläger schriftsätzlich und durch Vorlage des Gutachtens Anl. K 11 substantiiert dargelegt, dass zur Beseitigung der mangelhaften Ausführung des WDVS umfangreiche Arbeiten erforderlich sind, welche voraussichtlich Kosten in Höhe von 140.806,08 Euro brutto (Bl. 55 d.A.) auslösen werden. Insbesondere hat der Privatsachverständige ausführlich, detailliert und inkl. Aufmaß seine Kostenschätzung begründet (Bl. 49-62 d.A.), so dass das pauschale Bestreiten der Beklagten, einem Fachunternehmen, (Bl. 132 d.A.) nicht ausreichend ist.

Dass die Beklagte die Mängelbeseitigung bzw. dessen Kostenvorschuss wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern dürfte, ist weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich. Voraussetzung hierfür wäre zudem, dass der Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem objektiven Interesse des Bestellers an einer vertragsgemäßen Leistung steht und deshalb das Bestehen auf Vertragserfüllung sich unter Berücksichtigung aller Umstände als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (Grüneberg/Retzlaff, BGB, 81. Aufl., § 635 Rn. 11 m.w.N.). Davon ist vorliegend jedoch gerade nicht auszugehen. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, dort S. 18 f., zur Vermeidung von Wiederholungen an.

Zu ergänzen ist lediglich, dass, soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, zwar für das Anbringen von WDVS Fachunternehmen zu sein, indes nicht für den Abbruch, so dass einfaches Bestreiten hinsichtlich der Abbruchkosten ausreichen dürfe, dies nicht zutrifft: Derjenige, der die Dämmstoffe montiert, kennt sich naturgemäß auch mit der Entsorgung und den diesbezüglichen Kosten aus. Schon beim Aufbringen ergeben sich immer wieder Abfallstücke, die später zu entsorgen sind. Trotz entsprechender Hinweise im angefochtenen Urteil hat die Beklagte zudem auch mit der Berufungsbegründung ihren diesbezüglichen Einwand nicht näher substantiiert erläutert.

Darüber hinaus war der Vortrag erstinstanzlich bereits verspätet und kann auch in zweiter Instanz nicht mehr berücksichtigt werden: Die Höhe der Mangelbeseitigungskosten im Hinblick auf die Abbruchkosten wurde erstmalig mit Schriftsatz vom 28.11.2022 angegriffen. Zum Zeitpunkt des neuen Vortrags bzw. Bestreitens unter Vorlage eines Gegenangebots war der Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das erlassene Versäumnisurteil bereits beendet und Verkündungstermin anberaumt (auch wenn dieser nochmals aus dienstlichen Gründen verschobenen wurde). Den Parteien war zwar Schriftsatznachlass jedoch hinsichtlich bestimmter anderer Punkte gewährt worden, welcher aber ebenfalls abgelaufen war. Daher konnte der neue Vortrag gem. § 296a ZPO erstinstanzlich nicht mehr berücksichtigt werden. Ein Grund für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung i.S.v. § 156 ZPO ist nicht erkennbar. Schließlich wurden auch keine Gründe dafür vorgetragen, den neuen Vortrag gemessen an den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zweitinstanzlich zuzulassen.

f) Die Beklagte vermag sich auch nicht darauf zu berufen, ihr stehe noch ein fälliger Werklohnanspruch aus der Ausführung der WDVS-Arbeiten zu, den sie dem Kostenvorschuss des Klägers entgegenhalten könne.

Im Grundsatz zutreffend gehen allerdings beide Parteien davon aus, dass ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung nur insoweit besteht, als sich der Auftraggeber aus zurückbehaltenem Werklohn nicht befriedigen kann (OLG München, Beschluss vom 08. Oktober 2015 – 27 U 1614/15 Bau, nachgehend BGH, Beschluss vom 07. Februar 2018 – VII ZR 253/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen; OLG Dresden, Teilurteil vom 02. Februar 2017 – 10 U 672/12; OLG Celle, Urteil vom 03.03.2016 – 16 U 129/15).

Vorliegend hat die Beklagte jedoch einen fälligen Anspruch auf Werklohn aus der Ausführung der WDVS-Arbeiten nicht schlüssig dargelegt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil (dort S. 19 d. Urteils unter Ziff. 8.) Bezug genommen, zu denen die Beklagte in der Berufungsinstanz keinen weitergehenden Vortrag geleistet hat.

Gleiches gilt auch, soweit die Beklagte mit einem ihr ihrer Auffassung nach zustehenden Werklohnanspruch aus der Ausführung von Innenputzarbeiten am Bauvorhaben die Hilfsaufrechnung erklärt hat. Auch insoweit hat die Beklagte einen fälligen Werklohnanspruch nicht schlüssig dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat diesbezüglich ebenfalls Bezug auf die zutreffenden, nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung (dort S. 20 d. Urteils unter Ziff. 9.), denen die Beklagte gleichfalls in der Berufungsinstanz nicht sachlich entgegengetreten ist.

2. Dem Kläger steht weiterhin ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten gem. §§ 631, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 249 BGB i.H.v. 4.325,06 Euro zu. Die Kosten der Schadens- bzw. Mängelfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Anspruchs erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 28. Februar 2017 – VI ZR 76/16). Einwände, dass das Privatgutachten nicht erforderlich oder dessen Kosten überhöht seien, sind erst- wie zweitinstanzlich weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Schließlich ist der zulässige Feststellungsanspruch nach den vorstehenden Ausführungen auch begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO bestand keine Veranlassung. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Vielmehr hat der Senat den Fall nach Maßgabe der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles entschieden.

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