Ax Vergaberecht

Kurz belichtet – Öffentliches BauRecht – Entscheidungspraxis

Kurz belichtet – Öffentliches BauRecht - Entscheidungspraxis

Öffentliches Baurecht

Abstandsflächen eingehalten: Nachbar muss Verschattung hinnehmen!

VGH Bayern, Beschluss vom 09.08.2022 – 15 CS 22.136411.

1. Gewisse Verringerungen des Lichteinfalls bzw. ein Verschattungseffekt als typische Folgen einer Bebauung insbesondere in innergemeindlichen Lagen sind grundsätzlich hinzunehmen.

2. Im Regelfall bedarf es keiner besonderen Ermittlung, Bewertung und Abwägung zur Frage einer planbedingten Verschattung, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften bei Umsetzung des Bebauungsplans eingehalten sind.

3. Auch bei Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen können im Fall der maximalen Umsetzung eines Bebauungsplans weitere Ermittlungen, Bewertungen und Abwägungserwägungen zur Verschattungsfrage geboten sein, wenn ein bestehender Bebauungsplan geändert werden soll. Das gilt insbesondere, wenn es um Änderungen von Festsetzungen geht, die nachbarschützende Festsetzungen begründen.

4. Ortsrechtliche Festsetzungen begründen – unabhängig davon, ob sie nach dem Willen des Plangebers nachbarschützend sind oder nicht – regelmäßig ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass Veränderungen des Bebauungsplans, die sich für die Nachbarn nachteilig auswirken können, nur unter Berücksichtigung ihrer Interessen vorgenommen werden.

Öffentliches Baurecht

Keine Innenentwicklung im Außenbereich!

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.12.2022 – 8 C 10123/221

1. Gemeinderatsmitglieder, die Angehörige eines Geschäftsführers und Alleingesellschafters einer GmbH sind, welche durch einen Bebauungsplan unmittelbar betroffen ist, sind gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 GemO von der Mitwirkung am Planaufstellungsverfahren ausgeschlossen.

2. Die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung (§ 13a BauGB) ist unzulässig, wenn die beplanten Flächen im Außenbereich liegen.

3. Die Festlegung artenschutzrechtlicher Vermeidungsmaßnahmen im Rahmen der FFH-Vorprüfung lässt nicht die Notwendigkeit einer Vollprüfung entfallen, wenn sich die Vermeidungsmaßnahmen allesamt auf für das FFH-Gebiet maßgebliche Lebensraumarten beziehen.

4. Ein im Plangebiet ansässiges Unternehmen hat grundsätzlich Anspruch auf einen Anschluss an das öffentliche Straßennetz, jedoch nicht auf Beibehaltung einer günstigen Erschließungssituation.

Öffentliches Baurecht

Unverbindliche Erweiterungsabsicht ist nicht abwägungsbeachtlich!

BVerwG, Beschluss vom 05.04.2023 – 4 BN 29.22

1Der besonderen Schutzwürdigkeit privilegierter landwirtschaftlicher Betriebe im Außenbereich ist bei der Abwägung gebührend Rechnung zu tragen.

2. Neben dem schutzwürdigen, insbesondere genehmigten oder genehmigungsfähigen Bestand ist zudem das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebsausweitung im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung abwägungsbeachtlich, nicht jedoch unklare oder unverbindliche Erweiterungs- oder Modernisierungsabsichten.

Öffentliches Baurecht

Zur Abgrenzung zwischen Studentenkneipe und Studententanzkeller

OVG Bremen, Beschluss vom 30.03.2021 – 1 LA 180/18

1. Zur Abgrenzung zwischen Studentenkneipe (Schank- und Speisewirtschaft) und Studententanzkeller (Vergnügungsstätte, Diskothek).

2. Zur Abgrenzung zwischen Nutzungsänderung und Nutzungsintensivierung bei einem Studententanzkeller (Diskothek).

Öffentliches Baurecht

Umnutzung einer Wohnung zur Prostitutionsstätte?

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.04.2023 – 2 L 90/21

Die Nutzungsänderung einer Wohnung zur Terminwohnung, in der Prostitution betrieben wird, kann in einem faktischen Mischgebiet im Einzelfall bauplanungsrechtlich unzulässig sein, wenn die Terminwohnung im 2. Obergeschoss eines ansonsten zu Wohnzwecken genutzten Mehrfamilienhauses eingerichtet werden soll.*)

Öffentliches Baurecht

Unser Dorf soll schöner werden …

VG Freiburg, Urteil vom 18.04.2023 – 3 K 1796/22

1. Bemühungen einer Gemeinde um Verbesserung der funktionalen Gestaltung der Innenstadt und Erhöhung der Standortqualität stellen besondere städtebauliche Gründe im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO dar, die im urbanen Gebiet nach § 6a BauNVO den Ausschluss von Werbeanlagen für Fremdwerbung rechtfertigen können.

2. § 6a Abs. 4 BauNVO enthält über die bestehenden Möglichkeiten zur “Feinsteuerung” nach § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO hinaus zusätzliche Differenzierungsmöglichkeiten.

3. § 6a Abs. 4 Nr. 1 BauNVO schließt – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – die Anwendung von § 1 Abs. 7 Nr. 2 BauNVO nicht aus.

Öffentliches Baurecht

Zur Zulässigkeit einer Grenzgarage im unbeplanten Innenbereich

OVG Saarland, Beschluss vom 27.04.2023 – 2 A 259/22

1Ungeachtet des Umstands, dass bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Grenzgarage im unbeplanten Innenbereich hinsichtlich des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche keine Ermessensentscheidung der Baugenehmigungsbehörde in Betracht kommt, weil nach § 34 Abs. 1 BauGB vor dem Hintergrund der Eigentumsgewährleistung im Art. 14 Abs. 1 GG eine gebundene Entscheidung zu treffen ist, sind die im § 23 Abs. 5 BauNVO für die Ermessensentscheidung im Plangebiet geltenden materiellen Maßstäbe auch in dem Zusammenhang in den Blick zu nehmen.

2. Demnach sind auch bei der Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB insoweit mögliche städtebaulichen Folgen einer Zulassung der Garage außerhalb der durch faktische Baugrenzen bestimmten überbaubaren Grundstücksflächen von Bedeutung. Die über die Nichteinhaltung des Umgebungsrahmens hinaus für ein Nichteinfügen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) der Garage zu fordernden spannungsbegründenden Veränderungen der städtebaulichen Situation beziehungsweise eine das Einfügen hindernde Verschlechterung der städtebaulichen Situation können sich insbesondere aus einer negativen Vorbildwirkung ergeben.

3. Nennt die insoweit maßgebliche Entscheidung der Widerspruchsbehörde als Grundlage ihrer Ermessensentscheidung für den Erlass einer Beseitigungsanordnung die materielle Rechtswidrigkeit im Sinne einer fehlenden (nachträglichen) Genehmigungsfähigkeit des Bauwerks und stellt nicht tragend auf eine beabsichtigte Ausräumung einer Nachbarrechtsverletzung ab, kommt es für die rechtliche Überprüfung dieser Entscheidung nicht entscheidend darauf an, ob die Anlage auch die subjektiven Rechte eines Nachbarn verletzt.

OLG Koblenz zur Frage des Fehlens eines haftungsausfüllenden Kausalzusammenhangs zwischen Baumangel und Schaden, wenn die Leistung des Auftragnehmers zwar nicht mit der (überarbeiteten) Planung übereinstimmt, der Baumangel aber auch dann eingetreten wäre, wenn der Auftragnehmer seine Leistung plankonform ausgeführt hätte und die Höhe des damit verbundenen Mängelbeseitigungsaufwands dem geltend gemachten Schadensersatz entspricht

OLG Koblenz zur Frage des Fehlens eines haftungsausfüllenden Kausalzusammenhangs zwischen Baumangel und Schaden, wenn die Leistung des Auftragnehmers zwar nicht mit der (überarbeiteten) Planung übereinstimmt, der Baumangel aber auch dann eingetreten wäre, wenn der Auftragnehmer seine Leistung plankonform ausgeführt hätte und die Höhe des damit verbundenen Mängelbeseitigungsaufwands dem geltend gemachten Schadensersatz entspricht

vorgestellt von Thomas Ax

Auch wenn die Leistung mangelhaft ist und der Auftragnehmer den Mangel zu vertreten hat, steht dem Auftraggeber kein Anspruch auf Schadensersatz zu, wenn zwischen dem Mangel der Werkleistung und dem Schaden kein haftungsausfüllender Kausalzusammenhang besteht. An einem haftungsausfüllenden Kausalzusammenhang zwischen Baumangel und Schaden fehlt es, wenn die Leistung des Auftragnehmers zwar nicht mit der (überarbeiteten) Planung übereinstimmt, der Baumangel aber auch dann eingetreten wäre, wenn der Auftragnehmer seine Leistung plankonform ausgeführt hätte und die Höhe des damit verbundenen Mängelbeseitigungsaufwands dem geltend gemachten Schadensersatz entspricht.

OLG Koblenz, Urteil vom 13.04.2021 – 3 U 431/20

Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten zu 1) als Architekten und den Beklagten zu 2) als Rohbauunternehmer als Gesamtschuldner auf Schadensersatz für Mehrkosten einer Umbaumaßnahme in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten zu 2).

Nachdem die Berufshaftpflichtversicherung des Beklagten zu 1) und der Beklagte zu 1) teilweise selbst die Klageforderung erfüllt haben, erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin ließ in den Jahren 2011 und 2012 auf ihrem Betriebsgelände eine Lagerhalle mit Teilunterkellerung errichten. Hierzu beauftragte sie den Beklagten zu 1) durch Vertrag vom 23.02.2011 (Bl. 1 ff. Anlagenheft Klägerin, im Folgenden: AH) mit den Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 gemäß § 33 HOAI 2009 einschließlich der Tragwerksplanung (Statik). Letztere gab der Beklagte zu 1) bei seinem Streithelfer in Auftrag. Der Beklagte zu 2) war u. a. mit Betonierarbeiten am Gebäudefundament beauftragt.

Das bauliche Konzept der Lagerhalle sah unter anderem acht Außenstützen auf der Giebelseite mit den Abmessungen 60 * 50 cm als Fundament vor. Diese sollten im Untergeschoss durch den Beklagten zu 2) in Ortbetonbauweise hergestellt werden. Im Erdgeschoss sollten vorgefertigte Fertigteilstützen zum Einsatz kommen. Für die Verbindung der beiden Säulenelemente waren sog. Peikko-Anschlüsse geplant. Bei diesem System wird auf der Oberseite der Ortbetonstütze eine vorgefertigte Stahlplatte mit aufragenden Stahlbolzen (sog. Ankerbolzen) befestigt. Als Gegenstück der Ankerbolzen wird am unteren Ende der Fertigteilstütze eine Stahlplatte mit Lochöffnungen montiert, die exakt auf Zahl, Größe und Position der Ankerbolzen abgestimmt ist (sog. Stützenschuh). Für den Einbau der Ankerbolzen in die Schalung der Ortbetonstütze bedarf es einer Einbauschablone.

Der Streithelfer der Beklagten zu 1) legte unter dem 04.04.2012 einen Plan für die Peikko-Anschlüsse vor, der von dem Prüfstatiker am 18.04.2012 freigegeben wurde. Auf dieser Grundlage wurden Einbauschablonen erstellt (im Folgenden: erste Einbauschablone), die der Beklagte zu 2) verwenden sollte.

Beim Einbau der Schablone in die Schalung stellte der Beklagte zu 2) fest, dass die Ankerbolzen in der Lage, wie sie durch die erste Einbauschablone vorgegeben war, nicht zu den Abmessungen der Ortbetonstützen passten und zeigte dies gegenüber der Bauleitung an.

Um eine Verbreiterung der Schalung für die Ortbetonstützen zu vermeiden, erstellte der Streithelfer des Beklagten zu 1) unter dem 06.07.2012 eine geänderte Planung der Peikko-Anschlüsse mit anderen Positionen der Ankerbolzen. Auf ihrer Grundlage wurden kleinere Einbauschablonen hergestellt (im Folgenden: zweite Einbauschablone).

Der Beklagte zu 2) stellte fest, dass auch die Verwendung dieser Einbauschablone zu Kollisionen mit der Bügelbewehrung der Ortbetonstützen führen würde, die Einbauschablonen also noch zu groß waren, um in die vorhandene Schalung eingebaut zu werden und zeigte dies gegenüber der Bauleitung an. Am 11.07.2012 verweigerte der Prüfstatiker dieser Planung die Freigabe.

Am 16.07.2012 fand eine Besprechung unter Beteiligung des Streithelfers des Beklagten zu 1), des Bauleiters des Beklagten zu 1) (Zeuge …[A]) und des Beklagten zu 2) statt, bei der Lösungsmöglichkeiten erörtert wurden, u. a. eine Änderung der Bewehrung der Ortbetonstützen durch Verwendung der bisherigen Bügel als Zwischenbügel nebst Ergänzung um zusätzliche Bügel, ohne dass eine Einigung erzielt werden konnte.

Am selben Tag übersandte der Beklagte zu 2) der Klägerin über den Beklagten zu 1) eine

“Bedenkenanmeldung nach § 4.3 VOB/B und Behinderungsanzeige nach § 6.1 VOB/B”.

Auf den Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen (Anlage B2, AH Beklagter zu 1)). Anschließend unterbreitete der Streithelfer des Beklagten zu 1) dem Prüfstatiker eine Planung, die neben einer Änderung in der Bewehrung vorsah, die Ortbetonstützen auf 62 * 51 cm zu vergrößern und die Ankerbolzen gemäß der ersten Einbauschablone zu setzen.

Dieser Planung erteilte der Prüfstatiker am 17.07.2012 die Freigabe.

Am 19.07.2012 schickte der Streithelfer des Beklagten zu 1) dem Beklagten zu 2) mit dem Betreff

“WG: geänderter Plan mit Zwischenbügel”

folgende E-Mail:

Hallo …[B], wenn wir die alten Bügel als Zwischenbügel nehmen wie der Prüfstatiker vorgeschlagen hat, dann müssen wir nur die neuen bestellen.

Gruss …[C]”.

Der E-Mail war eine Anlage “Plan_DET1.pdf”, beigefügt, deren Inhalt dem letzten Planungsstand entsprach (Anlage B1, AH Beklagter zu 1)), die der Beklagte zu 2) aber nicht öffnete.

In der Folge betonierten Mitarbeiter des Beklagten zu 2) die acht giebelseitigen Ortbetonstützen unter Verwendung der zweiten Einbauschablone.

Am 10.09.2019 stellte man bei dem Versuch die Fertigteilstützen auf die Ortbetonstützen zu setzen fest, dass die Ankerbolzen nicht in die Stützenschuhe passten. Die Beteiligten suchten zusammen mit dem Prüfstatiker nach einer kostengünstigen Lösung, die es erlaubte, sowohl die Ortbetonstützen als auch die Fertigteilstützen weiterzuverwenden. Schließlich wurde ein Windrispenverband verbaut und die Ankerbolzen gekürzt und über stählerne Adapterplatten mit den Fertigteilstützen verbunden.

Die Klägerin hat die Mehrkosten der Umbaumaßnahme, die sie im Mahnverfahren mit 105.498,00 Euro und im Klageverfahren mit 89.374,16 Euro beziffert hat, zunächst gegenüber dem Beklagten zu 1) und im weiteren Verlauf des Rechtsstreits auch gegenüber dem Beklagten zu 2) geltend gemacht.

Soweit für das Berufungsverfahren relevant, haben die Klägerin und der Beklagte zu 2) im Wesentlichen darüber gestritten, ob aus der E-Mail vom 19.07.2012 für den Beklagten zu 2) ersichtlich war, dass die erste Einbauschablone zu verwenden war. Der Beklagte zu 2) war und ist der Ansicht, sein Handeln sei für den Schadenseintritt nicht ursächlich gewesen, da die Planung des Streithelfers des Beklagten zu 1) gemäß der E-Mail vom 19.07.2012 mit für ihn nicht erkennbaren Mängeln behaftet gewesen sei und bei Ausführung der Arbeiten nach dieser Planung derselbe Mehraufwand entstanden sei. Jedenfalls müsse sich die Klägerin die Planungsmängel des Beklagten zu 1) als Mitverschulden entgegenhalten lassen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 08.07.2016 (Bl. 204 ff. Papierakte LG) durch Vernehmung des Streithelfers als Zeugen, des Bauleiters des Beklagten zu 1) (Zeuge ..[A]), des Poliers des Beklagten zu 2) (Zeuge …[D]) und des Betriebsleiters der Klägerin (Zeuge …[E]) sowie gemäß den Beweisbeschlüssen vom 20.01.2017 (Bl. 280 ff. Papierakte LG), 23.07.2018 (Bl. 431 f. Papierakte LG) und vom 30.11.2018 (Bl. 477 f. Papierakte LG) durch Einholung eines Gutachtens und zwei Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. …[F] vom 16.05.2018, 09.11.2018 und 30.01.2019. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2016 (Bl. 231 ff. Papierakte LG) und die Gutachten (Anlagenheft Sachverständigengutachten) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 06.03.2020 hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 89.374,16 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2013 verurteilt. Beide Beklagten hafteten der Klägerin aus den §§ 631, 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz.

Der Beklagte zu 1) habe seine Bauaufsichtspflicht verletzt, da er sich trotz Vorhandenseins zweier Einbauschablonen auf der Baustelle nicht vergewissert habe, dass die Peikko-Anschlüsse unter Verwendung der maßgeblichen Einbauschablone erstellt werden. Zudem müsse er sich den Planungsfehler seines Streithelfers zurechnen lassen, entweder bei der Berechnung der Peikko-Anschlüsse oder der Dimensionierung der Ortbetonstützen.

Der Beklagte zu 2) habe pflichtwidrig gehandelt, da er die Anlage zur E-Mail vom 19.07.2012 nicht geöffnet habe. Aus dieser habe sich unmissverständlich ergeben, welche der Einbauschablonen zu verwenden gewesen sei. Wegen der besonderen Schwierigkeit der Konstruktion und der wiederholten Korrespondenz mit Statiker und Prüfstatiker habe er alle Informationsmöglichkeiten ausschöpfen müssen; so habe er sich der Möglichkeit beraubt, für den Fall Bedenken anzumelden oder eine Behinderungsanzeige anzubringen, dass ihm die Planzeichnung nicht aussagekräftig genug erschienen gewesen wäre.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten zu 2).

Das Landgericht habe sich nur oberflächlich mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt, den gutachterlichen Feststellungen und dem Parteivortrag auseinandergesetzt. Die mangelhafte Entstehung des Bauwerks sowie die in der Folge erforderlichen Aufwendungen der Klägerin zur Mängelbeseitigung und Fertigstellung habe er nicht verursacht.

Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass nach dem zweiten erfolglosen Einbauversuch am 16.07.2012 ein Ortstermin stattgefunden habe, anlässlich dessen der Streithelfer vorgeschlagen habe, die bereits von ihm, dem Beklagten zu 2), hergestellten Bügel der Bewehrung der Ortbetonstützen als Zwischenbügel zu verwenden, die durch weitere Bügel ergänzt werden sollten, wodurch die Verwendung der bereits vorhandenen kleineren zweiten Einbauschablone ermöglicht worden wäre. Auch unter Berücksichtigung der sich aus der Anlage der E-Mail vom 19.07.2012 allenfalls mittelbar erschließenden Information, dass entgegen des Ergebnisses der Besprechung am 16.07.2012 nun doch die Schalung vergrößert und die ersten Schablonen verwendet werden sollten, hätte kein mangelfreies Bauwerk entstehen und die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung nicht vermieden werden können. Das Landgericht habe verkannt, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen die vom Streithelfer berechnete und letztlich zur Ausführung bestimmte Planungsvariante der Verbindung von Ortbeton und Fertigteilstützen, wie sie Gegenstand der E-Mail vom 19.07.2012 war, überhaupt nicht umsetzbar gewesen sei. Bereits nach Vorliegen des Gutachtens des Sachverständigen vom 16.05.2018 habe festgestanden, dass die Planungsleistung des Beklagten zu 1) derart mangelbehaftet gewesen sei, dass ein mangelfreies Gebäude in keinem Falle hätte entstehen können und zwar unabhängig davon, welche Einbauschablone zur Anwendung gekommen wäre. Damit stehe zugleich fest, dass die Verwendung der kleineren Schablonen im Zuge des Betoniervorgangs nicht schadensursächlich gewesen sei. Bei ordnungsgemäßer Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt und den Feststellungen des Sachverständigen hätte das Landgericht erkannt, dass die Nichtberücksichtigung der Anlage der E-Mail vom 19.07.2012 in der Kausalkette der Ereignisse keine Rolle spiele. Die Planungsfehler seien für ihn als Rohbauunternehmer nicht erkennbar gewesen. Eine gesamtschuldnerische Haftung mit dem Beklagten zu 1) scheide daher aus.

Unabhängig davon habe sich das Landgericht nicht mit dem Vortrag befasst, dass die Mehrkosten auch dann angefallen wären, wenn die Ortbetonstützen nach Maßgabe der gemäß der E-Mail vom 19.07.2012 freigegebenen Planung gefertigt worden wären. In allen denkbaren Kausalverläufen wären die streitgegenständlichen Kosten entstanden.

Die Berufshaftpflichtversicherung des Beklagten zu 1), die der Klägerin als Streithelferin im Berufungsverfahren beigetreten ist, und der Beklagte zu 1) teilweise selbst haben am 03.06.2020 – nach Einlegung der Berufung – die Hauptforderung nebst Zinsen beglichen (Bl. 60, 77 eAkteOLG). Die Klägerin hat den Rechtsstreit auf Hinweis des Senats gemäß Verfügung vom 05.10.2020 (Bl. 75 eAkteOLG) sodann in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte zu 2) hat der Erledigung widersprochen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 06.03.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Koblenz die Klage gegen ihn abzuweisen.

Die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen,

unter Zurückweisung der Berufung den Urteilstenor neu zu fassen und festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Die Klägerin führt aus, der Ausführungsfehler des Beklagten zu 2) habe den Schaden verursacht, zumindest aber mitverursacht. Aufgrund des nach der Besprechung vom 16.07.2012 ungeklärten weiteren Vorgehens und seiner eigenen Bedenkenanmeldung und Behinderungsanzeige habe für ihn Veranlassung bestanden, auch die Anlage zur E-Mail vom 19.07.2012 zur Kenntnis zu nehmen. Sodann seien mangels interner Abstimmungen in seinem Unternehmen die Ortbetonstützen betoniert worden, ohne dass vom Prüfstatiker freigegebene Pläne vorgelegen hätten. Denn der Streithelfer des Beklagten zu 1) habe seine Planung vom 19.07.2012 mit dem Prüfstatiker lediglich teilweise abgeklärt gehabt; eine vollständige Überprüfung habe nicht stattgefunden und ein Prüfvermerk sei nicht erteilt worden.

Der Beklagte zu 2) habe vollendete Tatsachen geschaffen, sodass es neben den gewählten Maßnahmen der Mängelbeseitigung nur noch die unwirtschaftlichere Alternative eines Abrisses der Ortbetonstützen und deren Neuherstellung gegeben habe. Zudem lasse der Beklagte zu 2) außer Acht, dass nach der Planung in der E-Mail vom 19.07.2012 auch die Abmessungen der Ortbetonstützen auf 62 * 51 cm zu vergrößern gewesen wären. Wenn die Planung trotz dieser Maßnahme noch Mängel gehabt hätte, so wären sie vom Prüfstatiker festgestellt worden. Vor dem Betonieren der Ortbetonstützen wäre, wie der Sachverständige ausgeführt habe, ein mangelfreies Werk noch zu einem Mehrkostenaufwand von höchstens 6.000,00 bis 8.000,00 Euro herstellbar gewesen.

Die Streithelferin der Klägerin führt aus, dass die Annahme des Beklagten zu 2) unzutreffend sei, der Schaden wäre in gleichem Umfang eingetreten, wenn er gemäß der E-Mail vom 19.07.2012 die erste Einbauschablone verwandt hätte. Denn der Sachverständige habe festgestellt, dass es bei dieser Planung zu geometrischen Kollisionen der Ankerbolzen mit den neuen Außenbügeln gekommen wäre. Dass die Planung damit nicht umsetzbar gewesen sei, wäre aufgefallen, die Betonarbeiten hätten nicht stattgefunden und der Schaden wäre nicht eingetreten. Der Beklagte zu 2) könne sich nicht auf einen hypothetischen Kausalverlauf berufen, da ansonsten wechselseitige Verweise durch die Schädiger zu dem untragbaren Ergebnis führen würden, dass keiner für den Schaden einzustehen habe.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 02.11.2020 (Bl. 82 ff. eAkteOLG) ein Ergänzungsgutachten des Sachverständigen …[F] vom 12.01.2021 eingeholt, auf das Bezug genommen wird (Bl. 93 ff. eAkteOLG).

Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil, 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten zu 2) ist begründet und führt zur Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage. Die von der Klägerin begehrte Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache bleibt ohne Erfolg, da ihr gegenüber dem Beklagten zu 2) kein Schadensersatzanspruch zustand.

1. Die Berufung ist zulässig. Die nach Erlass des Urteils eingetretene Erfüllung der Hauptforderung lässt die Beschwer des Beklagten zu 2) nicht entfallen. Denn die zur Erfüllung führenden Zahlungen sind erst nach der Berufungseinlegung erfolgt, so dass der Beklagte zu 2) jedenfalls zu dem für die Zulässigkeit der Berufung maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung durch das angefochtene Urteil beschwert war.

Zudem haben die Zahlungen nur Erfüllungswirkung im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten zu 1). Im Verhältnis zum Beklagten zu 2) tritt nur insoweit Erfüllungswirkung ein, als er ebenfalls Schuldner des ausgeurteilten Betrages ist, § 422 Abs. 1 BGB, was er aber in Abrede stellt und was deshalb im Berufungsverfahren zu klären ist (vgl. BGH, Beschluss vom 07.12.2010, VI ZB 87/09; OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.12.2015, 4 U 140/14).

2. Die Änderung des ursprünglichen, auf Zahlung gerichteten Klageantrags zu 1) in einen Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist zulässig.

a) Die einseitige Erledigungserklärung stellt eine Reduzierung des ursprünglichen Klageantrags und damit einen Unterfall des § 264 Nr. 2 ZPO dar, auf den § 533 ZPO keine Anwendung findet (Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 91 a ZPO, Rn. 29; § 533, Rn. 3 m.w.N.).

b) Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor, da die Klägerin nach der Erfüllung der Klageforderung keine andere Möglichkeit hat, von den Kosten des Rechtsstreits befreit zu werden, die ihr im Prozessverhältnis zum Beklagten zu 2) entstanden sind.

3. Der Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Denn eine Erledigung ist nicht eingetreten, da der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 631, 633 Abs. 1, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 u. 3, 281 BGB zustand.

Dabei richtet sich ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin entgegen der Annahme des Landgerichts nicht nach allgemeinem Schuldrecht, sondern nach dem Leistungsstörungsrecht für Werkmängel gemäß den §§ 633 ff. BGB. Denn der Beklagte zu 2) hat seine Werkleistung erbracht und die Parteien befinden sich, nachdem die Klägerin nicht Nachbesserung des Werkes, sondern Schadensersatz statt der Leistung verlangt, in einem Abrechnungsverhältnis, ungeachtet der Frage, ob eine Abnahme des Werkes stattgefunden hat oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.1999, VII ZR 456/98; BeckOGK/Kögl, BGB, Stand 01.01.2021, § 641 Rn. 30 m. w. N.).

Ein Anspruch steht der Klägerin nicht zu, da die Werkleistung des Beklagten zu 2) zwar mangelhaft (nachfolgend a)) war und er den Mangel auch zu vertreten hat (nachfolgend b)). Die mangelhafte Werkleistung ist aber nicht kausal für den eingetretenen Schaden (nachfolgend c)). Die Einwände der Klägerin und ihrer Streithelferin sind unbegründet (nachfolgend d)).

a) Das Werk des Beklagten zu 2) war nicht funktionstauglich und damit mangelhaft, § 633 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2014, VII ZR 203/11; OLG Saarbrücken, Urteil vom 05.08.2020, 1 U 111/19). Maßgebend für die Funktionstauglichkeit der Ortbetonstützen und damit Bestandteil der von den Parteien vereinbarten Beschaffenheit war, dass die Peikko-Anschlüsse in deren Oberseite mit den Stützenschuhen der Fertigteilstützen verbunden werden können, was aufgrund der Ausführung des Beklagten zu 2) nicht möglich war. Darüber besteht kein Streit.

b) Die Mangelhaftigkeit des Werkes hat der Beklagte zu 2) auch zu vertreten. Die Vermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB, dass der Sachmangel auf sein sorgfaltswidriges Verhalten (§ 276 Abs. 2 BGB) zurückzuführen ist, hat er nicht widerlegen können. Seine erstinstanzliche Behauptung, aus der von ihm nicht zur Kenntnis genommenen Anlage zur E-Mail vom 19.07.2012 sei nicht ersichtlich gewesen, dass sich die Lage der Ankerbolzen wieder nach der ersten Einbauschablone richten solle, ist, wie bereits das Landgericht auf der Grundlage der eingeholten Gutachten ausgeführt hat (Bl. 596 Papierakte LG), unzutreffend.

Auch der Senat macht sich insofern die überzeugenden und von der Berufung nicht mehr angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen zu eigen (Gutachten vom 16.05.2018, S. 21 f., 23). Danach zeigt die der E-Mail als Anlage beigefügte Datei “Plan_DET1.pdf” die Ortbetonstütze unter anderem in einem sog. Detailschnitt A-A. In diesem sind neben der Stützenbewehrung und den auf 62 * 51 cm vergrößerten Gesamtabmessungen auch die Lage der Ankerbolzen in den Stützenecken mit Achsabständen von 48 cm für die lange Seite und 38 cm für die kurze Seite erkennbar. Das aber entspricht der Planung vom 04.04.2012 mit einer Verwendung der ersten Einbauschablone und lässt sich nicht mit der Planung vom 06.07.2012 und der zweiten Einbauschablone in Einklang bringen. Dieser Umstand ist, wie der Sachverständige ausgeführt hat, erkennbar. Nimmt man hinzu, dass zwar nicht im Text der E-Mail, aber in deren Betreffzeile explizit auf einen “geänderten Plan” hingewiesen wurde, und der Beklagte zu 2) nach dem ergebnislosen Gespräch vom 16.07.2012 und seiner eigenen Bedenkenanmeldung und Behinderungsanzeige neue Weisungen zum weiteren Vorgehen kurzfristig erwarten musste, war es offensichtlich sorgfaltswidrig, die an ihn gerichteten Planzeichnungen nicht zur Kenntnis zu nehmen und deren Inhalt nicht an seine Mitarbeiter auf der Baustelle weiterzugeben.

c) Gleichwohl ist der Beklagte zu 2) der Klägerin nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Denn der Schaden wäre auch unabhängig von der Verwendung der zweiten Einbauschablone in gleicher Höhe entstanden, so dass kein haftungsausfüllender Kausalzusammenhang zwischen dem Mangel der Werkleistung und dem Schaden der Klägerin besteht.

Es kann daher dahinstehen, ob ein Anspruch der Klägerin auch daran scheitern würde, dass die Klägerin dem Beklagten zu 2) keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.

Ob ein nach den §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre.

Die Differenzhypothese umfasst zugleich das Erfordernis der Kausalität zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und einer dadurch eingetretenen Vermögensminderung. Nur eine Vermögensminderung, die durch das haftungsbegründende Ereignis verursacht ist, das heißt ohne dieses nicht eingetreten wäre, ist als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen. Nach der Äquivalenztheorie (auch sog. conditio sine qua non-Formel) ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (st. Rspr., siehe nur BGH, Urteil vom 06.06.2013, IX ZR 204/12 – beck-online, Rn. 20; MüKo/Oetker, BGB, 8. Aufl., § 249 Rn. 103 m. w. N.).

Im Streitfall lässt sich das pflichtwidrige, zur Mangelhaftigkeit seines Werkes führende Verhalten des Beklagten zu 2) hinwegdenken, ohne dass der Schaden entfiele. Denn die Planung des Streithelfers des Beklagten zu 1) vom 19.07.2012 wies weiterhin, wie der Beklagte zu 2) zu Recht rügt, so schwerwiegende Fehler auf, dass auch bei Verwendung der plangemäßen ersten Einbauschablone ein mangelhaftes Werk entstanden wäre, dessen Mangelbeseitigungsaufwand demjenigen der Klageforderung entsprochen hätte.

So hat der Sachverständige festgestellt (Gutachten vom 16.05.2018, S. 24 f., Ergänzungsgutachten vom 12.01.2021, S. 3 ff.), dass diese Planung, die eine Verwendung der ursprünglichen Bewehrungsbügel als Zwischenbügel mit zusätzlichen Erweiterungsbügeln und eine Vergrößerung der Stützenabmessungen auf 62 * 51 cm vorsieht, auch bei Einsatz der ersten Einbauschablone zu einem mit vier Mängeln behaftetem Ergebnis geführt hätte. Denn die nach DIN EN 1992-1-1 erforderliche Betonüberdeckung von 40 mm wäre nicht gewahrt gewesen und die neuen Außenbügel hätten mit den Ankerbolzen kollidiert. Außerdem hätten die Bewehrungsstäbe auf der kurzen Stützenseite einen zu großen Abstand zur Stützenecke und damit keine ausreichende Querbewehrung aufgewiesen mit der Folge einer unzureichenden Tragfähigkeit der Stützen. Die von der Klägerin aufgewendeten Mängelbeseitigungskosten, so der Sachverständige weiter, wären auch dann angefallen, wenn die Bauausführung des Beklagten zu 2) in Übereinstimmung mit den Planunterlagen in der E-Mail vom 19.07.2012 erfolgt wäre.

Der Senat folgt den Feststellungen des Sachverständigen. Sie lassen keine Fehler in der Tatsachenerhebung erkennen und sind aufgrund detaillierter Begründungen und erläuternder Skizzen in jeder Hinsicht plausibel und für den Senat überzeugend. Die Feststellungen des Sachverständigen werden auch von den Parteien nicht angezweifelt.

Danach aber ist die mangelhafte Werkleistung des Beklagten zu 2) nicht schadensursächlich geworden.

d) Die Einwände der Klägerin und ihrer Streithelferin bleiben ohne Erfolg.

aa) So kann zunächst der Annahme der Streithelferin der Klägerin nicht gefolgt werden, bei Verwendung der ersten Einbauschablone wäre dem Beklagten zu 2) aufgefallen, dass die Ankerbolzen mit den Außenbügeln kollidiert hätten mit der Folge, dass er von einem Betonieren der Stützen abgesehen hätte. Sie steht im Widerspruch zu wesentlichen Feststellungen des Sachverständigen. Zwar hat dieser geometrische Kollisionen zwischen den Ankerbolzen und den neuen Außenbügeln als einen Mangel in der Planung des Streithelfers des Beklagten zu 1) vom 19.07.2012 ausgemacht. Er hat allerdings darüber hinaus festgehalten, dass die Mängelbeseitigungskosten in gleicher Höhe angefallen wären, wenn der Beklagte zu 2) gemäß dieser Planung mit der ersten Einbauschablone gearbeitet hätte. Bereits hieraus folgt, dass der Sachverständige nicht von einer fehlenden Umsetzbarkeit der Planung ausgegangen ist. Hinzu kommt seine weitere Feststellung, dass die Mängel dieser Planung für den Beklagten zu 2) nicht in voller Tragweite erkennbar waren (Ergänzungsgutachten vom 12.01.2021, S. 4). Daraus folgt für den Senat, dass die beschriebenen Kollisionen von Ankerbolzen und Außenbügeln jedenfalls kein Ausmaß hätten, das eine Umsetzbarkeit der Planung verhindert hätte. Denn eine nicht umsetzbare Planung wäre für den Beklagten zu 2) bzw. seine Mitarbeiter erkennbar gewesen.

bb) Auch der Einwand der Klägerin, die Mängel der Planung wären vom Prüfstatiker noch festgestellt worden, wenn die Mitarbeiter des Beklagten zu 2) nicht schon vor deren Freigabe vollendete Tatsachen geschaffen hätten, verfängt nicht. Denn nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils war die Planung des Streithelfers des Beklagten zu 1) vom 19.07.2012 freigegeben. An diese Feststellung ist der Senat im Hinblick auf die Tatbestandswirkung des Urteils gemäß § 314 ZPO gebunden. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn das Gegenteil der im Tatbestand festgestellten Tatsache im Berufungsverfahren unstreitig geworden wäre. Dem ist aber nicht so, da der Beklagte zu 2) die Behauptung der Klägerin, eine Planfreigabe durch den Prüfstatiker habe nicht vorgelegen, nicht unstreitig gestellt hat.

cc) Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 23.03.2021 (Bl. 169 ff. eAkte OLG) geltend macht, dass der Streithelfer des Beklagten zu 1) die Planung vom 19.07.2012 mit dem Prüfstatiker lediglich teilweise abgeklärt, dieser aber nicht die Gesamtplanung der Stützen in Verbindung mit den Peikko-Anschlüssen und den Schablonen überprüft und mit Prüfvermerk versehen habe, ist das mit dem eindeutigen Wortlaut der Feststellung nicht vereinbar. Um eine Bindungswirkung zu verhindern, hätte die Klägerin – wie ausgeführt – die Berichtigung des Tatbestandes beantragen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2013, XI ZR 6/12; Senat, Beschluss vom 27.05.2013, 3 U 1153/12; Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 529 Rn. 2 m. w. N.).

dd) Aus demselben Grund kann die Klägerin auch nicht damit gehört werden, dass der Beklagte zu 2) trotz von ihm selbst angebrachter Bedenkenanmeldung und Behinderungsanzeige die Betonierarbeiten vorgenommen hat, ohne sich zuvor über den aktuellen Planungsstand zu erkundigen. Denn nach den vom Senat zu Grunde zu legenden Feststellungen lag eine Planungsfreigabe vor.

ee) Soweit die Streithelferin der Klägerin schließlich die Auffassung vertritt, dass sich der Beklagte zu 2) nicht auf einen hypothetischen Kausalverlauf berufen kann, da ansonsten wechselseitige Verweise durch die Schädiger zu dem untragbaren Ergebnis führten, dass keiner für den Schaden einzustehen habe, gilt Folgendes:

Ist ein bestimmter Schaden durch mehrere gleichzeitig oder nebeneinander wirkende Umstände, etwa durch mehrere Mängel einer Sache, verursacht worden und hätte jede dieser Ursachen für sich allein ausgereicht, um den ganzen Schaden herbeizuführen, dann sind nach ständiger Rechtsprechung sämtliche Umstände als rechtlich ursächlich zu behandeln, obwohl keiner von ihnen als “conditio sine qua non” qualifiziert werden kann. In diesen Fällen der sogenannten Doppelkausalität bedarf es einer entsprechenden Modifikation der Äquivalenztheorie, weil der eingetretene Schadenserfolg ansonsten auf keine der tatsächlich wirksam gewordenen Ursachen zurückgeführt werden könnte (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 20.02.2013, VIII ZR 339/11).

Dem Streitfall liegt keine Konstellation einer Doppelkausalität zu Grunde. Zwar steht fest, dass auch bei der planmäßigen Verwendung der ersten Einbauschablone der ganze Schaden eingetreten wäre, wie es der Sachverständige festgestellt hat (siehe oben). Dies gilt jedoch nicht in dem umgekehrten Fall, dass der Streithelfer des Beklagten zu 1) eine mangelfreie Planung vorgelegt und der Beklagte zu 2) mit der nicht plankonformen zweiten Schablone gearbeitet hätte. In diesem Fall wären nämlich jedenfalls folgende Mängel des Gesamtwerkes ausgeblieben: Zunächst wäre die Betonüberdeckung ausreichend gewesen, da die zweite Einbauschablone keine größeren Abmessungen aufweist als die erste Einbauschablone. Vor allem aber wären die Bewehrungsstäbe auf der kurzen Stützenseite, die nach der Planung vom 19.07.2012 einen zu großen Abstand zur Stützenecke haben und keine ausreichende Querbewehrung aufweisen, korrekt positioniert worden. Sie sind es, die die Tragfähigkeit der Stützen maßgebend bestimmen, wie der Sachverständige ausgeführt hat (Ergänzungsgutachten vom 12.01.2021, S. 3 f.; Ergänzungsgutachten vom 09.11.2018, S. 7 ff.). In diesem Falle wäre mithin ein für Tragfähigkeit der Säule maßgebender Mangel ausgeblieben. Der Senat schließt aus, dass in diesem Fall der verbliebene Schaden dem im Streitfall tatsächlich eingetretenen entsprochen hätte. Damit liegt ein Fall der Doppelkausalität nicht vor und der eingetretene Schaden ist insgesamt nicht auf den Sachmangel im Werk des Beklagten zu 2) zurückzuführen.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101 S. 1 Hs. 2 ZPO bzw. auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1, 100 in Verbindung mit den Grundsätzen der Baumbach’schen Formel (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 100 Rn. 5 ff.), 101 S. 1 Hs. 2, 269 Abs. 1 u. Abs. 3 S. 2 ZPO.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Der Rechtsstreit wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann, sondern betrifft lediglich eine Frage im Einzelfall. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung des Revisionsgerichts erfordert sie nicht, da der Fall keine Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. ZPO, und nicht zu befürchten ist, dass Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO.

4. Den Streitwert des Berufungsverfahrens hat der Senat anhand der Höhe der begehrten Abänderung der angefochtenen Entscheidung bemessen, § 3 ZPO.

OLG München zur Frage der Absicherung der Vorleistung des Unternehmers durch eine Bauhandwerkersicherheit nach § 648a BGB a.F. (§ 650f BGB n.F.)

OLG München zur Frage der Absicherung der Vorleistung des Unternehmers durch eine Bauhandwerkersicherheit nach § 648a BGB a.F. (§ 650f BGB n.F.)

vorgestellt von Thomas Ax

Eine Bauhandwerkersicherheit nach § 648a BGB a.F. (§ 650f BGB n.F.) soll keine Vorleistung des Unternehmers absichern, sondern dessen Vergütungsanspruch. Deshalb reicht es für den Anspruch des Unternehmers auf Leistung der Sicherheit aus, dass ihm noch ein Vergütungsanspruch zusteht. Die Vorschrift des § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB a.F. lässt den einklagbaren Sicherungsanspruch des Unternehmers unberührt und gibt diesem für den Fall nicht bzw. unzureichend erbrachter Sicherung ein Kündigungsrecht sowie ein Leistungsverweigerungsrecht für den Fall, dass vom Besteller die Fortsetzung der Arbeiten bzw. Mängelbeseitigungsarbeiten verlangt werden.
OLG München, Beschluss vom 21.11.2019 – 28 U 3648/19 Bau

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit gem. § 648a BGB a.F..

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 04.06.2019 Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Stellung einer Bauhandwerkersicherheit in Höhe von 201.364,84 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen (eingeklagt war zuletzt eine Bauhandwerkersicherheit in Höhe von 203.432,28 Euro).

Hinsichtlich der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand und hinsichtlich der Begründung des Ersturteils wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen landgerichtlichen Urteils sowie auf die Zusammenfassung unter Ziffer I. der Senatsverfügung vom 30.10.2019 Bezug genommen.

Der Beklagte will mit seiner Berufung eine Abänderung des Ersturteils und Klageabweisung erreichen.

Wegen der Berufungsrügen des Beklagten wird auf die Zusammenfassung unter Ziffer II. der Senatsverfügung vom 30.10.2019 Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren beantragt der Beklagte,

unter Abänderung des am 04.06.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Aktenzeichen 5 O 9957/18, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:

Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 4.6.2019 zu Aktenzeichen 5 O 9957/18 wird abgewiesen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie auch nach der durch den Beklagten erklärten Kündigung des Bauvertrages sowohl vor als auch nach der Abnahme ihrer bis dahin erbrachten Werkleistungen einen Anspruch gem. § 648 a BGB a.F. habe, wobei aufgrund übereinstimmender Erklärungen der Parteien im Vorprozess vor dem Landgericht München I, Az.: 2 O 11107/18 von einer Abnahme durch Ingebrauchnahme am 1.6.2017 auszugehen sei.

Ausreichend sei eine schlüssige Darlegung seiner Vergütungsforderung durch den Werkunternehmer, Streitfragen zu einzelnen Abrechnungspositionen seien im Zahlungsprozess zu klären. Etwaige beklagtenseits behauptete Gegenforderungen seien bei der Bemessung der Höhe der zu bestellenden Sicherheit unbeachtlich.

Die Argumentation des Beklagten, wonach der Anspruch auf Gestellung der Sicherheit schon deshalb entfalle, weil beklagtenseits keine Mängel gerügt oder Gewährleistungsansprüche geltend gemacht worden seien, verfange nicht. Der diesbezügliche Sachvortrag des Beklagten sei präkludiert. Im Übrigen führe die Auffassung des Beklagten zu dem absurden Ergebnis, dass ein Auftraggeber sich seiner Verpflichtung zur Gestellung einer Sicherheit bereits mit dem Argument entziehen könne, dass er keine Gewährleistungsansprüche behaupte.

Die Berufung verkenne den eigentlichen Hauptzweck der Regelung des § 648a BGB a.F. Dieser bestehe darin, den Unternehmer – auch nach Beendigung des Bauwerkvertrages – vor dem Risiko einer ungesicherten Werkleistung zu schützen. Gerade die bisherige Vorgehensweise des Beklagten, welcher versucht habe, sich durch völlig unbegründete Einwände seinen Verpflichtungen zu entziehen, zeige, wie notwendig die Absicherung der klägerischen Werklohnforderung sei.

Im Übrigen stimme es nicht, dass der Beklagte keine Gewährleistungsansprüche geltend mache, auch sei die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 30.10.2019 (Bl. 108/111 d.A.) darauf hingewiesen, dass und – Seite 4 – warum er beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Hierzu ging fristgemäß ein Schriftsatz des Berufungsführers vom 15.11.2019 (Bl. 112/114 d.A.) ein.

Auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren wird im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 04.06.2019, Aktenzeichen 5 O 9957/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 30.10.2019 Bezug genommen.

Die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.

Hierzu ist Folgendes auszuführen:

1. Keine ausstehenden Leistungen der Klägerin

a) In seiner Gegenerklärung argumentiert der Beklagte, wie bereits in der Berufungsbegründung, damit, dass es keine Leistungen gebe, welche von der Klägerin noch zu erbringen wären, da der Bau nach der außerordentlichen Kündigung durch Dritte vollständig fertiggestellt worden und durch den Beklagten in Gebrauch genommen worden sei, wobei weder vor noch nach Abnahme Mängel gerügt worden seien. Da es nichts von der Klägerin zu verweigern gebe, könne auch keine Sicherheit für eine Mangelbeseitigung gefordert werden.

b) Diese Argumentation vermag der Berufung des Beklagten nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Der Senat hält an der im vorangegangenen Hinweis dargelegten Auffassung fest, wonach der auf den vorliegenden Fall anzuwendende § 648a BGB in der Fassung vom 23.10.2008 (gültig vom 1.1.2009 bis 31.12.2017) keine Vorleistung des Unternehmers absichern soll, sondern dessen Vergütungsanspruch, weshalb es für den Anspruch des Unternehmers auf Leistung der Sicherheit ausreicht, dass dem Unternehmer noch ein Vergütungsanspruch zusteht.

Entgegen der Auffassung der Berufung geht es bei § 648a BGB in der Fassung vom 23.10.2008 nicht um eine Absicherung des Unternehmers für etwaige Mängelbeseitigungsarbeiten, sondern um die Absicherung seines Vergütungsanspruchs.

Während der Unternehmer nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB in der Fassung vom 2.1.2002 vom Besteller Sicherheit “für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen” verlangen konnte und ihm für den Fall, dass der Besteller die geforderte Sicherheit nicht binnen einer ihm vom Unternehmer gesetzten angemessenen Frist leistete, lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht zustand, hat sich der Gesetzgeber im Forderungssicherungsgesetz dafür entschieden, dem Unternehmer einen klagbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung für seinen Vergütungsanspruch zu gewähren.

Dies ergibt sich eindeutig aus § 648a Abs. 1 Satz BGB in der Fassung vom 23.10.2008, wonach der Unternehmer Sicherheit “für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen” fordern kann.

Dementsprechend hat der BGH in seinem Urteil vom 6.3.2014, Az.: VII ZR 349/12 ausgeführt:

Das Gesetz bezweckt danach ersichtlich eine Abkehr von dem zweifelhaften Ansatz des § 648 BGB a.F., wonach Voraussetzung eines Sicherungsanspruchs ist, dass noch Vorleistungen ausstehen. Die Altfassung führt dazu, dass nach Beendigung eines Vertrages noch die volle Sicherheit gefordert werden kann, wenn geringe Mängel abzuarbeiten sind, ein Sicherungsbegehren jedoch erfolglos bleibt, wenn der Unternehmer mangelfrei gearbeitet hat. Für dieses Ergebnis gibt es keine innere Rechtfertigung, weil ein Sicherungsbedürfnis in beiden Fällen vorliegt. Nunmehr stellt das Gesetz in der Neufassung konsequent auf das Sicherungsinteresse des Unternehmers ab, das solange besteht, wie sein Vergütungsanspruch nicht befriedigt worden ist. Nach der Neuregelung des § 648 a Abs. 1 Satz 1 BGB reicht es daher für einen Anspruch des Unternehmers gegen den Besteller auf Leistung einer Sicherheit aus, dass dem Unternehmer noch ein Vergütungsanspruch zusteht.

Aus dem durch die Berufung bemühten § 648a Abs. 5 Satz 1 BGB in der Fassung vom 23.10.2008 ergibt sich nichts Gegenteiliges.

§ 648 a Abs. 5 Satz 1 BGB in der Fassung vom 23.10.2008 lautet:

Hat der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit nach Absatz 1 bestimmt, so kann der Unternehmer die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen.

§ 648a Abs. 5 Satz 1 BGB lässt den einklagbaren Sicherungsanspruch des Unternehmers unberührt und gibt diesem für den Fall nicht bzw. unzureichend erbrachter Sicherung ein Kündigungsrecht sowie ein Leistungsverweigerungsrecht für den Fall, dass vom Besteller die Fortsetzung der Arbeiten bzw. Mängelbeseitigungsarbeiten verlangt werden.

Die in der Gegenerklärung zitierte Literatur und Rechtsprechung aus dem Zeitraum vor Inkrafttreten des § 648a BGB in der Fassung vom 23.10.2008 am 1.1.2009, betrifft naturgemäß die vorangegangene Fassung der Vorschrift und ist nicht einschlägig.

c) Soweit sich der Beklagte in seiner Gegenerklärung auf die Kommentierung in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014 bezieht, aus der sich ergebe, dass Voraussetzung für eine Klage auf Sicherheit nach § 648a BGB in der Fassung durch das Forderungssicherungsgesetz sei, dass der Unternehmer tatsächlich in der Lage und bereit sei, Mängel zu beseitigen, ist dies der angegebenen Kommentierung tatsächlich nicht zu entnehmen.

Unter Rn. 135 a.a.O wird ausgeführt, dass noch nicht geklärt sei, welchen Gegenstand die Sicherheit im Falle der Kündigung abdecken soll und dass vieles dafür spreche, nicht nur das bestehende, restliche Vorleistungsrisiko abzusichern, sondern auch die Vergütung für bereits erbrachte Leistungen.

Nach Auffassung des Senats hat der BGH in seinem Urteil vom 6.3.2014, Az.: VII ZR 349/12 zum Ausdruck gebracht, dass es für einen Sicherungsanspruch des Unternehmers nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB in der Fassung des Forderungssicherungsgesetzes nicht mehr um die Absicherung etwaiger zu erbringender Vorleistungen sondern um die Absicherung des Vergütungsanspruchs des Unternehmers geht. Diese Rechtsauffassung wird vom Senat geteilt.

Im Übrigen ist vorliegend die Gewährleistungsfrist für die durch die Klägerin erbrachten Leistungen noch nicht abgelaufen, weshalb es jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass die Klägerin diesbezüglich noch Mängelbeseitigungsarbeiten zu erbringen hat.

2. “Zum Bauen bestimmte Finanzmittel

Soweit der Beklagte in seiner Gegenerklärung unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 6.3.2014 meint, dass die Klägerin sich im Zeitpunkt ihrer Klage auf Sicherheit keinen Zugriff auf “zum Bauen bestimmte Finanzmittel” mehr eröffnen könne, da der Bau bereits seit 1 Jahr vollständig fertiggestellt und vom Beklagten bezogen worden sei, verfängt dies nicht.

Die Behauptung des Beklagten, wonach der BGH in seinem Urteil ausführe, dass es sich bei den Finanzmitteln “um zum Bauen bestimmte Finanzmittel” handle, ist ersichtlich irreführend und unzutreffend.

Der BGH verwendet den Begriff “die zum Bauen bestimmten Finanzmittel des Bestellers” in Rn. 18 seines Urteils im Zuge seiner zusammenfassenden Darstellung der bisherigen veröffentlichen Rechtsprechung zu der Frage, ob eine Kündigung an der von dem Unternehmer zu beanspruchenden Sicherheit der Höhe nach etwas ändere. Den Entscheidungsgründen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der BGH sich diesen Begriff zu Eigen gemacht hätte. An keiner Stelle seines Urteils finden sich Anhaltspunkte dafür, dass der BGH davon ausgeht, dass die Fertigstellung und Ingebrauchnahme des Werks des Unternehmers dessen Anspruch auf Sicherheit entfallen lassen könnte. Im Gegenteil lässt es der BGH für den Anspruch des Unternehmers auf Gestellung einer Sicherheit ausreichen, dass dem Unternehmer noch ein Vergütungsanspruch zusteht.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO, 47, 48 GKG bestimmt.

LG Frankfurt zur Frage, ob der Sachverständige rechtzeitig mitzuteilen hat, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen

LG Frankfurt zur Frage, ob der Sachverständige rechtzeitig mitzuteilen hat, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen

vorgestellt von Thomas Ax

Für die Parteien und das Gericht muss objektiv deutlich erkennbar sein, dass weitere (in welchem Umfang) Kosten anfallen. Liegt eine erhebliche Überschreitung vor, so kommt es nicht darauf an, ob es auch bei pflichtgemäßer Anzeige zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit – mit Willen der Parteien – gekommen wäre, da der Wortlaut von § 8a Abs. 4 JVEG insoweit deutlich und abschließend ist.
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 01.09.2022 – 2-20 OH 13/21

Gründe:

I.

Das erkennende Gericht hatte Herrn … auf Wunsch der beteiligten Parteien als gerichtlichen Sachverständigen bestellt (Beschluss vom 11.08.2021, Bl. … d. A.). Das Gericht hatte in diesem Schreiben einen Kostenvorschuss in Höhe von 3.000,00 Euro angefordert, der auch eingezahlt worden ist. Der Sachverständige teilte am 24.09.2021 (Bl. … d. A.) mit, dass die Kosten der Begutachtung voraussichtlich 3.000,00 Euro betragen würden. Mit Schreiben vom 14.04.2022 (Bl. … d. A.) teilt der Sachverständige wortwörtlich mit “… Derzeitig ist, ohne Vorliegen der notwendigen Unterlagen, siehe oben, eine Abschätzung des zusätzlichen Aufwands nicht sicher möglich. Je nach Qualität der o.a. Unterlagen ist von zusätzlichem Aufwenden von ca. 4-6 Tagen für den SV und entsprechenden Mehrkosten auszugehen. …“. Die Parteien übermittelten im Nachgang Unterlagen (vgl. Bl. … d. A.). Eine weitere Unterrichtung durch den Sachverständigen erfolgte nicht; der Sachverständige meldete sich sodann mit der Übersendung des Gutachtens und der Einreichung der Rechnung.

Der Sachverständige reichte sodann ein Gutachten zur Akte und stellte mit Schreiben vom 07.06.2022 insgesamt Kosten in Höhe von 10.324,56 Euro in Rechnung (Bl. … d. A.). Der Sachverständige berechnete 125,00 Euro die Stunde für seine Tätigkeit. Das Gericht forderte sodann den Fehlbetrag (7.324,56 Euro) an, der auch eingezahlt wurde.

Die Staatskasse beantragte sodann durch den Bezirksrevisor mit Schreiben vom 23.06.2022 (Bl. … d. A.) die Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen auf 3.000,00 Euro. Nach Ansicht der Staatskasse habe der Sachverständige die Pflicht aus § 407a IV 2 ZPO verletzt. In der Folge sei eine Kürzung nach § 8a IV JVEG auf die Höhe des Vorschusses angezeigt. Eine nachträgliche Zahlung des Fehlbetrags sei ohne Relevanz gewesen.

Herr … wurde schriftlich angehört (vgl. Bl. … d. A. sowie Schreiben vom 08.08.2022). Er teilte mit, dass durch den Verweis auf den entstehenden Mehraufwand im Schreiben vom 14.04.2022 eine Mitteilung im Sinne von § 407a IV 2 ZPO vorgelegen hätte. Eine Kürzung seines Vergütungsanspruchs sei daher nicht angezeigt gewesen.

Die Staatskasse hält an dem Antrag auch nach der Stellungnahme des Sachverständigen fest.


II.

Der Antrag auf Festsetzung der Vergütung nach § 4 I JVEG ist statthaft. Als Vertreter der Staatskasse ist der Bezirksrevisor zur Beantragung der Festsetzung berechtigt (vgl. Schneider-JVEG/Schneider, 4. Auflage 2021, § 4, Rn. 24). Weitere Zulässigkeitshindernisse sind nicht ersichtlich.

Dem Begehren war positiv zu entsprechen, sodass die Vergütung des Sachverständigen auf 3.000,00 Euro festzusetzen war.

Die Staatskasse hat vorgetragen und den Sachverständigen darauf hingewiesen, dass der Sachverständige rechtzeitig mitzuteilen hat, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen – § 407a IV 2 ZPO. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Erheblichkeit erst ab 20% oder ab 25% oder gar 30% vorliegt (vgl. z. B. OLG Stuttgart MDR 2008, 652 und BT-Drs. 17/11471, S. 260), da der Sachverständige vorliegend mehr als das Dreifache des Vorschusses liquidiert (10.324,56 Euro anstatt 3.000,00 Euro).

Der Sachverständige hat nach der Auffassung des Gerichts auch keinen ausreichenden Hinweis darauf gegeben, dass der eingeholte Vorschuss in Höhe von 3.000,00 Euro nicht ausreichen wird. Zunächst hat der Sachverständige selbst – nach Übersendung der Unterlagen – mit Schreiben vom 24.09.2021 angegeben, dass der Vorschuss in Höhe von 3.000,00 Euro ausreichen wird (Bl. … d. A.). Das Gericht sieht in dem Schreiben vom 14.04.2022 (Bl. … d. A.) nicht einen solchen Hinweis, wie in § 407a IV 2 ZPO meint. Denn: Der Sachverständige soll durch die Mitteilung den Parteien deutlich machen, welches Kostenrisiko entsteht, dass diese entsprechend disponieren können (vgl. Musielak-Voit-ZPO/Huber, 19. Aufl. 2022, § 407a ZPO, Rn. 9 [erster Spiegelstrich] und BeckOK-ZPO/Scheuch, 45. Edi., § 407a ZPO, Rn. 4 unter Verweis auf BT-Drs. 11/3621, S. 40) – es sollen just keine überraschenden Kosten auf die Parteien, die im Zivilverfahren nach der ZPO den Streitstoff bestimmen müssen und verändern können, zukommen. Hieraus folgt, dass für die Parteien (und letztlich auch für das Gericht, welches den Vorschuss anzufordern hat [vgl. BeckOK-ZPO/Scheuch, 45. Edi., § 407a ZPO, Rn. 4 f.]), objektiv deutlich erkennbar sein muss, dass weitere (in welchem Umfang) Kosten anfallen. Zieht man diese Kriterien heran, genügt die Mitteilung des Sachverständigen nicht, um der Hinweispflicht zu genügen. Herr … hat – wie zuvor dargetan – ausgeführt, dass ein zusätzlicher Aufwand durch die Einreichung von Unterlagen (die auch eingereicht wurden) anfallen würde, der Mehrkosten auslösen würden. Er hat aber nicht dargetan, ob es sich um Mehrkosten bezogen auf die 3.000,00 Euro aus dem Vorschuss handeln würde oder um Mehrkosten im Sinne von “Kosten, die jetzt noch anfallen, sonst wären 3.000,00 Euro noch gar nicht verbraucht“. Er selbst hat auch die Höhe der Mehrkosten nicht angegeben, sondern abstrakt ausgeführt, dass 4 bis 6 Tage Mehrarbeit anfallen könnten (ohne eine Stundenanzahl anzugeben oder auszuführen, welche Tätigkeiten gemeint sind). Er hat im Nachgang auch nicht konkret dargetan, dass Mehrarbeit angefallen ist – auch nicht in welchem Umfang. Das Gericht hat ausweislich der Akte – auch im Nachgang des Schreibens vom 14.04.2022 – erkennbar keinen weiteren Vorschuss eingeholt, der Sachverständige selbst hat auch nicht erneut nach einem Vorschuss gefragt. Das Gericht selbst hätte aufgrund dieser vagen Angaben keinen Vorschuss anfordern können, legt der Sachverständige gerade nicht dar, welcher Betrag anfallen wird. Insoweit ist ferner zu konstatieren: Der Sachverständige rechnet ausweislich seiner Rechnung auch den Einsatz von Hilfspersonen ab, sodass es dem Gericht auch nicht möglich war, ungefragt irgendeinen Betrag anhand der abstrakten Vorgaben zu errechnen (z. B. 4 Tage a 8 Stunden bei 105,00 Euro die Stunde), da nicht ersichtlich war, was der Sachverständige meinte.

Liegt eine erhebliche Überschreitung vor, so kommt es nicht darauf an, ob es auch bei pflichtgemäßer Anzeige zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit – mit Willen der Parteien – gekommen wäre (OLG Frankfurt am Main DS 2020, 87, 89 unter Hinweis auf OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 31.8.2017 – 18 W 130/17; Beschluss vom 22.9.2017 – 18 W 1612/17; Beschluss vom 28.12.2018 – 18 W 194/18 und Beschluss vom 9.7.2019 – 18 W 75/19); OLG Stuttgart BauR 2019, 546; OLG Düsseldorf JurBüro 2018, 540; Schneider-JVEG/Schneider, 4. Aufl. 2021, § 8a JVEG, Rn. 37 auch mit Hinweisen zu anderen Ansicht), da der Wortlaut von § 8a IV JVEG insoweit deutlich und abschließend ist. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte zur Frage der Kausalität (z. B. OLG Stuttgart DS 2008, 78, und OLG Naumburg BeckRS 2012, 21502) den § 8a IV JVEG nicht angepasst, sondern in der vorliegenden Form so formuliert.

§ 8a V JVEG bestimmt, dass § 8a IV JVEG nicht anwendbar ist, wenn der Vergütungsberechtigte die Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht zu vertreten hat. Das Vertretenmüssen wird nach der Systematik des § 8a JVEG vermutet, so dass es dem jeweiligen Berechtigen – hier dem Sachverständigen – obliegt, entlastende Umstände darzulegen (OLG Hamm, BeckRS 2015, 9348). Das Sachverständige wurde ausweislich des Anschreibens (Bl. … d. A.) vom 15.09.2021 auf die Anzeigepflicht zur Kostenüberschreitung hingewiesen (weitergehend im Allgemeinen BeckOK-Kostenrecht/Bleutge, 38. Edi., § 8a JVEG, Rn. 28 [zweiter Punkt]). Derartige Umstände hat der Sachverständige in seinen Schreiben vom 05.07.2022 (Bl. … d. A.) und vom 08.08.2022 nicht vorgebracht. Im Schreiben vom 05.07.2022 konstatiert der Sachverständige indirekt selbst, dass er nur eine ungefähre Angabe getätigt hat. Es ist auch zu beachten, dass die Beteiligten – mangels Kenntnis des Vergütungssatzes – nicht errechnen konnten, was der Sachverständige meinte. Auch im Schreiben vom 08.08.2022 findet sich keine weitergehende Erläuterung. Der Sachverständige scheint die Rechtsauffassung zu vertreten, dass die abstrakte Angabe von Parametern – mit denen er ggf. seine Vergütung errechnet – ausreicht, um der Hinweispflicht auf die Kostenüberschreitung nachzukommen. Das Gericht teilt diese Rechtsauffassung nicht. Mit Blick auf die absolut übliche Praxis der Sachverständigentätigkeit, dem Umstand, dass der Sachverständige selbst auch öffentlich bestellt und vereidigt ist, und dem Hinweis, den das Gericht im Anschreiben formulierte, ist das Gericht nicht der Auffassung, dass ein Vertretenmüssen nicht vorliegt. Der Sachverständige formuliert gerade nicht, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein soll, einen konkreten Betrag oder zumindest einen Betragsrahmen (z. B. weitere 5.000,00 bis 7.000,00 Euro) zu nennen. Eine leicht fahrlässige Pflichtverletzung reicht aus, um den Schuldvorwurf und damit die Kürzung der Entschädigung zu rechtfertigen (BeckOK-Kostenrecht/Bleutge, 38. Edi., § 8a JVEG, Rn. 34), hiervon geht das Gericht vorliegend aber mindestens aus, da die Ansicht des Sachverständigen, bloß allgemeine abstrakte Kriterien zu nennen, aus der Sicht des Gerichts nicht nur schwer, sondern mit Blick auf den Sinn und Zweck der Anzeigepflicht unvertretbar erscheint. Dann aber ist bereits eine leicht fahrlässige Pflichtverletzung gegeben – zumal der Sachverständige unabhängig von den vorherigen Ausführungen nicht einmal um die Einholung eines Vorschusses bittet.

Es ist einem Sachverständigen durchaus zuzumuten, stets über die für ein Gutachten bereits aufgewendete Arbeitszeit informiert zu sein, um das Gericht rechtzeitig darauf hinweisen zu können, dass voraussichtlich Kosten anfallen, die den angeforderten Vorschuss erheblich übersteigen.

Auch die Rechtsprechung des OLG Stuttgart (DS 2018, 38) verhilft dem Sachverständigen nicht zu seinem Vergütungsanspruch. Es ist zwar richtig, dass das OLG Stuttgart inhaltlich ausführt: Gibt der Sachverständige rechtzeitig den Hinweis auf die zu erwartende Überschreitung des bezahlten Auslagenvorschusses, so darf er, solange er keine gegenteilige Anweisung erhält, mit der Begutachtung fortfahren, ohne befürchten zu müssen, für diese Tätigkeiten später nur eine Vergütung bis zur Grenze des § 8a IV JVEG zu erhalten. Aber: In dieser Entscheidung hatte der Sachverständige konkret eine Zahl genannt und die Einholung dieses Betrags erbeten – hieran ermangelt es vorliegend schon.

Hat es der Sachverständige – wie im vorliegenden Fall – unterlassen, auf die Mehrkosten hinzuweisen, so erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die geltend gemachte Vergütung den Auslagenvorschuss erheblich überschreitet (OLG Stuttgart IBR 2021, 158; OLG Thüringen BauR 2015, 301; OLG Hamm MDR 2015, 300). Die Vergütung ist bei einer erheblichen Überschreitung deshalb auf die Höhe des Vorschusses gedeckelt, ohne dass zusätzlich, wie bei einer nur unerheblichen Überschreitung, ein Toleranzrahmen zu erstatten wäre (OLG Hamm MDR 2015, 300). Maßgeblich ist daher der Betrag in Höhe von 3.000,00 Euro.

Es ist zwar richtig, dass das Gericht den Fehlbetrag angefordert hat, der auch eingezahlt wurde. Das Gericht ist hierbei a prima vista davon ausgegangen, dass der Sachverständigen zunächst die fehlende richtige Anzeige des fehlenden weiteren Vorschusses nicht zu vertreten hatte. Dies konnte der Sachverständige im Nachgang aber nicht darlegen.

OLG Köln zur Frage, ob wenn der Auftragnehmer vertraglich eine “unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft eines in der EU zugelassenen Kreditinstituts oder -versicherers” zu stellen hat, die Ausgestaltung der Vertragserfüllungsbürgschaft abschließend geregelt ist

OLG Köln zur Frage, ob wenn der Auftragnehmer vertraglich eine "unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft eines in der EU zugelassenen Kreditinstituts oder -versicherers" zu stellen hat, die Ausgestaltung der Vertragserfüllungsbürgschaft abschließend geregelt ist

vorgestellt von Thomas Ax

Hat der Auftragnehmer vertraglich eine “unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft eines in der EU zugelassenen Kreditinstituts oder -versicherers” zu stellen, ist die Ausgestaltung der Vertragserfüllungsbürgschaft abschließend geregelt. Ein etwaiges Formularmuster des Auftraggebers ist insoweit ohne Bedeutung. Der Auftraggeber eines Bauvertrags ist nicht einseitig berechtigt, in einem dem Auftragnehmer nach Vertragsschluss übergebenen Muster über die vertraglichen Regelungen hinaus verschärfende Bedingungen zu verlangen. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags, die den Auftragnehmer verpflichtet, zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers ausschließlich eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen, ist wirksam (BGH, IBR 2004, 245). Eine isoliert betrachtet wirksame Sicherungsvereinbarung, die als Allgemeine Geschäftsbedingung zu werten ist, kann im Zusammenwirken mit einer individuellen (Stundungs-)Vereinbarung den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen (hier bejaht).
OLG Köln, Urteil vom 08.12.2022 – 7 U 43/22

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Auszahlung einer von dieser am 01.12.2015 ausgegebenen Vertragserfüllungsbürgschaft Nr. N01 über einen Betrag in Höhe von 125.000,00 EUR in Anspruch.

Die Klägerin errichtete auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück ein Mehrfamilienhaus. Mit der Errichtung des Bauvorhabens beauftragte die Klägerin zunächst die T. (nachfolgend: “Generalunternehmerin”) und schloss mit dieser einen Generalunternehmervertrag (Anlage K3; im Folgenden: “GU-Vertrag”). Das Bauvorhaben sollte gemäß § 6 Abs. 1, 2 GU-Vertrag bis zum 01.12.2016 fertiggestellt werden. Die Vergütung wurde auf einen Festpreis von 3.140.000,00 EUR festgelegt (§ 13 des Vertrags), inklusive einer Schlusszahlung gemäß vereinbartem Zahlungsplan in Höhe von 240.000,00 EUR.

Gemäß § 15 GU-Vertrag sollte die Generalunternehmerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft stellen.

In dessen Absatz 1 heißt es:

“Der GU ist verpflichtet, dem AG eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft eines in der Europäischen Gemeinschaft zugelassenen Kreditinstituts oder Kreditversicherers in Höhe von zehn Prozent der Nettoauftragssumme spätestens zwei Wochen vor dem Baubeginn zur Verfügung zu stellen.”

Dessen Abs. 2 lautet:

“Die Vertragserfüllungsbürgschaft ist nach der Abnahme des Bauvorhabens durch den AG und Beseitigung der wesentlichen bei der Abnahme vorbehaltenen Mängel sowie nach Vorlage der Schlussrechnung zurückzugeben Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft in Höhe eines Betrages von fünf Prozent des Bruttoschlussrechnungsbetrages. Die Gewährleistungsbürgschaft ist auf fünf Jahre ab dem Datum der Abnahme durch den AG zu befristen.”

Die Generalunternehmerin bat die Klägerin um Vorschlag eines Bürgschaftstextes. Daraufhin übermittelte die Klägerin einen Text, der eine Bürgschaft auf erstes Anfordern und einen einstweiligen Verzicht auf Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis sowie einen Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit und der Aufrechenbarkeit vorsah. In diesem Bürgschaftstext strich die Beklagte den Satz über die Leistung auf erstes Anfordern und den einstweiligen Verzicht auf Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis. Zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem GU-Vertrag legte die Generalunternehmerin der Klägerin sodann die von der Beklagten begebene Vertragserfüllungsbürgschaft Nr. N01 vom 01.12.2015 über einen Betrag in Höhe von 125.000,00 EUR vor. Hinsichtlich des genauen Inhalts wird auf die Anlage K4 Bezug genommen.

In der Folgezeit kündigte die Klägerin den GU-Vertrag (Anlage K10). Bis zu diesem Zeitpunkt zahlte die Klägerin an die Generalunternehmerin insgesamt 418.780,00 EUR. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.11.2019 forderte die Klägerin die Beklagte als Bürgin wegen einer ihr ihrer Auffassung nach gegen die Generalunternehmerin zustehenden Forderung zur Zahlung des Bürgschaftsbetrages in Höhe von 125.000,00 EUR bis zum 13.12.2019 auf (Anlage K24). Über das Vermögen der Generalunternehmerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 30.06.2020 zu Az. 70c IN 80/20 das Insolvenzverfahren eröffnet (Anlage K23).

Mit Urteil vom 02.02.2022, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien, der gestellten Anträge und der Begründung im Einzelnen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 125.000,00 EUR aufgrund der von letzterer übernommenen Bürgschaft verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwischen der Klägerin und der Generalunternehmerin sei im Rahmen des GU-Vertrages eine wirksame Sicherungsabrede über die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft geschlossen worden. Ob es sich bei § 15 GU-Vertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB handelt, könne im Ergebnis dahinstehen. Denn selbst wenn man dies zugrunde lege, führe dies nicht zur Unwirksamkeit des § 15 GU-Vertrag. Weder § 15 Abs. 1 GU-Vertrag noch § 15 Abs. 2 GU-Vertrag seien gemäß § 307 Abs. 1 u. 2 BGB unwirksam. Eine Übersicherung der Klägerin liege nicht vor, auch sei ihr Anspruch gegen die Beklagte entgegen der von der Beklagten erstinstanzlich vertretenen Auffassung nicht verjährt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Sie ist weiterhin der Ansicht, bei dem GU-Vertrag handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. § 15 GU-Vertrag sei wegen Erfüllungsübersicherung unwirksam. Die Klägerin hätte bei Abnahmereife der Hauptschuldnerleistung bis zur Schlusszahlung über Gesamtsicherheiten von ca. 19,1 % der Netto-Vergütung verfügen können. Eine Gesamtunwirksamkeit ergebe sich ferner daraus, dass das klägerseitige Musterbürgschaftsschreiben die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern verlange. Auch der Verzicht auf alle Einreden des Bürgen aus § 768 BGB und der Anfechtung und Aufrechenbarkeit aus § 770 Abs. 1 u. 2 BGB sowie der Verzicht auf das Hinterlegungsrecht führten zur Gesamtunwirksamkeit.


Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des LG Köln vom 02.02.2022, Az.: 4 O 84/21, abzuändern und die Klage insgesamt kostenpflichtig abzuweisen,

vorsorglich der Beklagten für jeden Fall von ihr zu erbringender Sicherheitsleistung nachzulassen, diese auch durch Vorlage einer unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft eines im Inland zugelassenen Kreditinstituts oder Kreditversicherers erbringen zu dürfen.


Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.


Sie verteidigt das angefochtene Urteil aus den ihrer Auffassung nach zutreffenden Gründen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 125.000,00 EUR aus der von letzterer übernommenen Bürgschaft zu. Die Beklagte kann dem Zahlungsbegehren der Klägerin gem. § 768 S.1 BGB den Einwand der Unwirksamkeit der zwischen der Klägerin und der Generalunternehmerin getroffenen Sicherungsabrede entgegen halten. Die Beklagte als Bürgin ist deshalb der Klägerin als Bürgschaftsgläubigerin zur Zahlung nicht verpflichtet (vgl. st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2010, VII ZR 7/10, NJW 2011, 2125 ff.; Urteil vom 12.02.2009, VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374 ff.).

Vorliegend erweist sich die in § 15 des zwischen der Klägerin und der Generalunternehmerin geschlossenen Generalunternehmervertrages (GUV) getroffene Sicherungsabrede wegen Übersicherung gemäß § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam.

Im Einzelnen:

1. Rechtsfehlerhaft ist die Beklagte allerdings der Auffassung, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarungen seien die in dem der Generalunternehmerin später übergebenen Bürgschaftsmuster enthaltenen Regelungen in die Würdigung einzubeziehen.

Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil an. Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergibt auch unter Berücksichtigung der als nachrangig vereinbarten Geltung der VOB/B, dass die Generalunternehmerin (nur) eine unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen hatte.

Nach § 15 (1) des GU-Vertrages war von der Generalunternehmerin eine

“unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft eines in der Europäischen Gemeinschaft zugelassenen Kreditinstituts oder Kreditversicherers”

zu stellen. Bereits damit war die Ausgestaltung der Vertragserfüllungsbürgschaft abschließend geregelt. Ein etwaiges Formularmuster der Klägerin ist insoweit vertraglich ohne Bedeutung. Selbst wenn gemäß § 17 Nr. 4 S. 2 VOB/B Bürgschaften nach Vorschrift des Auftraggebers auszustellen sind, wird der Inhalt der Sicherungsabrede hierdurch nicht berührt; der Auftraggeber ist nicht berechtigt, die vertragliche Sicherungsabrede durch ein Muster zu ändern (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2004 – VII ZR 247/02, NZBau 2004, 323, beck-online). Insbesondere ist der Auftraggeber nicht einseitig berechtigt, in einem dem Auftragnehmer übergebenen Muster über die Regelungen in § 17 Abs. 4 VOB/B hinaus verschärfende Bedingungen, z. B. eine unangemessene Höhe der Sicherheit oder eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu verlangen (Kapellmann/Messerschmidt/Thierau, 7. Aufl. 2020, VOB/B § 17 Rn. 141).

Eine andere Auslegung der Vertragsbestimmungen wäre sogar dann nicht gerechtfertigt, wenn der Generalunternehmerin bereits bei Vertragsschluss ein von den in der Vertragsurkunde enthaltenen Sicherungsvereinbarungen abweichendes Muster der Bürgschaft übergeben worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2004 – VII ZR 247/02, NZBau 2004, 323, beck-online). Die Beschreibung der zu übergebenden Bürgschaften in dem nach den vertraglichen Vereinbarungen ausdrücklich vorrangig vor den Vorschriften der VOB/B geltenden schriftlichen GU-Vertrag stellte sich auch in diesem Fall als eine abschließende Regelung dar. Die Generalunternehmerin durfte aus ihrer maßgeblichen Sicht als Erklärungsempfängerin vorliegend daher die sogar erst auf ihre Bitte hin erfolgte nachträgliche Übergabe eines Musters durch die Klägerin nicht dahin verstehen, dass sich der Inhalt der geschuldeten Bürgschaften nicht nur nach dem Vertragstext, sondern auch nach dem ihr erst nachträglich auf ihre Anforderung hin übergebenen Bürgschaftsmuster richten musste (vgl. auch BGH, Urteil vom 26.02.2004 – VII ZR 247/02, NZBau 2004, 323, beck-online).

Dem steht auch nicht das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 12.10.2016, Az.: 11 U 3/16, entgegen. Bestandteil des zwischen der dortigen Auftraggeberin als Klägerin und der Bauunternehmerin geschlossenen Bauwerkvertrags waren ausweislich der Einbeziehung zu Ziffern 4 und 6 auf Seite 2 oben des dortigen Werkvertrags die ZVB der Klägerin sowie – ausdrücklich – “Die Verwendung des Bürgschaftsmusters des AG (Anlage 7)”. Die ZVB nahmen zu Ziffer 12.2 nochmals ausdrücklich Bezug auf diese Anlage 7 (“Die Bürgschaft hat im Übrigen der Anl. 7 zu entsprechen”) (siehe OLG Köln Urteil vom 12.10.2016 – 11 U 3/16, BeckRS 2016, 128245 Rn. 14, beck-online). So liegt der Fall hier aber gerade nicht. Das der Generalunternehmerin später übergebene Muster war nach den allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen, wie oben bereits ausgeführt, nicht, auch nicht über den explizit als nachrangig geltend vereinbarten § 17 Ab. 4 VOB/B, in den Vertrag einbezogen.

2. Ist nach den vorstehenden Ausführungen der Bürgschaftstext in die Prüfung der Rechtswirksamkeit der vertraglichen Sicherungsvereinbarungen nicht einzubeziehen, bestehen gegen die Regelung in § 15 (1) des GU-Vertrages zwar für sich betrachtet keine Bedenken. Sie ist weder intransparent noch überraschend. Isoliert betrachtet benachteiligte sie die Generalunternehmerin auch nicht unangemessen. Die Verpflichtung zur Stellung einer (einfachen) selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft in AGB des Auftraggebers ist vielmehr vom Grundsatz her wirksam (Kniffka/Koeble, Teil 9 Anspruchssicherung bei Bausachen Rn. 32, beck-online).

Zu Recht weist die Beklagte allerdings darauf hin, dass die belastende Wirkung einer für sich allein gesehen noch hinnehmbaren Klausel durch eine oder mehrere weitere Vertragsbestimmungen derart verstärkt werden kann, dass der Vertragspartner des Verwenders im Ergebnis unangemessen benachteiligt wird. (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.05.2012 – 24 U 118/11 -). So kann eine isoliert betrachtet wirksame Sicherungsvereinbarung, die als Allgemeine Geschäftsbedingung zu werten ist, auch im Zusammenwirken mit einer individuellen (Stundungs-)Vereinbarung den Auftragnehmer und Sicherungsgeber unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB benachteiligen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.05.2012, ebenda).

So liegt der Fall hier.

a) Der Anwendungsbereich des § 307 Abs. 1 BGB ist eröffnet. Bei § 15 (1) GUV handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.

Die Klägerin behauptet hierzu zwar, sie und auch ihre Gesellschafter hätten nur dieses eine Bauvorhaben beabsichtigt und auch nur dieses realisiert. Der GU-Vertrag sei extra für dieses Bauvorhaben entworfen und auch nur deshalb 2x verwendet worden, weil die zuerst beauftragte Generalunternehmerin habe gekündigt werden müssen.

Um eine rechtliche Einordnung als AGB zu treffen, müssen indes der Formulierer der Klausel und der Verwender nicht identisch sein. §§ 305 ff. BGB können deshalb auch dann anwendbar sein, wenn eine Vertragspartei die von Dritten vorformulierten Vertragsbedingungen stellt. Das gilt nach der Rechtsprechung des BGH nicht nur bei öffentlich zugänglichen Formularverträgen, sondern auch dann, wenn auf Vertragsbedingungen anderer Personen wie Architekten, Unternehmer, Notare und Anwälte zurückgegriffen wird, die zur Vielfachverwendung entworfen worden sind. Das gilt selbst dann, wenn der Verwender selbst diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur einmal verwenden will (so ausdrücklich Kniffka/Koeble, Teil 2 Bauvertrag, Verbraucherschutz im Baurecht und Allgemeine Geschäftsbedingungen im Bauvertrag Rn. 165, beck-online).

Es kommt mithin nicht darauf an, ob die Klägerin oder ihre Gesellschafter die Vertragsklausel nur einmal verwenden wollte(n). Entscheidend ist nur, ob derjenige, der die Klausel formuliert hat, die Klausel nur einmal verwenden wollte.

Grundsätzlich liegt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung bei der Beklagten, die sich hier auf den Schutz des § 307 BGB beruft. Die Beklagte hat jedoch ihrer Darlegungs- und Beweislast durch die Vorlage des – gedruckten – GU- Vertrages sowie den von der Klägerin unbestrittenen Vortrag, die Vertragsbestimmungen seien auch bei dem Nachfolgeunternehmen inhaltsgleich verwandt worden, genügt. Aus den beiden Verträgen folgt auch unter Berücksichtigung ihrer drucktechnischen Gestaltung der Anschein eines zur Mehrfachverwendung entwickelten Vertrages (vgl. zum Anscheinsbeweis OLG Koblenz, Urteil vom 26.03.2010 – 8 U 1325/05 -; BGHZ 118, 238; Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 305 Rn 239). Dies gilt insbesondere deshalb, weil auch die im GU-Vertrag verwendeten Vertragsklauseln den Anschein der Mehrfachverwendung erwecken (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 27.11.2003 – VII ZR 53/03 -, BGHZ 157, 102-117, Rn. 24). Eine Vielzahl der im GU-Vertrag enthaltenen Vertragsklauseln, insbesondere auch die hier streitgegenständliche, finden sich form- und inhaltsgleich in einer Vielzahl von Bauverträgen. Dies ist dem Senat als Spezialsenat gemäß § 119 a Abs. 1 Nr. 2 GVG gerichtsbekannt.

Den danach zugunsten der Beklagten eingreifenden Anscheinsbeweis hat die Klägerin nicht zu widerlegen vermocht. Nach dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat ihr Prozessbevollmächtigter den Vertragsentwurf für sie erstellt. Dieser hat auf Nachfrage des Senats erklärt, er habe die in § 15 des Generalunternehmervertrages zu lesende Klausel in den Vertrag hineingeschrieben. Er könne nicht ausschließen, dass er dabei aus einem Formularbuch oder auch aus verschiedenen Formularbüchern diese Klausel zusammengestellt habe oder auch aus Verträgen, die er früher schon einmal gelesen habe. Rekonstruieren könne er das heute nicht mehr. Bedient sich der Ersteller einer Klausel jedoch eines Musterformulars, handelt es sich um ein von einem Dritten für eine Vielzahl von Verträgen angefertigtes Formular, auch wenn der Ersteller der Klausel es seinerseits nur für einen einzigen Vertrag verwendet (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.1990 – V ZR 217/89 -, Rn. 12; MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022, BGB § 305 Rn. 19).

b) Die als solche isoliert betrachtet wirksam vereinbarte Klausel benachteiligt im Zusammenwirken mit der individualvertraglich vereinbarten Regelung des Zahlungsplanes die Auftragnehmerin unangemessen und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 BGB auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam.

Der Zahlungsplan der Parteien (Bl. 419 LGA) sieht eine ratenweise Begleichung der Werklohnforderung gestaffelt nach Datum und zu diesem Tag als erbracht geplanten Bauleistungen vor.

Die Regelung der Parteien im Zahlungsplan führt jedoch dazu, dass die Klägerin an Abschlagszahlungen während der Bauphase letztlich im Ergebnis nur etwas über 90 % des Baufortschrittes geleistet hätte, da laut dem vereinbarten Zahlungsplan trotz endgültiger Fertigstellung des Bauvorhabens nach der Baufeinreinigung zum 9.12.2016 noch ein offener Betrag i.H.v. 240.000,00 EUR als Schlusszahlung ausgestanden hätte (vgl. Bl. 420 LGA).

Dies ist nach Auffassung des Senates gleichbedeutend mit einem ca. 10 %-igen Einbehalt von Abschlagszahlungen, da es im Hinblick auf die Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers wegen einer Übersicherung des Auftraggebers keinen Unterschied machen kann, ob der Auftraggeber von jeder einzelnen Abschlagszahlung 10 % einbehält oder über die Regelung im Zahlungsplan bereits von vornherein nur eine Zahlung von 90 % vorgesehen ist. Wäre eine Zahlung von 100 % der Bauleistungen im Zuge des Baufortschritts vereinbart gewesen, dürfte sich nach Fertigstellung und Endreinigung des Bauvorhabens kein offener Vergütungsanspruch des Generalunternehmers mehr ergeben. Dies ist jedoch, wie vorstehend ausgeführt, nicht der Fall.

Es entspricht indes allgemeiner Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Vereinbarung eines 10-prozentigen Einbehalts von den Abschlagsrechnungen während der Bauzeit im Zusammenwirken mit der Vereinbarung der Gestellung einer 10-prozentigen Vertragserfüllungsbürgschaft jedenfalls in zwei (AGB-) Klauseln unwirksam ist (vergleiche Thierau in Kapellmann/Messerschmidt, VOB-Kommentar, Teil A/B, 7. Aufl., 2020, 91, OLG München, Urteil vom 15.10.1991-9 U 2951/91, Baurecht 1992,234 ; Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl. 2013, RN 240; BGH, Urteil vom 09.12.2010 – VII ZR 7/10, Rn. 24 mit weiteren Nachweisen).

Gleiches gilt auch für eine an sich wirksame AGB-Klausel, die erst durch das Zusammenwirken mit einer Individualvereinbarung bewirkt, dass die Gesamtbelastung durch die vom Auftragnehmer zu stellenden Sicherheiten das Maß des Angemessenen überschreitet (vgl. BGH, Urteil vom 16.06. 2016 – VII ZR 29/13).

So liegt der Fall hier. Das Zusammenwirken beider Vertragsklauseln bewirkte vorliegend, dass der Klägerin als Auftraggeberin während der Bauphase ein Anspruch auf eine Sicherheit von insgesamt 19,1 % der Nettoauftragssumme zustand. Zulässig ist nach h.M. eine Sicherung in Höhe von ca. 10%. Diese Grenze ist durch die vorliegende Regelung einer 19,1 %-igen Sicherheit deutlich zulasten des Auftragnehmers überschritten.

Die Klägerin vermag sich auch nicht mit Erfolg darauf zu berufen, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.06.2016 (- VII ZR 29/13) zugrundeliegende Sachverhalt sei mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar.

Der Bundesgerichtshof ging im dortigen Fall von einer Übersicherung aus, weil nach den zwischen der dortigen Auftraggeberin und der Werkunternehmerin vereinbarten Zahlungsplänen zum einen die letzten 3 Abschlagsforderungen abweichend von dem gesetzlichen Leitbild des § 632 BGB a.F. erst nach einem gegebenenfalls längeren Zeitraum nach der mangelfreien Fertigstellung des Bauwerks fällig werden sollten. Zudem war nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Fälligkeit der letzten 3 Abschlagsforderungen von Voraussetzungen abhängig, die außerhalb des Einflussbereichs der Werkunternehmerin lagen. So war die drittletzte Abschlagsforderung i.H.v. 5 % der vereinbarten Vergütung erst nach” Fertigstellung und Übergabe an den Kunden des Auftraggebers” fällig. Maßgeblich für die Beurteilung durch den Bundesgerichtshofs war daher, dass zwischen der mangelfreien Fertigstellung des Bauwerks und der Übergabe sämtlicher Wohneinheiten ein erheblicher Zeitraum hätte liegen können, insbesondere wenn die dortige Auftraggeberin noch nicht für sämtliche Wohneinheiten Erwerber gefunden hatte. Während dieses Zeitraums wäre die Werkunternehmerin dem Insolvenzrisiko der Auftraggeberin ausgesetzt gewesen.

Nach § 14 Abs. 5 des hiesigen GU-Vertrages betrug die Zahlungsfrist für die Schlussrechnung, die spätestens 2 Wochen nach der Fertigstellung und der Abnahme sämtlicher Arbeiten vorzulegen war, 21 Bankarbeitstage nach dem Eingang der Schlussrechnung beim Auftraggeber. Hieraus folgt zwar zum einen, dass es der Generalunternehmerin unbenommen war, die Schlussrechnung unmittelbar nach Fertigstellung und auch vor Abnahme sämtlicher Arbeiten vorzulegen. Abs. 5 des § 14 sieht nämlich lediglich vor, dass die Schlussrechnung spätestens 2 Wochen nach Fertigstellung und Abnahme vorzulegen ist, hindert den Auftragnehmer jedoch nicht an der vorherigen Vorlage der Schlussrechnung beim Auftraggeber. Eine Frist von 21 Bankarbeitstagen zur Zahlung der Schlussrechnung ist grundsätzlich zur Prüfung durch den Auftraggeber angemessen und bewegt sich mit 21 Bankarbeitstagen auch noch im Rahmen der in § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B vorgesehenen Frist von grundsätzlich 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung. Eine vertragliche Verlängerung der 30-tägigen Frist ist in § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B als möglich auch ausdrücklich vorgesehen.

Gleichwohl ist vorliegend von einer die Auftragnehmerin unangemessen benachteiligenden Übersicherung der Klägerin als Auftraggeberin auszugehen. Während der Bauphase stand ihr nicht nur der sich auf umgerechnet 9,1% belaufende Betrag aus der Schlusszahlung, sondern auch die Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10% der Nettoauftragssumme als Sicherheit zur Verfügung. Die Stellung der Bürgschaft belastete ebenso wie der faktisch vorgenommene Einbehalt von den Abschlagsrechnungen die Avalkreditlinie und die Liquidität der Auftragnehmerin (vgl. BGH, Urteil vom 09.12. 2010 – VII ZR 7/10, NJW 2011, 2125, beck-online).

Eine Übersicherung kann auch nicht mit den Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung verneint werden, die Schlusszahlung habe keinem Sicherungszweck gedient, weshalb keine Übersicherung vorliegen könne. Die Klägerin hätte gegen die Forderung der Auftragnehmerin auf Zahlung der Schlusszahlungsrate jederzeit die Aufrechnung erklären und darüber hinaus zusätzlich die Bürgin in Anspruch nehmen können. Insofern standen ihr entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung sowohl der Einbehalt als auch die Bürgschaft zeitgleich als Sicherungsmittel zur Verfügung.

Der Senat setzt sich mit seiner Entscheidung auch nicht in Widerspruch zu dem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 29.01.2013 – 13 U 3214/12 (BeckRS 2016, 12072, beck-online). Im dortigen Fall war nur eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5% und ein 5%iger Einbehalt vereinbart worden, so dass die Sicherheit in Summe 10% nicht überstieg. Hier hingegen betrug die Sicherheit insgesamt 19,1% und damit fast das Doppelte der zulässigen Höhe.


III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat die Sache allein unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles entschieden.

KG zum vorläufigen Charakter von Abschlagszahlungen, wonach der Auftragnehmer verpflichtet ist, diese an die andere Vertragspartei zurückzuzahlen, soweit sie seinen abschließend ermittelten Vergütungsanspruch übersteigen

KG zum vorläufigen Charakter von Abschlagszahlungen, wonach der Auftragnehmer verpflichtet ist, diese an die andere Vertragspartei zurückzuzahlen, soweit sie seinen abschließend ermittelten Vergütungsanspruch übersteigen

vorgestellt von Thomas Ax

Aus dem vorläufigen Charakter von Abschlagszahlungen folgt, dass der Auftragnehmer verpflichtet ist, diese an die andere Vertragspartei zurückzuzahlen, soweit sie seinen abschließend ermittelten Vergütungsanspruch übersteigen. Sofern der Auftragnehmer in knapp 23 Monaten keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirkt und sodann eine extra zur Beschleunigung der Planungen erst kurz zuvor vertraglich vereinbarte Frist versäumt, ist der Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Durch dieses Verhalten bringt der Auftragnehmer zum Ausdruck, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird und weitere Vertragsfristen nicht einzuhalten gedenkt.
KG, Urteil vom 03.03.2023 – 7 U 158/21

I.

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Architektenhonorar nach außerordentlicher Kündigung des Auftragsverhältnisses durch die Klägerin.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks ### Straße in ###. Für dieses existierte ein bis Oktober 2017 gültiger Bauvorbescheid mit einer Bruttogrundfläche (BGF) von 4.970 m2 (Anlage K16). Ein Bebauungsplan besteht nicht.

Am 15.05.2017 schlossen die ### GmbH als Auftraggeberin und die “###” (nachfolgend ###), als Auftragnehmerin den als Anlage K 1 vorgelegten Architekten- und Ingenieurleistungsvertrag über Objekt- und Tragwerksplanung für die “Erarbeitung passgerechter Gebäudeplanungen für betriebsfertige Errichtung” für das vorgenannte Grundstück. Der im Vertrag auf Seite 3 vereinbarte Zahlungsplan für “netto 500.000 € pauschalierte(n) Architekturleistungen” sah die Zahlung einer 1. Rate von 150.000,00 € “bei hiesiger Auftragserteilung für bereits erbrachte Grundlagenermittlung und Vorentwurfsplanungen”, die Zahlung einer 2. Rate von 300.000,00 € netto für die “Erstellung der Entwurfsplanung für das auftragsrelevante Planungsgebiet” sowie eine 3. Rate für die “Fertigstellung der Bauvorlagen für das Gebäude in genehmigungsfähiger Form” in Höhe von 50.000,00 € vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Anlage K 1 verwiesen.

Mit Zwischenrechnungen vom 05.06.2017 und 07.09.2017 stellte die ### die ersten beiden Raten mit insgesamt 535.500,00 € brutto in Rechnung (Anlagen K5) und bat darum, die Zahlung auf ein von dem in I. Instanz Beklagten zu 2, Herrn ###, geführtes Konto zu überweisen. Der Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnete dem Beklagten einen Blanko-Bauantrag.

Als Anlage K 6 liegt in Kopie eine Bauvoranfrage vom 09.12.2017 vor (Eingangsstempel 28.12.2017). Mit Vorbescheid vom 08.03.2019 des zuständigen Bauamtes wurde die Bauvoranfrage negativ beschieden (Anlage K7). Es wurde Widerspruch eingelegt, der im Mai 2019 wieder zurückgezogen wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K8 und K9 verwiesen.

Am 03.04.2019 wurde eine Ergänzungsvereinbarung zum Vertrag vom 15.05.2017 (Anlage B1) geschlossen. In der Präambel heißt es:

“Mit Rechnungen vom 05.06.2017 und 07.09.2017 hat der AN einen Betrag von insgesamt 456.000 EUR netto (542.640 EUR brutto) für sämtliche Leistungsphasen bis zur abgeschlossenen Entwurfsplanung verlangt und erhalten.”

Weiter stellt die Vereinbarung klar, dass die im Rubrum aufgeführten Parteien, die Klägerin und der Beklagte, “###” Vertragsparteien des Architekten- und Ingenieurleistungsvertrages vom 15.05.2017 sind. Wegen der übrigen Einzelheiten der Ergänzungsvereinbarung wird auf den Inhalt der Anlage B1 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 15.05.2019 kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund (Anlage K 10). Sie begründete die außerordentliche Kündigung mit einem Vertrauensverlust, der ihr die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar mache.

Mit anwaltlichen Schreiben vom 13.11.2019 forderte die Klägerin den Beklagten zur Rückzahlung des erhaltenen Honorars unter Fristsetzung bis zum 22.11.2019 auf.

Mit der am 07.02.2020 beim Landgericht Berlin eingegangenen, dem Beklagten am 14.03.2020 zugestellten Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren sowohl gegen den Beklagten, als auch später gegen den Beklagten zu 2. und die Beklagte zu 3. weiter. In der Begründung führte die Klägerin u.a. aus, dass der Beklagte die in Rechnung gestellten Leistungen nicht erbracht habe. Es fehle insbesondere an einer zusammenfassenden Dokumentation und Erläuterung der Ergebnisse der Grundlagenermittlung, bzw. jeglicher Hinweis auf ggf. bestehende städtebaurechtlichen Probleme im Hinblick auf die Bebaubarkeit des Grundstückes. In der 2. Leistungsphase fehle es an der Klärung der wesentlichen Zusammenhänge, Vorgaben und Bedingungen hinsichtlich des Projektes und einer Auseinandersetzung mit der Lage des Projektes sowie den städtebaulichen Vorgaben. Eine entsprechende Risikoaufklärung und eine Dokumentation der Arbeitsergebnisse sei nicht erfolgt. Auch die mit der 2. Vorschussrechnung geschuldeten Leistungen wie die Erbringung der Entwurfs- und Genehmigungsplanung gemäß Leistungsbild § 33 Abs. 3 und 4 HOAI seien nicht erbracht; es fehle an einer Kostenschätzung mit Vergleich zu den ursprünglichen Rahmenbedingungen, die Erstellung eines Terminplans mit den wesentlichen Vorgängen des Planungs- und Bauablaufs, sowie der abschließenden Dokumentation der Ergebnisse mit den entsprechenden Erläuterungen. Auch sei die entsprechende Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung nicht erstellt worden.

Die Ansprüche wurden ebenfalls gegenüber dem Beklagten zu 2 geltend gemacht, da dieser eine GbR mit dem Beklagten eingegangen sei. Die Klage gegen den Beklagten zu 2. hat das Landgericht mit rechtskräftigem Teilurteil vom 02.07.2021 – Az. 34 O 283/20 – abgewiesen.

Der Beklagte wendet ein, die Klägerin mache eine Nichtleistung geltend, ohne die tatbestandlichen Voraussetzungen eines derartigen Anspruchs vorzutragen. Es fehle an der Darlegung zum Umfang und Inhalt der geschuldeten Leistung. Vielmehr behaupte die Klägerin ins Blaue hinein, dass die angeblich geschuldete Leistung nicht erbracht seien, indem sie die angeblich überhaupt nicht erbrachten Grundleistungen aus der Anlage 10.1 der HAOI einfach aufzähle, ohne diese substantiiert zu bestreiten, wozu auch gehöre, dass die Klägerin erkläre, weshalb ihr bestimmte Leistungen gefehlt bzw. genützt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und dem Teilurteil vom 02.07.2021 Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat der Klage gegen den Beklagten mit Schlussurteil vom 19.11.2021 – Az. 34 O 283/20 – dem Beklagten am 23.11.2021 zugestellt, überwiegend stattgegeben. Die Klage gegen die Beklagte zu 3. hat das Landgericht abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht insbesondere ausgeführt, der Klägerin stehe nach ihrer außerordentlichen Kündigung des Architekten- und Ingenieurleistungsvertrags ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Abschläge zu. Dies deshalb, weil der Beklagte im Zeitraum ab seiner Beauftragung bis zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 03.04.2019 keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirkt habe und anschließend eine in der Ergänzungsvereinbarung zur Beschleunigung der Planungen gesetzte Frist versäumt habe. Der Beklagte habe keine verwertbare Leistung dargelegt, die zu vergüten wäre.

Hiergegen richtet sich der Beklagte mit seiner Berufung am 17.12.2021 bei Gericht eingegangen Berufung. Unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag trägt der Beklagte vor, dass die abgerechneten Leistungsphasen 1-3 vollständig erbracht und abgenommen worden seien (Bl. 20 ff. d.A., Bd. III) und die Genehmigungsplanung der Leistungsphase 4 nicht von der in Rede stehenden Honorarforderung umfasst sei (Bl. 23 d.A., Bd. III).

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19.11.2021 – 34 O 283/20 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 517, 518, 520 ZPO statthafte und zulässige, da form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die gegen das landgerichtliche Urteil erhobenen Einwendungen greifen im Ergebnis nicht durch.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist vorliegend nicht der Fall.

Das Landgericht hat den Beklagten mit zutreffender Begründung, welcher die zuständige Einzelrichterin des Senats folgt, antragsgemäß verurteilt.

1. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in der Berufungsinstanz steht der Klägerin gegen den Beklagten ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlten Architektenhonorars in Höhe von 535.000,00 € nebst Zinsen zu.

a. Dieser Anspruch ergibt sich allein aus dem gekündigten Architektenvertrag aus Mai 2017 über die Erbringung der Leistungsphasen 1-4 der Objektplanung betreffend das Bauvorhaben ### Str. (Anlage K1). Auf das Rechtsverhältnis finden die Vorschriften des BGB in der bis Ende 2017 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 39 EGBGB) sowie die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI 2013) in der ab dem 17.07.2013 gültigen Fassung Anwendung.

In Ziffer 1 der Ergänzungsvereinbarung vom 03.04.2019 (Anlage B1) wird klargestellt, dass die hiesigen Streitparteien die Vertragsparteien des Vertrags vom 15.05.2017 sind.

Der Vertrag vom 15.05.2017 zwischen der Klägerin und dem Beklagten, gemäß § 17 Abs. 1 HGB handelnd unter seiner Firma ###, sieht in seinem einleitenden Satz vor, dass die Architekten- und Ingenieurleistungen “in Stufen” anfallen, mithin sieht der Vertrag eine Pflicht der Klägerin vor, Abschlagszahlungen an den Beklagten zu leisten. Derartige Abschläge sind lediglich vorläufige Zahlungen auf den endgültigen Vergütungsanspruch des Auftragnehmers, der erst nach der Schlussrechnung ermittelt werden kann (BGH, Urteil vom 11.02.1999 – VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867; BGH, Urteil vom 19.03.2002 – X ZR 125/00, NJW 2002, 2640; BGH, Urteil vom 22.11.2007 – VII ZR 130/06, NZBau 2008, 256). Aus dem vorläufigen Charakter von Abschlagszahlungen folgt, dass der Auftragnehmer, hier der Beklagte, verpflichtet ist, diese an die andere Vertragspartei, im Streitfall die Klägerin, zurückzuzahlen, soweit sie seinen abschließend ermittelten Vergütungsanspruch übersteigen. Dieser Rückzahlungsanspruch ist vertraglicher Natur und ergibt sich allein aus der Vereinbarung der Parteien, welche die Pflicht des Auftraggebers zu Abschlagszahlungen vorsieht (BGH, Urteil vom 22.11.2007 – VII ZR 130/06, NZBau 2008, 256, 257, Rz. 16 m.w.N.; BGH, Urteil vom 23.01.1986 – IX ZR 46/85, NJW 1986, 1681). Auf einen solchen Anspruch finden die Vorschriften des Bereicherungsrechts und die dort geltenden Darlegungs- und Beweislastgrundsätze keine Anwendung (BGH, Urteil vom 22.11.2007 – VII ZR 130/06, NZBau 2008, 256, 257). Unterlässt es der Auftragnehmer, in angemessener Frist eine Schlussabrechnung vorzulegen, kann der Auftraggeber auch ohne eine solche Rechnung Klage auf Rückzahlung seiner Abschläge erheben, soweit sie die Vergütung des Auftragnehmers seiner Meinung nach übersteigen (st. Rechtsprechung vgl. BGH, Urteil vom 11.02.1999 – VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867; BGH, Urteil vom 19.03.2002 – X ZR 125/00, NJW 2002, 2640; BGH, Urteil vom 22.11.2007 – VII ZR 130/06, NZBau 2008, 256, 257, Rz. 16 m.w.N.). Die Höhe dieser Vergütung kann der Auftraggeber dabei mit einer eigenen Berechnung ermitteln, bei der er sich darauf beschränken kann, die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen in zumutbarer Weise auszuschöpfen (BGH, Urteil vom 11.02.1999 – VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867). Eine prüfbare Abrechnung schuldet der Auftraggeber nicht. Wenn der Auftragnehmer sich gegen die Klage sodann mit der Argumentation verteidigt, tatsächlich stehe ihm eine höhere als die vom Auftraggeber ermittelte Vergütung zu, so trägt der Auftragnehmer trotz seiner Stellung als Beklagter hierfür die Darlegungslast (BGH, Urteil vom 11.02.1999 – VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867; BGH, Urteil vom 30.09.2004 – VII ZR 187/03, BeckRS 2004, 10182). Hat der Auftraggeber ausreichend vorgetragen, muss der Auftragnehmer darlegen und beweisen, dass er berechtigt ist, die Voraus- und Abschlagszahlungen endgültig zu behalten (BGH, Urteil vom 30.09.2004 – VII ZR 187/03, BeckRS 2004, 10182; BGH, Urteil vom 22.11.2007 – VII ZR 130/06, NZBau 2008, 256). Der Anspruch des Auftraggebers auf Ausgleich überhöhter Abschlagszahlungen entsteht allerdings erst nach Beendigung des Vertrags, sei es in der ursprünglich vereinbarten Weise oder durch Kündigung (BGH, Urteil vom 11.02.1999 – VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867). Denn die Vergütung des Auftragnehmers lässt sich erst dann anhand des erreichten Leistungsstands abschließend ermitteln. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Auftragnehmer folglich berechtigt, die geleisteten Abschläge zu behalten. Auf den hier geltend gemachten Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Rückzahlung überzahlten Architektenhonorars sind diese Grundsätze entsprechend anzuwenden (BGH, Urteil vom 22.11.2007 – VII ZR 130/06, NZBau 2008, 256, 257, Rz. 16 m.w.N.).

b. Die Klägerin hat die Voraussetzungen für den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch hinreichend dargelegt. Zum vereinbarten Vertragsgegenstand gehörte, wie eine Auslegung des in Rede stehenden Architekten- und Ingenieurleistungsvertrags unter Berücksichtigung des weiteren unstreitigen Sachverhalts ergibt, die vollständige Erfüllung der Leistungsphasen 1-4 gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1-4 HOAI (2013) durch den Beklagten. Ob ein Vertrag zustande gekommen und was Vertragsinhalt geworden ist, hat der Tatrichter durch Auslegung der beiderseitigen Erklärungen gemäß §§ 133, 157 BGB unter Zugrundelegung eines objektivierten Empfängerhorizonts zu ermitteln. Maßgeblich ist, wie die jeweils andere Partei die Erklärung des Vertragspartners nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Neben dem Wortlaut der Erklärungen sind dabei auch der mit der Absprache verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (st. Rspr., BGH, Urteil vom 03.09.2020 – III ZR 56/19, NZG 2021, 302; BGH, Urteil vom 16.10.2012 – X ZR 37/12, NJW 2013, 598).

Unter Buchstabe “a.) Wohngebäude” des Vertrages vom 15.05.2017 wird u.a. Bezug genommen auf das “Leistungsbild § 33 Abs. 1” bis Abs. 4 und es werden die entsprechenden Honorarprozentpunkte aufgeführt. Weiter wird auf den “Auszug HOAI 2013” und dessen “Honorar Zone IV tief § 34 HOAI” verwiesen. Auch in dem Zahlungsplan auf Seite 3 der Vereinbarung wird begrifflich auf die Leistungsphasen der HOAI Bezug genommen (“1. Rate [###] Grundlagenermittlung und Vorentwurfsplanung”, “2. Erstellung der Entwurfsplanung für das auftragsrelevante Planungsgebiet”). In Ansehung dieser vertraglichen Vereinbarungen sind – trotz Fehlens einer ausdrücklichen Bezugnahme auf die einzelnen Grundleistungen gemäß Anlage 10 der HOAI – jedenfalls die vollständige Erfüllung der Leistungsphasen 1-4 gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1-4 HOAI von dem Beklagten geschuldet.

Zutreffend weist das Landgericht an dieser Stelle darauf hin, dass das Vorbringen des Beklagten, der Klägerin sei es bei der Auftragserteilung allein um das Ausloten der Maximalbebauung gegangen, die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt vorgehabt, seine Entwürfe tatsächlich zu realisieren, auf den Inhalt der vertraglichen Leistungspflichten des Beklagten inkl. der einzelnen erforderlichen Arbeitsschritte, keinerlei Einfluss hat. Auch derjenige Auftraggeber, welcher “nur” eine Baugenehmigung mit möglichst hoher Bruttogrundfläche (BGF) erreichen will, weil er das Grundstück anschließend gewinnbringend mit einer Baugenehmigung veräußern möchte, benötigt für den potentiellen Erwerber neben einer vollständigen Genehmigungsplanung eine umfassend dokumentierte Leistungsphase 3 einschließlich Kostenberechnung und Objektbeschreibung, um dem nächsten Architekten umfassende Planungsgrundlagen zu verschaffen. Diesem Vorbringen des Beklagten ist auch nicht zu entnehmen, dass der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte meinte, zu eben diesen Arbeitsschritten nicht verpflichtet gewesen zu sein. Vielmehr spricht der Umstand, dass die Parteien – durch die Beauftragung des Beklagten – eben eine Baugenehmigung mit hoher BGF erreichen wollten, erst Recht für die Beauftragung des Beklagten mit den Leistungsphasen 1-4 (Korbion/Mantscheff/Vygen/Korbion, 9. Aufl. 2016, HOAI § 34 Rn. 46; OLG Düsseldorf Urteil vom 01.07.2016 – 22 U 22/16, BeckRS 2016, 116667 Rn. 15).

c. Die Klägerin hat den Vertrag vom 15.05.2017 mit Erklärung vom 15.05.2019 berechtigtermaßen außerordentlich und fristlos gekündigt und dadurch mit sofortiger Wirkung beendet. Anders als der Beklagte wohl meint kann grundsätzlich jeder Werkvertrag vom Auftraggeber aus wichtigem Grund gekündigt werden, wobei der wichtige, Grund zur Kündigung in einer schweren schuldhaften Verletzung oder einer sonstigen Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses bestehen kann, die eine Fortsetzung des Vertrages für den Auftraggeber unmöglich macht. Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes trägt der Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.2004, VII ZR 271/04, NZBau 2004, 612; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1066, 1073 ff. m. w. N., 1080). Als wichtige Gründe zur Kündigung wurden von der Rechtsprechung unter anderem die Abweichung von vertraglichen Vorgaben (vgl. OLG Celle, Urteil vom 16.12.2004 –  5 U 71/04, BauR 2005, 1336), die Verursachung besonders grober Mängel (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 09.03.2010 – 3 U 55/09, IBR 2011, 9) und die begründete Annahme, der Auftragnehmer werde sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten (vgl. BGH, Urteil vom 23.05.1996 – VII ZR 140/95, BauR 1996, 704), die Verletzung von Kooperationspflichten (vgl. BGH, a.a.O.) sowie die schuldhafte, erhebliche Überschreitung von Vertragsfristen (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.2003 – X ZR 62/01, BauR 2003, 880) und ähnlich schwere Verletzungen von Vertragspflichten anerkannt (vgl. auch Zusammenstellung bei Werner/Pastor, a. a. O., Rn. 1073 ff., 1708 ff. m. w. N.). Diese Grundsätze gelten für Architektenverträge entsprechend (vgl. Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1061 ff.). Nach ihrer sich aus dem Architektenvertrag ergebenden Kooperationspflicht sind die Parteien zwar verpflichtet, sich um die Beilegung entstandener Meinungsverschiedenheiten zu bemühen (vgl. Werner/Pastor, a. a. O., Rn. 1063). Es reichen indes auch mehrere, im Einzelfall nicht schwerwiegende Verstöße gegen Vertragspflichten aus, die in ihrer Fülle bzw. Gesamtschau zu einer derart erheblichen Erschütterung des Vertrauensverhältnisses geführt haben, dass dem Auftraggeber ein Festhalten am Architektenvertrag nicht mehr zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 29.06.1989 – VII ZR 330/87, BauR 1989, 626; Werner/Pastor, a. a. O., Rn. 1073 ff. w. N.).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze sowie des unstreitigen Vorbringens der Parteien war der Klägerin im Zeitpunkt der Kündigung vom 15.05.2019 – wie vom Landgericht zutreffend festgestellt – nicht zuzumuten, an dem Architektenvertrag aus Mai 2017 mit dem Beklagten weiter festzuhalten. Das Vordergericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass der Umstand, dass der Beklagte im Zeitraum ab seiner Beauftragung bis zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung (einem Zeitraum von knapp 23 Monaten) keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirkt hat und anschließend eine in der Ergänzungsvereinbarung zur Beschleunigung der Planungen gesetzte Frist versäumt hat, als außerordentlicher Kündigungsgrund zu bewerten ist. Unter Ziffer 3, Absatz 2 der Ergänzungsvereinbarung hatten die Parteien erst kurz zuvor vereinbart, dass bis spätestens zum 15.04.2019 eine behördliche Reaktion erwirkt werden sollte und noch im April 2019 Gespräche des Beklagten mit dem Bezirksamt und dem Baustadtrat stattfinden sollten und zwar in Begleitung eines Vertreters der Klägerin. Jedenfalls eine Beteiligung der Klägerin an eben solchen Gesprächen mit Behördenvertretern hat unstreitig nicht stattgefunden. Durch dieses Verhalten, insbesondere die erneute Vertragspflichtverletzung fast unmittelbar im Anschluss an den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung, hat der Beklagte im Rahmen der notwendigen Gesamtschau für die Klägerin insoweit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird und weitere Vertragsfristen nicht einzuhalten gedenkt.

Das Landgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass angesichts der von den Parteien übereinstimmend vereinbarten Frist bis Ende April 2019 eine weitere Abmahnung bzw. eine ausdrückliche Kündigungsandrohung gem. § 314 Abs. 2 BGB ausnahmsweise entbehrlich war. Für den Beklagten ergab sich aus der Ergänzungsvereinbarung, insbesondere aus dem in Ziffer 3 enthaltenen klaren Fristenplan und den unter Ziffer 4 aufgeführten Bedingungen (“b) Aufgrund des erheblichen verstrichenen Zeitraums”), klar und unmissverständlich, dass die weitere Zusammenarbeit auf dem Spiel steht und er für den Fall weiterer Verstöße mit rechtlichen Konsequenzen rechnen musste (BGH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 3/11, NJW 2012, 53; BGH, Urteil vom 20.02.2008 – VIII ZR 139/07, NJW 2008, 1303). Eine weitere rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, welche darauf abzielt, der anderen Vertragspartei ein bestimmtes, als Vertragsverletzung beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen, wäre zu diesen Zeitpunkt wegen offensichtlicher Zwecklosigkeit, weil eine Korrektur der Vertragsverletzung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war bzw. das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien bereits zerstört war, reine Förmelei gewesen (siehe auch BGH, Urteil vom 20.02.2008 – VIII ZR 139/07, NJW 2008, 1303; MüKoBGB/Gaier, 9. Aufl. 2022, BGB § 314 Rn. 40; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2013 – 23 U 102/12, BeckRS 2013, 13867).

d. Der Beklagte ist in beiden Instanzen dafür darlegungsfällig geblieben, dass er seine vertraglichen Verpflichtungen aus dem Architektenvertrag aus dem Jahr 2015 vorgenommen hat. Dies gilt insbesondere für die im Rahmen der Leistungsphasen 1-4 zu erbringenden einzelnen Grundleistungen, zu denen die Klägerin im Einzelnen vorgetragen hat, ohne dass der Beklagte diesen Einwänden im Rahmen seiner originären Darlegungslast hinreichend entgegengetreten ist. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Klägerin ihrer Darlegungslast schon dadurch genügt, dass sie vorträgt, der Beklagte habe die versprochenen Leistungen insgesamt nicht ausgeführt. Entsprechend fordert die Klägerin auch die kompletten Abschlagszahlungen zurück. Ob die vollständige Überzahlung nach dem Vertrag aus dem Jahr 2015 zutreffend ist bzw. der Beklagte tatsächlich keine für die Klägerin verwertbare Leistungen erbracht hat, ist keine Frage der Darlegung, sondern der Begründetheit des Anspruchs. Entsprechend oblag es dem Beklagten, unter Vorlage einer prüffähigen Abrechnung der von ihm erbrachten Leistungen darzulegen, dass ihm ein Honorar in Höhe der erhaltenen Vorauszahlungen endgültig zusteht. Daran fehlt es.

(1) Das Gericht versteht – wie zuvor das Landgericht – weder den Zahlungsplan des Vertrags, noch die Formulierungen in der Präambel der Ergänzungsvereinbarung oder die Vereinbarungen in der Ergänzungsvereinbarung selbst (z.B. in Ziffer 2) als Einigung der Parteien darüber, dass die Leistungsphasen 1 und 2 zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder des Abschlusses der Ergänzungsvereinbarung bereits vollständig erbracht waren. Vielmehr sind die Formulierungen nach dem objektiven Empfängerhorizont und den sonstigen Umständen, insbesondere der zu diesem Zeitpunkt erst kurzzeitigen Befassung des Beklagten mit dem Projekt und den zu diesem Zeitpunkt allein vorliegenden Planungsunterlagen ehemaliger Architekten, dahingehend zu verstehen, dass ein bestimmtes Honorar für bestimmte noch von dem Beklagten zu erbringende Leistungen gezahlt werden sollte. Anders als der Beklagte, versteht das erkennende Gericht die Formulierung “für bereits erbrachte” Grundlagenermittlung in Ziffer 1 des Zahlungsplans nicht so, dass die Rate schon zum Zeitpunkt der Auftragserteilung verdient sein sollte, sondern, dass die 1. Rate nach der Grundlagenermittlung fällig werden sollte. Für eine zu dieser Zeit bereits vollständige Bearbeitung der Leistungsphasen 1 und 2 spricht weder der Wortlaut noch die sonstigen Umstände der Vereinbarung. Unstreitig hatte der Beklagte bei Vertragsschluss keine eigene Vorentwurfsplanung erstellt. Warum sollte die Klägerin dann zu diesem frühen Zeitpunkt die Tätigkeit des Beklagten bereits als vollständige Leistungserbringung in den Leistungsphasen 1 und 2 anerkennen? Eine Erklärung hierfür gibt der Beklagte nicht.

Nach zutreffender Einschätzung des Landgerichts ist den in Rede stehenden Vereinbarungen auch kein Verzicht der Klägerin auf die Abrechnungspflicht des Beklagten zu entnehmen. Allein die Bezeichnung als “Rate” statt “Vorschuss” oder “Abschlag” ist hierfür kein ausreichendes Indiz. Bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung im April 2019 ging vielmehr keine der Parteien davon aus, dass die Leistungsphasen 1 und 2 bereits abgeschlossen wären, denn die Parteien hielten ausdrücklich fest, dass zunächst ein Bauvorbescheid eingeholt werden sollte. Letzterer wäre indessen in Leistungsphase 2 einzuholen gewesen.

(2) Auch in der II. Instanz hat der Beklagte nicht dargelegt, dass er bis zur Kündigung des Vertrags die beauftragten Leistungsphasen vollständig oder nur selbstständige Teile davon erbracht hat und diese für die Klägerin verwertbar waren.

Ein Vergütungsanspruch des Auftragnehmers besteht nach berechtigter außerordentlicher Kündigung eines Werk- oder Architektenvertrages durch den Auftraggeber dann nicht, wenn die bis zur Kündigung erbrachte Leistung infolge einer vom Auftragnehmer zu vertretenden Kündigung für den Auftraggeber ohne Wert bzw. unbrauchbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.03.1993 – X ZR 17/92, NJW 1993, 1972; OLG Nürnberg, Urteil vom 27.07.2005 – 6 U 117/05, NZBau 2006, 320; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2013 – 23 U 102/12, BeckRS 2013, 13867). Die Beweislast für die (völlige) Wertlosigkeit bzw. Unbrauchbarkeit der bis zur Kündigung erbrachten Werkleistungen trägt der Auftraggeber (vgl. BGH, Urteil vom 25.03.1993 – X ZR 17/92, NJW 1993, 1972; OLG Nürnberg, Urteil vom 27.07.2005 – 6 U 117/05, NZBau 2006, 320). (Erst) wenn der Architekt vorgetragen und bei Bestreiten bewiesen hat, welche konkreten Teil-Architektenleistungen er mangelfrei erbracht hat, muss der Auftraggeber darlegen und – bei Bestreiten – ggf. beweisen, dass die Architektenleistungen für ihn unverwertbar sind oder deren Verwertung für ihn unzumutbar ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2013 – 23 U 102/12, BeckRS 2013, 13867; OLG Nürnberg, Urteil vom 27.07.2005 – 6 U 117/05, NZBau 2006, 320).

aa) In der Leistungsphase 1 “Grundlagenermittlung” im Rahmen der vorliegenden Objektplanung musste der Beklagte zunächst die Aufgabenstellung auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung der Klägerin klären und danach eine Planungsgrundlage zur Ermittlung der Planungs- und Überwachungsziele erstellen (siehe dazu Beck HOAI/Seifert/Fuchs, 3. Aufl. 2022, HOAI § 34 Rn. 31b). Auch wenn man das von der Klägerin dem Beklagten zur Verfügung gestellte Exposé (Anlage B2), welches die Klägerin von den vormaligen Eigentümern erhalten hatte, im Rahmen der Leistungsphase 1 als ausreichende Planungsgrundlage für den Beklagten bewerten würde, fehlt es gleichwohl an der in dieser Leistungsphase von dem Beklagten geschuldeten dokumentierten Ortsbesichtigung. Durch die Ortsbesichtigung soll sich der Planer mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut machen und sich einen ersten Eindruck von städtebaulichen, landschaftlichen und topografischen Gegebenheiten verschaffen (Beck HOAI/Seifert/Fuchs, 3. Aufl. 2022, HOAI § 34 Rn. 32). Die Ergebnisse der Ortsbesichtigung sind – wie die anderen Ergebnisse der Grundlagenermittlung – zusammenzufassen, zu erläutern und zu dokumentieren (Beck HOAI/Seifert/Fuchs, 3. Aufl. 2022, HOAI § 34 Rn. 44). Letzteres hat der Beklagte indes unstreitig nicht getan. Es konnte daher offen bleiben, ob der Beklagte überhaupt eine Ortsbesichtigung vorgenommen hat, denn jedenfalls hat der Beklagte auch nach eigenem Vorbringen etwaige Feststellungen nicht schriftlich oder auf andere Weise für die Klägerin festgehalten. Zutreffend führt das Landgericht in diesem Zusammenhang aus, dass ohne eine entsprechende Dokumentation der behaupteten Leistungen in dieser Phase ein Nutzen für die Klägerin nicht erkennbar ist. Ohne irgendeine textliche oder sprachliche Fixierung ergibt sich nichts, worauf die Klägerin oder Dritte später aufbauen könnten. Dabei hat sich der Planer in dieser Phase auch zu versichern, ob die Leistungsziele richtig verstanden wurden (Beck HOAI/Seifert/Fuchs, 3. Aufl. 2022, HOAI § 34 Rn. 45). Dem weiteren pauschalen Vorbringen des Beklagten, er habe auf Grundlage der Vorgaben der Klägerin eine Planungsgrundlage (welche?) ermittelt und seine Beratungspflichten in dieser Phase erfüllt (wann? wodurch?), war deshalb schon nicht nachzugehen. Wie das Landgericht zutreffend in dem angefochtenen Urteil ausführt, hat die Klägerin den Beklagten trotz des Vorliegens eines von den vormaligen Architekten der Verkäuferin für das Grundstück erstellten Exposé (Anlage B2) beauftragt und zwar, jedenfalls weil sie eine Maximierung der Bruttogrundfläche im Vergleich zu den Planungen des Exposé erreichen wollte. Warum der Beklagte gleichwohl meint seine eigene Pflichtenerfüllung in dieser Phase bereits durch Vorlage eben dieses Exposé nachgewiesen zu haben, erschließt sich nicht. Auf die ebenso erforderliche Pflicht des Auftragnehmers den Auftraggeber frühzeitig, also schon in der Leistungsphase 1, über Risiken der Genehmigungsfähigkeit des Projekts aufzuklären (z.B. wegen der Einordnung des Grundstücks nach § 34 BauGB oder § 35 BauGB) und die von der Klägerin in diesem Zusammenhang behauptete Pflichtverletzung des Beklagten kam es daher nicht mehr an.

bb) Auch in der Leistungsphase 2, der Vorplanung, ist der Auftragnehmer verpflichtet, die in dieser Phase geschuldeten Grundleistungen zusammenzufassen, zu erläutern und zu dokumentieren. Eine Dokumentation ist eine Zusammenstellung aller maßgeblichen Unterlagen. Sie umfasst in der Leistungsphase 2 zumindest die Vorplanung als zeichnerische Darstellung des Planungskonzepts, mit Lageplan, Grundrissen, Schnitten und Ansichten, erläuternden Angaben und Beschreibungen, Gesprächs- und Aktennotizen zu den Vorverhandlungen, eine Kostenschätzung und einen Terminplan (Beck HOAI/Seifert/Fuchs, 3. Aufl. 2022, HOAI § 34 Rn. 91). Auch betreffend die Leistungsphase 2 hat der Beklagte indes nicht dargelegt, dass er bis zur Kündigung des Vertrags die beauftragte Leistungsphase vollständig oder nur selbstständige Teile davon für die Klägerin verwertbar erbracht habe, insbesondere fehlt auch in dieser Phase jegliche Art von Dokumentation und deren Übergabe an die Klägerin. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, dass die Parteien etwa alle ein bis zwei Monate Meetings betreffend das Bauvorhaben abgehalten haben und hierzu auch Beweis angetreten. Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht dem entsprechenden Beweisantritt indessen nicht nachgegangen. Eine schriftliche Fixierung der Ergebnisse der verschiedenen Grundleistungen in dieser Phase war jedenfalls bei solchen umfangreichen und komplizierten Bauvorhaben wie dem Vorliegenden im mehrstelligen Millionenbereich zwingend erforderlich.

Ob sich der Beklagte in dieser Phase mit den fachlich an dieser Planung Beteiligten abstimmte oder seine Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten bereitstellte, brauchte daher nicht entschieden zu werden. Die angebotenen Zeugen waren nicht zu vernehmen, als der Beklagte zu keinem Zeitpunkt vorgetragen hat, dass die Besprechungen mit den Zeugen protokolliert und/oder etwaige Protokolle und Arbeitsergebnisse an die Klägerin oder Dritte übergeben worden sein sollen.

Zutreffend stellt das Landgericht sodann fest, dass auch die notwendigen Vorverhandlungen über die Genehmigungsfähigkeit mit dem zuständigen Bauamt von dem Beklagten nicht ausreichend dargelegt sind. Zwar legt der Beklagte eine einzelne Email vom 21.08.2017 (Anlage B19) vor und erklärt, dass es noch weitere umfangreiche Korrespondenz mit den zuständigen Behörden gäbe. Aus der vorgelegten Email ergibt sich aber erstens nicht, was genau mit dem Absender besprochen wurde und zweitens wurden weitere Schriftsätze trotz Ankündigung in erster Instanz nicht vorgelegt. Auch in der Berufungsbegründung hat der Beklagte trotz der ausführlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil keinen entsprechenden Vortrag nachgeholt oder die entsprechenden Dokumente vorgelegt, so dass es eines erneuten Hinweises und eines entsprechenden Erklärungsnachlasses nicht bedurfte.

cc) Weiter hat der Beklagte auch das Erarbeiten einer Entwurfsplanung, das Bereitstellen der Arbeitsergebnisse und/oder eine Objektbeschreibung in der Leistungsphase 3 nicht hinreichend dargelegt. Zwar hat der Beklagte während des Klageverfahrens einzelne Pläne, namentlich sieben Grundrisse, vorgelegt. Diese Pläne sind aber weder bemaßt, noch lässt sich den Plänen hinreichend genau entnehmen, welche Ebene bzw. welchen Gebäudeteil sie betreffen. Auch die während des Verfahrens überreichten Lagepläne liegen in mehreren Varianten vor und bleiben ohne Erläuterung des Beklagten. Wie das Landgericht zutreffend hervorhebt, wurden auch diese Pläne unstreitig jedenfalls nicht an die Klägerin übergeben. Letzteres gehört aber auch im Rahmen der Leistungsphase 3 zu den Pflichten des Auftragnehmers. In der Schnittstelle zwischen der Entwurfsplanung und der Genehmigungsplanung und damit auch noch vor der Ausführungsplanung dient diese Grundleistung “Zusammenfassen, erläutern und dokumentieren der Ergebnisse” als maßgebliche Grundlage für eine Entscheidung über die Entwurfsplanung, also über den bis dahin entwickelten Planungsstand (Beck HOAI/Seifert/Fuchs, 3. Aufl. 2022, HOAI § 34 Rn. 139).

Es kam daher auch nicht auf die strittige und unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung des Beklagten an, ob die Anträge auf Genehmigungsfreistellung nach § 62 BauOBln (Anlagen B11, Bk18 und Bk12) beim Bauamt auch tatsächlich eingereicht wurden, weil im Außenbereich nach § 35 BauGB und ohne positiven Bauvorbescheid ohnehin keine Genehmigungsfreistellung erfolgen konnte. Es musste daher auch nicht beurteilt werden, ob sie in diesen Anlagen enthaltenen Pläne eine im Rahmen der Leistungsphase 5 verwertbare Leistung darstellen. Die für diese Phase erforderliche Baugenehmigung fehlt bis heute.

2. Der Anspruch der Klägerin war wie von dem Landgericht tenoriert zu verzinsen, §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB. Weiter waren der Klägerin ihre vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 280, 249 ff. BGB.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich.

OLG Frankfurt zur Erforderlichkeit einer neuen Nachfristsetzung, wenn wegen eines Mangels eine Nacherfüllungsfrist gesetzt wird, die der Architekt bzw. Ingenieur zwar einhält, er aber die Nacherfüllung mangelhaft vornimmt

OLG Frankfurt zur Erforderlichkeit einer neuen Nachfristsetzung, wenn wegen eines Mangels eine Nacherfüllungsfrist gesetzt wird, die der Architekt bzw. Ingenieur zwar einhält, er aber die Nacherfüllung mangelhaft vornimmt

vorgestellt von Thomas Ax

Hat sich ein Planungsmangel noch nicht im Bauwerk niedergeschlagen, weil (noch) nicht nach der Planung gebaut wurde, darf (und muss) der Architekt bzw. Ingenieur seine Planung nachbessern und den Planungsmangel beseitigen. Architekten- und Ingenieurleistungen sind – auch wenn der Leistungsumfang genau feststeht – nicht sämtlich sofort zu erbringen, sondern nur die zum gegenwärtigen Projektstand jeweils notwendigen Leistungen; der Planer darf nicht vorpreschen bzw. “vorprellen”. Die Geltendmachung von Schadensersatz wegen eines Planungsverzugs setzt grundsätzlich eine erfolglose Fristsetzung voraus. Wird wegen eines Mangels eine Nacherfüllungsfrist gesetzt, die der Architekt bzw. Ingenieur zwar einhält, er aber die Nacherfüllung mangelhaft vornimmt, ist grundsätzlich eine erneute Nachfristsetzung erforderlich.

OLG Frankfurt, Urteil vom 11.05.2020 – 29 U 56/19

Gründe

I.

Die Klägerin (im Folgenden auch: das klagende Land) macht Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte wegen behauptet mangelhafter Erbringung einer beauftragten Planungsleistung (Verkehrswegeplanung) geltend; allein aufgrund dieser mangelhaften Planung habe sich in einem fest einzuhaltenden Zeitraum (sog. Sperrpause) der geplante Abriss einer Brücke nicht realisieren lassen, so dass anschließend eine andere, deutlich teurere Abrissmethode habe gewählt werden müssen. Der erstinstanzlich darüber hinaus gestellte Feststellungsantrag sowie die Widerklage sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Das Autobahnkreuz Wiesbaden-Schierstein (im Folgenden auch: Schiersteiner Kreuz) ist ein Autobahnkreuz in Kleeblattform und ein südwestlich von Wiesbaden gelegenes Kreuzungsbauwerk der Bundesautobahn A 66 (BAB 66; im Folgenden auch: A 66) mit der Bundesautobahn A 643 (BAB 643; im Folgenden auch: A 643). Einen wesentlichen Teil der 8 km langen A 643 bildet die Rheinbrücke Schierstein (im Folgenden auch: Schiersteiner Brücke), die neu gebaut werden muss. Im Zuge dieses Bauprojektes wird die A 643 insgesamt 6-streifig ausgebaut, was u. a. den kompletten Abbruch nebst anschließender Neuerrichtung diverser Kreuzungsbauwerke erfordert. In der ersten Umsetzungsphase sollte nicht nur die bestehende Schiersteiner Brücke durch einen Ersatzneubau unterstromig (westlich) zum bestehenden Brückenbauwerk erneuert werden, sondern es sollte auch das Schiersteiner Kreuz erneuert werden.

Das Schiersteiner Kreuz besteht aus dem Kreuzungsbauwerk A 66 / A 643 an sich, das im Zuge der hier relevanten Verträge auch als “Bauwerk 10” (im Folgenden auch: BW 10) bezeichnet wird. Unmittelbar südlich von diesem BW 10 kreuzt die A 643 eine Eisenbahnstrecke, wobei letztere unterhalb der A 643 hindurchgeführt wird. Dieses letztere Kreuzungsbauwerk wird als Kreuzungsbauwerke 9, 9a und 9b bezeichnet. Es besteht aus drei Kreuzungsbauwerken, nämlich dem “Bauwerk 9” (auch “BW 9” genannt), womit die (Haupt-)Brücke der A 643 selbst über die Eisenbahnstrecke bezeichnet wird. Das “Bauwerk 9a” (auch “BW 9a” genannt) ist die in unmittelbarer Nähe befindliche, westlich gelegene Kreuzung zwischen Eisenbahnstrecke und der Auffahrt von der A66 (von Rüdesheim kommend) auf die A 643 (in Richtung Mainz); jene Auffahrt wird auch als Achse 944 oder Rampe 944 bezeichnet. Das “Bauwerk 9b” (auch “BW 9b” genannt) bezeichnet die in unmittelbarer Nähe befindliche, östlich gelegene Kreuzung zwischen Eisenbahnstrecke und der Abfahrt von der A 643 (von Mainz kommend) auf die A 66 (in Richtung Frankfurt am Main); jene Abfahrt wird auch als Achse 939 oder Rampe 939 bezeichnet. Für eine bildliche Darstellung wird auf S. 2, 3 und 9 der Leistungsbeschreibung und S. 4 ff. der Klageerwiderung (Bl. 45 ff. d. A.) verwiesen. Da die Kreuzungsbauwerke 9, 9a und 9b zur Unterführung der Eisenbahnstrecke der Deutschen Bahn dienen, werden sie in den Unterlagen teilweise auch mit “UF DB” für Unterführung DB bezeichnet.

Eine Anschlussrampe bzw. Autobahnrampe bezeichnet eine Autobahnauffahrt und -abfahrt.

Im Zusammenhang mit dem 6-streifigen Ausbau der A 643 zwischen der Anschlussstelle Mainz-Mombach und dem Schiersteiner Kreuz beauftragte das klagende Land die Beklagte mit Vertrag vom 17.10./25.10.2011 (Nr. …, Anlage K1, Anlagenband; im Folgenden auch: Vertrag) mit der Planung und Organisation der “Bauzeitlichen Verkehrsführung” (Verkehrsführung während der Bauausführung), umgangssprachlich also der “Umleitung”. Nach § 1 des Vertrages bestand die Leistung der Beklagten darin, “Verkehrsführungskonzepte für die bauzeitliche Verkehr[s]führung i[m] Zuge der Ausbaumaßnahmen” vorzunehmen. Die Leistungen sind in der Anlage 1 zum Vertrag, die “Leistungsbeschreibung und Honorarangebot” enthält (im Folgenden auch: Leistungsbeschreibung), näher aufgeführt. Es war nach dem Vertrag eine Vergütung von 23.606,98 Euro vorgesehen. Nach § 5 des Vertrages und Ziff. 5 der Leistungsbeschreibung sollte die Endabgabe 4 Monate nach Auftragsvergabe stattfinden.

Die Beklagte übergab dem klagenden Land im Jahr 2012 von ihr erstellte Planungen; ob diese vollständig waren, ist streitig. Diesen lag jedenfalls der ursprüngliche Gedanke des klagenden Landes zu Grunde, dass die Umfahrung um das BW 9 im nördlichen Bereich des BW 9 über das Bauwerk 10 führen solle. Wegen Verzögerungen bei der Fertigstellung des BW 10 änderte das klagende Land diese Vorgabe mit E-Mail vom 05.02.2014 an die Beklagte (Anlage B3, Anlagenband) dahin, dass die Umfahrung über die “Behelfsbrücken” zum Bauwerk 10 und über die BW 9a und 9b geführt werden sollte, also ohne dass der Ursprungsverlauf der A643 nördlich des BW 9 genutzt wurde, sondern (zusammen) mit der Umfahrung von BW 10. Daher musste die Beklagte die Baustellenzufahrten neu konzipieren; zudem hatte die Neuplanung Auswirkungen auf die Planung und Berechnung der gesamten Fahrbahnneigung. Es mussten neue Höhenlagen (Gradienten) und die Veränderungen der Fahrbahnen (Achsen) berücksichtigt und planerisch umgesetzt werden. Die Neuplanung hatte auch Auswirkungen auf die Rampenanschlüsse, welche über die BW 9a und 9b führen.

Ursprünglich vorgesehen war zudem, dass bauseits ein Teilrückbau von Brückenkappen im südlichen Teil des BW 9 vorgenommen und ein Verbau für das BW 9b, der über die Brückenkappen hinweg eingebracht werden sollte, errichtet wird (Anlage B9, Bl. 197 d. A.). Ein Verbau meint in diesem Zusammenhang die Errichtung von Begrenzungen (z. B. als Spundwände; als Widerstand bzw. Begrenzung für die Aufschüttung), um die Rampen aufzuschütten, auf denen dann die Fahrbahn “asphaltiert” wird. Es war vorgesehen, dass seitlich der BW 9a und 9b eine Trägerbohlwand (ein “Verbau”) hergestellt wird. Ob dies eine Zusicherung des klagenden Landes an die Beklagte im rechtlichen Sinne darstellte, ist strittig. Jedenfalls legte sie dies ihren Planungen zugrunde. Ob sich den mit der E-Mail vom 05.02.2014 an die Beklagte übersandten Anlagen bei genauer Betrachtung entnehmen ließ, dass ein solcher Teilrückbau von Brückenkappen sowie der ursprünglich vorgesehene Verbau dort nicht eingeplant waren, ist zwischen den Parteien teilweise streitig; jedenfalls enthielt die E-Mail keinen entsprechenden Hinweis oder gab es einen sonstigen Hinweis hierauf an die Beklagte.

Im Mai und Juni 2014 überreichte die Beklagte dem klagenden Land neue Pläne, die die gegenüber der ursprünglichen Überlegung geänderte Verkehrsführung im Bereich des BW 10 berücksichtigten. Die neue Planung ist dargelegt auf S. 10 ff. der Klageerwiderung (Bl. 51 ff. d. A.). Zugrunde gelegt war weiterhin, dass der ursprünglich angedachte Rückbau von Brückenkappen und Verbau vorgenommen wird. Die überreichten Pläne enthielten keine Höhenangabe; Höhenpläne waren nicht vorhanden und zudem auch zumindest noch keine vollständigen Achsdaten und Querprofile. Vorgelegt wurden die Unterlagen, bei denen es um die Linienführung der Strecke ging, damit die vorbereitende Dammschüttung an den BW 9a und 9b ausgeschrieben und von Bietern bepreist werden konnte.

Das klagende Land wollte eine für den 03. – 05.10.2014 vorgesehene Sperrpause der Deutschen Bahn nutzen, um das BW 9 konventionell abzureißen. Der Abriss sollte dabei dergestalt vorgenommen werden, dass das BW 9 von oben abgebrochen wird und die abgebrochenen Bauteile auf die geschützten Gleise fallen gelassen und anschließend weggeräumt werden. Dass dieser Zeitraum für die Sperrpause ein fester Termin war, war den Parteien bekannt. Die Führung des Verkehrs sollte dabei so geplant werden, dass dieser spätestens zur Sperrpause über Behelfsbrücken und sonstige Bauwerke um die Baustelle geleitet werden und so eine Vollsperrung von Fahrbahnen vermieden werden konnte. Hierfür mussten die erforderlichen Rampenanschlüsse an die Autobahnen rechtzeitig vor dem 03.10.2014 hergestellt sein.

Während der Ausschreibungsphase für die Baumaßnahme “Ersatzneubau BW 9” legte die Beklagte Lagepläne des Streckenverlaufs und Verkehrszeichenpläne für die Zwischenphasen sowie Umleitungen der geplanten Umfahrung des BW 9 vor, die sie nach Angeboten ihrerseits an das klagende Land vom 06.05.2014 und 03.06.2014 (Anlage K12, Anlagenband) erstellt hatte.

Die X GmbH & Co. KG (im Folgenden auch: X KG) erhielt Anfang August 2014 den Zuschlag für die Bauausführung. Komplementärin der X KG ist die Nebenintervenientin. Nachunternehmerin der X KG war die Firma Y.

Mit einer E-Mail vom 23.06.2014 (Anlage B6, Anlagenband) teilte das klagende Land der Beklagten die vorgesehenen Zeiträume für die einzelnen Verkehrsphasen zur Umleitung des Verkehrs auf die Brücken BW 9a und 9b mit, danach war geplanter Baubeginn “ca.” am 19.08.2014.

Am 27.08.2014 teilte die X KG dem klagenden Land mit, dass sie die Planunterlagen sowohl in digitaler als auch in Papierform spätestens in der 36. Kalenderwoche benötige.

Am 28.08.2014 rief das klagende Land (der Zeuge Z1) bei der Beklagten (dem Zeugen Z2) an und wies darauf hin, dass die X KG die Pläne allerspätestens im Laufe der 36. Kalenderwoche (01. – 05.09.2014) benötige, um die Baumaßnahmen noch rechtzeitig vor der Sperrpause durchführen zu können. Ob diese Anforderung lediglich eine “erneute” Anforderung der Planungen oder die Mitteilung und Anforderung fehlender Pläne beinhaltete, ist streitig.

Die Beklagte übersandte daraufhin mit diversen E-Mails zwischen dem 28.08. und 04.09.2014, zuerst am 28.08.2014 um 9.22 Uhr (Anlage B14, Bl. 358 d. A.), zuletzt am 04.09.2014 Unterlagen und Pläne. Diese Unterlagen enthielten eine Planung der Beklagten einschließlich Höhenangaben und Höhenplänen. Die Höhen waren auf die (künftige) Endhöhe der A 643, und nicht deren tatsächlichen damaligen Bestand geplant. Dies hätte jedenfalls hinsichtlich der äußersten Fahrbahn (linker Streifen) in Fahrtrichtung einen Höhenunterschied (Versatz) der Achse hin zum Altbestand der A 643 bedeutet. Ob auch im Übrigen ein Höhenunterschied in Fahrtrichtung (nämlich insgesamt von 50 cm im Bereich BW 9b Nord /ASt FR Frankfurt am Main und 70 cm im Bereich der A 643, BW 9a, Süd) aufgetreten wäre, ist streitig.

Die X KG erstattete gegenüber dem klagenden Land Behinderungsanzeige per E-Mail am 28.08.2014, 20.22 Uhr (Anlage K6, Anlagenband), wobei sie beanstandete, dass in den vom klagenden Land übersandten Dateien zur Ausführungsplanung diverse Angaben und Formalien fehlten. Von dieser Behinderungsanzeige unterrichtete das klagende Land die Beklagte telefonisch am 01.09.2014.

Am 04.09.2014 rügte die X KG gegenüber dem klagenden Land eine Unvollständigkeit der Unterlagen und teilweise mangelhafte Pläne. Mit E-Mail vom 05.09.2014 (Anlage K27, Anlagenband) beanstandete die X KG gegenüber dem klagenden Land erneut, dass ihr im Moment noch nicht alle Planungsunterlagen für die Umfahrungen vorlägen; die vom klagenden Land vorgesehenen Termine für die einzelnen Bauphasen seien nicht mehr haltbar, weshalb die Bauabläufe geändert werden müssten. Um überhaupt noch eine Machbarkeit der ganzen Arbeiten bis zum Abbruchtermin zu prüfen, bat die X KG um einen kurzfristigen Besprechungstermin am 08.09.2014 um 14.00 Uhr vor Ort (Anlage K27, Anlagenband).

Einen Verbau hatte das klagende Land nicht errichten lassen. Auch der ursprünglich hierfür vorgesehene teilweise Rückbau von Brückenkappen war nicht erfolgt.

Mit E-Mail vom 09.09.2014, 10.19 Uhr, (Anlage K7, Anlagenband) teilte die X KG dem klagenden Land mit, dass es nach den Querprofilen der nunmehr vorgelegten Entwurfsplanung erforderlich würde, bei der A 643 beide Fahrspuren und ebenso die Abbiegeäste einzuschütten; dies habe jeweils eine Vollsperrung zur Folge. Sie benötige spätestens morgen, Mittwoch 10.09.2014, verlässliche Vorgaben und Planungsunterlagen (Entwurfsplanung für die provisorischen Umfahrungen), weil sie ansonsten die Termine nicht mehr realisieren könne (Anlage K7, Anlagenband).

Ebenfalls am 09.09.2014 fand eine Besprechung vor Ort statt, an der sowohl das klagende Land als auch die Beklagte sowie die X KG teilnahmen. In dieser Besprechung forderte das klagende Land die Beklagte jedenfalls auf, ihre Planung dahingehend zu ändern, dass sie sich an dem Bestand bzw. Bestandshöhen der A 643 orientiere. Außerdem wurde erörtert, dass ein Verbau nicht in der ursprünglich vorgesehenen Höhe ausgeführt wurde und die Brückenkappen nicht wie ursprünglich vorgesehen abgerissen wurden. Auch insofern forderte das klagende Land die Beklagte auf, eine neue Planung vorzulegen. Der Zeuge Z3 sicherte dem klagenden Land für die Beklagte eine entsprechend geänderte Planung zu.

Am 09.09.2014 war mit den Bauarbeiten zu der Umleitung noch nicht begonnen worden.

Die Beklagte übersandte dem klagenden Land anschließend mit E-Mails vom 10. – 12.09.2014 geänderte Planungen. Mit E-Mail vom 10.09.2014, 19.15 Uhr (Anlage K8, Anlagenband) übersandte sie die Anpassung der Rampen MZ-Frankfurt (Achse 939), RÜD-WI (Achse 971) und RÜD – MZ bzw. WI – MZ (Achse 979/931). Die Unterlagen zu Achse 944 und Anpassung der Verkehrszeichenpläne kündigte sie für Donnerstag an. Mit E-Mail vom 11.09.2014, 10.48 Uhr (Anlage K8, Anlagenband) übersandte sie die noch fehlenden Rampen RÜD – MZ (Achse 944) und MZ – WI (Achse 976) und kündigte die Übersendung der Anpassung der Verkehrszeichenpläne an. Mit E-Mail vom 12.09.2014, 14.57 Uhr (Anlage K10, Anlagenband) übersandte sie nochmals die Rampe RÜD – MZ (Achse 944), bezüglich derer bei der Übersendung am vorigen Tag Stationen gefehlt hatten. Die Rampe Mainz – WI / Ffm sei vollständig geliefert worden. Damit legte sie insgesamt eine Neuplanung mit Stand 12.09.2014 vor, wie auf S. 17 f. der Klageerwiderung (Bl. 58 f. d. A.) ersichtlich; sie beinhaltete einen abgeänderten Verlauf der Rampen, der berücksichtigt, dass der Verbau nicht erfolgt und die Brückenkappen nicht zurückgebaut worden waren. Die Fahrbahnen entlang der BW 9a und 9b wurden insoweit wegen des fehlenden Verbaus seitlich nach außen verschoben und auf diese Weise der Abstand zu den (dort unstreitig nicht fertiggestellten) Verbauten vergrößert; sie wurden insofern “verschwenkt”. Die Planungsunterlagen sind zudem auf die Bestandshöhe der A 643 geplant.

Mit E-Mail vom 12.09.2014, 17.28 Uhr, (Anlage K9, Anlagenband) teilte die X KG dem klagenden Land mit, dass nach Sichtung der übergebenen Planung vom 11.09.2014 dringender Gesprächsbedarf bestehe. Die Zeit für die Realisierung der Arbeiten werde immer kürzer, so dass sie den Fertigstellungstermin (Abbruchtermin) aus verschiedenen Gründen als sehr gefährdet ansehe, weshalb um einen Gesprächstermin am Montag, 15.09.2014, 15.00 Uhr, gebeten werde.

Mit der Ausführungsplanung betreffend die Verkehrsanlage war die X KG beauftragt. Die X KG erstellte eine Ausführungsplanung, nachdem die Beklagte ihre Entwurfsplanung vom 12.09.2014 vorgelegt hatte, am 12.09.2014. Die Ausführungsplanung der X KG wurde der Beklagten, die das klagende Land mit der Überprüfung der Ausführungsplanung beauftragt hatte, übergeben.

Am 15.09.2014 fand eine Besprechung vor Ort statt, an der das klagende Land, die Beklagte und die X KG teilnahmen. Den Inhalt (Protokoll) fasste die X KG mit E-Mail vom 15.09.2014 (Anlage B8, Anlagenband) zusammen. Unter anderem wird dort (S. 2) festgehalten, dass da “die Verkehrssicherung als auch der Straßenbau auf dem kritischen Weg liegen […], nochmals eine Besprechung am 16.09.2014 […] einberufen” werde. Seitens der Fa. Y wurde angemerkt, dass ihrem Unternehmen nun nur noch die Hälfte der vorgesehenen Bauzeit zur Verfügung stehe und die Maßnahme aufgrund der fehlenden bzw. nicht baubar gewesenen bauseitigen Entwurfspläne schon mehrfach geschoben werden musste und sie nun andere Bauherren nicht mehr bedienen könne, nur um diese Maßnahme zu bedienen. Sie rechne mit den doppelten Kosten ihrer Leistung.

Mit den Bauarbeiten zur Umleitung wurde am 16.09.2014 begonnen. Mit der Erbringung der Verkehrssicherungsmaßnahmen wurde am 17. bzw. 18.09.2014 begonnen; solche werden in unmittelbarer Vorbereitung und zur Absicherung der Baustelle notwendig und stellen den ersten Schritt zur Umsetzung der Verkehrsführungsplanung dar.

Am 17.09.2014 (Anlage K15, Anlagenband) teilte die X KG dem klagenden Land mit, dass die Zurückweisung früherer Behinderungsanzeigen hinfällig sei. Die ausgeschriebenen Verkehrssicherungspläne seien terminlich schon verstrichen, sie könne nach den Ausschreibungsverkehrssicherungsplänen nicht mehr bauen. Bis dato sei ihre Behinderung offensichtlich.

Am 17.09.2014, 11.24 Uhr (Anlage WK6, Bl. 111 d.A.) übersandte die Beklagte an das klagende Land eine Ergänzung der Verkehrszeichenpläne wie Montagnachmittag besprochen sowie Anhänge bezüglich der Überprüfung der von der X KG übergebenen Unterlagen.

Am 17.09.2014, 18.10 Uhr (Anlage K16, Anlagenband), übersandte die Beklagte dem klagenden Land weitere Unterlagen. Ausweislich des E-Mail-Textes werden darin von der X KG in digitaler Form angeforderte Unterlagen sowie ein Lageplan mit Anpassungen der Fahrbahnflächen auf Grundlage der neuen Festlegung “von letzter Woche sowie am Montag”, also dem 15.09.2014, übersandt. Ob sich hieraus ergibt, dass die bis zum 12.09.2014 übersandten Unterlagen unvollständig waren, oder ob es sich hier um eine E-Mail in Bezug auf die daneben beauftragte Überprüfung der Ausführungsplanung der X KG handelte, ist streitig.

Die Sperrpause vom 03. – 05.10.2014 wurde nicht genutzt, um das Brückenbauwerk BW 9 konventionell abzureißen. Eine Sperrpause bedeutet die Sperrung jeglichen Bahnbetriebes seitens der Deutschen Bahn. Solche Sperrpausen werden lange Zeit vorher festgelegt und sind kaum und schon gar nicht kurzfristig erhältlich. Die Sperrpause hatte die W AG vor einigen Jahren bei der W1 AG beantragt. Das klagende Land wollte diese Sperrpause nutzen, um BW 9 wie beschrieben konventionell abzureißen. Im laufenden Bahnbetrieb ist ein konventioneller Abriss nicht möglich. Eine weitere Sperrpause von drei aufeinanderfolgenden Tagen war für die nächsten drei Jahre von der W AG nicht vorgesehen; auch stundenweise Sperrpausen ab dem 21.03.2015 wären nicht mehr erhältlich gewesen. Zum Zeitpunkt der Sperrpause war die Verkehrsumleitung um das BW 9 über die BW 9a und 9b nicht fertig gestellt.

Das BW 9 wurde sodann ab Frühjahr 2015 im Rahmen eines anderen Abbruchkonzepts, das von der Beklagten erstellt wurde und von dem das klagende Land behauptet, es sei deutlich komplexer und teurer gewesen, abgerissen. Der Abriss des alten BW 9 wurde dabei in den anschließenden kurzen Sperrpausen vorgenommen, indem es abschnittsweise durchsägt, von unten mit Türmen unterstützt und die zersägten Bauteile über den Gleisen mit einem Kran ausgehoben wurden. Die Randfelder außerhalb der Bahnstrecke mussten hierfür von oben abgebrochen werden.

Hierfür ist die von der Beklagten geplante Verkehrsführung (Umleitung) um das BW 9 herum über die BW 9a und 9b umgesetzt und genutzt worden.

Die X KG wurde Anfang 2016 aufgelöst.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 14.12.2017 (Anlage K4, Anlagenband) an das klagende Land, diesem zugegangen per Fax am selben Tag, eine Verpflichtung zum Schadenersatz ab.

Mit der Klage macht das klagende Land als Schaden Mehrkosten wegen der Behinderungen und Verzögerungen im weiteren Bauablauf durch die behauptete mangelhafte Planung geltend. Es hat die Klageforderung zunächst auf 1.922.921,77 Euro berechnet, bestehend aus (1) Mehrkosten wegen des grundlegend zu ändernden Abbruchkonzeptes, zusammen mit (2) weiteren Mehrkosten bei der Ausführung und Planung gemäß Anlage K2 (Spalte ganz rechts “Gesamt II”, Anlagenband) sowie (3) zusätzlichen Kosten für die Bauüberwachung / Bauoberleitung, die Koordination von Sicherheits- und Gesundheitsschutz (SiGeKo) sowie für die Bauüberwachung im Bereich der Deutschen Bahn. Sodann hat das klagende Land geltend gemacht, dass sich der Schaden wie auf S. 23 – 28 des Schriftsatzes vom 11.05.2018 (Bl. 150 – 155 d.A.) und Anlage K2 (neu) (Anlagenband) näher dargelegt zusammensetze, wobei es bei der Gesamtsumme verblieben ist.

Schließlich fußt die nach teilweiser Klagerücknahme aufrecht erhaltene Geltendmachung in Höhe von insgesamt 1.651.155,04 Euro netto (Bl. 276 d.A.) auf der Darstellung des Schriftsatzes vom 13.09.2018, S. 21 ff. (Bl. 246 – 257 d.A.) sowie der dort näher dargelegten Kosten (S. 33 ff., Bl. 258 – 276 d.A.). Die von dem klagenden Land hierzu vorgelegten Balkendiagramme zu Bauzeitenplänen (Anlagen K28 – K32, Anlagenband) wurden erst im Jahr 2018 aufgrund des hiesigen Rechtsstreits erstellt. Nach dem dortigen ursprünglichen Zeitplan (Anlage K28, Anlagenband) war der Baubeginn auf den 05.09.2014 vorgesehen.

Die Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Das klagende Land hat behauptet, die Beklagte sei mit den streitgegenständlichen Planungsleistungen beauftragt gewesen. Sie seien jedenfalls durch konkludentes Handeln der Parteien Vertragsinhalt geworden, was sich schon daraus ergebe, dass die Beklagte die Planung für die Maßnahmen in 2014 erstellt habe. Die Beklagte sei auch mit mehr als einer bloßen Entwurfsplanung beauftragt worden; dies ergebe sich aus dem Nachtragsangebot vom 17.09.2013 (Anlage K11, Anlagenband). Zudem sei mit weiteren Angebotsschreiben der Beklagten vom 06.05.2014 und 03.06.2014 dieses Angebot konkretisiert worden (Anlage K12, Anlagenband). Eine unmittelbar vor der Ausführungsphase erstellte Planung habe zudem gar keine bloße Entwurfsplanung mehr sein können. Das klagende Land habe die Beklagte nie damit beauftragt, bei den Anschlüssen an die Fahrbahn nicht auf den Bestand, sondern auf die künftige Endhöhe der A 643 zu planen. In der Besprechung vom 18.02.2013 sei eine andere Verbindung betroffen gewesen. Die Planung habe “im Bestand” vorgenommen, die Rampen hätten an die vorhandene Fahrbahn angeschlossen werden sollen.

Das klagende Land hat behauptet, die Planung der Beklagten, die bis zum 04.09.2014 übergeben worden sei, sei nicht mangelfrei und geeignet gewesen; die Pläne seien vielmehr zwangsläufig ungeeignet und mangelhaft, weil sie auf der grundlegend falschen Annahme aufbauten, dass die Endhöhe der A 648 schon vorhanden sei. Die Pläne seien nicht auf die Bestandshöhe ausgerichtet gewesen. Die vorgelegten Querprofile der Rampen seien für die Ausführung nicht verwertbar gewesen, da sich daraus erhebliche Höhenunterschiede (von 50 cm etwa im Bereich BW 9b Nord /Ast FR FFM bis hin zu 70 cm etwa im Bereich der A 643, BW 9a, Süd) ergeben hätten. Die Höhendifferenz von 50 – 70 cm im Bereich der Rampenanschlüsse sei eine (Folge der) Fehlplanung. Aufgrund dessen hätte die Fahrbahn an der betreffenden Stelle nicht befahren (überfahren) werden können. Die Planung der Fortführung einer bestehenden Fahrbahn müsse hinsichtlich des zu bauenden (anzuschließenden) Teils aber stets höhengleich sein, weil die Fahrbahn sonst nicht oder jedenfalls nicht mehr verkehrssicher nutzbar sei. Es liege daher auf der Hand, dass der Anschluss von Rampen, die von bzw. auf eine bestehende Autobahn führen sollen, eine Planung erfordere, die sich an der tatsächlichen Beschaffenheit nebst tatsächlicher Bestands- und damit Anschlusshöhe orientiere. Ansonsten sei die Planung offenkundig ungeeignet, ihren Zweck der Umleitung des Verkehrs zu erreichen. Die einzig sinnvolle Planung der Rampen sei eine solche auf den (bestehenden) Bestand der A 643 gewesen. Die Planung der Beklagten sei daher ungeeignet und für die Ermöglichung der Umfahrung des BW 9 unbrauchbar gewesen. Ein Abbruch des BW 9 ohne fertiggestellte Umfahrung hätte die A 643 unbenutzbar gemacht, was zu einem “völligen Verkehrskollaps” geführt hätte.

Aufgrund der mit der E-Mail vom 05.02.2014 (Anlage B3, Anlagenband) veranlassten Anpassungen wegen des nicht rechtzeitig fertig werdenden BW 10 habe es keine Verzögerungen gegeben.

Der Beklagten sei auch bekannt gewesen, dass der Verbau sowie der Rückbau der Brückenkappen vom klagenden Land nicht umgesetzt worden seien. Diese seien zudem kein Grund dafür, dass die Sperrpause nicht habe genutzt werden können, weil der Verkehr notfalls einstreifig um das abzureißende BW 9 hätte geführt werden können. Die ursprüngliche Konzeption mit Verbau habe mit der Höhe der Anschlüsse nichts zu tun. Das Gleiche gelte für die Brückenkappen. Diese hätten für die Verlängerung des Verbaus an der für diese vorgesehenen Stelle zurückgeschnitten (entfernt) werden müssen, um dort den Verbau weiterführen (bauen) zu können. Dass beides mit der Höhe nichts zu tun habe, belege schon die Tatsache, dass der Verkehr später – und zwar ab Januar 2015 – problemlos über die BW 9a und 9b um das BW 9 habe herum geleitet werden können (Verschwenkung im Bereich der Kappen), ohne dass der Verbau hergestellt worden sei; dieser sei bis heute nicht ausgeführt. Wenn die Anschlüsse an den Bestand von der Beklagten Ende August oder Anfang September 2014 höhengleich zum Bestand geplant worden wären, hätten die Anschlüsse baulich noch rechtzeitig hergestellt und die Sperrpause Anfang Oktober 2014 genutzt werden können. Im Übrigen habe das klagende Land bezüglich Verbau und Rückbau der Brückenkappen im Jahr 2012 keine Zusicherung gegeben, sondern es habe sich nur um “ursprüngliche Annahmen” der Parteien gehandelt. Es habe sich aber jedenfalls aus den der Beklagten am 05.02.2014 (Anlage B3, Anlagenband) übermittelten aktuellen Unterlagen ergeben, dass die ursprünglich angedachte Verlängerung des Verbaus und der teilweise Rückschnitt der Kappen nicht vorgenommen worden waren.

Das klagende Land hat die Ansicht vertreten, dass es sich, weil die Beklagte von der Sperrpause wusste, zwischen den Parteien um ein relatives Fixgeschäft gehandelt habe, § 271 BGB. Es hat behauptet, im Laufe des Mai / Juni 2014 habe es mehrere telefonische Besprechungen zwischen dem klagenden Land (Herrn Z1) sowie der Beklagten (Herrn Z3) gegeben, in deren Rahmen sämtliche Termine abgestimmt worden seien. Der Zeuge Z3 habe versichert, dass die baulichen Maßnahmen auf Grundlage der Planung der Beklagten ausgeführt und solchermaßen die Sperrpause genutzt werden könne. Es hat die Ansicht vertreten, im Übrigen ergäbe sich ein relatives Fixgeschäft auch aus den Umständen.

Als sich am 09.09.2014 herausgestellt habe, dass die Beklagte nicht auf den Bestand geplant habe, habe der Zeuge Z3 für die Beklagte die Erstellung einer entsprechend geänderten Planung zugesagt. Das klagende Land ist der Ansicht, deshalb habe es keiner Nachfristsetzung oder dergleichen bedurft.

Zwar habe die Beklagte die teilweise geänderte Planung dann bis zum 12.09.2014 vorgelegt, dies sei jedoch “schon viel zu spät” gewesen, “um die Arbeiten noch rechtzeitig vor der Sperrpause ausführen” lassen zu können. Das zeige sich schon an den eigenen vorherigen Zeitplanungen der Beklagten. Deshalb habe am 15.09.2014 die Krisenbesprechung stattgefunden; auch zu diesem Zeitpunkt sei die Planung der Beklagten nicht “baubar” gewesen. Das klagende Land hat die Ansicht vertreten, die Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die baulichen Maßnahmen gemäß den am 12.09.2014 übermittelten Plänen noch bis zum 29.09.2014 hätten umgesetzt werden können.

Das klagende Land hat behauptet, nach dem 12.09.2014 habe auch deshalb immer noch nicht mit den Bauarbeiten begonnen werden können, weil die Planung nach wie vor mangelhaft gewesen sei. Am 12.09.2014 habe die Beklagte eine “Kernleistung” erbracht gehabt; vollständig und mangelfrei habe die Planung dann am 17.09.2014 vorgelegen. Das zeige sich auch daran, dass die Beklagte ihre Planung am 20.11. und 25.11.2014 nochmals überarbeitet habe. Auf dieser Grundlage sei die Ausführung der baulichen Maßnahmen (Umbau der Verkehrsführung zwecks Umfahrung und Brückenabbruch BW 9) in zeitlicher Hinsicht nicht mehr planmäßig rechtzeitig möglich gewesen.

Da der 12.09.2014 ein Freitag gewesen sei, habe frühestens am 15.09.2014 mit den Arbeiten begonnen werden können. In den Besprechungen am 15. und 16.09.2014 sei versucht worden, die Umsetzung irgendwie doch noch rechtzeitig zu realisieren, wobei sich letztlich herausgestellt habe, dass das nicht möglich gewesen sei; das Zeitfenster sei “zu knapp” gewesen.

Frühestens am 17.09.2014 habe eine vollständige Planung der Beklagten vorgelegen. Diese sei aber ebenfalls mangelhaft gewesen, weil bei den Achsen 939 und 976 weitere Anpassungen erforderlich gewesen seien. Erst auf der Grundlage der “wiederum nur nach dem 17.09.2014 nachgebesserten Planung der Beklagten” hätten die Arbeiten zur Vorbereitung des BW 9 dann ab Januar 2015 durchgeführt werden können.

Das klagende Land hat behauptet, ihm sei der mit der Klage zuletzt geltend gemachte Schaden entstanden, wie näher auf Bl. 248 ff. d.A. dargelegt und mit Balkendiagrammen zu Bauzeitenplänen unterlegt (Anlagen K28 – K 32, Anlagenband). Es hat die Ansicht vertreten, es sei nicht zu beanstanden gewesen, dass die Balkendiagramme erst im Jahr 2018 erstellt worden seien, da im Jahr 2014 ein Rechtsstreit nicht absehbar gewesen sei. Der Vortrag zur baustellenbezogenen Darstellung der Ist- und Sollabläufe seitens des klagenden Landes sei ausreichend, andernfalls habe das Gericht Hinweise zu erteilen. Das klagende Land hat behauptet, es habe die Abschlagsrechnungen der mit der geänderten Ausführung beauftragten Unternehmen nach Prüfung in Höhe des Ergebnisses bezahlt. Der Schaden resultiere daher, dass das neue, nach Verstreichen der Sperrpause erforderliche Abbruchkonzept mit deutlich höheren Kosten verbunden gewesen sei. Außerdem seien die Straßenbauarbeiten zur Ermöglichung der Umfahrung des BW 9 über die BW 9a und 9b dadurch in die Winterzeit (Januar 2015) verschoben worden, was ebenfalls Kostensteigerungen verursacht habe und eine weitere Verkehrssicherung und längere Vorhaltung der transportablen Schutzeinrichtung erfordert habe. Andere Leistungen, insbesondere Bohrpfahlarbeiten, seien ebenfalls verschoben worden. Es sei zudem zu Vollsperrungen gekommen.

Das klagende Land hat die Ansicht vertreten, ihm stünden Ansprüche aus Gewährleistung zu. Es handele sich bei den geltend gemachten Mehrkosten nicht um einen Verzögerungsschaden. Der Schaden des klagenden Landes bestehe nicht darin, dass der Abbruch des BW 9 verzögert erfolgt sei, sondern darin, dass ein ganz anderes, per se deutlich teureres Abbruchkonzept zur Ausführung habe kommen müssen, auch wenn es zusätzlich zudem zu Verzögerungsschäden gekommen sei.

Das klagende Land hat mit dem – in der Berufung allein noch weiterverfolgten – Antrag zu 1. zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an das klagende Land 1.922.921,77 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.12.2017 zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 13.09.2018 (Bl. 226 ff. d.A.) hat das klagende Land die Klage teilweise zurückgenommen (Bl. 276 d.A.).

Das klagende Land hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an das klagende Land 1.651.155,04 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.12.2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie sei lediglich mit der Entwurfsplanung der Verkehrsführung beauftragt worden; die Planung des konkreten Anschlusses falle jedoch in die Planungsphase Ausführungsplanung. Hiervon zu trennen sei die Planung der Verkehrsanlage, also des Rampenanschlusses, mit dem sie ebenfalls beauftragt gewesen sei. Sie hat die Ansicht vertreten, den ursprünglichen Vertrag habe sie mit Vorlage der Pläne im Jahr 2012 erfüllt. Die anschließenden weiteren Arbeiten würden auf der zusätzlichen Beauftragung mit weiteren Arbeiten beruhen. Sie hat behauptet, mehr als die im Mai 2014 per E-Mail übersandten Unterlagen habe sie nicht geschuldet.

Sie hat behauptet, das klagende Land habe die Beklagte in der Baubesprechung vom 18.02.2013 damit beauftragt, die Rampenanschlüsse auf die Endhöhe der A 643 zu planen, also die “neue” Endhöhe nach Ausbau der A 643. Das klagende Land habe hierzu mitgeteilt, dass Umbauten der Rampe in nachfolgenden Bauphasen vermieden werden sollten. Auch sei als weiteres Ziel ein durchgehender Endbelag auf der Rampe protokolliert, um die Anzahl der Asphaltfugen zu reduzieren. Dies sei keine “ungeeignete Planung” gewesen. Eine Höhendifferenz sei im Straßenbau die Regel und werde durch eine Anrampung gelöst.

Ein Planungsfehler liege nicht vor. Die Planung sei ordnungsgemäß erbracht worden und wäre bei Vorhandensein der vereinbarten Rahmenbedingungen umsetzbar gewesen. In der ursprünglichen Planung auf die Endhöhe liege schon deshalb kein Mangel, weil das klagende Land sie so vorgegeben habe. Im Übrigen sei nach ihren Planungen bis zum 04.09.2014 ein Versatz auch nur an der Seite der Fahrbahn “neben” der geplanten Verkehrsführung entstanden; in Fahrtrichtung habe ein Höhenunterschied (Versatz) nur bezüglich der äußersten Fahrbahn (linker Streifen) hin zum Altbestand der A 643 bestanden. Die Planungen der Beklagten hätten, wenn die vom klagenden Land zugesicherten Vorleistungen erbracht worden wären, ausgeführt werden können.

Die planerische Höhendifferenz sei jedenfalls nicht ursächlich für etwaige Verzögerungen bei der Herstellung der Rampenanschlüsse geworden. Allein ursächlich seien vier Gründe, die allesamt dem klagenden Land zuzurechnen seien. Dies seien als Erstes die Verzögerungen bei den Bauleistungen zur Erneuerung des BW 10. Sodann habe das klagende Land zweitens den notwendigen und in der Baubesprechung vom 01.06.2012 zugesagten Verbau für das BW 9b und drittens den notwendigen und in der Baubesprechung vom 01.06.2012 zugesagten Teilabriss der Brückenkappen im südlichen Teil des BW 9 nicht vorgenommen; hierüber sei die Beklagte aber erst am 09.09.2014 informiert worden. Mangels Verbau habe die Anrampung gefehlt, auf welcher die Autobahnabfahrt hätte errichtet werden sollen. Aufgrund des fehlenden Rückbaus der Brückenkappe habe insbesondere am Verlauf der Autobahnabfahrt MZ – FFM, Achse 939, auf wenigen Fahrbahnmetern ein “Links-Rechtsschwenk” geplant werden müssen, um den Brückenvorsprung zu umfahren. Zudem hätten beide fehlenden Vorarbeiten dazu geführt, dass eine veränderte Achsenverschwenkung in den Rampenachsen 939 und 944 erforderlich gewesen seien. Der Verbau und der Rückbau der Brückenkappen seien notwendige Vorarbeiten gewesen, die erst die Aufschüttung der Rampe und damit den geplanten Rampenanschluss an die A 643 ermöglicht hätten. Durch die Nichtausführung sei eine komplette Neuplanung erforderlich geworden; es seien nicht nur Einzelheiten zu verändern gewesen, sondern die fundamentalen Grundlagen der Planungen hätten neu berechnet werden müssen. Schließlich sei viertens ursächlich der verspätete Baubeginn. Wären der Verbau und der Rückbau der Brückenkappen ausgeführt worden, hätten der Verkehr entsprechend der ursprünglichen Planung der Beklagten geführt und das BW 9 während der Sperrpause abgerissen werden können.

Die Herstellung des Verbaus sei auch nicht möglich gewesen, indem zunächst nur eine einspurige Verkehrsführung vorgenommen worden wäre. Eine solche Planungsanfrage sei im Übrigen nie gestellt worden und hätte auch in der verbleibenden Zeit genehmigt werden müssen, was den Baubeginn ebenfalls verzögert hätte.

Eine Mangelbeseitigungsaufforderung oder Frist zur Nacherfüllung sei nicht gesetzt worden. Dieser habe es jedoch bedurft, weil gerade kein relatives Fixgeschäft vorgelegen habe. Sie hat die Ansicht vertreten, es sei gerade nicht “typisch” für ein relatives Fixgeschäft, dass keine bestimmte Endfrist vereinbart wäre. Es sei jedenfalls für die Schlüssigkeit der Klage erforderlich, dass das klagende Land einen konkreten Termin benenne, dessen Einhaltung von den Parteien im Sinne eines relativen Fixgeschäfts vereinbart worden sein solle. Ansonsten käme allenfalls der 03.10.2014 als Endzeitpunkt in Betracht, der aber eingehalten worden sei. Der ursprünglich angestrebte Baubeginn am 19.08.2014 könne ebenfalls nicht gemeint sein, weil das klagende Land auch nach seinem Vortrag erst nach diesem Datum, nämlich z. B. am 28.08. und 01.09.2014 Aktivitäten entfaltet habe. Dies belege, dass das klagende Land die Einhaltung etwaiger Bauzeitenpläne entweder im Vorfeld nicht hinreichend ausgearbeitet bzw. abgestimmt und / oder nicht befolgt habe.

Die Planung entsprechend der geänderten Vorgaben am 09.09.2014 habe die Beklagte dann am 12.09.2014 ordnungsgemäß und mangelfrei erbracht. Es sei auch eine Ausführung dieser Planung innerhalb der zur Verfügung stehenden 2,5 Wochen möglich gewesen. Sie hat die Ansicht vertreten, der gegenteilige Klägervortrag sei unsubstantiiert. Ein Mangel könne nicht darin liegen, dass die Planung der Beklagten nicht “ausführbar” gewesen sei; denn es sei gerade die Entwurfsplanung beauftragt gewesen, die immer einer Ausführungsplanung bedürfe; die Ausführungsplanung sei notwendiger Planungsstand für ein bauausführendes Unternehmen.

Die behauptet fehlende Planung bis zum 12.09.2014 könne auch deshalb nicht ursächlich geworden sein, weil am 15.09.2014 noch im Besprechungsprotokoll ausgeführt sei, dass die Verkehrssicherung sich auf einem kritischen Weg befinde. Wenn mit den Arbeiten zur Verkehrssicherung erst am 17.09.2014 durch die X KG begonnen worden sei, belege dies, dass die Genehmigung nicht rechtzeitig beantragt worden sei. Hierfür könne die behauptet verspätete Planvorlage ebenfalls nicht ursächlich geworden sein, weil von einer Beantragung ungefähr am 03.09.2014 auszugehen sei und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem nach der Behauptung des klagenden Landes gerade keine Pläne vorgelegen hätten. Ein Baubeginn sei aber vor Ausführung der Verkehrssicherung, und damit vor dem 17.09.2014, nicht möglich gewesen.

Außerdem fehle die Kausalität, weil – wie im Besprechungsprotokoll vom 15.09.2014 (Anlage B8, Anlagenband) festgehalten – betreffend Achse 944 die Statik des Bestandsverbaus noch nicht übergeben worden war. Auch deshalb sei ein Baubeginn am 05.09.2014 nicht möglich gewesen; hiermit habe aber die Beklagte nichts zu tun. Gleiches gelte für die Betonschutzwände, bezüglich derer die “verkehrsrechtlich freigegebene Anordnung” ebenfalls erst am 15.09.2014, nachmittags, übergeben worden sei.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, da das klagende Land als Bauherrn die Koordinierungspflicht treffe, habe es darzulegen, warum die ursprünglich vorgesehenen Termine zum Baubeginn (19.08.2014) nicht eingehalten worden seien. Sie hat behauptet, auch bei der Baubesprechung am Dienstag, dem 09.09.2014, hätten die Voraussetzungen für einen unverzüglichen Baubeginn seitens des klagenden Landes nicht vorgelegen; dies sei auch schon dadurch belegt, dass eine Besprechung mit den Bauunternehmen erst sechs Tage später, am 15.09.2014, stattgefunden habe.

Die Planung sei, da der Baubeginn für den 16.09.2014 vorgesehen gewesen sei, baulich und auch innerhalb des noch zur Verfügung stehenden Zeitfensters umsetzbar gewesen. Dies sei in der Baubesprechung vom 15.09.2014 bestätigt worden. Die erforderlichen Arbeiten hätten auf Grundlage der geänderten Planung vom 12.09.2014 noch rechtzeitig vor der Sperrpause ausgeführt werden können. Dies ergebe sich auch aus der am 17. bzw. 18.09.2014 vorgenommenen Beauftragung von Verkehrssicherungsmaßnahmen; solche ergäben nur Sinn, wenn zu diesem Zeitpunkt auch mit den Bauarbeiten begonnen worden sei.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das klagende Land bleibe jeden Vortrag darüber schuldig, inwieweit es seiner Organisationspflicht der gesamten Baustelle nachgekommen sei; insofern treffe es eine sekundäre Darlegungslast.

Jedenfalls habe sich das klagende Land ein erhebliches Mitverschulden zurechnen zu lassen, da es die Vorleistungen nicht erbracht habe.

Die Beklagte hat die Zusammensetzung der Schadenspositionen und die Schadenshöhe mit Nichtwissen bestritten; sie hat sie zudem bestritten, wie im Einzelnen auf S. 25 ff. des Schriftsatzes vom 12.07.2018 (Bl. 186 – 193 d.A.) und auf S. 29 ff. des Schriftsatzes vom 12.11.2018 (Bl. 342 ff. d.A.) dargelegt. Sie hat die Ansicht vertreten, das klagende Land habe nicht hinreichend zum Schaden und zur Bauzeitverzögerung vorgetragen, hinsichtlich Letzterem fehle eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Verzögerungen unter Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe. Sie habe insbesondere nach wie vor nicht ausreichend dargelegt, dass der Abbruchtermin am 03.10.2014 nicht mehr habe genutzt werden können. Zudem fehle Vortrag, warum – wenn ursprünglicher Baubeginn der 19.08.2014 hätte sein sollen – das klagende Land erst am 26. / 28.08.2014 bei der Beklagten Pläne angefragt habe. Weiter würden die Geschehnisse nach dem 15.09.2014 bis zum 03.10.2014 nicht mit einem Wort dargelegt, insbesondere nicht, welche Bemühungen unternommen worden seien, um die Sperrpause nutzen zu können, wie das Vorziehen anderer Bauabschnitte, die Inanspruchnahme von Pufferzeiten, der anderweitige Einsatz von Arbeitskräften usw.

Hinsichtlich der Bauzeitenpläne (Anlage K28 – K30) sei insbesondere beachtlich, dass die Anlage K28 (Anlagenband), die nach dem Klägervortrag den ursprünglich vorgesehenen Ablauf wiedergeben solle, den Baubeginn bereits für den 05.09.2014 ausgebe. Zudem hätten sie keinen Aussagehalt über die seinerzeitigen Vorgänge, da sie unstreitig erst im Jahr 2018 erstellt wurden. Schließlich habe der Umstand allein, dass die einzelnen Balken verlagert worden seien, keinen Aussagegehalt dahingehend, dass eine Nutzung des Zeitfensters nicht möglich gewesen sei.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sämtliche Ansprüche des klagenden Landes seien jedenfalls verjährt. Sie hat insofern behauptet, sämtliche ihrer Planungsleistungen seien im Nachgang zur Übermittlung von dem klagenden Land abgenommen worden.

Das Landgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 22.03.2019 (Bl. 404 ff. d.A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass (1) ein Anspruch nach §§ 286, 288 BGB nicht bestehe, da ein Verzug nicht festgestellt werden könne. Denn zum einen sei eine Zeit nach dem Kalender i. S. v. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht bestimmt worden. Zum anderen liege auch ein Verzug nach Mahnung nicht vor. Die Beklagte habe am 28.08.2014 und damit innerhalb der gesetzten Frist wie angefordert Pläne vorgelegt. Auf ihre Mangelfreiheit komme es nicht an, vielmehr liege eine den Verzug ausschließende Leistung des Schuldners auch dann vor, wenn dieser eine Leistung erbringe, die jedenfalls ihrem äußeren Anschein nach eine Erfüllung bewirken könne. (2) Auch ein Anspruch der Klägerin aus §§ 633, 634 Nr. 4, 636, 280, 281 BGB sei nicht gegeben. (a) Denn es seien noch vor der Sperrpause ab dem 03.10.2014 jedenfalls bis zum 15.09.2014 geänderte Pläne vorgelegt worden. Soweit das klagende Land geltend mache, die am 28.08.2014 vorgelegten Pläne seien mangelhaft, fehle es an einer anschließenden Fristsetzung zur Nacherfüllung gem. §§ 635, 281 BGB. Den behauptet ursächlichen Mangel in der Planung bezüglich der falschen Anschlusshöhe habe das klagende Land, soweit sich dies aus den Unterlagen ergebe, erstmalig in der Besprechung vom 09.09.2014 gerügt. Im Anschluss an diese Besprechung habe die Beklagte innerhalb weniger Tage, nämlich im Wesentlichen bis zum 12.09.2014, die Pläne angepasst. Die Aufforderung zur Mangelbeseitigung sei erst am 09.09.2014 und damit nach Ablauf der auf den 05.09.2014 endenden Frist erfolgt, so dass nach dem Vortrag des klagenden Landes zu diesem Zeitpunkt bereits eine schadenvermeidende Nachbesserung nicht mehr möglich gewesen sei, was aber aus den dargelegten Gründen zulasten des klagenden Landes gehe.

(b) Selbst wenn man dies anders sehen wolle, sei ein Schadensersatzanspruch jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil das klagende Land nicht schlüssig vorgetragen habe, dass und weshalb eine Nutzung der Sperrpause nicht möglich gewesen sei. Aus der Korrespondenz der Parteien ab dem 09.09.2014 (Anlagen K7 – K10) ergebe sich zwar, dass sie von einem bestehenden Zeitdruck ausgegangen seien. In keinem der Schreiben sei aber ausgeführt, dass die Sperrpause nun nicht mehr genutzt werden könne. Zudem habe es schadensmindernde Maßnahmen seinerseits, insbesondere die Koordinierung der erforderlichen Arbeitsschritte zur Einhaltung der Sperrpause, nicht vorgenommen. Außerdem habe das klagende Land auch nicht ausreichend dazu vorgetragen, dass die seitens der Beklagten am 12.09.2014 vorgelegte Planung mangelhaft gewesen sei. Allein, dass die Beklagte anschließend noch Leistungen erbracht habe, genüge hierfür schon deshalb nicht, weil sie am 15.09.2014 noch mit der Überprüfung der Ausführungsplanung der Nebenintervenientin beauftragt worden sei.

Das klagende Land hat gegen das ihm am 25.03.2019 zugestellte Urteil des Landgerichts Wiesbaden am 17.04.2019 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 25.06.2019 am 25.06.2019 begründet.

Das klagende Land rügt mit der Berufung, bei dem landgerichtlichen Urteil handele es sich um eine Überraschungsentscheidung, weil das Landgericht im letzten Verhandlungstermin eine Beweiserhebung angekündigt habe. Außerdem habe es unzutreffend keine Gelegenheit zur Stellungnahme zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.03.2019 mehr erhalten.

Es ist der Ansicht, der Schadenersatzanspruch ergebe sich nicht aus Verzug, sondern es lägen Folgeschäden einer mangelhaften Planung vor. Denn da die von der Beklagten erstellten Pläne ungeeignet gewesen seien und eine Umfahrung des Bauwerks sich auf deren Grundlage nicht habe realisieren lassen, habe sie die Brücke nicht kostengünstig abbrechen können, sondern sie kostenaufwendig zurückbauen müssen. Schon die Übergabe der mangelhaften Planung sei die vertragswidrige Handlung, aufgrund derer der Auftragnehmer dem Besteller für dadurch entstehende Folgeschäden hafte. Ob die Nutzung der Sperrpause auf der Grundlage der unstreitig erst später übergebenen mangelfreien Pläne zeitlich noch möglich gewesen sei, betreffe allein die Frage der Kausalität. Zu letzterer streitigen Frage hätten beide Parteien Beweise angeboten, denen nachgegangen hätte werden müssen. Es ist der Ansicht, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die baulichen Maßnahmen auf Grundlage der geänderten Pläne trotz ihrer Erstellung und Übergabe erst nach dem 05.09.2014 noch rechtzeitig umsetzbar gewesen wären, liege bei der Beklagten.

Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass Verzug nicht gegeben sei. Für die Frage, ob es sich um ein absolutes Fixgeschäft i. S. v. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB handele, könne nicht nur auf explizite Vereinbarungen abgestellt werden, sondern müsse eine Auslegung im Einzelfall vorgenommen werden; dabei spiele eine Rolle, ob dem Auftragnehmer die wirtschaftliche Bedeutung der Einhaltung für den Besteller erkennbar oder gar bekannt gewesen sei. Zudem könne ein Vertrag auch kraft Natur der Sache oder aufgrund der Umstände des Einzelfalles (§ 271 BGB) als absolutes Fixgeschäft einzuordnen sein. Dies habe das Landgericht rechtsfehlerhaft überhaupt nicht geprüft. Der ursprünglich geplante Beginn der Baumaßnahmen am 19.08.2014 sei nicht unverbindlich gewesen; dies zeige sich schon darin, dass die Beklagte ausweislich ihrer als Anlage zur Klageerwiderung vorgelegten “Aufstellung” (Zeitstrahl) von einer “Terminvorgabe” der Klägerin spreche. Der Beklagten sei darüber hinaus auch stets bestens bekannt gewesen, welche enorme wirtschaftliche Bedeutung die Sperrpause mitsamt dem währenddessen vorzunehmenden einfachen Abbruch des Bauwerks gehabt habe. Zudem habe das Landgericht unzutreffend auf die vor Ende August / Anfang September 2014 übergebenen Pläne hingewiesen: Jene Pläne seien keine Planung für die Umfahrung des abzureißenden Bauwerkes gewesen, da sie keine Daten für die dreidimensionale Lage im Raum, also insbesondere keine Höhenangaben enthalten hätten. Die Beklagte habe selbst in ihrem Schreiben vom 06.11.2014 (Anlage K13, Anlagenband; dort S. 1, zweiter Bullet Point) explizit darauf hingewiesen, dass diese (älteren) Pläne allein für die Ausschreibung erstellt worden seien und keinerlei Höhenangaben enthielten (und dies auch nicht enthalten sollten oder mussten). Außerdem habe das Landgericht den Vortrag des klagenden Landes übergangen, dass die Beklagte (Herr Z3) die “rechtzeitige” Vorlage der Pläne gegenüber Herrn Z1 ausdrücklich zugesichert habe. Der Beklagten sei die erforderliche Dauer der baulichen Maßnahme bekannt gewesen. Die Beklagte habe die entsprechenden zeitlichen Vorgaben zuvor selbst zum Gegenstand ihrer Verkehrszeichen- und Verkehrsführungspläne gemacht. Die Beklagte sei sich “ihrer Verpflichtung zur rechtzeitigen Vorlage der erforderlichen Pläne bewusst” gewesen.

Das Landgericht habe fehlerhaft auf “Festlegungen der Bauleitung” verwiesen. Die Sperrpause habe nicht deshalb nicht genutzt werden können, weil das klagende Land keinen auskömmlichen Zeitraum vorgesehen oder unzureichend koordiniert habe, sondern allein, weil die Beklagte Anfang September 2014, als noch genügend Zeit zur Umsetzung der Maßnahmen vorhanden gewesen sei, mangelhafte, nämlich völlig ungeeignete Pläne übergeben habe. Für das klagende Land sei im Übrigen zunächst und schon gar nicht im August 2014 erkennbar gewesen, dass die Pläne der Beklagten fehlerhaft seien, weil bis dahin gar keine Planunterlagen der Beklagten mit Höhenangaben vorgelegen hätten.

Selbst wenn eine Mahnung nicht entbehrlich gewesen wäre, habe aber das klagende Land jedenfalls eine Mahnung ausgesprochen, und zwar unstreitig in dem Telefonat am 28.08.2014. Soweit das Gericht anschließend davon ausgegangen sei, dass am 28.08.2014 eine Planung vorgelegen haben solle, aufgrund derer die Mangelhaftigkeit habe erkannt werden können, sei dies eine unzutreffende, aus der Luft gegriffene Mutmaßung des Landgerichts. Dies habe nicht einmal die Beklagte behauptet. Auch habe das Landgericht als unstreitig in den Tatbestand aufgenommen, dass die Beklagte im August 2014 überhaupt keine Pläne mit Höhenangaben bzw. Daten zu den Höhen übergeben habe. Ohne Höhenangaben in den Plänen lasse sich aber denknotwendig gar nicht feststellen, dass nicht höhengleich geplant worden sei, ferner könne ohne diese maßgeblichen Höhenangaben keine vollständige Planung und keine Abnahmepflicht des klagenden Landes vorgelegen haben.

Am 05.09.2014 hätten nicht einmal vollständige und ferner keine umsetzbaren Pläne der Beklagten für die Herstellung der Umfahrungen vorgelegen; auch mit dieser klägerischen Behauptung habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt, was die Verletzung rechtlichen Gehörs begründe. Die Beklagte habe nicht bestritten, dass sie am 28.08.2014 lediglich Fragmente und dann überhaupt erst wieder am 02.09.2014 Teile der erforderlichen Planunterlagen an das klagende Land übermittelt habe; sie habe sukzessive in vier separaten E-Mails vom 02. und 04.09.2014 Unterlagen übersandt. Am 28.08.2014, 20.22 Uhr habe das ausführende Unternehmen gegenüber dem klagenden Land moniert, dass Höhenangaben fehlten, und darauf hingewiesen, dass deshalb eine “Absteckung vor Ort” nicht möglich sei. Daher habe sich der Zeuge Z1 am 01.09.2014 abermals telefonisch an die Beklagte gewandt und die Behinderungsanzeige des ausführenden Unternehmens (Anlage K6, Anlagenband) an die Beklagte weitergegeben. Auch diesen Vortrag des klagenden Landes nebst Beweisantritt habe das Landgericht übergangen. Das klagende Land behauptet, erst nachdem die Angaben aus den daraufhin sukzessive bis zum 04.09.2014 übermittelten Plänen der Beklagten vom ausführenden Unternehmen eingelesen und vor Ort die Absteckungen vorgenommen worden seien, habe erkannt werden können, dass die eklatanten Höhenunterschiede (Versätze) bestünden. Auch die weiter vorgelegten Planunterlagen vom 02. und 04.09.2014 seien unvollständig gewesen, wie sich z. B. aus der vorgelegten E-Mail des ausführenden Unternehmens an das klagende Land vom Freitag, den 05.09.2014, 15.11 Uhr, ergebe (Anlage K27, Anlagenband). Diese habe der Mitarbeiter des klagenden Landes, Herr Z1, am Montag, dem 08.09.2014, an die Beklagte weitergeleitet. Einer Fristsetzung habe es bei dem Termin am 09.09.2014, in dem das klagende Land die unverzügliche Nachbesserung (Planung auf den Ist-Bestand) verlangt habe, “natürlich” nicht bedurft. Allen Beteiligten sei doch klar gewesen sei, dass der Mangel so schnell wie möglich beseitigt werden müsse, da die Frist vom 05.09.2014 schon verstrichen und ein Verschieben der Sperrpause bekanntermaßen unmöglich gewesen sei. Das klagende Land behauptet, das “ganze Ausmaß der Höhenunterschiede an allen Anschlüssen” bzw. die Tatsache, dass die Beklagte generell überhaupt nicht auf den Bestand geplant habe, habe sich dann erst vor Ort im Laufe des Montags, 08.09.2014, gezeigt.

Schließlich sei das landgerichtliche Urteil auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass keine Nacherfüllung verlangt worden sei; es sei vielmehr gerade eine Frist zum 05.09.2014 gesetzt worden. Zudem habe keine weitere Nachfrist gesetzt werden müssen, weil erst lange nach dem 05.09.2014 erstmals Pläne vorgelegt worden seien, die einen höhengleichen Anschluss auf den Ist-Bestand vorgesehen hätten.

Auch ein Versäumnis des klagenden Landes in der Bauleitung liege nicht vor.

Hinsichtlich der Schadenshöhe ist das klagende Land der Ansicht, das Bestreiten der Mehrkosten seitens der Beklagten mit Nichtwissen sei unzulässig.

Im Übrigen wiederholt und vertieft das klagende Land seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Das klagende Land beantragt,

1. das am 22.03.2019 verkündete und am 25.03.2019 zugestellte Urteil des Landgerichts Wiesbaden (Az. 2 O 335/17) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an das klagende und berufungsführende Land 1.651.155,04 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.12.2017 zu zahlen;

2. hilfsweise das vorbezeichnete angefochtene Urteil des Landgerichts Wiesbaden aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Wiesbaden zurückzuverweisen.

Die Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Insbesondere liege keine Überraschungsentscheidung vor; die Beweisaufnahme, die im Raum gestanden habe, habe hinsichtlich der Widerklage vorgenommen werden sollen. Insofern habe die Beklagte Vortrag des klagenden Landes unstreitig gestellt, weshalb die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme entfallen sei. Es seien auch alle Gesichtspunkte, auf denen die Urteilsbegründung basiere, in den mündlichen Verhandlungen seitens des Gerichts erörtert worden, das auch viele Hinweise erteilt habe, zudem habe das klagende Land innerhalb der nachgelassenen Frist nach der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2019 nichts mehr zur Klageforderung, sondern ausschließlich zur Widerklage vorgetragen.

Das landgerichtliche Urteil habe zudem nicht lediglich einen Anspruch aus Verzug abgelehnt, sondern auch einen solchen wegen Schlechtleistung geprüft und abgelehnt. Das von dem klagenden Land zitierte Urteil des BGH sei schon deshalb nicht einschlägig, weil es sich zu Mangelfolgeschäden verhalte; hiervon sei aber nur auszugehen, wenn sich ein Planungsmangel im Bauwerk realisiert habe und eine Nacherfüllung der Planungsleistung zu keiner Mangelbeseitigung führe. Vorliegend habe sich aber jedenfalls ein behaupteter Planungsmangel gerade nicht realisiert.

Die in Anlage K41 (Bl. 501 ff. d.A.) übermittelten Unterlagen seien über das geschuldete Leistungssoll “Entwurfsplanung” hinausgegangen. Es seien die bis dahin bereits übergebenen Unterlagen in anderem Dateiformat sowie ein Konzept zur Ausführungsplanung übergeben worden; beides sei über das geschuldete Leistungssoll hinausgegangen.

Das Urteil sei nicht widersprüchlich: Es habe im Tatbestand den Vortrag zu den Verkehrsführungsplänen thematisiert, nicht zur Planung der Rampenanschlüsse. Für die Verkehrsführungspläne sei auch vorgetragen gewesen, dass es hierfür weder Achsdaten noch Höhenpläne sowie Querprofile geben könne, da der Streckenverlauf, also die “orange Markierung” auf der Straße im Baustellenbereich, und die Verkehrszeichenpläne auf die bestehende Fahrbahnoberfläche aufgebracht würden.

Das Landgericht sei auch – da das klagende Land nur Kommunikation mit anderen Unternehmen belegt habe – zu Recht davon ausgegangen, dass das klagende Land bezüglich unvollständiger Pläne gegenüber der Beklagten keinerlei Mitteilung gemacht habe. Selbst wenn das klagende Land eine Mitteilung über eine Behinderungsanzeige gegenüber der Beklagten vorgenommen hätte, beziehe sich diese lediglich auf Punkte, die nicht in den Aufgabenbereich der Beklagten gefallen seien, da sie keine Ausführungsplanung und auch nicht die vom klagenden Land zugesicherten Randbedingungen (Verbau und Rückbau Brückenkappen) geschuldet habe. Am 01.09.2014 sei keine Behinderungsanzeige des klagenden Landes bei der Beklagten eingegangen. Sie ist der Ansicht, eine vermeintliche Rückmeldung am 01.09. sei wegen der Fristsetzung auf den 05.09.2014 ohnehin unerheblich.

Der Vortrag, dass das klagende Land am 08.09.2014 Meldungen an die Beklagte weitergeleitet hätte, sei in der Berufungsinstanz neu und daher präkludiert. Die E-Mail (Anlage B19, Bl. 552 d. A.) habe auch weder eine Beschwerde noch Aufforderung zur Nachbesserung enthalten, abgesehen davon, dass es auch an einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung fehle; sie habe auch einen nicht von der Beklagten geschuldeten Bereich betroffen. Die E-Mail vom 09.09.2014, 10.19 Uhr (Anlage K42, Bl. 506 f. d.A.) sei nicht an die Beklagte gerichtet gewesen; sie sei auch der Beklagten nicht weitergeleitet worden.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass ein Mangel nicht vorgelegen habe. Sie behauptet unter Einfügung einer Zeichnung, dass die Planungen keinen Versatz in Fahrtrichtung bedeutet hätten, sondern dieser lediglich seitlich der Fahrbahn bestanden hätte. Mit der am 09.09.2014 beauftragten Umplanung sei die Planung lediglich in der Ebene verschoben worden, damit die ebenfalls nicht zurückgebauten Brückenkappen hätten umfahren werden können. Ein Verbau sei zur Realisierung der Verkehrsführung trotzdem erforderlich gewesen und auch ausgeführt worden. Dies ergebe sich auch aus den in Rechnung gestellten Schadenspositionen (Anlage K18, 31. Abschlagsrechnung unter 90.2.3, Anlagenband).

Das Landgericht habe auch einen Schadenersatzanspruch wegen Verzugs zu Recht verneint, das klagende Land habe bis heute keinen kalendarisch bestimmbaren Zeitpunkt vorgetragen, zu welchem die Planungen seiner Ansicht nach hätten vorliegen müssen. Soweit das klagende Land der Ansicht sei, es habe sich durch Auslegung um ein absolutes Fixgeschäft gehandelt, habe es bis heute nicht vorgetragen, welches kalendarische Datum den Ablauf des absoluten Fixgeschäfts markieren solle. Ein kalendarisch bestimmbares Datum sei aber zentrale Voraussetzung für ein absolutes Fixgeschäft.

Schließlich sei auch keine Kausalität zwischen behauptet mangelhafter bzw. verspäteter Planübergabe und fruchtlosem Verstreichen der Sperrpause gegeben. Schon die vorgelegten Beweisangebote des klagenden Landes zeigten, dass eine Vielzahl von Umständen dazu geführt habe, dass die Sperrpause nicht habe genutzt werden können. Das klagende Land sei in allen drei Verhandlungen darauf hingewiesen worden, dass der Vortrag nicht ausreichend sei. Es hätte vortragen müssen, wann mit den Bauarbeiten hätte begonnen werden sollen und ob und inwieweit es Verschiebungen des Beginns gegeben habe sowie ob und inwieweit es durch Verschiebung einzelner Leistungen möglich gewesen wäre, die Sperrpause einzuhalten. Das klagende Land habe bereits nicht zu den seinerzeitigen Bauabläufen aus den verschiedenen Stadien rund um den Baubeginn vorgetragen. Insbesondere gäben die – vom klagenden Land am 30.08.2018 erstellten – Balkendiagramme aber auch keine Auskünfte über die seinerzeitigen Gegebenheiten wie Arbeitskräfte auf der Baustelle, die Möglichkeit der Beschleunigung durch Hinzuziehung weiterer Arbeitskräfte oder die Möglichkeit der Vorziehung einzelner Bauabschnitte.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 520 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das klagende Land hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 1.651.155,04 Euro.

1. Dem klagenden Land steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 1.651.155,04 Euro wegen Mangelfolgeschäden zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 631, 633 Abs. 2, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB.

a) Die Parteien haben jedenfalls den Vertrag aus dem Jahr 2011 geschlossen. Bei diesem handelt es sich um einen Ingenieurvertrag, auf den wegen des Vertragsschlusses im Jahr 2011 das Werkvertragsrecht des BGB in seiner bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (Art. 229 § 39 EGBGB) anzuwenden ist.

Die Beklagte hat dem klagenden Land im Zusammenhang mit diesem Vertrag zudem Leistungen angeboten, insbesondere mit Angeboten vom 17.09.2013 (Anlage K11, Anlagenband) sowie vom 06.05.2014, letzteres ersetzt durch das weitere Angebot vom 03.06.2014 (beide Anlage K12, Anlagenband). Die angebotenen Leistungen hat sie ausgeführt.

Zum Leistungsumfang war im Vertrag folgendes vereinbart: Nach Ziff. 2.1 der Leistungsbeschreibung sollten in der ersten Umsetzungsphase neben dem Ersatzneubau unterstromig der Schiersteiner Brücke die Kreuzungsbauwerke mit der Eisenbahnstrecke im unmittelbaren Randbereich des Autobahnkreuzes Wiesbaden-Schierstein (BW 9, 9a und 9b) errichtet bzw. erneuert werden, zudem war das Kreuzungsbauwerk A 66 / A 643 (Bauwerk 10) zu erneuern. Für die Verkehrsführung während der Bauzeit sowie für die Übergangszeit bis zu den folgenden Umsetzungsphasen des Gesamtprojektes würden danach Verkehrsführungspläne benötigt. Nach Ziff. 3 der Leistungsbeschreibung bestand die Aufgabenstellung darin, nach dem Sichten der vorliegenden Unterlagen zum Gesamtprojekt Verkehrsführungspläne für diese erste Umsetzungsphase der Baumaßnahmen zu erarbeiten. Nach Ziff. 3.1 waren die zur Ausführung maßgeblichen Grundlagen für die Bauabfolgen bereits ausgearbeitet. Die Ausarbeitung der Bauprovisorien war danach “in Lage, Höhe und Querschnitt” in Verkehrsführungsplänen für die einzelnen Bauzustände aufzuzeigen. Für den Fall, dass provisorische Verkehrsführungen unter Einbeziehung bestehender Befestigungen stattfinden sollten, sei nachzuweisen, dass die “bestehende Höhensituation”, die bestehenden Querschnitte und die bestehende Profillage (Querneigung) für die beabsichtigte Verkehrsführung geeignet sind. Mit den erzeugten Planunterlagen war danach ein Genehmigungsverfahren unter Einbindung aller beteiligten Stellen durchzuführen. Nach Ziff. 3.1.2 der Leistungsbeschreibung waren u. a. in der 1. Bauphase der Bau der Bauwerke 9a und 9b von Juli 2012 bis Dezember 2013 vom klagenden Land vorgesehen; sodann sollten diese in Bauphase 2 als Behelfsbrücken für den Neubau von Bauwerk 9 genutzt werden, wofür eine Bauzeit von Januar 2014 bis Oktober 2015 vorgesehen war. Als provisorischer Endzustand war u. a. vorgesehen, dass der Verkehr der A 643 über die neuen Bauwerke 9 und 10 geführt wird. Ausweislich Ziff. 3.2 der Leistungsbeschreibung waren die Verkehrsführungspläne als Lagepläne zu erarbeiten, u. a. waren auch Längenschnitte (Höhenpläne) und Regelquerschnitte zu erarbeiten.

Unstreitig ist, dass der Beklagten die Entwurfsplanung (Leistungsphase 3) bezüglich der Verkehrsführung oblag. Die Ausführungsplanung der Verkehrsführung lag dagegen bei der X KG. Auch dies ist als unstreitig anzusehen. Die Beklagte hat dies mehrfach vorgetragen, während das klagende Land dies nicht explizit bestritten, sondern lediglich behauptet hat, die Beklagte sei mit mehr als einer bloßen Entwurfsplanung beauftragt worden; dies ergebe sich aus dem Nachtragsangebot vom 17.09.2013 (Anlage K11, Anlagenband). Zudem sei mit weiteren Angebotsschreiben der Beklagten vom 06.05.2014 und 03.06.2014 dieses Angebot konkretisiert worden. Dass hiermit eine Ausführungsplanung beauftragt wurde, lässt sich den Angeboten allerdings nicht entnehmen; es geht dort vielmehr um zusätzliche Bauphasenpläne für Zwischenbauphasen und Verkehrszeichenpläne. Die Nebenintervenientin hat in ihrem Vortrag zumindest unstreitig gestellt, dass die X KG am 12.09.2014 die Ausführungsplanung erbracht hat; dies ist von dem klagenden Land ebenfalls nicht konkret in Abrede gestellt worden.

Letztlich kann die Frage jedoch auch dahinstehen. Denn es ergibt sich jedenfalls aus dem ursprünglichen Vertrag, dem sich die beauftragten Leistungsphasen nicht wörtlich entnehmen lassen, dass die Beklagte nicht nur Lagepläne für die Verkehrsführung, sondern hierzu u. a. auch Längenschnitte (Höhenpläne) zu erarbeiten hatte, vgl. Ziff. 3.2 Absatz 1 Leistungsbeschreibung (Anlage K1, Anlagenband). Dies war auch in den Nachtragsangeboten vom 17.09.2013 (Anlage K11, Anlagenband) und vom 06.05./03.06.2014 (Anlage K12, Anlagenband), bezüglich der Zwischenbauphasen zur Führung des Verkehrs, enthalten: Diese sprechen im Leistungsumfang u. a. von “Bearbeitung von Achsen / Gradienten / Höhenplänen” (Anlage K11) bzw. “Bearbeitung von Achsen / Gradienten / Verkehrsführung” (Anlage K12). Daher war die Beklagte – unabhängig davon, ob sie “nur” mit der Entwurfsplanung, nicht aber mit der Ausführungsplanung, beauftragt war – jedenfalls vertraglich verpflichtet, Höhenpläne zu erstellen. Darauf, ob nicht die Entwurfsplanung ohnehin auch die Erstellung von Höhenplänen beinhalten würde, kommt es aufgrund dieser expliziten Vereinbarung somit nicht mehr an.

Dagegen spricht entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht, dass das klagende Land – nach Vorlage von Plänen ohne Höhenangaben durch die Beklagte mit E-Mail vom 09.05.2012 (Anlage B1, Anlagenband) und von grundlegend überarbeiteten Plänen ohne Höhenangaben durch die Beklagte im Mai und Juni 2014 (Anlage B4, Anlagenband) – im Juli 2014 nach dem Verständnis der Beklagten eine Zahlung in Aussicht gestellt haben soll (E-Mail vom 24.07.2014, Anlage B18, Bl. 365 d. A.). Entgegen der Ansicht der Beklagten kann hieraus nicht auf eine vollständige Vertragserfüllung und damit die Nichtbeauftragung von Höhenplänen geschlossen werden. Es fehlt insofern schon an jedem Vortrag der Beklagten dazu, dass überhaupt bereits eine Schlussrechnung erstellt worden oder sonst aus der in Bezug genommenen Abrechnung ersichtlich geworden wäre, dass auf eine endgültige Erbringung aller beauftragten Leistungen geschlossen werden konnte.

b) §§ 631, 633 Abs. 2, 634 BGB sind anwendbar. Eine Abnahme der Leistungen der Beklagten ist erfolgt, § 640 BGB. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das klagende Land letztlich ihre Planungsleistungen abgenommen und die Umleitung danach eingerichtet hat. Dieser Vortrag ist unbestritten geblieben.

c) Ein Anspruch richtet sich aber nicht allein nach § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 631, 633 Abs. 2, 634 Nr. 4 BGB, sondern es müssen die zusätzlichen Voraussetzungen von § 281 BGB oder § 286 BGB vorliegen.

aa) Entgegen der Ansicht des klagenden Landes ist die Anwendbarkeit von § 281 BGB nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich der behauptete Mangel in der Planung des Architekten bereits “niedergeschlagen” hätte. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass ein Architekt, wenn ein Mangel der Planung geltend gemacht wird, (nur) nachbessern darf, wenn sich dieser Fehler noch nicht im Bauwerk niedergeschlagen hat, also noch nicht bereits danach gebaut wurde (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1988 – VII ZR 182/87, BauR 1989, 97; Koeble, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 11. Teil Rn. 721, 726). Denn eine Nachbesserung der Leistung des Architekten ist in der Regel nicht mehr möglich, wenn sich der Mangel seiner Leistung bereits im Bauwerk verkörpert hat (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2007 – VII ZR 65/06, BauR 2007, 2083). Auch hat der Architekt grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, den Mangel des Bauwerks zu beseitigen (ebenda, m. w. N.). Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedarf es folglich nicht, wenn sich ein Planungsmangel bereits im Bauwerk niedergeschlagen hat (vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 09.06.2016 – 19 U 206/15).

Die Ansprüche richten sich, wenn Schäden geltend gemacht werden, die sich aufgrund der mangelhaften Architektenleistung im Bauwerk niedergeschlagen haben, nach § 280 Abs. 1 BGB; es handelt sich um Folgeschäden, so dass § 281 BGB nicht einschlägig ist (vgl. Koeble, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 11. Teil Rn. 731; näher allgemein zum Werkvertragsrecht BGH, Urteil vom 07.02.2019 – VII ZR 63/18, NJW 2019, 1867, in Abgrenzung zu Ansprüchen nach § 280 BGB: Rn. 17 ff.; vgl. auch Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 281 Rn. 2, § 280 Rn. 18). Haben sich die Planungsfehler des Architekten bereits im Bauwerk niedergeschlagen, genügt allein eine Nachbesserung in der Planung nicht, vielmehr müssen auch die sich im Bauwerk niedergeschlagenen Fehler selbst noch – dann auf Grundlage jener Planung – behoben werden, so dass § 281 BGB nicht einschlägig ist, der Anspruch sich vielmehr – ohne §§ 280 Abs. 3, 281 BGB – nach § 280 Abs. 1 BGB richtet (vgl. auch Koeble, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 11. Teil Rn. 731; ebenso OLG Stuttgart, Urteil vom 30.11.2010 – 10 U 67/10, BauR 2012; der BGH hat die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, Beschluss vom 28.06.2012 – VII ZR 225/10).

Vorliegend haben sich die behaupteten Planungsfehler der Beklagten jedoch gerade nicht im Bauwerk niedergeschlagen. Unstreitig enthielten jedenfalls die von der Beklagten bis vor dem 28.08.2014 übersandten Pläne überhaupt keine Höhenangaben, es fehlten die Höhenpläne. Dass ohne diese fehlenden Pläne mit der Bauausführung der Verkehrsführung begonnen wurde, haben die Parteien auch nicht vorgetragen. Auch dass auf Grundlage der bis zum 04.09.2014 übersandten Pläne mit der Bauausführung begonnen worden wäre, ist nicht vorgetragen. Vielmehr hat das klagende Land gerade vorgetragen, dass hierzu neue Pläne verlangt worden seien und deshalb die Bauausführung nicht rechtzeitig habe vorgenommen werden können.

Mit der baulichen Umsetzung der Verkehrsführungsplanung ist vielmehr frühestens am 16.09.2014 begonnen worden. Unstreitig wurden die Bauarbeiten zur Umleitung frühestens am 16.09.2014 begonnen. Mit der Erbringung der Verkehrssicherungsmaßnahmen wurde am 17. bzw. 18.09.2014 begonnen; den diesbezüglichen Beklagtenvortrag hat das klagende Land lediglich hinsichtlich der Auftragserteilung an diesen Daten bestritten. Unbestritten ist auch der Vortrag geblieben, dass die Verkehrssicherungsmaßnahmen in unmittelbarer Vorbereitung und zur Absicherung der Baustelle notwendig werden und den ersten Schritt zur Umsetzung der Verkehrsführungsplanung darstellen. Für einen früheren Beginn einer baulichen Umsetzung von Planungen der Beklagten ist nach dem Vortrag der Parteien nichts ersichtlich.

Dass die Planungen zu diesem Zeitpunkt immer noch mangelhaft gewesen wären, ist nicht hinreichend vorgetragen. Zudem lässt sich dem Vortrag des klagenden Landes ohnehin nicht hinreichend entnehmen, welche dieser dann noch vorliegenden Mängel sich wie in dem nach der Planung errichteten Bauwerk, also hier in der begonnenen Bauausführung der Umleitung, niedergeschlagen haben sollen. Denn vorgetragen ist insofern auch lediglich, dass mit der Baustellensicherung begonnen worden sei. Welche weiteren Arbeiten nach diesen Plänen vorgenommen worden sein sollen, in denen sich (ebenfalls nur unsubstantiiert vorgetragene) Mängel in der Planung vom 12.09.2014 niedergeschlagen haben können, ist nach dem Vortrag nicht ersichtlich.

Damit liegt aber ein Fall des § 280 Abs. 1 BGB gerade nicht vor. Entgegen der Ansicht des klagenden Landes ist vorliegend der Fall gegeben, dass sich die Planung des Architekten noch nicht im Bauwerk niedergeschlagen hat; der Architekt darf also gerade nachbessern, weil sich der Planungsfehler noch nicht im Bauwerk niedergeschlagen hat, also noch nicht bereits danach gebaut wurde (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.1988 – VII ZR 182/87, BauR 1989, 97).

bb) Entgegen der Ansicht des klagenden Landes ergibt sich auch nicht unabhängig von den vorstehenden Überlegungen ein Anspruch darauf, den geltend gemachten Schaden als Verzögerungsschaden nach § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 631, 633 Abs. 2, 634 Nr. 4 BGB zu erstatten.

Zwar ist streitig, ob auch nach § 280 Abs. 1 BGB Verzögerungsschäden zu ersetzen sein können (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 634 Rn. 17 m. N.). Denkbar ist dies aber auch nach der bejahenden Ansicht nur, soweit die Verzögerung auf dem Mangel beruht (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 634 Rn. 17 m. N.). Danach könnte z. B. der durch die Dauer der Nacherfüllung über die Fertigstellungsfrist hinaus verursachte Schaden nach § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen sein (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 634 Rn. 17 m. N.). Erforderlich hierfür wäre aber, dass der Schaden nicht allein durch die Verzögerung (dann §§ 280, 286 BGB) entstanden ist, sondern vor allem durch eine Schlechtleistung (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 280 Rn. 13). Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Denn vorliegend lag zunächst – auch nach dem Vortrag des klagenden Landes – ein Teil der geschuldeten Leistung, nämlich die Höhenpläne, nicht vor und wurde also zu spät, nämlich jedenfalls erst nach dem geplanten Baubeginn am 19.08.2014 und nach dem 28.08.2014 vorgelegt. Erst dann soll die Pflichtverletzung der Beklagten in der Vorlage mangelhafter, nämlich auf die fehlerhafte Höhe geplanter Planungen, gelegen haben. Der Schwerpunkt des Vorwurfs liegt damit aber gerade auf der nicht rechtzeitigen Leistung.

Es besteht daher kein Anspruch allein nach § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 631, 633 Abs. 2, 634 Nr. 4 BGB, vielmehr müssen die Voraussetzungen von § 281 BGB oder § 286 BGB zusätzlich vorliegen, § 280 Abs. 2, 3 BGB.

2. Der vom klagenden Land geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 631, 633 Abs. 2, 634 Nr. 4, 281, 280 Abs. 1 und 3 BGB.

a) Ob eine Pflichtverletzung im Ergebnis vorliegt, kann offenbleiben, da die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs nicht gegeben sind. Als Pflichtverletzung sind folgende Anknüpfungspunkte der Planung der Beklagten denkbar:

(1) Unstreitig enthielten die von der Beklagten bis vor dem 28.08.2014 übersandten Pläne überhaupt keine Höhenangaben, und auch ein Teil der geschuldeten Pläne, nämlich die Höhenpläne, lag somit noch nicht vor. Diese Höhenpläne waren aber nach dem Vertrag sowie den weiteren Angeboten wie dargelegt geschuldet.

Der Anspruch des klagenden Landes auf Übergabe der geschuldeten Pläne (Höhenpläne mitsamt Höhenangaben) war auch bereits vor dem 28.08.2014 fällig.

Hierfür kann, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, aber nicht die ursprünglich im Vertrag vereinbarte Frist von vier Monaten maßgeblich sein. Denn insoweit hatten sich zwischenzeitlich diverse Änderungen ergeben, wie z. B. die mit E-Mail des klagenden Landes aus Februar 2014 bekanntgegebene Nichtfertigstellung von BW 10, die eingeplant werden musste.

Offenbleiben kann, ab wann genau Fälligkeit i. S. v. § 271 BGB eingetreten ist. Denn es ist zum einen davon auszugehen, dass die Höhenpläne nicht sofort mit den anderen Umplanungen im Mai/Juni 2014 vorgelegt werden mussten. Ingenieur- und Architektenleistungen sind – auch wenn vertraglich der Leistungsumfang des Ingenieur- bzw. Architektenvertrages schon genau feststeht – nicht sämtlich sofort zu erbringen, sondern hiervon immer nur die im gegenwärtigen Stand des Projekts jeweils notwendigen Leistungen; der Architekt darf nicht vorpreschen bzw. “vorprellen” (vgl. Koeble, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 11. Teil Rn. 72 m. w. N.). Wann die Höhenpläne bereits vor dem ursprünglich geplanten Baubeginn am 19.08.2014 erforderlich gewesen wären, hat das klagende Land nicht konkret dargelegt. Es hat jedoch vorgetragen, dass sämtliche erforderlichen Pläne, mit Achsdaten, Gradienten etc., vor diesem Tag hätten vorliegen müssen. Dies hat die Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten. Dies ist im Hinblick auf die Fälligkeit auch rechtlich zutreffend; die Höhenpläne waren nach dem Vertrag geschuldet; sie hätten, sobald sie benötigt werden, und damit zumindest vor geplantem Baubeginn vorliegen müssen. Der ursprünglich geplante Baubeginn war der Beklagten auch bekannt; sie hat selbst vorgetragen, dass das klagende Land ihr dies mit E-Mail vom 23.06.2014 (Anlage B6, Anlagenband) mitgeteilt habe. Ob die Beklagte darüber hinaus zugesagt hat, die Pläne “rechtzeitig” vor Baubeginn vorzulegen, wie das klagende Land behauptet, ist dabei unerheblich; die Fälligkeit ergibt sich bereits aus dem ursprünglichen Vertrag mit den vorgenommenen Änderungen.

(2) Die Beklagte legte sodann bis zum 04.09.2014, nämlich mit E-Mails vom 28.08., 02.09. und 04.09.2014, weitere Planungsunterlagen vor. Allerdings waren diese auf die Endhöhe der A 648, also deren Höhe nach Fertigstellung aller Baumaßnahmen, und nicht auf die Bestandshöhe, also die damals tatsächlich bestehende Höhe, geplant. Ob dies so beauftragt war, ist zwischen den Parteien streitig; streitig ist auch, ob dies zu Versätzen im gesamten Fahrbahnverlauf geführt hätte. Ein Versatz wäre aber jedenfalls auf der linken Fahrbahn aufgetreten. Letzteres hatte die Beklagte zuletzt erstinstanzlich unstreitig gestellt; die diesbezügliche Rückkehr zum zwischenzeitlichen erstinstanzlichen Vortrag, dass überhaupt keine Versätze im Fahrbahnverlauf aufgetreten wären, ist nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zurückzuweisen. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass ihr nur die Entwurfs-, nicht aber die Ausführungsplanung oblegen hätte, entlastet sie das nicht: Zwar bedarf die Entwurfsplanung zur baulichen Umsetzung noch einer Ausführungsplanung, aber da die Entwurfsplanung nach den vertraglichen Vereinbarungen wie dargelegt bereits Höhen enthalten musste, mussten diese auch zumindest grundsätzlich geeignet sein, eine darauf aufbauende Ausführungsplanung und Bauausführung zu ermöglichen.

Ob der unstreitig geplante Versatz auf der linken Fahrbahn und die behaupteten Versätze im gesamten Fahrbahnverlauf einen Mangel darstellten, oder ob dies – wie von der Beklagten behauptet – vom klagenden Land so vorgegeben war, kann offenbleiben und wird für die weitere Prüfung als Mangel daher unterstellt. Denn jedenfalls besteht der Anspruch aus anderen Gründen nicht (s. unter b)).

(3) Bis zum 12.09.2014, nämlich mit E-Mails vom 10. – 12.09.2014 (Anlagen K8, K10, Anlagenband) legte die Beklagte dem klagenden Land sodann Pläne vor, die eine Planung auf die Bestandshöhe vorsahen: Die Beklagte übersandte dem klagenden Land mit E-Mail vom 10.09.2014, 19.15 Uhr (Anlage K8, Anlagenband) die Anpassung der Rampen MZ-Frankfurt (Achse 939), RÜD-WI (Achse 971) und RÜD – MZ bzw. WI – MZ (Achse 979/931). Mit E-Mail vom 11.09.2014, 10.48 Uhr (Anlage K8, Anlagenband) übersandte sie die noch fehlenden Rampen RÜD – MZ (Achse 944) und MZ – WI (Achse 976). Mit E-Mail vom 12.09.2014, 14.57 Uhr (Anlage K10, Anlagenband) übersandte sie nochmals die Rampe RÜD – MZ (Achse 944), bezüglich derer bei der Übersendung am vorigen Tag Stationen gefehlt hatten. Die Rampe Mainz – WI / Ffm sei vollständig geliefert worden. Damit legte sie insgesamt eine Neuplanung mit Stand 12.09.2014 vor.

Der Vortrag des klagenden Landes, diese Planungen seien weiterhin mangelhaft gewesen, ist nicht hinreichend konkretisiert. Denn dass die Planungen nunmehr auf die richtige Höhe, also die Bestandshöhe der A 643, und mit Verschwenkung (also unter Berücksichtigung des fehlenden Verbaus und fehlenden Rückbaus von Brückenkappen) geplant waren, hat das klagende Land gerade nicht bestritten.

Soweit es als einzigem Vortrag zur Mangelhaftigkeit der bis zum 12.09.2014 vorgelegten Unterlagen darauf abstellt, dass die Beklagte auch nach dem 12.09.2014 noch Unterlagen übersandt habe, legt dies eine Fehlerhaftigkeit der bis dahin übersandten Planung nicht ausreichend dar.

Das klagende Land hat insoweit behauptet, dass zur Mangelbehebung am 17.09.2014 weitere Unterlagen seitens der Beklagten übersandt worden seien. Dies begründet jedoch keinen ausreichenden Vortrag dazu, inwiefern am 12.09.2014 die Planung noch mangelhaft gewesen sein soll. Denn damit trägt sie schon nicht vor, welche Mängel in der Planung vom 12.09.2014 noch vorgelegen haben und dann mit den Unterlagen vom 17.09.2014 behoben worden sein sollen. Dies ergibt sich auch nicht aus der in Bezug genommenen Anlage K16 (Anlagenband). Denn aus dieser E-Mail vom 17.09.2014, 18.10 Uhr, ergibt sich lediglich, dass die Baufirma, also die X KG, bei der Beklagten angefragt hatte, ob sie eine Fortschreibung des Lageplans Verkehrsführung in digitaler Form erhalten könne; die Beklagte übersende dem klagenden Land anbei den Lageplan mit Anpassung der Fahrbahnflächen auf Grundlage der neuen Festlegungen von letzter Woche sowie am Montag. Dies begründet also allenfalls Vortrag dahingehend, dass nach dem 12.09.2014 (“letzte Woche”) am “Montag”, also dem 15.09.2014, noch neue Festlegungen erfolgt seien, legt jedoch gerade nicht dar, dass diese nach der Planung am 12.09.2014 noch erforderlich gewesen seien, weil (und inwiefern) diese mangelhaft gewesen wäre. Auch aus der “weiteren übergebenen Unterlage” vom 17.09.2014, 11.24 Uhr (Anlage WK6, Bl. 111 d.A.), ergibt sich eine Mangelhaftigkeit der Planung der Beklagten vom 12.09.2014 nicht; denn auch sie nimmt lediglich Bezug auf eine Besprechung vom Montagnachmittag zu Verkehrszeichenplänen. Außerdem enthält sie Anmerkungen zur Prüfung der von der X KG übergebenen Querprofile. Zu Letzterem hatte die Beklagte unbestritten ausgeführt, dass das klagende Land sie am 15.09.2014 mit der Überprüfung der Ausführungsplanung der X KG beauftragt hatte, hierauf bezog sich nach ihrem weiteren insoweit unbestrittenen Vortrag die Anmerkung. Auch hieraus ergibt sich daher kein Vortrag des klagenden Landes zu Mängeln der bis zum 12.09.2014 vorgelegten Planung.

Konkretere Darlegungen ergeben sich im Übrigen auch nicht aus der E-Mail vom 12.09.2014, 17.28 Uhr, (Anlage K9, Anlagenband) der X KG an das klagende Land. Es wird insofern nur mitgeteilt, dass nach Sichtung der übergebenen Planung vom 11.09.2014 “(vor zwei Stunden kam nochmals eine Ergänzung zur Planung)” dringender Gesprächsbedarf bestehe; die Zeit für die Realisierung der Arbeiten werde immer kürzer, so dass sie den Fertigstellungstermin (Abbruchtermin) aus verschiedenen Gründen als sehr gefährdet ansähen. Denn dieser E-Mail lässt sich ebenfalls nichts dazu entnehmen, dass und wenn ja inwiefern die Planung der Beklagten weiterhin mangelhaft gewesen sein soll.

Soweit das klagende Land sich darauf beruft, dass sich schon aus dem Besprechungsprotokoll vom 15.09.2014 (Anlage B8, Anlagenband) ergebe, dass auch die bis dahin vorliegende Planung der Beklagten nicht baubar gewesen sei, stellt dies ein fehlerhaftes Zitat dar. Denn dort wird die Fa. Y zitiert, die angemerkt hat, dass ihrem Unternehmen nun nur noch die Hälfte der vorgesehenen Bauzeit zur Verfügung stehe und die Maßnahme aufgrund der fehlenden bzw. nicht baubaren bauseitigen Entwurfspläne schon mehrfach geschoben werden musste und sie nun andere Bauherren nicht mehr bedienen könne, nur um diese Maßnahme zu bedienen; sie rechne mit den doppelten Kosten ihrer Leistung. Diese Zitate beziehen sich erkennbar auf die Vergangenheit, wie die Ausdrücke “nicht baubar waren”, “geplant waren”, es Kollisionen “gab” zeigen. Dies ergibt sich auch aus dem Kontext, wonach die Zeit wegen dieser (damals) nicht baubaren Pläne knapp werde; zu den aktuellen Plänen verhält sich dies, jedenfalls soweit ersichtlich, gerade nicht.

Auch sonst lässt sich dem Besprechungsprotokoll vom 15.09.2014 (Anlage B8, Anlagenband) und dem weiteren Vortrag des klagenden Landes nicht entnehmen, inwiefern weiter Mängel in der Planung der Beklagten vorgelegen haben sollen. Soweit dort gewisse Probleme im Hinblick auf die Brückenkappen geäußert werden, betreffen diese gerade grundsätzlich nicht den ursprünglichen, unterstellten Planungsmangel der Beklagten, sondern die Vorleistung des klagenden Landes.

Schließlich fehlt es auch, soweit das klagende Land vorträgt, dass erst auf Grundlage der sukzessive nach dem 17.09.2014 nachgebesserten Planung die Arbeiten zur Vorbereitung des Abrisses hätten durchgeführt werden können, an jeder konkreten Angabe dazu, was an der Planung der Beklagten bis zum 12.09.2014 mangelhaft gewesen sein soll.

Hierauf war auch nicht mehr hinzuweisen. Es handelt sich um einen Hauptstreitpunkt zwischen den Parteien. Das Landgericht hat im Urteil (S. 12) zudem ausgeführt, dass das klagende Land auch nicht ausreichend vorgetragen habe, dass die Beklagte am 12.09.2014 eine unvollständige oder mangelhafte Planung vorgelegt habe. Weiter heißt es im landgerichtlichen Urteil:

“Es ist zwar unstreitig, dass die Beklagte auch nach dem 12.9.2014 weitere Leistungen erbracht hat. Nach dem Vortrag der Beklagten wurde sie aber am 15.9.2014 mit der Überprüfung der Ausführungsplanung der Streithelferin beauftragt, was letztlich dazu geführt habe, dass die Streithelferin eine neue Ausführungsplanung bis zum 8.10.2014 vorgelegt habe. Auch diesem Vortrag ist das klagende Land nicht ausreichend entgegengetreten.”

Diese Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils hat die Berufung nicht angegriffen und auch diesbezüglich keinen weiteren, konkreteren Vortrag gehalten.

b) Es fehlt an einer erfolglosen Fristsetzung nach § 281 BGB. Eine Fristsetzung war nicht entbehrlich. Sie ist auch nicht erfolglos gesetzt worden.

aa) Eine Fristsetzung war am 28.08.2014 nicht entbehrlich nach § 281 Abs. 2 BGB. Für eine Erfüllungsverweigerung der Beklagten ist weder etwas vorgetragen noch ist sie sonst ersichtlich.

Auch lagen keine besonderen Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gerechtfertigt hätten (vgl. zu den Voraussetzungen nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 281 Rn. 15 m. w. N.). Dass bereits am 28.08.2014 ein Schaden eingetreten wäre, der nicht mehr durch eine Nacherfüllung hätte beseitigt werden können, oder die Nacherfüllung nicht mehr von Interesse gewesen wäre, lässt sich dem Vortrag der Parteien nicht entnehmen. Im Gegenteil trägt das klagende Land selbst und unbestritten vor, dass es am 28.08.2014 den Zeitplan dahingehend aktualisiert habe, dass mit dem Bau um den bzw. am 05.09.2014 begonnen und dieser spätestens am 29.09.2014 (5 Uhr morgens) abgeschlossen sein sollte, was noch möglich gewesen wäre. Auch lässt sich dies der gesetzten Frist selbst entnehmen. Zudem hat das klagende Land weder vorgetragen noch ergibt sich dies sonst aus den Umständen, dass es sich um einen “Just-in-time”-Vertrag gehandelt hätte, der die Lieferung der Pläne auf den 28.08.2014 vorgesehen hätte; auch insoweit gilt das soeben Ausgeführte zur Aktualisierung des Zeitplans.

Würde ein relatives Fixgeschäft vorliegen, ließe dies die Erforderlichkeit einer Fristsetzung für einen Schadenersatzanspruch bereits nicht entfallen; vielmehr macht dies lediglich eine Fristsetzung für den Rücktritt nach § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 281 Rn. 15 m. w. N.). Abgesehen davon liegt aber auch kein relatives Fixgeschäft vor. Wann ein relatives Fixgeschäft vorliegt, ist Auslegungsfrage, §§ 133, 157 BGB (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 271 Rn. 18). Für die Annahme eines relativen Fixgeschäftes genügt eine genaue Festlegung der Leistungszeit nicht (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 271 Rn. 18). Vielmehr muss die Einhaltung der Leistungszeit so wesentlich sein, dass mit der zeitgerechten Leistung das Geschäft “stehen und fallen” soll (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 271 Rn. 18). Das ist vorliegend nicht der Fall. Dass das klagende Land überhaupt bei Abschluss des Vertrages im Jahr 2011 seinen eigenen Zeitplan schon so konkretisiert hatte, dass ein Baubeginn für den 19.08.2014 vorgesehen war und dementsprechend bei Vertragsschluss mit der Beklagten kommuniziert werden konnte, lässt sich dem Vortrag von vornherein nicht entnehmen. Doch auch in der späteren Terminvorgabe des klagenden Landes mit E-Mail vom 23.06.2014 (Anlage B6, Anlagenband) an die Beklagte, dass Baubeginn der 19.08.2014 sein solle, lässt sich nicht die nachträgliche Vereinbarung eines relativen Fixgeschäfts sehen. Allein die einseitige Vorgabe begründet von vornherein keine Vertragsänderung. Doch auch, soweit das klagende Land behauptet hat, der Zeuge Z3 habe für die Beklagte mit dem klagenden Land (in Person des Zeugen Z1) in mehreren Telefonaten im Mai / Juni 2014 sämtliche Termine abgestimmt und versichert, dass die baulichen Maßnahmen auf Grundlage der Planung der Beklagten ausgeführt und solchermaßen die Sperrpause genutzt werden könne, kann hierin nicht die nachträgliche Vereinbarung eines relativen Fixgeschäfts gesehen werden. Dass hierin vom objektiven Empfängerhorizont her, §§ 133, 157 BGB, rechtsgeschäftliche Erklärungen gesehen werden können, mit denen der Zeuge Z3 für die Beklagte eine Abänderung des ursprünglich in 2011 geschlossenen Vertrages nebst Änderungen in ein relatives Fixgeschäft gewollt hätte, kann dem bereits nicht entnommen werden. Hierfür genügt nicht allein die hohe wirtschaftliche Bedeutung, die die Sperrpause für das klagende Land hatte; vielmehr müssten für eine Vertragsänderung weitere Umstände hinzutreten. Jedenfalls aber fehlt, selbst wenn man von einem Rechtsbindungswillen beider Parteien für eine Vertragsänderung ausgehen würde, inhaltlich die Erklärung vom objektiven Empfängerhorizont her, dass das Geschäft, also der Vertrag über die Planungsleistungen der Beklagten, mit der Übergabe von Höhenplänen bis zum 19.08.2014 stehen und fallen sollte, also schon die Nichteinhaltung des 19.08.2014 die Planungen für das klagende Land wertlos machen würde und es daher ab diesem Zeitpunkt kein Interesse mehr an einer Vertragserfüllung habe. Abgesehen davon, dass dies vom klagenden Land ohnehin nicht vorgetragen wird, spricht hiergegen auch schon, dass es ersichtlich einen Zeitpuffer in der Planung gab, der dazu führte, dass das klagende Land selbst erst am 28.08.2014, und damit deutlich nach dem 19.08.2014, hinsichtlich der fehlenden Höhenpläne nachfragte und es unstreitig jedenfalls bei Baubeginn am 05.09.2014 noch möglich gewesen wäre, die Sperrpause zu nutzen. Vor diesem Hintergrund kann von vornherein nicht davon ausgegangen werden, dass ein relatives Fixgeschäft zum 19.08.2014 vorgelegen hätte.

Dass eine andere konkrete Frist (ausdrücklich oder konkludent bzw. aus den Umständen ersichtlich) vereinbart worden wäre, hat das klagende Land nicht vorgetragen. Dies wäre aber, um von der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung auszugehen, erforderlich. Allein der Umstand, dass auch der Beklagten die Bedeutung und wirtschaftliche Relevanz der Einhaltung der Sperrpause bekannt war, genügt insofern nicht. Für eine entsprechende Vereinbarung müsste für die Beklagte (bei Abschluss dieser Vereinbarung) zumindest auch ersichtlich sein, welcher Termin der späteste ist, zu dem ihre Leistungen vorliegen müssen. Dass dies der Beklagten auch nur kommuniziert worden wäre, hat das klagende Land nicht vorgetragen, sondern erstmals für den 28.08.2014 behauptet, ihr gegenüber angegeben zu haben, dass die Pläne spätestens zwischen dem 01.09. und 05.09.2014 benötigt würden, um die Sperrpause noch nutzen zu können.

Entgegen der Ansicht des klagenden Landes ergibt sich der Charakter eines relativen Fixgeschäfts auch nicht aus der Natur der Sache. Auch hierfür wäre erforderlich, dass für den Vertragspartner (bei Vertragsschluss oder Abschluss eines Änderungsvertrages) ersichtlich ist, dass seine Leistung nach einem bestimmten, konkreten Termin keinen Sinn mehr für den Gläubiger habe, wie dies z. B. für die Lieferung von Weihnachtsartikeln bis zum 24.12. angenommen werden könnte. Dass ein solcher konkreter Termin für die Beklagte vorliegend ersichtlich gewesen wäre, trägt das klagende Land nicht vor. Für die Beklagte war vielmehr (jedenfalls im Juni 2014) ersichtlich, dass dieser nach dem 19.08.2014 gelegen haben musste; außerdem konnte sie erkennen, dass er vor dem 03.10.2014 liegen müsste. Damit lässt sich aus der Natur der Sache aber allenfalls ein relatives Fixgeschäft für “irgendwann” vor dem 03.10.2014 herleiten. Denn das klagende Land trägt selbst vor, dass zwischen Vorlage der Planung seitens der Beklagten und Beginn der Sperrpause von ihm Arbeiten auszuführen waren. Wie lange der hierfür erforderliche Zeitraum mindestens war, sprich ab wann die Planung für das klagende Land keinen Sinn mehr ergab, war für die Beklagte bei Abschluss oder Änderung des Vertrages dagegen nicht ersichtlich; jedenfalls hat das klagende Land hierzu nichts vorgetragen. Lässt sich damit aus der Natur der Sache aber allenfalls ein relatives Fixgeschäft für “irgendwann” vor dem 03.10.2014 herleiten, genügt dies schon nicht, um einen hinreichend konkreten notwendigen Vorlagetermin zu bestimmen. Denn es muss der Beklagten bei Eingehung eines Vertrages mit Fixgeschäftcharakter zumindest klar sein, bis wann sie spätestens ihre Erfüllung vorzunehmen hat, bevor die Leistung für das klagende Land keinen Sinn mehr ergibt. Die Rechtsansicht des klagenden Landes, ein relatives Fixgeschäft erfordere nicht, dass ein konkreter Zeitpunkt, bis zu dem die Leistung erbracht sein müsse, für den Vertragspartner ersichtlich sei, ist unzutreffend. Abgesehen davon, dass dies in Literatur und Rechtsprechung entgegen seiner Ansicht soweit ersichtlich nicht vertreten wird, ergibt sich dies auch schon deshalb, weil der Vertragsinhalt und damit auch der Charakter eines relativen Fixgeschäfts – unabhängig davon, ob man dies als konkludent vereinbart oder aus der “Natur der Sache” heraus für gegeben hält – durch Auslegung vom objektiven Empfängerhorizont her, §§ 133, 157 BGB, zu bestimmen ist. Es muss daher für den Vertragspartner zumindest erkennbar sein, bis wann er konkret leisten muss, damit das Geschäft nicht nach Nichteinhaltung des Termins “fällt”. Im Übrigen hielt die Beklagte eine solche Frist (“irgendwann” vor dem 03.10.2014) auch ein, da sie wie dargelegt am 12.09.2014 – und damit “irgendwann” vor dem 03.10.2014 – mangelfreie Planungen vorlegte.

Dass der Vertrag nochmals mit erstmaliger Mitteilung vom 28.08.2014, dass die Planung spätestens bis 05.09.2014 benötigt würde, geändert worden wäre, ist nicht ersichtlich. Allein, dass in diesem Zeitpunkt für die Beklagte ersichtlich wurde, dass das klagende Land am 28.08.2014 (einseitig) eine Vorlage der Planung bis zum 05.09.2014 für erforderlich erachtete, ändert nichts am Charakter oder Inhalt des zuvor abgeschlossenen bzw. ggf. geänderten Vertrages.

Soweit das klagende Land nunmehr in der Berufungsbegründung darauf abstellen möchte, dass sogar ein absolutes Fixgeschäft vorgelegen habe, ist hierfür erst recht nichts ersichtlich. Bei einem absoluten Fixgeschäft begründete die Nichteinhaltung der Leistungszeit Unmöglichkeit; es liegt vor, wenn die Einhaltung der Leistungszeit nach dem Zweck des Vertrages und der gegebenen Interessenlage für den Gläubiger derart wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt (vgl. näher Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 271 Rn. 17). Dies ist, abgesehen vom bereits dargelegten, ersichtlich nicht der Fall: Das klagende Land hatte selbst nach Ablauf der Sperrfrist noch Interesse an den Planungsleistungen der Beklagten hinsichtlich der Umleitung; es hat die Leistungen auch gerade in Anspruch genommen, abgenommen und die Umleitung entsprechend eingerichtet. Anders ausgedrückt, war zwar die Fristeinhaltung für das klagende Land wesentlich, aber im Hinblick auf die Art und Weise der Ausführung anderer Arbeiten, nicht hinsichtlich deren “Ob” und damit auch nicht im Hinblick auf die Frage, ob es für die Umleitungsplanung Verwendung hatte.

bb) Eine erfolglose Fristsetzung liegt nicht vor.

(1) Es kann unterstellt werden, dass das klagende Land der Beklagten eine Nachfrist zur Übersendung der Höhenpläne im Telefonat vom 28.08.2014 auf den 05.09.2014 setzte. Diese Frist hat die Beklagte eingehalten.

Hinsichtlich der Pflichtverletzung, dass die von der Beklagten bis zum 28.08.2014 übersandten Pläne überhaupt keine Höhenangaben bzw. Höhenpläne enthielten, hat das klagende Land (durch den Zeugen Z1) in dem Telefonat am 28.08.2014 mit der Beklagten (dem Zeugen Z2) unstreitig darauf hingewiesen, dass die X KG die Pläne allerspätestens im Laufe der 36. KW, also zwischen dem 01. und 05.09.2014, benötige, um die Baumaßnahmen noch rechtzeitig vor der Sperrpause durchführen zu können. Streitig ist insofern lediglich, ob es sich um die nochmalige Anforderung der bereits vorliegenden Pläne handelte oder ob damit die Aufforderung verbunden war, die überfälligen, fehlenden Pläne unverzüglich vorzulegen.

Zugunsten des klagenden Landes kann unterstellt werden, dass sein Vortrag zutreffend ist, es also den Mangel der fehlenden Planung angezeigt und Frist zur Nacherfüllung spätestens auf den 05.09.2014 gesetzt hat. Denn der Anspruch hinsichtlich dieser Pflichtverletzung ist aus anderen Gründen nicht gegeben.

Die (unterstellte) Fristsetzung am 28.08.2014 auf den 01. bis 05.09.2014 und damit im Ergebnis auf spätestens den 05.09.2014 war auch angemessen. Was angemessen ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Frist soll dem Schuldner eine letzte Gelegenheit zur Erbringung der geschuldeten Leistung eröffnen und braucht daher nicht so bemessen zu werden, dass der Schuldner die noch nicht begonnene Leistung erst anfangen und fertigstellen kann, sondern er soll in die Lage versetzt werden, die bereits in Angriff genommene Leistung zu vollenden (vgl. nur Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 281 Rn. 10 m. w. N.). Vorliegend war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Leistung aufgrund der anstehenden Sperrpause für das klagende Land besonders eilig war; dass – bei angefangener Planung – die Beklagte innerhalb von 6 Werktagen auf keinen Fall in der Lage gewesen wäre, die Höhenpläne und dazugehörigen Pläne zu erstellen bzw. zu ergänzen, hat sie nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Im Gegenteil legte die Beklagte die Pläne bis zum 04.09.2014 vor. Dass zwischen dem 05.09. und der Besprechung am 09.09.2014 noch weitere Unterlagen von der Beklagten übergeben worden seien, die auf eine Unvollständigkeit mit Ablauf des 04.09.2014 schließen ließen, hat das klagende Land selbst nicht vorgetragen. Es hat auch nicht konkret benannt, welche Unterlagen noch gefehlt haben sollen. Soweit es weiter für die Behauptung, es hätten am 05.09.2014 nicht alle Planunterlagen vorgelegen, auf eine E-Mail der X KG an das klagende Land vom 05.09.2014, 15.11 Uhr, verweist (Anlage K27, Anlagenband), ergibt sich hieraus bereits nicht, dass die Unterlagen nicht bei dem klagenden Land vorgelegen hätten, sondern nur, dass der X KG noch Planungsunterlagen fehlten, wobei auch hier nicht näher bezeichnet wird, welche dies sein sollen, sondern lediglich um einen Besprechungstermin am Montag, 08.09.2014 um 14 Uhr gebeten wird. Konkreter Vortrag des klagenden Landes zu nach dem 04.09.2014 noch fehlenden, von der Beklagten geschuldeten Unterlagen fehlt daher.

Die Frist war damit eingehalten.

Daran ändert sich auch nichts deshalb, weil die bis zum 04.09.2014 überreichten Planungen – unterstellt – mangelhaft waren, da die Beklagte nicht auf die Bestandshöhe, sondern auf die Endhöhe geplant hatte. Der Schuldner muss zwar grundsätzlich innerhalb der Nachfrist vollständig und in der geschuldeten Qualität leisten (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 281 Rn. 12). Erbringt er eine mangelhafte Leistung, kann der Gläubiger sie zurückweisen. Doch nimmt der Gläubiger sie an, kann er – vorbehaltlich § 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB – erst nach nochmaliger Fristsetzung Schadenersatz statt der Leistung verlangen (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 281 Rn. 12 m. w. N.). Auch ist, wenn wegen eines Mangels eine Nacherfüllungsfrist gesetzt wird, die der Auftragnehmer zwar einhält, aber diese Nacherfüllung mangelhaft vornimmt, grundsätzlich eine erneute Nachfristsetzung erforderlich, vgl. §§ 636 BGB a. E., 637 Abs. 2 S. 2 BGB (vgl. dazu auch Sprau, in: Palandt, BGB, § 635 Rn. 5). Vorliegend hat das klagende Land die bis zum 04.09.2014 überreichten Planungen entgegengenommen und an die X KG weitergeleitet. Hierin ist eine Annahme des klagenden Landes der nachgebesserten Planung dergestalt zu sehen, dass nach dem Dargelegten grundsätzlich eine nochmalige Fristsetzung gegenüber der Beklagten erforderlich war.

Eine Ausnahme hiervon ist nicht gegeben. Dass besondere Umstände nach § 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB vorlagen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches rechtfertigen, insbesondere der eingetretene Schaden durch eine Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden kann, bzw. dass die Nacherfüllung endgültig fehlgeschlagen oder weitere Nacherfüllungsbemühungen dem Besteller nicht zumutbar sind (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 635 Rn. 5), hat das klagende Land nicht hinreichend vorgetragen. Zwar ist insofern zu berücksichtigen, dass nach der Fristsetzung des klagenden Landes die Pläne allerspätestens bis zum 05.09.2014 vorliegen müssen, um die Baumaßnahmen noch rechtzeitig ausführen zu können. Das klagende Land hatte seinen Zeitplan nach eigenem Vortrag so aktualisiert, dass bei Baubeginn am 05.09.2014 noch eine Bauausführung mit Abschluss bis zum 29.09.2014, einem Montag, 5.00 Uhr morgens, möglich war. Dann aber verblieb schon nach den eigenen Planungen des klagenden Landes ein – wenn auch kleiner – Puffer bis zum Beginn der Sperrpause am Freitag, dem 03.10.2014. Dann aber blieb jedenfalls mangels gegenteiligen Vortrags ein – wenn auch kleiner – Zeitraum, in dem noch eine Fristsetzung vorgenommen werden konnte. Eine Fristsetzung war daher nicht entbehrlich.

(2) Eine solche Fristsetzung seitens des klagenden Landes gegenüber der Beklagten ist frühestens in der Besprechung am Dienstag, den 09.09.2014 erfolgt.

In der Übersendung der E-Mail der X KG vom 05.09.2014 (Anlage K27, Anlagenband) durch das klagende Land an die Beklagte am Montag, den 08.09.2014, wie sie nunmehr in der Berufungsinstanz behauptet wird, kann eine Mangelanzeige und Fristsetzung schon deshalb nicht liegen, weil ein solcher Inhalt der Übersendungs-E-Mail nicht behauptet wird. In der E-Mail vom 05.09.2014 war im Übrigen wie dargelegt nur pauschal gerügt worden, dass noch nicht “alle Planungsunterlagen” vorlägen; dass die Höhen fehlerhaft geplant worden sein sollen, lässt sich dem nicht entnehmen.

In der Besprechung am 09.09.2014, an der sowohl das klagende Land als auch die Beklagte teilgenommen haben, ist erörtert worden, dass die bisherigen Pläne der Beklagten auf die Endhöhe und nicht die Bestandshöhe geplant worden seien; das klagende Land forderte die Beklagte auf, geänderte Pläne vorzulegen. Das klagende Land hat darüber hinaus behauptet, es habe diesbezüglich einen Mangel gerügt. Dass eine Fristsetzung vorgenommen worden sei, hat das klagende Land nicht behauptet, es hat vielmehr die Ansicht vertreten, dies sei nicht erforderlich gewesen. Allein, dass allen Beteiligten klar war, dass der Zeitplan kritisch und die Planungsvorlage dringlich wurde, genügt insofern für die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung allerdings grundsätzlich nicht; auf obige Ausführungen wird verwiesen. Das klagende Land hat nicht konkret vorgetragen, dass es eine bestimmte Frist gesetzt hätte. Zwar kann für eine Fristsetzung auch die Aufforderung, umgehend oder unverzüglich zu leisten, genügen (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 281 Rn. 9 m. w. N.). Doch muss grundsätzlich zumindest diese Aufforderung seitens des Auftraggebers ausgesprochen werden, wozu vorliegend, abgesehen davon, dass die Dringlichkeit allen Beteiligten klar war, kein konkreter Vortrag gegeben ist. Soweit das klagende Land behauptet, der Zeuge Z3 habe in der Besprechung am 09.09.2014 für die Beklagte die Erstellung einer entsprechend geänderten Planung zugesagt, lässt auch dies eine konkrete Frist, bis zu der diese vorgelegt werden sollte, nicht unmittelbar erkennen. Ob sich aus der offenliegenden Dringlichkeit eine konkludente Fristsetzung bzw. Zusage ergibt, die geänderte Planung unverzüglich vorzulegen, kann offenbleiben.

Denn selbst wenn man aus den Umständen, insbesondere weil der Zeitplan kritisch wurde und der Umstand drohte, dass die Sperrpause nicht mehr genutzt werden könnte, eine Fristsetzung oder Zusage in der Besprechung vom 09.09.2014 konkludent annehmen würde, wäre sie aus Sicht eines objektiven Empfängers jedenfalls auf eine unverzügliche Nacherfüllung gerichtet. Diese Frist hat die Beklagte jedoch eingehalten. Sie hat mit E-Mails vom 10. – 12.09.2014, und damit innerhalb von drei Tagen nach der Besprechung vom 09.09.2014, eine mangelfreie Planung vorgelegt; auf obige Ausführungen wird verwiesen. Dies ist unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB). Denn es sind damit lediglich drei Tage nach der Besprechung verstrichen. Dass die Beklagte die Nacherfüllung noch schneller hätte tätigen können, hat das klagende Land nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus den Umständen. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht nur die Höhe anderweitig planen musste, sondern die bisherigen Planungen auch von einem Verbau und dem teilweisen Rückbau einer Brückenkappe ausgegangen waren, die aber tatsächlich nicht vorlagen, so dass eine Verschwenkung der Fahrbahn eingeplant wurde. Dabei kommt es insofern nicht darauf an, ob die Beklagte den fehlenden Verbau und Rückbau der Brückenkappe anhand einer in anderem Zusammenhang im Februar 2014 mitversandten Anlage hätte erkennen können oder ob sie (berechtigt) erstmals im Termin vom 09.09.2014 hiervon erfuhr; denn in beiden Fällen war insofern eine Umplanung erforderlich, die sie unverzüglich vornahm. Hinzukommt, dass sie auch die Planungen bezüglich der Achsen sukzessive vorlegte, so dass sie hinsichtlich einzelner Achsen bereits am 10.09.2014, und für weitere sodann schon am 11.09.2014 vorlagen. Zwar lag damit noch nicht eine Gesamtleistung vor, doch ergibt sich auch daraus vorliegend eine unverzügliche Übermittlung, da sie insoweit ggf. hinsichtlich einzelner Achsen schon Grundlage für die weitere Ausführung hätte gewesen sein können.

c) Selbst wenn ein Anspruch nach §§ 631, 633 Abs. 2, 634 Nr. 4, 281, 280 Abs. 1 und 3 BGB nicht an der fehlenden erfolglosen Fristsetzung scheitern würde, wäre er jedenfalls zu verneinen, weil das klagende Land den Schaden und insbesondere die Kausalität der Pflichtverletzung für diesen Schaden – und sei es in Form einer Mitursächlichkeit – nicht hinreichend dargelegt hat. Insofern wäre eine konkrete Darlegung erforderlich gewesen, inwiefern aufgrund der Planvorlagen am 12.09.2014 die Einhaltung der Sperrpause – auch bei Ergreifen der aufgrund der Kooperations- und Koordinationspflicht des klagenden Landes gebotenen Maßnahmen möglicher Beschleunigungen – nicht mehr möglich gewesen sein soll. Denn auf dieser Behauptung zur Kausalität beruht letztlich der gesamte geltend gemachte Schadensersatzanspruch.

Das klagende Land trägt insoweit durchgehend lediglich vor, dass aufgrund der zu späten und fehlerhaften Planung der Beklagten die Sperrpause nicht habe genutzt werden können. Es hat insoweit lediglich behauptet, zwar habe die Beklagte die teilweise geänderte Planung dann bis zum 12.09.2014 vorgelegt, dies sei jedoch “schon viel zu spät” gewesen, “um die Arbeiten noch rechtzeitig vor der Sperrpause ausführen” lassen zu können. Das zeige sich schon an den eigenen vorherigen Zeitplanungen der Beklagten. Deshalb habe am 15.09.2014 die Krisenbesprechung stattgefunden; auch zu diesem Zeitpunkt sei die Planung der Beklagten nicht “baubar” gewesen. Da der 12.09.2014 ein Freitag gewesen sei, habe frühestens am 15.09.2014 mit den Arbeiten begonnen werden können. In den Besprechungen am 15. und 16.09.2014 sei versucht worden, die Umsetzung irgendwie doch noch rechtzeitig zu realisieren, wobei sich letztlich herausgestellt habe, dass das nicht möglich gewesen sei; das Zeitfenster sei “zu knapp” gewesen. Das bauausführende Unternehmen habe im Ortstermin am 16.09.2014 “die Situation” geprüft und festgestellt, dass eine “zeitgerechte Ausführung der Arbeiten keinesfalls (auch nicht mit den erwogenen Lösungsmöglichkeiten) mehr möglich” sei. Doch genügt dieser Vortrag nicht, um darzulegen, warum dies “zu spät” gewesen sein soll, es fehlt an jedem näheren Vortrag hierzu. Entgegen der Ansicht des klagenden Landes liegt dies auch nicht “auf der Hand”. Schließlich genügen auch die Darlegungen des klagenden Landes zu den Bauablaufplänen anhand von Balkendiagrammen nicht (Bl. 246 ff. d.A.); auch dort hat das klagende Land lediglich behauptet, dass die Sperrpause nicht habe eingehalten werden können, und insofern die jeweiligen Zeitspannen einfach “verlegt” – statt eines Beginns am 05.09. hat sie einen Beginn am 16.09. angenommen (vgl. S. 27 des Schriftsatzes vom 13.09.2018 (Bl. 252 d.A.) sowie Anlage K30 (Anlagenband) gegenüber S. 25 des Schriftsatzes vom 13.09.2018 (Bl. 250 d.A.) sowie Anlage K29 (Anlagenband)) – ohne zu konkretisieren, warum die Sperrpause nicht eingehalten werden konnte. Gleiches gilt auch für die weiteren Balkendiagramme. In Anlage K30 (Anlagenband) wird eine “massiv verkürzte Arbeitsvorbereitung” mit sechs Tagen ab dem 16.09., und damit nicht ab dem 12. bzw. 15.09.2014 angesetzt, ohne dass näher konkretisiert wäre, was damit gemeint ist, warum die Zeiten so angesetzt wurden und nicht früher mit der Arbeitsvorbereitung hätte begonnen werden können; die Bauzwischenphasen beginnen danach ohne nähere Darlegung erst ab dem 22.09.2014. Es wird in den Plänen auch nicht abgebildet, dass die Planungen für manche Achsen schon am 10. bzw. 11.09. vorlagen. Die anschließenden Ausführungen des klagenden Landes zur Unterbrechung des Bauablaufs (insbes. S. 24, 28 ff. des Schriftsatzes vom 13.09.2018, Bl. 249, 253 ff. d.A.) bauen bereits auf der Nichtnutzung der Sperrpause auf und beschreiben die danach liegenden Arbeiten und Abläufe. Darauf, dass das klagende Land selbst vorträgt, dass (nach i. d. R. ca. 14-tägiger Genehmigung) erst am 17.09.2014 mit den Ausführungen zur Verkehrssicherung durch das ausführende Unternehmen begonnen wurde, kommt es daher bereits nicht mehr an. Sonstigen Vortrag dazu, warum die Sperrpause nicht mehr habe genutzt werden können, hält das klagende Land nicht.

Ein Hinweis des Berufungsgerichts hierauf war nicht erforderlich. Dass der Vortrag des klagenden Landes nicht ausreichend ist, hat das Landgericht bereits in seinem Urteil ausgeführt (S. 10 des Urteils, Bl. 413 d.A.):

“Zudem müsste schlüssig vorgetragen werden, dass es trotz der geänderten Planung/Nachbesserung unvermeidbar zum Eintritt des Schadens gekommen ist, weil gleichwohl die Sperrpause nicht genutzt werden konnte. Aus dem Vortrag des Landes müsste damit insgesamt entnommen werden können, dass die nach dessen Behauptung falsche Planung auf den Endbestand trotz Nachbesserung bis Mitte September 2014 kausal dafür ist, dass die Sperrpause ab 3.10.2014 nicht genutzt werden konnte. An einem Vortrag, der eine solche Kausalität nachvollziehen ließe, fehlt es jedoch.”

Die Berufung hält hierauf keinen weiteren konkreten Vortrag. Soweit Mängel in der Planung nach dem 12.09.2014 behauptet werden, sind diese wie ausgeführt bereits nicht ausreichend dargelegt.

3. Auch ein Anspruch des klagenden Landes aus §§ 631, 633 Abs. 2, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 2 i. V. m. 286 BGB scheidet aus.

a) Die Beklagte hatte zwar zunächst bis zum 28.08.2014 trotz Fälligkeit die noch fehlenden Pläne nicht vorgelegt. Hierin ist wie dargelegt eine Pflichtverletzung zu sehen.

b) Auch hinsichtlich der Fristsetzung gelten obige Ausführungen entsprechend. Eine Fristsetzung bezüglich fehlender Planunterlagen bis zum 28.08.2014 war aus den dargelegten Gründen nicht entbehrlich nach § 286 Abs. 2 BGB. Sie kann jedoch als durch die telefonische Mitteilung am 28.08.2014, dass die X KG die Pläne allerspätestens im Laufe der 36. KW, also zwischen dem 01. und 05.09.2014, benötige, um die Baumaßnahmen noch rechtzeitig vor der Sperrpause durchführen zu können, vorgenommen unterstellt werden.

In der Übergabe der bis zum 04.09.2014 und damit innerhalb der gesetzten Frist überreichten Pläne ist eine den Verzugseintritt hindernde Leistung zu sehen. Dass die Pläne weiterhin unvollständig waren, hat das klagende Land wie ausgeführt nicht hinreichend dargelegt. Dass die neu überreichten Pläne nunmehr – unterstellt – mangelhaft waren, ändert hieran nichts. Denn Verzug liegt (nur) dann vor, wenn die Leistung nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht bewirkt wird (vgl. Ernst, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2019, vor § 275 Rn. 14). Dagegen liegt kein Verzug vor, wenn die Erfüllung wenigstens dem Anschein nach bewirkt wird (vgl. Ernst, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2019, vor § 275 Rn. 14). Insofern ist eine Abgrenzung erforderlich, da sich nach dem neuen Schuldrecht der Bereich der Schlechterfüllung und jener des Verzugs überschneiden; würde der Verzug anders definiert als dargelegt, läge in jeder Schlechterfüllung eine Verzögerung der ordnungsgemäßen Leistung (vgl. Ernst, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2019, vor § 275 Rn. 14). Nach der vorgenommenen Abgrenzung wird ein Verzug nicht ausgeschlossen, vielmehr aktualisiert sich, wenn der Schuldner eine mangelhafte Leistung erbringt, die Leistungspflicht des Schuldners in eine Nacherfüllungspflicht; der Schuldner kann dann mit dieser Nacherfüllungspflicht in Verzug kommen, dazu bedarf es grundsätzlich einer Herbeiführung des Verzugs durch Mahnung (vgl. Ernst, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2019, vor § 275 Rn. 14). Dies entspricht auch der Wertung des Werkvertragsrechts, dass, wenn wegen eines Mangels eine Nacherfüllungsfrist gesetzt wird, die der Auftragnehmer zwar einhält, aber diese Nacherfüllung mangelhaft vornimmt, grundsätzlich eine erneute Nachfristsetzung erforderlich ist, vgl. §§ 636 BGB a. E., 637 Abs. 2 S. 2 BGB (vgl. dazu auch Sprau, in: Palandt, BGB, § 635 Rn. 5).

Vorliegend ist mit der Vorlage der Pläne bis zum 04.09.2014 die ursprünglich nicht vollständig erbrachte Leistung dem äußeren Anschein nach bewirkt worden. Das klagende Land hat die Pläne dementsprechend entgegengenommen und an die X KG weitergeleitet. Damit wurde die Leistung nach ihrem äußeren Erscheinungsbild noch vor Fristablauf am 05.09.2014 und damit noch vor Eintritt des Verzuges erbracht.

In der Mitteilung während der Besprechung vom 09.09.2014, dass die Pläne nicht auf die Bestandshöhe geplant wurden, und der Aufforderung, geänderte Pläne vorzulegen, ist – eine Pflichtverletzung unterstellt – eine weitere Mahnung zu sehen. Eine konkrete Fristsetzung war hierfür nicht erforderlich. Ist die Mahnung selbst nicht terminiert, tritt der Verzug bereits mit dem Zugang der Mahnung ein, wenn der Schuldner nicht alsbald die Leistung erbringt (vgl. Feldmann, in: Staudinger, BGB (2019), § 286 Rn. 60). Vorliegend hat die Beklagte aber die Leistung alsbald, nämlich mit E-Mails vom 10. – 12.09.2014, und damit bis spätestens 12.09.2014 erbracht. Dies war im vorliegenden Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen ausreichend; obige Ausführungen gelten insoweit entsprechend.

c) Selbst wenn ein Anspruch nach §§ 631, 633 Abs. 2, 634, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB nicht wegen der Planvorlage bis 12.09.2014 an fehlendem Verzug scheitern würde, wäre er jedenfalls aufgrund fehlender Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden zu verneinen. Denn das klagende Land stützt seinen gesamten geltend gemachten Schaden darauf, dass wegen der Pflichtverletzung der Beklagten die Sperrpause ab dem 03.10.2014 nicht habe eingehalten werden können und daher erhebliche Mehrkosten für den Abriss von BW 9 entstanden seien. Es fehlt aber an einer hinreichenden Darlegung der Kausalität. Denn Verzug wäre aufgrund der dargelegten Mahnung jedenfalls erst mit Ablauf des 05.09.2014 eingetreten. Erster Verzugstag wäre mithin Samstag, der 06.09.2014 gewesen; dass an diesem Tag die Pläne seitens des klagenden Landes an die X KG weitergeleitet wurden und diese mit der Bauausführung an diesem Tag begonnen hätte, hat das klagende Land nicht vorgetragen und drängt sich, da es sich um ein Wochenende handelte, auch nicht auf. Im Gegenteil hat das klagende Land nach seinem Vortrag auch eine E-Mail, die die X KG am 05.09.2014 um 15.11 Uhr sendete (Anlage K27, Anlagenband), erst am Montag, dem 08.09.2014, an die Beklagte weitergeleitet. Schließlich gilt dies auch deshalb, weil das klagende Land in anderem Zusammenhang selbst vorgetragen hat, da der 12.09.2014 ein Freitag gewesen sei, habe frühestens am 15.09.2014 mit den Arbeiten begonnen werden können; das gleiche muss aber dann auch für Freitag, den 05.09.2014 gelten.

Damit kann der Verzug aber erst ab Montag, dem 08.09.2014, kausal geworden sein. Er wurde jedenfalls durch Vorlage der Planunterlagen am Freitag, dem 12.09.2014, beendet; dass diese unvollständig oder mangelhaft waren, hat das klagende Land wie ausgeführt nicht ausreichend dargelegt. Das klagende Land hatte aber in seinem Zeitplan mit Baubeginn am 05.09.2014 noch eine Bauausführung mit Abschluss bis zum Montag, den 29.09.2014, 5.00 Uhr morgens, als möglich angesehen. Dann aber verblieb wie bereits dargelegt auch nach den eigenen Planungen des klagenden Landes ein Puffer bis zum Beginn der Sperrpause am Fr., 03.10.2014, von vier Werktagen; der 29.09.2014 kann insofern (da bereits ab 5.00 Uhr “verfügbar”) als voller Werktag mitgezählt werden.

Damit wäre nur ein einziger Tag des Verzugs der Beklagten als kausal für das Verstreichen der Sperrpause denkbar. Es hätte daher näherer Darlegung bedurft, dass dieser eine Tag nicht noch hätte “eingeholt” werden können, und daher tatsächlich kausal für das gesamte Scheitern geworden ist. Vor dem Hintergrund, dass auch die X KG dem klagenden Land noch mit E-Mail vom 09.09.2014, 10.19 Uhr, (Anlage K7, Anlagenband) mitgeteilt hatte, dass sie spätestens morgen, Mittwoch 10.09.2014, verlässliche Vorgaben und Planungsunterlagen (Entwurfsplanung für die provisorischen Umfahrungen) benötige, weil sie ansonsten die Termine nicht mehr realisieren könne (Anlage K7, Anlagenband), wäre hier jedenfalls detaillierter, sich hiermit auseinandersetzender Vortrag des klagenden Landes erforderlich gewesen. Insbesondere wäre insofern auch Vortrag erforderlich gewesen, welche Termine der X KG insofern gesetzt und inwiefern hier bis zum 03.10.2014 kein weiterer Puffer mehr vorhanden war oder durch eine umgestellte Organisation hätte eingeholt werden können. Hinzu kommt, dass die Planung “achsenweise” auch schon am 10. und 11.09.2014 vorgelegen hat, so dass es zudem Vortrags dazu bedurft hätte, warum bezüglich dieser Achsen nicht bereits dann mit der Bauausführung hätte begonnen werden können. Außerdem hatte auch das klagende Land selbst in anderem Zusammenhang schon Beschleunigungspotential angesprochen; es hat selbst vorgetragen, dass es in dringenden Fällen ohne Weiteres möglich sei, eine verkehrsrechtliche Anordnung binnen kürzerer Zeit als zwei Wochen zu erhalten, und auch eine Betonschutzwand hätte am 22.09.2014 binnen weniger Stunden installiert bzw. aufgestellt werden können. Im Übrigen gelten die obigen Ausführungen zum misslungenen Kausalitätsnachweis entsprechend.

4. Soweit das klagende Land mit der Berufung rügt, bei dem landgerichtlichen Urteil handele es sich um eine Überraschungsentscheidung, weil das Landgericht im letzten Verhandlungstermin eine Beweiserhebung angekündigt habe, außerdem habe es unzutreffend keine Gelegenheit zur Stellungnahme zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.03.2019 mehr erhalten, greifen diese Rügen nicht durch. Dass eine Beweisaufnahme angekündigt worden wäre, ergibt sich nicht aus dem Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung (Bl. 373 ff. d.A.); die Beklagte hat im Übrigen unbestritten behauptet, dass sich eine eventuell in Aussicht gestellte Beweisaufnahme nur auf die Widerklageforderung bezogen habe; diese ist aber nicht Gegenstand der Berufung. Der Schriftsatz der Beklagten vom 20.03.2019 (Bl. 389 ff. d.A.) war bereits nicht nachgelassen und daher selbst nicht zu berücksichtigen; dass er bezüglich der Klage neue Tatsachen enthalten würde oder solche hieraus dem Urteil zu Grunde gelegt wurden, hat das klagende Land nicht vorgetragen und ist auch nicht erkennbar.

5. Mangels Hauptanspruchs besteht auch von vornherein kein Anspruch auf Zinszahlung.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

OLG Jena zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten für die Einholung eines auch vorprozessual erstatteten Privatsachverständigengutachtens

OLG Jena zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten für die Einholung eines auch vorprozessual erstatteten Privatsachverständigengutachtens

vorgestellt von Thomas Ax

Die dem Gegner erwachsenen Kosten sind nur insoweit zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Zu den erstattungsfähigen Kosten können ausnahmsweise auch die Kosten für die Einholung eines auch vorprozessual erstatteten Privatsachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind. Ein Privatgutachten wird nicht schon durch seine Vorlage bzw. Verwendung im Rechtsstreit prozessbezogen. Unmittelbar prozessbezogen sind Gutachterkosten nur dann, wenn sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit bezieht und gerade mit Rücksicht auf diesen beauftragt wurde. Diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, sind regelmäßig nicht erstattungsfähig. Umgekehrt ist dann, wenn die Gutachtenbeauftragung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Klage bereits angedroht war, naheliegend, dass das Gutachten auch die Position des Gegners im angedrohten Rechtsstreit stützen soll.
OLG Jena, Beschluss vom 19.01.2023 – 7 W 274/22

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens um die Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Privatgutachterkosten des Klägers.

Im erstinstanzlichen Rechtsstreit vor dem Landgericht Meiningen begehrte der Kläger mit Klage vom 22.06.2020 gegenüber den Beklagten ein Teilschmerzensgeld sowie die Feststellung einer Ersatzpflicht der Beklagten für weitere materielle und immaterielle Schäden im Zusammenhang mit einer behaupteten fehlerhaften ärztlichen Behandlung einer Knieverletzung nach einem Arbeitsunfall am 15.12.2016. Den Rechtsstreit beendeten die Parteien mit einem gerichtlichen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO vom 02.05.2022 (Bl. 357 f. d. A.). Gemäß der dortigen Vereinbarung haben von den Gerichtskosten der Kläger 71 % und die Beklagten zu 2) – 5) 29 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat der Kläger allein zu tragen. Die übrigen außergerichtlichen Kosten haben der Kläger zu 83 % und die Beklagten zu 2) – 5) zu 17 % zu tragen.

Mit Kostenausgleichsantrag vom 18.05.2022 (Bl. 372ff. d. A.) beantragte die Klägerseite unter anderem die Berücksichtigung der Kosten von ihr in Anspruch genommener vorgerichtlicher Privatgutachter, nämlich:

– Gutachten des Herrn Prof. Dr. ### vom 20.07.2018 gemäß dessen Kostenrechnung vom 20.07.2018 (Anlage 1a, Bl. 375 d. A.): 3.216,57 Euro

– Gutachten des Herrn Prof. Dr. ### vom 24.04.2019 gemäß dessen Kostenrechnung vom 24.04.2019 (Anlage 1b, Bl. 376 d. A.): 2.868,48 Euro

Mit Beschluss vom 28.06.2022 (Bl. 610ff. d. A.) – berichtigt mit weiterem Beschluss vom 14.07.2022 (Bl. 620 f. d. A.) – hat die Rechtspflegerin am Landgericht Meiningen die von dem Kläger an die Beklagten zu 2) – 5) zu erstattenden Kosten unter Ausgleich der Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten festgesetzt. Dabei hat sie die vorgenannten Privatgutachterkosten für nicht erstattungsfähig erachtet. Da diese bereits vor Einreichung der Klageschrift entstanden sind, wären diese bereits Bestandteil der Klageforderung gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgenannten Beschlüsse verwiesen.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 05.07.2022 zugestellten Beschluss vom 28.06.2022 wendet sich der Kläger mit seiner bei dem Landgericht am 18.07.2022 eingegangenen sofortigen Beschwerde (Bl. 627ff. d. A.) wiederholt mit weiterem Schreiben vom 28.07.2022 auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Beschlussberichtigung (Bl. 638 d. A.). Er meint weiterhin, die Kosten der Gutachten vom 20.07.2018 und 24.04.2019 seien im Rahmen der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen, da die Gutachten erforderlich gewesen seien, um den Prozess vorzubereiten und zu führen. Er legt zudem eine von ihm am 23.10.2017 an den Klägervertreter erteilte Prozessvollmacht in “Sachen … ./. Verantwortliche” (Bl. 629 d. A.) vor.

Die Beklagten zu 2) – 5) haben mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 26.07.2022 (Bl. 632ff. d. A.) einer Berücksichtigung der vorgenannten Privatgutachterkosten widersprochen, da diese nicht unmittelbar prozessbezogen und diese zudem auch unter Berücksichtigung des Kostenschonungsgebotes nicht “notwendig” gewesen seien.

Die Rechtspflegerin am Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und hat diese mit Beschluss vom 18.08.2022 dem Thüringer Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 639ff. d. A.).


II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin vom 22.06./14.07.2022 ist zulässig, insbesondere statthaft und auch form- und fristgerecht erhoben (§§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569ff. ZPO i. V. mit § 11 Abs. 1 RPflG).

In der Sache hat die sofortige Beschwerde teilweisen Erfolg, und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dem im Tenor genannten Umfang. Im Rahmen der Kostenfestsetzung sind die von dem Kläger zum Kostenausgleich angemeldeten Kosten des vorprozessual eingeholten fachmedizinischen Gutachtens des Prof. Dr. … vom 24.04.2019 in Höhe von 2.868,48 Euro einzubeziehen. Hingegen finden – mit dem Landgericht zutreffend – die Kosten eines weiteren vorgerichtlichen fachmedizinischen Gutachtens des Prof. Dr. … vom 20.07 2018 in Höhe von 3.216,57 Euro keine Berücksichtigung, da es insoweit an der erforderlichen Prozessbezogenheit fehlt.

1. Im Ergebnis zutreffend hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die von dem Kläger zum Kostenausgleich angemeldeten Kosten eines vorgerichtlichen fachmedizinischen Gutachtens des Prof. Dr. … vom 20.07.2018 In Höhe von 3.216,57 Euro nicht im Rahmen der Kostenfestsetzung einbezogen. Denn insoweit handelt es sich nicht um erstattungsfähige außergerichtliche Kosten des Klägers im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO.

a) Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind die dem Gegner erwachsenen Kosten nur insoweit zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Notwendige Kosten sind nur solche, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei als sachdienlich ansehen darf. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Veranlassung der die Kosten auslösenden Maßnahme (ex ante) abzustellen. Zu den erstattungsfähigen Kosten können ausnahmsweise auch die Kosten für die Einholung eines auch vorprozessual erstatteten Privatsachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind (BGH, Beschluss vom 12.09.2018 – VII ZB 56/15). Zwar werden dem Rechtspfleger dadurch für ein Kostenfestsetzungsverfahren außergewöhnliche Prüfungen auferlegt. Da sich die Erstattungsfähigkeit nach einer seit Jahrzehnten gefestigten Rechtsprechung richtet und nicht vom Ergebnis oder der Überzeugungskraft der Begutachtung noch von Verlauf und Ausgang des Prozesses abhängen, geht mit dieser außergewöhnlichen Prüfung keine Überbeanspruchung des Kostenfestsetzungsverfahrens einher (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 18). (KG Berlin, Beschluss vom 26.03.2020 – 19 W 128/19)

Ein Privatgutachten wird nicht schon durch seine Vorlage bzw. Verwendung im Rechtsstreit prozessbezogen. Unmittelbar prozessbezogen sind Gutachterkosten nur dann, wenn sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit bezieht und gerade mit Rücksicht auf diesen beauftragt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 04.03.2008 – VI ZB 72/06). Deshalb sind diejenigen Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, regelmäßig nicht erstattungsfähig (vgl. BGH, a.a.O.). Umgekehrt ist dann, wenn die Gutachtenbeauftragung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Klage bereits angedroht war, naheliegend, dass das Gutachten auch die Position des Auftraggebers im angedrohten Rechtsstreit stützen soll. Mit dem Erfordernis der unmittelbaren Prozessbezogenheit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Anspruchsberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen (BGH, a a.O., Rn. 7, 8). (KG Berlin, Beschluss vom 26.03.2020 – 19 W 128/19)

b) Die vorgenannten Grundsätze im Blick lässt sich eine unmittelbare Prozessbezogenheit der klägerischen Kosten für das vorprozessuale – fachorthopädische/fachtraumatologische – Gutachten des Prof Dr. … vom 20.07.2018 nicht feststellen. Zwar hat der Kläger das vorgenannte Gutachten vom 20.07.2018 mit seiner Klageschrift vom 22.06.2020 vorgelegt und dazu verwendet, um ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen der Beklagten zu begründen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Gutachtens zeichnete sich jedoch ein Rechtsstreit mit den Beklagten noch nicht hinreichend konkret ab, so dass es an der unmittelbaren Prozessbezogenheit fehlt. Der von dem Kläger vorgelegte Schriftverkehr seiner Bevollmächtigten mit dem … als Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 2) – 5) hatte noch keinen erforderlichen Prozess gegen diese zur Durchsetzung vermeintlicher Schadensersatzansprüche im Blick; vielmehr dienten die Schreiben der außergerichtlichen Klärung des Sachverhalts. Der aus dem Gutachten vom 20.07.2018 zu entnehmende Gutachtensauftrag lässt eine unmittelbare Prozessbezogenheit nicht erkennen, als es hiernach um die zu klärende Frage ging, ob und wenn ja auf welche Art und Weise und mit welchen Folgen Herr … (der Kläger) vermeidbar anlässlich seiner Behandlung in ab dem 19.12.2016 iatrogen geschädigt wurde.

Eine Klageandrohung durch den Kläger erfolgte erst nach Vorliegen des Gutachtens mit dessen Übersendung an die Haftpflichtversicherer mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 07.08.2018 (Anlage K8; Bl. 128 AB Kl) (“Wird der Prozess gewünscht?“). Zu diesem Zeitpunkt waren die Gutachterkosten jedoch bereits entstanden. Es ist daher davon auszugehen, dass das Gutachten nicht in Hinblick auf einen konkreten – sich anbahnenden – Prozess in Auftrag gegeben wurde, als vielmehr dazu, zunächst außergerichtlich eine Schadensfeststellung zu treffen und die eigene Position in möglichen außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen mit den Haftpflichtversicherern zu stärken. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass nach ihrer Erfahrung mit einer außergerichtlichen Regulierung von Arzthaftungsansprüchen durch den Haftpflichtversicherer recht zu rechnen (gewesen) sei, steht diesem bereits der langwierige Schriftverkehr zwischen den Bevollmächtigten des Klägers und den Haftpflichtversicherern – vorgelegt mit Anlage K4 bis K28 für den Zeitraum von Januar 2018 bis November 2019 – entgegen.

Unerheblich für eine unmittelbare Prozessbezogenheit des Gutachtens vom 20.07.2018 ist die von dem Klägervertreter vorgelegte Prozessführungsvollmacht vom 23.10.2017, da diese hinsichtlich der Parteien bereits kein konkretisiertes Rechtsverhältnis aufführt. Zudem steht einem zu diesem Zeitpunkt sich bereits konkret abzeichnenden Prozess wiederum entgegen, dass bis zum 22.06.2020 mit der Erhebung einer Klage abgewartet und statt dessen ein intensiver außergerichtlicher Schriftverkehr erfolgte. Ein Rechtsstreit stand also zum 20.07.2018 keinesfalls ganz konkret im Raum, sollte vielmehr eher sogar durch die Einschaltung der Haftpflichtversicherungen vermieden werden (s.a. OLG Köln, Beschluss vom 22.08.2016 – 17 W 24/16)

2. Hingegen sind die Kosten des weiteren vorgerichtlichen fachärztlichen Gutachtens des Herrn Prof. Dr. … vom 24.04.2019 gemäß dessen Kostenrechnung vom 24.04.2019 (Anlage 1b, Bl. 376 d. A.) von 2.868,48 Euro entsprechend der Anmeldung des Klägers im Rahmen des Kostenausgleichs zu berücksichtigen. Diese Kosten sind als notwendige Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig.

a) Vorliegend ergibt sich die nach den oben genannten Grundsätzen die erforderliche unmittelbare Prozessbezogenheit dieser dem Kläger entstandenen Kosten daraus, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens am 24.04.2019 der Bevollmächtigte des Klägers gegenüber den Haftpflichtversicherern der Beklagten bereits mehrfach einen Prozess zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen angedroht hatte (s. Scheiben vom 07.08.2028 – Anlage K8, vom 03.12.2018 – Anlage K10, vom 16.04.2019 – Anlage K18/K19).

Der BGH hat in seiner Rechtsprechung in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehende vorgerichtliche Privatgutachterkosten für den Fall bejaht, dass das Sachverständigengutachten von dem an der Rechtmäßigkeit des Schadensersatzbegehrens zweifelnden Haftpflichtversicherer erst zu einem Zeitpunkt in Auftrag gegeben worden ist, zu dem die Klage bereits angedroht werden war. Bei einer konkreten Klageandrohung kann die Beauftragung eines Privatsachverständigen und der damit verbundene Kostenaufwand nicht den allgemeinen Betriebskosten zugerechnet werden, die grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind. Vielmehr liegt in einem solchen Fall auf der Hand, dass das Privatgutachten nicht nur einer etwaigen außergerichtlichen Schadensfeststellung dienen, sondern auch die Position des Auftraggebers in dem ihm angedrohten Rechtsstreit stützen sollte. Die Erstattungsfähigkeit hat er zudem auch in einem Fall bejaht, in dem das Sachverständigengutachten zwar schon vor Klageandrohung in Auftrag gegeben worden war, jedoch erst nach Klageandrohung erstellt wurde. Auch das kann zur Bejahung unmittelbarer Prozessbezogenheit genügen. Es macht in der Regel keinen Unterschied, ob der Sachverständige das Gutachten aufgrund eines ihm nach Klageandrohung erteilten Auftrages erstellt oder aufgrund eines zum Zeitpunkt der Klageandrohung fortbestehenden Auftrages. Denn spätestens mit der Klageandrohung wird die für die Vorbereitung der Rechtsverteidigung im anstehenden Prozess maßgebende Erstellung des Sachverständigengutachtens zu einer unmittelbar prozessbezogenen Tätigkeit. Eine ausschließliche Ausrichtung des ursprünglichen Gutachtenauftrags auf den konkreten Prozess ist dagegen nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 04.03.2008 – VI ZB 72/06).

b) Die für die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten weiter erforderliche Sachdienlichkeit der Hinzuziehung eines Privatsachverständigen ist ebenfalls zu bejahen. Für die Beurteilung ist darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme – ex ante – als sachdienlich ansehen durfte. Sachdienlich ist die Hinzuziehung insbesondere dann, wenn die Partei ohne die Einholung des Privatgutachtens infolge fehlender Sachkenntnis zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage wäre (u.a. OLG Köln, Beschluss vom 21.07.2021 – I-17 W 51/20). Hiervon ist vorliegend bei dem Kläger als medizinischen Laien hinsichtlich der Beurteilung der ärztlichen Behandlung der Beklagten und möglicher Verletzungen des fachärztlichen Standards auszugehen. Auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten im zivilrechtlichen Arzthaftungsprozess mit geringen Substantiierungsanforderungen an den Geschädigtenvortrag und der gesteigerten Aufklärungspflicht durch das Gericht (s.u.a. BGH, Beschluss vom 12.03.2019 – VI ZR 278/18 -, NJW 2019, 2399 Rn. 8, 9, beck-online) handelt es sich um einen Zivilprozess. Zur sachgerechten Vorbereitung und Darlegung im Prozess – insbesondere bei sich vorprozessual wie vorliegend bereits abzeichnende Einwendungen der Beklagten gegen die fachmedizinische Bewertung – kann sich der Kläger der Inanspruchnahme gutachterlicher Expertise bedienen. Hierzu kann er auch nicht auf die kostenfreie Möglichkeit der – regelmäßig auf eine außergerichtliche Streitbeilegung gerichtete – Begutachtung durch den MDK oder einer Schlichtungsstelle verwiesen werden.

3. Danach ergibt sich unter Einbeziehung der klägerseits geltend gemachten Kosten für das Gutachten vom 24.04.2019 in Höhe von 2.868,48 Euro in die Berechnung der Rechtspflegerin zur Kostenfestsetzung im Beschluss vom 28.06./14.07.2022 ein von dem Kläger an die Beklagten zu 2) bis 5) zu erstattender Betrag von 4.633,30 Euro.


III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, Abs. 2 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da hierfür die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht gegeben sind. Die Grundsätze zur Erstattungsfähigkeit von Kosten für Privatgutachten sind höchstrichterlich hinreichend geklärt. Die Frage der unmittelbaren Beziehung zu einem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit ist eine Frage des Einzelfalls und gebietet die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht.

AxRechtsanwälte – TiefbauRecht und HochbauRecht

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Von der Redaktion HochbauRecht: Basiswissen Baurecht – und mehr

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