Ax Vergaberecht

Ax Projects: Öffentliche Auftraggeber sollten ihre Beschaffungsprozesse offen für Innovation gestalten

Ax Projects: Öffentliche Auftraggeber sollten ihre Beschaffungsprozesse offen für Innovation gestalten

von Thomas Ax

Start-ups haben ein enormes Innovationspotenzial, gerade auch im Hinblick auf Digitalisierungslösungen. Dennoch erzielen deutsche Start-ups nur circa 4,7 Prozent ihrer Gesamtumsätze durch Geschäftsbeziehungen mit öffentlichen Auftraggebern. Um in Vergabeverfahren eine möglichst breite Angebotspalette zu erhalten, die auch Angebote von Start-ups umfasst, ist es daher wichtig, dass die Öffentlichen Auftraggeber die ihnen im Rahmen des Vergaberechts zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sinnvoll nutzen.

Was sind Innovationen?

Worin besteht die Herausforderung ihrer Beschaffung?

Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen soll auch das strategische Ziel der Innovation beachtet werden. Das bedeutet zum Beispiel, dass innovative Eigenschaften im Rahmen der Zuschlagskriterien bewertet werden können. Außerdem können innovationsbezogene Belange als besondere Ausführungsbedingungen festgelegt werden.

Dabei gilt als Innovation nicht nur eine neue Technologie wie Künstliche Intelligenz oder autonom fahrende Autos oder Ähnliches. Der Begriff „Innovation“ ist wesentlich umfassender. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) definiert ihn wie folgt:

„Eine Innovation ist die Einführung eines neuen oder signifikant verbesserten Produkts (oder auch einer Dienstleistung), eines neuen Prozesses oder einer neuen Marketing- oder Organisationsmethode in die Geschäftspraxis, die Arbeitsabläufe oder die externen Beziehungen.“

Die Beschaffung von Innovationen ist eine Herausforderung für öffentliche Auftraggeber, da auch hier wie bei allen Beschaffungen das Vergaberecht anzuwenden ist, insbesondere unter Beachtung der Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Wirtschaftlichkeit.

Das Vergaberecht ist nicht anwendbar, sofern eine gesetzlich normierte Ausnahme vorliegt. So könnte die Beschaffung von Innovationen vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen sein, wenn es sich um reine Dienstleistungen im Bereich Forschung und Entwicklung (im Folgenden F & E) handelt und der Vertrag keine Übertragung des uneingeschränkten Eigentums beziehungsweise des ausschließlichen Nutzungsrechts an sämtlichen Arbeitsergebnissen an den Auftraggeber vorsieht oder wenn der Auftraggeber die Leistung nicht vollständig vergütet.

Fällt der F & E-Auftrag tatsächlich nicht in den Anwendungsbereich des EU-Vergaberechts, gelten dennoch die allgemeinen Grundsätze (Wettbewerb, Wirtschaftlichkeit, Transparenz und Gleichbehandlung). Eine Direktvergabe ist nur ausnahmsweise möglich und muss gut begründet werden. Als Verfahren kommt gerade bei größeren Projekten dann das Pre-Commercial-Procurement (PCP, deutsch: Vorkommerzielle Auftragsvergabe) in Betracht. Das PCP ist ein spezifisches, durch die EU-Kommission entwickeltes Beschaffungsinstrument für F&E-Leistungen. Es sieht die Entwicklung von Lösungen in Phasen und in Konkurrenz zu anderen Lösungen vor. Das PCP ist klar von einer möglichen späteren Beschaffung der entwickelten Lösung getrennt.

Für die Auswahl der Teilnehmenden am PCP orientiert sich die EU-Kommission an den aus den Vergaberichtlinien bekannten Verfahrensarten und schlägt die Durchführung eines einstufigen Verfahrens vor, das dem offenen Verfahren entspricht.

Welche Verfahrensarten kommen für innovative Leistungen in Betracht?

Im nationalen Bereich kommt für innovative Leistungen nur die Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb in Betracht, die vom Ablauf her dem EU-weiten Verhandlungsverfahren entspricht. Im EU-weiten Bereich gibt es neben dem Verhandlungsverfahren auch noch den wettbewerblichen Dialog und die Innovationspartnerschaft.

Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb

Unter bestimmten Voraussetzungen ist im Bereich unterhalb der Schwellenwerte eine Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb möglich. So darf die Verhandlungsvergabe immer gewählt werden, wenn bestimmte Wertgrenzen unterschritten sind.

Daneben gelten die in § 8 Abs. 4 UVgO genannten Voraussetzungen, die denen der VgV weitestgehend entsprechen. Die Entscheidung für oder gegen die Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs steht im Ermessen des Auftraggebers und muss begründet werden. Entscheidet man sich gegen den Teilnahmewettbewerb, sind im Vorfeld mindestens drei geeignete Dienstleister zu ermitteln, die dann direkt zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

Vorgaben zur Auswahl der Bieter gibt es in der UVgO nur insofern, als dass zwischen den aufgeforderten Unternehmen gewechselt werden soll. Grundsätzlich ist der Auftraggeber angehalten, bei der Auswahl der Teilnehmenden nach sachgerechten Gesichtspunkten vorzugehen und willkürliche Ungleichbehandlungen zu unterlassen.

Wie ermittelt der Auftraggeber die Unternehmen, die er auffordern möchte?

Der Auftraggeber ermittelt im Vorfeld eines Vergabeverfahrens im Rahmen einer Markterkundung seinen konkreten Beschaffungsbedarf. In diesem Zusammenhang ermittelt er auch die infrage kommenden Bieter und tritt mit ihnen in Kontakt.

Eine Kontaktsperre gibt es erst und nur, wenn ein Vergabeverfahren eingeleitet worden ist.

Während dieses Markterkundungsprozesses kann sich der Auftraggeber auch schon geeignete Eignungsnachweise vorlegen lassen, da er nur geeignete Unternehmen auffordern darf.

Verhandlungsverfahren

Das EU-weite Verhandlungsverfahren wird in § 119 Abs. 5 GWB definiert, § 17 VgV beschreibt den Ablauf.

In der Regel wird ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb durchgeführt.

Beim Teilnahmewettbewerb haben EU-weit alle interessierten Unternehmen die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Der Angebotswettbewerb findet nur zwischen den geeigneten Bietern statt, die zur Abgabe eines Erstangebots aufgefordert werden. Beim Verhandlungsverfahren ist, wie der Name sagt, verhandeln ausdrücklich erlaubt. Zu empfehlen ist, als erstes Angebot ein „indikatives“, das heißt noch nicht verbindliches, Angebot zu verlangen und Mindestanforderungen an die Leistung erst nach der ersten Verhandlungsrunde „scharf“ zu stellen, um einen möglichst breiten Wettbewerb zu ermöglichen.

Dieses Verfahren ist nur möglich, sofern es nach § 14 Abs. 3 VgV erlaubt ist.

Beim Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb erfolgt keine EU-weite Aufforderung zur Abgabe von Teilnahmeanträgen. Hier wendet sich der Auftraggeber direkt an in der Regel mindestens drei Unternehmen, um sie zur Abgabe von Erstangeboten aufzufordern. Hierbei wird der Wettbewerb stark beschränkt, so dass dieses Verfahren nur in den streng normierten Ausnahmefällen des § 14 Abs. 4 VgV zulässig ist.

Gerade bei der Beschaffung innovativer Leistungen könnte dieses Verfahren wegen Vorliegens eines Alleinstellungsmerkmals in geeigneten Fällen in Betracht kommen.

„UNIQUE SELLING PROPOSITION“ (USP) UND AUSSCHLIESSLICHKEITS-RECHTE GEMÄSS § 14 ABS. 4 NR. 2 VGV

Auch technische Aspekte können begründen, warum ein Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht werden kann. Ein besonders diskutierter Fall ist die Kompatibilität von Alt- und Neusystemen vor dem Hintergrund der Systemsicherheit und dem Umstellungsaufwand. Neben solchen technischen Besonderheiten können auch rechtliche Gründe einen USP begründen. Dies ist insbesondere bei Patent- und Urheberrechten (zum Beispiel eingetragenen Warenzeichen, Vertriebslizenzen, gewerblichen Schutzrechten) der Fall. Auch Eigentum und ähnliche Positionen an Grundstücken fallen hierunter.

Der Auftraggeber ist verpflichtet nachzuweisen, dass tatsächlich nur ein Unternehmen infrage kommt. Voraussetzung dafür ist in der Regel eine Markterkundung, die unter anderem darlegt, dass es keine vernünftigen Alternativen gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht durch künstliche Einschränkungen der Auftragsparameter entstanden ist.

Innovationspartnerschaft

Die Innovationspartnerschaft scheint schon dem Namen nach besonders für die Beteiligung von Start-ups geeignet zu sein. Allerdings ist zu beachten, dass dieses Verfahren sehr komplex ist und sich deshalb nur für größere Projekte anbietet. Dabei wird in Kooperation mit dem öffentlichen Auftraggeber eine innovative Lösung für den Beschaffungsbedarf entwickelt. Sowohl Auftraggeber als auch Bieter haben dadurch die Möglichkeit, genau aufeinander abgestimmte Produkte zu entwickeln und an der Fortentwicklung und Gestaltung von Lösungsansätzen mitzuwirken. Die Innovationspartnerschaft beginnt wie beim nicht offenen Verfahren mit einem EU-weiten Teilnahmewettbewerb. Die geeigneten Unternehmen werden zur Angebotsabgabe aufgefordert. Die Innovationspartnerschaft wird durch Zuschlag auf eines oder mehrere Angebote beendet. Der Zuschlag darf dabei nicht allein aufgrund des niedrigsten Preises ergehen.

Die spätere Innovationspartnerschaft teilt sich in eine F&E-Phase, in der die Leistung hergestellt und entwickelt wird, sowie eine Leistungsphase, in der die Leistung tatsächlich erbracht wird. Der Auftraggeber ist zum Erwerb dieser Leistung nur dann verpflichtet, wenn sie das festgelegte Leistungsniveau erfüllt und die Kostenobergrenze einhält.

Wettbewerblicher Dialog

Der wettbewerbliche Dialog ist unter den gleichen Voraussetzungen zulässig wie das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb. Diese Verfahrensart eignet sich, um Leistungen zu beschaffen, deren finale Ausgestaltung nach den Bedürfnissen des Auftraggebers im Dialog mit den Bietern entwickelt wird. Der wettbewerbliche Dialog ist in drei Phasen untergliedert: die Auswahl-, Dialog- und Angebotsphase. In der Auswahlphase bestimmt der Auftraggeber seinen Beschaffungsbedarf sowie seine Eignungs- und Zuschlagskriterien. Im Rahmen eines EU-weiten Teilnahmewettbewerbs analog des Verhandlungsverfahrens können sich Unternehmen bewerben. Auf Grundlage dieser Bewerbungen wählt der Auftraggeber mindestens drei geeignete Unternehmen aus, die sich an der Dialogphase beteiligen können. Diese gestaltet der Auftraggeber weitgehend frei, allerdings muss sie der Ermittlung und Festlegung des Beschaffungsgegenstands dienen und die Gebote der Gleichbehandlung und Vertraulichkeit müssen gewahrt werden. Der Dialog kann in einer Phase oder mehrphasig gestaltet werden. Der Auftraggeber informiert die Dialogteilnehmer über den Abschluss der Dialogphase, wenn er die Lösungen für seinen Beschaffungsbedarf ermittelt hat. Die verbliebenen Dialogteilnehmer werden zur Angebotsabgabe aufgefordert und auf eines der Angebote wird der Zuschlag erteilt.

Wie kann Start-ups und kleinen und mittleren Unternehmen die Teilnahme an Vergabeverfahren erleichtert werden?

Öffentliche Aufträge übersteigen oft die Kapazitäten von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Start-ups. Das Vergaberecht bietet dem Auftraggeber jedoch Instrumente, um die Beteiligung für diese Unternehmen zu erleichtern. So definiert § 97 Abs. 4 GWB als einen Grundsatz, dass mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen sind und fordert die Aufteilung von Aufträgen in Lose. Des Weiteren kann der Auftraggeber Nebenangebote zulassen. Außerdem kann er die Eignungsanforderungen möglichst Start-up-freundlich gestalten.

Wie kann die Leistung sinnvoll zugeschnitten werden?

Öffentliche Auftraggeber sind grundsätzlich verpflichtet, ihren Beschaffungsbedarf – sofern für eine Gesamtvergabe keine technischen oder wirtschaftlichen Gründe gegeben sind – auf mehrere Lose aufzuteilen.

■ Teillose beschreiben dabei die quantitative Aufteilung eines qualitativ gleichartigen Gesamtauftrags.

■ Fachlose werden hingegen qualitativ nach Art oder Fachgebiet aufgeteilt.

Eine Gesamtvergabe ist nur ausnahmsweise gestattet, sofern technische oder wirtschaftliche Gründe dies erfordern. Dagegen können sich potenzielle Bieter im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens wehren. Allerdings haben Bieter keinen unbedingten Anspruch auf eine Losaufteilung, sondern lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Prüfung durch den Auftraggeber.

Was sind Nebenangebote und kommt man damit sicher zu lösungsoffenen Ergebnissen?

Ein Nebenangebot ist ein Angebot eines Bieters, dessen Inhalt von der Leistungsbeschreibung und / oder von den Vertragsbedingungen abweicht.

Grundsätzlich sind Nebenangebote im Vergabeverfahren nur zulässig, wenn der Auftraggeber sie ausdrücklich in der Bekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung zulässt. Im Unterschwellenbereich können Nebenangebote auch noch in den Vergabeunterlagen zugelassen werden. Die gesetzlichen Regeln zu Nebenangeboten finden sich in § 35 VgV, § 33 SektVO und § 25 UVgO.

Lässt der Auftraggeber Nebenangebote zu, muss er in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festlegen,

■ welche Mindestanforderungen an die Nebenangebote gestellt werden,

■ in welcher Art und Weise Nebenangebote einzureichen sind

■ und welche Zuschlagskriterien gelten; diese müssen die gleichen sein wie für Hauptangebote.

Worauf muss bei den Eignungsanforderungen geachtet werden?

Öffentliche Aufträge dürfen nur an „geeignete Unternehmen“ vergeben werden. Bei den Eignungsanforderungen handelt es sich um unternehmensbezogene Kriterien. Sie müssen in der Bekanntmachung festgeschrieben werden. Zudem muss dargelegt werden, welche Angaben der öffentliche Auftraggeber für ihren Nachweis fordert.

Gerade für Start-ups stellen die Eignungskriterien oft nicht erfüllbare Voraussetzungen dar. Insbesondere der Nachweis von vergleichbaren Referenzaufträgen oder langjähriger Erfahrung fällt jungen Unternehmen schwer. Genauso problematisch sind Anforderungen an den jährlichen Umsatz der letzten drei Geschäftsjahre oder der Nachweis von speziellen Zertifikaten. Die folgende Abbildung fasst die gesetzlichen Vorgaben zu Eignungskriterien zusammen.

Eignungsanforderungen, deren Erfüllung KMU und Start-ups oft Schwierigkeiten bereiten, sind:

■ Der Auftraggeber darf einen bestimmten Mindestjahresumsatz der Höhe nach fordern. Dieser darf das Zweifache des geschätzten Auftragswerts in der Regel nicht überschreiten, eine Abweichung hiervon muss der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen begründen.

■ Der Auftraggeber darf Umsatzzahlen nur für die letzten drei Geschäftsjahre verlangen, allerdings mit der weiteren Einschränkung „sofern entsprechende Angaben verfügbar sind“. Im Einklang mit der zugrundeliegenden europäischen Richtlinie ist Unternehmen demnach die Möglichkeit zu geben, Nachweise nur für den Zeitraum seit ihrer Gründung oder ihrer Teilnahme am Wirtschaftsleben vorzulegen.

■ Der Auftraggeber darf Referenzen aus den letzten drei Jahren fordern. Im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich sowie bei Bauleistungen sind es fünf Jahre. Zu beachten ist, dass jeweils vergleichbare Referenzen eingereicht werden müssen. Sollte der Auftraggeber bestimmte Mindestanforderungen an die Anzahl der Referenzen, an die Vergleichbarkeit oder die zu tätigenden Angaben festlegen, sollten diese so gewählt werden, dass sie den Wettbewerb nicht unnötig einschränken.

Welche Anforderungen sind bei der Beschreibung der Leistung zu beachten? 

Nach ständiger Rechtsprechung ist der öffentliche Auftraggeber bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitgehend frei. Dem  Auftraggeber steht mithin in Ausübung seiner Beschaffungsautonomie ein weitreichendes Leistungsbestimmungsrecht zu.

Zur Einhaltung der vergaberechtlichen Vorgaben ist entscheidend und ausreichend, dass

■ die Bestimmung der Leistung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist,

■ vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare, objektive, auftragsbezogene und tatsächlich vorhandene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung der Leistung folglich willkürfrei getroffen wurde sowie

■ die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.

Keine Leistungsbestimmung ohne Markterkundung?

Die Markterkundung soll dem Auftraggeber einen Überblick darüber verschaffen, welche Leistungen der Markt zu bieten hat. Hat der Auftraggeber keine eigene Marktkenntnis, ist er verpflichtet, eine Markterkundung durchzuführen. Die Markterkundung stellt somit die Vorbereitung des Vergabeverfahrens dar. Verfügt der Auftraggeber nicht über die notwendigen Kapazitäten, um eine Markterkundung durchführen zu können, muss er gegebenenfalls externe Hilfe hinzuziehen.

Die Markterkundung kann auf vielfältige Weise durchgeführt werden und ist einzelfallabhängig. Letztlich sind drei Dinge dabei zu beachten: Zuerst muss der Auftraggeber bei der direkten Ansprache von Marktteilnehmern deutlich darauf hinweisen, dass es sich um eine bloße Markterkundung und noch nicht um das Vergabeverfahren handelt. Weiter darf die Ansprache nicht wettbewerbsverzerrend sein, was unter anderem dann der Fall wäre, wenn durch die Ansprache ein Informationsvorteil bezüglich der kommenden Ausschreibung entstünde. Zuletzt müssen – wie auch im eigentlichen Vergabeverfahren – die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung gewahrt werden.

Wie kann die Leistung zielführend und vergaberechtskonform beschrieben werden?

Die Leistungsbeschreibung ist das wesentlichste Element der Vergabeunterlagen und beschreibt den Gegenstand der Ausschreibung. Dies soll sicherstellen, dass die Angebote vergleichbar sind und die spätere Vertragserfüllung und Abrechnung reibungslos verlaufen.

Aufgrund des Grundsatzes der Produktneutralität darf die Leistungsbeschreibung nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf gewerbliche Schutzrechte, Typen oder einen bestimmten Ursprung verweisen, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Hiervon darf nur abgewichen werden, wenn dies durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist. Ein Interesse an Systemsicherheit, die eine wesentliche Verringerung von Risikopotenzialen bewirkt, könnte ein solches Abweichen rechtfertigen. Wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und verständlich beschrieben werden kann, darf ausnahmsweise auch vom Grundsatz der Produktneutralität abgewichen werden, jedoch nur unter dem Hinweis „oder gleichwertig“.

Gerade bei innovativen Leistungen wird es in der Regel nicht möglich sein, die Leistung wie bei einer Bauleistung mittels Leistungsverzeichnis zu beschreiben. In diesen Fällen kann der Auftraggeber auch eine sogenannte funktionale Leistungsbeschreibung erstellen. Im Gegensatz zur regulären Leistungsbeschreibung enthält die funktionale Leistungsbeschreibung keine detaillierte Aufzählung von Leistungspositionen und -preisen. Der Auftraggeber gibt nur das Ziel der Beschaffung und essenzielle Eigenschaften der Leistung vor. Der Bieter hat in diesem Rahmen die Freiheit, den Lösungsweg auszugestalten.

Ax Projects: Spezialisiert in der Dokumentation von Markterkundungsmaßnahmen

Ax Projects: Spezialisiert in der Dokumentation von Markterkundungsmaßnahmen

von Thomas Ax

Eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation in der Vergabeakte ist unerlässlich für ein erfolgreiches Vergabeverfahren und bietet auch eine Selbstkontrollmöglichkeit für den öAG. Im Vergabevermerk müssen auch die Vorbereitungsmaßnahmen hinreichend dokumentiert werden. Dies gilt insb. für Maßnahmen/Entscheidungen, die die Weichen für das anschließende Vergabeverfahren gestellt haben (z.B. Maßnahmen zur Schätzung des Auftragswertes, Maßnahmen, die Einfluss auf die Entscheidung über die Vergabeverfahrensart oder Losaufteilung haben). Die zuständige Vergabestelle kann ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren nur rechtssicher durchführen, wenn sie Kenntnis darüber hat, ob und in welchem Maße bereits seitens des Bedarfsträgers Markterkundungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Die zuvor genannten Maßnahmen sind deshalb sämtlich vom öAG zu dokumentieren und sollten immer die folgenden Informationen beinhalten:

  • Art der Markterkundungsmaßnahme,
  • daraus gezogene Erkenntnisse und sofern individueller Informationsaustausch stattgefunden hat,
  • Kontaktdaten des Unternehmens/der Unternehmen,
  • Auflistung, welche Informationen dem/den beteiligten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden/wurden sowie
  • ggf. aus dem Informationsaustausch resultierende Produkte.

Darüber hinaus können Inhalt und Tiefe der Dokumentation im Einzelfall mit dem Vertragsreferat der zuständigen Vergabestelle abgestimmt werden.

Beispiel:
Grundsätzlich sind Leistungen produktneutral zu beschreiben, mithin verbietet es sich, in der Vorbereitungsphase die Bedarfs-/Leistungsbeschreibung auf ein bestimmtes Produkt zuzuschneiden. Wird von diesem Grundsatz abgewichen, ist dies sachlich zu begründen (Rechtfertigung von Produktvorgaben). Diese Begründung ist in einem angemessenen Umfang zu dokumentieren, so dass sie auch im Vergabeverfahren nachvollzogen werden kann.

Ax Projects: Sichere Handhabung eines bei der Vorbereitung von Vergabeverfahren vergaberechtlich relevanten Informationsaustauschs

Ax Projects: Sichere Handhabung eines bei der Vorbereitung von Vergabeverfahren vergaberechtlich relevanten Informationsaustauschs

von Thomas Ax

Sofern bei der Vorbereitung von Vergabeverfahren vergaberechtlich relevanter Informationsaustausch stattgefunden hat oder vertragliche Leistungen beauftragt wurden, ist sicherzustellen, dass in der folgenden Phase (Realisierungsphase: Durchführung des Vergabeverfahrens) der Wettbewerb durch die vorherige Zusammenarbeit nicht verfälscht wird.

1. Potenzielle Wettbewerbsverzerrung infolge des Projektantenstatus

Als Projektant gilt ein „vorbefasstes Unternehmen“. Vorbefasst ist, wer auf Grund einer vorhergehenden Beratung des öAG oder auf andere Art und Weise an der Vorbereitung eines Vergabeverfahrens beteiligt war.

Üblich, jedoch nicht zwingend, ist, dass die Vorbereitungshandlung auf vertraglicher Basis erfolgt ist.

Unproblematisch ist dies mit Blick auf das spätere Vergabeverfahren dann, wenn das unterstützende Unternehmen die Leistung, deren Einkauf es beratend unterstützen soll, nicht selbst am Markt anbietet bzw. anbieten möchte. In der Regel ist jedoch der benötigte qualifizierte Sachverstand gerade bei solchen Unternehmen vorhanden, die die Leistung auch selbst anbieten.

Die Teilnahme eines Unternehmens am Vergabeverfahren, welches den Auftraggeber bereits in dessen Vorfeld beraten oder unterstützt hat, kann jedoch zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung führen. Grund hierfür ist, dass ein solches Unternehmen in der Regel die an die ausgeschriebene Leistung gestellten Anforderungen besser beurteilen und sein Angebot deshalb leichter an die Bedürfnisse des Auftraggebers anpassen kann als andere, vorher unbeteiligte Unternehmen (Informationsvorsprung). Zudem kann es ggf. schneller anbieten (Zeitvorsprung). Ein Wettbewerbsvorteil kann ferner daraus resultieren, dass ein Projektant den Gegenstand und die Bedingungen des Auftrags mit Blick auf seine eigene spätere Bieterstellung beeinflusst hat (Bedarfsbestimmung).

Dabei ist nicht nur die Teilnahme am Vergabeverfahren des vorbefassten Unternehmens selbst entscheidend, sondern die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung kann sich auch bei rechtlichen, wirtschaftlichen oder personellen Verflechtungen zwischen einem Projektanten und einem am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen ergeben.

Gleichwohl ist die Teilnahme eines Projektanten am Vergabeverfahren nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) grundsätzlich zulässig. Ein genereller Ausschluss wäre unverhältnismäßig und damit gemeinschaftswidrig. Entscheidend ist daher, ob sich aus der Vorbefasstheit eines Unternehmens tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil ergibt bzw. ob dieser nicht durch geeignete Maßnahmen ausgeglichen werden kann (vgl. § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB). Dies ist von der zuständigen Vergabestelle zu prüfen.

2. Maßnahmen zur Vermeidung der Wettbewerbsverzerrung

Eine potentielle Ungleichbehandlung kann dadurch vermieden werden, dass durch den öAG angemessene Maßnahmen zum Informationsausgleich getroffen werden. Diese müssen geeignet sein, sicherzustellen, dass der spätere Wettbewerb durch die Teilnahme des vorbefassten Unternehmens nicht verzerrt wird. Maßnahmen zum Informationsausgleich umfassen insbesondere:

  • vor dem Beginn des Vergabeverfahrens: zeitnahe Transparentmachung aller relevanten Ergebnisse, Studien und Informationen, soweit der Veröffentlichung nicht der Vertraulichkeitsschutz und/oder besondere sicherheitsrelevante Gründe entgegenstehen;
  • bei Durchführung des Vergabeverfahrens: Unterrichtung der anderen am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen in Bezug auf die einschlägigen Informationen, die im Zusammenhang mit der Einbeziehung des vorbefassten Unternehmens in der Vorbereitung des Vergabeverfahrens ausgetauscht wurden oder daraus resultieren. Dies gilt nicht für Informationen, die dem Vertraulichkeitsschutz unterliegen und deshalb nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen.

Anhand der gefertigten Protokolle (insb. Anlagen 1 und 2), Dokumentationen, Ausschreibungsunterlagen etc. muss die Vergabestelle prüfen, ob eine Wettbewerbsverzerrung eingetreten ist und falls ja, welche Informationen im Vergabeverfahren bekannt zu geben sind (Vorteilsausgleich). Dabei ist ggf. zu beachten, dass nicht weitergabefähige, vertrauliche Hintergrundinformationen außen vor bleiben müssen.

Insbesondere folgende Maßnahmen stehen zum Vorteilsausgleich zur Verfügung:

  • Eindeutige, erschöpfende, produkt-/herstellerneutrale Leistungsbeschreibung,
  • Informationsgleichstand herstellen in Bezug auf (1) eigene Informationen des öAG und (2) „einschlägige“ Informationen, die im Rahmen einer Vorbefassung ausgetauscht wurden oder daraus resultieren (z.B. Konzeptstudien, Ergebnisberichte, Entwurfsplanung),
  • Aufnahme sämtlicher wettbewerbsrelevanter Informationen in die Vergabeunterlagen,
  • Ausgleich eines Zeitvorsprungs durch Bemessung ausreichender Fristen (z.B. für den Eingang der Angebote und Teilnahmeanträge),
  • U.U. Ortsbesichtigung für die Teilnehmer (Möglichkeit zur Besichtigung des Bezugsobjekts beim öAG) sowie
  • „Gutbuchen“ bestimmter Preisvorteile in der Angebotsauswertung zugunsten eines Wettbewerbsbenachteiligten (Einzelfallentscheidung).

3. Bieterausschluss

Nur falls im Einzelfall keine der genannten Maßnahmen einen bestehenden Wettbewerbsvorteil des vorbefassten Unternehmens ausgleichen kann, ist dieses Unternehmen zur Vermeidung einer Wettbewerbsverzerrung grds. vom Vergabeverfahren auszuschließen (vgl. § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB).

Vor dem Ausschluss muss die Vergabestelle dem vorbefassten Unternehmen die Gründe für den Ausschluss schriftlich mitteilen. Da der Ausschluss eines Bieters nur als „ultima ratio“ in Betracht kommt, muss dem möglicherweise auszuschließenden Unternehmen vor dem Ausschluss die Möglichkeit gegeben werden, nachzuweisen, dass eine Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens den Wettbewerb nicht verzerren kann bzw. konnte (§ 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB, § 5 Abs. 3 UVgO).

Ax Projects: spezialisiert auf Marktsymposia als innovatives Instrument der Markerkundung

Ax Projects: spezialisiert auf Marktsymposia als innovatives Instrument der Markerkundung

von Thomas Ax

Der Begriff des Marktsymposiums ist nicht feststehend; z.B. kann es sich dabei um eine vom öAG organisierte themengebundene Tagung mit Vorträgen und Diskussion handeln, die sowohl der Erkundung als auch Vorabinformation des Marktes dient. Ziel ist mithin zum einen, die Erlangung von Informationen der Industrie zur Vorbereitung, Planung und zur Erstellung der Bedarfsbeschreibung und zum anderen, das Bereitstellen erster Informationen über einzelne oder mehrere künftige/geplante Beschaffungsvorhaben. Das Format des Marktsymposiums bietet sich insbesondere bei komplexen Themen oder Aufgabenstellungen an und kann dabei dazu dienen, in transparenter Weise einen breiten, unmittelbaren Marktüberblick zu erlangen und die Fachexpertise der Wirtschaft bzw. Industrie sachgerecht einzubeziehen.

Hierzu werden alle in Frage kommenden Marktteilnehmer durch Bekanntgabe eingeladen (Veröffentlichung der Einladung zur Teilnahme). Informationen über Zweck, Ort und Zeit des Marktsymposiums müssen öffentlich zugänglich sein, damit allen potenziell interessierten Unternehmen der Zugang zu diesen Informationen eröffnet ist. Da das „Supplement“ des EU-Amtsblatts (ted.europa.eu) kein Formular für Veranstaltungen im Rahmen der Markterkundung, wie z.B. eines Symposiums vorsieht (kein Vordruck vorhanden), können andere Veröffentlichungswege (Internetseite des öAGs, Webseiten relevanter 

Verbände, und/oder über neutrale Dialog- und Informationsplattformen) genutzt werden. Sollte eine EU-weite Bekanntmachung gewollt sein, kann auch das Amt für amtliche Veröffentlichung der Europäischen Union mit einem entsprechend formulierten Anliegen kontaktiert werden.

Gegenseitige Informationsrechte und -pflichten bestehen bei einem Marktsymposium nicht. Bei der Durchführung von Marktsymposien sind Formblätter zu verwenden.

Wird das Marktsymposium dazu genutzt, der Industrie bereits erste Informationen über einzelne oder mehrere künftige/geplante Beschaffungsvorhaben zur Verfügung zu stellen, ist besonders strikt auf eine Gleichbehandlung aller potentiell relevanter Marktteilnehmer zu achten und zu dokumentieren. Je näher ein potentieller Start eines Vergabeverfahrens rückt, desto wichtiger ist es für den öAG alle von ihm bereitgestellten Informationen unmittelbar im Nachgang zum Symposium dem gesamten Markt transparent bekannt zu machen, damit die Teilnehmer nicht potentiell einen wettbewerbsverzerrenden Informationsvorsprung haben.

Die Veröffentlichung der Informationen sollte auf demselben Weg erfolgen, wie die Einladung zur Teilnahme am Symposium und sollte generell der Allgemeinheit öffentlich zur Verfügung stehen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass Unternehmen dem öAG im Rahmen eines Marktsymposiums auch erste indikative Preise vertraulich mitteilen. Diese Preisindikationen können vom öAG sodann auch im Rahmen einer etwaig parallel stattfindenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) genutzt werden.

Ax Projects: Das Interessenbekundungsverfahren als besondere Form der Markterkundung

Ax Projects: Das Interessenbekundungsverfahren als besondere Form der Markterkundung

von Thomas Ax

Das Interessenbekundungsverfahren (IBV) ist eine besondere Form der Markterkundung. Es kommt insb. bei der Planung neuer und der Überprüfung bestehender Maßnahmen oder Einrichtungen in Betracht.

Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 BHO ist in geeigneten Fällen privaten Anbietern die Möglichkeit zu geben, darzulegen, ob und inwieweit sie staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten ebenso gut oder besser erbringen können als der Staat selbst. Im Verfahren sollen Informationen zu den Fragen, ob, unter welchen Rahmenbedingungen und zu welchen Preisen die private Wirtschaft zur Erbringung einer solchen, bisher selbst erbrachten, Leistung bereit ist, eingeholt werden.

Ziel des IBVs ist es mithin festzustellen,

  • ob es überhaupt private Interessenten für die Übernahme konkreter staatlicher Aufgaben gibt (Erkundung eines Interessentenkreises),
  • welche Vorstellungen die Interessenten von der Art der Aufgabenerfüllung haben (Erkundung der Marktideen) und
  • zu welchem Preis (Ermittlung von Schätzpreisen) und unter welcher Risikoverteilung diese Leistung von Dritten übernommen werden könnte.


Das Verfahren selbst ist strikt von einem ggf. nachfolgenden Vergabeverfahren abzugrenzen. Für das IBV gelten die gesetzlichen Regeln des Vergabeverfahrens nicht, es kann ein Vergabeverfahren nicht ersetzen und es darf auch keine Vorfestlegung für ein späteres Vergabeverfahren ausgelöst werden. Es ist daher wenig formalisiert.

So wie keine Pflicht zur Vergabe besteht, sind die Teilnehmer auch nicht an ihre Interessenbekundung gebunden (Unverbindlichkeit). Es ermöglicht jedoch eine Erkundung des Marktes nach wettbewerblichen Grundsätzen (insb. Transparenz und Gleichbehandlung) und stellt eine dem tatsächlichen Bedarf gerecht werdende Vorbereitungsmaßnahme eines Vergabeverfahrens dar.

Um verwertbare und aussagekräftige Informationen aus einem Interessenbekundungsverfahren zu erhalten, kommt es entscheidend auf eine umfassende Information der privaten Anbieter an. Diese müssen über alle Daten verfügen, die sie für eine Kalkulation einer möglichen Interessenbekundung (Art „Budgetangebot“) benötigen. Zu diesen Informationen gehören die funktionale Bedarfsforderung (Leistungsbeschreibungen „light“) einschließlich einer Bedarfsprognose und die Rahmenbedingungen. Darüber hinaus sind den Interessenten die Kriterien mitzuteilen, die für die Entscheidung im IBV maßgeblich sind.

Die Ergebnisse werden regelmäßig bei der Durchführung einer WU verwendet. Stellt sich bei der WU heraus, dass eine private Lösung voraussichtlich genauso wirtschaftlich oder wirtschaftlicher als die Eigenleistung ist, besteht die Verpflichtung zur Durchführung eines Vergabeverfahrens.

Die Durchführung eines IBV im Rahmen oder Vorfeld einer WU ist jedoch nicht zwingend. Liegen die benötigten Informationen zur Durchführung der WU aus anderen Quellen vor, z.B. durch zuvor bereits durchgeführte Markterkundungsmaßnahmen wie etwa Marktsymposien, bedarf es keines weiteren IBV. In Anbetracht des allgemein geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist stets das für alle Parteien einfachste erfolgversprechende Mittel zur Ermittlung der notwendigen Informationen für die Durchführung der WU zu wählen. Um eine doppelte „Angebots”erstellung (einmal im Rahmen des IBV und dann im späteren Vergabeverfahren) zu vermeiden, könnte daher im Einzelfall die Informationsgewinnung im Rahmen sonstiger Marktsichtungsmaßnahmen verhältnismäßiger sein.

Nicht geeignet sind ferner Fälle, bei denen durch das IBV keine weiteren Erkenntnisse erwartet und lediglich vermeidbare Kosten beim Anbieter und Aufwendungen der öffentlichen Hand verursacht werden. Steht bei einem IBV nur die Ermittlung eines Schätzpreises im Vordergrund, ist wegen der Kosten des Verfahrens abzuwägen, ob andere Methoden zur Schätzpreisermittlung (z. B. Preisableitung von vergleichbaren Leistungen) wirtschaftlich sein können.

Preisaufklärung ist elektronisch durchzuführen

Preisaufklärung ist elektronisch durchzuführen

von Thomas Ax

Der öffentliche Auftraggeber darf den Zuschlag auf ein Angebot ablehnen, wenn er nach der Prüfung die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären kann.

Die Feststellung, dass ein Preis ungewöhnlich niedrig ist, kann sich aus dem Preis- und Kostenabstand zu den Konkurrenzangeboten ergeben, aus Erfahrungswerten des Auftraggebers oder aus dem Abstand zur Auftragswertschätzung.

Bei einem Preisabstand von 20% zum nächsthöheren Angebot ist der Auftraggeber in der Regel dazu verpflichtet, in eine nähere Prüfung der Preisbildung des fraglichen Angebots einzutreten. Im Bereich zwischen 10% und 20% kann eine Nachforschung im Ermessen des Auftraggebers liegen.

Die Aufklärung der Angemessenheit der Preise ist im Wege elektronischer Kommunikation durchzuführen. Eine mündliche Kommunikation ist nicht zulässig, soweit sie die Preisaufklärung betrifft.

Dem Bieter kann zur Aufklärung der Angemessenheit seiner Preise eine zumutbare Frist zur Beantwortung gesetzt werden. Die Zumutbarkeit der Frist richtet sich im Einzelfall einerseits nach dem Beschleunigungsgebot für das Vergabeverfahren, andererseits nach der Zeit, die der Bieter zur ordnungsgemäßen Beantwortung der Fragen benötigt.

Begründungsmängel können durch nachgeschobenen Vortrag im Nachprüfungsverfahren geheilt werden können, solange sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden

Begründungsmängel können durch nachgeschobenen Vortrag im Nachprüfungsverfahren geheilt werden können, solange sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden

von Thomas Ax

Soweit sich ein Antragsteller auch gegen eine mangelnde Transparenz der Wertungskriterien wendet, ist er nicht unbedingt nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ausgeschlossen, wenn die gerügte mangelnde Transparenz jedenfalls nicht für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter des angesprochenen Bieterkreises bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 03.04.2019 – VII Verg 49/18; Beschl. v. 26.07.2018 – VII Verg 23/18; Beschl. v. 28.03.2018 – VII Verg 54/17 und Beschl. v. 15.01.2020 – VII Verg 20/19, BeckRS 2020, 1327 Rn 37) erkennbar war. Denn die Erkennbarkeit muss sich sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen (Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 160 Rn 49). In Bezug auf die zu rügenden Vergaberechtsverstöße, welche sich aus den Vergabeunterlagen ergeben (§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB) ist für eine Präklusion mithin erforderlich, dass der Inhalt der Unterlagen bei laienhafter rechtlicher Bewertung, also ohne Bemühung besonderen Rechtsrats, auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Rechtsvorschriften, gegen die verstoßen wird, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise gehören (Senat, Beschl. v. 26.07.2018 – VII Verg 23/18; Beschl. v. 15.01.2020 – VII Verg 20/19, BeckRS 2020, 1327 Rn 37; OLG München, Beschl. v. 22.10.2015 – Verg 5/15). Daher genügt es nicht, wenn die gerügten Verstöße gegen das Transparenz- und Wirtschaftlichkeitsgebot bereits in der Leistungsbeschreibung angelegt waren (Senat, Beschl. v. 02.05.2018 – VII Verg 3/18), das gilt insbesondere, wenn nur vertiefte Rechtskenntnisse eine Beurteilung der Vergaberechtskonformität eines Bewertungssystems erlauben (vgl. Senat, Beschl. v. 29.04.2015, VII-Verg 35/14). Es kann dann gut sein, dass die mangelnde Transparenz nicht bereits anhand der Vergabeunterlagen erkennbar war, sondern erst im Zusammenhang mit der konkreten Wertung.

Bei der Bewertung, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt (§ 127 Abs. 1 S. 2 GWB), genießt der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der von den Nachprüfungsinstanzen nur dahin überprüfbar ist, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen, keine sachwidrigen Erwägungen für die Entscheidung herangezogen und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verstoßen wurde (Senat, Beschl. v. 16.10.2019 – VII Verg 6/19, NZBau 2020, 318).
Hat der öffentliche Auftraggeber für die Bewertung, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt (§ 127 Abs. 1 S. 2 GWB), auf ein Bewertungssystem mittels Noten abgestellt, so steht ihm auch insoweit ein Beurteilungsspielraum zu allerdings mit der Folge, dass seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen auch daraufhin überprüfbar sind, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden (BGH, Beschl. v. 04.04.2017 – X ZB 3/17, NZBau 2017, 366 [371] Rn. 53 – Postdienstleistungen).
Bei der Überprüfung, ob und inwieweit die Bewertung der Angebote dem vorgegebenen Benotungssystem entspricht, sind bei der Überprüfung von den Nachprüfungsinstanzen analog § 175 Abs. 2 i. V. m. § 71 Abs. 1 S. 3 GWB sämtliche in der Vergabedokumentation enthaltenen und der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers zugrundeliegenden Tatsachen, auch soweit diese wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit der Antragstellerin eines Nachprüfungsverfahrens nicht offenbart werden durften, zu berücksichtigen (Senat, Beschl. v. 16.10.2019 – VII Verg 6/19, NZBau 2020, 318).

Nach § 8 Abs. 1 S. 2 VgV ist der Auftraggeber verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren. Insbesondere dann, wenn er sich dafür, wie im Streitfall, eines überwiegend aus qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden, muss er seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Die Begründung muss alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen zu können. Bei Wertungsentscheidungen hat der öffentliche Auftraggeber darzulegen, nach welchen konkreten Gesichtspunkten die Bewertung erfolgt (BGH, Beschl. v. 04.04.2017 – X ZB 3/17, NZBau 2017, 366 Rn 53 – Postdienstleistungen; Senat, Beschl. v. 16.10.2019 – VII Verg 6/19, NZBau 2020, 318 Rn 63; Goede/Hänsel, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 8 VgV Rn 9 mwN.).
Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des OLG Düsseldorfs, dass Begründungsmängel durch nachgeschobenen Vortrag im Nachprüfungsverfahren geheilt werden können, solange sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden und nicht zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentationen nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten (BGH, Beschl. v. 08.02. 2011 – X ZB 4/10,  Rn. 73; Senat, Beschl. v. 21.10.2015 – VII-Verg 28/14; Senat, Beschl. v. 12.02.2014 – VII-Verg 29/13; Senat Beschl. v. 07.11.2012 – VII-Verg 24/12; OLG Celle, Beschl. v. 12.05.2016 – 13 Verg 10/15). Ein Nachschieben von Gründen ist demnach möglich, wenn die Vergabestelle ihre Erwägungen im Laufe des Nachprüfungsverfahrens lediglich ergänzt und präzisiert (Senat, Beschl. v. 10.02.2021 – VII Verg 23/20).
Nicht um ein Nachschieben von Gründen handelt es sich demgegenüber, wenn der öffentliche Auftraggeber eine neue Wertungsentscheidung trifft, mit welcher er nochmals aufgrund einer als berechtigt anerkannten Rüge aus eigenem Antrieb eine Neubewertung der Angebote insgesamt oder zumindest in Bezug auf einzelne Wertungskriterien vornimmt, wozu er in jedem Stadium des Verfahrens berechtigt ist (vgl. Senat, Beschl. v. 19.04.2017 – VII Verg 38/16; Dreher/Hoffmann, in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck’scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl., § 134 GWB Rn 46 f.).

Konzeptbewertung bedarf eingehender Dokumentation

Konzeptbewertung bedarf eingehender Dokumentation

von Thomas Ax

Die § 127 Abs.1 GWB, § 58 Abs. 1 VgV eröffnen dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung der Angebote einen von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Der Auftraggeber ist danach gehalten, den relevanten Sachverhalt bei der Bewertung zugrunde zu legen und das von ihm für die Bewertung vorgegebene Verfahren unter Berücksichtigung der vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 Abs. 1, 2 GWB einzuhalten, insbesondere die zu vergleichenden Angebote diskriminierungsfrei zu prüfen und zu bewerten. Um die Nachprüfbarkeit zu gewährleisten, bedarf es einer hinreichenden Dokumentation des Wertungsvorgangs, aus dem sich die Vorgehensweise und tragenden Gründe der Entscheidungen des Auftraggebers transparent nachvollziehen lassen, § 8 VgV.

Dass eine Bewertung durch ein Gremium nicht vorab in Auftragsbekanntmachung bzw. Vergabeunterlagen bekannt gemacht worden ist, ist vergaberechtlich unbedenklich. Denn eine vergaberechtliche Pflicht des öffentlichen Auftraggebers zu Veröffentlichung des konkreten Bewertungsgremiums, hier für die fachliche Konzeptbewertung durch den Bedarfsträger, gibt es nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2026, Rs. C-6/15; VK Bund, Beschluss vom 11. November 2020 – VK184/20). Nach § 127 Abs. 5 GWB müssen nur die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden; dies ist hier erfolgt. Erforderlich ist, dass die Bewertung hinreichend dokumentiert und diskriminierungsfrei gehandhabt wird.

Eine Dokumentation der von den einzelnen Gremiumsmitgliedern vor der gemeinsamen Beratung und Bewertung für sich erstellten Bewertungsbögen ist vergaberechtlich nicht geboten. § 8 Abs. 1 S. 1 VgV verlangt eine Dokumentation, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe erforderlich ist, insbesondere von internen Beratungen.

Auftrag Vergabe der Trägerschaft für Kindertageseinrichtungen Weidenberg

Auftrag Vergabe der Trägerschaft für Kindertageseinrichtungen Weidenberg

Der Markgemeinderat hat am 28.7. in seiner Sitzung die Beauftragung für die Durchführung der Ausschreibung für die Trägerschaft der Kindertageseinrichtungen des Marktes Weidenberg beschlossen. 

Los 1
Kindertageseinrichtung Weidenberg, In der Au 21 – Kindergarten
Vier Kindergartengruppen; Grundschülerbetreuung im Rahmen der Altersöffnung

Los 2
Kindertageseinrichtung Weidenberg, In der Au 21 – Kinderkrippe
Vier Krippengruppen, aktuell drei in Betrieb

Los 3
Kindertageseinrichtung Weidenberg, In der Au 22 – Kindergarten und Krippe
Zwei Kindergartengruppen, drei Krippengruppen; Grundschülerbetreuung im Rahmen der Altersöffnung

Los 4
Kindertageseinrichtung Weidenberg – Neunkirchen a. Main
Zwei Kindergartengruppen, zwei Krippengruppen; Grundschülerbetreuung im Rahmen der Altersöffnung

Die Gebäude befinden sich im Eigentum des Marktes Weidenberg. Alle Gebäude sind in einem guten – zum Teil neuen – Zustand. Personal sollte i. R. d. Übernahme der Trägerschaft übernommen werden. In diesem Zusammenhang wird auch ein Betreibervertrag/Defizitvertrag erarbeitet werden.

OLG Düsseldorf zu der Frage, dass, ob ein Auftrag aus technischen Gründen oder wegen des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann, entscheidend von der Festlegung des Auftragsgegenstands und der Bestimmung seiner technischen Spezifikationen abhängt

OLG Düsseldorf zu der Frage, dass, ob ein Auftrag aus technischen Gründen oder wegen des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann, entscheidend von der Festlegung des Auftragsgegenstands und der Bestimmung seiner technischen Spezifikationen abhängt

vorgestellt von Thomas Ax

Eine gesetzliche Gestattung, einen Auftrag ohne vorherige Bekanntmachung – im Sinne eines Aufrufs zum Wettbewerb – zu vergeben, besteht allein für das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb. Dessen Voraussetzungen sind – in Umsetzung des Art. 32 RL 2014/24/EU über die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung – für Lieferaufträge in § 119 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5, 2. Alt. GWB i.V.m. § 14 Abs. 4 VgV geregelt.

Gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 GWB stehen den öffentlichen Auftraggebern das offene und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach ihrer Wahl zu Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist. Gemäß § 119 Abs. 5, 2. Alt. GWB i.V.m. § 14 Abs. 4 VgV kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 VgV vergeben. Von den dort geregelten Fällen kommt hier allein § 14 Abs. 4 Nr. 2 b) VgV in Betracht. Danach kann (und muss, vgl. Hausmann / Kern in: Kulartz / Kus / Marx / Portz / Prieß, Kommentar zur VgV, § 14 Rn. 18) der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht werden kann, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist. Dies gilt gemäß § 14 Abs. 6 VgV indes nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.

Sämtliche Ausnahmen vom vorrangig durchzuführenden offenen oder nicht offenen Verfahren sind grundsätzlich eng auszulegen (Hausmann / Kern aaO Rn. 16 mwN). Dies gilt erst recht, wenn gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 2 b) VgV nur mit einem Unternehmen verhandelt werden soll, die Vergabe also nicht im Wettbewerb erfolgt. Die Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands trägt der öffentliche Auftraggeber. Hierbei sind stichhaltige Belege beizubringen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen ergibt (vgl. EUGH, Urteil v. 15.10.2009, C-275/08, Rn. 54 ff. mwN; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.12.2013, VII-Verg 24/13, juris Rn. 22 mwN; Hausmann / Kern aaO Rn. 16 mwN).

Die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb erfordert das – vom öffentlichen Auftraggeber darzulegende und ggf. zu beweisende – objektive Fehlen von Wettbewerb. Dies verdeutlicht der Erwägungsgrund 50 zu Art. 32 der RL 2014/24/EU, welchem die nationalen Vorschriften fast wortgleich nachgebildet sind:

Angesichts der negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb sollen Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsbekanntmachung nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen zur Anwendung kommen. Die Ausnahme sollte auf Fälle beschränkt bleiben, in denen eine Veröffentlichung entweder aus Gründen extremer Dringlichkeit wegen unvorhersehbarer und vom öffentlichen Auftraggeber nicht zu verantwortender Ereignisse nicht möglich ist oder in denen von Anfang an klar ist, dass eine Veröffentlichung nicht zu mehr Wettbewerb oder besseren Beschaffungsergebnissen führen würde, nicht zuletzt weil objektiv nur ein einziger Wirtschaftsteilnehmer in der Lage ist, den Auftrag auszuführen. Dies ist der Fall bei Kunstwerken, bei denen der einzigartige Charakter und Wert des Kunstgegenstandes selbst untrennbar an die Identität des Künstlers gebunden ist. Ausschließlichkeit kann auch aus anderen Gründen erwachsen, doch nur Situationen einer objektiven Ausschließlichkeit können den Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung rechtfertigen, sofern die Ausschließlichkeitssituation nicht durch den öffentlichen Auftraggeber selbst mit Blick auf das anstehende Vergabeverfahren herbeigeführt wurde.

Öffentliche Auftraggeber, die auf diese Ausnahme zurückgreifen, sollten begründen, warum es keine vernünftigen Alternativen oder keinen vernünftigen Ersatz gibt, wie die Nutzung alternativer Vertriebswege, einschließlich außerhalb des Mitgliedsstaats des öffentlichen Auftraggebers, oder die Erwägung funktionell vergleichbarer Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen.

Ist die Ausschließlichkeit auf technische Gründe zurückzuführen, so sollten diese im Einzelfall genau beschrieben und nachgewiesen werden. Als solche könnten beispielsweise angeführt werden, dass es für einen Wirtschaftsteilnehmer technisch nahezu unmöglich ist, die geforderte Leistung zu erbringen, oder dass es nötig ist, spezielles Wissen, spezielle Werkzeuge oder Hilfsmittel zu verwenden, die nur einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer zur Verfügung stehen. Technische Gründe können auch zurückzuführen sein auf konkrete Anforderungen an die Interoperabilität, die erfüllt sein müssen, um das Funktionieren der zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen zu gewährleisten (Erwägungsgrund 50 zu Art. 32 der RL 2014/24/EU).

Die Frage, ob ein Auftrag aus technischen Gründen oder wegen des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden kann, hängt entscheidend von der Festlegung des Auftragsgegenstands und der Bestimmung seiner technischen Spezifikationen ab. Legt sich der Auftraggeber auf bestimmte Funktionen, Merkmale oder Verfahren fest, kann es im Ergebnis sein, dass nur noch ein einziges Unternehmen in der Lage ist, den Auftrag zu erfüllen (Kulartz in: Kulartz / Kus / Marx / Portz / Prieß, Kommentar zur VgV, § 14 Rn. 43 f. mwN).

Bereits für die Vergabe eines Auftrags innerhalb eines wettbewerblichen Verfahrens ist anerkannt, dass die – dem Vergabeverfahren grundsätzlich vorgelagerte – Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers, ob und was beschafft werden soll, und damit auch die Frage, welche Anforderungen an die zu beschaffenden Leistungen gestellt werden dürfen, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der wettbewerbsoffenen Beschaffung vergaberechtlichen Grenzen unterliegt. Diese sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats gewahrt, sofern die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind, und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.09.2016, VII-Verg 13/16, juris Rn. 29-36; Beschluss v. 01.08.2012, VII-Verg 10/12, juris Rn. 40-45; Beschluss v. 27.6.2012, VII-Verg 7/12, juris Rn. 21 ff.).

Führt die Bestimmung des Auftragsgegenstands durch den öffentlichen Auftraggeber dazu, dass im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 2 a) oder b) VgV der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, greift das Korrektiv des § 14 Abs. 6 VgV ein, wonach die Voraussetzungen für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb, mithin eine Vergabe außerhalb des Wettbewerbs, nur dann gelten, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist. Die Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers unterliegt damit engeren vergaberechtlichen Grenzen als dies bei Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens der Fall ist. Eine Leistungsbestimmung, die im Falle des § 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV zu einem völligen Wettbewerbsverzicht führt, bedarf größerer Rechtfertigungstiefe als eine solche, die unter Aufrechterhaltung des Vergabewettbewerbs im Ergebnis (nur) zu einer hersteller- oder produktbezogenen Leistungsspezifikation gemäß § 31 Abs. 6 VgV führt (vgl. Kulartz aaO Rn. 46 mwN).

Oberlandesgericht Düsseldorf
Vergabesenat
Beschluss vom 12.07.2017
VII-Verg 13/17

Ax Vergaberecht
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.