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Effektive UVgO-Dienstleistungsverträge (1)

Effektive UVgO-Dienstleistungsverträge (1)

Vorzusehen ist eine Beendigung des Vertragsverhältnisses aus wichti[1]gem Grund. Wir schlagen die folgenden Regelungen vor:

„1. Der AG kann aus wichtigem Grund vom Vertrag zurücktreten oder den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Als Vorliegen eines wichtigen Grundes gelten für den AG insbesondere:

a) ein Verstoß des AN gegen eine gesetzliche oder vertragliche Datenschutzvorschrift

b) die schuldhafte Verletzung einer sonstigen wesentlichen Vertragspflicht durch den AN, sofern der AG den AN unter Setzung einer angemessenen Frist zur Beseitigung der Vertragsverletzung schriftlich aufgefordert hat

c) die Feststellung des AG nach Unterzeichnung der Vereinbarung, dass vom AN Änderung(en) oder Ergänzung(en) in den Unterlagen vorgenommen wurden

2. Als wichtiger Grund gelten auch Ausschlussgründe im Sinne des § 31 Abs. 1 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) i. V. m. §§ 123, 124 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), insbesondere: a) eine rechtskräftige Gerichts- oder bestandskräftige Verwaltungsentscheidung, die feststellt, dass der AN seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern, Abgaben oder Beiträgen zur Sozialversicherung nicht nachgekommen ist (§ 123 Abs. 4 Nr. 1 GWB). b) eine schwere Verfehlung des AN im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, durch die die Integrität des AN infrage gestellt wird. Dabei ist das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person dem AN zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des AN Verantwortlicher gehandelt hat; dazu gehört auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB). Der schweren Verfehlung stehen ähnliche Handlungen außerhalb redlicher geschäftlicher Gepflogenheiten gleich. c) eine schwerwiegende Täuschung des AN in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien oder die Zurückhaltung von Auskünften sowie das Unvermögen, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln (§ 124 Abs. 1 Nr. 8 GWB) d) die Abgabe von Angeboten, die auf wettbewerbsbeschränkenden Absprachen im Sinne von § 298 StGB beruhen, die Beteiligung an unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne des GWB, insbesondere eine Vereinbarung mit Dritten über die Abgabe oder Nichtabgabe von Angeboten, über zu fordernde Preise, über die Entrichtung einer Ausfallentschädigung (Gewinnbeteiligung oder sonstige Abgaben) und über die Festlegung von Preisempfehlungen e) die Ablehnung eines Insolvenzverfahrens beim AN mangels Masse, die Eröffnung eines Liquidationsverfahrens oder die Einstellung der Tätigkeit des AN.

3. Der AN hat dem AG alle Schäden zu ersetzen, die unmittelbar oder mittelbar durch die Kündigung aus wichtigem Grund entstehen. Sofern der AG keinen höheren Schaden nachweist, hat der AN an den AG eine Schadensersatzpauschale in Höhe von 5 % der Brutto-Gesamtauftragssumme dieses Vertrages zu bezahlen. Dem AN bleibt der Nachweis vorbehalten, dass der Schaden tatsächlich niedriger ist. Erbringt der AN diesen Nachweis, so braucht er nur den nachgewiesenen niedrigeren Schaden zu bezahlen.

4. Im Fall der Ausübung des Kündigungsrechtes gemäß § Abs. 1 und Abs. 2 stehen dem AN keine Ansprüche auf Vergütung und / oder Schadensersatz zu. Ausgenommen hiervon ist die Vergütung für die vom AN zum Zeitpunkt der Kündigung bereits vertragsgerecht erbrachten Leistungen.“

VergMan ® – Ausschreibung der Postdienstleistungen 2024 – Wir führen Ihre Ausschreibung der Postdienstleistungen durch:

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Erprobte und gut funktionierende Bestandteile der Vergabeunterlagen sind ua:

Leistungsbeschreibung zum Vergabeverfahren

Anlagen zur Leistungsbeschreibung

I.0 Vorbemerkung Der Auftraggeber … beabsichtigt zum 01.01.2025 Postdienstleistungen neu zu ver[1]geben. Als öffentlicher Auftraggeber ist der Auftraggeber … verpflichtet, diese Leistungen im Rahmen eines Vergabeverfahrens zu beauftragen. Der Auftraggeber … ist für die ausgeschriebenen Leistungen sowohl Auftraggeber als auch ausschreibende Stelle. Die Vergabeunterlagen bestehen ausfolgenden Dokumenten: • Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes • Bewerbungs- und Angebotsbedingungen • Erklärung zur Einhaltung rechtlicher Verpflichtungen • Erklärung der Bieter- und Bewerbergemeinschaft • Erklärung zur Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung • Referenznachweis • Erklärung zu zwingenden Ausschlussgründen • Erklärung zu fakultativen Ausschlussgründen • Informationen zur Umsetzung der datenschutzrechtlichen Vorgaben nach der Datenschutz[1]grundverordnung bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen • Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) • Eigenerklärung zu Artikel 5k der Verordnung (EU 2022/576) • Vordruck Angebotsschreiben • Leistungsbeschreibung • Mustervertrag Sofern vom Bieter ein Angebot abgegeben wird, ist von den von der ausschreibenden Stelle zum Download bereitgestellten Vergabeunterlagen lediglich • der ausgefüllte Angebotsvordruck – unterschreiben • incl. der Referenznachweis, • Eintragungsnachweis im Anbieterverzeichnis der Bundesnetz-Agentur, • Sofern Subunternehmen gesamt oder von Teilen der ausgeschriebenen Dienstleistung be[1]auftragt werden, muss auch hier ein Nachweis aus dem Anbieterverzeichnis vorliegen, • die Eigenerklärung zu Artikel 5 – unterschreiben • Erklärung der Bieter- und Bewerbergemeinschaft – nur bei Bietergemeinschaften unterschreiben • und das ausgefüllte Preisblatt. – separate Excel Datei auf der Vergabeplattform dem Angebot beizufügen. Für die Bearbeitung des Angebotes werden keine Kosten erstattet. Die kompletten Vergabeunterlagen sind vom Bieter ausschließlich elektronisch über die Vergabe[1]plattform Deutsche eVergabe einzureichen.

I.1 Beschreibung der Leistung Leistungsgegenstand ist die Abholung der Briefsendungen und Paketen (einschließlich förmlicher Zustellungen und Werbesendungen) sowie die Frankierung und die Aufbereitung der Sendungen. Zudem muss eine Einlieferung der gesamten Ausgangspost bei einem Logistikzentrum, eines selbst beauftragten Beförderungs- und Zustellunternehmens, für die Weiterbeförderung und Zustellung an den jeweiligen Empfänger erfolgen. Alternativ können die Beförderung und Zustellung durch den Bieter selbst erfolgen. Dies beinhalten im Einzelnen die folgenden Leistungen: – Werktägliche Abholung der Briefsendungen beim Auftraggeber – Bereitstellung der erforderlichen Transportbehälter durch den Auftragnehmer – Frankierung durch den Auftragnehmer – Vorsortierung und Zusammenführung (Konsolidierung) der Briefsendungen mit Briefsendun[1]gen anderer Kunden einschließlich ggf. teilleistungsfähiger Aufbereitung durch den Auftrag[1]nehmer gemäß den Bestimmungen des selbst beauftragten Beförderungs- und Zustelldiens[1]tes in der jeweils gültigen Fassung. – Einlieferung der Sendungen am Abholtag bei einem Logistikzentrum eines selbst beauftrag[1]ten Beförderungs- und Zustellunternehmens zur Weiterbeförderung einschließlich Zustellung an die bestimmungsgemäßen Empfänger. Alternativ kann die Beförderung und Zustellung durch den Bieter selbst erfolgen. – Monatliche produktbezogene Erfassung und Abrechnung der Mengen nach Kostenstelle.

I.2 Sendungsarten und Volumen Der Auftraggeber geht von folgenden Volumina für die Jahre 2025 -2027 aus.

Ca. 0,4 % der Briefsendungen werden ins Ausland und mehr als 90 % der nationalen Briefsendun[1]gen werden im regionalen Einzugsbereich des Auftraggebers versendet. Die Sendungen werden adressiert übergeben. Die Adressierung erfolgt in ca. 90% der Sendungen maschinengeschrieben. Für die Kalkulation ist von den bei der jeweiligen Position angegebenen Mengen auszugehen. Diese wurden auf Basis der Monate Januar 2023 bis Dezember 2023 ermittelt und bilden die Men[1]gen der monatlichen Volumina ab. Sie dienen lediglich als Kalkulationshilfe. Sie begründen keine Abnahmeverpflichtung durch den Auftraggeber. Die Mengen können über- oder unterschritten wer[1]den.

I.3 Abholung der Postsendungen und Postversand Bestandteil der Ausschreibung ist die Beförderung von Postsendungen. Hierzu hat der Auftragnehmer täglich (montags – freitags) den Auftraggeber … anzufahren und die Postsendungen abzuholen. Ausgeschlossen hiervon sind gesetzliche Feiertage (Bundesland Niedersachsen). Die Abholung hat regelmäßig im Zeitfenster bis spätestens 15 Uhr; freitags bis 13 Uhr zu erfolgen.

I.4 Weiterleitung von Postsendungen Der Auftragnehmer gewährleistet, dass mind. 95 % der eingesammelten Briefpost an dem dritten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 99 Prozent an dem vierten auf den Einliefe[1]rungstag folgenden Werktag (siehe § 18, (1) PostG). zugestellt wird.

I.5 Frankierung Die Sendungen sind anforderungsgerecht zu frankieren. Es ist nicht vorgesehen, ein Logo des Auftraggebers anzubringen. Neben den erforderlichen Kennzeichnungen gemäß möglicher Einlie[1]ferungsbedingungen des Beförderungs- und Zustellunternehmens bzw. einer Kodierung zur Sen[1]dungsverarbeitung ist der Auftragsnehmer nicht berechtigt, die Briefsendungen mit einem Hinweis auf das eigene Zustellunternehmen zu versehen.

I.6 Besonderheiten – Vertragskonforme Sendungen Bei Sendungen mit unvollständiger Anschrift hat die Rückgabe an den Auftraggeber kos[1]tenfrei, spätestens am übernächsten auf die Abholung folgenden Werktag (ausgenommen samstags), zu erfolgen. – Unzustellbare Postsendungen Werden Postsendungen als unzustellbar deklariert sind sie dem Auftraggeber unverzüglich zurückzugegeben.

I.7 Wertung der Angebote Die Wertung der Angebote erfolgt unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgeführten Punkte.

1. Formale und inhaltliche Prüfung der Angebote Im Rahmen der Prüfung werden die wegen formeller oder inhaltlicher Mängel auszuschließenden Angebote ermittelt. Dabei werden Angebote gemäß § 57 VgV von der Wertung ausgeschlossen. Es werden Angebote von Bietern, die zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht alle geforderten Unterlagen enthalten, nicht zwingend von der Wertung ausgeschlossen. Die ausschreibende Stelle behält sich gemäß § 56 Abs. 2 VgV vor, Bieter aufzufordern, fehlende, unvollständige oder fehler[1]hafte unternehmensbezogene Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist nachzureichen, zu ver[1]vollständigen oder zu korrigieren, oder fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterla[1]gen, sofern sie nicht die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen (§ 56 Abs. 3 VgV), innerhalb einer bestimmten Frist nachzureichen oder zu vervollständi[1]gen. Ein Ausschluss von der Wertung erfolgt, wenn durch die vorgelegten Unterlagen nicht sicher[1]gestellt ist, dass die Leistung vertragsgemäß erfüllt wird.

2. Eignungsnachweise und Eignungsprüfung Bei der Auswahl der Bieter, die für den Zuschlag in Betracht kommen, werden entsprechend § 122 GWB nur die Bieter berücksichtigt, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Eignung (Fachkunde und Leistungsfähigkeit) besitzen, bei denen keine zwingenden Ausschlussgründe vorliegen und keine fakultativen Ausschlussgründe zum Tragen kommen. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit können z.B. auch Unterauftragnehmer oder konzernver[1]bundene Unternehmen berücksichtigt werden. Anbieter für die die Übergangsregelung nach § 112 PostG zutrifft, müssen nachweisen, dass Sie die Voraussetzungen nach § 4 ff. PostG erfüllen. Technische und berufliche Leistungsfähigkeit Die technische und berufliche Leistungsfähigkeit wird gemäß § 46 VgV auf Grundlage der vorgelegten Referenzen (Anlage) und Lizenz (Nachweis Anbieterverzeichnis) geprüft: • Lizenz zur gewerbsmäßigen Beförderung nach § 4 PostG • Mindestens drei Referenzen über die Abholung, Beförderung und Zustellung von Briefsendungen für öffentliche Auftraggeber. Die Referenzen müssen für mindestens zwei Jahre aus den Kalenderjahren 2022 bis 2023 stammen (es gilt die Summe der Referenzen).

Nichtvorliegen von Ausschlussgründen Das Nichtvorliegen von zwingenden Ausschlussgründen wird entsprechend den Nachweisen ge[1]prüft. In diesen ist vom Bieter das Nichtvorliegen von zwingenden Ausschlussgründen gemäß § 124 Abs. 1 und 4 GWB sowie das Nichtvorliegen von fakultativen Ausschlussgründen gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 und Nr. 8 GWB zu bestätigen. Sofern der Bieter das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 123 Abs. 1 und 4 GWB oder gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 2 GWB nicht bestätigt und zudem gemäß § 125 Abs. 1 GWB bzw. aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht von einem Ausschluss abgesehen werden kann, wird das Angebot des Bieters zwingend von der Wertung ausgeschlossen. Sofern der Bieter das Nichtvorliegen der Ausschlussgründe gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 1,3 und GWB nicht bestätigt, behält sich der Auftraggeber – unter Berücksichtigung des Grundsatzes 13 der Verhältnismäßigkeit – den Ausschluss des Angebotes des Bieters ausdrücklich vor. § 125 GWB gilt entsprechend. Die ausschreibende Stelle behält sich die Prüfung der weiteren fakultativen Ausschlussgründe ge[1]mäß § 124 Abs. 1 GWB ausdrücklich vor. Soweit vorliegend oder bekannt, werden auch weitere Erkenntnisse berücksichtigt, welche die Zuverlässigkeit des Bieters in Frage stellen. Dies sind u. a. Eintragungen in das Wettbewerbsregister, Strafverfahren, Verstöße gegen die Zahlung von Mindestlöhnen oder Ähnliches. Ob ein entsprechender Ausschlussgrund vorliegt, wird im Einzelfall geprüft. Ein Unternehmen kann, auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft, zum Nachweis der wirtschaftli[1]chen und finanziellen Leistungsfähigkeit sowie zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit die Kapazitäten anderer Unternehmen in Anspruch nehmen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen. Es muss in diesem Fall dem Auftraggeber nachweisen, dass ihm die für den Auftrag erforderlichen Mittel tatsächlich zur Verfügung stehen werden, indem es beispielsweise eine entsprechende Ver[1]pflichtungserklärung dieser Unternehmen vorlegt (§ 47 Abs. 1 VgV). Dabei kann ein Unternehmen für den Nachweis der erforderlichen beruflichen Leistungsfähigkeit (hier: Referenzen zum Nachweis der einschlägigen Berufserfahrung) die Kapazitäten anderer Unternehmen nur dann in Anspruch nehmen, wenn diese die Leistung erbringen, für die diese Kapazitäten benötigt werden (§ 47 Abs. 1 S. 3 VgV). Unternehmen, deren Kapazitäten für die Erfüllung bestimmter Eignungskriterien in Anspruch genommen werden, haben zusätzlich das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen gemäß den Regelungen der Vergabeunterlagen nachzuweisen (§ 47 Abs. 2 VgV). Bei Bietergemeinschaften werden Nachweise zur Leistungsfähigkeit in technischer und beruflicher sowie in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht kumulativ gewertet und sind somit nicht zwingend von jedem Mitglied der Bietergemeinschaft vorzulegen, während der Nachweis zum Nichtvorliegen von Ausschlussgründen (Bietererklärung D1) von jedem Mitglied der Bietergemeinschaft vorzulegen ist.

3. Prüfung der Angemessenheit der Angebotspreise In diesem Prüfpunkt werden die Angebote inhaltlich auf Angemessenheit ihrer Angebotspreise überprüft. Grundlage für die Beurteilung, ob ein Preis angemessen ist, ist neben den Angebotsent[1]gelten der Ausschreibung auch der Marktpreis. Der Auftraggeber behält sich zudem im Rahmen der Angebotsprüfung die Anforderung der Kalkulation vor. Die Entscheidung, ob ein Angebot in der Wertung verbleibt, wird in jedem Einzelfall gesondert getroffen werden.

4. Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots Die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes erfolgt unter den Angeboten, die in den vorange[1]gangenen Prüfpunkten nicht ausgeschlossen wurden. Der Zuschlag erfolgt auf das wirtschaftlich günstigste Angebot. Für das alleinige Zuschlagskriterium Angebotspreis erfolgt die Bewertung wie folgt: Die preisliche Auswertung erfolgt durch einen Vergleich der angebotenen Preise (inklusive der zu zahlenden Mehrwertsteuer) für die gesamte Vertragslaufzeit von drei Jahren (ohne Verlängerungsoptionen) auf Basis des ausgeschriebenen Leistungsverzeichnis. Möglicherweise angebotene optionale Leistungen des Bieters werden nicht gewertet.

5. Aufklärungsgespräche Im Rahmen der Angebotsprüfung behält sich der Auftraggeber vor, nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung Aufklärungsgespräche zu führen, um eventuelle Zweifel über die Eignung der Bieter oder der Angebote im Interesse der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes zu beseitigen (vgl. § 15 Abs. 5 VgV). Nachverhandlungen finden nicht statt.

6. Information an die Bieter Der Auftraggeber wird entsprechend § 134 Abs. 2 GWB erst zehn Kalendertage nach der elektronischen Absendung der Information über die Nichtberücksichtigung der Angebote an die jeweiligen Bieter den Zuschlag auf das Angebot des Bestbieters erteilen. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter kommt es nicht an.

Vertrag zur Ausschreibung der Postdienstleistungen 2024 des Auftraggebers …. zwischen: dem Auftraggeber … Vertreten durch … -nachstehend als Auftraggeber bezeichnet[1]und Firma Muster XX Musterstr.1 11111 Musterhausen vertreten durch Herr/Frau Muster -nachstehend als Auftraggeber bezeichnet-

§ 1 Vertragsgegenstand Der Auftragnehmer hat die Postdienstleistung für den Auftraggeber zu erbringen. Dies umfasst die Zu[1]stellung der Briefe und Pakete entsprechend der Leistungsbeschreibung.

§ 2 Vertragsbestandteil Nach Vertragsabschluss werden die folgenden Regelungen in der nachstehenden Reihenfolge Vertragsbestandteil: • Die Vergabeunterlagen • Das vom Bieter vorgelegte Angebot • Das aktuell gültige Postgesetz Allgemeine Geschäfts-, Liefer- und Zahlungsbedingungen des Bieters sind ausgeschlossen und wer[1]den nicht Vertragsbestandteil.

§ 3 Leistungen des Auftragnehmers • Abholen von Postsendungen • Frankierung und Konsolidierung • Weiterleitung von Postsendungen an ein Logistikzentrum eines selbst beauftragten Beförde[1]rungs- und Zustellunternehmen bzw. eigene Beförderung und Zustellung • Die nicht vertragskonformen Sendungen und unzustellbaren Postsendungen sind wie im Leis[1]tungsverzeichnis unter I.6 zu behandeln.

§ 4 Personal Der Auftragnehmer stellt die erforderlichen Arbeitskräfte. Er verpflichtet sich, nur eigenes, fachkundi[1]ges und zuverlässiges Personal einzusetzen. Der Auftraggeber ist berechtigt, sich entsprechende Nachweise der eingesetzten Arbeitskräfte zeigen zu lassen.

§ 5 Datenschutz (1) Der Auftragnehmer ist hinsichtlich der zu erbringenden Postdienste zur Wahrung des Postgeheim[1]nisses gemäß Abschnitt 2, § 64 bis § 66 PostG verpflichtet. Außerdem unterliegt er den datenschutz[1]rechtlichen Regelungen des am 25. Mai 2018 in Kraft getretenen neuen Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO), die durch die Vorschrif[1]ten der Abschnitt 3, § 67 bis 71 Postgesetz (PostG) ergänzt werden. Er verpflichtet sich insbesondere zur Einhaltung der Regelungen der EU-DSGO und des BDSG bezüglich der Verschwiegenheit und des Sozialdatenschutzes. (2) Der Auftraggeber stellt eine Verpflichtungserklärung zur Verfügung, welche vor Aufnahme der Ar[1]beit zu unterschreiben ist. (3) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, alle ihm zur Kenntnis gelangenden internen Angelegenheiten des Auftraggebers vertraulich zu behandeln, insbesondere Vorkehrungen zu treffen, dass solche Kenntnisse anderen Personen, außer den mit der Ausführung Beauftragten, nicht bekannt werden. (4) Er hat ferner die Pflicht, die mit der Ausführung beauftragten Personen gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. b) 2. Var. EU-DSGVO auf die Vertraulichkeit zu verpflichten. Dies kann auch durch eine Verpflichtung auf das Datengeheimnis gemäß § 53 BDSG bewirkt werden. In beiden Fällen ist eine schriftliche Erklä[1]rung zu verlangen.

§ 6 Entgelte (1) Die vereinbarten Entgelte lt. Preisblatt gelten als Festpreise; sie können frühestens nach einem Jahr und nur mit Zustimmung des Auftraggebers erhöht werden, wenn – der Abschluss neuer Lohn- und Rahmenverträge, die für den Auftragnehmer gelten, dies er[1]forderlich machen sollte. – eine Anpassung der Portokosten erfolgt. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, den Auftraggeber rechtzeitig, mindestens jedoch 4 Wochen vor[1]her, schriftlich von einer derartigen Änderung zu unterrichten. Eine rückwirkende Anpassung kann nicht erfolgen. Änderungen der Entgelte bedürfen der schriftlichen Vereinbarungen. (2) Werden Leistungen durch den Auftragnehmer nicht oder nur als Teilleistung erbracht, ist der Auf[1]traggeber berechtigt, die Vergütung angemessen herab zu setzen.

§ 7 Abholung Die Abholung beim Auftraggeber … hat wie folgt zu erfolgen: – Von Montag bis Freitag muss die Post täglich einmal abgeholt werden. – Ausgeschlossen hiervon sind gesetzliche Feiertage (Bundesland Niedersachsen). – Zeitfenster: bis spätestens 15 Uhr; freitags bis 13 Uhr.

§ 8 Sonstige Pflichten des Auftragnehmers Mängel und Schäden, die während der Dienste festgestellt oder verursacht werden, sind unverzüglich dem Auftraggeber zu melden.

§ 9 Zahlungen (1) Der Auftraggeber zahlt nach Erfüllung der Leistung binnen eines Monats nach Eingang der prüfba[1]ren Rechnung bargeldlos auf das vom Auftragnehmer anzugebende Konto. Die Zahlungsfrist gilt als gewahrt, wenn der Auftraggeber sein Kreditinstitut angewiesen hat, den Rechnungsbetrag zu überwei[1]sen. (2) Die Rechnungslegung des Auftragnehmers erfolgt monatlich nachträglich, bis spätestens zum 10. des Folgemonats. Die Rechnung beinhaltet eine detaillierte Übersicht in der nachgewiesen werden muss, welche Leistungen des Auftragnehmers erbracht wurden. (3) Die tatsächlichen Mengenangaben ergeben sich aus dem Leistungsverzeichnis. Die vom Auftrag[1]geber übergebene Mengenübersicht wird vom Auftragnehmer innerhalb von 4 Wochen überprüft. Sie wird verbindlich, wenn sie von beiden Seiten akzeptiert wird. (4) Mehr- oder Minderforderungen werden grundsätzlich mit einer neuen, korrigierten Rechnung aus[1]gewiesen.

§ 10 Haftung Der Auftragnehmer haftet für alle Schäden, die durch ihn oder sein Personal sowie durch Dritte an[1]lässlich seines Betriebes verursacht werden. Er ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von mindestens 500.000,00 € für Sachschäden abzuschließen und dem Auftragge[1]ber den Abschluss der Versicherung innerhalb von 4 Wochen nach Vertragsunterzeichnung nachzu[1]weisen.

§ 11 Kündigung des Vertrages (1) Der Auftraggeber ist zur Kündigung des Vertrages mit sofortiger Wirkung berechtigt, wenn, a. der Auftragnehmer Dienstkräften der Verwaltung Geschenke und andere Vorteile im Sinne der §§ 331 ff StGB und § 12 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb anbietet, verspricht oder gewährt. b. dem Vertrag unter Verletzung der Vorschriften des Gesetzes zur Wettbewerbsbeschränkung zu[1]stande gekommen ist. c. der Auftragnehmer Personal einsetzt, welches nicht sozialversichert ist. d. der Auftragnehmer die Bestimmungen des Vertrages nicht nur geringfügig verletzt und seine Leis[1]tungen nach zweimaliger Abmahnung nicht ordnungsgemäß erbringt, bzw. den Forderungen des Auf[1]traggebers nicht nachkommt. e. der Auftragnehmer gegen das Arbeitnehmerentsendegesetz verstößt. f. über das Vermögen des Auftragnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung man[1]gels Masse abgelehnt wurde. g. der Abschluss der Haftpflichtversicherung nicht binnen der in § 10 genannte Frist nach einer Mah[1]nung unverzüglich nachgewiesen wird. (2) Bei der Kündigung mit sofortiger Wirkung ist der Auftraggeber berechtigt, vom Auftragnehmer Er[1]satz des ihm hierdurch entstandenen Schadens zu verlangen.

§ 12 Vertragsdauer Dieser Vertrag beginnt mit Zuschlag ab 01.01.2025 und endet- unter Beachtung des § 11 – mit Ablauf des 31.12.2027. Es wird eine Probezeit von 6 Monaten vereinbart. Innerhalb der Probezeit kann der Auftraggeber ohne Angabe von Gründen und mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende kündigen. Der Auftraggeber ist berechtigt, den Vertrag bis zu vier Monate vor Vertragsende um ein weiteres Jahr zu verlängern. In jedem Falle endet der Vertrag nach einer Vertragsdauer von vier Jahren am 31.12.2028.

§ 13 Sonstiges Der Auftragnehmer ist nicht berechtigt, die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag an Dritte zu übertra[1]gen. Der Auftraggeber darf Einsicht in Unterlagen, insbesondere in Lohn- und Meldeunterlagen, Bücher und andere Geschäftsunterlagen und Aufzeichnungen, nehmen, aus denen Umfang, Art, Dauer und tatsächliche Entlohnung der Beschäftigten hervorgehen oder abgeleitet werden, um die Einhaltung der vergaberechtlichen Verpflichtungen nach §14 NTVergG zu überprüfen, die sich auf die Beschäftigten beziehen.

§ 14 Erfüllungsort, Gerichtsstand (1) Erfüllungsort ist der in der Leistungsbeschreibung genannte Standort. (2) Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist, soweit gesetzlich zulässig, der Sitz des Auftraggebers …

§ 15 Schriftform (1) Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. (2) Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein oder unwirksam wer[1]den, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Die Vertragspartner werden jedoch unwirksame Bestimmungen unverzüglich durch solche Vereinbarungen ersetzen, die dem Zweck der unwirksamen Bestimmungen am nächsten kommen.

BGH zu der Frage, dass § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB voraussetzt, dass die Tatsachen durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet werden und da das „Corona-Virus-Soforthilfeprogramm 2020“ kein Gesetz im formellen oder materiellen Sinne ist und Haushaltsgesetze jedenfalls keine ausdrückliche Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen enthalten, nur deren Bezeichnung durch den jeweiligen Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes – in Betracht kommt und pauschale oder lediglich formelhafte Bezeichnungen dabei nicht ausreichen; vielmehr muss die Subventionserheblichkeit klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen durch den Subventionsgeber dargelegt werden

BGH zu der Frage, dass § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB voraussetzt, dass die Tatsachen durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet werden und da das „Corona-Virus-Soforthilfeprogramm 2020“ kein Gesetz im formellen oder materiellen Sinne ist und Haushaltsgesetze jedenfalls keine ausdrückliche Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen enthalten, nur deren Bezeichnung durch den jeweiligen Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes - in Betracht kommt und pauschale oder lediglich formelhafte Bezeichnungen dabei nicht ausreichen; vielmehr muss die Subventionserheblichkeit klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen durch den Subventionsgeber dargelegt werden

von Thomas Ax

1. Eine Scheinhandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 SubvG liegt nur vor, wenn über die Falschangabe hinaus ein gegenüber dem Subventionsgeber zur Kenntnis gebrachter tatsächlicher Akt vorgenommen wird, der geeignet ist, den Anschein eines in Wahrheit nicht existierenden Sachverhalts zu vermitteln.

2. Sinn und Zweck des Merkmals der Subventionserheblichkeit ist es, angesichts der zahlreichen Normativbegriffe des Subventionsrechts sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind. Um dies zu erreichen, hat der Gesetzgeber den Begriff der Subventionserheblichkeit bewusst restriktiv gefasst. Entscheidend soll demnach allein die (unmittelbare oder zumindest mittelbare) Anbindung der betroffenen Tatsache an eine gesetzliche Bestimmung sein und gerade nicht die – im Einzelfall mitunter nicht eindeutig zu beantwortende – Frage, ob die Tatsache als solche eine materielle Voraussetzung für das Gewähren der Subvention war.

3. § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass die Tatsachen durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet werden. Da das „Corona-Virus-Soforthilfeprogramm 2020“ kein Gesetz im formellen oder materiellen Sinne ist und Haushaltsgesetze jedenfalls keine ausdrückliche Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen enthalten, kommt nur deren Bezeichnung durch den jeweiligen Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes – in Betracht. Pauschale oder lediglich formelhafte Bezeichnungen reichen dabei nicht aus; vielmehr muss die Subventionserheblichkeit klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen durch den Subventionsgeber dargelegt werden. Der Subventionsnehmer muss vor Antragsstellung von allen subventionserheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber Kenntnis erlangen.

4. Nach § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB sind auch Tatsachen subventionserheblich, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention gesetzlich abhängig sind. In der Regel betrifft dies die Fälle, in denen zwar eine ausdrückliche Bezeichnung einer Tatsache (durch den Gesetz- oder Subventionsgeber) als subventionserheblich fehlt oder unwirksam ist, gleichwohl aber sonst einem Gesetz mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Subvention gewährt wird.

5. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SubvG ist in den Fällen, in denen ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung einen anderen Sachverhalt verdeckt, der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend. Mithin sind solche Tatsachen grundsätzlich subventionserheblich, die durch eine Scheinhandlung oder ein Scheingeschäft verdeckt werden und von denen die Bewilligung und Gewährung sowie das Belassen der Subvention abhängig sind.

6. Ein Scheingeschäft nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SubvG, § 117 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem Geschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, den Parteien also der Geschäftswille fehlt.

7. Der Straftatbestand des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) geht zwar demjenigen des Betrugs (§ 263 StGB) als lex specialis vor und stellt diesem gegenüber im Rahmen seines Anwendungsbereichs eine abschließende Sonderregelung dar; eine Strafbarkeit nach § 263 StGB lebt jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines versuchten oder vollendeten Betrugs bei Unanwendbarkeit des § 264 StGB wieder auf.

BGH 2 StR 243/22 – Beschluss vom 12. Oktober 2023 (LG Wiesbaden)

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Subventionsbetrugs in neun Fällen sowie wegen Computerbetrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Nach den Feststellungen beantragte der Angeklagte im März und April 2020 in drei Bundesländern in insgesamt zehn Fällen entweder für sich als Einzelunternehmer oder für zuvor erworbene Gesellschaften im Bereich Immobilien- und Baugewerbe Corona-Hilfen aus den jeweiligen Soforthilfeprogrammen der Länder. In den Fällen II. 1 bis 8 der Urteilsgründe beantragte er Hilfen aus dem „Corona-Virus-Soforthilfeprogramm 2020“, im Fall II. 9 eine Soforthilfe für Kleinstunternehmer und Soloselbständige aus der“ -Soforthilfe 2020“ und im Fall II. 10 eine Hilfe beim Land . Die beantragten Gelder kamen in sechs Fällen (Fälle II. 1 bis 3, 5, 6 und 8) zur Auszahlung.

3

Im Einzelnen hat die Strafkammer – soweit es die Fälle II. 1 bis 8 der Urteilsgründe betrifft – folgende Feststellungen getroffen:

4

Das Regierungspräsidium stellte ein online-Portal zur Verfügung, über welches von der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen Hilfen aus dem Soforthilfeprogramm des Landes („Corona-Virus-Soforthilfeprogramm 2020“) beantragen konnten. Das online-Portal war derart gestaltet, dass man zunächst auf eine Informationsseite gelangte. Unter anderem stand dort die zugrundeliegende zweiseitige „Richtlinie des Landes zur Durchführung eines Soforthilfeprogramms für gewerbliche Unternehmen und Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, Selbständige, Soloselbständige und Angehörige Freier Berufe, die infolge der Corona-Virus-Pandemie 2020 in ihrer Existenz gefährdet sind – (Corona-Virus-Soforthilfeprogramm 2020) vom 23.03.2020“ zum Herunterladen bereit. Darin ist unter Ziffer 4 unter anderem ausgeführt, dass die Angaben zum Unternehmen (Sitz und Größe), zu dem unmittelbar infolge der Corona-Virus-Pandemie eingetretenen Liquiditätsengpass oder Umsatzeinbruch, zu möglicherweise erhaltenen oder beantragten vergleichbaren staatlichen Hilfen sowie Regelungen nach der vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Covid-19 („Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“) als subventionserheblich nach § 264 StGB anzusehen sind.

5

Auf der Informationsseite wurde ferner darauf hingewiesen, dass „der Zuschuss eine einmalige Soforthilfe aufgrund einer existenzbedrohenden Lage durch die Corona-Virus-Pandemie“ darstellt und „die Soforthilfe ausschließlich für Unternehmen gedacht ist, die aufgrund der Corona-Pandemie unverschuldet in eine existenzbedrohende Lage oder in massive Zahlungsschwierigkeiten geraten sind“. Nachdem eine Zustimmung zu dieser Erklärung erfolgt war, gelangte man zu einer Eingabemaske, auf welcher die Daten des Unternehmens sowie die benötigten Mittel einzugeben waren. Anschließend wurde daraus ein automatisierter Antrag im pdf-Format erstellt, der zu unterschreiben und anschließend an das Regierungspräsidium zu senden war. Nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts war darin „eine ausdrückliche Bezeichnung der Tatsachen als subventionserheblich oder mittels einer gleichwertigen Bezeichnung […] nicht […] enthalten“. Enthalten war jedoch eine „Formulierung unter Ziff. 8.6. der Anträge, dass dem Antragssteller bekannt sei, dass vorsätzliche oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben zu den Ziffern 1 bis einschließlich 8.16/8.17 (…) die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs zur Folge haben können“.

6

Der Angeklagte beantragte im Zeitraum vom 31. März bis 13. April 2020 in insgesamt acht ähnlich gelagerten Fällen (Fälle II. 1 bis 8 der Urteilsgründe) entweder für sich als Einzelunternehmer oder für zuvor erworbene Gesellschaften Hilfen aus dem Soforthilfeprogramm des Landes („Corona-Virus-Soforthilfeprogramm 2020“) und gab jeweils unter anderem bewusst wahrheitswidrig an, dass er unternehmerisch tätig sei, seine Unternehmen pandemiebedingt in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten seien, in den letzten Wochen 90% seiner Aufträge storniert worden wären und sich seine Unternehmen nicht in einem Insolvenzverfahren befunden hätten. Tatsächlich war der Angeklagte, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet war, in den maßgeblichen Zeiträumen nicht bzw. nicht mehr unternehmerisch tätig.

7

Im Fall II. 2 reichte der Angeklagte zudem auf Nachfrage des Regierungspräsidiums zur Plausibilisierung seiner laufenden Ausgaben einen fingierten Mietvertrag über Büroräume nach. Ebenfalls auf Nachfrage erstellte der Angeklagte im Fall II. 5 ergänzend zu den vorgenannten Falschangaben als Nachweis für vermeintlich laufende Kosten eine betriebswirtschaftliche Auswertung für die von ihm geführte Bausanierungs-GmbH, obgleich diese keinen Geschäftsbetrieb unterhielt.

8

Aufgrund der unrichtigen Angaben des Angeklagten wurden dessen Förderanträge bewilligt, wobei dem Land folgende Schäden entstanden sind: Im Fall II. 1 7.788,10 €, in den Fällen II. 2 und 5 jeweils 10.000 €, im Fall II. 3 8.000 € sowie in den Fällen II. 6 und 8 jeweils 9.000 €. In den Fällen II. 4 und 7 wurden die Anträge des Angeklagten abgelehnt, sodass es zu keinen Auszahlungen kam.

II.

9

1. Die Schuldsprüche in den Fällen II. 9 und 10 der Urteilsgründe hinsichtlich der Coronahilfen aus den Bundesländern und weisen keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf, weil im Fall II. 9 eine ausdrückliche Bezeichnung der Tatsachen als subventionserheblich im Sinne des § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB im Antragsformular des enthalten und im Fall II. 10 lediglich eine Verurteilung wegen Computerbetrugs nach § 263a Abs. 1 StGB erfolgt ist, die rechtlich nicht zu beanstanden war. Auch gegen die jeweiligen Strafaussprüche ist rechtlich nichts zu erinnern.

10

2. Die auf die Sachrüge hin gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hinsichtlich der beantragten Hilfen aus dem Corona-Virus-Soforthilfeprogramm führt zur Korrektur des Schuldspruchs wegen Subventionsbetrugs in den Fällen II. 1, 3, 4 sowie 6 bis 8 der Urteilsgründe, weil die – rechtsfehlerfrei getroffenen – Feststellungen zwar eine Verurteilung wegen Betrugs (Fälle II. 1, 3, 6 und 8) bzw. versuchten Betrugs (Fälle II. 4 und 7) tragen, nicht jedoch eine solche wegen Subventionsbetrugs. In den weiteren Fällen II. 2 und II. 5 der Urteilsgründe hingegen hat die Verurteilung wegen Subventionsbetrugs Bestand (s. dazu im Einzelnen unter II. 3).

11

a) Zwar geht die Strafkammer zutreffend davon aus, dass es sich bei den beantragten Soforthilfen um Subventionen im Sinne des § 264 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 StGB handelt, da sie als verlorene Zuschüsse ohne eine marktmäßige Gegenleistung vom Land aus öffentlichen Mitteln nach Landesrecht als sog. Billigkeitsleistung (§ 53 LHO) Betrieben oder Unternehmen gewährt wurden und jedenfalls auch der Förderung der Wirtschaft dienten.

12

b) Hingegen wird die rechtliche Wertung, der Angeklagte habe bei seinen Anträgen gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegenüber dem Subventionsgeber für ihn vorteilhafte unrichtige Angaben über aufgrund eines Gesetzes vom Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnete Tatsachen (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 Variante 2 StGB) gemacht, von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Auf die Subventionserheblichkeit der Tatsachen ist vom Subventionsgeber im Antragsformular nicht hinreichend deutlich hingewiesen worden.

13

aa) Sinn und Zweck des Merkmals der Subventionserheblichkeit ist es, angesichts der zahlreichen Normativbegriffe des Subventionsrechts sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238; Beschlüsse vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17, wistra 2019, 369, 371; vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, BGHSt 66, 115, 117; s. auch BT-Drucks. 7/5291, S. 13). Um dies zu erreichen, hat der Gesetzgeber den Begriff der Subventionserheblichkeit bewusst restriktiv gefasst. Entscheidend soll demnach allein die (unmittelbare oder zumindest mittelbare) Anbindung der betroffenen Tatsache an eine gesetzliche Bestimmung sein und gerade nicht die – im Einzelfall mitunter nicht eindeutig zu beantwortende – Frage, ob die Tatsache als solche eine materielle Voraussetzung für das Gewähren der Subvention war (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 237 f.; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 264 Rn. 13; SSW-StGB/Saliger, 5. Aufl., § 264 Rn. 17). § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB setzt deshalb voraus, dass die Tatsachen durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet werden. Da das „Corona-Virus-Soforthilfeprogramm 2020“ kein Gesetz im formellen oder materiellen Sinne ist und Haushaltsgesetze jedenfalls keine ausdrückliche Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen enthalten, kommt nur deren Bezeichnung durch den jeweiligen Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes – hier § 2 SubvG in Verbindung mit § 1 SubvG HE (s. BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17, NStZ-RR 2019, 147, 149) – in Betracht. Pauschale oder lediglich formelhafte Bezeichnungen reichen dabei nicht aus; vielmehr muss die Subventionserheblichkeit klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen durch den Subventionsgeber dargelegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 264 Rn. 73; MüKo-StGB/Ceffinato, 4. Aufl., § 264 Rn. 62). Der Subventionsnehmer muss vor Antragsstellung von allen subventionserheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber Kenntnis erlangen (MüKo-StGB/Ceffinato, 4. Aufl., § 264 Rn. 63).

14

bb) Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich die Annahme des Landgerichts in den Fällen II. 1, 3, 4 sowie 6 bis 8 der Urteilsgründe, die subventionserheblichen Taten seien ausreichend bezeichnet, als rechtsfehlerhaft.

15

Nach den Feststellungen war in dem nach Eingabe der abgefragten Daten generierten und vom Angeklagten unterzeichneten Formular weder eine ausdrückliche noch eine gleichwertige Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen im Sinne der Ziff. 4 der Förderrichtlinie enthalten. Auch im Rahmen des Eingabeprozesses erfolgte kein entsprechender Hinweis auf deren Subventionserheblichkeit. Zwar stand die Subventionsrichtlinie über das Internetportal des Regierungspräsidiums zum Herunterladen bereit. Jedoch ersetzt – was das Landgericht verkennt – eine abstrakte Möglichkeit der Kenntnisverschaffung außerhalb des Antragsformulars gerade nicht eine konkrete Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber. Ihrem Zweck entsprechend, Klarheit über die Subventionsvoraussetzungen zu schaffen, muss die Bezeichnung im konkreten Subventionsverfahren durch eine dem Subventionsnehmer zugegangene Erklärung erfolgen. Ansonsten bliebe es letztlich dem Antragssteller überlassen, sich über die Subventionserheblichkeit der Tatsachen und Angaben Klarheit zu verschaffen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, BGHSt 66, 115, 119), was dem Zweck des § 264 Abs. 9 Nr. 1 Variante 2 StGB zuwiderliefe.

16

Soweit das Formular den Hinweis enthält, „dass dem Antragssteller bekannt sei, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben […] die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs zur Folge haben können“, werden auch hierdurch die subventionserheblichen Tatsachen nicht hinreichend bestimmt genug bezeichnet. Zwar stellt es eine zulässige Gestaltungsmöglichkeit dar, wenn die subventionserheblichen Tatsachen im Formular nicht einzeln als solche benannt sind, der Antragsteller aber durch eine Wissenserklärung ausdrücklich bestätigt, dass es sich bei den Angaben um subventionserhebliche Tatsachen handelt, da hierdurch dessen Kenntnisnahme nachgewiesen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, BGHSt 66, 115, 117 f.). Ebenfalls soll es im Einzelfall genügen, wenn sämtliche in einem Antrag anzugebenden Tatsachen als subventionserheblich bezeichnet sind (so BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, BGHSt 66, 115, 118). Ob dem vor dem Hintergrund des dargelegten Zwecks des Merkmals der Subventionserheblichkeit zu folgen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil lediglich auf eine mögliche Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs hingewiesen wurde. Ein solcher Hinweis steht einer Bezeichnung bestimmter Tatsachen als subventionserheblich aber nicht gleich. Während die Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen entsprechend der gesetzlichen Zweckbestimmung sicherstellt, dass der Antragsteller über die Vergabevoraussetzungen umfassend ins Bild gesetzt wird, hat die Belehrung wegen einer potentiellen Strafverfolgung eine andere Zielrichtung. Ihr kommt eine bloße Warnfunktion, nicht jedoch die tatbestandlich erforderliche Informationsfunktion hinsichtlich der subventionserheblichen Umstände zu.

17

c) Die Subventionserheblichkeit ergibt sich hier auch nicht aus § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB.

18

aa) Nach § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB sind auch Tatsachen subventionserheblich, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention gesetzlich abhängig sind. In der Regel betrifft dies die Fälle, in denen zwar eine ausdrückliche Bezeichnung einer Tatsache (durch den Gesetz- oder Subventionsgeber) als subventionserheblich fehlt oder unwirksam ist, gleichwohl aber sonst einem Gesetz mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Subvention gewährt wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 241; Beschlüsse vom 30. September 2010 – 5 StR 61/10, BGHR StGB § 264 Abs. 8 Subventionserhebliche Tatsache 2; vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17, NStZ-RR 2019, 147, 148). Vorliegend kommt als das die Subventionserheblichkeit zum Ausdruck bringende Gesetz alleine das Subventionsgesetz (SubvG) in Betracht, namentlich die Vorschrift über das allgemeine Verbot der Subventionierung von Scheingeschäften und Scheinhandlungen nach § 4 SubvG i.V.m. § 1 SubvG HE (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2014 – 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 249 ff.; vom 30. September 2010 – 5 StR 61/10, BGHR StGB § 264 Abs. 8 Subventionserhebliche Tatsache 2; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 264 Rn. 17a). Die erforderliche gesetzliche Abhängigkeit (§ 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB) ergibt sich hier daraus, dass § 4 Abs. 1 SubvG ein allgemeines Verbot der „Subventionierung über den tatsächlichen Bedarf hinaus“ enthält (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2014 – 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 249; vom 22. August 2018 – 3 StR 357/17, juris Rn. 23) und hierdurch die Subventionserheblichkeit mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt (BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 241; Beschluss vom 30. September 2010 – 5 StR 61/10, BGHR StGB § 264 Abs. 8 Subventionserhebliche Tatsache 2; vgl. auch BT-Drucks. 7/5291, S. 13). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SubvG ist in den Fällen, in denen ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung einen anderen Sachverhalt verdeckt, der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend. Mithin sind solche Tatsachen grundsätzlich subventionserheblich, die durch eine Scheinhandlung oder ein Scheingeschäft verdeckt werden und von denen die Bewilligung und Gewährung sowie das Belassen der Subvention abhängig sind (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2014 – 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 250 ff.; vom 30. September 2010 – 5 StR 61/10, BGHR StGB § 264 Abs. 8 Subventionserhebliche Tatsache 2; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 264 Rn. 23; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 264 Rn. 124).

19

bb) Die Feststellungen belegen kein Scheingeschäft. Ein Scheingeschäft nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SubvG, § 117 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem Geschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, den Parteien also der Geschäftswille fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 339/16, juris Rn. 75; Beschluss vom 28. Mai 2014 – 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 250; Urteil vom 25. Oktober 1961 – V ZR 103/60, BGHZ 36, 84, 87 f.; BFH, Urteil vom 21. Oktober 1988 – III R 194/84, BStBl. II 1989, 216; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 264 Rn. 124 mwN; MüKo-StGB/Ceffinato, 4. Aufl., § 264 Rn. 88). Da in den Fällen II. 1, 3, 4 und 6 bis 8 der Urteilsgründe der Angeklagte die falschen Angaben gegenüber dem Subventionsgeber ohne Mitwirkung eines Dritten abgegeben hat, scheidet schon aus diesen Gründen ein Scheingeschäft aus.

20

cc) Auch tragen die Feststellungen nicht die Annahme einer Scheinhandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 SubvG.

21

In den Fällen II. 1, 3, 4 sowie 6 bis 8 der Urteilsgründe machte der Angeklagte gegenüber dem Subventionsgeber falsche Angaben im Hinblick auf die im Antragsformular abgefragten personen- und unternehmensbezogenen Tatsachen. Eine bloße Falschangabe allein stellt jedoch keine Scheinhandlung dar.

22

(1) Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Scheinhandlung – soweit ersichtlich – nur in zwei Fällen im Einzelnen befasst. Dabei wurde der Begriff der Scheinhandlung jedoch nicht näher definiert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. September 2010 – 5 StR 61/10, NStZ-RR 2011, 81; vom 22. August 2018 – 3 StR 357/17 und 3 StR 449/17; sowie unten II 2. C) cc) (d)).

23

(2) Eine Auslegung des Begriffs der „Scheinhandlung“ durch den Senat ergibt, dass eine Scheinhandlung nur vorliegt, wenn über die Falschangabe hinaus ein gegenüber dem Subventionsgeber zur Kenntnis gebrachter tatsächlicher Akt vorgenommen wird, der geeignet ist, den Anschein eines in Wahrheit nicht existierenden Sachverhalts zu vermitteln (so auch, allerdings ohne weitere Herleitung KG, Urteil vom 10. September 2021 – (4) 121 Ss 91/21 (134/21), NZWiSt 2022, 446, 449).

24

(a) Ausgehend vom Wortlaut des Begriffes „Scheinhandlung“ erfordert diese – auch in Abgrenzung zum mehrseitigen „Scheingeschäft“ – ein einseitiges Verhalten, das nach seinem äußeren Eindruck den Anschein eines in Wahrheit nicht existierenden Sachverhalts vermittelt. Welche konkreten Anforderungen an eine zum Schein vorgenommene Handlung zu stellen sind, lässt sich alleine aus dem Wortlaut aber nicht ableiten. Geht man allerdings davon aus, dass die bloße Erklärung eines Umstands in einem Antrag nicht geeignet sein kann, zugleich den Anschein zu erwecken, die erklärten Tatsachen entsprächen auch den wahren Gegebenheiten (ebenso: Tolksdorf/Schellhaas, NZWiSt 2021, 344, 347), ergibt sich für die Einordnung der Falschangabe als Scheinhandlung die Einschränkung, dass es dabei über eine bloße Mitteilung hinaus eines weiteren Umstands bedarf, der geeignet ist, einen entsprechenden Anschein überhaupt erst zu erwecken.

25

(b) Auch nach Sinn und Zweck von § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB i.V.m. § 4 Abs. 1 SubvG erfordert der Begriff der Scheinhandlung über die bloße Angabe von Umständen hinaus die Vornahme eines tatsächlichen nach außen erkennbaren Tuns. Würde jede Falschangabe zugleich auch eine Scheinhandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 SubvG darstellen, läge damit in jedem Fall über § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB eine subventionserhebliche Tatsache vor, ohne dass es auf das Erfordernis des § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB ankäme, die als subventionserheblichen Tatsachen als solche zu bezeichnen.

26

Im Übrigen ist § 4 Abs. 1 SubvG der Regelung in § 41 Abs. 2 AO nachgebildet; dort wird die Scheinhandlung als ein Realakt definiert, der nur dem äußeren Anschein nach eine Sachverhaltsgestaltung bewirkt, wobei die mit der Handlung verbundenen Sachverhaltsänderungen tatsächlich nicht gewollt sind (vgl. Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl., § 41 Rn. 41). Auch dies spricht dafür, die bloße wahrheitswidrige Angabe in einem Antrag nicht als Scheinhandlung anzusehen (so auch: Tolksdorf/Schellhaas, NZWiSt 2021, 344, 347; a.A. sehr vage bzw. ohne nähere Begründung zu weitgehend vgl. MüKo-StGB/Ceffinato, 4. Aufl., § 264 Rn. 88; Matt/Renzikowski/Gaede, StGB, 2. Aufl., § 264 Rn. 33; Rau/Sleiman, NZWiSt 2020, 373, 375; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Aufl., § 264 Rn. 46).

27

(c) Es bedarf für die Annahme einer Scheinhandlung demnach eines Aktes, der den Anschein von Umständen erweckt, die tatsächlich nicht gegeben sind. Die bloße Behauptung im Antrag – in Abgrenzung zu einer Willenserklärung oder zu einem darüberhinausgehenden Realakt – erfüllt diese Voraussetzung nicht. Eine Scheinhandlung kann beispielsweise gegeben sein, wenn der Antragsteller im Vorfeld der Antragstellung eine unternehmerische Tätigkeit vortäuscht, indem er etwa zum Schein ein Gewerbe oder auch nur einen Firmensitz anmeldet (zu diesem Bsp.: Tolksdorf/Schellhaas, NZWiSt 2021, 344, 347 f.); sie kommt weiter in Betracht, wenn z.B. im Laufe des Antragsverfahrens gefälschte Unterlagen beigebracht werden, die etwa die unternehmerische Tätigkeit oder die im Antrag behaupteten Geschäftseinbußen untermauern sollen. Als weitere Beispiele für eine Scheinhandlung werden im Schrifttum die Begründung oder Beibehaltung eines Wohnsitzes, eines Standortes oder einer Betriebsstätte (i.S.d. § 12 AO) genannt, ohne dass der Ort der räumliche Schwerpunkt der privaten Lebensverhältnisse wäre (LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 264 Rn. 127; Vogel, in: Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, S. 159; zust. MüKo-StGB/Ceffinato, 4. Aufl., § 264 Rn. 88) oder einen geschäftlichen Mittelpunkt der Unternehmenstätigkeit im Sinne einer „festen Geschäftseinrichtung“ bilden würde (NK-StGB/Hellmann, 5. Aufl., § 264 Rn. 84).

28

(d) Das vom Senat entwickelte Begriffsverständnis steht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen.

29

Soweit der 5. Strafsenat darauf abstellt, nicht jede unrichtige oder unvollständige Angabe sei zugleich auch eine Scheinhandlung, die ohne Weiteres eine Strafbarkeit nach § 264 Abs. 1 StGB nach sich zieht (vgl. BGH, Beschluss vom 30. September 2010 – 5 StR 61/10, NStZ-RR 2011, 81, 82), entspricht dies der hier vertretenen Ansicht. Die hierfür herangezogene Begründung, dass eine Scheinhandlung in Abgrenzung zur Falschangabe nur dann vorliege, wenn die durch die unrichtige Angabe verdeckte Tatsache zu einer anderen Entscheidung über die Subventionsgewährung führen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 30. September 2010 – 5 StR 61/10, NStZ-RR 2011, 81, 82), ist zutreffend, vermag allerdings eine weitergehende Konkretisierung des Begriffs der Scheinhandlung – wie sie der Senat hier vornimmt – nicht zu vermitteln, da dieses Erfordernis nicht an der Qualität der Scheinhandlung als solcher anknüpft, sondern sich unabhängig davon bereits aus § 4 Abs. 1 Satz 2 SubvG ergibt und damit Teil des allgemeinen Maßstabs ist.

30

Auch die Rechtsprechung des 3. Strafsenats steht im Einklang mit der Rechtsansicht des Senats. Soweit dieser (BGH, Beschlüsse vom 22. August 2018 – 3 StR 357/17, juris Rn. 23 und 3 StR 449/17, juris Rn. 41) allgemein ausführt, dass als Scheinhandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 SubvG auch Angaben in Betracht kommen, mit denen ein in Wirklichkeit nicht existierender Sachverhalt als gegeben dargestellt wird, besteht auch insoweit kein Widerspruch zum Begriffsverständnis des Senats. Zur Frage, wie die Angaben beschaffen sein müssen, verhält sich die Entscheidung nicht; hierfür bestand im Übrigen auch kein Anlass, da der Angeklagte im dortigen Fall manipulierte sog. „Time-Sheets“ und unzutreffende Arbeitsnachweise erstellte, um gegenüber dem Subventionsgeber den Anschein zu erwecken, die entsprechenden Leistungen seien erbracht worden. Der Angeklagte gab also nicht lediglich eine unrichtige Erklärung ab, sondern belegte die früheren Falschangaben in seinem Antrag mittels weiterer fingierter Unterlagen, mithin eines tatsächlichen Akts, der die zur Subventionserteilung maßgeblichen Umstände nach außen hin belegen sollte.

31

d) Da es in den Fällen II. 1, 3, 4 sowie 6 bis 8 der Urteilsgründe an einem dem Subventionsgeber zur Kenntnis gebrachten tatsächlichen Akt fehlt, der geeignet ist, den Anschein eines in Wahrheit nicht existierenden Sachverhalts zu vermitteln, kommt mangels tauglicher Scheinhandlung im Ergebnis eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs nicht in Betracht. Der Angeklagte hat im Rahmen der Antragsstellung lediglich der Wahrheit zuwider behauptet, unternehmerisch tätig zu sein und coronabedingt Umsatzeinbrüche erlitten zu haben. Über diese bloßen Falschangaben hinaus hat er keine diese Behauptung stützende, nach außen erkennbare Handlungen vorgenommen, etwa durch Errichtung entsprechender Unternehmenskonten, Anbringung einer Adressbeschilderung zur Herstellung eines Scheinfirmensitzes oder Vorlage von Unterlagen zum Beleg der Geschäftstätigkeit.

32

e) Hingegen tragen die Feststellungen in den Fällen II. 1, 3, 6 und 8 der Urteilsgründe eine Verurteilung wegen Betrugs und in den Fällen II. 4 und 7, in denen die Fördergelder nicht ausgezahlt wurden, eine Verurteilung wegen versuchten Betrugs. Der Straftatbestand des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) geht zwar demjenigen des Betrugs (§ 263 StGB) als lex specialis vor und stellt diesem gegenüber im Rahmen seines Anwendungsbereichs eine abschließende Sonderregelung dar; eine Strafbarkeit nach § 263 StGB lebt jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines versuchten oder vollendeten Betrugs bei Unanwendbarkeit des § 264 StGB wieder auf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. April 2020 – 1 StR 559/19, juris Rn. 10; vom 22. August 2018 – 3 StR 357/17, juris Rn. 26; Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 243; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 263 Rn. 236 und § 264 Rn. 54a jew. mwN).

33

Dementsprechend ändert der Senat den Schuldspruch ab. Der Senat schließt aus, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung wegen Subventionsbetrugs ermöglichen. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte bereits im Eröffnungsbeschluss der Strafkammer auf eine mögliche Verurteilung wegen Betrugs hingewiesen wurde.

34

3. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu den Taten II. 2 und 5 der Urteilsgründe tragen hingegen im Ergebnis eine Verurteilung wegen Subventionsbetrugs (§ 264 StGB).

35

a) Zwar sind – anders als die Strafkammer annimmt – die Voraussetzungen des § 264 Abs. 9 Nr. 1 Variante 2 StGB aus den unter II. 2.b) genannten Gründen nicht erfüllt, da es an einer hinreichend konkreten Bezeichnung durch den Subventionsgeber als subventionserheblich fehlt.

36

b) Allerdings täuschte der Angeklagte durch Scheinhandlungen im Sinne von § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB i.V.m. § 4 SubvG, indem er über die bloßen Angaben in seinem Antrag hinaus im Fall II. 2 einen gefälschten Mietvertrag und im Fall II. 5 eine fingierte betriebswirtschaftliche Aufstellung erstellte und dem Subventionsgeber vorlegte (vgl. II. 2. c) cc) (2) (b)). Dabei steht der Anwendbarkeit von § 264 Abs. 9 Nr. 2 StGB zunächst nicht entgegen, dass vorliegend eine ausdrückliche Bezeichnung von Tatsachen als subventionserheblich gemäß § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB möglich und gewollt, aber – wie vorliegend – unzureichend vorgenommen war (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 249).

37

Der Angeklagte beantragte im Fall II. 2 eine Corona-Soforthilfe und erstellte, nachdem er seitens des Subventionsgebers um Plausibilisierung seiner zuvor getätigten Angaben gebeten worden war, einen fingierten Mietvertrag über Büroräumlichkeiten, mit dem er in Wahrheit nicht geschuldete Mietzahlungen nachwies. Im Fall II. 5 der Urteilsgründe beantragte der Angeklagte ebenfalls eine Corona-Soforthilfe und legte – wiederum auf Nachfrage – zum Nachweis monatlich laufender Kosten ebenfalls eine fingierte Betriebsaufstellung für die von ihm geführte H. Bausanierungs GmbH vor, die eine Auflistung von Verbindlichkeiten sowie betrieblichen Aufwendungen enthielt, um dadurch den wahren Sachverhalt, dass das Unternehmen tatsächlich keinen Geschäftsbetrieb unterhielt, zu verdecken (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 357/17, juris Rn. 24). Die den entsprechenden Anschein erweckenden, durch den Angeklagten fingierten Unterlagen wurden dem Subventionsgeber zur Kenntnis gebracht. Die Corona-Soforthilfen waren von den jeweils durch die Scheinhandlung verdeckten Sachverhalten abhängig. Der Subventionsgeber hätte die Zuwendungen in der konkreten Höhe versagt, wenn er gewusst hätte, dass tatsächlich keine existenzbedrohende Wirtschaftslage bestanden hätte bzw. tatsächlich keine oder geringere laufenden Kosten angefallen wären. Die die Scheinhandlung ausmachenden Angaben stellen sich mithin nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB als unrichtig im Sinne von nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmend dar (vgl. LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 264 Rn. 96). Maßgeblich war vielmehr der verdeckte Sachverhalt, § 4 Abs. 1 Satz 2 SubvG.

38

c) Da das Verhalten des Angeklagten zwar eine andere als von der Strafkammer angenommene, jedoch von den Feststelllungen getragene Tatbestandsvariante des § 264 Abs. 9 StGB erfüllte, bedurfte es insoweit keiner Schuldspruchänderung. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

39

4. Die Änderung des Schuldspruchs von Subventionsbetrug zu versuchtem Betrug hat die Aufhebung der Einzelstrafen in den Versuchsfällen (II. 4 und 7 der Urteilsgründe) sowie der Gesamtstrafe zur Folge. Der Senat kann in diesen Fällen angesichts der fakultativen Strafrahmenverschiebung gemäß § 23 Abs. 2 StGB – anders als in den Fällen II.1, 3, 6 und 8 der Urteilsgründe, bei denen es trotz Austauschs des zur Verurteilung führenden Delikts beim gleichen Strafrahmen bleibt – in diesen Fällen nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte.

40

5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass der neue Tatrichter im Hinblick auf die Dauer des Revisionsverfahrens über eine Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung zu entscheiden haben wird.

BayObLG zu der Frage, dass für die Annahme der Bezeichnung von subventionserheblichen Tatsachen genügt es, wenn die Online-Eingabemaske einen ziffernmäßigen Verweis enthält, der bestimmte Punkte als subventionserhebliche Tatsachen bezeichnet

BayObLG zu der Frage, dass für die Annahme der Bezeichnung von subventionserheblichen Tatsachen genügt es, wenn die Online-Eingabemaske einen ziffernmäßigen Verweis enthält, der bestimmte Punkte als subventionserhebliche Tatsachen bezeichnet

von Thomas Ax

Die einmalige Beantragung und Bewilligung einer Corona-Soforthilfe begründet grundsätzlich keinen unbenannten besonders schweren Fall des Subventionsbetrugs. (Rn. 6 – 10 und 18)

Für die Annahme der Bezeichnung von subventionserheblichen Tatsachen genügt es, wenn die Online-Eingabemaske einen ziffernmäßigen Verweis enthält, der bestimmte Punkte als subventionserhebliche Tatsachen bezeichnet (Anschluss an BGH BeckRS 2021, 10616). (Rn. 17)

BayObLG, Beschluss vom 23.05.2022 – 204 StRR 229/22

Entscheidungsgründe

I.

1

Am 28. April 2021 verurteilte das Amtsgericht Nürnberg den Angeklagten wegen Subventionsbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Gegen diese Verurteilung wandte sich der Angeklagte mit seiner unbeschränkt eingelegten Berufung. Darüber hinaus legte auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth eine auf die Rechtsfolgen beschränkte Berufung zu Ungunsten des Angeklagten ein. Das Rechtsmittel des Angeklagten führte zu der Herabsetzung der verhängten Strafe, wie aus dem Tenor ersichtlich. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde als unbegründet verworfen.

II.

2

Der Angeklagte war zweimal verheiratet und ist geschieden. Aus erster Ehe entstammt sein volljähriger Sohn, der in … studiert. Nunmehr, seit etwa vier Jahren, lebt der Angeklagte mit seiner Lebensgefährtin, einer Ärztin, zusammen, die den wesentlichen Teil des Haushaltseinkommens erwirtschaftet. Der Angeklagte hatte nach Abitur und Ableistung des Wehrdienstes (er ist Leutnant der Reserve) Betriebswirtschaftslehre studiert und arbeitete sodann bei verschiedenen Unternehmen in unterschiedlicher, teils leitender Funktion und an unterschiedlichen Orten, darunter auch zwei Jahre in China. Schließlich machte er sich als Unternehmensberater im Bereich von Finanzanalysen und Sanierungen selbstständig. Hierbei geriet er im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts in eine finanzielle Schieflage, weil vereinbarte variable Vergütungsbestandteile entweder nicht erwirtschaftet werden konnten oder aber von den Auftraggebern nicht bezahlt wurden, sodass der Angeklagte aktuell noch vor dem Landgericht München wegen ausstehender Provisionen prozessiert. Infolgedessen konnte er seinen aufwendigen Lebensstil nicht mehr finanzieren, weswegen es im Jahr 2014 zur Trennung und anschließenden Scheidung von seiner zweiten Ehefrau kam. Aktuell hat der Angeklagte keine Schulden; auch die Geldstrafen aus den nachfolgend genannten Verurteilungen sind vollständig bezahlt. Seit Dezember 2021 steht der Angeklagte in einem zunächst auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis als Angestellter.

3

Der Angeklagte ist vorbestraft aufgrund:

1. …

4. des Urteils des Amtsgerichts Nürnberg vom 25. Juni 2012 wegen Betrugs. Hier wurde der Angeklagte zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Strafaussetzung wurde später widerrufen, der Strafrest wurde nach der Verbüßung von einem Jahr zur Bewährung ausgesetzt;

7. des Urteils des Amtsgerichts Nürnberg vom 23. Mai 2019 wegen Diebstahls und Betrugs in 33 Fällen. Hier verhängte das Amtsgericht eine unbedingte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Dieser Verurteilung lag zugrunde, der Angeklagte habe am 10. Februar 2018 dem Geschädigten W. dessen Kreditkarte entwendet, um diese unberechtigt für sich zu behalten. In der Folgezeit habe er die Karte in 33 Fällen unberechtigt eingesetzt, um damit eigene Verbindlichkeiten zu begleichen. Dabei habe er seinen jeweiligen Vertragspartnern vorgetäuscht, der berechtigte Karteninhaber zu sein. Durch den Einsatz der Kreditkarte habe er sich einen Vermögensvorteil von insgesamt 2.356,38 € verschafft;

7. und schließlich aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Nürnberg vom 12. August 2020, worin gegen den Angeklagten wegen des unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs am 2. Februar 2020 eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen von 15 € verhängt wurde.

4

Der Angeklagte stand im Zeitpunkt der hier abgeurteilten Tat und auch zur Zeit der Berufungshauptverhandlung im hiesigen Verfahren unter zweifacher offener Reststrafenbewährung aus den vorgenannten Verurteilungen zu Nr. 4 und 7. Er hat wegen beider Verurteilungen jeweils nur die Halbstrafe verbüßt, d.h. es droht ihm ein Widerruf von insgesamt einem Jahr und sechs Monaten. Die Bewährungszeit im Fall Nr. 4 wurde insgesamt dreimal, im Fall Nr. 7 einmal wegen zwischenzeitlich begangener weiterer Straftaten verlängert. Aktuell ist die Bewährungszeit in beiden Fällen bis 17. Juni 2024 verlängert. Zuletzt wurde der Angeklagte am 10. Januar 2020 – also rund drei Monate vor der hier abgeurteilten Tat – aus der Strafhaft entlassen.

III.

5

Am 7. April 2020 um 8:06 Uhr beantragte der Angeklagte online bei der Regierung von … die Gewährung einer Überbrückungshilfe des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie geschädigten Unternehmen und Soloselbständigen („Corona-Soforthilfe insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“).

6

Die Online-Eingabemaske enthielt unter anderem folgenden, vom Angeklagten wahrgenommenen und verstandenen Hinweis: „Mir ist bekannt, dass es sich bei den Angaben zu Ziffer 1., 4., 5. und 6. um subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 des Strafgesetzbuchs i.V.m. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 … ggf. i.V.m. landesgesetzlichen Rechtsregelungen [erg.: handelt]. Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben … die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (264 StGB) zur Folge haben können.“

7

In einem weiter unten stehenden Feld mit folgendem Begleittext „Ich bestätige, dass ich die oben genannten Bedingungen gelesen und akzeptiert habe“ gab der Angeklagte sodann ein „Ja“ ein.

8

Im Eingabefeld unter der Ziffer 1 hatte der Angeklagte zuvor bei der Rechtsform seines Unternehmens „e.K.“ eingetragen, also „eingetragener Kaufmann“. Im Eingabefeld unter Ziffer 4, in dem nach der Zahl der Beschäftigten gefragt wurde, hatte er in der Zeile „Beschäftigte in Vollzeit (ab 30 Stunden pro Woche)“ die Zahl „5“ eingegeben. Beide Angaben entsprachen, wie der Angeklagte wusste, nicht der Wahrheit. Er war vielmehr als Einzelgewerbetreibender ohne jeden Eintrag im Handelsregister tätig, auch beschäftigte er niemanden, erst recht nicht in Vollzeit.

9

Ob der Angeklagte darüber hinaus auch noch dadurch eine falsche Angabe gemacht haben könnte, dass er in dem Antrag möglicherweise unzutreffend einen Liquiditätsengpass behauptete – wozu das Amtsgericht breit ausgeführt hat -, hat die Kammer nach Erörterung des der Intention der Verfahrensvereinfachung des § 264 StGB (vgl. Fischer, StGB, 69. Aufl., § 264 Rn. 2) gegenläufigen Beweisaufwandes zur Prognose des Liquiditätsengpasses (vgl. dazu Rau/Sleiman, NZWiSt 2020, 373, 376; Trompke/Wortmann, COVuR 2020, 401, 402 f.) nicht vertieft. Vielmehr hat sie mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten unterstellt, dass diese Angabe nicht unrichtig war.

10

Aufgrund der Angaben des Angeklagten gewährte ihm die Regierung von Mittelfranken mit Bescheid vom 29. Mai 2020 Soforthilfe in Höhe von 9.000 € und zahlte diese auf das von ihm angegebene Konto aus. Mit Bescheid vom 10. September 2021 widerrief die Regierung den Zuwendungsbescheid. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Angeklagte bereits 5.000 € an die Staatskasse zurückgezahlt (nämlich am 18. März 2021, also gut einen Monat vor der erstinstanzlichen Hauptverhandlung in dieser Sache). Die restlichen 4.000 € zahlte er im Januar 2022 zurück.

IV.

11

1. Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen Angaben vor der Berufungskammer. Zu den Vorstrafen wurde der Auszug aus dem Bundeszentralregister für den Angeklagten verlesen, ebenso wie der Sachverhalt aus dem Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 23. Mai 2019. Diese Angaben wurden vom Angeklagten als richtig bestätigt.

12

Daneben stützt sich die Kammer auf die Aussage der Bewährungshelferin des Angeklagten, der Zeugin K. Diese erteilte glaubhaft und detailliert Auskunft zu den beiden Halbstrafenaussetzungen und zum Bewährungsverlauf. Dabei beschrieb sie den Angeklagten als grundsätzlich kooperativ und seine persönlichen Lebensverhältnisse als einigermaßen geordnet. Wegen der letzten Verurteilung (vgl. oben II.8) – da habe sich der Angeklagte das von einem Münchener Autohaus für eine kurze Probefahrt zur Verfügung gestellte Fahrzeug über Nacht unbefugt „ausgeliehen“ – habe es zwischen ihr und ihrem Probanden allerdings Uneinigkeit gegeben. Er habe, so die Zeugin, ebenso wie im hier abgeurteilten Fall, das Unrechte seines Tuns nicht einsehen wollen. Auch habe der Angeklagte die Zeugin nicht über hiesiges Verfahren informiert, sie habe hiervon erst durch die Mitteilung des erstinstanzlichen Urteils erfahren.

13

2. Zur Sache hat der Angeklagte sich eingangs der Berufungshauptverhandlung geständig eingelassen und bestätigt, den Antrag vom 7. April 2020 gestellt zu haben. Ebenso sei zutreffend, dass er damals nicht als eingetragener Kaufmann firmiert und dass er keine fünf Personen beschäftigt habe. Er habe überhaupt keine Arbeitnehmer gehabt. Zutreffend sei weiterhin, dass das Geld von der Regierung von Mittelfranken bei ihm eingegangen sei. Er habe es auch zurückgezahlt.

14

Das Geständnis ist glaubhaft. Ergänzend stützt sich die Kammer auf folgende Beweismittel, die das Geständnis bestätigen, in Teilen ergänzen und so ein in sich konsistentes und die Kammer voll überzeugendes Bild ergeben: Die Einordnung der Falschangaben des Angeklagten zu Rechtsform und Beschäftigtenanzahl als subventionserheblich i.S.d. § 264 Abs. 9 StGB ergab sich aus den verlesenen Urkunden, nämlich aus dem Ausdruck des von dem Angeklagten ausgefüllten Onlineformulars und aus dem Ausdruck des Screenshots der Eingabemaske, aus dem sich die aus dem erstgenannten Ausdruck nicht erkennbare Zuordnung der Ziffern zu den einzelnen Eingabefeldern ergab, nämlich „1“ für „Antragsteller“ – hier wurde auch nach der Rechtsform gefragt – und „4“ für „Beschäftigte“, wo nach den Beschäftigten und deren Stundenzahl gefragt wurde.

15

Die Bewilligung, Auszahlung von 9.000 € und Rückzahlung von 5.000 € wird belegt durch die verlesenen Bescheide der Regierung von Mittelfranken, nämlich durch den Bewilligungsbescheid vom 29. Mai 2020 und den Widerrufsbescheid vom 10. September 2021. Die Rückzahlung der verbleibenden 4.000 € konnte der Angeklagte durch die Vorlage einer Online-Überweisungsbestätigung belegen, die in der Hauptverhandlung verlesen wurde.

16

Am kognitiven Element des Vorsatzes des Angeklagten hegt die Kammer auch aufgrund seiner betriebswirtschaftlichen Vorbildung und langjähriger Tätigkeit in verschiedenen Unternehmen, teils bei namhaften Unternehmensberatungen wie … und … und aufgrund seiner einschlägigen Vorverurteilungen wegen Betrugs, keinerlei Zweifel. Das Motiv des Angeklagten, die Subvention unberechtigt zu vereinnahmen, ist für die Kammer ebenso zweifelsfrei. V.

17

Damit hat sich der Angeklagte wegen Subventionsbetrugs nach § 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 9 StGB strafbar gemacht. Bei den Corona-Soforthilfen handelt es sich um Subventionen i.S.d. § 264 Abs. 8 StGB (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, juris Rn. 5). Die subventionserheblichen Tatsachen waren durch den ziffernmäßigen Verweis auf bestimmte Punkte der Online-Eingabemaske dort als solche bezeichnet und damit für den Angeklagten klar erkennbar, was ausreichend ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, juris Rn. 10; LG Hamburg, Beschluss vom 18. Januar 2021 – 608 Qs 18/20, juris Rn. 44; Höpfner/Bednarz, ZWH 2021, 91, 93). Die falschen Angaben – jedenfalls diejenige zur Zahl der Beschäftigten – waren für den Angeklagten vorteilhaft (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 a.E. StGB; dazu Saliger in SSW-StGB, 5. Aufl., § 264 Rn. 26), weil sie sein Unternehmen als größer und damit als in größerem Umfang beihilfeberechtigt erscheinen ließen als es tatsächlich war. In Nr. 4 des Bewilligungsbescheides heißt es insoweit: „Aufgrund der im Antrag gemachten Angaben zur Mitarbeiterzahl (5) … wird die Höhe der Soforthilfe Corona auf 9.000 € festgesetzt“. Die Bezeichnung der Angaben als subventionserheblich erfolgte schließlich aufgrund eines Gesetzes durch den Subventionsgeber (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB).

VI.

18

1. Den Strafrahmen hat die Kammer § 264 Abs. 1 StGB entnommen. Die Annahme eines besonders schweren Falles gemäß Abs. 2 der Vorschrift sah die Kammer nach Abwägung aller Umstände als nicht gerechtfertigt an. Sofern das Landgericht Stade einen besonders schweren Fall unter anderem dadurch begründet sah, dass der dortige Angeklagte ein unbürokratisches staatliches Angebot zur Rettung kleiner Wirtschaftsteilnehmer in einer in der Nachkriegszeit beispiellosen nationalen Notlage durch die Pandemie ausgenutzt hat (LG Stade, Urteil vom 16. Dezember 2020 – 600 KLs 141 Js 21934/20 (7/20), juris Rn. 112, gebilligt von BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 – 6 StR 137/21, juris Rn.12), so teilt die Kammer zwar die damit verbundene verschärfte Missbilligung. Allerdings muss man andererseits sehen, dass der Subventionsgeber es potenziellen Betrügern mangels wirksamer Kontrolle bei der Subventionsbewilligung leicht gemacht hat. Das Geld lag, um es bildhaft zu sagen, auf der Straße, und der Angeklagte hat sich danach gebückt. Die aufzuwendende kriminelle Energie war bei seinem einmaligen Antrag eher gering anzusetzen.

19

2. Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat die Kammer zugunsten des Angeklagten sein Geständnis gewertet. Zudem machte er den mit der Tatbegehung einhergehenden Schaden durch die inzwischen vollständige Rückzahlung der Subvention wieder gut. Die grundsätzlich gesamtstrafenfähige, hier aber schon vollständig bezahlte Geldstrafe von 90 Tagessätzen für den unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs (oben II.8), war zugunsten des Angeklagten durch einen sog. Härteausgleich zu berücksichtigen. Die Kammer hat im Übrigen gesehen, allerdings nicht bestimmend zugunsten des Angeklagten gewertet, dass ihm prognostisch infolge des hiesigen Urteils – aus der Sicht der Kammer unausweichlich und auch überfällig – die beiden noch offenen Reststrafenbewährungen von insgesamt einem Jahr und sechs Monaten widerrufen werden, sodass das gesamte Strafübel, mit dem er sich nunmehr konfrontiert sieht, dementsprechend erhöht ist. Das ist aber schlicht Folge des bewussten und wiederholten Bewährungsbruchs (vgl. Eschelbach in SSW-StGB, 5. Aufl., § 46 Rn. 161), die der Angeklagte zu tragen hat.

20

Zulasten des Angeklagten hat die Kammer insbesondere gewertet, dass er die Tat nur kurz nach der (Teil-)Verbüßung einer einschlägigen Vorstrafe und unter einschlägiger zweifacher offener Reststrafenbewährung stehend begangen hat. Insgesamt waren die einschlägigen Vorverurteilungen und die Rückfallgeschwindigkeit negativ zu vermerken. Weiterhin war der ursprüngliche Schaden mit 9.000 € Auszahlungssumme nicht unerheblich.

21

Unter Abwägung aller, auch der unter VI.1 genannten Umstände hält die Kammer für die festgestellte Straftat eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für tat- und schuldangemessen.

22

3. Die Strafaussetzung zur Bewährung verbietet sich nach Lage der Dinge. Eine positive Sozialprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) ist dem Angeklagten angesichts des bereits genannten wiederholten Bewährungsversagens und der Rückfallgeschwindigkeit nicht zu stellen. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus den von der Zeugin K. referierten und vom Angeklagten bestätigten Umständen, an deren Vorliegen die Kammer keine Zweifel hegt: Weder die Kooperation mit der Bewährungshelferin im Laufe der seit 2012 durchgehend laufenden, nur durch den Strafvollzug unterbrochenen Bewährung, noch die durch die Beziehung zu seiner aktuellen Lebensgefährtin stabilisierten persönlichen Verhältnisse haben den Angeklagten allerdings von der Begehung der hier abgeurteilten Straftat abgehalten. Sie geben daher keine Grundlage für die Annahme, der Angeklagte würde sich künftig straffrei führen.

23

Weiterhin hat der Angeklagte gegenüber Kammer ausgeführt, er wolle künftig „kleinere Brötchen backen“. Das überzeugte die Kammer nicht. Denn die Zeugin K. hat ausgeführt, dass der Angeklagte aufgrund eines positiven Selbstbildes und seiner Kenntnisse sich rasch unterfordert fühle und immer wieder nach Selbstbestätigung suche. So sei die hiesige Tat nicht aus Not heraus geschehen, denn seine mit ihm zusammenlebende und wirtschaftende Lebensgefährtin verdiene mehr als 7.000 € netto monatlich. Er habe sich, obwohl gerade aus der Strafhaft entlassen, als Vermittler für die Lieferung von Schutzmasken an den Freistaat Bayern am Beginn der Corona-Pandemie ins Gespräch bringen wollen. Damit habe er, so führte er gegenüber der Kammer aus, der Gesellschaft in der Not helfen wollen. Ebenso wenig habe es, so die Zeugin weiter, für den unbefugten Gebrauch des Wagens aus einem Münchener Autohaus (oben II.8) einen zwingenden Anlass gegeben. Die Kammer sieht den in den Straftaten zu Tage tretenden Geltungsdrang und das Bewusstsein der eigenen Bedeutsamkeit als für den Angeklagten hinderlich, dauerhaft eine wirksame Selbstkontrolle auszuüben. Infolgedessen wäre es für die Kammer hinderlich, eine positive Sozialprognose zu bejahen, wenn sie nicht aus oben genannten Gründen ohnehin schon ausgeschlossen wäre. Insgesamt ist das Gericht vor diesem Hintergrund der Auffassung, dass sich der Angeklagte durch die wiederholte Gewährung und Verlängerung von Bewährungen zur Begehung weiterer Straftaten eher ermuntert gefühlt hat als dass er hiervon abgehalten worden ist.

VII.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, 4 StPO.

BGH zu dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten und dass diesem der Zeitpunkt, zu dem er erstmals eine entlastende Einlassung vorbringt, nicht zum Nachteil gereichen kann

BGH zu dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten und dass diesem der Zeitpunkt, zu dem er erstmals eine entlastende Einlassung vorbringt, nicht zum Nachteil gereichen kann

von Thomas Ax

Der Grundsatz, dass niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht, insoweit also ein Schweigerecht besteht, ist notwendiger Bestandteil eines fairen Verfahrens. Es steht dem Angeklagten frei, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 2, § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO). Macht ein Angeklagter von seinem Schweigerecht Gebrauch, so darf dies nicht zu seinem Nachteil gewertet werden (BGH, Urteile vom 26. Oktober 1983 – 3 StR 251/83BGHSt 32, 140, 144; vom 26. Mai 1992 – 5 StR 122/92BGHSt 38, 302, 305; vom 22. Dezember 1999 – 3 StR 401/99NJW 2000, 1426; Beschlüsse vom 3. Mai 2000 – 1 StR 125/00NStZ 2000, 494, 495; vom 28. Mai 2014 – 3 StR 196/14NStZ 2014, 666, 667). Der unbefangene Gebrauch dieses Schweigerechts wäre nicht gewährleistet, wenn der Angeklagte die Prüfung und Bewertung der Gründe für sein Aussageverhalten befürchten müsste. Deshalb dürfen weder aus der durchgehenden noch aus der anfänglichen Aussageverweigerung – und damit auch nicht aus dem Zeitpunkt, zu dem sich der Angeklagte erstmals einlässt – nachteilige Schlüsse gezogen werden (st. Rspr.; vgl. Beschluss vom 28. Mai 2014 – 3 StR 196/14NStZ 2014, 666, 667 mwN).

BGH, Beschluss vom 13.10.2015 – 3 StR 344/15

Bei Leistungen der Daseinsvorsorge ist alles anders

Bei Leistungen der Daseinsvorsorge ist alles anders

Nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind.

Von einem Teilnahmewettbewerb kann nur dann abgesehen werden, wenn die Mindestfristen des Regelverfahrens – in diesem Fall die verkürzten Fristen nach § 17 Abs. 3 und 8 VgV – nicht eingehalten werden können. Gemäß § 15 Abs. 3 VgV beträgt die verkürzte Angebotsfrist beim offenen Verfahren 15 Kalendertage. Bei einem nicht offenen Verfahren beträgt die verkürzte Teilnahmefrist nach § 16 Abs. 3 VgV 15 Tage, die sich daran anschließende Angebotsfrist 10 Tage (vgl. § 16 Abs. 7 VgV). Hinsichtlich des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb gelten dieselben Fristen wie beim nicht offenen Verfahren. Bei allen genannten Verfahrensarten kommt die Frist für die Vorabinformation gem. § 134 Abs. 2 GWB hinzu, welche noch einmal 10 Tage beträgt. Voraussetzung für den Fristenlauf ist jedoch jeweils, dass die entsprechenden Vergabeunterlagen „Ausschreibungsreife“ haben, das heißt dass die Eignungsanforderungen für die Bewerber/Bieter festgelegt wurden, die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung ermittelt und die vollständigen Vertragsunterlagen (Leistungsbeschreibung etc.) erstellt sind.

Zu den vorgenannten gesetzlichen Mindestfristen kommen somit noch der für die Ausschreibung notwendige Zeitrahmen hinzu sowie die vorherige Erstellung der hierfür erforderlichen Unterlagen (Vergabevermerk, Bedarfsprüfung, Prüfung/Bereitstellung der Haushaltsmittel sowie Vertragserstellung). Bei den Mindestfristen nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV muss noch Zeit für Bieter-fragen und die Auswertung der Angebote einbezogen werden. Gleiches gilt für die notwendige Rüstzeit für den bezuschlagten Auftragnehmer bezüglich des Ausführungsbeginns.

Nach Erfahrungswerten aus vergleichbaren Fällen ist für eine Vergabe der betreffenden Dienstleistung im offenen Verfahren eine Verfahrensdauer von bis zu einem Jahr einzuplanen.

Grundsätzlich dürfen die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein. Eine Ausnahme hiervon stellt die Interimsvergabe in dem Bereich der Daseinsvorsorge dar.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung und Literatur ist überwiegend anerkannt, dass eine Vergabe nach den Grundsätzen des § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV (Interimsvergabe) dann zulässig ist, wenn es um Beschaffungen geht, welche in einem übergeordneten Interesse notwendig sind.

Dies betrifft solche Leistungen, die im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere unter Gesichts-punkten der Daseinsvorsorge, unverzichtbar sind. Eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ist bei solchen für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen ist; der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt dann hinter der Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück (vgl. OLG Frankfurt am Main in dem Beschluss vom 24.11.2022 – 11 Verg 5/22; OLG Düsseldorf Beschluss vom 15.02.2023 – VII-Verg 9/22; BayObLG, Beschluss vom 31.10.2022 – Verg 13/22; OLG Frankfurt, Be-schlüsse vom 31.10.2022 – 11 Verg 7/21 und vom 30.1.2014 – 11 Verg 15/13; OLG Celle, Beschluss vom 24.09.2014, 13 Verg 9/14).

In der wert- und insbesondere grundrechtsgebundenen Ordnung des Grundgesetzes und der Unionsverträge, so das OLG Frankfurt am Main in dem Beschluss vom 24.11.2022 – 11 Verg 5/22, muss der Staat immer und unabhängig von früheren Versäumnissen in rechtmäßiger Weise in der Lage sein, auf Notlagen zu reagieren oder sie abzuwenden sowie unverzichtbare Leistungen zu erbringen.

Dies betrifft insbesondere Leistungen zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich der Daseinsvorsorge.

Die Interimsvergabe ist dementsprechend eine „Überbrückungsvergabe“ für den Fall, dass eine im Wettbewerb ausgeschriebene Leistung nicht pünktlich vergeben werden kann und ein vertragsloser Zustand droht. Das gilt auch bei unmittelbaren Gefährdungen der Versorgungssicherheit im Bereich der Daseinsvorsorge.

Eine Interimsvergabe kommt demnach zum eigentlichen Vergabeverfahren hinzu.

Die Rechtsprechung begrenzt zulässige Interimsvergaben auf den Zeitraum, der erforderlich ist, um ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchzuführen und abzuschließen.

Eine Vertragsdauer von einem Jahr trägt der notwendigen Beschränkung auf den Interimsbedarf Rechnung. Interimsbeauftragungen sind auf den Zeitraum zu befristen, bis ein normales Verfahren bei Ausnutzung aller Möglichkeiten zur Beschleunigung vorbereitet und abgeschlossen sein kann. Sie sind deshalb zeitlich bis zum frühestmöglichen Abschluss des vergaberechtlich vorgeschriebenen europaweiten Vergabeverfahrens befristet. Eine Laufzeit von einem Jahr ist bei einer Interimsvergabe als verhältnismäßig und zulässig anzusehen (VK Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.05.2014, VK 1-7/14 = BeckRS 2015, 15353; VK Arnsberg, Beschl. v. 25.08.2008, VK 14/08 = IBRRS 2008, 2849; VK Sachsen, Beschl. v. 27.04.2015, 1/SVK/012-15 = BeckRS 2015, 16420; OLG Dresden, Beschl. v, 11.11.2008, Verg 006-08; VK Lüneburg, Beschl. v. 03.07.2009, VgK-30/2009).

Die Interimsvergabe stellt an sich bereits das mildeste Mittel dar. Die Rechtsprechung hat durch die Interimsvergabe ein Rechtsinstitut geschaffen, welches auf der einen Seite den Zielen des EU-Vergaberechts gerecht wird und auf der anderen Seite die Gewährleistung der Aufgaben im Bereich der Daseinsvorsorge und die Funktionsfähigkeit erhalten und sicherstellen soll. Dies geht insbesondere daraus hervor, dass nach der Rechtsprechung, zum einen eine Interimsvergabe nur für einen begrenzten Zeitraum zulässig und zum anderen akzessorisch zu einem bereits begonnenen oder anstehenden Vergabeverfahren ist.

Die in Art. 14 AEUV normierte Funktionsgewährleistungspflicht legt fest, dass die Mitgliedstaaten und die Union eine positive Verpflichtung trifft, durch geeignete Gestaltung der Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass die Träger von Diensten im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse ihren Aufgaben angemessen nachkommen können (Jung in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, AEUV Art. 14 Rn. 22). Der Begriff „Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“, entspricht dem der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Art. 106 Abs. 2 und Art. 36 der Grundrechtecharta (Calliess/Ruffert/Jung, 6. Aufl. 2022, AEUV Art. 14 Rn. 12; Definitionen auch bei Europäische Kommission, Leistungen der Daseinsvor-sorge in Europa, ABl. 2001 Nr. C 17/4, Anhang II). In Zusammenhang mit Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird der Begriff der „Daseinsvorsorge“ in den deutschen Sprachfassungen der offiziellen Doku-mente verwendet (Groeben, von der/Schwarze/Philipp Voet van Vormizeele, AEUV Art. 14 Rn. 8, 9; Jung in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, AEUV Art. 14 Rnrn. 12, 13, Art. 106 Rn. 36).

Somit ergibt sich ein Spannungsverhältnis zwischen Art. 32 Abs. 2 lit. C Richtlinie 2014/24/EU und Art. 14 AEUV.

Die Auslegung des Sekundärrechts erfolgt immer im Lichte des höherrangigen Primärrechts. Art. 32 Abs. 2 lit. c Richtlinie 2014/24/EU ist deshalb da-hingehend einschränkend auszulegen, dass die höherwiegende Leistungs-erbringung im Bereich der Daseinsvorsorge nach Art. 14 AEUV gewährleistet werden kann (Funktionsgewährleistungspflicht).

Ax konzipiert erfolgreich und setzt erfolgreich um Klärschlammentsorgung auch über 2029 hinaus

Ax konzipiert erfolgreich und setzt erfolgreich um Klärschlammentsorgung auch über 2029 hinaus

Nach den gesetzlichen Vorschriften der Klärschlammverordnung sind alle Betreiber einer Kläranlage verpflichtet, den Klärschlamm möglichst hochwertig zu verwerten und ab 2029 eine Rückgewinnung von Phosphor aus dem Klärschlamm sicher zu stellen, sofern dieser 20g oder mehr Phosphor pro kg Trockenmasse enthält.

Phosphor: Wichtiger Rohstoff für die Landwirtschaft

Klärschlamm enthält Phosphor und Stickstoff – wichtige Nährstoffe für Pflanzen in der Landwirtschaft. Allerdings sind im Abfallprodukt unserer Kläranlagen auch Stoffe enthalten, die dem Boden nicht unkontrolliert zugeführt werden sollten, etwa Mikroplastik oder organische Schadstoffe.

Phosphor im Klärschlamm muss zurückgewonnen werden

Die Verordnung soll sicherstellen, dass Phosphor im Klärschlamm zurückgewonnen wird – für Städte und größere Kommunen gilt dies ab 2029, für kleinere Gemeinden mit eigenen Kläranlagen ab 2032. Sie alle müssen sicherstellen, dass aus den Klärschlämmen oder ihrer Asche bis zu 80 Prozent des Phosphors zurückgewonnen, also recycelt, werden.

Phosphor ist für alle biologischen Organismen lebenswichtig und z.B. an der Funktion zentraler Bereiche wie der DNA und der Energieversorgung der Zellen beteiligt. Auf natürlichem Wege gelangt Phosphor einerseits über Verwitterung in den Boden oder andererseits über die Zersetzung von organischen Stoffen.

Über Kunstdünger wird in der Landwirtschaft der Phosphoranteil im Boden erhöht, um das Wachstum und die Erträge zu steigern. Die gleiche Funktion hat das Ausbringen von Klärschlamm auf den Feldern, in dem unter anderem auch Phosphor enthalten ist. Da die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm aufgrund der erwähnten Schadstoffbelastung durch die Düngemittelverordnung (DüMV) inzwischen stark reduziert wurde, verringert sich auch die Phosphor-Menge, die dadurch auf die Felder eingebracht wird.

80 Prozent der Vorkommen von Mineralien, in denen Phosphor enthalten ist, liegen in Afrika, China und den USA. Deutschland verfügt über keine nennenswerten Vorkommen und muss Phosphor zu 100 Prozent importieren. Ein Recycling ist deshalb notwendig, um dem steigenden Bedarf einerseits gerecht zu werden und andererseits dem Gedanken der Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen. Der wichtige Stoff Phosphor wird schließlich aus einem Abfallprodukt der kommunalen Kläranlagen gewonnen und hilft uns, die Abhängigkeit von Phosphorimporten zu verringern. Denn durch konsequentes Phosphorrecycling aller Klärschlämme in Deutschland könnten bis zu 40 Prozent der Importe ersetzt werden.

Mitverbrennung nur noch für phosphorarme Klärschlämme

Der Schwellenwert erlaubt ab 2029 eine Mitverbrennung nur noch für phosphorarme Klärschlämme.

Die bisher genutzte Mitverbrennung von Klärschlamm in Zementwerken ist ab 2029 nicht mehr zulässig.

Phosphor-Rückgewinnung aus der anfallenden Asche erforderlich

Die ebenfalls praktizierte Mitverbrennung von Klärschlamm in Kohlekraftwerken führt zu einer Asche und bleibt weiterhin erlaubt, macht aber ab 2029 die Phosphor-Rückgewinnung aus der anfallenden Asche erforderlich und bietet durch den geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung langfristig keine Entsorgungssicherheit.

Klärschlammverbrennung ab 2029 zur Vorbehandlung des Klärschlammes vor der Phosphor-Rückgewinnung erforderlich

Da die Klärschlammverbrennung ab 2029 zur Vorbehandlung des Klärschlammes vor der Phosphor-Rückgewinnung erforderlich ist und die Verbrennungskapazitäten deutschlandweit nicht ausreichen, ist der Neubau von Klärschlammverbrennungsanlagen in ganz Deutschland bereits vor Jahren angelaufen. Dennoch wird die Verbrennungskapazität ab 2029 nach Einschätzung von Experten in ganz Deutschland wie auch in Baden-Württemberg bei weitem nicht ausreichen.

Angesichts dieser absehbaren Problematik sind Klärschlammentsorgungskapazitäten frühzeitig langfristig zu sichern.

Ziel ist es, die Klärschlammentsorgung weiterhin über Dienstleistungsunternehmen gesetzeskonform zu bewerkstelligen und auszuschreiben.

Längerfristige Entsorgungsverträge als bisher erforderlich

Um die erforderliche Planungssicherheit auf beiden Seiten herzustellen, sind längerfristige Entsorgungsverträge als bisher erforderlich. Nur so können die erforderlichen Verbrennungs- und Rückgewinnungsanlagen von privatwirtschaftlicher Hand gebaut werden und die Kläranlagenbetreiber sichern sich frühzeitig den Zugang zu den neu entstehenden Kapazitäten.

Die Leistungen müssen europaweit ausgeschrieben werden. Sinnvoll ist die Bildung von Verbünden und kooperatives Vorgehen. Viele Kommunen müssen sich an diesem gemeinsamen Vorgehen beteiligen, ein Alleingang macht hier keinen Sinn.

Wir verfügen über langjährige Erfahrung und verstehen deshalb im besonderen Maße die komplexen Herausforderungen, denen Kommunen gegenüberstehen.

Unser Ziel ist es, Ihnen dabei zu helfen, diesen Prozess so effizient, rechtskonform und kosteneffektiv wie möglich zu gestalten. Unsere langjährige Erfahrung, unser umfassendes Fachwissen sowie unser Engagement für höchste Standards machen uns zu einem vertrauenswürdigen Partner.

Kommunen deutschlandweit gehören zu den erfolgreich unterstützten Auftraggeber-Kunden.

Wir sind in der Lage, für Ihre besondere Ausgangslage und die anspruchsvollen Rahmenbedingungen passende Lösungen mit Ihnen für Sie zu entwickeln, zu kommunizieren und umzusetzen. Wir sind kommunikationsstark und überzeugen durch Fachwissen, Erfahrung und eine Portion Pragmatismus. Die Inanspruchnahme unserer Vergabeunterstützung bietet zahlreiche Vorteile. Sie ermöglicht es, in der vorgegebenen Zeit zum Ergebnis zu kommen. Darüber hinaus sparen Sie wertvolle Zeit und Ressourcen, indem Sie die komplexen Aufgaben der Beschaffung an uns als erfahrene Experten auslagern. Dies ermöglicht es Ihnen, sich auf Ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und gleichzeitig die Effizienz und Qualität Ihrer Beschaffungsprozesse zu verbessern. Das von uns entwickelte Leistungsbild umfasst alle -wirklich alle- für die Durchführung des Verfahrens erforderlichen Leistungen.

Insbesondere:

Zielorientierte Abstimmung über den Beschaffungsbedarf/ Bestimmung des Beschaffungsbedarfes

Durchführung und Auswertung einer Markterkundung

Sachgerechte Strukturierung des Verfahrens unter allen relevanten Gesichtspunkten

Interessengerechte Ausrichtung und Gestaltung des Verfahrens unter allen relevanten Gesichtspunkten

Erstellung einer Leistungsbeschreibung

Festlegung der Eignungskriterien und deren Gewichtung

Festlegung der Auswahlkriterien und deren Gewichtung

Festlegung der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung

Festlegung von Bewertungsmatrizes

Umfassende Beratung in allen relevanten vergaberechtlichen Fragestellungen:

Erstellung der Ausschreibungsunterlagen (formal und fachlich)

ggf. Erstellung der Verträge (bei Bedarf)

Erstellung der notwendigen Bekanntmachung

Verfahrensbegleitung:

Veröffentlichung der Ausschreibung auf einer Vergabeplattform und Bewerber-/ Bieterkommunikation, ggf. Anpassung der Vergabeunterlagen

Durchführung der Bewerbungs-/ Angebotsöffnung

Bewerbungs-/ Angebotsprüfung und -wertung

Erarbeitung und Vorstellung und Abstimmung des Vergabevorschlags

Durchführung der Zuschlagserteilung, Information der nicht erfolgreichen Bieter

ggf. Aufhebung des Vergabeverfahrens

Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Verhandlungen oder Angebotspräsentationen

Dokumentation des kompletten Vergabeverfahrens unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben

Unsere Kommunikation

ist einfach, zielgerichtet und anforderungsgerecht.

Federführend und Ihr persönlicher Ansprechpartner

ist Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax.

Kurzum:

Wir organisieren alles Notwendige rechtzeitig und zuverlässig.

Wir haben einschlägige Erfahrung.

Wir kennen die Akteure und die Marktsituation.

Sprechen sie uns gerne an.

VergabePraxis: Zu einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Finanzierungsbedarfs ist der AG gehalten, einen Sicherheitsaufschlag auf das Ergebnis der sorgfältig geschätzten Kosten vorzunehmen

VergabePraxis: Zu einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Finanzierungsbedarfs ist der AG gehalten, einen Sicherheitsaufschlag auf das Ergebnis der sorgfältig geschätzten Kosten vorzunehmen

von Thomas Ax

Der öffentliche Auftraggeber kann nicht davon ausgehen, dass die Bieter die Kosten für den ausgeschriebenen Auftrag in gleicher Höhe oder niedriger als er selbst kalkulieren. Bei der Kostenermittlung handelt es sich um eine Schätzung, von der die nachfolgenden Ausschreibungsergebnisse erfahrungsgemäß mitunter nicht unerheblich abweichen (BGH, Urteil v. 08.09.1998, X ZR 99/96, juris Rn. 23). Diesem Umstand muss der öffentliche Auftraggeber Rechnung tragen, indem er für die Ermittlung des Kostenbedarfs einen Aufschlag auf den sich nach der Kostenschätzung ergebenen Betrag vornimmt (so auch: OLG Celle, Beschluss v. 10.03.2016, 13 Verg 5/15, juris Rn. 29; OLG Celle, Beschluss v. 13.01.2011 – 13 Verg 15/10, juris Rn. 21; KG, Beschluss v. 17.10.2013 – Verg 9/13, juris Rn. 44; Portz in Ingenstau/Korbion, VOB Teil A und B, 20. Aufl., § 17 VOB/A Rn. 29). Dabei stehen dem öffentlichen Auftraggeber mehrere auch miteinander kombinierbare Möglichkeiten zur Verfügung.

Der Sicherheitsaufschlag kann in der Kalkulation selbst enthalten sein, so etwa in den veranschlagten Mengen und Einheitspreisen. Er kann aber auch als prozentualer Aufschlag auf die Kostenschätzung ausdrücklich ausgewiesen sein. In welcher Höhe ein Sicherheitsaufschlag vorzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Soweit in der Rechtsprechung unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.11.2012 (Az. X ZR 108/10) ein “ganz beträchtlicher Aufschlag” auf den sich nach der Kostenschätzung ergebenden Betrag gefordert wird (OLG Celle, Beschluss v. 10.03.2016, 13 Verg 5/15, juris Rn. 27, max. 10 %; KG, Beschluss v. 17.10.2013, Verg 9/13, VergabeR 2014, 229), ergibt sich aus der genannten Entscheidung dieses Erfordernis nicht. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs betreffen die Frage, wann die Ausschreibung zu keinem wirtschaftlich akzeptablen Angebot geführt hat, mithin von einem unwirtschaftlichen Ausschreibungsergebnis auszugehen ist. Voraussetzung dafür ist – so der Bundesgerichtshof -, dass das Ausschreibungsergebnis “ganz beträchtlich” über dem Schätzergebnis liegt. Über die Höhe eines Sicherheitszuschlags verhalten sich die Ausführungen nicht.

VergabePraxis: Ein die Aufhebung rechtfertigender Grund führt nicht automatisch zur Aufhebung des Verfahrens

VergabePraxis: Ein die Aufhebung rechtfertigender Grund führt nicht automatisch zur Aufhebung des Verfahrens

von Thomas Ax

Liegt ein die Aufhebung rechtfertigender Grund vor, führt dies nicht automatisch zur Aufhebung des Verfahrens. Der Auftraggeber hat vielmehr zu überlegen und abzuwägen, ob er die Ausschreibung aufhebt (BGH, Beschluss v. 10.11.2009, X ZB 8/09; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 27.09.2013, 15 Verg 3 /13, juris Rn. 47 ff.). Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang auch, ob weniger einschneidende Alternativen zur Aufhebung in Betracht kommen und ob der zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht weniger einschneidende Maßnahmen als die Aufhebung des Verfahrens insgesamt rechtfertigt oder fordert.

Öffentliche Aufträge dürfen nur vergeben werden, wenn sie haushaltsrechtlich abgesichert sind. Ermessenspielräume bestehen deshalb nur dahingehend, ob ein milderes Mittel als die Aufhebung des Verfahrens in Betracht kommt.

VergabePraxis: Versehentlich falsch angegebene Preise können nach Angebotsöffnung korrigiert werden

VergabePraxis: Versehentlich falsch angegebene Preise können nach Angebotsöffnung korrigiert werden

von Thomas Ax

Es werden unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, ob und unter welchen Voraussetzungen ein versehentlich falsch angegebener Preis nach Angebotsöffnung korrigiert werden kann. Teilweise wird bei offensichtlichen preislichen Falschangaben eine Berichtigung für zulässig gehalten und ein Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot (§ 15 Abs. 3 VOB/A EG) verneint (Vavra in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., VOB/A § 15 Rn. 19; § 16 Rn. 9; OLG Saarbrücken IBR 2009, 407). Teilweise wird eine Berichtigung von “falschen” Preisen oder auch gemäß § 119 Abs. 1 BGB wegen Erklärungsirrtums anfechtbaren Preisen abgelehnt (Planker in Kapellmann/Messerschmidt,VOB/A und VOB/B, 3. Aufl., § 15 VOB/A Rn. 22). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass eine Klarstellung des Angebotsinhalts zulässig, hingegen eine nachträgliche Änderung des Angebots durch das Einfügen eines neuen Preises unstatthaft ist. Von einer zulässigen Klarstellung des Angebotsinhalts ist auszugehen, wenn der tatsächlich gemeinte (richtige) Preis durch Auslegung des Angebotsinhalts gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Sind Nachforschungen über das wirklich Gewollte beim Bieter erforderlich, sind diese Anforderungen nicht erfüllt. Anderenfalls hätte es der Bieter in der Hand, den angebotenen Preis nachträglich gegen einen anderen auszutauschen (Senatsentscheidung vom 16.03.2016, VII-Verg 48/15). Bei der Auslegung ist dabei maßgeblich darauf abzustellen, wie der Empfänger das Angebot im Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung verstehen musste. Nachträgliches Verhalten oder Willensbekundungen einer Partei sind bei der Auslegung von Rechtsgeschäften nur insoweit berücksichtigungsfähig, als sie Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und auf das Verständnis des Erklärungsempfängers im Zeitpunkt des Zugangs zulassen (BGH, Versäumnisurteil vom 7.12.2006, VII ZR 166/05, NJW-RR 2007, 529).

Die Darlegungslast für das Vorliegen einer fehlerhaften Preisangabe obliegt dem Auftraggeber (Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2007, VII-Verg 24/07 – juris Rn. 38; OLG Naumburg NZBau 2006, 129; OLG Frankfurt a.M. VergabeR 2006, 126; Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOB/A, 2. Aufl. 2014, § 16 Rn. 91; Stoye/Gielen in Müller-Wrede, GWB Vergaberecht, 2016, § 175 Rn. 33; kritisch aber Opitz in Burgi/Dreher, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, § 16 VOB/A-EU Rn. 25 und 98; zur Beweislastverteilung bei Unsicherheiten über die Vollständigkeit des Angebots Senatsbeschluss vom 19.11.2003, VII-Verg 47/03). Bloße Vermutungen und Zweifel an der Richtigkeit der Preisangaben genügen nicht. Auf der anderen Seite obliegt dem Bieter die Mitwirkung an der Aufklärung seines Angebots (OLG Frankfurt a.M. VergabeR 2006, 126; OLG Rostock, Beschluss vom 8. März 2006, 17 Verg 16/05 – juris, Rn. 65; OLG Dresden, Beschluss vom 1. Juli 2005, WVerg 7/05 – juris, Rn. 5; Opitz in Burgi/Dreher, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, § 16 VOB/A-EU Rn. 98). Liegen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme fehlerhafter Preise vor, sind diese vom Bieter mit substantiellen Auskünften zu entkräften (OLG Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2004, Verg W 10/04 – juris Rn. 47 ff.; OLG Dresden, Beschluss vom 1. Juli 2005, WVerg 7/05 – juris, Rn. 5).

Nach § 16 Nr. 3 VOB/A sind solche Angebote von der Ausschlussfolge ausgenommen, bei denen lediglich in einer einzelnen unwesentlichen Position der Angabe des Preises fehlt und durch die Außerachtlassung dieser Position der Wettbewerb und die Wertungsreihenfolge nicht beeinträchtigt werden. Der Ausnahmetatbestand ist nicht einschlägig, wenn keine Preisangabe fehlt. Dass der Ausnahmetatbestand entgegen seinem Wortlaut auch bei einer fehlerhaften Preisangabe zur Anwendung kommen soll, ist nicht ersichtlich. Ferner ist der Ausnahmetatbestand auch dann nicht einschlägig, wenn die Preisangabe nicht nur bei einer Position, sondern bei vielen Positionen fehlerhaft ist.

Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt
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