Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt

Kurz belichtet: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2024 – Verg 24/24

Kurz belichtet: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2024 - Verg 24/24

1. Die Teilnahme eines Unternehmens am Vergabeverfahren, das den Auftraggeber bereits in dessen Vorfeld beraten oder unterstützt hat, kann grundsätzlich als Gefährdung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs angesehen werden. Trotz dieser Gefahren ist die Teilnahme vorbefasster Unternehmen an dem Vergabeverfahren grundsätzlich zulässig. Dem Auftraggeber obliegt dabei die Verpflichtung, den Wissensvorsprung des einen Bieters durch Information aller anderen Bieter auszugleichen.

2. Es liegt grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, welche Maßnahmen er zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs ergreift und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bewerten, ob bei einer Beteiligung des Projektanten der Grundsatz des fairen Wettbewerbs gewahrt wird. Da der öffentliche Auftraggeber dafür Sorge zu tragen hat, dass dem Projektanten im Vergleich zu seinen Wettbewerbern kein überlegenes Angebot ermöglicht wird, dürfen dem Projektanten aufgrund seines Wissensvorsprungs auch durch die festgelegten Eignungs- und Zuschlagskriterien keine Wertungsvorteile entstehen.

3. Der rügende Bieter als derjenige, die eine unzureichende Mitteilung gesammelter Informationen durch vorbefasste Personen geltend macht, hat darzulegen, welche Informationen dies sein sollen und jedenfalls im Ansatz darzutun, dass diese Informationen wettbewerbsrelevant sind.

Kurz belichtet: VK Südbayern, Beschluss vom 22.10.2024 – 3194.Z3-3_01-24-38

Kurz belichtet: VK Südbayern, Beschluss vom 22.10.2024 - 3194.Z3-3_01-24-38

Wird der Entwurf eines Nachprüfungsantrags kurz vor Einreichung des Nachprüfungsantrags an den öffentlichen Auftraggeber als Rüge übermittelt, so genügt dies der Rügeobliegenheit des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Wird sofort nach der Rüge ein Nachprüfungsantrag gestellt, ohne dem Auftraggeber irgendeine Reaktionszeit einzuräumen, so ist dies über eine Kostentragungspflicht des Antragstellers zu lösen, wenn der Auftraggeber sofort einlenkt.

Kurz belichtet: OLG Köln, Beschluss vom 22.11.2024 – 18 U 97/23

Kurz belichtet: OLG Köln, Beschluss vom 22.11.2024 - 18 U 97/23

1. Verpflichtet sich ein öffentlicher Auftraggeber ausweislich der Teilnahmebedingungen dazu, einen Vertrag mit jedem Lieferanten zu schließen, der ein den vorgegebenen Bedingungen entsprechendes Angebot abgibt, kommt durch die Übersendung eines entsprechenden Angebots ein vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem Lieferanten zustande.

2. Entspricht das Angebot des Lieferanten den Ausschreibungsbedingungen, muss es der öffentliche Auftraggeber – entsprechend seiner Selbstverpflichtung – annehmen. Anderenfalls hat der Lieferant einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch. Er ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der öffentliche Auftraggeber den Zuschlag pflichtgemäß erteilt hätte.

3. Ein Fixgeschäft kann nicht wirksam per vorformulierter Vertragsbedingungen vereinbart werden (Anschluss an OLG Köln, IBR 2024, 427, und OLG Köln, Urteil vom 19.07.2024 – 6 U 101/23, IBRRS 2024, 3038).

Ein Ausschluss eines Angebots wegen der Nichterfüllung von Anforderungen an die Eignung setzt voraus, dass diese Anforderungen im Vergabeverfahren wirksam aufgestellt wurden

Ein Ausschluss eines Angebots wegen der Nichterfüllung von Anforderungen an die Eignung setzt voraus, dass diese Anforderungen im Vergabeverfahren wirksam aufgestellt wurden

von Thomas Ax

Eignungskriterien sind, gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessenbestätigung aufzuführen. Ein Bieter muss in der Lage sein, unmittelbar anhand der Angaben in der Auftragsbekanntmachung entscheiden zu können, ob er sich an der Ausschreibung beteiligen kann und will (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 27. April 2022, Verg 25/21, und vom 11. Juli 2018, Verg 24/18). Ein Link in der Auftragsbekanntmachung, durch den am Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken direkt zu den Eignungsanforderungen gelangen können, ist hierfür ausreichend (OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 8. Juni 2022, Verg 19/22; vom 28. Juni 2023, Verg 44/22 m.w.N.).

Auch wenn es im Anwendungsbereich der Sektorenverordnung (SektVO) an einem ausdrücklichen Ausschlusstatbestand bei Angeboten fehlt, die nicht den Vorgaben der Auftragsunterlagen entsprechen, sind solche im Rahmen der Wertung auszuschließen

Auch wenn es im Anwendungsbereich der Sektorenverordnung (SektVO) an einem ausdrücklichen Ausschlusstatbestand bei Angeboten fehlt, die nicht den Vorgaben der Auftragsunterlagen entsprechen, sind solche im Rahmen der Wertung auszuschließen

von Thomas Ax

Der Ausschluss erfolgt unter Heranziehung der allgemeinen Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung nach S 97 Abs. 1 und 2 GWB. Ein Angebot, das nicht die Vorgaben der Vergabeunterlagen erfüllt beziehungsweise unvollständig ist, ist nicht mit den anderen Angeboten im Wettbewerb vergleichbar (vgl. EuGH, Urteil vom 25. April 1996, Rs. C-87/94; VK Bund, Beschluss vom 11. April 2016, VK 2-17/16, sowie Debus in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, Einl. SektVO Rn. 20 und Steck, aaO, § 52 SektVO, Rn. 3). Dies gilt auch im Verhandlungsverfahren der Antragsgegnerin, denn diese hat sich die Zuschlagserteilung ohne weitere Verhandlungen vorbehalten. Sie hat unstreitig hier keine Verhandlungen mit anderen Bietern geführt, sondern die Prüfung und Wertung sowie die anschließende Entscheidung über den Zuschlag auf der Grundlage der eingegangenen Angebote unmittelbar vorgenommen.

Sind die Vorgaben in der Ausschreibung zu der Wertung zu unbestimmt, so liegt darin nicht nur ein Verstoß gegen das Transparenzprinzip, sondern auch gegen das Gleichbehandlungsgebot

Sind die Vorgaben in der Ausschreibung zu der Wertung zu unbestimmt, so liegt darin nicht nur ein Verstoß gegen das Transparenzprinzip, sondern auch gegen das Gleichbehandlungsgebot

von Thomas Ax

Hat der öffentliche Auftraggeber bei der Konzepterstellung Formvorgaben zu Seitenanzahl, Schriftgröße, Zeilenabstand und Schriftart aufgestellt, kann sowohl eine Überschreitung der Seitenvorgabe als auch eine Nichtbeachtung der Vorgaben zur Schriftgröße, Zeilenabstand und Schriftart dazu führen, dass die Bieter mehr Informationen in ihrem Konzept unterbringen, als wenn sie sich an die Vorgaben gehalten hätten. Daher hat sich der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Konzeptbewertung damit auseinanderzusetzen, wie er derartige Verstöße im Rahmen der Konzeptbewertung berücksichtigt, um eine transparente und gleichbehandelnde Bewertung der Konzepte sicherstellen zu können. Wenn formelle Vorgaben, die bei der Konzepterstellung zu beachten sind und daran angeknüpfte Sanktionsmöglichkeiten unklar sind, leidet die Ausschreibung an einem schwerwiegenden Mangel, der eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Bekanntmachung der Ausschreibung bedingen kann.

Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen

Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen

von Thomas Ax

Der öffentliche Auftraggeber hat die Entscheidung, wem er den Auftrag erteilt, und die hierzu nötigen Wertungen nach einheitlichem Maßstab zu treffen. Auch hinsichtlich der Bewertungsmethode, insbesondere zur Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien, bei der dem öffentlichen Auftraggeber ein größerer Freiraum zuzubilligen ist, ist das Transparenzgebot zu beachten. Die Vergabeunterlagen müssen so klar, präzise und eindeutig gefasst sein, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung erfassen und sie in gleicher Weise verstehen können (OLG München, Beschluss vom 08.07.2019, Verg 2/19 m.w.N.). Dies ist insbesondere auch durch Auslegung nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, bei der auf den objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter bzw. Bewerber, also einen abstrakten Adressatenkreis, abzustellen ist (BGH, Beschluss vom 07.02.2014, X ZB 15/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018, Verg 52/17; OLG München, Beschluss vom 08.07.2019, Verg 2/19). Besteht Spielraum für unterschiedliche Auslegungen, sind die Vorgaben mehrdeutig und verstoßen gegen § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB.

Bei der Prüfung und Bewertung der Angebote ist dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum eingeräumt

Bei der Prüfung und Bewertung der Angebote ist dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum eingeräumt

von Thomas Ax

Die Nachprüfungsinstanzen können diese Entscheidung nur daraufhin kontrollieren, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden (VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022, VK 2-24/22; OLG München, Beschluss vom 26.02.2021, Verg 14/20). Dies setzt voraus, dass die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und in diesem Sinne nachvollziehbar sind (VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022, VK 2-24/22). Der Nachvollziehbarkeit kommt im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens besondere Bedeutung zu und sie ist eng mit der gesetzlich in § 8 Abs. 1 Satz 2 VgV statuierten Dokumentationspflicht verbunden. Nachvollziehbarkeit bedeutet, dass für die Nachprüfungsinstanzen nachverfolgbar ist, warum das ausgewählte Angebot im Quervergleich mit den weiteren Angeboten, die ebenfalls als wertbar angesehen werden, als das wirtschaftlichste bewertet wurde. Diese Gründe müssen derart detailliert sein, dass ein mit dem jeweiligen Vergabeverfahren vertrauter Leser sie als fassbar erachtet. Mit anderen Worten: Werden Aspekte, die zu einer Ab- oder Aufwertung führen, in den eingereichten Konzepten als gleichwertig berücksichtigt. Nicht notwendig ist, dass die jeweilige Nachprüfungsinstanz zu dem gleichen inhaltlichen Ergebnis kommt. Denn der Konzeptbewertung wohnt auch immer ein subjektives Element inne (VK Westfalen, Beschluss vom 01.02.2023, VK 1-49/22).

Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist objektiv zu bestimmen

Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist objektiv zu bestimmen

von Thomas Ax

Die Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist objektiv zu bestimmen: Entscheidend ist die Sicht eines durchschnittlichen, fachkundigen und die übliche Sorgfalt anwendenden Bieters mit üblichen Kenntnissen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020, Verg 20/19; Beschluss vom 03.04.2019, Verg 49/18; OLG Schleswig, Beschluss vom 22.01.2019, 54 Verg 3/18). Diesem müssen bei Durchsicht und Bearbeitung der Vergabeunterlagen sowohl die den Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände als auch dessen Vergaberechtswidrigkeit auffallen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.2019, Verg 47/18). Für die Erkennbarkeit der Vergaberechtswidrigkeit genügt die laienhaft rechtliche Bewertung, dass etwas nicht stimmt, wobei keine übersteigerten Erwartungen an den Bieter zu stellen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2019, Verg 49/18). Die Geltendmachung eines Vergaberechtsverstoßes im Nachprüfungsverfahren ist mit Blick auf den durch die Rechtsmittelrichtlinie der Union garantierten Primärrechtsschutz erst präkludiert, wenn der vorgenannte Bieter bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt den Vergaberechtsverstoß erkennen musste (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018, Verg 24/18). Dies kommt jedenfalls bei offensichtlichen, ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht, die einem Bieter bei der bloßen Durchsicht der Vergabeunterlagen auffallen bzw. sich ihm aufdrängen müssen (OLG Düsseldorf, 13.05.2019, Verg 47/18).

Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen

Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen

von Thomas Ax

Über die Notwendigkeit eines Verfahrensbeteiligten, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 61 – Polizeianzüge; Senatsbeschlüsse vom 16. März 2020, VII-Verg 38/18, BeckRS 2020, 29123 Rn. 34 und vom 15. Mai 2018, VII-Verg 58/17; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 2. November 2017, 11 Verg 8/17, ZfBR 2018, 198, 199). Entscheidend ist, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen und hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen, wobei neben Gesichtspunkten wie der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, der Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen auch rein persönliche Umstände bestimmend sein können (BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 61 – Polizeianzüge). Anerkannt ist darüber hinaus, dass der Gesichtspunkt der so genannten prozessualen Waffengleichheit in die Prüfung einfließen kann (Senatsbeschluss vom 16. März 2020, VII-Verg 38/18, BeckRS 2020, 29123 Rn. 34; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 2. November 2017, 11 Verg 8/17, ZfBR 2018, 198, 199; OLG München, Beschluss vom 11. Juni 2008 Verg 6/08, ZfBR 2008, 724, 725).

Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.