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VG Magdeburg zu der Frage, dass ein (fördermittelschädlicher) vorzeitiger Maßnahmebeginn jedenfalls dann vorliegt, wenn die einschlägige Förderrichtlinie eine klare Linie bei Leistungsphase 6 zieht und der Subventionsempfänger darüber informiert wurde, dass er im Rahmen einer Ausschreibung eingeschaltete Ingenieurbüros oder Architekten vor Erhalt der Förderzusage zur Wahrung der Förderfähigkeit nur mit Planungs- und Vorbereitungsleistungen bis einschließlich Leistungsphase 6 beauftragen soll

VG Magdeburg zu der Frage, dass ein (fördermittelschädlicher) vorzeitiger Maßnahmebeginn jedenfalls dann vorliegt, wenn die einschlägige Förderrichtlinie eine klare Linie bei Leistungsphase 6 zieht und der Subventionsempfänger darüber informiert wurde, dass er im Rahmen einer Ausschreibung eingeschaltete Ingenieurbüros oder Architekten vor Erhalt der Förderzusage zur Wahrung der Förderfähigkeit nur mit Planungs- und Vorbereitungsleistungen bis einschließlich Leistungsphase 6 beauftragen soll

vorgestellt von Thomas Ax

Ein (fördermittelschädlicher) vorzeitiger Maßnahmebeginn liegt jedenfalls dann vor, wenn die einschlägige Förderrichtlinie eine klare Linie bei Leistungsphase 6 zieht und der Subventionsempfänger darüber informiert wurde, dass er im Rahmen einer Ausschreibung eingeschaltete Ingenieurbüros oder Architekten vor Erhalt der Förderzusage zur Wahrung der Förderfähigkeit nur mit Planungs- und Vorbereitungsleistungen bis einschließlich Leistungsphase 6 beauftragen soll.
VG Magdeburg, Urteil vom 25.03.2024 – 3 A 155/21

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten verfügte Rückforderung von Subventionen.

Mit Schreiben vom 21.5.2019 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Zuwendung in Höhe von 240.000,- Euro aus dem Aufzugsprogramm Sachsen-Anhalt (Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Herstellung des barrierefreien Zugangs zu Wohngebäuden und Wohnungen, Aufzugsprogramm – AufzugsRL). Geplant waren Maßnahmen der Barrierereduzierung zur Verbesserung des Zugangs zu Wohngebäuden mit 24 Wohnungen in ###, ###.

Mit Ziff. 5. b) des vorgegebenen Antragsformulars versicherte die Klägerin:

“Mit dem im Antrag dargestellten Vorhaben habe(n) ich/wir noch nicht begonnen und werden auch nicht vor Erhalt des Zuwendungsbescheides beginnen. Mir/Uns ist bekannt, dass als Vorhabensbeginn grundsätzlich bereits der verbindliche Abschluss von Lieferungs- oder Leistungsverträgen – dazu gehören auch Darlehensverträge -, die der Ausführung zuzurechnen sind, anzusehen ist. Der Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen steht der Förderung dann nicht entgegen, wenn dem Antragsteller nach diesem Vertrag ein Rücktrittsvorbehalt eingeräumt ist und ihm im Fall des Rücktritts – außer den Kosten für Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb – keine weiteren Lasten entstehen. Mir/Uns ist bekannt, dass dagegen mit der Ausführung der Leistungen aus den Verträgen auch bei Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts nicht begonnen werden darf.”

Beigefügt und unterzeichnet wurde auch die Erklärung zur Vergabe von Aufträgen vom 21.5.2019 mit dem Passus:

“Ich versichere/Wir versichern, dass mir/uns die einschlägigen vergaberechtlichen Vorschriften bekannt sind und dass die Vergabe von Aufträgen für das beantragte Vorhaben gemäß diesen Regelungen erfolgt. Sofern bereits vor Auftragserteilung bzw. vor Abgabe dieser Erklärung Aufträge vergeben worden sind (z.B. für Planungsleistungen) versichere(n) ich/wir, dass die Vergabe gemäß diesen Regelungen erfolgt ist. Die im jeweiligen Förderprogramm geltenden Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines vorzeitigen Vorhabenbeginns (Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen) bleiben hiervon unberührt.”

Mit Bescheid vom 26.7.2019 bewilligte die Beklagte der Klägerin für ihr Vorhaben eine Zuwendung in Höhe von bis zu 240.000,- Euro als nicht rückzahlbaren Zuschuss im Wege der Projektförderung. Als rechtliche Grundlagen und Bestandteile des Bescheides wurden der Antrag der Klägerin, die Förderrichtlinie, die §§ 23, 44 LHO nebst dazu ergangener Verwaltungsvorschriften und ANBest-P genannt. Der vorgelegte Ausgaben- und Finanzierungsplan mit Gesamtausgaben des Vorhabens von 538.576,15 Euro wurde für verbindlich erklärt. Der Projektzeitraum wurde mit dem Projektbeginn 26.7.2019 und Projektschluss 25.2.2021 festgesetzt. Der Bewilligungszeitraum wurde vom 26.7.2019 (Beginn) bis zum 25.8.2021 (Ende) festgelegt. In den beigefügten Nebenbestimmungen wurden u.a. die vergaberechtlichen Bestimmungen der VOB/A, VOL/A einbezogen. Weiter heißt es in Ziff. 7.2.1: Weitere Pflichten nach Nr. 3 der ANBest-P bleiben unberührt. Beigefügt waren des weiteren Rücknahme- und Widerrufsvorbehalte (Ziff. 9), etwa für den Fall, dass mit dem Projekt vor Projektbeginn (Ziff. 3) begonnen wurde. Der Klägerin wurde die Führung eines Verwendungsnachweises auferlegt. Der Bescheid wurde aufgrund Rechtsbehelfsverzichts bestandskräftig.

Unter dem 11.12.2020 legte die Klägerin den Verwendungsnachweis vor. Sie gab hierbei an, es seien auch Ausgaben abgerechnet, für die Verträge vor dem bewilligten Projektbeginn abgeschlossen bzw. Aufträge ausgelöst worden seien. Es handele sich dabei ausschließlich um Verträge für Planung/Bodenuntersuchung/Grunderwerb. Vorgelegt wurden auch Rechnungen des Ingenieurbüros ### vom 28.5.2019 und 26.10.2020 über den Leistungszeitraum ab 17.12.2018 und einer Vergütung von 2 % für die Leistungsphase 7.

Unter dem 3.3.2021 hörte die Beklagte die Klägerin infolgedessen zur Frage der Rücknahme der Förderung wegen vorzeitigen Beginns an. Hierzu nahm die Klägerin mit e-mail vom 9.3.2021 wie folgt Stellung:

Die Planungsphase 8 sei erst beauftragt worden, nachdem der Zuwendungsbescheid eingegangen sei.

“Was allerdings definitiv beauftragt war, ist die Planungsphase 7, welche in den Förderrichtlinien keine Erwähnung findet”.

Mit Bescheid vom 26.5.2021 nahm die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 26.7.2019 – gestützt auf § 48 VwVfG – mit Wirkung für die Vergangenheit zurück und forderte die Erstattung bereits ausgezahlter 216.000,- Euro nebst Verzinsung. Zur Begründung wurde unter Ausübung von Ermessen ausgeführt, die Klägerin habe mit dem Vorhaben vorzeitig begonnen.

Am 24.6.2021 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor: Der Zuwendungsbescheid enthalte weder im Tenor noch in der Begründung einen Hinweis auf die Schädlichkeit eines vorzeitigen Maßnahmebeginns. Er enthalte dafür auch keine Definition. Die ANBest-P seien auch nicht Inhalt des Bescheides. Gem. §§ 133, 157 BGB sei bei der Vorzeitigkeit auf den unmittelbaren Baubeginn abzustellen. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Die Förderrichtlinie lasse sich auch zu Gunsten der Klägerin auslegen. Sie, die Klägerin, habe die bauausführenden Firmen erst am 30.7.2019 und später beauftragt. Leistungen aus der Planungsphase 8 seien erst nach Ergehen des Zuwendungsbescheides erbracht worden. Zugegebenermaßen seien Teile der Planungsphase 7 gegenüber dem Ingenieurbüro ### schon am 17.12.2018 beauftragt worden. Sie habe bei Erstellung und Versand der Leistungsverzeichnisse, Auswertung und Vergleich der Angebote der Mithilfe des Planers/Architekten bedurft, da es an eigenem know-how fehle. Es handele sich um die Sondierung von Angeboten nach Ausschreibung. Dies sei der Planung und Vorbereitung des Vorhabens zuzurechnen, nicht aber der Phase der Ausführung. Die Leistungsphase 7 sei auch nicht vollständig beauftragt worden, sondern nur zu 2 % statt 4 %. Die eingegangenen Angebote seien technisch und kaufmännisch zu klären gewesen. Mitwirkung bei der Auftragserteilung sei keine Leistung, die vor der Förderzusage erbracht worden sei. Die Beklagte habe die Leistungen innerhalb der Leistungsphase 7 nicht differenziert. Aus dem Auftrag an das Ingenieurbüro vom 17.12.2018 sei nicht auf einen unbedingten Willen zur Durchführung des Bauvorhabens auch ohne Förderung zu schließen. Wäre die Förderung abgelehnt worden, hätte sie das Projekt nicht durchgeführt. Eine Förderschädlichkeit der Leistungsphase 7 sei der Förderrichtlinie nicht zu entnehmen, so dass eine differenzierende und einzelfallbezogene Betrachtung geboten sei. Der Richtliniengeber hätte sonst klarstellend regeln können, als Vorhabenbeginn seien sämtliche Leistungen anzusehen und damit nicht förderfähig. Der Fragenkatalog der FAQ sei nicht Bestandteil des Bescheides und daher unerheblich. Auch beziehe sich Frage 14. der FAQ auf vollständige Leistungsphasen und nicht etwa auf Teile der Leistungsphase 7. Das VG Lüneburg habe mit Urt. v. 8.12.2010 – 5 A 163/09 – entschieden, dass die Planungsphase bis in die Leistungsphase 7 hineinreiche. Die gegenteilige Auffassung des OVG Nds. (Urt. v. 13.9.2012 – 8 LB 58/12 -) überzeuge nicht. Für die Leistungsphasen 5-7 sei offen, ob sie noch der Planung oder bereits der Ausführung zuzurechnen seien (Sächs. OVG, Urt. v. 5.8.2020 – 6 A 1165/17 -). Auch in Bayern gälten Planungsaufträge bis einschließlich Leistungsphase 7 nicht als Beginn des Bauvorhabens. Sie, die Klägerin, habe die Ausschreibung jederzeit aufheben können mit der Folge, dass der Bieter auf einen Schadensersatzanspruch gerichtet auf das negative Interesse beschränkt sei. Die Ausschreibung selbst begründe noch keinen Leistungsvertrag, sondern nur ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis. Sie, die Klägerin, habe nach bestem Wissen und Gewissen angegeben, mit dem Vorhaben noch nicht begonnen zu haben. Sie genieße daher Vertrauensschutz, der der Rücknahme des Zuwendungsbescheides entgegenstehe. Dem Erstattungsanspruch stehe entgegen, dass sie sich auf den Einwand der Entreicherung berufe


Die Klägerin beantragt,

den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 26.5.2021 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte erwidert: Es liege ein förderschädlicher vorzeitiger Vorhabenbeginn vor. Das ergebe sich aus Ziff. 4.1 der Förderrichtlinie und Ziff. 14. der dazu im Internet veröffentlichten FAQ (“Planungsleistungen sind nur förderfähig, sofern sie nach Bewilligung anfallen. Vor Bewilligung sind sie bis einschließlich Leistungsphase 6 aber nicht förderschädlich.”). Die Klägerin habe bereits am 17.12.2018 das Ingenieurbüro ### mit der Planung und Ausführung des Bauvorhabens beauftragt. Dies gehe aus deren Rechnung vom 28.5.2019 (Bl. 429 der Beiakte C) hervor, in der auch die Leistungsphasen 5-8 ausgewiesen seien. Am 20.12.2018 sei die Ausschreibung in der Mitteldeutschen Zeitung mit Datum der Zuschlagsfrist 31.5.2019 veröffentlicht worden (Rechnung hierfür Bl. 435 der Beiakte C). Die Ausschreibung sei nicht unter dem Vorbehalt der Bewilligung der Fördermittel erfolgt. Solle das Vergabeverfahren unter den echten Vorbehalt der Bewilligung einer Förderung gestellt werden, so müsse dies in der Ausschreibung deutlich gemacht werden. Geschehe dies – wie hier – nicht, werde also vorbehaltlos ausgeschrieben, verhalte sich der Auftraggeber vergaberechtswidrig, wenn die Finanzierung noch nicht gesichert sei. Die Durchführung von Vergabeverfahren zum Zweck der bloßen Markterkundung sei unzulässig (§ 2 Abs. 7 S. 2 VOB/A). Bei der Ausschreibung müsse eine konkrete Vergabeabsicht und die tatsächliche Möglichkeit der Zuschlagserteilung bestehen, andernfalls sei die Ausschreibung unzulässig. Der Umstand, dass die Anzeige in der ### gerade einmal 3 Tage nach Beauftragung des Ingenieurbüros erfolgt sei, lasse die Darstellung der Klägerin zweifelhaft erscheinen. Spätestens mit Mitteilung der Zuschlagsfrist 31.5.2019 sei eine vertragliche Bindung eingetreten, da der Zuwendungsbescheid erst später ergangen sei. Voraussetzung für die Veranlassung der Ausschreibung sei die Ausschreibungsreife nach § 2 Abs. 8 VOB/A. Die streitgegenständlichen Maßnahmen seien bereits Teil der Ausführung und seien nicht der bloßen Planungs- und Vorbereitungsphase zuzuordnen. Der Abschluss des Honorarvertrags eines derartigen Umfangs lasse darauf schließen, dass sich die Klägerin bereits zur Ausführung des Vorhabens entschlossen hatte, bevor der Zuwendungsbescheid ergangen sei. Das Planungsstadium sei mit der Leistungsphase 7 (Mitwirkung bei der Vergabe) überschritten. Die bereits in Anspruch genommenen Leistungen des Ingenieurbüros hätten die Entscheidung über die Vergabe vorgezeichnet, wie sich aus dessen e-mail vom 9.3.2021 (Bl. 135 der Beiakte A) ergebe. Bei den Kosten handele es sich daher um solche der Ausführung des Vorhabens.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 26.5.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die in dem Bescheid verfügte Rücknahme des Zuwendungsbescheides vom 26.7.2019 ist § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 VwVfG LSA. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der eine Geldleistung gewährt, darf dabei nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der Abs. 2-4 des § 48 VwVfG zurückgenommen werden. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind im vorliegenden Fall gegeben.

Bei der Gewährung eines Zuschusses für Maßnahmen zur Barrierefreiheit von Wohnungen der Klägerin handelte es sich um eine haushaltsrechtlich zweckgebundene Geldleistung i.S.v. §§ 23, 44 LHO. Da die Bewilligung derartiger Zuwendungen im Ermessen der zuständigen Behörde liegt und das Gesetz selbst Umfang und Voraussetzungen der Subventionierung nicht abschließend regelt, sind aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) für die Beurteilung, ob ein Zuschuss gewährt und aufrechterhalten werden kann, die jeweils gültigen Verwaltungsrichtlinien maßgebend. Diese sind in der im Zeitpunkt des Vorliegens eines vollständigen Antrags der Klägerin geltenden Förderrichtlinie des Landes enthalten – hier der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Herstellung des barrierefreien Zugangs zu Wohngebäuden und Wohnungen (Aufzugsprogramm – AufzugsRL) -, RdErl. des MLV vom 7.7.2017 – (MBl. LSA S. 443 ff.), im Folgenden: Förderrichtlinie. Diese Vorschriften sind auch in den in Bestandskraft erwachsenen Bewilligungsbescheid vom 26.7.2019 einbezogen und bereits aufgrund des zwingend zu verwendenden Antragsformulars (Ziff. 8 der Förderrichtlinie) wirksam zum Inhalt der Förderung gemacht worden.

Nach Maßgabe der Förderrichtlinie wird die Förderung u.a. aufgrund von Rechtsgrundlagen des Landeshaushaltsrechts, des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) und des BGB (Ziff. 1.1) gegenüber Eigentümern von in Sachsen-Anhalt gelegenem Wohnraum (Ziff. 3.1) erbracht. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsstelle der Beklagten (Ziff. 9.1) auf Grund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Ziff. 1.2). Zu den Zuwendungsvoraussetzungen gehört, dass Bauvorhaben, mit deren Ausführung bereits vor Erteilung der Förderzusage begonnen worden ist, nicht gefördert werden dürfen (Ziff. 4., 4.1 S. 1). Als Vorhabenbeginn ist der Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen anzusehen, die der Ausführung zuzurechnen sind; Planung bis einschließlich Leistungsphase 6 des § 34 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), Bodenuntersuchung, das Herrichten des Grundstücks und der Grunderwerb gelten nicht als Beginn des Bauvorhabens. Der Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen steht der Förderung dann nicht entgegen, wenn dem Antragsteller nach diesen Verträgen ein Rücktrittsvorbehalt eingeräumt ist und ihm im Falle des Rücktritts – außer den Kosten für Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb – keine weiteren Lasten entstehen. Mit der Ausführung der Leistungen darf im Sinne von Satz 1 auch bei Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts nicht begonnen werden (Ziff. 4.1).

Bei der Rechtmäßigkeitsprüfung des angefochtenen Bescheides ist es dem Gericht allerdings verwehrt, die Bestimmungen der Förderrichtlinie wie ein Gesetz auszulegen und an dieser Interpretation gemessen die Entscheidung der Beklagten zu überprüfen. Denn Subventionsrichtlinien sind keine Rechtsnormen. Vielmehr lenken sie das Ermessen der für die Bewilligung der Subventionen zuständigen Behörde und sind insoweit gem. § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob bei der Anwendung der Richtlinien im Einzelfall, in dem die beantragte Leistung (teilweise) versagt bzw. nicht aufrechterhalten worden ist, der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (std. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 26.4.1979, BVerwGE 58, 45, 51).

Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG), im Einklang mit §§ 23, 44 LHO LSA, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Das Verwaltungsgericht hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ggf. ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 -; BayVGH, Beschl. v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 -; Urt. v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 -; VG Cottbus, Urt. v. 31.5.2021 – 3 K 2082/18 (Förderung des Abbaus von Barrieren bei vorhandenem Wohnraum) -). Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden.

Die rechtliche Prüfung im vorliegenden Fall hat demnach entgegen der klägerischen Auffassung nicht daran anzusetzen, wie die für den Zuwendungsbescheid vom 26.7.2019 maßgebliche Förderrichtlinie nach natürlichem Sprachgebrauch oder gem. §§ 133, 157 BGB und ggf. auch zu Gunsten der Klägerin auszulegen wäre, sondern daran, welche Förderpraxis der Beklagten dem Zuwendungsbescheid zugrunde lag. Diese Förderpraxis indes war vorliegend nach den unwiderlegten Ausführungen der Beklagten dergestalt, dass die vor Erlass des Zuwendungsbescheides erfolgte Beauftragung von Leistungen eines Ingenieurbüros über Leistungen der Mitwirkung bei der Vergabe nach Leistungsphase 7 der HOAI v. 10.7.2013 (BGBl. I S. 2276) – wie vorliegend – als vorzeitiger Beginn des Vorhabens gilt und damit eine Förderfähigkeit ausscheidet. Dies ist bereits deshalb sachgerecht und willkürfrei, weil die Förderrichtlinie in Ziff. 4.1 deutlich vorgibt, was als förderunschädlich gilt, nämlich die “Planung bis einschließlich Leistungsphase 6”.

Mit dem Antrag vorzulegen war eine Erklärung, dass mit der Maßnahme noch nicht begonnen wurde. Zu den Erklärungen der Klägerin gehörte Ziff. 5. b) des formgebundenen Antrags (Ziff. 8 der Förderrichtlinie), die lautet:

“Mit dem im Antrag dargestellten Vorhaben habe(n) ich/wir noch nicht begonnen und werden auch nicht vor Erhalt des Zuwendungsbescheides beginnen. Mir/Uns ist bekannt, dass als Vorhabenbeginn grundsätzlich bereits der verbindliche Abschluss von Lieferungs- oder Leistungsverträgen – dazu gehören auch Darlehensverträge -, die der Ausführung zuzurechnen sind, anzusehen ist. Der Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen steht der Förderung dann nicht entgegen, wenn dem Antragsteller nach diesem Vertrag ein Rücktrittsvorbehalt eingeräumt ist und ihm im Fall des Rücktritts – außer den Kosten für Planung, Bodenuntersuchung und Grunderwerb – keine weiteren Lasten entstehen. Mir/Uns ist bekannt, dass dagegen mit der Ausführung der Leistungen aus den Verträgen auch bei Vereinbarung eines Rücktrittsvorbehalts nicht begonnen werden darf.”

Diese Erklärung im Subventionsantrag steht im Einklang mit Ziff. 4.1 sowie 1.1. a) der Förderrichtlinie i.V.m. Ziff. 1.3 VV-LHO, denn die Gewährung der Zuwendungen und ggf. deren Rückabwicklung erfolgt auf der Grundlage der §§ 23, 44 LHO sowie der VV-LHO zu § 44 LHO (Ziff. 1.1 a, 7. der Förderrichtlinie).

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen erklärte die Klägerin in ihrem Antrag vom 21.5.2019, sie habe vom Inhalt der geltenden Richtlinien Kenntnis genommen. Die in der Förderrichtlinie genannten Rechtsgrundlagen einschließlich der haushaltsrechtlichen Bestimmungen sind damit ordnungsgemäß zum Bestandteil des Antrags und auch durch den Bescheid vom 26.7.2019 zum Bestandteil der Zuwendungsentscheidung gemacht worden.

Nach den Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) – RdErl. des MF vom 1.2.2001 – (MBl. LSA S. 241 ff.), zuletzt geändert durch RdErl. v. 21.12.2017 (MBl. LSA 2018 S. 211), dürfen Zuwendungen zur Projektförderung nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind (Ziff. 1.3 Satz 1 VV-LHO zu § 44 LHO). Es ist im maßgeblichen Förderzeitraum auch weder im Einzelfall der Klägerin noch generell für Vorhaben der hier streitigen Art ein vorzeitiger Maßnahmebeginn von der obersten Landesbehörde über die Leistungsphase 6 hinaus zugelassen worden (Ziff. 1.3 Satz 2 VV-LHO zu § 44 LHO). Diese Vorschriften dienen der Verhinderung von Mitnahmeeffekten, denn die aus öffentlichen Steuermitteln stammenden Subventionen sollen neue, zusätzliche Wirtschaftsimpulse (hier: Baumaßnahmen für barrierefreie Wohnungen) auslösen und nicht bereits bestehende Strukturentscheidungen nachfinanzieren.

Die Klägerin vermag sich für ihr Vorbringen, sie habe “zugegebenermaßen” “Teile” der Leistungsphase 7 am 17.12.2018 (vor Ergehen des Zuwendungsbescheides vom 26.7.2019) beauftragt, nicht auf die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern (Niedersachsen, Sachsen, Bayern) zu berufen. So muss etwa die Förderung nicht ausgeschlossen sein, wenn nur ein Ingenieurvertrag über die Vorhabenplanung unter Einschluss einer der Leistungsphasen 7-9 HOAI abgeschlossen worden ist, der Vertragsschluss über die eigentlichen Bauleistungen aber noch aussteht, wenn es an einer ausdrücklichen Vorgabe in den Förderrichtlinien fehlt, die sich auf den Umgang mit Ingenieur-Honorarverträgen beziehen, welche vor einer Bewilligungsentscheidung abgeschlossen sind (so OVG NRW, Urt. v. 8.9.2023 – 4 A 3042/19 -). Das ist im vorliegenden Fall ausdrücklich anders. Gerade zum Ausschluss von Missverständnissen, wann die Planungs- und Vorbereitungsphase endet und ein förderschädlicher Beginn anfängt (vgl. OVG Nds., Urt. v. 13.9.2012 – 8 LB 58/12 -; Sächs. OVG, Urt. v. 5.8.2020 – 6 A 1175/17 -: “… verhalten sich die sächsischen Verwaltungsvorschriften nicht dazu, bis zu welcher Leistungsphase der Gegenstand eines Ingenieurleistungsvertrages nicht mehr der förderunschädlichen Planung zugerechnet wird”; kritisch hierzu Häberer, Vorzeitiger Maßnahmebeginn – Nichts geht mehr?, in: NVwZ 2019, 1230, 1232 m.w.N., jedoch mit der Empfehlung “… sollten in der Praxis auch die Leistungsphasen 6 und 7 der HOAI bei geförderten Projekten vorsorglich nicht beauftragt werden, solange noch keine Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vorliegt oder der Zuwendungsbescheid erlassen wurde”), hat die hier einschlägige Förderrichtlinie eine klare Linie bei Leistungsphase 6 gezogen und damit der Beklagten als Bewilligungsstelle (Ziff. 9.1) deutliche ermessenslenkende Vorgaben gemacht. Entsprechend waren Subventionsinteressierte darüber informiert, dass sie im Rahmen einer Ausschreibung eingeschaltete Ingenieurbüros oder Architekten vor Erhalt der Förderzusage zur Wahrung der Förderfähigkeit nur mit Planungs- und Vorbereitungsleistungen bis einschließlich Leistungsphase 6 beauftragen sollten, denn nur dann galt dies nicht als Beginn des Vorhabens. Dies hat die Klägerin, wie aus den Rechnungen des Ingenieurbüros ### vom 28.5.2019 und 26.10.2020 ersichtlich, nicht beachtet. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob ein “Ausstieg” aus der Ausschreibung unter Inkaufnahme, Schadensersatz leisten zu müssen, möglich gewesen wäre, sondern allein darauf, ob ein Rücktrittsvorbehalt schriftlich vereinbart wurde. Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich. Geeignete Nebenbestimmungen, welche es der Klägerin ermöglicht hätten, im Fall der Versagung der Fördermittel vom Vertrag kostenfrei Abstand zu nehmen, hat die Klägerin nicht dargetan. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin in der Ausschreibung in der Mitteldeutschen Zeitung deutlich gemacht habe, dass die Vergabe unter den Vorbehalt der Bewilligung von Fördermitteln gestellt werde (vgl. Thür. OVG, Urt. v. 27.4.2004 – 2 KO 433/03 -).

Gegen die Rücknahme der Zuwendungsentscheidung im Fall des vorzeitigen Beginns bestehen keine rechtlich durchgreifenden Bedenken. Bei der Gewährung von Subventionen kann der Subventionsgeber die Einhaltung strenger Form- und Fristerfordernisse zur Voraussetzung machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.5.1973, NJW 1973, 2172). Durch den Ausschluss des vorzeitigen Beginns soll die Entscheidungsfreiheit sowohl der Bewilligungsbehörde als auch des Antragstellers gewährleistet werden (vgl. OVG NRW, Urt. v. 7.2.1977, OVGE 32 Nr. 48; VG München, Urt. v. 2.6.2016 – M 15 K 13.5005 -,). D.h., auch der Subventionsbewerber selbst soll durch den grundsätzlichen Ausschluss des vorzeitigen Beginns vor finanziellen Nachteilen geschützt werden, denn er muss sich des Risikos bewusst sein, dass auch durch Schaffung vollendeter Tatsachen (Beginn der ggf. förderungswürdigen Maßnahme) vor Erlass des Zuwendungsbescheides kein Rechtsanspruch auf eine spätere Förderung abgeleitet werden kann und dass er die volle Verantwortung für die Finanzierung zunächst selbst trägt. Hinzu kommt, dass der grundsätzliche Ausschluss des vorzeitigen Beginns auch dazu dient, den wirksamen Einsatz der Haushaltsmittel zu sichern. Denn es ist nicht Sinn der Subventionierung, solche Vorhaben zu fördern, zu deren Ausführung und Finanzierung der Antragsteller ohnehin bereits entschlossen und/oder auch ohne staatliche Hilfe in der Lage ist (vgl. OVG RhPf., Urt. v. 4.9.1981, DVBl. 1982, 219).

Die Klägerin hatte daher frühzeitig Kenntnis von der Förderschädlichkeit des vorzeitigen Maßnahmebeginns durch einen Vertragsschluss mit dem Ingenieurbüro über die Leistungsphase 6 hinaus, bevor ihr die Förderentscheidung der Beklagten vorliegt.

Aufgrund des vorliegenden Verstoßes gegen das Verbot des vorzeitigen Beginns i.V.m. dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG und der – gerichtsbekannten – ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten (vgl. zuletzt VG Magdeburg, Urt. v. 23.1.2024 – 3 A 141/21 MD -) ist die Rechtswidrigkeit des Zuwendungsbescheides gegeben.

Ermessensfehler i.S.v. § 114 VwGO sind im Bescheid der Beklagten vom 26.5.2021 nicht ersichtlich. Insbesondere ist die rückwirkende und vollständige Aufhebung des Zuwendungsbescheides mangels besonderer Umstände nicht unverhältnismäßig. Zutreffend hat die Beklagte insoweit ausgeführt, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Rücknahme des Zuwendungsbescheides infolge der Verpflichtung zum wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln gegenüber dem privaten Interesse der Klägerin, die bewilligte Zuwendung zur Auszahlung zu erhalten, überwiegt. Diese Erwägungen entsprechen den Grundsätzen des sog. intendierten Ermessens, wonach mit Rücksicht auf die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushaltsführung (vgl. § 7 LHO) das Ermessen in der Regel nur durch die Aufhebung des Zuwendungsbescheides fehlerfrei ausgeübt werden kann (BVerwG, Urt. v. 16.6.1997, BayVBl. 1998, 27; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 2.12.1999 – A 1 S 89/99 -). Es liegt allein im Verantwortungsbereich des Maßnahmenträgers, rechtzeitig die Voraussetzungen für die Förderfähigkeit seines Projekts zu schaffen und dies gegenüber dem Subventionsgeber darzulegen. Aufgrund der Angaben im Subventionsantrag kann sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Folgerichtig ergibt sich der Rückzahlungsanspruch sodann aus § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA und die Zinsregelung aus § 49 a Abs. 3 S. 1 VwVfG. Auch die Zinshöhe ist nicht zu beanstanden (vgl. nur: VG Magdeburg, Urt. v. 25.3.2021 – 3 A 284/19 -), zumal die Klägerin nichts dazu vorträgt.

Ergänzend und zur Vermeidung von Wiederholungen stellt das Gericht fest, dass es den Feststellungen und der Begründung des ergangenen Bescheides der Beklagten vom 26.5.2021 folgt, und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 117 Abs. 5 VwGO ab.

Die Klage war nach alldem abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Redaktion TiefbauRecht

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Von der Redaktion – HochbauRecht unterstützt Sie effektiv bei Ihrem Hochbauprojekt.

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Die Komplexität bei Planungen und Projektabwicklung steigt immer weiter an. Entscheidungen müssen innerhalb kurzer Fristen getroffen werden. Terminsicherung wird immer wichtiger. Die alten Herangehensweisen reichen oft nicht mehr aus, um Projekte erfolgreich abzuwickeln. Unsere HochbauRecht zeigt auf, was Entscheider/Projektleiter zur Bewältigung dieser Anforderungen wissen sollten und wie das Wissen im Tagesgeschäft optimal eingesetzt wird. Ausgabe für Ausgabe werden zB Zuständigkeitsfragen und optimale Vertragsanbahnungen angesprochen. Fachliche Risiken bei Kosten, Qualitäten und Termine werden einer intensiven Würdigung unterzogen und souveräne Konfliktbewältigung aus fachlicher Sicht erörtert. Planer- und Baunachträge sind ebenfalls Thema. Die Mitwirkung und Mitverantwortung der Beteiligten wird anhand von Regelungsbeispielen und Praxisfällen behandelt. HochbauRecht beleuchtet die Themen jeweils aus Sicht des Auftraggebers und der Bauunternehmer bzw der unterschiedlichen Planer, so dass alle Sichtweisen gewürdigt werden.

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Ax für die Hochschule Reutlingen: Öffentliche Ausschreibung zur Anschaffung eines GPU-Servers für das Forschungsvorhaben „Human-centered Interactive Artificial Intelligence Data-Incubation Center – AIDA“

Ax für die Hochschule Reutlingen: Öffentliche Ausschreibung zur Anschaffung eines GPU-Servers für das Forschungsvorhaben „Human-centered Interactive Artificial Intelligence Data-Incubation Center – AIDA“

Die Hochschule Reutlingen beabsichtigt für das Forschungsvorhaben „Human-centered Interactive Artificial Intelligence Data-Incubation Center – AIDA“ die Anschaffung eines GPU-Servers inklusive Lieferung, betriebsfertigem Einbau vor Ort sowie Service und Garantie.

Ax für die Gemeindeverwaltung Mörlenbach: VV mit TW: Fördergebiets-Management – Lebendige Zentren für die Gemeindeverwaltung Mörlenbach

Ax für die Gemeindeverwaltung Mörlenbach: VV mit TW: Fördergebiets-Management - Lebendige Zentren für die Gemeindeverwaltung Mörlenbach

Beschreibung:

Grundlage für die Umsetzung sind die Ziele des bereits erstellten ISEK. Hieraus ergeben sich für das Management der Fördermaßnahme nach Art und Umfang folgende Maßnahmen: Koordination und Steuerung der Städtebaufördermaßnahme im Rahmen des Förderprogramms “Lebendige Zentren”. Die Erbringung der Leistung erfolgt in enger Abstimmung mit der Gemeindeverwaltung Mörlenbach und dem Fördermittelgeber. Der Leistungserbringer wird erster Ansprechpartner in allen Belangen des Verfahrens und fungiert als Schnittstelle zwischen allen Beteiligten. Insbesondere sind dabei folgende Leistungsteile zu erbringen:

1. Steuerung des Gesamtprozesses im Rahmen der Umsetzung der Städtebauförderungsmaßnahme:

– Beratung der Gemeindeverwaltung in allen Angelegenheiten des Verfahrens und bei allen aus der Fördermaßnahme resultierenden städtebaulichen Fragestellungen
– Fortschreibung und dynamische Anpassung des ISEK
– Erarbeitung der erforderlichen Wirtschaft-, Zeit- und Maßnahmenpläne
– Fördermittelmanagement und Sicherung der Projektfinanzierung
– jährliche Programmantragstellung im Rahmen des Förderprogramms
– Durchführung und Dokumentation regelmäßiger Steuerungsrunden mit der Gemeindeverwaltung
– Controlling – Evaluation und Erfolgskontrolle

2. Begleitung, Steuerung und Umsetzung konkreter Einzelmaßnahmen:

– Beratung im Rahmen der Vorbereitung und Umsetzung von Einzelmaßnahmen aus dem Maßnahmenkatalog des ISEK
– Begleitung von maßnahmenbezogenen Ausschreibungen, Vergaben sowie Überwachung von Planungs- und Bauaufträgen
– Koordination von Planungen, Gutachten, Wettbewerben sowie aller Maßnahmen im Fördergebiet
– Akquisition von Drittfördermitteln – Leistungs- und Terminüberwachung
– Steuerung der Weitergabe von Fördermitteln an Dritte (z. B. im Rahmen von Anreizprogrammen)
– lnitiierung und Mitarbeit bei weiteren Prozessen und Projekten der städtebaulichen Entwicklung in Mörlenbach
– Einrichtung eines Beratungsbüros für regelmäßige Beratungsangebote vor Ort
– Vorbereitung von Beschlussvorlagen für die städtischen Gremien
– Beratung der Gemeindeverwaltung bei allen aus dem städtebaulichen Denkmalschutz resultierenden Fragestellungen 

3. Finanzierungsplanung und Mittelbewirtschaftung:

– Fortschreibung der Zeit-, Kosten- und Finanzierungsplanung
– Mittelabruf und Fördermittelbewirtschaftung
– jährliche Zwischenabrechnung und Dokumentation
– Rechnungsprüfung

4. Steuerung und Moderation von Begleitstrukturen und Beteiligungsprozessen:

– Vorbereitung und Durchführung von Informations- und Beteiligungsveranstaltungen in verschiedenen Formaten
– Begleitung und Moderation der Lokalen Partnerschaft
– Einbeziehung der Aktivitäten Dritter in den Fördermaßnahmenprozess
– Vorbereitung von Verträgen mit Dritten inkl. Terminüberwachung

5. Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation:

– Aufbau einer Ansprache- und Kommunikationsstrategie
– Vorbereitung und Durchführung von öffentlichen Veranstaltungen
– Implementierung und fortwährende redaktionelle Bearbeitung und Pflege einer Projekthomepage
– Entwicklung und Einführung eines Labels für die Fördermaßnahme
– Unterstützung bei der Erstellung von Flyern, Plakaten und anderen Printmedien
– Unterstützung bei der Pressearbeit inkl. Erstellung von Pressemitteilungen

Es ist vom Auftraggeber beabsichtigt, den Zuschlag möglichst bis Juli 2024 zu erteilen. Mit der vorliegenden Bekanntmachung wird den Bewerbern das ISEK samt Anlage, das eine Plandarstellung des räumlichen Geltungsbereichs für das vorgeschlagene Fördergebiet enthält, zur Verfügung gestellt.

Zusätzlich verweisen wir auf die – hier nicht mit veröffentlichten – Richtlinien des Landes Hessen zur Förderung der Nachhaltigen Stadtentwicklung (RiLiSE) vom 02.10.2017 (StAnz. 40/2017, S. 958).

Laufzeit des Vertrags: 48.

Dieser Auftrag kann verlängert werden.

Der Vertrag beginnt (nach Verfahrensende) am Tag seiner Unterzeichnung durch beide Vertragsparteien für zunächst 4 Jahre. Der Vertrag verlängert sich sodann aber bis zum Ende des Förderzeitraums, wenn er nicht 3 Monate vor Ablauf gekündigt wird, jeweils um 1 Jahr.

Der geschätzte Durchführungszeitraum der Gesamtmaßnahme beträgt (mind.) 10 Jahre (= Programmlaufzeit).

Inhouseschulung der AxAkademie – Die Vergabe öffentlicher Bauaufträge an Generalüber- und Generalunternehmer

Inhouseschulung der AxAkademie - Die Vergabe öffentlicher Bauaufträge an Generalüber- und Generalunternehmer

Teilnehmerkreis

Öffentliche Auftraggeber, interessierte Bieter, Architekten, Ingenieure, Projektsteuerungsunternehmen, Beratungsunternehmen und Rechtsanwälte.

Ziel der Schulung

Bauzeitverlängerungen und explodierende Kosten bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand werden häufig auch mit dem Zwang der Auftraggeber in Verbindung gebracht, selbst komplexe Bauvorhaben kleinteilig in zahlreichen Losen ausschreiben zu müssen. Allerdings eröffnen die vergaberechtlichen Regelungen dem Auftraggeber durchaus die Möglichkeit, Planungs- und Bauleistungen an Generalübernehmer („Totalübernehmer“) zu vergeben. Hierfür muss der Auftraggeber (lediglich) feststellen können, dass eine gemeinsame Vergabe von Planung und Bauausführung nach Abwägung aller Umstände zweckmäßig ist. Generalübernehmer-Vergaben können somit nicht nur bei Großbauvorhaben der öffentlichen Hand durchgeführt werden, sondern auch bei kleineren bzw. Standard-Objekten, wie z. B. Schulen und Kindergärten. Auch Generalunternehmer-Vergaben sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. 

In der Schulung wird zunächst gegenübergestellt, welche Gründe für und gegen eine klassische losweise Vergabe bzw. eine Generalüber- oder -unternehmer-Vergabe sprechen. Die rechtlichen Voraussetzungen werden ebenso dargestellt wie die von der VOB/A-EU dafür vorgesehenen Verfahrensarten. Erläutert wird der Ablauf eines Vergabeverfahrens von der Vorbereitung über den Teilnahmewettbewerb bis hin zur Angebotsphase und zum Zuschlag. Zahlreiche Praxisbeispiele und die Erfahrungen aus durchgeführten Vergabeverfahren runden die Schulung ab.

Themen

1. Baubetriebliche und prozessorientierte Grundlagen 

  • Grundlagen der Bedarfsplanung
  • Stakeholdermanagement
  • Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen GU und GÜ
  • Losweise Vergabe vs. GU- oder GÜ-Vergabe: Vor- und Nachteile der Projektorganisationsformen
  • Risikoallokation in den verschiedenen Vertragsmodellen 


2. Vergaberechtliche Grundlagen 

  • Voraussetzungen für eine Generalüber- und -unternehmer-Vergabe
  • Mögliche Verfahrensarten: Verhandlungsverfahren und wettbewerblicher Dialog – Unterschiede und Gemeinsamkeiten 


3. Die Vorbereitung des Vergabeverfahrens 

  • Definition der Ziele der Beschaffung
  • Ermittlung des Bedarfs
  • Erstellung der Vergabeunterlagen
  • Entwurf des Generalübernehmervertrages 


4. Der Teilnahmewettbewerb 

  • Eignungskriterien und Eignungsprüfung
  • Auswahlkriterien und Auswahl unter den geeigneten Bewerbern
  • Verfahren ohne Auswahl unter den Teilnehmern/Bietern


5. Die Angebots- bzw. Dialogphase 

  • Ablauf der Verfahren
  • Abwicklung des Verfahrens in aufeinanderfolgenden Phasen
  • Darstellung möglicher Wertungskriterien
  • Vorgabe eines Pauschalfestpreises durch den Auftraggeber?
  • Die Zusammensetzung der Jury
  • Die Einbindung externer Fachleute in die Wertung
  • Auswahlkriterien und Auswahl unter den geeigneten Bewerbern 


6. Sonderfragen 

  • Beteiligung der Öffentlichkeit
  • Ausstellung der nicht berücksichtigten Entwürfe nach Zuschlag
  • Nachhaltigkeitsanforderungen
  • BIM-Vorgaben

Inhouseschulung der AxAkademie – Erfolgreiche und praxistaugliche Leistungsbeschreibungen

Inhouseschulung der AxAkademie - Erfolgreiche und praxistaugliche Leistungsbeschreibungen

Teilnehmerkreis

Mitarbeitende aus Vergabestellen, aus der Vertragsverwaltung bzw. dem Vertragsmanagement, aus dem Einkauf und dem Lieferantenmanagement sowie ausdrücklich auch Betroffene aus Fachbereichen, die die Leistungsbeschreibung erstellen.

Ziel der Schulung

Die Leistungsbeschreibung ist das „Herzstück“ eines jeden Vergabeverfahrens. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Zusammenarbeit zwischen Bedarfsträger und Vergabestelle. Die Auswirkungen von Fehlern, Ungenauigkeiten und Widersprüchen sind sehr weitreichend und können den Erfolg der gesamten Vergabe gefährden oder die Beschaffung verzögern. Die Veranstaltung zeigt im Rahmen eines interaktiven Formats (Fragen und Impulse sind ausdrücklich erwünscht!), wie Vergabebereiche und Fachbereiche ihre jeweiligen Rollen ideal umsetzen können und wie die Zusammenarbeit gelingt. Verschiedene Arten von Leistungsbeschreibungen werden ebenso berücksichtigt wie die typischen Inhalte von Leistungsbeschreibungen. Aktuelle Entwicklungen werden berücksichtigt, insbesondere Fragen der Nachhaltigkeit (umweltbezogene und soziale Aspekt). Die gesamte Veranstaltung unterliegt dem Motto „aus der Praxis, für die Praxis“ und enthält daher auch zahlreiche Praxisbeispiele.

Themen

  • Rechtliche Grundlagen der Leistungsbeschreibung
  • Nachhaltigkeit & Leistungsbeschreibung
  • Interne Organisationsmöglichkeiten für die Erstellung von Leistungsbeschreibungen beim Auftraggeber (Verhältnis Vergabe – Fachbereiche)
  • Fehlerquellen und Fallstricke beim Verfassen von Leistungsbeschreibungen
  • Praxisbeispiele für erfolgreiche Leistungsbeschreibungen und auch für typische Praxisfehler („Dos and Don’ts“)  
  • Richtige Gliederung von Leistungsbeschreibungen
  • Konkrete Formulierungshilfen!

Kurz belichtet – Was ist ein „Einfamilienhaus“?

Kurz belichtet - Was ist ein „Einfamilienhaus“?

OLG Hamm, Urteil vom 18.03.2024 – 18 U 80/23

1. Eine Anwendung der §§ 656a ff. BGB auf Objekte mit mehreren Wohnungseigentumseinheiten unter dem Begriff “Wohnung” scheidet aus.

2. Im Rahmen der Prüfung, ob ein Objekt als “Einfamilienhaus” i.S.d. §§ 656a ff. BGB zu qualifizieren ist, ist darauf abzustellen, ob eine Nutzung des Gesamtobjekts durch die Mitglieder eines einzigen Haushalts nach der Aufteilung des Gebäudes und dessen sonstigen Eigenschaften unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung objektiv angelegt ist.

3. Das Vorhandensein einer zweiten Wohnung von untergeordneter Bedeutung steht der Qualifikation eines Objekts als “Einfamilienhaus” i.S.d. §§ 656a ff. BGB nicht entgegen (vgl. BT-Drucks. 19/15827, S. 18). Die Frage der Unterordnung ist anhand einer Gesamtbetrachtung der objektiven Gegebenheiten unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu beantworten.

4. Die Gestaltungs- und Nutzungsabsichten des Erwerbers spielen für die sachliche Anwendbarkeit der §§ 656a ff. BGB grundsätzlich keine Rolle, vielmehr kommt es grundsätzlich allein auf den vorbestehenden Zustand des Objekts an.

Kurz belichtet – Übernahme des Mangelbeseitigungsrisikos durch ungeeignete Mangelbeseitigungsmaßnahme?

Kurz belichtet - Übernahme des Mangelbeseitigungsrisikos durch ungeeignete Mangelbeseitigungsmaßnahme?

LG Lübeck, Urteil vom 18.04.2024 – 10 O 222/22

Ergreift ein mit der Sanierung eines bestehenden Baumangels beauftragtes Unternehmen hierfür ungeeignete Maßnahmen, verschlechtert dadurch das anfängliche Ergebnis und nimmt dem primär für den Schaden verantwortlichen Bauunternehmen damit eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung durch eine Alternativmaßnahme, geht deswegen das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen über (konkret: ungeeigneter Versuch der nachträglichen Abdichtung einer mangelhaft ausgeführten “weißen Wanne” durch Durchbohren der Kelleraußenwände und Vergelung von außen).

BGH zu der Frage, dass der Tatrichter, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht – auch im Rahmen der grundsätzlich seinem Ermessen unterliegenden Schadensschätzung (§ 287 ZPO) – auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten darf, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag und wenn er bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen

BGH zu der Frage, dass der Tatrichter, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht - auch im Rahmen der grundsätzlich seinem Ermessen unterliegenden Schadensschätzung (§ 287 ZPO) - auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten darf, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag und wenn er bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen

vorgestellt von Thomas Ax

Zur Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) durch die Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund der Inanspruchnahme eigener Sachkunde des Gerichts im Rahmen der Schadensschätzung (hier entgangener Gewinn, § 252 Satz 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO; im Anschluss an BVerfG, NJW 2003, 1655, unter II. 1.; BVerfG, Beschluss vom 09.10.2007 – 2 BvR 1268/03, BeckRS 2007, 28255; ; BVerfG, NJW 2021, 50, Rn. 20; BGH, Urteil vom 06.12.1995 – VIII ZR 270/94, NJW 1996, 584, unter II. 3. b) cc); Beschluss vom 09.01.2018 – VI ZR 106/17, NJW 2018, 2730, Rn. 16 = IBR 2018, 424 ).
BGH, Beschluss vom 26.03.2024 – VIII ZR 89/23
vorhergehend:
OLG Brandenburg, 15.08.2023 – 7 U 40/20
OLG Brandenburg, 12.04.2023 – 7 U 40/20
LG Potsdam, 05.02.2020 – 6 O 85/17


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2024 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bünger, die Richter Kosziol und Dr. Schmidt sowie die Richterinnen Wiegand und Dr. Böhm

beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts – 7. Zivilsenat – vom 12. April 2023 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15. August 2023 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung der Höhe nach angreift.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorstehend genannten Urteil zurückgewiesen.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 350.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

1

Die Klägerin nimmt nach einem Unternehmenskauf die Beklagte wegen pflichtwidriger Konkurrenztätigkeit zuletzt auf Zahlung entgangenen Gewinns in Anspruch.

2

Die Beklagte war Gründerin, Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der K. S. GmbH (im Folgenden: K. S. GmbH), deren Geschäftsgegenstand die Betreuung schwerstkranker Kinder ist. Im April 2015 veräußerte sie ihre Anteile an der Gesellschaft zu einem Kaufpreis von 2 Mio. EUR an die Klägerin. Diese ist (als Konzernmutter) mit mehreren Gesellschaften ebenfalls im Bereich der Kinderintensivpflege tätig. Der Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag der Parteien enthielt ein “Wettbewerbs- und Abwerbeverbot”, wonach sich die Beklagte verpflichtete, für die Dauer von 30 Monaten nach dem Kauf keine Konkurrenztätigkeit auf dem Gebiet der Betreuung schwerstkranker Kinder – auch nicht durch Gründung eines Unternehmens – auszuüben und keine Mitarbeiter der K. S. GmbH abzuwerben.

3

Die Beklagte blieb zunächst Geschäftsführerin der veräußerten Gesellschaft. Nachdem es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien gekommen war, sprach die Klägerin im Februar 2016 zunächst die ordentliche, später auch die außerordentliche Kündigung des Dienstleistungsvertrags mit der Beklagten aus und berief diese als Geschäftsführerin ab.

4

Im März 2016 gründete die Beklagte mittels einer Strohfrau die F. GmbH, welche die Pflege schwerstkranker Kinder im räumlichen Geschäftsgebiet der K. S. GmbH anbot. Bis Ende Mai 2016 kündigten mindestens 32 Angestellte der K. S. GmbH dort ihre Arbeitsverhältnisse und schlossen Arbeitsverträge mit der F. GmbH.

5

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe schon vor dem Verkauf ihrer Gesellschaftsanteile an sie geplant, eine Konkurrenzgesellschaft zu gründen, Mitarbeiter zu übernehmen und auch bisherige Kunden der K. S. GmbH abzuwerben. Die erstinstanzlich zuletzt auf die Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Stammkapitalanteils gerichtete Klage der Klägerin hat vor dem Landgericht keinen Erfolg gehabt. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und nach einem Hinweis des Berufungsgerichts auf eine mögliche Nebenpflichtverletzung der Beklagten aus dem Unternehmenskaufvertrag aufgrund der Konkurrenztätigkeit zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung entgangenen Gewinns in Höhe von 800.000 EUR nebst Zinsen zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat – unter Zurückweisung des Rechtsmittels und Abweisung der Klage im Übrigen – die Beklagte zur Zahlung von 350.000 EUR nebst Zinsen verurteilt.

6

Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Zulassung der Revision mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung begehrt.

II.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Beklagte hafte der Klägerin auf Schadensersatz, da sie eine Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag über die Gesellschaftsanteile verletzt habe (§ 453 Abs. 1, § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB). Auf die Frage der Wirksamkeit des im Unternehmenskaufvertrag der Parteien vereinbarten Wettbewerbs- und Abwerbeverbots komme es nicht an. Denn auch ohne eine ausdrückliche Vereinbarung bestehe für den Verkäufer – hier die Beklagte – ein Verbot des Wettbewerbs mit dem auf den Käufer – hier die Klägerin – übergegangenen Unternehmen. Das Verbot folge als Nebenpflicht aus dem Vertragszweck, dem Käufer die Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen, und reiche daher sachlich, räumlich und zeitlich so weit, wie es erforderlich sei, um diesen Zweck nicht zu gefährden.

9

Hiernach hätte es die Beklagte unterlassen müssen, dazu beizutragen, dass so viele Mitarbeiter die K. S. GmbH verlassen, dass die Unternehmensfortführung gefährdet werde. Dabei sei unerheblich, ob jeder einzelne Mitarbeiter sein Arbeitsverhältnis zur Klägerin “auf Veranlassung der Beklagten” beendet habe. Pflichtwidrig sei es schon gewesen, den Mitarbeitern eine Gelegenheit zum Wechsel zu dem am selben Ort und im selben Marktsegment betriebenen, neu eingerichteten Unternehmen zu bieten, zu dessen Gründung die Beklagte beigetragen habe. Die Nebenpflicht der Beklagten, eine Konkurrenz zum verkauften Unternehmen zu unterlassen, sei vorliegend zeitlich auf eine Spanne von drei Jahren zu begrenzen.

10

Somit habe die Beklagte den Schaden auszugleichen, welcher der Klägerin durch die Errichtung eines Konkurrenzunternehmens entstanden sei. Die Klägerin mache einen entgangenen Gewinn geltend, indem sie ihre “Ist-Gewinne” den aus ihrer Sicht erzielbaren hypothetischen Gewinnen, jeweils ab dem Beginn der Konkurrenztätigkeit der Beklagten (März 2016) bis einschließlich April 2018, gegenüberstelle. Dies sei dem Grunde nach berechtigt, so dass die Klägerin so zu stellen sei, wie sie bei Unterlassung der vertragswidrigen Konkurrenz der Beklagten stünde. Insoweit müsse für jeden angeführten Grund eines Gewinnrückgangs erläutert werden, dass er auf dem unlauteren Einfluss der Beklagten beruhe und nicht auf anderen Ursachen, etwa eigenen – von der Pflichtverletzung der Beklagten unabhängigen – unternehmerischen Entscheidungen der Klägerin. Weder den Darlegungen der Klägerin noch den Einwendungen der Beklagten könne mit dem Anspruch nachgegangen werden, die Auswirkungen der jeweils vorgetragenen Umstände auf den von der Klägerin vorgetragenen Gewinnrückgang exakt voneinander abzugrenzen und genau festzustellen, was einerseits auf unerlaubter Konkurrenz durch die Beklagte beruhe und andererseits welche davon unabhängigen unternehmerischen Entscheidungen der Klägerin – etwa die Hinzuziehung von Fremdpersonal – sich ungünstig ausgewirkt hätten.

11

Diese Fragen seien mit Beweismitteln nicht zu beantworten. Ein betriebswirtschaftlicher Sachverständiger werde die Motivationslage der Unternehmensführung der Klägerin nicht präzise aufklären und benennen können. Daher müsse bereits die Beurteilung, ob ein Schaden entstanden sei, mithin ob und in welchem Umfang ein entgangener Gewinn der Klägerin allein auf dem vertragswidrigen Zutun der Beklagten und nicht auf anderen, von ihr nicht verschuldeten Ursachen beruhe, im Wege einer Schätzung ermittelt werden (§ 287 Abs. 1 ZPO).

12

Im Ergebnis seien die von den Parteien vorgetragenen Gründe bezüglich des (behaupteten) Gewinnrückgangs der Klägerin ungefähr gleichgewichtig. Demzufolge habe die Klägerin einen Anspruch auf die Erstattung der Hälfte des ihr in den ersten drei Jahren nach der Unternehmensübernahme entgangenen Gewinns.

13

Auch die Höhe des Schadens müsse geschätzt werden (§ 287 Abs. 1 ZPO). Als Schätzgrundlagen kämen die Berechnungen der Klägerin, die einen entgangenen Gewinn in Höhe von 800.000 EUR geltend mache, und die Einwendungen der Beklagten in Betracht, nach denen “einzelne Positionen auf ungeschickte Unternehmensführung ohne Beeinflussung durch die Beklagte oder auf unternehmerisch nicht veranlasste Darstellung eines vermeintlichen Schadens zurückzuführen seien”. Der Senat sehe keine Aussicht in dem Versuch, mit sachverständiger Hilfe festzustellen, ob die von der Beklagten beanstandeten Positionen betriebswirtschaftlich gar nicht zur Ermittlung eines tatsächlichen und fiktiven, ohne schädigendes Ereignis zu erwartenden Gewinns geeignet seien und ob einzelne Rechnungsposten in ihrer Höhe und Entwicklung eher auf der unerlaubten Konkurrenz oder eher auf davon unbeeinflussten unternehmerischen Entscheidungen der Klägerin beruhten. Der Vortrag der Klägerin zu dem zu erwartenden Gewinn des von der Beklagten übernommenen Unternehmens stelle sich jedenfalls als plausibel und schlüssig dar, so dass er als Anhaltspunkt einer Schadensschätzung verwendet werden könne. Die geringeren Geschäftsführerkosten im tatsächlichen Verlauf – durch die Kündigung des Vertrags mit der Beklagten – müsse sich die Klägerin wie einen Vorteilsausgleich anrechnen lassen. Von einem hiernach bereinigten Schadensbetrag in Höhe von 700.000 EUR habe die Beklagte somit die Hälfte zu tragen.

III.

14

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere übersteigt der Wert der Beschwer die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Sie hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch in der Sache Erfolg (§ 544 Abs. 9 ZPO) und führt zu einer auf die – einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs bildenden (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2011 – II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18; Beschlüsse vom 22. Juli 2014 – VIII ZR 334/13, Rn. 8; vom 16. November 2021 – VIII ZR 15/20, Rn. 11; jeweils mwN) – Höhe des Anspruchs beschränkten Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2016 – V ZR 258/15, NJW 2017, 736 Rn. 25; vom 25. Juli 2022 – VIa ZR 622/21, Rn. 5), weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung insoweit eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Denn es hat zur Höhe des von der Klägerin behaupteten – von der Beklagten bestrittenen – Schadens in Form des entgangenen Gewinns den (angebotenen) Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erhoben.

15

1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfGE 86, 133, 144; 96, 205, 216; BVerfG, Beschluss vom 16. Januar- 2 BvR 1114/23, Rn. 30; Senatsbeschlüsse vom 26. Mai 2020 – VIII ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1019 Rn. 13; vom 22. Juni 2021 – VIII ZR 134/20, NJW- RR 2021, 1093 Rn. 13; vom 10. Oktober 2023 – VIII ZB 29/22, NJW-RR 2024, 60 Rn. 19). Der Anspruch auf rechtliches Gehör als grundrechtsgleiches Recht soll sicherstellen, dass die Entscheidung des Gerichts frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2024 – 2 BvR 1114/23, aaO; Senatsbeschluss vom 26. Mai 2020 – VIII ZR 64/19, aaO).

16

Ferner gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines solchen erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; siehe etwa BVerfGE 65, 305, 307; 69, 141, 144; BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2024 – 2 BvR 1114/23, aaO; BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2016 – V ZR 232/15, Rn. 5; vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 4; vom 12. Oktober 2021 – VIII ZR 91/20, NJW-RR 2022, 86 Rn. 16; vom 9. Mai 2023 – VIII ZR 160/21, Rn. 15; jeweils mwN).

17

2. Gemessen hieran ist dem Berufungsgericht eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG anzulasten. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung der Schadenshöhe im Wege richterlicher Schätzung (§ 287 Abs. 1 ZPO, § 252 Satz 2 BGB) den angebotenen Sachverständigenbeweis nicht erhoben, sondern zur Ermittlung des von der Klägerin begehrten entgangenen Gewinns allein auf deren – von der Beklagten bestrittenen – Vortrag zur tatsächlichen sowie zur hypothetischen Gewinnentwicklung des gekauften Unternehmens abgestellt hat.

18

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, es bestehe keine Aussicht, mithilfe eines Sachverständigen festzustellen, ob einzelne von der Klägerin zur Ermittlung ihres entgangenen Gewinns herangezogene, von der Beklagten beanstandete Positionen, betriebswirtschaftlich überhaupt einen entgangenen Gewinn begründen können und überdies von der Klägerin der Höhe nach zutreffend berechnet wurden, verletzt die Beklagte in ihrem rechtlichen Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Denn das Berufungsgericht hat diesbezüglich eine besondere eigene Sachkunde in Anspruch genommen, ohne darzulegen, woher es diese bezieht.

19

aa) Der Tatrichter darf, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht – auch im Rahmen der grundsätzlich seinem Ermessen unterliegenden Schadensschätzung (§ 287 ZPO) – auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag. Zudem muss der Tatrichter, wenn er bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen (vgl. BVerfG, NJW 2021, 50 Rn. 20; BGH, Urteile vom 6. Dezember 1995 – VIII ZR 270/94, NJW 1996, 584 unter II 3 b cc; vom 8. Juni 2004 – VI ZR 230/03, BGHZ 159, 254, 262; vom 29. Januar 2019 – VI ZR 113/17, BGHZ 221, 43 Rn. 32; vom 10. November 2022 – I ZR 16/22, GRUR 2023, 416 Rn. 47; Beschlüsse vom 9. Januar 2018 – VI ZR 106/17, NJW 2018, 2730 Rn. 16; vom 25. Oktober 2023 – VII ZR 17/23, NJW-RR 2024, 148 Rn. 17, 20). Überschreitet das Gericht die Grenzen, die seinem Ermessen im Sinne des § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO gesetzt sind, weil es nach Vorstehendem eine nicht dargelegte Sachkunde in Anspruch nimmt und lehnt es hiernach einen Beweisantrag ab, stellt dies zugleich eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG dar (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1655 unter II 1; NJW 2021, 50 Rn. 20; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 – IX ZR 173/03, NJW-RR 2007, 500 Rn. 9). Dies gilt auch dann, wenn der Tatrichter auf ein Sachverständigengutachten verzichten will, weil er es auf Grundlage eigener Sachkunde für ungeeignet zur Erbringung sachdienlicher Erkenntnisse hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2007 – 2 BvR 1268/03, Rn. 18; BVerfG, GRUR-RR 2009, 375 Rn. 21; BGH, Beschluss vom 9. Januar 2018 – VI ZR 106/17, aaO).

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bb) So liegt der Fall hier. Durch die Annahme, ein Sachverständiger könne weder beurteilen, ob die von der Klägerin vorgelegte Gewinnermittlung der Jahre 2016 bis 2018 zutreffend nach bilanziellen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde, noch die Höhe der einzelnen Positionen auf ihre Richtigkeit überprüfen, hat sich das Berufungsgericht eine Sachkunde angemaßt, ohne darzulegen, woher es diese nimmt, und versäumt, die Parteien vor Erlass des Urteils hierauf hinzuweisen.

21

(1) Die Nichtzulassungsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, die Beklagte habe die Gewinnermittlung der Klägerin als zur Schadensdarlegung schon grundsätzlich ungeeignet angesehen und hierzu konkret eingewandt, mehrere von der Klägerin in die Berechnung ihres tatsächlichen und ihres hypothetischen Gewinns eingestellte Positionen hätten bereits dem Grunde nach hierzu nicht herangezogen werden dürfen.

22

So hat die Beklagte etwa vorgebracht, die Klägerin habe für die Gewinnermittlung des Jahres 2016 eine gewinnmindernde Wertberichtigung in Höhe von 145.790,83 EUR vorgenommen und periodenfremde Aufwendungen in Höhe von 105.239,55 EUR eingestellt, welche aus dem Jahresabschluss hätten herausgerechnet werden müssen. Zu letzterem hat die Klägerin darauf hingewiesen, diese Periodenverschiebung habe in 2016 zwar den Gewinn erhöht, jedoch der Sache nach den “zuviel gezahlten Kaufpreis kompensiert.” Zudem hat die Beklagte eingewandt, mit Blick auf die Konzernstruktur der Klägerin könne nur der Jahresabschluss im Ganzen Grundlage der Schadensermittlung sein. Es müssten die vollständigen Jahresabschlüsse der Jahre 2015 bis 2018 – einschließlich der Beschlussnachweise -, die Gewinn- und Verlustrechnungen, die Erlöskonten und sämtliche Kontennachweise vorgelegt werden. Diese Unterlagen seien sachverständig auszuwerten. Erst hiernach böte sich dem Gericht eine geeignete Schätzgrundlage.

23

Mit seiner gegenteiligen Annahme, ein Sachverständiger könne nicht feststellen, ob die seitens der Beklagten beanstandeten Positionen “betriebswirtschaftlich” zur Gewinnermittlung “geeignet” seien, hat sich das Berufungsgericht – wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rügt – ein Fachwissen angemaßt, ohne anzugeben, woher es dieses bezieht, und ohne zuvor den Parteien einen entsprechenden Hinweis zu erteilen. Bereits die Bewertung, ob die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und die hierin enthaltenen Positionen – wie etwa die vorgenannte Wertberichtigung – in betriebswirtschaftlicher Hinsicht zur Ermittlung eines entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) geeignet sind, setzt eine Sachkunde voraus. Eine solche – vorliegend nicht dargelegte – zuverlässige Sachkunde zur Beurteilung einer Gewinnermittlung kann, anders als die Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung meint, nicht ohne Weiteres allein deshalb angenommen werden, weil sich das Berufungsgericht (ständig) mit handels- und gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten befasse (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2023 – VII ZR 17/23, NJW-RR 2024, 148 Rn. 18 [zu bautechnischem Fachwissen]).

24

(2) Das Berufungsgericht hat sich ebenso hinsichtlich der Beurteilung der Höhe einzelner in die Gewinnermittlung durch die Klägerin eingestellter Positionen eine eigene Sachkunde angemaßt, ohne darzulegen, worauf diese beruht.

25

(a) Die Nichtzulassungsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass die Beklagte dem Vortrag der Klägerin, wonach diese aufgrund des Verlusts zahlreicher Mitarbeiter auf den – gewinnmindernden – Einsatz von geleastem Fremdpersonal angewiesen gewesen sei, entgegengehalten habe, diese Maßnahme sei aufgrund gesunkener Patientenzahlen nicht notwendig gewesen. Zudem hat die Beklagte die seitens der Klägerin angegebenen Fremdpersonalkosten in Höhe von 397.938 EUR bestritten. Die Beklagte hat ferner den von der Klägerin behaupteten Verlust in Höhe von 355.500 EUR für das Jahr 2016 unter Hinweis auf Umsatzzahlen und den Personalaufwand bestritten; ebenso den Anfall von Managementkosten in Höhe von 10.000 EUR.

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(b) Den seitens der Beklagten – auch insoweit – angebotenen Sachverständigenbeweis hat das Berufungsgericht nicht erhoben. Es hat vielmehr angenommen, ein Sachverständiger könne nicht angeben, ob einzelne Rechnungsposten in ihrer Höhe “eher auf die unerlaubte Konkurrenz” durch die Beklagte oder “eher auf davon unbeeinflusste unternehmerische Entscheidungen der Klägerin” zurückzuführen seien, und hat den Vortrag der Klägerin zu dem zu erwartenden Gewinn des von dieser übernommenen Unternehmens in der Gesamthöhe von 800.000 EUR als “plausibel und schlüssig” angesehen.

27

Insoweit hat das Berufungsgericht verkannt, dass die vorgenannten Einwände der Beklagten nicht die von ihm zuvor bereits bejahte – von den Parteien im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht angegriffene – Kausalität des Verhaltens der Beklagten für den entgangenen Gewinn der Klägerin betreffen, sondern die Erforderlichkeit sowie die Höhe einzelner in die Gewinnberechnung der Klägerin eingestellter Positionen. Inwiefern es ausgeschlossen ist, dass ein Sachverständiger – einen grundsätzlichen Kausalitätsbeitrag der Beklagten hierzu annehmend – beurteilen kann, ob schadensbegründende – und damit gewinnmindernde – Maßnahmen der Klägerin, etwa durch Hinzuziehung von Fremdpersonal, erforderlich waren (§ 249 BGB; vgl. hierzu Senatsurteil vom 9. Dezember 2020 – VIII ZR 371/18, NJW-RR 2021, 201 Rn. 49 mwN) und ob diese der Höhe nach zutreffend berechnet wurden, legt das Berufungsgericht nicht dar. Dies ist auch nicht ersichtlich, da es sich um dem Sachverständigenbeweis zugängliche Tatsachen handelt.

28

b) Die dem Berufungsgericht unterlaufene Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich (§ 544 Abs. 9 ZPO).

29

aa) Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht im Falle der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu einem anderen, hinsichtlich der Schadenshöhe der Beklagten günstigeren Ergebnis gelangt wäre.

30

bb) Dies gilt sowohl für den Fall, dass ein Sachverständiger zur Berechnung des entgangenen Gewinns der Klägerin fachliche Angaben machen kann, als auch in dem – vom Berufungsgericht angenommenen – Fall, dass er hierzu nicht in der Lage ist und demzufolge weitere Erkenntnisse nicht gewonnen werden können. Denn auch dann fällt die Entscheidung des Berufungsgerichts möglicherweise anders aus, weil der Schaden der Klägerin nicht, wie es das Berufungsgericht im angegriffenen Urteil getan hat, auf der Grundlage von deren Angaben zum tatsächlichen und zum hypothetischen Gewinn im Wege der Schätzung (§ 287 Abs. 1 ZPO, § 252 Satz 2 BGB) ermittelt werden kann. Ist es einem Sachverständigen nicht möglich, weitere Erkenntnisse zur Höhe des entgangenen Gewinns der Klägerin zu ermitteln, entbehrt eine Schadensschätzung – wie die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend rügt – einer tragfähigen Grundlage. Denn der Vortrag der Klägerin zu ihrem zu erwartenden Gewinn kann nicht als “plausibel und schlüssig” und als (alleiniger) “Anhaltspunkt einer Schadensschätzung” gesehen werden, weil die Beklagte – wie ausgeführt – zahlreiche der Gewinnermittlung zu Grunde liegenden Positionen bestritten hat.

31

Mit seiner Schadensschätzung auf einer zwischen den Parteien streitigen Tatsachengrundlage hat das Berufungsgericht verkannt, dass die aus den Vorschriften der § 287 Abs. 1 ZPO und § 252 Satz 2 BGB folgenden Darlegungs- und Beweiserleichterungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Juni 2009 – VIII ZR 332/07, NJW-RR 2009, 1404 Rn. 16; Beschluss vom 6. Juni 2023 – VI ZR 197/21, NJW-RR 2023, 1038 Rn. 13; jeweils mwN) nichts daran ändern, dass es im Rahmen der notwendigen Prognose des entgangenen Gewinns im Sinne des § 252 Satz 2 BGB konkreter Anknüpfungstatsachen bedarf, die der Geschädigte – hier die Klägerin – darlegen und zur Überzeugung des Gerichts nachweisen muss (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2017 – VI ZR 530/16, NJW 2018, 864 Rn. 15). Erst wenn die Klägerin die für eine Schätzung erforderlichen und bestrittenen Anknüpfungstatsachen, die ihre Gewinnerwartung wahrscheinlich machen sollen, bewiesen hat, kann auf der dann gesicherten Tatsachengrundlage die Schadensschätzung vorgenommen werden (vgl. BGH, Urteile vom 29. März 2000 – VIII ZR 81/99, NJW 2000, 2272 unter II B 2; vom 21. Januar 2016 – I ZR 90/14, GRUR 2016, 860 Rn. 34; vom 8. Mai 2018 – VI ZR 295/17, VersR 2018, 1067 Rn. 37; Beschluss vom 8. Februar 2023 – IV ZR 9/22, ZfSch 2023, 330 Rn. 21; Wieczorek/Schütze/Ahrens, ZPO, 5. Aufl., § 287 Rn. 41). Ist dieser Beweis der Anknüpfungstatsachen – wovon das Berufungsgericht gehörswidrig ausgegangen ist – nicht möglich, überschreitet das Gericht die seinem Ermessen nach § 287 Abs. 1 ZPO gesetzten Grenzen, da es zu einer Schätzung greift, ohne für diese eine tragfähige Grundlage zu haben (vgl. BGH, Urteile vom 17. Januar 1995 – VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023 unter II 2 a; vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 Rn. 17).

32

Damit ist der Gehörsverstoß in Form der Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens vorliegend auch dann entscheidungserheblich, wenn dieses “weitere Erkenntnisse” nicht erbringen kann, da in diesem Fall die Schätzung des Schadens der Klägerin nicht in der vom Berufungsgericht vorgenommenen Weise erfolgen darf.

33

3. Die weiteren – den Schaden der Klägerin dem Grunde nach betreffenden – Rügen der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 6 Satz 2 ZPO).

IV.

34

Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben und der Rechtsstreit hinsichtlich der Anspruchshöhe zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO).