Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt

Zugang zum vergaberechtlichen Primärrechtsschutz nach §§ 155, 160 GWB grundsätzlich nur in einem schon begonnenen und noch laufenden

Zugang zum vergaberechtlichen Primärrechtsschutz nach §§ 155, 160 GWB grundsätzlich nur in einem schon begonnenen und noch laufenden

von Thomas Ax

Der Zugang zum vergaberechtlichen Primärrechtsschutz nach §§ 155, 160 GWB grundsätzlich nur in einem schon begonnenen und noch laufenden Vergabeverfahren gewährt (so schon OLG Naumburg, Beschluss v. 03.03.2000 – 1 Verg 2/99 – OLGR 2000, 318; OLG Naumburg, Beschluss v. 18.07.2006 – 1 Verg 4/06 – ZfBR 2006, 707). Das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren dient dazu, subjektive Rechte eines Teilnehmers bzw. Interessenten am Auftrag auf Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften zu wahren. Diese Ansprüche können bei objektiv bestehender EU-weiter Ausschreibungspflicht während des Vergabeverfahrens vor den Vergabekammern bzw. Vergabesenaten verfolgt werden.

Aufgabe der Nachprüfungsinstanzen ist es nach § 168 Abs. 1 GWB, auf die Rechtmäßigkeit des laufenden Vergabeverfahrens einzuwirken und insbesondere die geeignete Maßnahme anzuordnen, um eine bei der Nachprüfung festgestellte Rechtsverletzung im laufenden Vergabeverfahren zu beseitigen und die endgültige Schädigung der betroffenen Interessen zu vermeiden. Hierdurch kommt, auch ohne eine dies ausdrücklich regelnde Bestimmung, zum Ausdruck, dass die in §§ 155 ff. GWB vorgesehene Möglichkeit der Anrufung der Vergabekammer bzw. des Vergabesenats auf die Zeit beschränkt ist, zu der – wenn sich bei der Nachprüfung ein Verstoß gegen bieterschützende Vergabevorschriften feststellen lassen sollte – noch auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens eingewirkt werden kann.

Ist das Vergabeverfahren, in dessen Rahmen bestimmte Maßnahmen des Antragsgegners zur Nachprüfung gestellt werden, wirksam beendet, so führt das regelmäßig dazu, dass das Rechtsschutzziel der Verbesserung der Zuschlagschance auf ein Angebot des Antragstellers i.S.v. § 160 Abs. 2 GWB nicht mehr erreicht werden kann. Das gilt insbesondere dann, wenn der Antragsgegner im Verfahren den Zuschlag bereits erteilt hat, denn die Erteilung des Zuschlags ist nach § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB irreversibel; danach kann ein wirksam erteilter Zuschlag auch von der Nachprüfungsinstanz nicht aufgehoben werden. Die Beschränkung des spezifischen vergaberechtlichen Rechtsschutzes auf den Primärrechtsschutz in einem laufenden Vergabeverfahren und die Zuweisung des Sekundärrechtsschutzes, also die Regulierung von im Vergabeverfahren eingetretenen Schäden, an die Zivilgerichtsbarkeit entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers und steht im Einklang mit dem Unionsrecht (vgl. insgesamt BGH, Beschluss v. 19.12.2000 – X ZB 14/00 – BGHZ 146, 202).

Wir unterstützen nw Kommunen bei Vergabeprüfungen (2)

Wir unterstützen nw Kommunen bei Vergabeprüfungen (2)

von Thomas Ax

Einhaltung der vergaberechtlichen Vorgaben und Grundsätze

Im Wesentlichen erstreckt sich unsere Vergabeprüfung auf die Einhaltung der vergaberechtlichen Vorgaben und Grundsätze unter Beachtung der dazu ergangenen aktuellen Rechtsprechung. Im Folgenden wird ein Überblick über die üblicherweise angewendeten Prüfansätze im Bereich der
Vergabeprüfung vermittelt.

Gegenstand der Prüfung von Vergaben

Gegenstand der Prüfung von Vergaben durch uns für die örtliche Rechnungsprüfung ist die Überprüfung der Einhaltung der Vergaberechtsvorschriften bei der Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen durch zentrale Vergabestellen oder einzelne Fachabteilungen eines öffentlichen Auftraggebers.
Verstöße gegen das geltende Vergaberecht oberhalb des EU-Schwellenwertes (nachfolgend „Oberschwellenbereich“ genannt) können zu Nachprüfungsverfahren vor einer Vergabekammer führen. Ferner kann es zu finanziellen Nachteilen für den öffentlichen Auftraggeber kommen, da Bieter Schadensersatzansprüche geltend machen können und/oder Bewilligungsbehörden Die Überprüfung der Einhaltung der Vergaberechtsvorschriften bei der Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen kann zudem als Instrument der Korruptionsprävention angesehen werden und ermöglicht transparente Vergabeverfahren unter Beachtung des Diskriminierungsverbotes und des Wettbewerbsgrundsatzes.

Prüfkriterien der Vergabeprüfung

Prüfkriterien für die Auswahl der zu prüfenden Vergaben können z. B. sein:
∑ Alle Vergabevorgänge, die eine festgelegte Auftragssumme überschreiten,
∑ Alle Vergabevorgänge, die eine sehr geringe Anzahl eingegangener Angebote aufweisen,
∑ Alle Vergabevorgänge mit einer Abweichung der Schätzkosten vom Auftragswert,
∑ Alle Vergabevorgänge, die von den Vergabewertgrenzen für Beschränkte Ausschreibungen und Verhandlungsvergaben abweichen,
∑ Alle Vergabevorgänge, bei denen die Zuschlagserteilung nicht anhand der zuvor festgelegten Zuschlagskriterien erfolgt ist.

Der von uns für die Prüfung von Liefer- und Dienstleistungen erstellte Fragenkatalog dient als Orientierungshilfe bzw. als Leitfaden für die Prüfung von öffentlichen Beschaffungsvorgängen.

Prüfungsmaßstab der Vergabeprüfung.

Bei der Prüfung handelt es sich um einen „Soll-/Ist-Vergleich“, der von prozessunabhängigen Prüfern weisungsfrei durchgeführt wird. Bei dem Vergleich des „SOLL“ mit dem „IST“ sind die festgestellten Abweichungen bzw. Nichtabweichungen das Ergebnis der Prüfung.
Die gesetzlichen Vorgaben (Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit) bilden das „SOLL“ einer Vergabeprüfung und den Prüfungsmaßstab ab. Der Prüfungsmaßstab ist mithin nicht willkürlich zu bestimmen. Die Prüfungsunterlagen der Vergabe (Leistungsbeschreibung, Auftragsbekanntmachung, Vergabevermerk, Formblätter etc.) hingegen bilden den „IST“-Zustand ab. Die „Ordnungsmäßigkeit“ umfasst als Oberbegriff die Begriffe „Rechtmäßigkeit“, „Zweckmäßigkeit“ und „Wirtschaftlichkeit“.

Rechtmäßigkeit
Die örtliche Rechnungsprüfung ist als vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht und somit an den Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns  gebunden. Wie bereits zuvor erläutert, handelt es sich bei der Prüfung um einen „SOLL-/IST-Vergleich“. Zur Festlegung des „SOLL“ ist zuvor die Auslegung des Inhalts der Gesetze und sonstigen Bestimmungen nach den Regeln juristischer Methodik erforderlich. Die Rechtmäßigkeit kann bestätigt werden, wenn die IST-Vergabeunterlagen dem SOLL entsprechen und keine Abweichungen im Zuge der Vergabeprüfung durch die örtliche Rechnungsprüfung festgestellt wurden. Erkenntnisse aus der aktuellen Rechtsprechung sollen ebenfalls in die Vergleichsaufstellung einfließen und neben der Fülle an Regeln und Verordnungen im Vergaberecht zur Untermauerung der Prüffeststellungen führen.

Zweckmäßigkeit
Die Verwaltung ist verpflichtet, sich zweckmäßig zu verhalten. Unter diesem Begriff ist bei der örtliche Vergabeprüfung nachzuvollziehen, ob Ziele als Anlass für ein Vergabeverfahren gesetzt und diese durch die Durchführung des Verfahrens auch erreicht wurden.

Wirtschaftlichkeit
Die Verwaltung ist verpflichtet, sich in jedem Fall wirtschaftlich zu verhalten. Die Aufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung besteht darin, das Verhältnis zwischen dem Aufwand für die Durchführung eines Vergabeverfahrens und dem dadurch erzielten Ergebnis unter Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zu prüfen und die Wirtschaftlichkeit des Beschaffungsergebnisses zu bewerten. Vor diesem Hintergrund werden auch Wirtschaftlichkeitsanalysen im Rahmen der Bedarfsermittlung durchgeführt und Fragestellungen wie beispielsweise: „Kauf oder Leasing?“ in die Prüfung einbezogen.

Zeitpunkt der Vergabeprüfung

Der Zeitpunkt der Vergabeprüfung ist nicht vorgeschrieben. Die Vergabeprüfung kann erfolgen:

∑ Bereits vor Versand der Ausschreibungsunterlagen (vorgelagerte Prüfung)
Durch die Prüfung der Vergabeunterlagen vor Versand an die Bieter bzw. der Auftragsbekanntmachung können etwaige Fehler in der Leistungsbeschreibung frühzeitig erkannt und behoben werden.

∑ Vor der Auftragserteilung (vorgelagerte Prüfung)
Ist die Vergabeprüfung vor der Auftragserteilung (z.B. nach Öffnung der Angebote und rechnerischer Prüfung) vorgesehen, können Mängel bei beabsichtigten Auftragsvergaben und somit auch investitionsverzögernde Vergabebeschwerden vermieden werden. Der Umfang der Prüfung ist durch die örtliche Rechnungsprüfung frei wählbar, sollte jedoch so gewählt werden, dass gravierende Mängel rechtzeitig erkannt und beseitigt bzw. verhindert werden können.

∑ Nach Erteilung des Auftrags (nachgelagerte Prüfung)
Eine Prüfung nach der Erteilung des Auftrags erfolgt in der Regel erst nach der Fertigstellung und Abrechnung der beauftragten Leistungen. Ist unmittelbar nach Auftragserteilung festzustellen, dass der Beschaffungsvorgang etwaige Auffälligkeiten aufwies, muss in jedem Fall umgehend nachgelagert geprüft werden. Fehler in den Vergabeunterlagen sind zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht mehr zu korrigieren, da das Vergabeverfahren bereits angeschlossen wurde.

Prüfungsablauf
Eine Vergabeprüfung erfolgt nach unserem erprobten Schema.
Gerne können wir auch auf Ihre spezifischen Belange eingehen.

Einzureichende Unterlagen

Bei Vergabevorgängen
Dokumentation des Vergabeverfahrens von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126 b) BGB mit folgenden Mindestinhalten als wesentliche Teile der Vergabeakte. Die Dokumentation erfolgt für EU-Vergabeverfahren gem. § 8 (1) VgV und ist für nationale Vergabeverfahren analog anzuwenden:

• Auftragswertschätzung in Textform gemäß § 3 VgV zum Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung oder sonstigen Einleitung des Vergabeverfahrens
• Mündliche und schriftliche Kommunikation mit Unternehmen
• Interne Beratungen (Gesprächsprotokolle)
• Vorbereitung der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen (Eignung, Leistung, Losbildung etc.)
• Öffnung der Angebote, Teilnahmeanträge und Interessenbestätigungen
• Ergebnis der Prüfung nachgeforderter Unterlagen
• Verhandlungen und Dialoge mit den teilnehmenden Unternehmen
• Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag
• Niederschrift der Angebotseröffnung
• Prüfvermerk der Kalkulationsstelle zur Angemessenheit der Preise (nur für Bauleistungen)
• Preisspiegel
• alle Angebote bzw. Teilnahmeanträge sämtlicher Bieter bzw. Bewerber im Original, rechnerisch und sachlich / fachlich geprüft und testiert
• ggf. Bieteranfragen und Antworten
• Komplette Vergabeunterlagen mit Anschreiben, Bewerbungsbedingungen und allen Vertragsunterlagen
• Nachweis der bereitgestellten Haushaltsmittel
• Vergabevermerk in Textform nach § 126 BGB mit folgenden Mindestinhalten gemäß § 8 (2) VgV für EU-Vergabeverfahren, in analoger Anwendung auch für nationale Verfahren:

 Mindestinhalt des Vergabevermerkes:
– Name und Anschrift des öffentlichen Auftraggebers
– Gegenstand und Wert des Auftrags oder der Rahmenvereinbarung
– Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Auswahl
– die nicht berücksichtigten Angebote und Teilnahmeanträge sowie die Namen der nicht berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung
– die Gründe für die Ablehnung von Angeboten, die für ungewöhnlich niedrig befunden wurden
– den Namen des erfolgreichen Bieters und die Gründe für die Auswahl seines Angebots sowie, falls bekannt, den Anteil am Auftrag oder an der Rahmenvereinbarung, den der Zuschlagsempfänger an Dritte weiterzugeben beabsichtigt und ggf. soweit zu jenem Zeitpunkt bekannt, die Namen der Unterauftragnehmer des Hauptauftragnehmers
– bei Verhandlungsvergaben, Verhandlungsverfahren, beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb, freihändigen Vergaben und wettbewerblichen Dialogen die Umstände, die die Anwendung dieser Verfahren rechtfertigen
– ggf. die Gründe, aus denen der öffentliche Auftraggeber auf die Vergabe eines Auftrags oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung verzichtet hat
– ggf. die Gründe, aus denen andere als elektronische Mittel für die Einreichung der Angebote verwendet wurden
– ggf. Angaben zu aufgedeckten Interessenkonflikten und getroffenen Abhilfemaßnahmen
– ggf. die Gründe, aus denen mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben wurden
– ggf. Gründe für die Art der Losbildung
– ggf. Gründe für den Verzicht auf Losbildung
– ggf. die Gründe für die Nichtangabe der Gewichtung von Zuschlagskriterien
– Angaben zur Finanzierung / Verfügbarkeit ausreichender Haushaltsmittel

Bei Auftragsänderungen (Nachträgen)

• Dokumentation der Auftragsänderungen (Nachträge) mit Begründung der Notwendigkeit und Unvorhersehbarkeit
• Nachtragsangebot, rechnerisch und sachlich / fachlich geprüft und testiert
• Kalkulationsunterlagen zum Nachtragsangebot
• Prüfvermerk der Kalkulationsstelle zur Angemessenheit der Preise (nur für Bauleistungen)
• Nachweis der Bereitstellung der zusätzlich erforderlichen Haushaltsmittel
• Hauptangebot mit Vertrag und Bestellung zum Hauptauftrag
• Vergabevermerk zum Hauptauftrag
• Vorgänge zu evtl. bereits erfolgten Auftragsänderungen (Nachträgen)
• Ggf. weitere ergänzende Unterlagen

Bei Schlussrechnungen:

• Schlussrechnung, rechnerisch und sachlich / fachlich geprüft und testiert im Original
• Abschlagsrechnungen
• Mengenermittlung zur Schlussrechnung
• Aufmaßblätter, Planunterlagen etc.
• Wiege- und Lieferscheine
• Stundenlohnberichte
• Bautagesberichte
• Abnahmebescheinigungen
• Dokumentation der erfolgten Mängelbeseitigung
• Hauptangebot mit Vertrag und Bestellung zum Hauptauftrag
• sämtliche Nachtragsangebote und die zugehörigen Bestellungen
• Vergabevermerke zum Hauptauftrag und zu den Nachträgen (Auftragsänderungen) zusätzlich bei Zuwendungsmaßnahmen: Zuwendungsbescheid u. ggf. Änderungsbescheide

Wir gehen von einem Aufwand von 10 bis 15 Stunden aus.

Wir legen Ihnen binnen weniger Tage nach Überlassung der Unterlagen einen ausgearbeiteten Prüfbericht vor.

Wir unterstützen nw Kommunen bei Vergabeprüfungen (1)

Wir unterstützen nw Kommunen bei Vergabeprüfungen (1)

von Thomas Ax

Nach § 104 Abs. 1 Nr. 5 GO NRW ist die Prüfung von Auftragsvergaben eine Pflichtaufgabe der örtlichen Rechnungsprüfung. Diese gliedert sich in Vergaben für Bauleistungen sowie der Vergabe für Liefer- und Dienstleistungen, einschließlich der Vergabe von freiberuflichen Leistungen.

Oberhalb der Auftragsschwellenwerte gilt europäisches Vergaberecht (sog. „Kartellvergaberecht“). Es dient – anders als das nationale Vergaberecht – nicht in erster Linie der sparsamen Mittelverwendung, sondern der Sicherstellung eines effektiven Wettbewerbs auf dem EU-Binnenmarkt. Am 17.04.2014 sind neue EU-Vergaberichtlinien in Kraft getreten. Durch die Novellierung des EU-Vergaberechts sollen Vergabeverfahren vereinfacht und flexibilisiert, die elektronische Vergabe weiterentwickelt sowie der Zugang zu Vergabeverfahren für kleine und mittlere Unternehmen verbessert werden. Außerdem sollen soziale und umweltpolitische Ziele bei Vergabeverfahren stärker berücksichtigt werden. Als gesetzliche Grundlagen sind hier das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Verbindung mit der Vergabeverordnung (VgV) zu nennen. Für die Vergabe von Bauleistungen verweist die VgV auf die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A – EU).

Unterhalb der Schwellenwerte gilt das nationale Vergaberecht, welches sich im Wesentlichen aus haushaltsrechtlichen Vorschriften des Bundes, der Länder und der Kommunen ergibt (sog. „Haushaltsvergaberecht“). Im Vordergrund stehen hier die wirtschaftliche Verwendung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und die damit einhergehende Schutzfunktion für die öffentlichen Haushalte.

Maßgeblich für die entsprechenden Prüfungen sind § 26 der Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen (KomHVO NRW), die Kommunalen Vergabegrundsätze nach § 26 KomHVO NRW des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalens (MHKBG NRW), die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) sowie die Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwellenvergabeordnung – UVgO). Weitere Gesetze, wie z.B. das Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein–Westfalen (TVgG NRW) nehmen mittelbar Einfluss auf das Vergaberecht.

In beiden Vergaberechtsbereichen (Ober- und Unterschwellenbereich) gelten gleichermaßen allgemeingültige vergaberechtliche Grundsätze. Jedes Vergabeverfahren muss sich insbesondere an den Grundsätzen des freien Wettbewerbs, des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebots, des Transparenzgebots und des Gleichbehandlungsgebots messen lassen. Bieter müssen zudem für die Erbringung der Leistungen geeignet sein und dürfen nicht diskriminiert werden. Nur unter Einhaltung dieser allgemeinen Vergabegrundsätze lassen sich rechtssichere Vergabeverfahren durchführen, die zu wirtschaftlichen Ergebnissen für den kommunalen Haushalt beitragen.

Auf Grund der zahlreichen Gesetze und Verordnungen, der hohen Anforderungen an die Beschreibung des Leistungsgegenstandes, der formalen Ausgestaltung des Vergabeverfahrens sowie der uneinheitlichen Vergaberechtsprechung können rechtliche Unwägbarkeiten bei Ausschreibungsverfahren in Einzelfällen nicht immer ausgeschlossen werden. Sie können durch gründliche Bedarfsermittlungen, eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibungen, die Nutzung vergaberechtlichen Expertenwissens sowie der begleitenden Beratung ausgeschlossen werden. Eine fachbereichsübergreifende, kooperative Zusammenarbeit aller Beteiligten im Sinne eines Ausschreibungserfolges ist dabei unerlässlich. Sie impliziert jedoch auch das gegenseitige Verständnis für die Belange der jeweils anderen am Verfahren Beteiligten.

Wir unterstützen nw Kommunen bei den notwendigen Vergabeprüfungen.
Wir führen für nw Kommunen die Vergabeprüfungen anforderungsgerecht durch. 
Wir stehen aber auch für frühzeitige Beratungen zur Verfügung. Dem Grundsatz „Fehlervermeidung vor Fehlersuche“ folgend, entspricht es unserem Selbstverständnis, im Vorhinein beratend mitzuwirken. Dabei steht die Entwicklung tragfähiger Lösungen im Sinne eines nachhaltigen Projekterfolges und unter Ausnutzung zulässiger vergaberechtlicher Spielräume im Vordergrund.
Probleme im Nachhinein lassen sich so vermeiden. Eine frühzeitige Einbindung wird gerade im Hinblick auf die strategische Vorgehensweise bei Beschaffungsvorhaben und dem sich stetig ändernden Vergaberecht empfohlen.

Berechtigte Ansprüche auf Einhaltung des Vergaberechts bei der Vergabekammer Westfalen in Münster durchsetzen

Berechtigte Ansprüche auf Einhaltung des Vergaberechts bei der Vergabekammer Westfalen in Münster durchsetzen

von Thomas Ax

Wir vertreten seit Jahren ERFOLGREICH Unternehmen in Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer Westfalen.

Vergabekammern sind zuständig für die Nachprüfung von Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber. Sie kontrollieren, ob öffentliche Auftraggeber bei einer laufenden, europaweiten Auftragsausschreibung gegen das Vergaberecht verstoßen haben. Außerdem prüfen sie, ob in einem solchen Fall Unternehmen, die ein Interesse am Auftrag haben, in ihren Rechten verletzt worden sind.
Eine Vergabekammer ist vergleichbar mit einem Gericht, weshalb insbesondere auch Gebühren erhoben werden. Sie wird immer dann tätig, wenn ein Unternehmen, das sich für einen Auftrag oder eine Konzession interessiert, einen Nachprüfungsantrag stellt.

In Nordrhein-Westfalen gibt es zwei Vergabekammern, die bei den Bezirksregierungen angesiedelt sind. Die Zuständigkeit bestimmt sich danach, in welchem Regierungsbezirk der öffentliche Auftraggeber seinen Sitz hat. Die Vergabekammer Westfalen bei Bezirksregierung Münster ist zuständig für die Nachprüfung von Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber mit Sitz im Regierungsbezirk Arnsberg, Detmold und Münster.
Für die Nachprüfung von Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber mit Sitz in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln ist die Vergabekammer Rheinland zuständig.
Die Vergabekammern sind sachlich zuständig, wenn
• ein öffentlicher Auftrag europaweit ausgeschrieben wurde (Auftragswert überschreitet bestimmte Schwellenwerte)
• eine Vergabestelle keine Ausschreibung macht, obwohl sie dazu verpflichtet wäre (De-facto-Vergabe).
Für öffentliche Aufträge des Bundes sind die Vergabekammern des Bundes zuständig.
Eine Vergabekammer darf nicht beraten und keine Rechtsauskunft erteilen.

Öffentlicher Auftraggeber
Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers ist in § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt. In § 100 GWB und in § 101 GWB wird bestimmt, wer „öffentlicher Auftraggeber“ im Sektorenbereich und im Bereich der Konzessionsvergaben ist.
Zu den öffentlichen Auftraggebern gehören in erster Linie die Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen. Zum Beispiel das Land Nordrhein-Westfalen, die Kreise und die Städte.

Öffentlicher Auftrag
Ein öffentlicher Auftrag ist ein entgeltlicher Vertrag zwischen öffentlichem Auftraggeber, Sektorenauftraggeber, Konzessionsauftraggeber und Unternehmen.
Er hat Dienstleistungen-, Liefer- oder Bauleistungen zum Gegenstand bzw. Aufträge im Bereich der Sektorentätigkeiten. Mit dem Inkrafttreten des neuen GWB sind auch die Konzessionsaufträge erfasst. Die Wettbewerbe sind in § 103 Abs. 6 GWB genannt.
Bei den Wettbewerben handelt es sich um Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen. Die bisherige VOF ist aufgehoben; die Planungswettbewerbe und die Besonderen Vorschriften für die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen finden sich nunmehr in den Abschnitten 5 und 6 der Vergabeverordnung.

Schwellenwert
Die Vergabekammer prüft Aufträge, deren Auftragswert jeweils einen bestimmten Schwellen-wert erreicht oder überschreitet (§ 106 GWB). Auftrag¬geber müssen Aufträge, die einen bestimmten Schwellenwert erreichen oder überschreiten, europaweit ausschreiben.
Gemäß § 106 Abs. 3 GWB gibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die geltenden Schwellen¬werte, nachdem sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, im Bundesanzeiger bekannt.
Der Schwellenwert errechnet sich nach der vorab geschätzten Nettoauftragssumme. Bei mehreren Losen sind für die Berechnung des Schwellenwertes alle Lose zu berücksichtigen. Das führt bei umfangreichen Baumaßnahmen häufig dazu, dass das einzelne Gewerk zwar nicht den oben genannten Auftragswert erreicht, aber die Gesamtbaumaßnahme über dem Schwellenwert liegt.
Bei Dienstleistungs- und Lieferaufträgen ist darauf zu achten, dass auch alle Optionsrechte (beispielsweise einseitige Verlängerung der Vertragslaufzeit durch die Vergabestelle) mitberücksichtigt werden.
Weitere Einzelheiten zu den Schwellenwerten und der Berechnung finden Sie in § 3 Vergabeverordnung.

Nachprüfungsantrag rechtzeitig stellen
Verstöße gegen Vergabevorschriften zuvor anforderungsgerecht, insbesondere rechtzeitig rügen

Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens
Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein. Der Antragsteller sollte den Antrag auf Nachprüfung möglichst an die Vergabekammer faxen. Dies ist wegen der kurzen Entscheidungsfristen sinnvoll. Erreicht der Nachprüfungsantrag die Vergabekammer, wenn der Zuschlag bereits erteilt ist, kann er nicht mehr aufgehoben werden. Ein Nachprüfungsverfahren wäre dann unzulässig.
Etwas anderes gilt nur, wenn die Vergabestelle zuvor vergaberechtswidrig keine Ausschreibung vorgenommen hat. Das kann ebenfalls auf Antrag eine Vergabekammer überprüfen.
Checkliste Nachprüfungsantrag
Die Vergabekammer Westfalen prüft anhand der §§ 160, 161 GWB, ob der Antrag zulässig ist.
1. Das Nachprüfungsverfahren setzt einen schriftlichen Antrag voraus
2. Der Antrag ist unverzüglich wie folgt zu begründen:
    o Bezeichnung des Antragsgegners
    o Bezeichnung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung
    o ggf. Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel
    o Darlegung, dass die Rüge gegenüber dem Auftraggeber erfolgt ist
    o Benennung sonstiger Beteiligter, soweit bekannt
3. Die Antragsbefugnis ist darzulegen.
Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Antragsteller durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
4. Der Antrag soll ein bestimmtes Begehren enthalten, also eine nachvollziehbare Darstellung, wo aus Sicht des Antragstellers das Problem liegt.
5. Dem Antrag ist eine Kopie der Rüge beizufügen.
6. Darüber hinaus ist es zweckmäßig,
o dem Nachprüfungsantrag eine Kopie der Vergabebekanntmachung beizufügen
o Angaben zu dem vom Auftraggeber geschätzten Auftragswert zu machen.
7. Ein Kostenvorschuss wird durch die Vergabekammer Westfalen nicht erhoben. Die Kosten werden erst nach Abschluss des Verfahrens festgesetzt.

Nachprüfungsantrag
Einen Antrag auf Nachprüfung darf jedes Unternehmen stellen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und sich in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verletzt sieht. Ein Interesse am Auftrag wird in der Regel angenommen, wenn das Unternehmen sich beworben oder ein Angebot abgegeben hat. Aber auch dann, wenn kein Angebot abgegeben wurde, weil die Vergabeunterlagen bereits beanstandet werden, kann ein Antrag gestellt werden. Ein Schaden droht, wenn das Unternehmen reelle Chancen auf den Zuschlag hat.
In dem Antrag muss das Unternehmen darlegen, inwiefern der Auftraggeber die Vergabevorschriften verletzt hat. Außerdem muss es angeben, welcher Schaden ihm damit entstanden ist oder zu entstehen droht.

Rüge
Bevor der Antragsteller einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer einreichen kann, muss er den Vergabeverstoß gegenüber dem Auftraggeber rügen. Die Rüge muss möglichst frühzeitig beim Auftraggeber eingereicht werden. Die Rüge ist formlos möglich. Um sich abzusichern, sollte der Antragsteller sie aber schriftlich erteilen.
Der Antragsteller kann nur die Vergabeverstöße rügen, die erkennbar sind. Häufig werden durch die Einsicht in die Vergabeakten während des bereits eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens weitere Vergabeverstöße erkannt. Diese können dann ohne Weiteres ebenfalls zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gemacht werden.
Der Antragsteller muss nicht immer auf eine Antwort des Auftraggebers warten, bevor er eine Nachprüfung beantragt. Steht der Zuschlag kurz bevor, darf er unmittelbar nachdem er die Rüge eingelegt hat, einen Antrag auf Nachprüfung bei der Vergabekammer stellen. Es ist auch möglich, Rüge und Nachprüfungsantrag zeitgleich zu stellen.
Im Einzelnen ist der Antrag unzulässig, wenn (siehe § 160 Abs. 3 GWB):
• der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß erkannt und nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat
• aus der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen erkennbare Verstöße nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gerügt werden
• mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Nichtabhilfe-Mitteilung des Auftraggebers vergangen sind.
• In der Begründung des Nachprüfungsantrags muss der Antragsteller darlegen, dass die Rüge gegenüber dem Auftraggeber erfolgt ist.
Ablauf eines Nachprüfungsverfahrens
Nachdem ein Antrag auf Nachprüfung bei der Vergabekammer Westfalen eingegangen ist, prüft sie zunächst, ob er offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Dabei überprüft die Vergabekammer Westfalen nur summarisch die Zugangsvoraussetzungen für ein Nachprüfungsverfahren.
In der Regel prüft sie, ob eine Rüge vorliegt und der Schwellenwert überschritten ist. Das reicht aus, um den Nachprüfungsantrag an den öffentlichen Auftraggeber zu übermitteln. Diese Prüfung erfolgt in der Regel innerhalb von wenigen Stunden, weil in vielen Fällen der Zuschlag unmittelbar bevorsteht.
Sofern der Antrag nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, informiert die Vergabekammer Westfalen den öffentlichen Auftraggeber über den Antrag.

Zuschlagsverbot
Die Vergabekammer Westfalen übermittelt den Antrag in Kopie an den öffentlichen Auftraggeber. Der Zugang der Antragsschrift löst ein Zuschlagsverbot aus. Das heißt, der öffentliche Auftraggeber darf dann den Zuschlag so lange nicht erteilen, bis die Vergabekammer Westfalen über den Antrag entschieden hat. Ein dennoch erteilter Zuschlag wäre unwirksam.

Vergabeakten
Zeitgleich mit der Übermittlung der Antragskopie fordert die Vergabekammer Westfalen die Ausschreibungsunterlagen beim Auftraggeber an. Dies sind die sogenannten Vergabeakten, die das Vergabeverfahren dokumentieren.
Nachdem die Vergabeakten eingegangen sind, ermöglicht es die Vergabekammer Westfalen den am Verfahren Beteiligten auf Antrag, die Akten einzusehen. Die Vergabekammer Westfalen hat allerdings die Einsicht in die Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, geboten ist.

Beiladung
Die Vergabekammer Westfalen prüft die Vergabeakten darauf, ob die Interessen eines anderen Unternehmens von der Entscheidung der Kammer schwerwiegend berührt sein könnten. Ein solches Unternehmen wird zu dem Nachprüfungsverfahren beigeladen.
Üblich ist es, einen Bieter beizuladen, für den im Vergabeverfahren bereits ein Zuschlag vorgesehen ist, denn das Nachprüfungsverfahren könnte sich auf seine Position negativ auswirken. Für ihn könnte sich das Nachprüfungsverfahren negativ auf seine Position auswirken. Seine Beiladung gewährleistet, dass er sich am Verfahren beteiligen und eigene Rechte wahrnehmen kann.
Aufklärung des Sachverhalts
Die Vergabekammer Westfalen überprüft den Sachverhalt vorrangig auf die Punkte, die die Parteien als vergaberechtswidrig beanstandet haben. Die Parteien sollten deshalb alles vortragen, was für die Aufklärung des Sachverhaltes relevant sein könnte.
Darüber hinaus überprüft die Vergabekammer Westfalen auch anhand der Ausschreibungsunterlagen, ob grundsätzliche Vergabeverstöße festzustellen sind.

Mündliche Verhandlung
Nachdem sich die Parteien schriftlich ausgetauscht haben, findet die mündliche Verhandlung statt. Hierzu lädt die Vergabekammer Westfalen Antragsteller, Antragsgegner und Beigeladene ein und gibt allen Beteiligten die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.
Die Parteien können zur Unterstützung weitere Teilnehmer zur mündlichen Verhandlung mitbringen. Dies sind häufig Vertreter von Ingenieurbüros, die mit der Ausschreibung befasst waren oder Sachverständige, die von den Parteien beauftragt wurden. Diese Teilnehmer bekommen keine Kosten ersetzt, wenn sie nicht von der Vergabekammer Westfalen geladen wurden. Sie werden auch nur dann vor der Kammer gehört, wenn diese es für erforderlich hält.
Die mündliche Verhandlung ist vergleichbar mit einer Gerichtsverhandlung. Zunächst wird der Sachverhalt vorgetragen. Die für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte werden mit allen Beteiligten erörtert. Soweit erforderlich, führt die Vergabekammer Westfalen auch eine Beweisaufnahme durch.

Beschluss
Anschließend entscheidet die Vergabekammer Westfalen mit einem Beschluss, der für alle Beteiligten bindend ist. Innerhalb einer Frist von fünf Wochen, nachdem der Antrag eingegangen ist, trifft und begründet die Vergabekammer Westfalen in der Regel ihre Entscheidung. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nachdem er zugestellt wurde, Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden.

Rechtsprechungsübersicht
VK Westfalen

Dokumentationspflicht besteht trotz Ministerialerlass!

Sind Referenzen eines verbundenen Unternehmens zurechenbar?

Bauzeitverschiebung ist kein Aufhebungsgrund!

Wie ist die Preisprüfung eines Unterkostenangebots zu dokumentieren?

Unzureichende Vorabinformation bringt Bieter nicht näher an den Zuschlag!

Gleichwertige Gütezeichen ≠ identische Gütezeichen!

Keine Chance auf den Zuschlag: Nachprüfungsantrag unzulässig!

Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung nur mit Schätz-/Höchstmenge!

Wer wird denn so nachtragend sein?

Nachforderungsschreiben muss eindeutig und vollständig sein!

Schwerwiegende Vergaberechtsverstöße werden von Amts wegen aufgegriffen!

Vorgabe einer Nutzschichtdicke: Keine produktneutrale Ausschreibung!

Keine Änderung der Vergabeunterlagen bei unklarer Ausschreibung!

Wann erfüllt ein Angebot die geforderte Textform?

Bewertungsnote muss plausibel vergeben werden!

Aufgreifschwelle nicht überschritten: Keine Preisaufklärung erforderlich!

Auch bei funktionaler Ausschreibung: Angebote müssen vergleichbar sein!

Konzeptbewertung ist nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren!

Grafik-Karte kann nicht, was sie können soll: Angebot wird ausgeschlossen!

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht!

Preissteigerungen wegen Ukraine-Krieg sind ungewöhnliches Wagnis!

Bereichsausnahme für Rettungsdienst richtet sich nach Landesrecht!

Im Verhandlungsverfahren sind die Bieter gefordert!

Vergabe von Bodenbelagsarbeiten – Vergabekammer überprüft ästhetische Erwägungen …

Preiserläuterung ist keine Änderung an den Vergabeunterlagen!

Vergabeunterlagen unklar: Kein Ausschluss widersprüchlicher Angebote!

Bewachungsdienstleistungen sind weder sozial noch besonders!

Sektorenvergabe nur im Rahmen der Sektorentätigkeit!

Mangelhafte Referenzen “fehlen” nicht!

Erhöhter Koordinierungsaufwand rechtfertigt keine Gesamtvergabe!

Alte Referenzen sind keine Referenzen!

Zwei Firmen, ein Geschäftsführer: Angebote können ausgeschlossen werden!

Zwei Firmen, ein Geschäftsführer: Angebote können ausgeschlossen werden!

Leistung funktional beschrieben: Preis als alleiniges Zuschlagskriterium …

Beschaffung von Entsorgungsleistungen, Leistungsbestimmungsrecht, funktionale …

Auf Vergabeplattform eingestellte Nachrichten gelten als zugegangen!

Preise vergleichbarer LV-Positionen müssen nicht gleich kalkuliert werden!

Rahmenvereinbarung birgt höhere Kalkulationsrisiken!

Wertung der Eignung: Nur für das Personal, das den Auftrag durchführen soll!

Bieter erläutert Angebot nicht fristgerecht: Auftraggeber muss nicht nachfragen!

Konkretes Produkt abgefragt: Mehrfachnennungen unzulässig!

Wirklichkeitsnahe Auftragswertschätzung auch für Interimsaufträge!

Bieterrechte gefährdet: Vergabekammer kann Vertragsschluss untersagen!

Interimsauftrag geschlossen: Keine Vorabgestattung des Zuschlags!

Kein Ausschluss des Bestbieters ohne Aufklärung des Angebots!

Maximalpunktzahl erhalten: Einführung von Unterkriterien bleibt folgenlos!

Grundstücksbeschaffung ist Bietersache!

Referenzen müssen vergleichbar, nicht identisch sein!

Höhe des Auftragswerts bei gemischten Aufträgen?

Planungsleistungen sind wertmäßig zu addieren!

Festgelegt ist festgelegt!

Gesamtvergabe setzt umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange voraus!

Gesamtvergabe setzt umfassende Abwägung voraus!

Bieter muss (mit-)versichert sein!

Wann ist eine Vergabe ohne Bekanntmachung zulässig?

Keine freihändige Vergabe oberhalb des EU-Schwellenwerts!

Wer nach Kartellbeteiligung wieder mitbieten will, muss umfassend aufklären!

Zeitvorgaben sind einzuhalten!

Planungsleistungen gefordert: Honorar nach HOAI!

Probleme bei E-Vergabe: Organisationsverschulden des Auftraggebers?

Dokumentation der Angebotswertung: Reichen Stichpunkte aus?

Was tun bei unklaren Mindestanforderungen?

Bereichsausnahme ist Recht, keine Pflicht!

“Schadstoffklassen bei eingesetzten Transportmitteln” ist zulässiges …

Wann ist eine Direktvergabe durch eine “Gruppe von Behörden” möglich?

Interimsvereinbarung ist europaweit auszuschreiben!

Forderung nach Referenz “Bewachung von Asylbewerberunterkünften” ist zulässig!

Nur vertragsuntypische und branchenunübliche Praktiken sind unzumutbar!

Vergleichbar heißt nicht identisch!

Nicht offenes Verfahren: Nur vorhandene Vergabeunterlagen sind bereitzustellen!

Nicht offenes Verfahren: Nur vorhandene Vergabeunterlagen sind bereitzustellen!

Scheinaufhebung führt zur Fortsetzung des Vergabeverfahrens!

Kalkulationshinweise sind keine Änderung der Vergabeunterlagen!

Können Dokumentationsmängel im Nachprüfungsverfahren geheilt werden?

Personalwechsel zwischen Wettbewerbern: Verstoß gegen den Geheimwettbewerb?

Errichtung und Betrieb eines Breitbandinfrastrukturnetzes: Bauauftrag oder …

Unternehmensbezogene Zuschlagskriterien sind bei Planungsleistungen zulässig!

Nachprüfungsverfahren auch für Interims-Direktvergaben!

Was bedeutet “rechtsverbindliche” Unterzeichnung?

Was bedeutet “rechtsverbindliche” Unterzeichnung?

Unerfüllbare Leistungsbeschreibung: Auftragserteilung unmöglich!

“Wissensmitnahme” ist kein Vergaberechtsverstoß!

Ehemaliger Mitarbeiter nimmt Wissen mit: Verstoß gegen den Geheimwettbewerb?

Vergebene Punktzahl für Konzepte muss sachlich nachvollziehbar sein!

Wissen ehemaliger Mitarbeiter: Verstoß gegen Geheimwettbewerb?

Produktneutrale Ausschreibung: Auftraggeber darf Datenblätter anfordern!

Geforderte Herstellerangabe kann nicht nachgeholt werden!

Zweifel bei der Auslegung des Angebots gehen zulasten des Bieters!

“Ansichten” sind inhaltlich voll überprüfbar!

Auch Ingenieurleistungen sind möglichst vollständig zu beschreiben!

Keine Bereichsausnahme für qualifizierte Krankentransportfahrten!

Keine Chance auf den Zuschlag: Keine Wiederholung der Wertung!

Auch Abfallrecht ist in die Vergabenachprüfung einzubeziehen!

Ausschreibung darf Unternehmen nicht zum Monopolisten machen!

Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ist nicht als Notarzt geeignet!

Wann liegt eine Aufgabe “nichtgewerblicher Art” vor?

“Fabrikatsabfrageliste” nicht selbsterklärend: Kein Ausschluss!

Privatschule e.V. ist öffentlicher Auftraggeber!

“Plausibilität der Kalkulation” ist kein Eignungsnachweis!

Keine Beschreibung technischer Anforderungen ohne Zusatz “oder gleichwertig”!

Berechnungsmethode nicht offen gelegt: Wertung muss wiederholt werden!

Nicht wertungsrelevante Preise können nachgefordert werden!

Grenzüberschreitende Vergabe: Gerichtsstandsvereinbarung ist zulässig!

Überprüfung einer Aufhebungsentscheidung setzt Erreichen des Schwellenwerts …

Tariftreueverpflichtung ist zusätzliche Anforderung an die Auftragsausführung!

Systemanforderungen müssen sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben!

Beschaffung von Software-Lizenzen: Kein Ausschluss von Gebrauchtlizenzen!

Abwendung nachteiliger Auslagenerstattung ist berechtigtes Interesse für …

Quersubventionierung muss aufgeklärt werden!

Rüge mit Angebot im verschlossenen Umschlag abgegeben: Nachprüfungsantrag …

Was ist der Unterschied zwischen Kalkulationstabellen und Kalkulationsvorgaben?

Auftraggeber muss negative Referenz nicht überprüfen!

Zeitgleicher Rückbau gefordert, sukzessiver Rückbau angeboten: Angebot ist …

Preisanpassung ist kein Neuabschluss!

Kanalreinigung, Kanaluntersuchung und -dokumentation sind keine Bauarbeiten!

Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind ausschreibungspflichtig!

Auftrag über Bauarbeiten an der “BAB 30 NU Bad Oeynhausen 4. BA

Wann muss eine Aufhebung entschädigungslos hingenommen werden?

Angebote konzernverbundener Unternehmen: Wie ist die Vertraulichkeit sicher zu …

Wie ist die Auskömmlichkeitsprüfung vorzunehmen?

Umbau eines erheblich schadstoffkontaminierten Gebäudes: Anforderungen an die …

Eignungskriterien können nachträglich noch geändert werden!

Vorabinformationsschreiben stellt keinen Zuschlag dar!

Wertungskriterium nicht qualitativer Art von 1%-Gewicht ist ungeeignet

Unzureichender Nachweis kann nicht ersetzt werden!

“Schadstoffemissionen und Energieverbrauch” ist zulässiges Zuschlagskriterium!

Widersprüchliche Erklärungen = fehlende Erklärungen!

Warum Klimaschutz in der Umsetzung nur schwer bis gar nicht funktioniert – oder: wie wir uns selbst behindern und gegenseitig im Weg stehen

Warum Klimaschutz in der Umsetzung nur schwer bis gar nicht funktioniert – oder: wie wir uns selbst behindern und gegenseitig im Weg stehen

Öffentliche Beschaffung
Umweltaspekte lassen sich in allen Phasen eines Vergabeverfahrens berücksichtigen:
Bereits bei der Auswahl des Auftragsgegenstandes besteht die Möglichkeit, von vornherein eine umweltfreundliche Alternative zu wählen. In die Leistungsbeschreibung können Umweltanforderungen als technische Spezifikationen einfließen. Im Rahmen der Eignungsprüfung darf verlangt werden, dass das Unternehmen bestimmte Normen für das Umweltmanagement erfüllt – soweit diese für die Ausführung des Auftrags relevant sind. Umweltkriterien können darüber hinaus als Zuschlagskriterien in die Angebotswertung einbezogen werden. Es ist auch zulässig, Umweltkriterien in die zusätzlichen Bedingungen für die Ausführung des Auftrags einfließen zu lassen.

Gesetzgebungsdefizit
Unbestimmte, unklare nur Soll- oder Kann-, keine Mussvorschriften:
Bsp. VwV Beschaffung
Nach der neuen Verwaltungsvorschrift der bawü Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung) vom 23. Juli 2024, – Az.: WM17-02-134/171 – ist „Nachhaltige Beschaffung … das Ziel der Landesregierung.
Dabei heißt Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang, neben wirtschaftlichen Aspekten – unter Berücksichtigung von § 7 Landeshaushaltsordnung (LHO) – qualitative, innovative, soziale, klima- und umweltbezogene Aspekte angemessen zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht auf Kosten kommender Generationen verbraucht werden.
Und weiter sind „Bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung … nachhaltige Aspekte zu berücksichtigen, soweit sachgerecht und sofern ein sachlicher Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand besteht, es sei denn eine Berücksichtigung ist nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich.
Das mündet dann darin, dass
„Die Auftraggeber … von den Unternehmen ein klimafreundliches Verhalten auch bei der Ausführung des Auftrags fordern (sollen), solange es sich um Bedingungen handelt, die sich auf die Auftragsausführung beziehen und im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen.
Bsp
5.2 CO2-Schattenpreis, CO2-Emissionen
In Umsetzung von § 8 Absatz 2 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (KlimaG BW) soll bei der Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen durch das Land im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ein rechnerischer Preis veranschlagt werden. Dieser Preis entspricht dem vom Umweltbundesamt wissenschaftlich ermittelten und empfohlenen Wert für jede über den Lebenszyklus der Maßnahme entstehende Tonne Kohlenstoffdioxid (CO2) (CO2-Schattenpreis).
Bsp
Ein CO2-Schattenpreis ist nicht zu veranschlagen, wenn der Auftragswert die Höhe von 100 000 Euro ohne Umsatzsteuer nicht übersteigt. Ein CO2-Schattenpreis ist auch dann nicht zu veranschlagen, wenn keine verlässlichen und belastbaren Hilfestellungen für die Berechnung von CO2-Emissionen der Leistung beziehungsweise Leistungs- oder zumindest Produktgruppe verfügbar sind.
Bsp.
11.2.2 Nachhaltige Beschaffung von Lebensmitteln
Bei der Beschaffung von Lebensmitteln und Speisen sind die Leitsätze der Ernährungsstrategie des Landes Baden-Württemberg und die Ziele des Biodiversitätsstärkungsgesetzes des Landes Baden-Württemberg zu beachten. Umweltund klimagerechte Aspekte, wie zum Beispiel nachhaltige, transparente und nachvollziehbare Lieferketten und kurze Transportwege von pflanzlichen und von tierischen Produkten, sollen berücksichtigt werden.
Bsp.
11.2.4 Fair gehandelte Produkte
Im Rahmen der Vergabevorschriften sollen unter den für den vorgesehenen Verwendungszweck gleichwertig geeigneten Erzeugnissen beziehungsweise Dienstleistungen fair gehandelte Produkte bevorzugt werden. Dies kommt insbesondere bei Agrarprodukten wie zum Beispiel Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis,
Orangen- oder Tomatensaft, Blumen sowie bei Sportartikeln, insbesondere Bällen, Teppichen und Textilien in Betracht.
Eine Berücksichtigung von fair gehandelten Produkten im Rahmen der Zuschlagskriterien setzt voraus, dass die für die Ausschreibung relevanten Kriterien des fairen Handels in der Leistungsbeschreibung aufgeführt sind.
Bsp
13 Wertung der Angebote, Zuschlagserteilung
Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Neben dem Preis oder den Kosten können unter anderem auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden.
Bei der Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte einschließlich gegebenenfalls ermittelter Lebenszykluskosten ist der unter Umständen höhere Preis für die Beschaffung kein Hindernis, sofern er unter Berücksichtigung des § 7 LHO als wirtschaftlich angesehen werden kann.
?
Zum Zwecke der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes sollen sogenannte Bewertungsmatrizen erstellt werden, in denen die maßgeblichen Zuschlagskriterien entsprechend der vorher festgelegten Gewichtung aufgeführt werden und in denen für die einzelnen Angebote Punktzahlen vergeben werden.
?

Vollzugsdefizit-Beschaffung der öffentlichen Hand
Eindrücke aus unserer Beratungstätigkeit:
Beschaffungsstellen werden ihrer Rolle als Manager, Förderer und Berater für nachhaltige Beschaffung nicht ausreichend gerecht.
Beschaffungsstellen regeln nicht verbindlich, dass und wie die gesetzlichen und sonstigen Vorgaben von den Beschäftigten im jeweiligen Geschäftsbereich anzuwenden sind.
Es ist überwiegend der Eigeninitiative der Bedarfsträger und Beschäftigten der Beschaffungsstellen überlassen, wo und wie sie mit vertretbarem Aufwand recherchieren, um möglichst viele Nachhaltigkeitsaspekte zu finden, die sie im Vergabeverfahren berücksichtigen können.
Beschaffungsstellen versäumen, bei der Abwicklung von Beschaffungen sicherzustellen, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien oder Gründe für ihre Nichtberücksichtigung bei allen Vergabeverfahren dokumentiert werden.
Beschaffungsstellen versäumen, die Beschäftigten systematisch und regelmäßig zum Thema nachhaltige Beschaffung weiterzubilden.
Die Beschäftigten der Vergabestellen berücksichtigten bei Vergaben überwiegend überhaupt keine Nachhaltigkeitskriterien.
Die Beschäftigten der Vergabestellen sind auch nicht bestrebt, bei jeder Beschaffung möglichst viele Nachhaltigkeitsaspekte einzubeziehen.
Behörden und Einrichtungen prüfen nicht, ob Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden können.
Behörden und Einrichtungen prüfen nicht, ob zusätzlichen Kriterien, die über die zwingend vorgeschriebenen oder von den Bedarfsträgern benannten Kriterien hinausgehen, einbezogen werden können.
Behörden und Einrichtungen beziehen zur Ermittlung des wirtschaftlichen Angebots regelmäßig Nachhaltigkeitsaspekte bei der Wertung nicht ein.
Behörden und Einrichtungen beziehen zur Ermittlung des wirtschaftlichen Angebots regelmäßig innovative Aspekte nicht ein und lassen Nebenangebote in der Regel nicht zu.
Behörden und Einrichtungen stellen nicht durch ihre internen Vorgaben sicher, dass die Beschäftigten Nachhaltigkeitsaspekte in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung berücksichtigten.

Konzessionsvergaberecht: Gibt es einen geschriebenen Ausschlussgrund für ein ungewöhnlich niedriges Angebot?

Konzessionsvergaberecht: Gibt es einen geschriebenen Ausschlussgrund für ein ungewöhnlich niedriges Angebot?

von Thomas Ax

Im Konzessionsvergaberecht gibt es keinen geschriebenen Ausschlussgrund für ein ungewöhnlich niedriges Angebot. Die KonzVgV eröffnet dem Konzessionsgeber aber, das Verfahren frei auszugestalten, sodass dem Konzessionsgeber grundsätzlich das Recht aber auch die Pflicht obliegt, einen Ausschlussgrund entsprechend dem in § 60 Abs. 3 S. 1 VgV normierten selber zu regeln, um ein Angebot auf dieser Grundlage vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen. Die Verschriftlichung eines Ausschlussgrundes ist vor dem Hintergrund der Durchbrechung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit in Gestalt der Bezuschlagung des Angebots mit dem wirtschaftlichsten Gesamtvorteil auch zwingend notwendig. Wenn ein Ausschlussgrund, der die Antragsgegnerin zum Ausschluss des Angebots der Antragstellerin aufgrund dessen, dass der ungewöhnlich niedrige Angebotspreis nicht aufgeklärt werden konnte, berechtigte, den Vergabeunterlagen nicht zu entnehmen ist, ist der Ausschluss nicht rechtmäßig erfolgt.

Die Prüfung ungewöhnlich niedriger Angebote in der KonzVgV

Die Prüfung ungewöhnlich niedriger Angebote in der KonzVgV

von Thomas Ax

Die Prüfung ungewöhnlich niedriger Angebote ist in der KonzVgV, anders als bei Verfahren der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, wo in § 60 VgV explizit die Prüfung ungewöhnlich niedriger Preise sowie ein darauf gegründeter Angebotsausschluss geregelt sind, nicht vorgesehen. Allerdings gilt nach § 12 Abs. 1 KonzVgV der Grundsatz der freien Verfahrensgestaltung, der es dem Konzessionsgeber erlaubt, die Bedingungen des Verfahrens frei zu gestalten. Dem Konzessionsgeber steht es nach Ansicht der Vergabekammer frei, sich in den Vergabeunterlagen ein Recht zur Prüfung der Auskömmlichkeit in entsprechender Anwendung der Regelungen des § 60 VgV vorzubehalten, von dem er dann nach pflichtgemäßem Ermessen Gebrauch machen kann. Die Regelungen in § 60 VgV über den möglichen Ausschluss von ungewöhnlich niedrigen Angeboten und die damit korrespondierende Prüfungspflicht basieren auf dem Erfahrungswissen, dass niedrige Preise für die öffentlichen Belange von einem bestimmten Niveau an nicht mehr von Nutzen sein, sondern diese umgekehrt sogar gefährden können, weil sie das gesteigerte Risiko einer nicht einwandfreien Ausführung von Bauleistungen einschließlich eines Ausfalls bei der Gewährleistung oder der nicht einwandfreien Lieferung bzw. Erbringung der nachgefragten Dienstleistung und damit einer im Ergebnis unwirtschaftlichen Beschaffung bergen.

Geschützt wird dementsprechend in erster Linie das haushaltsrechtlich begründete Interesse des Auftraggebers und der Öffentlichkeit an der jeweils wirtschaftlichsten Beschaffung. Die Berechtigung des Auftraggebers, den Zuschlag auf Angebote, deren geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten mit der Prüfung nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden können, abzulehnen, trägt dem Anliegen des Vergabewettbewerbs Rechnung, die wirtschaftlichste Beschaffung zu realisieren. Unangemessen niedrige Angebotspreise bergen insoweit gesteigerte Risiken, die sich in vielfältiger Weise verwirklichen können. Dies gilt etwa für die in der Rechtsprechung der Vergabesenate angeführte Möglichkeit, dass der Auftragnehmer infolge der zu geringen Vergütung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und den Auftrag deshalb nicht vollständig ausführen kann. Der Schutz der öffentlichen Interessen setzt aber nicht erst bei derart gravierenden Gefährdungen ein. Öffentliche Interessen sind in schützenswerter Weise auch dadurch gefährdet, dass der betreffende Anbieter in Anbetracht des zu niedrigen Preises versuchen könnte, sich des Auftrags so unaufwändig wie möglich und insoweit auch nicht vertragsgerecht zu entledigen, durch möglichst viele Nachträge Kompensation zu erhalten oder die Ressourcen seines Unternehmens auf besser bezahlte Aufträge zu verlagern, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet (BGH, Beschluss vom 31.01.2017, XZB 10/16). Bei Dienstleistungskonzessionen, bei denen die Entgelte üblicherweise durch Dritte, nämlich die Nutzer, und nicht durch den Konzessionsgeber, gezahlt werden, besteht zwar für den Konzessionsgeber nicht dieselbe Gefahr durch unauskömmliche Preise wie bei einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag.

Jedenfalls kann aber eine vergleichbare Gefahrensituation gegeben sein.

Auch bei Dienstleistungskonzessionen kann es bei einem unauskömmlichen Angebot durch den Konzessionsnehmer dazu kommen, dass die nachgefragte Dienstleistung nicht einwandfrei erbracht wird, was sich dann zwar nicht vorrangig in einer Diskrepanz von Leistung des Konzessionsnehmers und Gegenleistung durch den Konzessionsgeber zeigt, aber dennoch im Ergebnis die Gefahr einer unwirtschaftlichen Beschaffung für den öffentlichen Auftraggeber birgt. Der wirtschaftliche Gesamtvorteil ist für den Konzessionsgeber bei Angeboten, die nicht auskömmlich sind, dann nicht mehr gegeben, was gegebenenfalls darin münden kann, dass der Konzessionsgeber den Bürgern nur eine unzureichende Leistungserbringung zur Verfügung stellen kann oder die Leistung im Rahmen eines weiteren Vergabeverfahrens neu ausschreiben müsste und Zeit sowie zusätzliche finanzielle Mittel aufwenden müsste. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, der als allgemeiner vergaberechtlicher Grundsatz auch bei der Vergabe von Konzessionen gilt, gebietet daher die Überprüfung eines ungewöhnlich niedrigen Angebotes auch bei Dienstleistungskonzessionen.

Die Abgrenzung einer Dienstleistungskonzession von einem Dienstleistungsauftrag (ist schwierig)

Die Abgrenzung einer Dienstleistungskonzession von einem Dienstleistungsauftrag (ist schwierig)

von Thomas Ax

Eine Dienstleistungskonzession unterscheidet sich von einem Dienstleistungsauftrag dadurch, dass die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung entweder ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Ob und inwieweit der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung tatsächlich den Risiken des Marktes ausgesetzt ist und er das Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs von den Umständen des Einzelfalls ab (EuGH, Urteile vom 10.03.2011, C-274/09 –, und vom 10.11.2011, C-348/10 –; BGH, Beschluss vom 08.02.2011, X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 –). Maßgeblich ist, ob der Auftragnehmer das Betriebsrisiko vollständig oder zumindest zu einem wesentlichen Teil trägt. Unter dem Betriebsrisiko ist das Risiko zu verstehen, den Unwägbarkeiten des Marktes ausgesetzt zu sein, das sich im Risiko der Konkurrenz durch andere Wirtschaftsteilnehmer, dem Risiko eines Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage, dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit derjenigen, die die Bezahlung der erbrachten Dienstleistungen schulden, dem Risiko einer nicht vollständigen Deckung der Betriebsausgaben durch die Einnahmen oder dem Risiko der Haftung für einen Schaden im Zusammenhang mit einem Fehlverhalten bei der Erbringung der Dienstleistung äußern kann.

Hingegen sind Risiken, die sich aus einer mangelhaften Betriebsführung oder aus Beurteilungsfehlern des Wirtschaftsteilnehmers ergeben, für die Einordnung eines Vertrags als öffentlicher Dienstleistungsauftrag oder als Dienstleistungskonzession nicht entscheidend, da diese Risiken jedem Vertrag immanent sind, gleichgültig ob es sich dabei um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder um eine Dienstleistungskonzession handelt. Die Zahlung eines Zuschusses hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Dienstleistungskonzession. Soll neben dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung zusätzlich ein Preis gezahlt werden, kann der Vertrag jedoch dann nicht als Dienstleistungskonzession angesehen werden, wenn die zusätzliche Vergütung oder (Aufwands- )Entschädigung ein solches Gewicht hat, dass ihr bei wertender Betrachtung kein bloßer Zuschusscharakter mehr beigemessen werden kann, sondern sich darin zeigt, dass die aus der Erbringung der Dienstleistung möglichen Einkünfte allein ein Entgelt darstellen würden, das weitab von einer äquivalenten Gegenleistung läge (EuGH, Urteile vom 10. März 2011, C-274/09 –, und vom 10. November 2011, C-348/10 –; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011, X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 –; Senatsbeschluss vom 21. Juli 2010 – Verg 19/10).

Erkennbarkeit der Wahl der falschen Verfahrensart?

Erkennbarkeit der Wahl der falschen Verfahrensart?

von Thomas Ax

Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten.

Nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Auftragsbekanntmachung (Nr. 2) bzw. aufgrund der Vergabeunterlagen (Nr. 3) erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Für die Erkennbarkeit nach § 160 Abs. 3 S.1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB gilt ein objektiver Maßstab. Erkennbar sind Verstöße, die vom durchschnittlichen Unternehmen des angesprochenen Bieterkreises bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen bereits in tatsächlicher und in laienhaft rechtlicher Hinsicht erkannt werden können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2020 – Verg 33/20). Dabei ist es erforderlich, dass der geltend gemachte Fehler nicht nur in tatsächlicher, sondern auch in einer rechtlichen Hinsicht erkennbar ist für den durchschnittlichen Bieter; der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem durchschnittlich erfahrenen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebotes auffallen muss (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.02.2023 – Verg 6/22.).

Eine Rügepräklusion hinsichtlich der Wahl der falschen Verfahrensart kommt nicht in Betracht, wenn in den Vergabeunterlagen zwar Informationen zur Verfahrenswahl enthalten sind, diese jedoch nicht geeignet sind, der Antragstellerin eine in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ausreichende Grundlage zu vermitteln, einen Vergaberechtsverstoß betreffend die Wahl der Verfahrensart zu rügen. Um einschätzen zu können, ob der öffentliche Auftraggeber die richtige Verfahrensart gewählt hat, ob insbesondere eine Dienstleistungskonzession in Abgrenzung zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages vorliegt, bedarf es weitergehender Informationen, als dass gegebenenfalls Zuschusszahlungen notwendig werden, sowie der Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, die den Auftraggeber zu seiner Entscheidung für einen Dienstleistungsauftrag bewogen haben. Fehlen diese, kommt eine Rügepräklusion nicht in Betracht.

Verlängerung der Angebotsfrist ist ermessensfehlerfrei möglich

Verlängerung der Angebotsfrist ist ermessensfehlerfrei möglich

von Thomas Ax

Der Auftraggeber ist grundsätzlich befugt, über eine Verlängerung der Angebotsfrist im Rahmen ihres Ermessensspielraums zu entscheiden. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Fallgruppe des § 20 Abs. 3 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO vorliegt. Die vom Auftraggeber festgesetzte Angebotsfrist ist kein öffentlich-rechtlicher Hoheitsakt.
Im Vergabeverfahren handelt der Auftraggeber fiskalisch; er ist vor allem gehalten, möglichst wirtschaftlich einzukaufen. Dementsprechend ist die Durchführung eines Vergabeverfahrens nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Gleiches gilt für alle im Vergabeverfahren vorgenommenen Handlungen des Auftraggebers. Sie stellen kein öffentlich-rechtliches Handeln dar, sondern sind nach vergaberechtlichen Normen zu beurteilen. Insoweit ergibt sich ein deutlicher Unterschied des Vergabeverfahrens zu öffentlich-rechtlichem Verwaltungshandeln. So ist die Angebotsfrist als Ausschlussfrist gestaltet, die bei einem Überschreiten zu einer Nichtberücksichtigung der entsprechenden Angebote nach § 57 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO führt.
Anders als nach zivil- oder verwaltungsprozessualen Normen ist bei einem Verstreichen dieser Frist beispielsweise eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen (vgl. VK Bund, Beschluss vom 26. September 2001, VK 2 – 30/01). Die Angebotsfrist nach § 20 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO ist deshalb mit Fristen in Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren nicht vergleichbar (vgl. Rechten in Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO, 2017, § 20 Rn. 11). § 20 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO steht der Entscheidung der Ag über eine Verlängerung der Angebotsfrist nicht entgegen. Einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage für die Verlängerung der einmal festgelegten Angebotsfrist bedarf es nicht.
§ 20 Abs. 1 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO stellt die grundlegenden Kriterien für eine ordnungsgemäße Fristenberechnung auf. Danach sind vom Auftraggeber bei der Festlegung der Fristen für den Eingang der Angebote und Teilnahmeanträge die Komplexität der Leistung und die Zeit für die Ausarbeitung der Angebote angemessen zu berücksichtigen. Daneben sind für die verschiedenen Verfahrensarten nach §§ 15 bis 19 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO verschiedene Mindestfristen zu beachten. So hat im offenen Verfahren die Frist für den Eingang der Angebote gemäß § 15 Abs. 2 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO mindestens 35 Tage zu betragen. Grundsätzlich gilt im Vergabeverfahren, dass im Hinblick auf Beschleunigung und Effizienz der Beschaffung die Fristen für Teilnahmeanträge und Angebote so kurz wie möglich gehalten werden sollen, ohne unzulässige Hürden für Wirtschaftsteilnehmer zu schaffen (vgl. Erwägungsgrund 80 zu Art. 47 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU, umgesetzt in § 20 Abs. 1 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO). Die EU-Richtlinie hat an dieser Stelle aber auch klargestellt, dass die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Wirtschaftsteilnehmer über genügend Zeit für die Erstellung entsprechender Angebote verfügen, möglicherweise dazu führen kann, dass die ursprünglich festgelegten Fristen verlängert werden müssen (vgl. Erwägungsgrund 81 der Richtlinie 2014/24/EU). Art. 47 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU regelt insoweit zwei Fallgruppen, in denen eine Verlängerung der ursprünglichen Frist zwingend zu erfolgen hat. § 20 Abs. 3 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO setzt dies in innerstaatliches Recht um. Die Angebotsfrist ist danach zwingend zu verlängern, wenn durch die Vergabestelle zusätzliche Informationen zur Verfügung gestellt werden oder wenn der öffentliche Auftraggeber wesentliche Änderungen an den Vergabeunterlagen vornimmt. Die Fristverlängerung muss in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Information oder Änderung stehen und gewährleisten, dass alle Unternehmen Kenntnis von den Informationen oder Änderungen nehmen können, § 20 Abs. 3 Satz 2 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO.
Im Umkehrschluss ergibt sich aber aus der zwingenden Verlängerung der Angebotsfrist in § 20 Abs. 3 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO kein bieterschützendes Recht auf Nichtverlängerung der Angebotsfrist in möglichen weiteren Fällen. Ob § 20 Abs. 3 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO zu einer Beschränkung der Entscheidungsbefugnis des Auftraggebers führt, aus anderen Gründen eine Verlängerung der Angebotsfrist anzuordnen, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 21. März 2018, VIII ZR 104/17). Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 3 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO allein, nämlich der zwingenden Anordnung einer Verlängerung, kann nicht auf den Ausschluss einer fakultativen Verlängerung geschlossen werden. Vielmehr ist zur Ermittlung des Willens des Gesetzgebers auch auf die Gesetzesmaterialien und Sinn und Zweck der Norm abzustellen. So wird in der EU-Richtlinie grundsätzlich auf die Möglichkeit verwiesen, dass die ursprünglich festgesetzten Fristen zur Vermeidung unzulässiger Hürden für die Teilnahme verlängert werden müssen. Für zwei Fallgruppen, die in der Sphäre des Auftraggebers begründet liegen, wird eine Pflicht zur Verlängerung geregelt. Aufgrund der gewählten Formulierungen („Dies wäre insbesondere der Fall“, „Dies könnte insbesondere dann der Fall sein“, Erwägungsgrund 81 der Richtlinie 2014/24/EU) wird aber deutlich, dass weitere Fallkonstellationen denkbar sind. Hier ist beispielsweise an Einflussfaktoren zu denken, die der Auftraggeber gerade nicht selbst zu verantworten hat. Auch aus Sinn und Zweck der Regelung zur angemessenen Fristberechnung und -festlegung lässt sich eine solche Auslegung ableiten. Da der Auftraggeber die Teilnahme- bzw. Angebotsfrist bereits in einem frühen Stadium des Vergabeverfahrens festlegen und mittels Bekanntmachung publizieren muss, ist es nicht unwahrscheinlich, dass während des Vergabeverfahrens neue Sachverhalte auftreten, die über § 20 Abs. 3 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO hinausgehend eine Fristverlängerung notwendig machen können (so auch Rechten in Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, § 20 Rn. 23, 41; Völlink in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Auflage 2018, § 20 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO, Rn. 25).
Festzustellen ist, dass eine nicht ausreichende Frist gegebenenfalls im erforderlichen Umfang verlängert werden kann (so auch OLG Brandenburg, Beschluss vom 12. Januar 2010, Verg W 5/09). Die Verlängerungsentscheidung muss sich im Rahmen sachgerechter Ermessensausübung bewegen und ist auf entsprechende Fehler hin im Nachprüfungsverfahren überprüfbar. Die Entscheidung des Auftraggebers über die Verlängerung der Angebotsfrist kann nur dahingehend überprüft werden, ob er bei der Verlängerung der Angebotsfrist die Grenzen des Ermessens eingehalten hat und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind (vgl. allgemein BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012, IV ZR 110/10). Bei der Entscheidung über eine Verlängerung der Angebotsfrist darf der Auftraggeber beispielsweise berücksichtigen, welchen Umfang Antworten auf Bieterfragen einnehmen; er darf die Komplexität von Sachverhalten berücksichtigen. Auch darf er einbeziehen, ob und gegebenenfalls welches Risiko besteht, dass ein Nachprüfungsverfahren wegen einer von ihm abgelehnten Verlängerung der Angebotsfrist oder wegen einer zu kurz bemessenen Verlängerung eingeleitet wird (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 12. Januar 209, Verg W 5/09). Die Grenze sachgerechter Ermessensausübung ist bei der Entscheidung über die Verlängerung der Angebotsfrist durch den Auftraggeber erst dann überschritten, wenn sachfremde Erwägungen bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen. Eine solche sachfremde Erwägung wäre dann zu bejahen, wenn einem „bestimmten“ präferierten Bieter noch die fristgerechte Abgabe eines Angebotes ermöglicht werden soll.
Eine solche Vorgehensweise liefe auf eine Umgehung des § 57 Abs.1 Nr. 1 VgV bzw entsprechende Parallelvorschrift in der UVgO und damit eine vergaberechtswidrige Manipulation des Ergebnisses des Vergabeverfahrens hinaus. Anhaltspunkte für eine eventuelle Bevorzugung eines bestimmten Bewerbers sind selten ersichtlich. Eine Benachteiligung geschweige denn eine gezielte Benachteiligung der anderen Bieter kann darin zumeist nicht gesehen werden. Sachfremde Erwägungen sind meistens nicht einmal im Ansatz erkennbar. Im Ergebnis sollte es wie immer gehen und geht es um die Ermöglichung eines Angebotsvergleichs im Wettbewerb und wenn möglich eine wirtschaftliche Beauftragung.

Ax Vergaberecht | Rechtsanwalt
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