Ax Vergaberecht

Kurz gefragt: Was gilt bei einem Nachunternehmereinsatz?

Kurz gefragt: Was gilt bei einem Nachunternehmereinsatz?

von Thomas Ax

Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 VgV kann der öffentliche Auftraggeber Unternehmen auch in den Vergabeunterlagen auffordern, bei Angebotsabgabe die Teile des Auftrags, die sie im Wege der Unterauftragsvergabe an Dritte zu vergeben beabsichtigen, zu benennen. Nach § 36 Abs. 1 Satz 3 VgV ist dann, wenn ein Bewerber oder Bieter die Vergabe eines Teils des Auftrags an einen Dritten im Wege der Unterauftragsvergabe beabsichtigt und sich zugleich im Hinblick auf seine Leistungsfähigkeit gemäß den §§ 45 und 46 auf die Kapazitäten dieses Dritten beruft, auch § 47 VgV anzuwenden ist.

Kurz gefragt: Wann liegt eine Änderung an den Vergabeunterlagen vor?

Kurz gefragt: Wann liegt eine Änderung an den Vergabeunterlagen vor?

von Thomas Ax

Eine Änderung an den Vergabeunterlagen liegt dann vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der Ausschreibende bestellt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht (Senatsbeschlüsse vom 2. August 2017, VII-Verg 17/17, NZBau 2018, 169 Rn. 20, und vom 22. März 2017, VII-Verg 54/16, NZBau 2017, 684 Rn. 24). Derartige Änderungen führen zwingend zum Ausschluss des Angebots (Senatsbeschluss vom 12. Februar 2020, VII-Verg 24/19, NZBau 2020, 403 Rn. 30).

Worin besteht der Sinn und Zweck von Referenzen?

Worin besteht der Sinn und Zweck von Referenzen?

vorgestellt von Thomas Ax

Nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV kann der öffentliche Auftraggeber als Beleg für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit des Bieters Referenzen über die frühere Erbringung vergleichbarer Leistungen verlangen (Hölz in Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, VgV § 46 Rn. 13). Die Referenzen dienen folglich als Beleg für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit des Bieters. Anhand von Referenzen will der Auftraggeber feststellen, ob der potentielle Auftragnehmer Erfahrungen auf dem Gebiet der nachgefragten Leistung hat und ob er in der Lage sein wird, den Auftrag auch tatsächlich auszuführen (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 9. Juli 2010, 11 Verg 5/10, BeckRS 2010, 19010, unter II.2.).

Dafür muss die Referenzleistung der ausgeschriebenen Leistung so weit ähneln, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet (OLG Celle, Beschluss vom 3. Juli 2018, 13 Verg 8/17, BeckRS 2018, 18361 Rn. 31; OLG München, Beschluss vom 12. November 2012, Verg 23/12, BeckRS 2012, 23578, unter II.B.1.b.cc.; Goldbrunner in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, VgV § 46 Rn. 14). Sie sollen es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglichen, zu überprüfen, ob der Bieter – ausgehend von den eingereichten Nachweisen – auch tatsächlich persönlich und fachlich für den Auftrag geeignet ist (OLG Saarbrücken, Urteil vom 28. Januar 2015, 1 U 138/14, BeckRS 2015, 5288 Rn. 42), ob er also über die erforderlichen personellen und technischen Ressourcen und Erfahrungen verfügt, um die zu vergebenden Leistungen in ordnungsgemäßer beziehungsweise angemessener Qualität erbringen zu können (Hölz in Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, GWB § 122 Rn. 59).

Um diesen Zweck erfüllen zu können, muss die durch die Referenzen attestierte Leistungsfähigkeit grundsätzlich in der Person des sich unmittelbar am Verfahren beteiligten Wirtschaftsteilnehmers vorliegen; Referenzen sind personen- oder unternehmensgebunden (Mager in Burgi/Dreher, Beck`scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2019, VgV § 46 Rn. 17). Referenzen, bei denen auf die Tätigkeit anderer Firmen zurückgegriffen wird, taugen nicht zum Nachweis der Eignung des Bieters, weil damit nicht dokumentiert werden kann, dass sich dieser konkrete Bieter auch wirklich hinsichtlich der nachgefragten Leistung am Markt bereits bewährt hat (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 9. Juli 2010, 11 Verg 5/10, BeckRS 2010, 19010, unter II.2.).
Referenzen müssen folglich die geforderte Leistung so spiegeln, wie sie der Bieter anbietet. Bietet ein Bieter die Leistung vollständig als eigene an, also ohne sich bezüglich bestimmter Leistungsteile auf einen Nachunternehmer zu berufen, dann muss er im Rahmen der Referenzen auch alle wesentlichen Leistungsteile selbst erbracht haben.

Referenzaufträge, bei denen diese Leistung durch Nachunternehmer ausgeführt worden ist, sind insoweit nicht geeignet.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.12.2022 – Verg 11/22

Wie können geheimhaltungsbedürftige Erkenntnisse von der Vergabekammer berücksichtigt werden?

Wie können geheimhaltungsbedürftige Erkenntnisse von der Vergabekammer berücksichtigt werden?

vorgestellt von Thomas Ax

Im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 163 Abs. 1 GWB kann die Vergabekammer ihrer Entscheidung nur den Sachverhalt zugrunde legen, der von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Zusätzliche Informationen – auch solche mit einer Einstufung in einer Geheimhaltungsstufe können den sicherheitsüberprüften Mitgliedern der Vergabekammer im laufenden Nachprüfungsverfahren vorgelegt werden. Die Mitglieder der Vergabekammer sind gemäß § 164 Abs. 2 GWB zur Geheimhaltung verpflichtet. Der Entscheidung können diese Erkenntnisse etwa im Rahmen einer sogenannten in-camera-Entscheidung, deren Inhalte der Antragstellerin entsprechend nicht zugänglich zu machen sind, zugrunde zu legen gewesen. Die Vergabekammer kann damit analog § 175 Abs. 2 i.V.m. § 71 Abs. 1 S. 3 GWB sämtliche in der Vergabedokumentation enthaltenen und der Entscheidung des Antragsgegners zugrundeliegenden Tatsachen berücksichtigen, auch soweit diese einem Verfahrensbeteiligten wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht offenbart werden durften (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Oktober 2020 – Verg 26/20; Beschluss vom 28. Juni 2023 – Verg 44/22, jeweils unter Verweis auf BGH vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16).

VK Bund, Beschluss vom 12.04.2024 – VK 1-89/23

Ausschlussentscheidung wegen einer Nichteinhaltung von besonderen Vertragsbedingungen?

Ausschlussentscheidung wegen einer Nichteinhaltung von besonderen Vertragsbedingungen?

vorgestellt von Thomas Ax

Grundsätzlich gilt, dass eine Ausschlussentscheidung wegen einer Nichteinhaltung von besonderen Vertragsbedingungen nur dann statthaft und geboten ist, wenn der Auftraggeber konkrete Tatsachen festgestellt hat oder feststellen kann, die den Rückschluss auf die beabsichtigte zukünftige Nichteinhaltung mit der Angebotsabgabe eingegangener Verpflichtungen zulassen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2015 – Verg 11/15).

Die Nichteinhaltung von besonderen Vertragsbedingungen im Zuge der späteren Auftragsausführung betrifft Umstände, die in der Zukunft liegen und deren Eintritt typischerweise im Zeitpunkt der Vergabeentscheidung beziehungsweise zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Teilnahmeantrag ungewiss ist. Auf bloße und ins Blaue hinein aufgestellte Behauptungen oder Verdachtsumstände muss und darf der öffentliche Auftraggeber seine Entscheidung nicht stützen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2015 – Verg 11/15).

Damit einher geht, dass der Auftraggeber ebenso wie bei Abweichungen der Bieter von zwingenden inhaltlichen Vorgaben der Leistungsbeschreibung die Angaben der Bieter zu den Ausführungsbedingungen auch inhaltlich zu prüfen hat. Die Anforderungen für den Nachweis des Ausschlussgrunds sind vergleichbar mit den allgemeinen Anforderungen an den Nachweis von Ausschlussgründen nach § 124 GWB.

Vor einer endgültigen und verbindlichen Entscheidung über das Vorliegen von Ausschlussgründen hat der öffentliche Auftraggeber in geeigneter Form nachzuweisen, dass der Wirtschaftsteilnehmer gegen seine Verpflichtungen verstoßen hat (vgl. Erwägungsgrund 101 zur Vergaberichtlinie 2014/24/EU zum Ausschluss wegen eines schwerwiegenden beruflichen Fehlverhaltens). Der Nachweis kann durch Belege, Schriftstücke oder andere objektivierte Anhaltspunkte für die in Rede stehenden Verfehlungen geführt werden. Erforderlich ist ein Vollbeweis im Sinne von § 286 ZPO, wonach im Grundsatz die volle Überzeugung im Sinne persönlicher Gewissheit von einem bestimmten Sachverhalt als wahr gilt, die an sich mögliche Zweifel überwindet (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juni 2022 – Verg 36/21; Beschluss vom 17. Januar 2018 – Verg 39/17).

Ein Ausschluss kommt deshalb nur bei Vorliegen gesicherter Nachweise im Hinblick auf die Abweichung von den Anforderungen nach § 128 Abs. 2 GWB in Betracht (vgl. Wiedemann, in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 128 Rn. 38).

VK Bund, Beschluss vom 12.04.2024 – VK 1-89/23

Praxistipp: Abschlagszahlung bei wesentlichen Mängeln?

Praxistipp: Abschlagszahlung bei wesentlichen Mängeln?

von Thomas Ax

Nach Inkrafttreten des § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. kann auch beim VOB/B-Vertrag nicht mehr davon ausgegangen werden, dass eine Abschlagszahlung bei wesentlichen Mängeln begehrt werden kann (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 5. Teil Rn. 270). Zwar enthält § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B keine dem § 632a Abs. 1 Satz. 2 und 3 BGB vergleichbare Regelung, so dass vertreten wird, dass Abschlagszahlungen nach der VOB/B auch verlangt werden können, wenn die Leistung wesentliche Mängel hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1978 – VII ZR 269/77 – NJW 1979, 650; OLG Hamm, Urteil vom 29. Oktober 1998 – 17 U 38/98 NJW-RR 1999, 528; Kandel, in: Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage 2013, § 16 Abs. 1 VOB/B Rn. 22; Messerschmidt, in: Kapellmann/Messerschmidt VOB-Kommentar, Teil NB, 6. Auflege 2018, § 16 VOB/B Rn. 108; Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 16 VOB/B Rn. 4) und der Auftraggeber wegen Mängeln auf sein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränkt ist, weil andernfalls der Auftragnehmer eine Abschlagszahlung immer nur nach gänzlich mangelfreier Teilleistung fordern könnte (vgl. BGH, Urteil vom 21.. Dezember 1978 – VII ZR 269/77 – NJW 1979, 660; Messerschmidt, in: Kapellmann/Messerschmidt VOB-Kommentar, Teil A/B, 6. Auflage 2018, § 16 VOB/B Rn. 108).

Mit § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. hat der Gesetzgeber aber ausdrücklich geregelt, wie das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 Abs. 1 BGB bei Abschlagszahlungen wirkt. Es führt dazu, dass der Anspruch auf Abschlagszahlungen nicht fällig wird, wenn wesentliche Mängel vorliegen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26. November 2008 – 4 U 58/08 ; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 5. Teil Rn. 270; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, § 632a BGB Rn. 6; Voit, in: BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, Stand: 01.02.2019, § 632a BGB Rn. 7; Diep, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger PK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 632a BGB Rn. 9). Dies muss daher auch für den VOB/B-Vertrag gelten (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 5. Teil Rn. 270; Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Auflage 2012, § 16 VOB/B Rn. 4; Hummel, in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4. Auflage 2016, § 16 Rri. 16; Gothe, NZBau 2014, 270 (275)). Denn für eine mangelhafte Leistung kann der Auftragnehmer vom Grundsatz her keine Vergütung beanspruchen (vgl. Messerschmidt, in: Kapellmann/Messerschmidt VOB-Kommentar, Teil NB, 6. Auflage 2018, § 16 VOB/B Rn. 108).

Überdies steht der Verweis des Auftraggebers auf ein Zurückbehaltungsrecht auch bei wesentlichen Mängeln im Widerspruch zur Wertung des § 12 Abs. 3 VOB/B, da der Auftraggeber dann Anzahlungen auf die Gesamtvergütung leisten müsste, die infolge berechtigter Verweigerung der Abnahme gar nicht fällig wird (vgl. Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Auflage 2012, § 16 VOB/B Rn. 4; Hummel, in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4, Auflage 2016, § 16 Rn. 16). Auch § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B geht von einer »vertragsgemäßen Leistung” aus, Was in diesem Sinne (noch) als vertragsgemäß gilt, ist auch mit Rücksicht auf die anderen vertraglichen Regelungen zu ermitteln. Wenn also in § 12 Abs. 2 VOB/B geregelt ist, dass die Abnahme wegen wesentlicher Mängel verweigert werden kann, und die Abnahme nach allgemeiner Definition gerade die Billigung des Werks als im Wesentlichen vertragsgemäß darstellt, so legt dies eine Auslegung dahingehend nahe, dass auch im Rahmen des § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B hinsichtlich Mängel- und Vergütungsfolgen “vertragsgemäß” nur sein soll, was frei von wesentlichen Mängeln ist (vgl. Gothe, NZBau 2014, 270 (275)).

Soweit nach der ab dem 01.01.2018 geltenden Neufassung des § 632a Abs. 1 Satz 2 BGB Mängel dem Anspruch auf Abschlagszahlung nicht entgegenstehen und der Auftraggeber diesem nur ein Leistungsverweigerungsrecht entgegenhalten kann, mag dahinstehen, ob dies dazu führt, dass Jedenfalls ab dem 01.012018 beim VOB/B-Vertrag Abschlagszahlungen auch verlangt werden können, wenn die Leistung wesentliche Mängel hat (vgl. so Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 16 VOB/B Rn. 4). Denn für den vorliegenden Fall ist die Regelung des § 632a BGB a.F. maßgebend.

Praxistipp: Ist dem Bauherrn ein Planungsverschulden der Architektin unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens zuzurechnen?

Praxistipp: Ist dem Bauherrn ein Planungsverschulden der Architektin unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens zuzurechnen?

von Thomas Ax

Nach § 254 Abs. 1 BGB hängt, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 61). Als Rechtsfolge muss sich der Auftraggeber an den Mängelbeseitigungskosten oder an dem entstandenen Schaden im Umfang seiner Haftungsquote beteiligen (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 61).

Insofern Ist anerkannt, dass der Auftraggeber sich ein Planungsverschulden seines Architekten nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, und dass der wegen eines auch auf einer fehlerhaften Planung des Architekten beruhenden Mangels zur Gewährleistung herangezogene Unternehmer berechtigt ist, gegenüber dem Auftraggeber ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB einzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 07. März 2002 – VII ZR 1/00 – NJW 2002, 3543; OLG Köln, Urteil vom 02. Juni 2004 – 17 U 121/99 – ).

Praxistipp: Wann sind Kosten für die Beseitigung eines Werkmangels unverhältnismäßig im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB?

Praxistipp: Wann sind Kosten für die Beseitigung eines Werkmangels unverhältnismäßig im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB?

von Thomas Ax

Unverhältnismäßig im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB sind Kosten für die Beseitigung eines Werkmangels dann, wenn der damit In Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwandes sieht zur (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 – VII ZR 179/11 – NZBau 2013, 9; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 27, März 2015 – 1 U 87/10 -; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 97).

Unverhältnismäßigkeit wird in aller Regel anzunehmen sein, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer mangelfreien Vertragsleistung unter Abwägung aller Umstände ein ganz erheblicher und -deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenüber steht, so dass die Forderung auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2008 – VII ZR 214106 – NZBau 2008, 575; OLG München, Beschluss vom 20. März 2014 – 13 U 4423/13 Bau – ; OLG Frankfurt, Urteil vom 11. November 2016 – 4 U 3/11 – ).

Unverhältnismäßigkeit kommt danach vor allem bei Mängeln in Betracht, die den .Wert. oder die Gebrauchsfähigkeit nicht oder nicht erheblich beeinträchtigen (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 97), Das sind insbesondere optische Mängel (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1987 – VII ZR 330/86 ; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 97). Gleichwohl ist auch bei lediglich optischen Mängeln nur in Ausnahmefällen die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten zu bejahen, selbst wenn die tatsächlich erbrachte Leistung zwar nicht den vertraglichen Vorgaben, aber doch den Regeln der Technik entspricht (vgl. BGH; Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17 – ; BGH, Urteil vom 10. April 2008 – VII ZR-214/06 – NZBau 2008, 575).

Praxistipp: Tragen DIN-Normen immer die Vermutung in sich, dass sie den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik wiedergeben?

Praxistipp: Tragen DIN-Normen immer die Vermutung in sich, dass sie den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik wiedergeben?

von Thomas Ax

DIN-Normen tragen die Vermutung in sich, dass sie den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik wiedergeben (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2013 – V ZR 182/12 – NJW 2013, 2271). Dies ist indes anders zu bewerten, wenn die DIN 18202 im hier relevanten Teil überaltert ist und deswegen nicht die anerkannten Regeln der Technik ausweist (vgl. Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 32). DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter, die hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben können (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2013 – V ZR 182/12 – NJW 2013, 2271; BGH,- Urteil vom 14. Mai 1998 – VII ZR 184/97 – MPR 1998, 1026; BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 – VII ZR 45/06 – NJW 2007, 2983), weil die technische Entwicklung und wissenschaftliche Erkenntnis in einem ständigen Wandel begriffen sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2013 – V ZR 182/12 – NJW 2013, 2271).

Von daher liegt es in der Natur der Sache, dass in DIN-Normen empfohlene Maßnahmen nicht mehr die anerkannten Regeln der Technik beschreiben, wenn aufgrund neuer Erkenntnisse andere – geeigneter erscheinende Methoden an deren Stelle treten. Ob es sich so verhält, kann zuverlässig nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2013 V ZR 182/12 – NJW 2013, 2271; BGH, Beschluss vom 13. März 2008 – VII ZR 219/06 – ; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil Rn. 34).

Praxistipp: Parteien könne durch ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten auf die förmliche Abnahme verzichten

Praxistipp: Parteien könne durch ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten auf die förmliche Abnahme verzichten

von Thomas Ax

Obgleich die bereits im Bauvertrag vereinbarte förmliche Abnahme Vorrang vor den anderen Abnahmeformen hat, ist möglich, dass die Parteien durch ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten auf die förmliche Abnahme verzichten (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – VII ZR 310/99 NJW 2001, 818; BGH, Urteil vom 03. November 1992 – X ZR 83/90 – NJW 1993, 1063; BGH, Urteil vom 21. April 1977 – VII ZR 108/76 – MDR 1977, 832; Bröker, in: Ganten/Jansen/Voit, Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Auflage 2013, § 12 Abs. 5 [Fiktive Abnahme] Rn. 5; Abu Saris, in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 4. Auflage 2016, § 12 VOB/B Rn. 120). Die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme kann nämlich ihrerseits konkludent wieder aufgehoben werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – VII ZR 310/99 – NJW 2001, 818; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2013 – I-23 U 15/13 – ), da ein vereinbarter Formzwang jederzeit formlos durch die Vertragsparteien aufgehoben werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 03. November 1992 – X ZR 83/90 – NJW 1993, 1063). An die Voraussetzungen einer konkludenten Aufhebung sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom -22. Dezember 2000 – VII ZR 310/99 NJW 2001, 818; OLG Stuttgart, Urteil vom 21. April 2009 – 10 U 9/09 – ).

Von der förmlichen Abnahme können die Vertragsparteien auch dadurch stillschweigend Abstand nehmen, dass etwa die Schlussrechnung (weitgehend) bezahlt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2013 – I-23 U 15/13 ; OLG Stuttgart, Urteil vom 28, Dezember 2018 – 10 U 113/18 – ; OLG Stuttgart, Urteil vom 21. April 2009 – 10 U 9/09 – ; Kniffka, in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 4. Teil Rn. 37).

Übersendet der Auftragnehmer die Schlussrechnung an den Auftraggeber, ohne die förmliche Abnahme zu fordern, und tritt der Auftraggeber erst mehrere Monate nach Erhalt der Schlussrechnung in die Rechnungsprüfung ein, ohne auf die unterbliebene förmliche Abnahme einzugehen, kann eventuell auch hierin die konkludente Erklärung der Parteien zu sehen sein, von der vereinbarten förmlichen Abnahme abzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1977 – VII ZR 108/76 ; OLG Karlsruhe, Urteil vom 23. September 2003 – 17 U 234/02 – ). Denn der Unternehmer bringt erkennbar zum Ausdruck, dass er auf eine förmliche Abnahme keinen Wert mehr legt.

Wenn der Auftraggeber dann mehrere Monate nach Erhalt der Schlussrechnung seinerseits keine förmliche. Abnahme verlangt, kann das von beiden Parteien gezeigte Verhalten dahin zu werten sein, dass sie übereinstimmend “konkludent von der  vereinbarten förmlichen Abnahme abgesehen haben und es bei einer formlosen Abnahme verbleiben soll (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1977 – VII ZR 108/76 – ). Unerheblich ist dabei, ob die Parteien sich der Tatsache bewusst waren, dass eine förmliche Abnahme vorgesehen war oder ob sie .das nur vergessen haben (vgl. BGH, Urteil vom 03. November 1992 – X ZR 83/90 – NJW 1993, 1063; BGH, Urteil vom 21. April 1977 – VII ZR 108/76 – ; Kniffka, in; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 4. Teil Rh. 37).

Eine von dem Architekten geprüften Schlussrechnung kann höchstens entnommen werden, dass der Architekt die Leistung als vertragsgerecht erbracht und die Vergütung als fehlerfrei errechnet ansieht, so dass er dem Bauherrn die endgültige Annahme empfiehlt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 12. März 1996 – 21 U 147/95 – ; OLG Köln, Urteil vom 05. November 1976 – 19 U 73/76 MDR 1977, 404).

Es handelt sich also um eine subjektive Meinungsäußerung des Architekten, nicht um den objektiven Leistungsnachweis des Bauunternehmers (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 12. März 1996 – 21 U 147/95 – ; OLG Köln, Urteil vom 05. November 1976 – 19 U 73/76 – MDR 1977, 404). Dann aber konnte aus Sicht der Klägerin allein die Prüfung nicht dahin zu deuten sein, dass damit auf die förmliche Abnahme verzichtet werden sollte.

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