Lageplan der künftigen Kläranlage
Pressenotiz
Übergabe eines Landeszuschusses zur Phosphorelimination
Die Kläranlage in Niederbrechen ist seit mehr als 36 Jahren ohne wesentliche Umbauten oder Ergänzungen ununterbrochen in Betrieb. In dieser Zeit wurden annähernd 100 Mio. m³ Abwasser gereinigt. Jetzt steht die Anlage vor der größten Umbaumaßnahme seit ihrem Bau. Die Kapazität der Kläranlage Niederbrechen wird erweitert, die vorhandenen Betonbauwerke müssen saniert werden, die maschinellen und elektrotechnischen Ausrüstungen werden im Zuge der Sanierung und Erweiterung ebenfalls erneuert. Selbstverständlich müssen Abwasserreinigung und Schlammbehandlung während der gesamten Bauphase aufrechterhalten werden; die Reinigungsanforderungen gelten auch in der Zeit des Umbaus. Bisher beträgt die Bemessungsgröße 27.000 Einwohnerwerte, künftig wird die Anlage für rund 38.000 Einwohnerwerte ausgelegt.
Ein wesentliches Ziel des Umbaus ist auch die deutliche Verbesserung der Phosphorelimination. Um in Gewässern einen guten ökologischen Zustand zu erreichen (insbesondere bei biologischen Qualitätskomponenten), muss die Konzentration für Phosphor und Phosphate in den Gewässern deutlich vermindert werden. Dies muss entsprechend den Anforderungen des Landes Hessen (Maßnahmenprogramm zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Hessen) insbesondere durch die Verbesserung der Phosphorelimination in Kläranlagen – auch in Niederbrechen – erfolgen.
Exkurs: Phosphor im Gewässer:
Ein Großteil des in unsere kommunalen Kläranlagen eingetragenen Phosphors ist als natürlicher Bestandteil in Nahrungsmitteln enthalten, ein weiterer großer Anteil stammt aus Wasch-, Reinigungs- und Spülmitteln. Bei dem im Abwasser vorkommendem Phosphor handelt es sich meistens um Phosphate (Salze der Phosphorsäure).
Phosphor in Form von Phosphat ist ein wichtiger Nährstoff sowohl für Pflanzen als auch für Tiere und Menschen. Phosphate gelten grundsätzlich als ungiftig. In Gewässern kann ein erhöhter Phosphatgehalt aufgrund der wachstumsfördernden Wirkung auf Pflanzen zur so genannten Eutrophierung führen. Das übermäßige Nährstoffangebot führt dabei zu einer Veränderung der im Gewässer wachsenden Pflanzengesellschaften. Es kann sich eine Verkrautung oder vermehrte Algenbildung einstellen. Derart gedüngte Algen und Wasserpflanzen können dann anderen Pflanzenarten das Licht wegnehmen sowie, wenn sie absterben, vielen Kleinlebewesen und Tieren den lebensnotwendigen Sauerstoff entziehen. Schlimmstenfalls kann das Gewässer „umkippen“.
Durch die neuen Vorgaben des Landes Hessen wird der Grenzwert, der zu jeder Tages- und Nachtzeit im Auslauf der Kläranlage eingehalten werden muss, von ehemals 2 mg/l Pges (Gesamtphosphat) auf 0,7 mg/l abgesenkt. Außerdem wird ein weiterer Parameter für einen Phosphorbestandteil (ortho-Phosphat) zusätzlich eingeführt. Mit den vorhandenen Anlagenteilen ist eine so weitgehende Phosphoreliminierung nicht möglich. Daher sind zur Erreichung der künftigen Ablaufqualität folgende Maßnahmen geplant:
- Das bestehende Nachklärbecken soll durch zwei neue Nachklärbecken ersetzt werden;
- Errichtung eines Fällmittellagers,
- Errichtung einer Fällmitteldosierstation einschließlich Rohrleitungen,
- Erneuerung der zugehörigen Elektro-, Mess-, Steuer-, Regeltechnik.
Für die Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen zur Phosphoreliminierung rechnet der Abwasserverband Goldener Grund mit Investitionskosten von rund 5,3 Mio. € (Stand: Sept. 2018). Zur Unterstützung der Kläranlagenbetreiber hat das Land Hessen im Jahr 2017 ein Förderprogramm für Maßnahmen zur Phosphoreliminierung aufgelegt, nach dem alle zum Kläranlagenbetriebsverband Ems- und Wörsbachtal gehörenden Abwasserverbände Finanzierungshilfen beantragt haben.
Nach intensiver Prüfung und eingehender Abwägung hat das Land Hessen dem Abwasserverband Goldener Grund nunmehr einen Zuschuss für die geplanten Maßnahmen zur Phosphorelimination auf der Kläranlage Niederbrechen in Höhe von 2,1 Mio. € zugesagt. Den Fördermittelbescheid übergibt der Regierungspräsident Gießen, Herr Dr. Ullrich, im Rahmen der Sitzung der Verbandsversammlung des Abwasserverbands am 12.11.2019.
Zusätzlich zur Phosphorelimination wird auf der Kläranlage in Niederbrechen eine neue Behandlungsstufe – die so genannte Faulung mit Gasverwertung – eingerichtet. Bei dieser Behandlungsstufe wird der anfallende Klärschlamm in einem separaten Behälter weitergehend stabilisiert (anaerobe Stabilisierung oder Faulung). Während dieser Stabilisierung wird Faulgas erzeugt, aus dem mittels Blockheizkraftwerk Strom und Wärme gewonnen werden. Geplant ist, dass durch diese Nutzung der regenerativen Energie des Faulgases rund 70 % des auf der Kläranlage benötigten Energiebedarfs gedeckt werden. Gegenüber dem heutigen Zustand werden somit rund 178 t CO2 pro Jahr durch die Umstellung auf Faulung reduziert – das entspricht einer CO2-Einsparung von 5.335 t in den nächsten 30 Betriebsjahren. Auch hierfür erhält der Abwasserverband Goldener Grund eine Förderung: Im Rahmen des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung zur „Förderung von Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld“ hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit bereits eine Fördersumme in Höhe von 500.000,- € für die Umstellung auf Faulung zugesagt.
Einer der größten Energieverbraucher auf der Kläranlage ist die Belüftung der Bakterienmasse in den so genannten Belebungsbecken. In diesen Becken werden die gelösten Abwasserinhaltsstoffe durch spezielle Bakterien abgebaut – ein ganz wesentlicher Behandlungsschritt auf Kläranlagen. Bei der Belüftung in den neu geplanten Belebungsbecken wird eine Technik eingesetzt, die besonders energieeffizient arbeitet und somit vergleichsweise wenig Energie verbraucht. Außerdem werden weitere große Antriebe mit energiesparenden Motoren ausgerüstet, um insgesamt den Energieverbrauch der Kläranlage und damit auch Treibhausgasemissionen so gering wie möglich zu halten. Auch für diese Maßnahmen zum effizienten Energieeinsatz rechnet der Abwasserverband Goldener Grund mit einer Förderung in Höhe von 260.000,- € aus dem Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung (CO2-Einsparung ca. 108 t pro Jahr).
Insgesamt wird ein großer Teil der Kläranlage neu gebaut; alle verbleibenden Anlagenteile werden saniert, umgebaut, oder abgerissen.
Die neu zu bauenden Anlagenteile sind im Lageplan rot hinterlegt.
Der Abwasserverband Goldener Grund rechnet für den kompletten Umbau mit Gesamtkosten in Höhe von 25 Mio. €, die verteilt über vier Jahre Bauzeit benötigt werden. Los geht es im Frühjahr nächsten Jahres. Da die Abwasserreinigung einschließlich Schlammbehandlung auch während der Bauzeit uneingeschränkt aufrechterhalten werden muss, erfolgt der Umbau stufenweise nach und nach mit verschiedenen Provisorien. Für die Beschäftigten der Kläranlage bedeutet dies eine ganz erhebliche Mehrbelastung.
Bad Camberg, 12.11.2019
M. Fink, Verbandsgeschäftsführer des Kläranlagenbetriebsverbandes
Abwasserverband Goldener Grund, Frankfurter Straße 28, 65520 Bad Camberg, Tel.: 06434 / 90785-0
www.kbv-badcamberg.de
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Daten zum Abwasserverband Goldener Grund:
Verbandsgründung: 18.04.1973
Kläranlage: Niederbrechen
Bemessungsgröße Kläranlage: künftig 38.000 Einwohnergleichwerte
Abwasserzufluss zur Kläranlage: 3 Mio. m³ Abwasser pro Jahr
Länge Hauptkanäle: 43 km
Anzahl Entlastungsanlagen: 27
Angeschlossene Kommunen: Brechen, Hünfelden, Villmar-OT Weyer, Selters-OT Münster und Weilmünster-OT Wolfenhausen
Anforderungen an die Aufstellung und Handhabung nichtpreislicher Zuschlagskriterien und die Wertung von Präsentationen bei der Vergabe von Planungsleistungen für die Erweiterung, Sanierung kommunaler Kläranlagen
vorgestellt von Thomas Ax
Ein Angebot ist nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV nicht nur dann auszuschließen, wenn es gesetzliche Formvorgaben wie z.B. nach § 53 Abs. 1 i.V.m. § 10 VgV (bei elektronischer Übermittlung) oder nach § 53 Abs. 5 und 6 VgV i.V.m. § 126 BGB bei postalischer oder direkter Übermittlung missachtet, sondern auch, wenn es vom Auftraggeber zulässigerweise aufgestellte, über die Formkategorien des BGB hinausgehende Formvorgaben missachtet. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn das Niveau der Datenintegrität und Manipulationssicherheit im betreffenden Angebot hinter dem vom Auftraggeber geforderten Niveau zurückbleibt. (Rn. 130 – 132) Für sämtliche Bestandteile des Angebots im vergaberechtlichen Sinn gelten die §§ 53, 54 und 55 VgV uneingeschränkt. Zur Vermeidung von vorzeitiger Kenntnisnahme und Manipulation ist hinsichtlich der Einhaltung der Formvorschriften keine Differenzierung zwischen den Bestandteilen des rein zivilrechtlichen Angebots (hier Honorarangebot und Vertrag) und den Angaben des Bieters zur Bewertung nichtpreislicher Zuschlagskriterien vorzunehmen. (Rn. 138) Das Mitbringen von wertungsrelevanten Angebotsbestandteilen zu Verhandlungsterminen, wobei die Bieter ihre Vorlagen zu unterschiedlichen Zeitpunkten mitbringen, kann weder nach § 53 Abs. 1 noch Abs. 5 VgV eine formgerechte Angebotsabgabe darstellen. (Rn. 138) Die Wertung rein mündlich vorgetragener Angebotsbestandteile ohne Grundlage in Textform ist schon aufgrund von § 9 Abs. 2 VgV unzulässig. (Rn. 138) § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB ist aufgrund des maßgeblichen Wortlauts des Art. 67 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU richtlinienkonform so zu lesen, dass dem öffentlichen Auftraggeber durch Zuschlagskriterien keine uneingeschränkte Wahlfreiheit übertragen werden darf. (Rn. 139) Ein Verbot der Berücksichtigung derselben Umstände bei der Eignungsprüfung und der Wertung von Zuschlagskriterien nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV besteht außerhalb der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV zu Studien- und Ausbildungsnachweisen und Bescheinigungen über die Erlaubnis zur Berufsausübung nicht. (Rn. 144 – 146) Bei der Vergabe von Planungsleistungen ist eine Losaufteilung nach Leistungsphasen innerhalb eines Leistungsbildes der HOAI nicht ausgeschlossen. Die Möglichkeit einer Aufteilung gerade in die „kreativen“ Leistungsphasen 1 bis 4 (oder 5) und die „unkreativen“, eher administrativen Leistungsphasen 5 (oder 6) bis 9, ist regelmäßig zu prüfen und diese Prüfung zu dokumentieren. (Rn. 148)
Vergabekammer München, Beschluss v. 02.04.2019 – Z3-3-3194-1-43-11/18
I.
1
Mit Bekanntmachung vom 12.07.2018 führt die Antragsgegnerin ein europaweites Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb über die Vergabe von Dienstleistungen zur Sanierung des Springerbeckens im Freibad D… – Objektplanung Ingenieurbauwerke gem. §§ 41 ff. HOAI durch.
2
Die Auftragsunterlagen konnten gem. Ziffer I.3 der Bekanntmachung unter einer Internetadresse des die Ausschreibung betreuenden Ingenieurbüros H… (http://www.h…-ingenieure.de/e-vergabe) bezogen werden. Dazu zählten gem. Vergabedokumentation die Bewerbungsunterlagen, die Vertragsunterlagen sowie die Verfahrensunterlagen für die Verhandlungsgespräche. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung stand die o.a. Internetadresse nicht mehr zur Verfügung.
3
Eine Aufteilung in Lose erfolgte nicht (Ziffer II.1.6 der Bekanntmachung). Gemäß Ziffer II.2.5 der Auftragsbekanntmachung ist der Preis nicht das einzige Zuschlagskriterium; alle Kriterien sind nur in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt. Nebenangebote wurden nicht zugelassen (Ziffer II.2.10 der Bekanntmachung).
4
Unter Ziffer II.2.11 war geregelt: Optionen: ja Beschreibung der Optionen:
– Leistungsphasen 3-9 gemäß § 43 (ebenfalls stufenweise abzurufen),
– ggf. besondere Leistungen gern. Anlage 12 HOAI.
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Die Beauftragung weiterer Leistungen bzw. Stufen besteht als Option ohne Anspruch darauf.
6
Unter Ziffer II.2.14 Zusätzliche Angaben fand sich:
Der Auftraggeber korrespondiert ausschließlich per Post, Fax oder E-Mail. Bewerbungen sind ausschließlich unter Verwendung des Bewerbungsbogens möglich. Bei Bewerbergemeinschaften ist der Bewerbungsbogen von jedem Mitglied bzw. auch für solche Unternehmen (Nachunternehmer) auszufüllen, deren sich der Bewerber bei der Erfüllung des Auftrages zu bedienen beabsichtigt.
7
Nach Ziffer IV.2.2 der Bekanntmachung war der Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge der 09.08.2018, 14.00 Uhr. Insgesamt wurden drei Teilnahmeanträge abgegeben, darunter fristgemäß auch der der Antragstellerin und der Beigeladenen.
8
Als Teilnahmebedingungen wurden die unter den Ziffern III.1.1 – III.1.3 der Auftragsbekanntmachung aufgeführten Nachweise gefordert.
9
Ziffer III.1.3 enthielt u.a. folgende Regelung:
„… Für die Auswahl der Bewerber, die zum Verhandlungsverfahren ausgewählt werden, wird wie folgt vorgegangen:
Darstellung von maximal 3 Referenzprojekten aus den letzten 3 Geschäftsjahren (die Vergabestelle weist darauf hin, dass ausnahmsweise auch länger zurückreichende Referenzen (ab 1.1.2013 bis zum Zeitpunkt des Schlusstermins für den Eingang der Teilnahmeanträge gemäß IV.2.2 dieser Bekanntmachung) ebenfalls berücksichtigt werden), aus der die Erfahrung des Bewerbers bei Projekten mit vergleichbaren Anforderungen hervorgeht(§ 46 Abs. 3 Nr. l VgV). -(Wichtung 90%)
Referenzprojekte die vor 2013 bzw. noch nicht in Betrieb genommen wurden, werden bei der Wertung nicht berücksichtigt. Maßgeblich für die Bewertung ist der lnbetriebnahmezeitpunkt.“
10
Für die maximale Bewertung sollten durch die Referenzprojekte folgende Anforderungen erfüllt sein:
– bei dem Referenzprojekt handelt es sich um eine Sanierungsmaßnahme,
– bei dem Referenzprojekt handelt es sich um Ingenieurbauwerk im Sinne des § 41 HOAI,
– das Referenzprojekt ist hinsichtlich der Größenordnung vergleichbar (Gesamtkosten (Kgr. 300+400); ::,: 3,0 Mio. EUR brutto),
– durch den Bewerber wurden mindestens die Leistungsphasen 2-8 (gem. § 43 HOAI) erbracht,
– derzeitiger Projektstand des Referenzprojektes ist mindestens die Leistungsphase 8 oder das Projekt ist abgeschlossen.
11
Folgende Angaben sind bei den Referenzen zu jedem Projekt aufzuführen:
– Projektgegenstand (= kurze, jedoch aussagekräftige Projektdarstellung),
– Auftraggeber (Name, Anschrift, Ansprechpartner, Telefonnummer),
– Leistungszeit,
– Gesamtprojektkosten (Kgr. 300+400, DIN 276) brutto,
– erbrachte Leistungsphasen.
12
Die bestmögliche Bewertung zu Ziff. 111. l .3), 2.) wird nur erreicht, wenn drei Referenzen die o. g. Kriterien vollumfänglich erfüllen. Die teilweise Erfüllung der o. g. Kriterien führt nicht zum Ausschluss, sondern zu einer entsprechend geringeren Bewertung.
3.) Benennung der technischen Fachkräfte, die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen.
4.) Vorbehalten wird die Vorlage von Bescheinigungen öffentlicher oder privater Auftraggeber über die Ausführung der angegebenen Referenzprojekte.
13
Nach Wertung der Teilnahmeanträge belegte die Antragstellerin mit 96,2/100 Punkten den dritten Platz aufgrund Punktabzugs bei den geforderten Referenzen, während die beiden Mitbieter sich mit jeweils der erhaltenen Maximalpunktzahl den ersten Platz teilten. Gemäß Auftragsbekanntmachung (Ziffer II.2.9) sollten mindestens drei und höchsten fünf Bewerber zu den nachfolgenden Verhandlungsgesprächen eingeladen werden, weswegen alle drei Bewerber eine Einladung erhielten.
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Mit Schreiben vom 05.09.2018 wurden die drei zugelassenen Firmen zur Abgabe eines Angebots bis 08.10.2018 aufgefordert und zu Verhandlungsgesprächen für den 15.10.2018 eingeladen. Gemäß der „Aufforderung zur Einreichung eines Erstangebots und Einladung zum Verhandlungsgespräch“ waren neben dem ausgefüllten Honorarformblatt als Erstangebot sowie (gegebenenfalls) Anmerkungen zum übersandten Ingenieurvertragsentwurf eine Tischvorlage für das Verhandlungsgespräch (1-fach in digitaler Form auf CD-ROM) einzureichen. Das Erstangebot sowie die Anmerkungen zu den Vertragsunterlagen waren in einem verschlossenen Umschlag, als Angebot gekennzeichnet einzureichen. Die Zustellung per Fax oder E-Mall war nicht zugelassen.
15
Zwischenzeitlich sagte ein Mitbewerber aus Kapazitätsgründen seine weitere Teilnahme am Vergabeverfahren ab, so dass neben der Antragstellerin nur noch die spätere Beigeladene im Verhandlungsverfahren verblieb.
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Im Einladungsschreiben wurden die als „Auftragskriterien“ bezeichneten Zuschlagskriterien aufgeführt, auf die im Rahmen des Präsentations-/Verhandlungsgesprächs einzugehen war.
- Personelle Besetzung (Gewichtung insgesamt 35%)
– Projektleiter Persönliche Vorstellung des Projektleiters mit Darlegung des persönlichen Erfahrungshintergrundes (u. a. Referenzprojekte) bzw. der persönlichen Kenntnisse sowie der Einbindung in andere Projekte (zeitliche Verfügbarkeit). (10%)
– Stellvertretender Projektleiter Persönliche Vorstellung des stellvertretenden Projektleiters mit Darlegung des persönlichen Erfahrungshintergrundes (u. a. Referenzprojekte) bzw. der persönlichen Kenntnisse sowie der Einbindung in andere Projekte (zeitliche Verfügbarkeit). (10%)
– Projektbearbeiter (Mitarbeiter für die einzelnen Teilaufgaben)
Vorstellung der vorgesehenen Projektmitarbeiter mit Darstellung der zeitlichen Verfügbarkeit bzw. Einbindung in andere Projekte. Darstellung der vorgesehenen Aufgabenverteilung innerhalb des Projektteams (5%)
– Darstellung der kurzfristigen Verfügbarkeit vor Ort in Planungs- und Ausführungsphase (10%)
- Fachtechnische Lösungsansätze (Gewichtung insgesamt 25%)
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Darstellung der Herangehensweise an komplexe fachtechnische Aufgabenstellungen anhand von praktischen Beispielen. Die Darstellung soll in Bezug auf den zu vergebenen Auftrag anhand eines realisierten Bauprojekts, das mit dem geplanten Vorhaben vergleichbar ist, erfolgen und kann durch Zeichnungen, Skizzen, Diagramme, Tabellen u. ä., die die Arbeitsweise verdeutlichen, ergänzend verdeutlicht werden.
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Es sollen Ansätze der Problemlösungen und Lösungsmöglichkeiten in folgenden Maßnahmenbereichen vorgestellt werden, die im Auftragsfall für die ausschreibungsgegenständliche Maßnahme Anwendung finden.
– Maßnahmen zur Ablauforganisation im Projektteam und mit den Planungsbeteiligten Qualitätssicherung Kostensicherung und – optimierung Terminsicherung (10%)
– Gestalterische und funktionale Umsetzung (10%)
– Nachhaltigkeit (5%)
- Strukturelle Herangehensweise (Gewichtung insgesamt 15%)
Analyse der Projektaufgabe mit Darstellung der zu erwartenden Schwierigkeiten sowie spezifischen Lösungsvorschlägen (15%)
- Präsentation (Gewichtung insgesamt 5%)
Formelle Präsentation / Gesamteindruck (5%)
- Honorarangebot (Gewichtung insgesamt 20%)
Honorarangebot (20%)
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Die Kriterien wurden durch ein Vergabegremium jeweils mit Punkten zwischen 0 („das Kriterium wurde ungenügend erfüllt“) und 5 („das Kriterium wurde sehr gut erfüllt“) bewertet, so dass eine maximale Punktzahl von 500 Punkten erreicht werden konnte.
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Das Vergabegremium setzte sich zusammen aus dem Oberbürgermeister, den Leitern für Hochbau, Recht, Schule und Sport sowie der bei der Stadt für Bauordnung zuständigen Mitarbeiterin. Anwesend, aber nicht stimmberechtigt waren zwei für H… tätige Mitarbeiter. Die Bewertung durch das Vergabegremium erfolgte im Konsens.
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Das fristgerecht am 05.10.2018 eingereichte Erstangebot der Antragstellerin bestand aus einem schriftlichen Anschreiben, dem schriftlichen Honorarangebot und ebenfalls schriftlichen Anmerkungen zum Vertrag. Die in der Vergabedokumentation dem Angebot der Antragstellerin beiliegende CD war nicht lesbar, auf einem ebenfalls dem Postumschlag beiliegenden USB Stick von H… waren aber die Unterlagen der Antragstellerin vorhanden.
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Das fristgerecht am 08.10.2018 eingereichte Erstangebot der Beigeladenen bestand aus einem schriftlichen Anschreiben, dem schriftlichen Honorarangebot und schriftlichen Ausführungen zu den Zuschlagskriterien. Die Tischvorlage hat die Beigeladene auf einem USB-Stick eingereicht, eine CD ist nicht in der Dokumentation enthalten.
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Als Ergebnis der Präsentation sowie dem anschließenden Verhandlungsgespräch erreichte die Antragstellerin 282,22 von 500 möglichen Punkten, während die Beigeladene auf eine Gesamtbewertung von 477,50 Punkten kam.
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Daraufhin wurden beide Firmen mit Schreiben vom 19.10.2018 zur Einreichung des zweiten und abschließenden Honorarangebots bis 26.10.2018, 11:00 Uhr aufgefordert. Während das Angebot der Beigeladenen am 25.10.2018 fristgemäß eingereicht wurde, ging das Angebot der Antragstellerin erst am 29.10.2018 ein. Aus diesem Grund wurde das zweite Honorarangebot der Antragstellerin mit Schreiben der H… vom 29.10.2018 gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV von der Wertung ausgeschlossen.
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Die Antragstellerin rügte daraufhin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 02.11.2018 verschiedene Vergaberechtsverstöße, die eine rechtmäßige Zuschlagserteilung ausschlössen, weswegen das Verfahren in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen sei. Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht sei der Antragstellerin nach Beseitigung der vorliegenden Mängel erneut Gelegenheit zu einer Angebotsabgabe zu geben.
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Mit Schreiben vom 06.11.2018 sicherten die H… namens der Antragsgegnerin zu, bis zum 09.11.2018 zur Rüge Stellung zu nehmen und bis dahin keinen Zuschlag zu erteilen.
27
Die Antragstellerin wies mit Email vom gleichen Tag darauf hin, dass die Antragsgegnerin ohnehin vor Zuschlagserteilung ein Informationsschreiben nach § 134 GWB verschicken müsse und einen Zuschlag erst nach Ablauf der zehntägigen Wartefrist erteilen dürfe. Ein ohne diese Information erteilter Zuschlag wäre unwirksam.
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Die Antragsgegnerin nahm am 09.11.2018 Stellung zur vorgebrachten Rüge der Antragstellerin und wies alle gerügten Punkte unter Verweis auf § 160 Abs. 3 GWB als präkludiert zurück. Zudem vertrat die Antragsgegnerin die Auffassung, dass aufgrund des erfolgten Ausschlusses der Antragstellerin nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV deren Rechtsschutzbedürfnis und damit auch die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB entfallen sei mit der Folge, dass auch ein Informationsschreiben nach § 134 Abs. 1 GWB entbehrlich sei.
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Weil die vorgebrachte Rüge den Antragsgegner nicht zur Änderung seiner Rechtsauffassung bewegte, beantragte die Antragstellerin am 15.11.2018, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten und
1.
festzustellen, dass die Antragsgegnerin gegen Vergabevorschriften verstoßen hat und die Antragstellerin hierdurch in ihren Rechten verletzt ist,
2.
der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren entsprechend der Rechtsauffassung der Vergabekammer entweder zurückzuversetzen oder zu beenden und bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die nach Rechtsauffassung der Vergabekammer geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Vergaberechtsverstöße zu treffen,
3.
vorsorglich für den Fall, dass die Antragsgegnerin den Zuschlag bereits erteilt haben sollte:
festzustellen, dass der erteilte Zuschlag wegen Verstoßes gegen § 134 GWB von Anfang an unwirksam ist. Der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.
- der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen sowie die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin für notwendig zu erklären.
30
Die Antragstellerin beantragte zudem,
Akteneinsicht zu gewähren.
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Der Nachprüfungsantrag sei zulässig, da die Antragstellerin zwar das zweite Angebot vom 29.10.2018 versehentlich verspätet abgegeben habe, aufgrund der durch die gerügten Verstöße ohnehin erforderlichen Zurückversetzung, Aufhebung bzw. Wiederholung des Vergabeverfahrens bestünde aber ein fortbestehendes Interesse am streitgegenständlichen Auftrag.
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Im Hinblick auf den entstandenen bzw. drohenden Schaden für die Antragstellerin gehe die Antragsgegnerin fehl in der Annahme, dass eine Entstehung des Schadens i.S.d. Vorschrift nicht möglich sei, wenn das betreffende Angebot vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden sei. Es sei in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass auch in diesem Fall eine Antragsbefugnis vorliege, wenn das Vergabeverfahren – wie hier – an gravierenden Mängeln leide, so dass der Zuschlag deshalb nicht rechtskonform erteilt werden könne und das Vergabeverfahren zurückversetzt, aufgehoben oder neu eingeleitet werden müsse. In diesem Fall wäre der Antragstellerin eine zweite Chance auf den Zuschlag einzuräumen. Dies gelte auch dann, wenn das Angebot der Antragstellerin im laufenden (rechtswidrigen) Vergabeverfahren nicht wertungsfähig sei, weil ein zwingender Ausschlussgrund vorliege. Der Ausschlussgrund lasse dann die Antragsbefugnis nicht entfallen. Da eine rechtmäßige Zuschlagserteilung zugunsten der Antragstellerin nicht möglich sei, müsse der Antragstellerin im Rahmen der gebotenen Wiederholung des Vergabeverfahrens erneut Gelegenheit zur Angebotsabgabe gegeben werden.
33
Auch sei der Nachprüfungsantrag nicht präkludiert gemäß § 160 Abs. 3 GWB. So habe die Antragstellerin sämtliche geltend gemachten Vergabeverstöße gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB rechtzeitig innerhalb von zehn Kalendertagen nach Kenntnis gerügt. Kenntnis i.S.d. Vorschrift liege erst dann vor, wenn ein Bieter zu der zumindest laienhaften Erkenntnis gekommen sei, dass die tatsächlichen Umstände auch einen Vergaberechtsverstoß darstellten; bloße Vermutungen und selbst grob fahrlässige Unkenntnis genügten nicht. Da die Antragstellerin erst am 31.10.2018 nach Durchsicht der Vergabeunterlagen durch ihre Verfahrensbevollmächtigte von der Rechtswidrigkeit der von ihr gerügten Sachverhalte erfahren habe, habe sie somit erst an diesem Tag Kenntnis von den Vergaberechtsverstößen i.S.d. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB erlangt. Eine frühere Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten könne der Antragstellerin nicht zum Vorwurf gemacht werden, da von einem Bieter nicht verlangt werden könne, sich bereits während des Vergabeverfahrens anwaltlich beraten und die Vergabeunterlagen vorsorglich auf mögliche Fehler hin untersuchen zu lassen. Demzufolge sei die Rüge vom 02.11.2018 rechtzeitig erfolgt, so dass der Nachprüfungsantrag nicht i.S.d. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB präkludiert sei.
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Es liege auch keine Präklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und 3 GWB vor, da eine Rügeobliegenheit auf die Erkennbarkeit der Vergaberechtsverstöße abziele, was hier nicht gegeben sei. Erkennbarkeit setze nicht nur die Erkennbarkeit der tatsächlichen Umstände eines Vergaberechtsverstoßes voraus, sondern auch die Erkennbarkeit der Vergaberechtswidrigkeit dieser Umstände, abstellend auf einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter, der die übliche Sorgfalt anwende. Die Antragstellerin wäre somit nicht in der Lage gewesen, bei Erhalt der Bekanntmachung und der Vergabeunterlagen deren Vergaberechtswidrigkeit zu erkennen, sondern erst durch Beratung mit ihrer Verfahrensbevollmächtigten. Dies gelte für verschiedene Verstöße, insbesondere aber für die Intransparenz der Wertungsgrundlagen, mit der Folge, dass eine dagegen unterlassene Rüge nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und 3 GWB nicht zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags führe.
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Schließlich habe die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag rechtzeitig innerhalb von 15 Kalendertagen gestellt, so dass auch keine Unzulässigkeit nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB vorliege.
36
Der Nachprüfungsantrag sei zudem begründet, da das Vergabeverfahren an gravierenden Vergaberechtsverstößen leide, so dass der Zuschlag nicht wirksam erteilt werden könne. So seien die Wertungsgrundlagen aus mehreren Gründen vergaberechtswidrig. Die Bewertung der Präsentationen/Verhandlungen sei unzulässig, da außer den einzureichenden Honorarformblättern keinerlei schriftliche Angebote in die Zuschlagsentscheidung eingeflossen seien. Dieses Vorgehen laufe § 58 Abs. 1 VgV zuwider, wonach der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen sei, sodass Präsentationen/Verhandlungen die Angebotsabgabe zwar vorbereiten, nicht aber ganz oder teilweise ersetzen könnten. Die in der Präsentation anhand verschiedener nichtpreislicher Zuschlagskriterien vorgenommene Ersetzung des Angebots anhand der gewonnenen Eindrücke sei vergaberechtswidrig. Auch die von der Antragsgegnerin vorgetragene Behandlung der Präsentation als Angebot widerspräche § 53 VgV sowie § 9 Abs. 2 VgV, wonach mündliche Angebote nicht verlangt oder akzeptiert werden dürften. Die Auftragskriterien verstießen zudem gegen das Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 S. 1 GWB, da für die Bieter nicht erkennbar gewesen sei, welchen Erwartungshorizont der Auftraggeber bzgl. der in der Präsentation bewerteten Unterkriterien habe und wie die Unterkriterien konkret ausgestaltet seien, nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Leistungsbeschreibung sowie eines nur allgemein gehaltenen Schulnotensystem.
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Zudem seien im vorliegenden Fall die Referenzen unzulässiger Weise sowohl bei den Eignungs- als auch bei den Zuschlagskriterien gewertet und damit vermischt worden. Daran könne auch der Vortrag der Antragsgegnerin nichts ändern, wonach sich die Bewertung der Präsentation bzw. des Verhandlungsgesprächs nur auf die Auftragsausführung bezogen hätte, mangels Intransparenz und Rechtswidrigkeit der Unterkriterien.
38
Die Antragstellerin führte weiter aus, dass die vom späteren Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen unzureichend angegeben wurden, so dass nicht gewährleistet sei, ob vergleichbare Angebote vorlägen. Auch wäre die Angebotsabgabe unzumutbar erschwert worden, da der Ausschreibung weder eine Leistungsbeschreibung beigefügt gewesen sei noch fachlich Beteiligte oder Leistungszeit genannt worden seien.
39
Schließlich sei auch auf die Bildung von Fach- und Teillosen verzichtet worden.
40
Die Antragstellerin beantragte außerdem Akteneinsicht,
insbesondere in die Dokumentation der Zuschlagsentscheidung.
41
Die Vergabekammer informierte den Antragsgegner über den Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom 15.11.2018 und forderte die Vergabeunterlagen an, die bei der Vergabekammer eingereicht wurden.
42
Mit Antragserwiderung vom 28.11.2018 beantragte die Antragsgegnerin:
- Der Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin.
III. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.
43
Die Antragsgegnerin hält den Nachprüfungsantrag schon mangels Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB für unzulässig, da das (finale) Angebot der Antragstellerin wegen Verspätung zwingend auszuschließen war und es insoweit an einem drohenden Schaden für die Antragstellerin mangele. Die Antragstellerin habe auch nicht vorgetragen, dass sie infolge der aus ihrer Sicht zu kurzen Angebotsfrist nicht in der Lage gewesen wäre, rechtzeitig ein Angebot abzugeben. Stattdessen habe sie tatsächlich ein Angebot abgegeben, welches jedoch der Antragsgegnerin verspätet zuging, sodass eine Rügepräklusion gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB vorläge.
44
Hilfsweise seien sämtliche gerügten Vergaberechtsverstöße gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Die gerügten Vergabeverstöße (Verstoß gegen das Transparenzgebot, Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien, unterbliebene Losbildung, fehlende Leistungsbeschreibung) seien für einen durchschnittlich erfahrenen Bieter ohne weiteres erkennbar gewesen. Auf die Rügeobliegenheit und die damit verbundene Präklusionswirkung wäre in der Auftragsbekanntmachung hingewiesen worden.
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Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet, da die behaupteten Vergabeverstöße nicht vorlägen:
46
Ein Verstoß infolge der Bewertung aufgrund mündlichen Sachvortrags in der Präsentation läge nicht vor. Grundlage für die Vergabeentscheidung sei ein schriftliches Honorarangebot mit Bezug auf einen konkreten Ingenieurvertrag, so dass ein formal korrektes, bezuschlagungsfähiges Angebot vorläge, mit dem die ausgeschriebene Leistung tatsächlich auch beauftragt werden könne. Gem. § 76 Abs. 1 S. 1 VgV würden Architekten- und Ingenieurleistungen im Leistungswettbewerb vergeben, was impliziere, dass neben dem Preis qualitative Zuschlagskriterien aufzustellen seien, um den Bieter zu ermitteln, der das wirtschaftlichste Angebot abgebe. So sei es bei freiberuflichen Leistungen anerkannt und durch die Rechtsprechung bestätigt, dass die Bewertung der qualitativen Zuschlagskriterien anhand von Bieterpräsentationen oder Bemusterungen stattfinden könne bzw. der Gesamteindruck einer Präsentation bewertet werden könne. Ein vergaberechtliches Gebot, qualitative Zuschlagskriterien nur auf Grundlage schriftlicher Angebotsunterlagen zu bewerten, gebe es nicht.
47
Ebenso liege auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Mit Entscheidung des EuGH vom 14.07.2016, RSC-6/15 sei der Auftraggeber nicht verpflichtet, die Wertungsmethode an-zugeben. Basierend darauf führe der BGH mit Beschluss vom 04.04.2017, Az X ZB 3/17 aus, dass dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bestimmung der Zuschlagskriterien zur Ermittlung des besten Preis-/Leistungs-Verhältnisses ein weiter Beurteilungs- und Handlungsspielraum eröffnet sei. Eine schematische Korrelation von Erfüllungsgrad zu einer bestimmten Punktzahl entfalle somit. Die Antragsgegnerin habe durch die detaillierte Festlegung der Zuschlagskriterien, Unterkriterien und deren Gewichtung die Bieter in ausreichendem Maße über deren Erwartungshorizont informiert im Sinne der zitierten BGH-Rechtsprechung. Auch sei die Wertung umfassend dokumentiert und im Vergabevermerk dargestellt, welche Aspekte zu einem Punktabzug geführt hätten.
48
Ebenso wäre ein Verstoß gegen das Verbot der Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien nicht ersichtlich. § 58 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VgV gestatte dem öffentlichen Auftraggeber bei der Beschaffung von Dienstleistungen die Berücksichtigung personenbezogener Eigenschaften, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben könne, was bei Architekten- und Ingenieurleistungen unstreitig der Fall sei. Ein Verstoß gegen das Doppelwertungsverbot habe nicht stattgefunden, da im Zuge der Eignungsprüfung lediglich die Referenzen des Büros sowie die Benennung der technischen Fachkräfte gefordert worden wären. Eine qualitative Bewertung bei der Wertung der Teilnahmeanträge sei nicht erfolgt.
49
Der Antragsgegnerin sei nicht ersichtlich, wie bei der ausgeschriebenen Planung für ein Springerbecken eine Aufteilung in weitere Fachlose möglich gewesen sein solle. Für den Fall, dass die Antragstellerin die Auffassung vertrete, dass für einzelne Leistungsphasen i.S.d. HOAI weitere Teillose zu bilden gewesen seien, verkenne diese den weiten Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin bei der Festlegung des Leistungsumfangs der zu erbringenden Leistung. Der dem § 97 Abs. 4 GWB zugrunde liegende Zweck der Fach- und Teillosvergabe diene vor allem den Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen, wozu die Antragstellerin nicht vor-getragen habe, inwieweit diese Interessen hier negativ tangiert seien. Die Vergabe aller Leistungsphasen der HOAI sei gängige Praxis und bei dem hier vorliegenden Honorarvolumen von etwa 300.000 € auch von kleineren Büros ohne weiteres leistbar.
50
Auch der Vorwurf der fehlenden Leistungsbeschreibung sei insoweit unverständlich, als den Bietern von Anfang an der Vertragsentwurf einschließlich der Anlagen, insbesondere der Zusätzlichen Vertragsbedingungen, vorgelegen hätte. Speziell in den zusätzlichen Vertragsbedingungen seien die zu erbringenden Leistungen umfänglich beschrieben worden. Aufgrund der Tatsache, dass die Erbringung freiberuflicher Leistungen gerade nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden könne, wäre der Vortrag, die zu erbringende Leistung sei unspezifiziert, unverständlich.
51
Sofern die Antragstellerin auf das fehlende Informationsschreiben nach § 134 GWB abstelle, verkenne sie, dass die Informationspflicht nicht für solche Bieter gelte, die ausgeschlossen wurden, wie es bei der Antragstellerin der Fall sei.
52
Die Antragstellerin nahm mit Schriftsatz vom 05.12.2018 hierzu Stellung und wies darauf hin, dass entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin weder in der Auftragsbekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen konkrete detaillierte Angaben zur Leistungsausführung enthalten seien. Auch die erwähnten Vertragsbedingungen stellten lediglich vorformulierte Standardformulare dar und enthielten keine Ausführungen darüber, welche Leistungen der spätere Auftragnehmer konkret zu erbringen habe, welche Zeitplanung einzukalkulieren sei und welche Leistungen fachlich Beteiligter zu berücksichtigen seien. Ebenso sei es unzutreffend, dass den Vergabeunterlagen Planunterlagen beigefügt gewesen seien.
53
Die Antragstellerin trug weiterhin vor, dass die von der Antragsgegnerin bekannt gegebenen Wertungsgrundlagen mehrfach vergaberechtswidrig seien. So sei der Zuschlag auf das wirt-schaftlichste Angebot zu erteilen (§ 127 Abs. 1 S. 1 GWB, § 58 Abs. 1 VgV). Zudem bestimme § 76 VgV für die Vergabe von Ingenieurleistungen, dass nur ein Leistungswettbewerb zulässig sei, weshalb neben dem niedrigsten Preis auch nichtpreisliche Zuschlagskriterien aufzustellen seien. Dies bedeute allerdings nicht, dass ein Auftraggeber berechtigt sei, bei den nicht-preislichen Zuschlagskriterien auf formgerechte Angebote zu verzichten und die Zuschlagsentscheidung allein aufgrund gewonnener Eindrücke aus Präsentationen und Verhandlungsgesprächen vorzunehmen. Die von der Antragsgegnerin zitierte Rechtsprechung ändere daran nichts, da sich diese ausschließlich auf die vor Inkrafttreten der Vergaberechtsreform geltende alte Rechtslage zu § 20 Abs. 1 VOF (alt) beziehe. Aus § 17 Abs. 10 S. 1 VgV ergebe sich nunmehr, dass der Auftraggeber mit den Bietern über die von ihnen eingereichten Erst- und alle Folgeangebote verhandeln müsse, um die Angebote inhaltlich zu verbessern. Daher könnten Verhandlungen in einem Verhandlungsverfahren die Angebote nicht ersetzen, sondern hätten vielmehr die Angebote zum Gegenstand. Präsentationen oder Verhandlungen könnten allenfalls in die Angebotswertung einfließen, die Angebote aber nicht ersetzen. Somit habe die Antragsgegnerin gegen die Wertungsgrundsätze gem. § 127 Abs. 1 GWB, § 58 VgV sowie gegen die Formvorgabe aus § 53 VgV und § 9 Abs. 2 VgV verstoßen.
54
Bezüglich des Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 S. 1 GWB trug die Antragstellerin vor, dass Auftraggeber verpflichtet seien, Zuschlags- und deren Unterkriterien hin-reichend klar und deutlich zu formulieren, so dass den Bietern zuverlässige und kalkulierbare Informationen vermittelt würden, welche Aspekte dem Auftraggeber bei der Wertung wichtig seien. So sei beim Auftragskriterium „Präsentation“ der Aspekt „formelle Präsentati-on/Gesamteindruck“ bewertet worden, der jedoch nicht weiter ausgeführt wurde. Beim Kriterium „Fachtechnische Lösungsansätze“ wiederum sei unklar gewesen, welche Bedeutung die Unterkriterien „Gestalterische und funktionale Umsetzung“ sowie „Nachhaltigkeit“ haben sollten. Schließlich sei beim Auftragskriterium „Strukturelle Herangehensweise an das Pro-jekt/Projektanalyse“ der Aspekt „Analyse der Projektaufgabe mit Darstellung der erwarteten Schwierigkeiten sowie spezifischen Lösungsvorschlägen“ bewertet worden, welcher nicht näher erläutert worden sei.
55
Aus den Vergabeunterlagen hätten sich dabei keine hinreichenden Angaben zur Auftragsausführung und keine Leistungsbeschreibung ergeben. Eine transparente und willkürfreie Angebotswertung sei so nicht möglich. Auch die von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidungen des EuGH und des BGH rechtfertigten diese Bewertungsmethode nicht, da diese hier nicht einschlägig seien. Der Antragstellerin gehe es nicht um das dort thematisierte Schulnotensystem, sondern um die zu allgemein gehaltenen Zuschlagskriterien und deren mangelhafte Erläuterung.
56
Die Antragstellerin hielt zudem an ihrer Auffassung der unzulässigen Vermischung von Eig-nungs- und Zuschlagskriterien fest, da die Antragsgegnerin Erfahrungen, die sich unter anderem aus Referenzprojekten ergeben könnten, sowohl bei der Eignungsprüfung als auch bei der Angebotswertung berücksichtigt habe bzw. aufgrund von möglichen Überschneidungen zumindest nicht ausgeschlossen werden könne.
57
Bezüglich der unterbliebenen Losbildung wäre dies vom Antragsgegner mit einer nach § 97 Abs. 4 S. 3 GWB vorzunehmenden Begründung zu dokumentieren gewesen.
58
Schließlich bestritt die Antragstellerin, dass ausgeschlossene Bieter nicht von § 134 Abs. 1 GWB umfasst seien. Vielmehr seien alle Bieter zu informieren, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollten; dies gelte auch für Bieter, die in einer früheren Wertungsstufe ausgeschlossen wurden.
59
Zur bereits beantragten Akteneinsicht ergänzte die Antragstellerin, dass ihr der Vergabevermerk zur Verfügung zu stellen sei, um so den Vortrag der Antragsgegnerin vollständig nachvollziehen zu können.
60
Mit Verfügungen vom 11.12.2018 und 12.02.2019 wurde die Frist bis zur Entscheidung der Vergabekammer gem. § 167 Abs. 1 S. 2 GWB bis insgesamt 29.03.2019 verlängert.
61
Die Antragsgegnerin erwiderte mit Schriftsatz vom 20.12.2018, dass für ein wegen Verspätung auszuschließendem Angebot keine Möglichkeit einer „zweiten Chance“ eröffnet sei, zumal die Antragstellerin den Ausschluss selbst nicht angreife. Das Institut der „zweiten Chance“ dürfe nicht zu einer allgemeinen Rechtskontrolle im Nachprüfungsverfahren führen, was aber der Fall wäre, wenn die Frage der Rechtmäßigkeit des Angebotsausschlusses keine Rolle mehr spielen würde. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 21.12.2016, Rs. C-355/15) wäre ein Bieter nur solange geschützt, wie noch nicht geklärt sei, ob sein Angebot ausgeschlossen werden müsse. Jedenfalls fehle es bei sämtlichen von der Antragstellerin gerügten Vergabeverstößen infolge des zwingenden Ausschlusses an einer subjektiven Rechtsverletzung. Die Antragsgegnerin vertiefte im weiteren Verlauf ihren Vortrag zu den von der Antragstellerin vorgebrachten Vergaberechtsverstößen. So sei etwa für die Ermittlung der wirtschaftlichsten Dienstleistung nach wie vor eine Prognose über die Qualität der Leistung anzustellen, da sich diese nicht anders bewerten lasse. Insofern habe sich die Rechtslage im Vergleich zur VOF gerade nicht geändert und eine auf eine Präsentation gestützte Bewertung verletze nicht den Grundsatz der Schriftlichkeit (dazu OLG München, Beschl. vom 02.11.2012, Verg 26/12).
62
Auch die aufgestellten Zuschlagskriterien und deren Bewertung entsprächen der Rechtsprechung des BGH zur „Schulnotenproblematik“ (Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17):
63
Beim Aspekt der fachtechnischen Lösungsansätze sei es im Sinne des § 127 Abs. 4 GWB möglich gewesen, eine diskriminierungsfreie Wertung der Angebote durchzuführen, da zum einen die Unterkriterien hinreichend klar gewesen wären und es zum anderen der klassischen Ingenieurstätigkeit entspräche, Lösungsmöglichkeiten im Hinblick auf Gestaltung, Zweckmäßigkeit und Nachhaltigkeit zu entwickeln. Zum Unterkriterium der „strukturellen Herangehensweise an das Projekt/Projektanalyse“ wurde angemerkt, dass die Antragstellerin selbst die Projektanforderungen in ihrer Studie zum Leistungsbedarf vom 05.07.2017 definiert habe und bei diesem Kriterium die Analyse und Auseinandersetzung mit den Anforderungen erwartet wurde, so dass die von der Antragstellerin behauptete Intransparenz nicht nachzuvollziehen sei. Schließlich sei auch die Wertung des Gesamteindrucks der Präsentation ein zulässiges Zuschlagskriterium (OLG München, Beschluss vom 02.11.2012, Verg 26/12).
64
Eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sei für die Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar, da die Antragstellerin zum einen ihr Vorbringen nicht näher ausgeführt hätte und zum anderen eine Vermischung schlicht nicht stattgefunden hätte. So wären die beim Teilnahmeantrag angeführten Referenzprojekte rein bieterbezogen gewesen, während bei den Zuschlagskriterien persönliche Referenzen des eingesetzten Personals abgefragt worden wären.
65
Ebenso wenig könne das Argument der fehlenden Leistungsbeschreibung nachvollzogen wer-den. Der Rechtsprechung genüge es, wenn in einem Vertrag allein auf die Leistungsbilder der Leistungsphasen 1 – 9 der HOAI verwiesen werde (so etwa BGH, NJW 2004, 2588). Alles Weitere sei dem eigentlich geschuldeten Planungsprozess vorbehalten. Auf eine Zeitplanung komme es nach der HOAI nicht an und sei auch kein Leistungsparameter.
66
Was die Losbildung beträfe, wäre der Auftraggeber nicht gehalten, in Anbetracht des Leistungsumfangs und des Honorars unwirtschaftliche Teil- und Fachlose zu bilden. Auch lege die Antragstellerin nicht dar, inwieweit sie durch die unterbliebene Losbildung in eigenen Rechten verletzt worden sei.
67
Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 02.01.2019 dazu Stellung und trug vor, dass die Antragsgegnerin fehl gehe in der Annahme, dass ein Anspruch auf eine zweite Chance die Antragsbefugnis nur dann begründen könne, wenn die Antragstellerin geltend mache, dass alle weiteren Angebote ausgeschlossen werden müssten. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass eine Antragsbefugnis auch dann vorliege, wenn das Vergabeverfahren aus anderen Gründen nicht vergaberechtskonform mit einem Zuschlag beendet werden könne. Ob das Angebot der Antragstellerin oder andere Angebote wertungsfähig seien, wäre insoweit unerheblich. Auch sei das von der Antragsgegnerin angeführte Urteil des EuGH hier nicht einschlägig, da es eine andere Fallkonstellation betreffe und darüber hinaus auch keine Aussage enthalte, die der Antragsbefugnis hier entgegenstünden.
68
Auch liefe das Nachprüfungsverfahren durch Einräumen einer zweiten Chance nicht auf eine allgemeine Rechtskontrolle hinaus, was nur der Fall wäre, wenn die Antragstellerin keinerlei eigenes Auftragsinteresse im gegenständlichen Vergabeverfahren hätte, was hier nicht der Fall wäre. Zudem liege hier – entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin – sehr wohl eine subjektive Rechtsverletzung vor, durch die der Antragstellerin ein Schaden i.S.d. § 160 Abs. 2 S. 2 GWB drohe.
69
Die von der Antragsgegnerin zitierte Entscheidung des BGH zum Schulnotensystem sei hier nicht einschlägig, da von der Antragstellerin nicht das Punktesystem angegriffen werde, sondern die Intransparenz der Zuschlagskriterien und des daraus nicht ableitbaren Erwartungshorizonts des Auftraggebers.
70
Zur Vermischung der Eignungs- und Zuschlagskriterien verkenne die Antragsgegnerin, dass die Referenzen der Bieter und des Personals sich häufig überschnitten bzw. übereinstimmten. Eine klare Abgrenzung der Aspekte aus Teilnahmewettbewerb und Angebotswertung sei insoweit nicht möglich.
71
Auch bleibe es nach Darstellung der Antragstellerin bei der ihrer Ansicht nach fehlenden Leistungsbeschreibung. Die von der Antragsgegnerin zitierte Studie vom 05.07.2017 stelle eine ru-dimentäre Vorplanung dar, aber keine taugliche Planungsunterlage, die von den Bietern als verlässliche und tragfähige Grundlage für Angebotserstellung und Kalkulation verwendet werden könne. Die Abgabe vergleichbarer Angebote wäre auf dieser Basis nicht gewährleistet.
72
Dass eine Losbildung unwirtschaftlich gewesen sei, wäre erst jetzt von der Antragsgegnerin vorgebracht worden und werde von der Antragstellerin bestritten. Dies wäre in der Vergabedokumentation nachvollziehbar zu begründen gewesen.
73
Die Antragsgegnerin erwiderte mit Schriftsatz vom 23.01.2019, dass der Antragstellerin unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Brandenburg (Beschluss v. 19.01.2009, Verg W 2/09) die Antragsbefugnis fehle, da deren Angebot durch den Ausschluss nicht existent geworden sei und sie sich damit auch nicht auf eine zweite Chance berufen könne. Aus diesem Grund sei auch eine Information nach § 134 GWB entbehrlich gewesen, da das Angebot so zu werten war, als hätte es gar nicht am Verfahren teilgenommen.
74
Bezogen auf die bereits im Schriftsatz vom 20.12.2018 zitierte Rechtsprechung des BGH wäre es gerade nicht erforderlich, über ein Schulnotensystem hinausgehende konkretisierende Angaben zu machen, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhängen solle. Die Bieter hätten klar erkennen können, was von ihnen verlangt werde, die Wertungsentscheidung sei nachvollziehbar. Die im Einladungsschreiben vom 05.09.2018 definierten (Unter-)Kriterien hätten die Anforderungen an die Angebote und die Wertungsmaßstäbe unter Transparenzgesichtspunkten hinreichend verdeutlicht.
75
Darauf nahm die Antragstellerin mit Schreiben vom 28.01.2019 Stellung und ergänzte zu ihrem bisherigen Vortrag, dass die von der Antragsgegnerin zitierte Entscheidung des OLG Brandenburg vereinzelt geblieben und aus mehreren Gründen abzulehnen sei, was im weiteren Verlauf näher ausgeführt wurde. So gehe das OLG in der Annahme fehl, dass ein Bieter nicht am Vergabeverfahren teilnehme, nur weil er ein verspätetes und damit auszuschließendes Angebot abgegeben hätte. Zwar sei das Angebot nicht wertungsfähig nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV. Dies ändere aber nichts am Umstand der Teilnahme am Vergabeverfahren, wie auch am Teilnahmeantrag und ersten Angebot deutlich werde. Zudem irre das OLG, wenn es ein verfristetes Angebot als nicht existent ansehe. Dies ergebe sich aus § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV, welcher den Ausschluss ausdrücklich anordne. Wäre das Angebot nicht existent, bestünde keine Notwendigkeit für einen Ausschluss. Schließlich sei auch die Auffassung des OLG falsch, wonach der Angebotsausschluss dem Bieter einen Anspruch auf Einhaltung der Vergabevorschriften nach § 97 Abs. 6 GWB verwehre. Zudem setze diese Vorschrift nicht zwingend eine Bieterstellung voraus, sondern umfasse grundsätzlich alle am Auftrag interessierten Unternehmen.
76
Somit liege auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Brandenburg die Antragsbefugnis im Ergebnis vor.
77
Die Antragsgegnerin entgegnete daraufhin mit Schreiben vom 04.02.2019, dass die Einlassungen der Antragstellerin zur Entscheidung des OLG Brandenburg nicht griffen.
78
Würde man der Rechtsauffassung der Antragstellerin zur zweiten Chance folgen, würde dies zu einer objektiven Kontrolle des Vergabeverfahrens führen. Zudem würde der eigentliche Ausschlussgrund in Form der verspäteten Angebotsabgabe keinerlei Bezug mehr zur inhaltlichen Bewertung und Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens aufweisen, so dass das Rechtsinstitut der zweiten Chance missbraucht würde, um eine von einer subjektiven Rechtsverletzung unabhängige Rechtmäßigkeitskontrolle durchführen zu lassen. Dies stünde jedoch im Gegensatz zu dem in § 97 Abs. 6 GWB normierten Grundsatz des subjektiven Rechtschutzes, was im Ergebnis zu einer einschränkenden Anwendung der zweiten Chance führen müsse.
79
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handle es sich bei der Entscheidung des OLG Brandenburg auch nicht um eine singuläre, sondern vielmehr um eine auf einer gesicherten dogmatischen Rechtsauffassung fußenden Entscheidung. Sie führte dazu eine ähnlich gelagerte Entscheidung des OLG München an (Beschluss v. 10.12.2009, Verg 16/09): „Steht fest, dass eine Zuschlagserteilung auf das Angebot des Antragstellers aus Rechtsgründen ausscheidet, hat der Bieter kein rechtliches Interesse mehr am weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens.“ Das Nachprüfungsverfahren führe sonst zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle.
80
Mit Schreiben vom 05.02.2019 sah die Antragstellerin von einer Erwiderung ab, da alle Argumente bereits in deren bisherigen Vorbringen enthalten seien.
81
Der ehrenamtliche Beisitzer hat mit Schreiben vom 18.02.2019 die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle eines Rücknahmebeschlusses auf den Vorsitzenden und den hauptamtlichen Beisitzer übertragen.
82
Mit Beschluss vom 19.02.2019 wurde die für den Zuschlag vorgesehene Bieterin zum Verfahren beigeladen.
83
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 19.02.2019 zur mündliche Verhandlung am 13.03.2019, 09:30 Uhr in den Räumen der Regierung von Oberbayern geladen.
84
Mit Beschluss vom 20.02.2019 wurde der Umfang der Akteneinsicht festgelegt und der Antragstellerin entsprechende Akteneinsicht gewährt.
85
Die Beigeladene trug mit Schreiben vom 21.02.2019 sowie 04.03.2019 vor, dass sie sich inhalt-lich der Argumentationen des Projektbüros H… sowie der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin anschließe, ansonsten aber keine weiteren Stellungnahmen abgäbe.
86
Mit Schriftsatz vom 27.02.2019 trug die Antragstellerin nach erfolgter Akteneinsicht vor, dass sich sowohl die bisherigen vorgetragenen Vergaberechtsverstöße bestätigt hätten als auch sich durch die Akteneinsicht neue Verstöße ergeben hätten.
87
So wäre entgegen § 8 Abs. 1 VgV anstelle einer fortlaufenden Dokumentation des Vergabeverfahrens erst am Ende des Vergabeverfahrens eine Dokumentation erstellt worden. Zudem fehle es bei den fünf Personen, die die Dokumentation abschließend unterschrieben hätten, an einer klaren Zuordnung zu den jeweiligen Verfahrensschritten, was Durchführung und Dokumentationspflichten beträfe. Auch hätte sich der Antragsgegner die nicht delegierbaren wesentlichen Verfahrensbestandteile nicht ausreichend zu Eigen gemacht, indem einzig durch zwei Mitarbeiter die Vergabedokumentation abschließend und ohne Datumsangabe unterschrieben worden wäre. Gleiches gelte für die Vorauswertung des Teilnahmewettbewerbs sowie die Ermittlung der Gesamtbewertung. Rein hilfsweise seien die Unterschriften für ein „zu Eigen machen“ schlicht zu spät vorgenommen worden, da ein notwendiger zeitlicher Zusammenhang zwischen Durchführung des entsprechenden Verfahrensschrittes und des „zu-Eigenmachens“ fehle.
88
Schließlich sei ausweislich der Vergabedokumentation über die Verhandlungsgespräche eine Konsensbewertung durch die Mitglieder des Vergabegremiums durchgeführt worden. Die Zulässigkeit dafür erscheine insofern problematisch, als sich das Abstimmungsverhalten der einzelnen Mitglieder aus dem Gesamtergebnis nicht mehr herleiten lasse. Grundsätzlich wäre eine Einzelbewertung durch die einzelnen Mitglieder erforderlich. Jedenfalls sei die Konsensbewertung schon allein deshalb unzulässig, da eines der abstimmungsberechtigten Mitglieder der Oberbürgermeister der Stadt D… gewesen sei und damit Dienstvorgesetzter der übrigen vier Mitglieder des Bewertungsgremiums. Dadurch seien zumindest Zweifel an der Objektivität der Bewertung zu befürchten. Schließlich gehe aus der Vergabedokumentation bezüglich der Wertung keine tragfähige Begründung hervor.
89
Im Ergebnis sei das Vergabeverfahren daher bei fortbestehender Beschaffungsabsicht zurückzuversetzen und der Antragstellerin eine zweite Chance einzuräumen.
90
Die Antragsgegnerin erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 06.03.2019 und wiederholte ihre Rechtsauffassung, wonach das Angebot der Antragstellerin bereits aufgrund verspäteter Abgabe auszuschließen war, so dass der Nachprüfungsantrag unzulässig sei. Was die von der Antragstellerin gerügte Wertungssystematik beträfe, wäre diese vergaberechtskonform ausgestaltet und angewandt worden. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin sei die Vergabedokumentation fortlaufend geschrieben worden, eine konkrete Zuordnung jedes einzelnen dokumentierten Verfahrensabschnitts zu einer bestimmten Person sei nicht erforderlich. Zudem hätten sich die Mitarbeiter der Antragsgegnerin die Inhalte der Dokumentation durch ihre Unterschriften zu Eigen gemacht. Schließlich sei die im Verhandlungsgespräch vorgenommene Konsensbewertung unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG München nicht zu beanstanden (Beschluss vom 25.09.2014, Verg 9/14).
91
Am 06.03.2019 informierte die Antragsgegnerin über ein an die Antragstellerin versandtes Informationsschreiben gem. § 134 GWB, wonach der Zuschlag an die Beigeladene frühestens am 17.03.2019 – unberührt vom Zuschlagsverbot nach § 169 Abs. 1 GWB – erfolgen solle.
92
Am 13.03.2019 fand in den Räumen der Regierung von Oberbayern die mündliche Verhandlung statt. Die Rechts- und Sachlage wurde erörtert.
93
Der Vorsitzende führte aus, dass in der Aufforderung zur Einreichung eines Erstangebots die Übersendung der Tischvorlage für das Verhandlungsgespräch in digitaler Form auf CD-ROM gefordert war. Aus diesem Grund könnte die von der Beigeladenen per USB-Stick vorgelegte Tischvorlage ggf. gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 53 GWB formwidrig abgegeben worden sein. Zur Klärung dieser Fragestellung wurde den Beteiligten entsprechende Schriftsatzfrist eingeräumt.
94
Hinsichtlich der Wertung mündlicher Angebotsbestandteile im Rahmen des Präsentations-/Verhandlungsgesprächs wies der Vorsitzende eingangs darauf hin, dass sich aus der Einladung zum Verhandlungsgespräch keine Verpflichtung für die Bieter ableiten lasse, Ausführungen zu den Auftragskriterien in Textform einzureichen, gleichwohl die Beigeladene dies getan habe. Allenfalls bei der Antragstellerin sei eine Wertung allein aufgrund deren mündlichen Präsentation vorgenommen worden. Eine Präklusion liege nach vorläufiger Rechtsauffassung nicht vor, da ein derartiger Vergaberechtsverstoß für ein Architekturbüro zwar prinzipiell erkennbar sei, aufgrund der weit verbreiteten Praxis einer solchen Vorgehensweise aber für ein durchschnittliches Planungsbüro nicht als Vergabeverstoß erkennbar i.S.v. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB sei.
95
Die Parteien erörterten streitig, ob eine Wertung von Angebotsbestandteilen ohne jegliche Unterlagen in Textform nach heutiger Rechtslage unzulässig sei und ob die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt sein könne.
96
Bei den aufgestellten Zuschlagskriterien stelle sich die Frage der Vereinbarkeit mit § 127 Abs. 4 S. 1 GWB, insbesondere bei den Unterkriterien „gestalterische und funktionale Umsetzung“, „Nachhaltigkeit“ und „formelle Präsentation/Gesamteindruck“, welche von den Beteiligten im weiteren Verlauf kontrovers diskutiert wurde.
97
Im Anschluss wurde die Frage der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien wegen Doppelverwertung der Referenzen bei Eignung und Zuschlag thematisiert, da sowohl bei der Antragstellerin als auch bei der Beigeladenen teilweise die gleichen Referenzprojekte im Teilnahmewettbewerb und in den Verhandlungsgesprächen unter dem Kriterium „personelle Besetzung“ gewertet wurden. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass insoweit noch ungeklärt sei, ob ein Vergabeverstoß vorliege. Dies hänge davon ab, ob § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV als punktuelle Regelung zu verstehen sei oder ob sie vielmehr Ausdruck eines generellen Rechtsgedankens sei, worüber sich die Kammer noch keine abschließende Meinung gebildet habe.
98
Schließlich wurde die unterlassene Losaufteilung diskutiert, zu der der Vorsitzende ausführte, dass dies im Bereich der Planungsleistungen bisher völlig unüblich gewesen wäre und es daher ungeklärt sei, ob die Leistungsphasen 1 – 5 und 6 – 9 ggf. losweise zu vergeben wären. Aus diesem Grund könne für einen Bieter auch keine Präklusion erkennbar sein. Es stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit im vorliegenden Fall ein eigener Teilmarkt für eine Bauüberwachung von Ingenieurbauwerken etabliert sei. Sollte ein solcher bestehen, dürfe ein Verzicht auf eine Fachlosvergabe nicht ohne Begründung erfolgen.
99
Der Vertreter der Antragsgegnerin wies weiterhin nachdrücklich darauf hin, dass nach seiner Rechtsauffassung – abgesehen von der Thematik des formgerechten Angebots der Beigeladenen – keine Antragsbefugnis der Antragstellerin bestehe, deren Angebot unstrittig auszuschließen sei. Diese könne durch die von ihr gerügten Verstöße gerade nicht mehr in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt sein. Die Parteien erörterten die Frage streitig.
100
Die Antragstellerin hielt ihre Anträge vom 15.11.2018 aufrecht. Die Antragsgegnerin hielt ihre Anträge vom 28.11.2018 aufrecht.
101
Den Beteiligten wurde eine Frist bis 20.03.2019 eingeräumt, um sich zu folgenden Fragestellungen zu äußern:
– Wie ist die Übersendung der Tischvorlage der Beigeladenen mittels USB-Sticks statt der geforderten CD-ROM rechtlich zu bewerten?
– Inwieweit besteht ein Teilmarkt für Bauüberwachung von Ingenieurbauwerken?
102
Die Antragsgegnerin äußerte sich hierzu mit Schriftsatz vom 20.03.2019.
103
Sie trug vor, die Beigeladene habe ein formgerechtes, bezuschlagungsfähiges Erstangebot abgegeben. Der Umstand, dass dieses auf einem anderen als dem vorgegebenen Datenträger vorgelegt wurde, sei vergaberechtlich irrelevant. Zur Begründung führte sie aus, dass unstreitig die Abgabe der Tischvorlage sowohl auf CD-ROM als auch auf USB-Stick der Textform i.S.v. § 126b BGB entsprächen. Die Abweichung vom vorgegebenen Datenträger spiele hierbei keine Rolle. Dies sei analog zu der Fallgestaltung zu sehen, wonach Bieter Erklärungen mittels selbstgefertigter Tabellen oder Formblätter abgäben anstelle der vom Auftraggeber vorgegebenen Vergabeunterlagen, die aber vollinhaltlich den geforderten Erklärungsinhalten entsprächen.
104
Auch sei bei der verfahrensgegenständlichen Leistung eine Losaufteilung nicht gerechtfertigt gewesen. Es sei weder ein Teilmarkt „Baumanagement“ noch „Objektüberwachung für Ingenieurbauwerke“ erkennbar. Eine entsprechende Anfrage an die E-Vergabeplattform www.aumass.de, die dem Schriftsatz als Anlage AG 1 beigefügt ist, habe ergeben, dass derart isolierte Ausschreibungen von Objektüberwachungsleistungen am Markt nicht wahrnehmbar wären. Auch eine Datenbankabfrage bei der Bayerischen Ingenieurekammer Bau als größte Interessenvertretung der Ingenieure im Bauwesen in Bayern habe ergeben, dass die Suchkriterien „Objektüberwachung“ und „Ingenieurbauwerke/Unterpunkt Modernisierung und Sanierung“ lediglich 6 Treffer unter insgesamt 7.000 Unternehmen erzielt hätten, von denen wohl nur ein einziges der Anforderung entspräche.
105
Gegen eine Losaufteilung spräche zudem, dass eine Aufteilung der Leistungsphasen zu einem Verlust an wichtigen Projektkenntnissen führe, was ein erhöhtes Risiko einer fehlerhaften Leistungsbeschreibung oder mangelhafter Bauüberwachung mit sich bringe, so dass sachliche Gründe für eine Gesamtvergabe i.S.v. § 97 Abs. 4 GWB vorlägen.
106
Mit Schriftsatz vom selben Tag trug die Antragstellerin vor, das Angebot der Beigeladenen sei mangels Einhaltung der zulässigen Formvorgabe gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV zwingend auszuschließen. Es käme auch nicht auf den Inhalt des Angebots an, sondern allein auf das Formerfordernis sowie die fristgerechte Abgabe als Ausfluss des Wettbewerbsprinzips und des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Ein Abrücken der Antragsgegnerin von ihrer selbst aufgestellten Formvorgabe sei willkürlich und nicht zu rechtfertigen. Ebenso scheide die Analogie zu den in der mündlichen Verhandlung angesprochenen selbst erstellten Formblättern aus, da dieser Sachverhalt einen anderen Ausschlussgrund beträfe (§ 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV) und somit nicht vergleichbar sei. Aber selbst wenn die Sachverhalte vergleichbar wären, würden selbst geringfügige Abweichungen zum Angebotsausschluss führen. Dies führe dazu, dass das Vergabeverfahren gem. § 63 Abs. 1 Nr.1 VgV aufzuheben wäre und der Antragstellerin eine zweite Chance zustehe.
107
Die Antragstellerin trug weiterhin einen Verstoß gegen das Begründungserfordernis gem. § 97 Abs. 4 S. 3 GWB vor, da die Antragsgegnerin es unterlassen habe zu prüfen und zu dokumentieren, welche wirtschaftlichen oder technischen Gründe vorliegend eine Gesamtvergabe sowie einen Verzicht auf eine Fach- und Teillosbildung erforderten. Dies habe in einer umfassenden Interessenabwägung zu erfolgen. In der der Antragstellerin vorliegenden Vergabedokumentation fänden sich hierzu weder Anhaltspunkte zu den Gründen noch zu einer Interessenabwägung, so dass es auf die Frage nach einem bestehenden Teilmarkt für Bauüberwachung von Ingenieurbauwerken nicht ankäme. Ungeachtet dessen existiere jedoch ein solcher Teilmarkt, da sich eine Vielzahl von Unternehmen auf diese Leistung spezialisiert hätten, welche die Antragstellerin auszugsweise aufführte. Auch würden hierfür spezielle Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt gesucht, wie mehrere beigefügte Stellenangebote zeigen würden. Somit hätte die Antragsgegnerin die Prüfung und Dokumentation einer möglichen Fachlosbildung unterlassen, was einen schweren Vergaberechtsverstoß darstelle.
108
Daher liege eine Rechtsverletzung der Antragstellerin i.S.d. § 168 Abs. 1 S. 1 GWB vor, weswegen ihr das Recht auf eine zweite Chance einzuräumen sei.
109
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
110
Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
111
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i.V.m. §§ 1 und 2 BayNpV.
112
Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag i.S.d. § 103 Abs. 1, 4 GWB. Die Antragsgegnerin ist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 221.000 Euro.
113
Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.
114
- Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
115
1.1 Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.
116
Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerin hat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB insbesondere durch die ihrer Ansicht nach unzulässige Berücksichtigung der Präsentation bei der Angebotswertung, die Verwendung unzulässiger Zuschlagskriterien, die unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien und den Verzicht auf eine Losbildung geltend gemacht.
117
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin entfällt auch nicht deshalb, weil sie ihr finales Honorarangebot am 29.10.2018 unstrittig verspätet abgegeben hat und den deswegen erfolgten Ausschluss ihres Angebots gar nicht angreift, sondern mit ihren Rügen das Vergabeverfahren als solches beanstandet. Die Frage, ob auch in einer solchen Konstellation der Antragstellerin, deren Angebot unstrittig zu Recht ausgeschlossen wurde, aufgrund der von ihr gerügten Vergabeverstöße ein Schaden droht, muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn zweifellos kann die Antragstellerin dann eine „zweite Chance“ zur erneuten Angebotsabgabe erhalten, wenn auch das Angebot der Beigeladenen zwingend auszuschließen wäre, da nur zwei Angebote in der Wertung waren. Da die Beigeladene aber die als Bestandteil des Angebots geforderte Tischvorlage für das Verhandlungsgespräch statt wie gefordert auf CD auf einem USB-Stick übermittelt hat, ist ein Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV zu prüfen.
118
Erhält die Antragstellerin dadurch eine „zweite Chance“, dass keine wertbaren Angebote mehr vorliegen, kann ihr auch ein rechtliches Interesse an der Entscheidung über ihre gegen das Verfahren gerichteten Rügen nicht abgesprochen werden.
119
1.2 Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht überwiegend keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und 3 GWB entgegen, obwohl die Antragstellerin erst am 02.11.2018, nach der Mitteilung des Ausschlusses ihres verspäteten finalen Honorarangebots, ihre Rügen erhoben hat und damit lange nach Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe. Allerdings waren die von der Antragstellerin behaupteten Verstöße zwar aus der Bekanntmachung bzw. den Vergabeunterlagen in tatsächlicher Hinsicht erkennbar. Für ihre Erkennbarkeit im Rechtssinne waren allerdings vergaberechtliche Spezialkenntnisse und eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Rechtsänderungen durch die Vergaberechtsreform 2016 erforderlich, die weit über die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Planungsbüros hinausgehen.
120
Die Problematik, dass die Beigeladene Teile Ihres Angebots auf USB-Stick anstatt auf CD-ROM abgegeben hat, war für die Antragstellerin vor dem Hinweis der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung schon in tatsächlicher Hinsicht nicht erkennbar, so dass eine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 GWB von vorneherein ausscheidet.
121
Soweit die Antragstellerin erst am 02.11.2018 die ihrer Ansicht nach unzureichenden Angaben in den Vergabeunterlagen, insbesondere die fehlende Angabe der fachlich Beteiligten und das Fehlen einer Leistungszeit im Vertrag sowie die zu kurze Angebotsfrist gerügt hat, ist hingegen Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB eingetreten. Diese überwiegend fachlichen Fragen kann ein durchschnittliches Planungsbüro bei sorgfältiger Durchsicht der Vergabeunterlagen erkennen und ggf. auch vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe rügen.
122
Anders ist die Frage der Rügepräklusion im Hinblick auf die Berücksichtigung der Präsentationen bei der Angebotswertung, bzw. die von der Antragstellerin angenommene faktische Akzeptanz mündlicher Angebotsbestandteile zu bewerten. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gerade bei der Vergabe von Planungsleistungen eine Angebotswertung anhand einer Präsentation weit verbreitet und üblich ist und unter Geltung der vor 2016 bestehenden Rechtslage auch von der Rechtsprechung akzeptiert wurde (z.B. OLG München, Beschluss vom 02.11.2012, Verg 26/12). Es bedarf einer vertieften Auseinandersetzung mit den Vorgaben des § 53 Abs. 1, 5 und 6 und § 9 Abs. 2 VgV, um hier auf einen möglichen Vergabeverstoß schließen zu können. Die Fragen sind in der Fachliteratur und Rechtsprechung bisher – soweit ersichtlich – noch gar nicht diskutiert, mithin für ein durchschnittliches Planungsbüro in rechtlicher Hinsicht nicht erkennbar. Die Antragstellerin musste aus dem weit verbreiteten und üblichen Vorgehen der Antragsgegnerin nicht auf einen Vergabeverstoß schließen.
123
Dasselbe gilt im Ergebnis auch für die Rüge, dass einige der angewandten Zuschlagskriterien gegen das Transparenzgebot verstoßen. Zwar enthält § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB konkrete Anforderungen, wie zulässige Zuschlagskriterien beschaffen sein müssen. Welche Zuschlagskriterien aber im Einzelfall konkret zulässig oder unzulässig sind und wann insbesondere die Grenze zu einer unzulässigen uneingeschränkten Wahlfreiheit des Auftraggebers i.S.d. Art. 67 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU überschritten ist, ist in der Rechtsprechung noch weitgehend ungeklärt. So hat sich insbesondere auch der BGH in seiner grundlegenden Entscheidung vom 04.04.2017, X ZB 3/17 nicht mit den Anforderungen von § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB auseinandergesetzt. Von einem durchschnittlichen Planungsbüro kann daher nicht erwartet werden, dass es Zuschlagskriterien, die nicht den Anforderungen des § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB entsprechen, als Vergabeverstoß erkennen kann. Dies gilt umso mehr als bei der Vergabe von Planungsleistungen sehr offene Zuschlagskriterien, mit denen sich Auftraggeber bewusst einen möglichst umfassenden Wertungsspielraum verschaffen wollen, weit verbreitet sind.
124
Keine Rügepräklusion kommt auch im Hinblick auf die Rüge in Betracht, dass durch die Heranziehung von Referenzen sowohl im Teilnahmewettbewerb als auch bei der Zuschlagswertung im Rahmen der Unterkriterien des Zuschlagskriteriums „Personelle Besetzung“ eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien erfolgen würde. Bereits im Hinblick auf andere Fragestellungen im Zusammenhang mit der notwendigen Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien hat die Rechtsprechung entschieden, dass solche Fragen regelmäßig nicht zu den Problemkreisen gehören, die für durchschnittliche Bieter erkennbar sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011, Verg 16/11). Auch das OLG München hat nach der Vergaberechtsreform 2016 seine vorher abweichende Rechtsprechung aufgegeben (vgl. OLG München, Beschluss vom 13.03.2017, Verg 15/16) und geht derzeit nicht von einer Erkennbarkeit solcher Fragen aus. Dies muss umso mehr im vorliegenden Fall gelten, da die hier aufgeworfene Frage, ob auch außerhalb der punktuellen Regelung des § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV ein „Doppelverwertungsverbot“ derselben Umstände bei der Eignungsprüfung und der Zuschlagswertung besteht, bisher allenfalls in der Literatur diskutiert worden ist.
125
Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Fall ist auch in Bezug auf die Rüge der unterlassenen Losbildung keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 oder 3 GWB eingetreten. Grundsätzlich gehören Fragen der Notwendigkeit der Losbildung zu den Fragen, die für einen Bieterkreis, der an EUweiten Vergabeverfahren teilnimmt, regelmäßig erkennbar sind. Die rechtlichen Regelungen sind § 97 Abs. 4 GWB zu entnehmen. Im vorliegenden Fall ist aber zu berücksichtigen, dass die Frage, ob bei der Vergabe von Planungsleistungen eines Leistungsbildes nach der HOAI eine Fachlosaufteilung nach bestimmten Leistungsphasen zu prüfen ist, weitgehend ungeklärt und die Gesamtvergabe fast ausnahmslos üblich ist.
126
- Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Das Angebot der Beigeladenen ist gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV zwingend auszuschließen, weshalb die Antragstellerin durch den angekündigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt ist. Im Übrigen sind nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern auch die von der Antragstellerin mit Schreiben vom 02.11.2018 erhobenen Rügen teilweise begründet.
127
2.1 Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV werden Angebote von der Wertung ausgeschlossen, die nicht den Erfordernissen des § 53 genügen, insbesondere Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind. Das vorliegende Vergabeverfahren unterfällt noch der Übergangsbestimmung des § 81 VgV, weshalb die Antragsgegnerin die Form der Angebote festlegen durfte. Im Schreiben vom 05.09.2018 mit Korrektur 13.09.2018 „Aufforderung zur Einreichung eines Erstangebots sowie Einladung zum Verhandlungsgespräch“ hat die Antragsgegnerin damals zulässigerweise festgelegt, dass das Honorarangebot sowie die Anmerkungen zu den Vertragsunterlagen in einem verschlossenen Umschlag, als Angebot gekennzeichnet bis spätestens 08.10.2018 einzureichen war. Zum selben Zeitpunkt war eine Tischvorlage für das Verhandlungsgespräch einfach in digitaler Form auf CD-ROM einzureichen, was wegen § 53 Abs. 5 VgV ebenfalls in einem verschlossenen Umschlag zu erfolgen hatte.
128
Das in der Dokumentation enthaltene Erstangebot der Beigeladenen bestand allerdings aus einem Anschreiben mit Hinweis, dass keine Anmerkungen zum Vertragsentwurf bestehen, dem ausgefüllten und unterzeichneten Honorarformblatt, schriftlichen Ausführungen zu den Zuschlagskriterien 1 bis 3 und einem USB-Stick mit der Präsentation für das Verhandlungsgespräch.
129
Damit hat die Beigeladene die Formvorgabe der Antragsgegnerin für die Abgabe der Tischvorlage missachtet. Diese Missachtung der Formvorgabe der Antragsgegnerin führt zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV.
130
Ein Angebot ist nach dieser Vorschrift nicht nur dann auszuschließen, wenn es gesetzliche Formvorgaben wie z.B. nach § 53 Abs. 1 i.V.m. § 10 VgV (bei elektronischer Übermittlung) oder nach § 53 Abs. 5 und 6 VgV i.V.m. § 126 BGB bei postalischer oder direkter Übermittlung missachtet, sondern auch, wenn es vom Auftraggeber zulässigerweise aufgestellte, über die Formkategorien des BGB hinausgehende Formvorgaben missachtet. Dies gilt auch dann, wenn das Angebot – wie hier – zivilrechtlich dieselbe Form hat, die der Auftraggeber gefordert hat. Der Auftraggeber hat hier die postalische oder direkte Übermittlung von schriftlichen Angebotsbestandteilen (§ 126 BGB) und Angebotsbestandteilen in Textform (§ 126b BGB) verkörpert auf CD-ROM gefordert. Die Beigeladene hat in ihrem verschlossenen Umschlag korrekt die schriftlichen Angebotsbestandteile vorgelegt, die Angebotsbestandteile in Textform aber abweichend von den Vorgaben auf einem USB-Stick. Dies erfüllt ebenfalls die Textform nach § 126b BGB.
131
Allerdings sind auch Angebote nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV auszuschließen, die innerhalb einer der zivilrechtlichen Kategorien der § 126 ff. BGB zulässige weitere Vorgaben des Auftraggebers nicht erfüllen. Anerkannt ist dies beispielsweise in § 53 Abs. 3 Nr. 1 und 3 VgV, wo der Auftraggeber bei erhöhten Anforderungen an die Sicherheit die Übermittlung der elektronischen Angebote mittels fortgeschrittener Signatur oder fortgeschrittenem elektronischen Siegel verlangen kann. Übermittelt ein Bieter in einem solchen Fall sein Angebot ohne fortgeschrittene Signatur oder Siegel in einfacher Textform, ist es gem. § 57 Abs. 1 VgV zwingend auszuschließen, obwohl das auf diese Weise abgegebene Angebot zivilrechtlich genauso der Textform nach § 126b BGB entspricht wie das mit fortgeschrittener Signatur oder Siegel abgegebene Angebot.
132
Im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber nach § 81 VgV zulässigerweise die Einreichung der Tischvorlage auf einer CD-ROM, d.h. auf einem Datenträger gefordert, auf dem gespeicherte Inhalte nicht ohne Weiteres nachträglich verändert werden können. Die Beigeladene hat ihre Tischvorlage hingegen auf einem USB-Stick eingereicht, auf dem gespeicherte Inhalte jederzeit nachträglich verändert werden können. Damit bleibt ebenfalls – wie im gesetzlich geregelten Fall des § 53 Abs. 3 VgV – das Niveau der Datenintegrität und Manipulationssicherheit im Angebot der Beigeladenen hinter dem vom Auftraggeber (ob bewusst oder unbewusst) geforderten Niveau zurück. Da es aber nicht im Belieben des Bieters steht, von zulässigen Anforderungen des Auftraggebers zu Lasten der Datenintegrität und Manipulationssicherheit abzuweichen, ist das Angebot der Beigeladenen § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV zwingend auszuschließen.
133
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat im nachgelassenen Schriftsatz vom 20.03.2019 zutreffend darauf hingewiesen, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit der Rechtsprechung zur Verwendung eigener Formblätter, die alle geforderten Informationen enthalten, anstatt der von der Vergabestelle zwingend vorgegebenen Formblätter vergleichbar ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.04.2006, Verg 3/06 und VK Bund, Beschluss vom 02.10.2013, VK 2-80/13). In den entschiedenen Fällen war nämlich die Form des Angebots unzweifelhaft eingehalten und es ging um die Frage der Unvollständigkeit bzw. der inhaltlichen Abweichung von den Vorgaben des Auftraggebers, während es vorliegend um ein formwidriges Angebot gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV geht.
134
Das Angebot der Beigeladenen ist auch nicht deshalb formgerecht eingegangen, weil sie – soweit für die Vergabekammer ersichtlich – der weiteren Vorgabe der Antragsgegnerin nachgekommen ist, die Tischvorlage in Papierform in 7-facher Ausfertigung in den Verhandlungstermin am 15.10.2018 mitzubringen. Das Mitbringen von Tischvorlagen mit wertungsrelevanten Angebotsbestandteilen zu Verhandlungsterminen, wobei die Bieter ihre Vorlagen zu unterschiedlichen Zeitpunkten mitbringen, kann nach § 53 Abs. 5 VgV keine formgerechte Angebotsabgabe darstellen, weshalb die Antragsgegnerin völlig zu Recht die vorherige Abgabe auf CD-ROM in verschlossenem Umschlag gefordert hat.
135
Da nur zwei Bieter im Verfahren überhaupt Angebote abgegeben haben und beide Angebote auszuschließen sind, ist die Antragstellerin durch den angekündigten Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen in ihren Rechten verletzt.
136
2.2 Für den Fall der Fortsetzung des vorliegenden Vergabeverfahrens nach Rückversetzung vor Aufforderung zur Abgabe der Erstangebote oder der Neuausschreibung der streitgegenständlichen Leistungen weist die Vergabekammer auf folgende Aspekte hin:
137
Die Antragstellerin hat im Ergebnis zu Recht darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin nicht sichergestellt hat, dass die Zuschlagsentscheidung bezüglich der Zuschlagskriterien „Personelle Besetzung“, „Fachtechnische Lösungsansätze“, „Strukturelle Herangehensweise“ und „Präsentation“ nicht nur anhand der Eindrücke stattfindet, die die Antragsgegnerin im Rahmen der Präsentationen erhalten hat. Die Antragsgegnerin hat lediglich die Abgabe des Honorarangebots sowie der Anmerkungen zu den Vertragsunterlagen in Schriftform gefordert. Bzgl. der notwendigen Inhalte der auf CD-ROM (und schriftlich im Verhandlungstermin) vorzulegenden Tischvorlage hat sie keinerlei Vorgaben gemacht. Die Antragstellerin ist daher in ihrer Tischvorlage auch nicht umfassend auf die einzelnen Zuschlagskriterien eingegangen, während die Beigeladene (überobligationsmäßig) in ihrem Erstangebot schriftliche Angaben zu allen Zuschlagskriterien gemacht hat. Zumindest im Hinblick auf die Antragstellerin trifft deren Vorwurf somit tatsächlich zu, dass die Zuschlagskriterien „Personelle Besetzung“, „Fachtechnische Lösungsansätze“, „Strukturelle Herangehensweise“ und „Präsentation“ teilweise nur auf der Basis ihrer mündlichen Angaben im Präsentationstermin bewertet wurden.
138
Dies ist zumindest unter Geltung der seit 2016 geltenden Rechtslage nicht mehr zulässig. Die Angaben des Bieters zur Bewertung nichtpreislicher Zuschlagskriterien gehören zum Angebot in vergaberechtlicher Hinsicht gem. § 53 VgV. Zur Vermeidung von vorzeitiger Kenntnisnahme und Manipulation ist hinsichtlich der Einhaltung der Formvorschriften gerade keine Differenzierung zwischen den Bestandteilen des rein zivilrechtlichen Angebots (hier Honorarangebot und Vertrag) und den Angaben des Bieters zur Bewertung nichtpreislicher Zuschlagskriterien vorzunehmen. Für sämtliche Bestandteile des Angebots im vergaberechtlichen Sinn gelten die §§ 53, 54 und 55 VgV uneingeschränkt. Zudem verbietet § 9 Abs. 2 VgV, der nach § 81 VgV bereits auf das streitgegenständliche Vergabeverfahren Anwendung findet, die mündliche Kommunikation in einem Vergabeverfahren über Angebote auch dann, wenn sie ausreichend dokumentiert wird. Die Angebotswertung aufgrund einer ausschließlich mündlich vorgetragenen Präsentation ohne Basis in Textform ist dabei als unzulässige mündliche Kommunikation über das Angebot anzusehen. Daher muss nach heute geltender Rechtslage der Auftraggeber auch in einem Verhandlungsverfahren, in dem die Wertung der Angebote auch aufgrund eines Verhandlungsgesprächs mit Präsentation stattfindet, stets sicherstellen, dass die maßgeblichen Inhalte von den Bietern bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe formgerecht (d.h. mindestens in Textform) eingereicht werden. Anders als möglicherweise unter der vor 2016 geltenden Rechtslage ist eine Angebotswertung, die sich ausschließlich auf mündliche Aussagen stützt, unzulässig.
139
2.3 Es spricht weiterhin viel dafür, dass zumindest das Zuschlagskriterium „Präsentation“, das lediglich mit den Worten „Formelle Präsentation / Gesamteindruck“ konkretisiert ist, gegen § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB verstößt und daher unzulässig ist. Nach dieser Vorschrift müssen die Zuschlagskriterien so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Die Formulierung „der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann“ bleibt hierbei etwas hinter dem maßgeblichen Wortlaut des Art. 67 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU zurück, so dass § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB richtlinienkonform so zu lesen ist, dass dem öffentlichen Auftraggeber durch Zuschlagskriterien keine uneingeschränkte Wahlfreiheit übertragen werden darf.
140
Vor dem Hintergrund, dass das Zuschlagskriterium lediglich den formellen Aufbau der Präsentation und den nur mündlich übermittelten Gesamteindruck der Präsentation, also das „Wie des Präsentierens“ und nicht die Inhalte der Präsentation, die bereits Gegenstand anderer Zuschlagskriterien sind, bewerten kann und diese Bewertung lediglich auf der Grundlage einer Notenskala von 0 bis 5 Punkten mit sehr allgemeinen Umschreibungen erfolgen soll, eröffnet dieses Zuschlagskriterien der Antragsgegnerin eine unzulässige uneingeschränkte Wahlfreiheit. Sie kann den Gesamteindruck der Präsentation allein anhand ihrer persönlichen Vorlieben und Sympathien/Antipathien bewerten, ohne dass für die Bieter in irgendeiner Art und Weise ansatzweise ersichtlich ist, worauf sie bei der Angebotserstellung zu achten haben. Derartige Zuschlagskriterien sind auch nicht aufgrund des Beschlusses des BGH vom 04.04.2017, X ZB 3/17 zulässig, der sich mit der Frage der Vereinbarkeit der dortigen Zuschlagskriterien mit § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB nicht auseinandersetzen musste, weil es dort um weitgehend standardisierte Postdienstleistungen ging und fachkundigen Bietern aufgrund der Zuschlagskriterien ausreichend deutlich war, worauf sie in ihren Konzepten zu achten hatten. Wären – wie der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin meint – derartige Zuschlagskriterien zulässig, hätte § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB keinerlei Anwendungsbereich und jegliches Zuschlagskriterium wäre durch entsprechende Dokumentation zulässig. Dies geht nicht aus der genannten Entscheidung des BGH hervor.
141
Zudem stellt dieses Zuschlagskriterien auf die Bewertung unzulässiger rein mündlicher Angebotsbestandteile (s.o. 2.2) ab, so dass es auch aus diesem Grund unzulässig ist.
142
Auch die beiden Unterkriterien „Gestalterische und Funktionale Umsetzung“ und „Nachhaltigkeit“ des Kriteriums „Fachtechnische Lösungsansätze“ sind im Hinblick auf eine unzulässige uneingeschränkte Wahlfreiheit i.S.d. § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB kritisch zu sehen. Der Bevollmächtige der Antragsgegnerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass die Unterkriterien im Zusammenhang mit den Erläuterungen des Kriteriums „Fachtechnische Lösungsansätze“ zu sehen sind und die Bieter daher Ansätze für Problemlösungen und Lösungsmöglichkeiten auch in Hinblick auf die gestalterische und funktionale Umsetzung und Aspekte der Nachhaltigkeit liefern sollen. Somit ist hier für einen fachkundigen Bieter zumindest klar, wozu er in welcher Form Ausführungen machen soll. Ob bereits dadurch eine unzulässige uneingeschränkte Wahlfreiheit entgegen § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB entsteht, dass die Vergabeunterlagen an keiner Stelle Anhaltspunkte dazu enthalten, ob und wenn ja welche Präferenzen der Auftraggeber im Hinblick auf die gestalterische und funktionale Umsetzung und Aspekte der Nachhaltigkeit bereits entwickelt hat, braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden. Die Vergabekammer Südbayern weist jedenfalls darauf hin, dass aus dem Beschluss des BGH vom 04.04.2017, X ZB 3/17, der eine völlig andere Leistung betraf, nicht ohne Weiteres auf die Zulässigkeit extrem offener Zuschlagskriterien bei der Vergabe von Planungsleistungen geschlossen werden darf.
143
2.4 Keinen Verstoß gegen das Vergaberecht sieht die Vergabekammer Südbayern dagegen hinsichtlich der Bewertung derselben Referenzprojekte sowohl im Teilnahmewettbewerb als auch beim Zuschlagskriterium „Personelle Besetzung“ in den Unterkriterien „Projektleiter“ und „Stellvertretender Projektleiter“. Allerdings hat eine diesbezügliche Durchsicht der Vergabedokumentation ergeben, dass bei der Beigeladenen alle Referenzprojekte, die bei der Beurteilung des Erfahrungshintergrunds des Projektleiters und stellvertretenden Projektleiters berücksichtigt wurden, auch bereits im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs bei der Beurteilung der Eignung der Beigeladenen bereits Berücksichtigung gefunden haben. Auch bei der Antragstellerin gibt es doppelt berücksichtigte Referenzprojekte.
144
Ein gesetzliches Verbot einer Doppelbewertung ist gesetzlich allerdings nur in § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV bzgl. Studien- und Ausbildungsnachweisen und Bescheinigungen über die Erlaubnis zur Berufsausübung enthalten. Weder in § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV, der korrespondierenden Regelung zu den Referenzen, noch an anderer Stelle im Gesetz findet sich eine entsprechende Regelung. Gewichtige Stimmen in der Literatur (vgl. Wiedemann in Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV § 58 Rn. 29 mit Verweis auf Stolz VergabeR 2016, 351, 362) sehen in der punktuellen Regelung des § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV allerdings eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien und halten daher eine doppelte Berücksichtigung derselben Aspekte bei der Eignungsprüfung und Zuschlagswertung nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV generell für unzulässig.
145
Die Vergabekammer Südbayern folgt dem aus zwei Gründen nicht. Zum einen hätte der Gesetzgeber, wenn er seine gewollte Durchbrechung des Grundsatzes der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien in § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV dadurch wieder hätte einschränken wollen, dass ein Auftraggeber sich bei jedem Aspekt entscheiden muss, ob er ihn im Rahmen des Zuschlags oder bei der Eignungsprüfung berücksichtigt, dies klar zum Ausdruck bringen müssen. Bereits Anhang XII Teil II lit. f) der Richtlinie 2014/24/EU enthält jedoch lediglich die punktuelle Regelung zu den Studien- und Ausbildungsnachweisen und Bescheinigungen über die Erlaubnis zur Berufsausübung, bei denen eine doppelte Berücksichtigung unzulässig ist. Diese Vorgabe hat der deutsche Gesetzgeber in § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV umgesetzt. Auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2014/24/EU hat die Vergabekammer Südbayern keinen Hinweis auf ein generelles Verbot einer doppelten Berücksichtigung gefunden.
146
Zudem könnte ein Verbot einer doppelten Berücksichtigung von Referenzen zu einer Benachteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen, mit einer überschaubaren Anzahl passender Referenzen führen. Der Auftraggeber müsste die Bewerber bzw. Bieter in diesem Fall dazu auffordern, im Rahmen der Eignungsprüfung jeweils andere Referenzen anzugeben, als die persönlichen Referenzen, die der Auftraggeber im Rahmen der Beurteilung der Erfahrung von Mitarbeitern dieser Unternehmen nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV berücksichtigen möchte. Müssten gerade kleinere, inhabergeführte Planungsbüros jeweils andere Referenzen für die Eignungsprüfung und die Wertung der Erfahrung ihres Personals nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV vorlegen, könnte dies dazu führen, dass gerade ihre geeignetsten Referenzen entweder bei der Eignungsprüfung oder bei der Zuschlagswertung nicht berücksichtigt werden können und dies für sie einen erheblichen Wettbewerbsnachteil darstellt. Dies würde unter Umständen auch die Eignungsprüfung des öffentlichen Auftraggebers unangemessen erschweren.
147
2.5 Im Ergebnis erscheint auch die Entscheidung der Antragsgegnerin, die streitgegenständliche Leistung nicht in Lose aufgeteilt auszuschreiben, vertretbar, auch wenn sie die hierzu stets gem. § 97 Abs. 4 GWB unterlassene Prüfung komplett unterlassen und die Problematik vor den Rügen der Antragstellerin nicht einmal erkannt hat.
148
Die Tatsache, dass bei der Vergabe von Planungsleistungen – zumindest in den zahlreichen bei der Vergabekammer Südbayern hierzu anhängigen Verfahren – regelmäßig keine Losaufteilung innerhalb eines Leistungsbildes nach der HOAI erfolgt, führt nicht dazu, dass eine solche Losaufteilung nach Leistungsphasen innerhalb eines Leistungsbildes der HOAI ausgeschlossen wäre. Die Möglichkeit einer Aufteilung gerade in die „kreativen“ Leistungsphasen 1 bis 4 oder 5 und die „unkreativen“, eher administrativen Leistungsphasen 5 oder 6 bis 9, wie sie auch die Antragstellerin angesprochen hat, ist im Gegenteil regelmäßig zu prüfen und diese Prüfung zu dokumentieren.
149
Leistungen sind dann grundsätzlich zur Fachlosbildung geeignet, wenn sie ausreichend voneinander abgrenzbar sind, sie nicht untrennbar miteinander verflochten sind und sich hierfür ein Teilmarkt gebildet hat, auf welchem Anbieter solche Arbeiten als eigenständige Aufträge übernehmen (vgl. OLG München, Beschluss vom 09.04.2015, Verg 1/15). Zu prüfen wäre vorliegend in einem ersten Schritt gewesen, ob sich für die Vorbereitung der Vergabe, die Mitwirkung bei der Vergabe, die Bauoberleitung und die Objektbetreuung für Ingenieurbauwerke der entsprechenden Größenordnung ein eigener Teilmarkt herausgebildet hat. Eine derartige Prüfung ist der Vergabedokumentation nicht zu entnehmen.
150
Allerdings hat die Antragsgegnerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 20.03.2019 auf der Basis von Datenbankabfragen vorgetragen, dass ein nennenswerter Teilmarkt für die o.g. Bereiche bei Ingenieurbauwerken nicht besteht. Zu ähnlichen Ergebnissen ist eine Anfrage der Vergabekammer über ihren ehrenamtlichen Beisitzer bei der bayerischen Ingenieurekammer gekommen. Die Antragstellerin hat dagegen im nachgelassenen Schriftsatz vom 20.03.2019 auf mehrere Unternehmen hingewiesen, die solche Leistungen explizit anbieten. Ein entsprechender Teilmarkt kann daher nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Allerdings bestehen erhebliche Zweifel, ob auch bei Vorhaben von der relativ geringen Größe des streitgegenständlichen Vorhabens ein derartiger Teilmarkt besteht.
151
Die Vergabekammer hält die Entscheidung des Auftraggebers, im vorliegenden Fall von einer Fachlosaufteilung innerhalb des Leistungsbildes Ingenieurbauwerke abzusehen, daher für vertretbar.
- Kosten des Verfahrens
152
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S.1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegend die Antragsgegnerin, der gegenüber die beabsichtigte Zuschlagserteilung zu untersagen war.
153
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
154
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Sie wird vorliegen auf …,00 € festgesetzt.
155
Die Antragsgegnerin ist als Gemeinde von der Zahlung der Gebühr nach § 182 Abs. 1 S. 2 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.
156
Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.
157
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB.
158
Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i.S.v. § 182 Abs. 4 S. 4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB nicht erwartet werden kann. Zur Durchsetzung ihrer Rechte war die Antragstellerin hier aufgrund der komplexen Rechtsmaterie auf anwaltliche Vertretung angewiesen. Hierüber hinaus war die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters notwendig, um die erforderliche „Waffengleichheit“ gegenüber der anwaltlich vertretenen Antragsgegnerin herzustellen.